Angels on my past von abgemeldet ================================================================================ Prolog: A lonely winter's night ------------------------------- Das ist also der Prolog...sag ich mal wer will kanns auch erstes Kapitel nennen. ^^ Falls es wehn interessiert, die BGM zu dieser FF (oder zumindest zu diesem Kapitel) ist von Blutengel - Keine Ewigkeit. Ich finde der Text passt prima zu Pitaten...achja, abwechselnd hör ich noch No Eternity, ist nicht ganz das gleiche auf Englisch, aber auch passend find ich ^^ __________________________________________________________________________________ Lonely Winter's Night Es war eine kalte Wintersnacht. Weiße Flocken fielen sanft vor dem Fenster vom Himmel. Trotz der späten Stunde waren unten auf den Straßen noch viele Leute unterwegs. Autos fuhren und Einheimische und Touristen zogen durch die Straßen und verwandelten den Schnee in dreckige braune Klumpen, die am Straßenrand liegen blieben. Nur auf den Dächern der großen Hochhäuser hatte sich eine lückenlose weiße Decke gebildet. Auch auf das Fensterbrett fiel Schnee, doch die Wärme der Heizung ließ die Flocken sofort schmelzen. Kotaro presste eine Hand gegen die harte glatte Scheibe. Er fühlte die Kälte, doch er zog die Hand erst zurück, als sie anfing zu schmerzen. Das Licht in seinem Zimmer war angeschaltet, und so überlagerten sich der Anblick des nächtlichen Tokyos und sein eigenes Spiegelbild auf dem Glas. Er blickte sich selbst in die blutunterlaufenen Augen. Sie waren dunkel, beinahe schwarz. Das war nicht immer so gewesen, erinnerte er sich. Früher, als er noch ein Junge gewesen war, hatte er honigfarbene Augen gehabt. Aber je mehr es mit ihm bergab gegangen war, desto dunkler waren seine Augen geworden. Seine Wangen waren eingefallen und das strähnige lila Haar fiel zerzaust bis auf die Schultern herab. Er war unrasiert und seine Kleidung abgetragen und zerknittert. Kotaro wandte seinen Blick von seinem Spiegelbild ab und ließ ihn durch den Raum schweifen. Kahle, weiße Wände, ein niedriger Tisch in der Mitte des Zimmers und auf dem Boden der zerwühlte Futon, in dem er noch vor einer halben Stunde vergeblich zu schlafen versucht hatte. In einer Ecke eine Kommode, in der er seine wenigen Kleidungsstücke und privaten Gegenstände aufbewahrte. Drei Türen hatte der Raum, die eine führte in ein kleines Badezimmer ohne Wanne, aber dafür mit Dusche, die zweite in die enge, aber zwecktüchtige Küche, und die dritte hinaus ins Treppenhaus des Gebäudes, das für Kotaro und viele andere junge Menschen in Tokyo, die nicht genügend Geld für eine größere Wohnung hatten, ein Zuhause geworden war. Das gelbliche Licht, dass den Raum erhellte, kam von einer nackten Glühbirne, die von der grob verputzen Decke herabhing. Kotaro schlurfte durch das Zimmer zur Eingangstüre und betätigte den Schalter. Das Licht erlosch. Dann trat er wieder ans Fenster und blickte hinaus. Durch die Dunkelheit im Zimmer war sein Spiegelbild nun nicht mehr im Weg und er konnte den Blick ungehindert über die Dächer und Straßen der Millionenstadt schweifen lassen. Er kniff die Augen zusammen, und das Bild vor seinen Augen verschwamm. Er hatte seit vielen Nächten nicht mehr richtig geschlafen, und für einen Moment gaukelte ihm seine Müdigkeit vor, dass es nicht Schneeflocken wären, die draußen langsam zur Erde schwebten, sondern weiche, weiße Federn. Dann wandte er den Kopf ab, schloss die Augen für einen Moment ganz und schüttelte die Vorstellung ab. Als er wieder aufsah, waren die weißen Flecke wieder genau das, was sie waren: Kalte Kristalle von gefrorenem Wasser, die aus einer Höhe von vielen tausend Meter zu ihm herabfielen. Ob sie auch dort oben war? Oder war sie auf der Erde? Ob es dort, wo sie war, auch schneite? Wieder schüttelte er die Gedanken ab. Er war es müde, sich immer und immer wieder dieselben