Tabularasa von Daedun (Dein Wunsch ist mir Befehl) ================================================================================ Kapitel 32: Dolus ----------------- Allicia nahm die zerfetzten Reste der Kartonage entgegen, die Seras ihr von oben hinunter reichte. Sie hatten nach einer Stunde ihren selbstaufgestellten Parcours beendet. Seras war mit ihrer Leistung mehr als zufrieden. Sie hatte kein Ziel verfehlt und die Treffer waren immer sauber und zielgenau gewesen. Aber das Gleiche galt auch für ihre neue Partnerin. Ihr Blick blieb für einen kurzen Moment, auf dem Rücken des Wolfsmädchens hängen, als diese den Papierstapel hochstemmte. " Und was jetzt?" fragte sie, als sie alles wieder in der Waffenkammer verstaut hatten. "Hast du vielleicht Lust auf eine kleine Runde durch die Stadt?" fragte Allicia plötzlich und Seras sah sie verdutzt an. Sie überlegte kurz, aber dann hatte sie sich entschieden. Warum nicht? Endlich mal in gleichaltriger Gesellschaft auszugehen, war doch sehr verlockend. "Einverstanden? Wo sollen wir uns treffen?" " Ich schlage Big Ben vor, der ist nicht zu verfehlen, um sieben o.k?." Lachte Allicia, dann trennten sich ihre Wege. Zur gleichen Zeit vor der Westminster Abbey Der Regen brachte das Weiß der Steine zum leuchten und fast schien es, als ob das heilige Haus von innen heraus strahlte. Das goldene Ziffernblatt funkelte, wie ein blinzelndes Auge, das müde über die Straßen und Plätze mit alle seinen Bewohnern hinweg sah. Die beiden riesigen Türme des Hauptflügels reckten sich wie flehende Arme gen Himmel, bereit nun endlich den lang erträumten Segen zu empfangen. Auf den Stufen vor ihnen, huschten vereinzelte Seelen umher, deren Sinn noch nicht nach Erlösung war. Hastig suchten sie den Weg heraus aus dem Regen, der für sie wie eine tödliche Bedrohung schien. Wovor fürchteten sich die Menschen? War es die Angst davor, dass das kühle Nass ihre Maske davon spülte, wenn sie es auf ihre Haut kommen ließen? Das es sie verraten würde? Das jeder nach dem er enttarnt war gezwungen war, sich selber ins nackte Gesicht zu sehen? War es die Angst vor der Erkenntnis trotzt allem Bemühen, doch nichts anderes als ein Stück Vergänglichkeit zu sein? Er wusste es nicht. Langsam trat er aus dem Schatten der Mauern hervor und ging in Richtung der großen, schweren Eingangstür, dessen schwarzes Holz, ihm wie ein finsteres Loch entgegenstarrte. Ein kleines Messingschild mahnte zur Stille und verwies auf die regulären Öffnungszeiten. Seine Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen, als seine Finger den Türgriff umschlossen und die Angeln ihm, ohne viel Wiederstand nach wenigen Sekunden, Einlass gewehrten. Der Regen auf seinem Mantel verwandelte sich auf dem steinernen Boden in schimmernde Perlen, als er mit ruhigen Schritten zwischen den Bänken die hohe Halle durchquerte. Das Echo seiner Stiefel, war alles was er hörte. Er war allein. Nur er und die brennenden Gebetskerzen, die langsam in den Resten ihres flüssigen Wachses zu ertrinken drohten, füllten den Raum. Er hatte den Altar erreicht und verharrte einen Moment vor den Zeichen des christlichen Glaubens, bevor er sich auf einen der Holzbänke in der ersten Reihe setzte. Er griff nach seinem Hut und setzte ihn dann in einer lässigen Handbewegung auf den Platz neben sich ab. Er lehnte sich zurück und atmete tief ein. Mit spöttischer Mine blickte er auf den gekreuzigten Sohn Gottes vor sich. Dann durchschnitt ein leises Poltern die Ruhe und aus einer der Seitenkapellen trat ein kleiner Mann. Es war unschwer zu erkenne, dass es sich um einen Priester handelte. Der schwarze Talar ließ seine stämmige Gestalt im Halbdunkel fast völlig verschwinden und nur das Gesicht leuchtete geisterhaft zwischen den Säulen hervor. Doch Alucard nahm keine Notiz von ihm, immer noch war sein Blick auf die Holzfigur vor sich gerichtet. Jetzt kam der kleine Paffe mit gerunzelter Mine auf ihn zu. "Was machen sie hier? Wie kommen sie hier herein, wir haben längst geschlossen?" Immer noch sah in der schwarzhaarige Vampir nicht an, als er ihm antwortete. " Ich dachte die Tür Gottes steht einer verlorenen Seele jeder Zeit offen?" Der Priester blieb vor ihm stehen, noch immer schaute er grimmig drein, doch in seinen Augen mischte sich nun leichtes Misstrauen. " Das ist richtig, aber trotzdem gelten bestimmte Regeln, ich möchte sie deshalb bitten zu gehen." Doch Alucard rührte sich nicht, statt dessen lachte er leise. " Wenn er an meiner Stelle hier säße, würdet ihr ihn dann auch des Hauses verweisen?" Der Pfarrer schnappte erbost nach Luft. " Wie kommen sie denn auf so eine Frage? Ich," "Antworte Mensch!" Plötzlich zielte die Jackal auf die linke Seite der Robe und der Mann machte erschrocken einen Satz nach hinten. Dabei viel er rücklings über die marmorierten Stufen des Altars. Alucard war aufgestanden und stand nun breitbeinig über ihm. Wieder hing sein Blick an dem hölzernen Abbild. " Wir sind uns sehr ähnlich. Beide haben wir für unsere Überzeugung gekämpft, beide sind wir am Ende betrogen worden und doch konnten wir nicht genug hassen um uns völlig abzuwenden." Das leise Gestammel unter ihm lenkte seinen Augen nach unten. Der Pfarrer hatte seine Hände wie ein schützendes Dach über dem Kopf zusammen geschlagen. "Was wollen sie von mir?" schluchzte er. " Ich will das ihr endlich erkennt, wer der wahre Judas ist und das sich an eurer Lage nichts ändern wird, wenn ihr nicht bereit seid eure Gier nach Macht endlich abzulegen." Mit einem gewaltigen Ruck riss er den Mann an einem Arm nach oben. Laut schreiend und wie ein gehetztes Kaninchen zappelte dieser hilflos in der Luft. " Und da ihr zu denen gehört, die das am allerwenigsten wollen, ist es besser die Erde von euch zu reinigen." Eine rasche Bewegung reicht um den Kopf des Priesters zur Seite zu reißen und mit gebleckten Zähen schlug er zu. Das Kreischen schraubte sich für einen Moment zu einer ohrenbetäubenden Höhe, bis es zu einem gurgelnden Schnaufen zusammen viel. Unter der schwarzen Mähne sprudelten die roten Fluten hervor und sprangen wie fliehende Ameisen über den Boden davon. Der zuckende Körper baumelte wie eine Marionette in den Armen Alucards, als dieser mit einem knurren den Kopf hob. Dann ließ er den Leichnam achtlos zu Boden fallen. Mit einem dumpfen Knall schlugen die sterblichen Überreste auf und wieder suchte Alucards Blick nach der Figur, die stumm die Szene von oben herab betrachtete. Noch immer klebte Blut in seinem Gesicht, die roten Augen glühten vor Extarse, als er sich langsam abwandte und mit leisen Schritten, die Kirche verließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)