Fragen zu stellen - und wieder und wieder einsehen zu müssen, dass er niemals die Antwort darauf würde finden können. Es gab genug Fragen in seinem Leben, die zwar nicht einfach, aber doch bedeutend leichter - und vor Allem dringender - zu beantworten waren. Zum Beispiel, wo er morgen etwas zu Essen herbekommen, wie er am ersten seine Miete begleichen und wie er diesen Winter überhaupt überstehen sollte. Und warum er das überhaupt musste - ob er das überhaupt wollte. Kotaro seufzte. Er war zweiundzwanzig Jahre alt. Und sein Leben war praktisch zu Ende. Seit jenem Tag vor zehn Jahren, dem Tag, an dem sie ihn für immer verlassen hatte, war es mit ihm bergab gegangen. Er hatte geglaubt, auch ohne sie glücklich sein zu können - er hatte es gemusst, sonst hätte sie ihre Prüfung nicht bestanden. Aber das anfängliche Hochgefühl, ihr Leben gerettet und einen neuen Anfang gewagt zu haben, war bald einer quälenden Leere in seinem Herzen gewichen. Er würde sie niemals wieder sehn. Sie würde nie mehr zurückkommen. Und das vielleicht schlimmste daran war gewesen, dass er es niemandem hatte sagen dürfen. Die anderen hatten oft von ihr gesprochen und sich gefragt, wann sie wohl auf Besuch vorbei käme. Sie hatten nicht gewusst, dass sie für immer gegangen war. Das hatte nur Kotaro gewusst. Die erste Zeit hatte er geglaubt, den Verlust ausgleichen zu können. Er hatte sich auf die Schule konzentriert und die Zeit, die nun, da sie weg war, frei wurde, ausschließlich zum Lernen verwendet. Mehr und mehr hatte er sich selbst vor seinen besten Freunden verschlossen. Koboshi, Ten-chan und Mitarai-san hatten sich Sorgen um ihn gemacht, aber er hatte es nicht bemerkt. Er hatte ihnen nur vorgehalten, sie wären neidisch auf seine immer besser werdenden Noten. Nach und nach hatten sich alle von ihm entfernt, und im letzten Jahr auf der Mittelschule war er ganz allein gewesen. Nachdem er die Jyodai - Mittelschule als Jahrgangsbester abgeschlossen hatte, war er auf eine staatliche Oberschule gewechselt, wo ihn niemand kannte. Bald jedoch hatte er einen gewissen Bekanntschaftsgrad als exzentrischer Einzelgänger und Streber erreicht. Die anderen Schüler hatten ihn gemieden, und das war Kotaro gerade recht gewesen. Er brauchte niemanden mehr. Er hatte weiterhin gute Noten geschrieben und seine stille, fleißige Art gefiel den Lehrern. Er hatte gedacht, darüber hinweg zu sein. Nur manchmal in der Nacht hatte er still und heimlich ein paar Tränen in sein Kissen vergossen. Aber die waren nicht für sie gewesen, hatte er sich eingeredet, das war bloß wegen der achtzig Punkte in der Mathematikklausur. Dann, im zweiten Jahr der Oberschule, war der Absturz gekommen. Von einem Tag auf den anderen hatte Kotaro kein Interesse mehr an der Schule gehabt. Seine Noten waren rapide schlechter geworden, und schließlich hatte er die Schule mit achtzehn Jahren abgebrochen. Die Lehrer und seine Mitschüler waren sehr verwundert gewesen über diese Wandlung des Musterschülers. Der Direktor selbst versuchte mehrmals, ein Gespräch mit Kotaro zu führen und den Grund für sein seltsames Verhalten heraus zu bekommen. Ob er Probleme mit seinem Vater hätte, oder ob ihn seine Freundin verlassen hätte? Nein? Dann hatte er vielleicht ein Problem mit einem Lehrer? Oder mit seinen Klassenkameraden? Aber Kotaro hatte bloß immer müde gelächelt und den Kopf geschüttelt. Nein, das war es nicht. Und als der Direktor ihn dann gebeten hatte, doch um Himmels Willen zu sagen, was ihn bedrückte, war er ohne ein Wort zu sagen aufgestanden und hatte das Zimmer verlassen. Der Direktor hätte es doch nicht verstanden. Wie erklärt man jemanden, dass man sein Leben wegwirft wegen eines Engels, der einen vor fünf Jahren verlassen hat? Denn genau das war es, was Kotaro nun tat. Seine Vergangenheit...sie...hatte ihn eingeholt. Er hatte versucht, ohne sie zu leben - und versagt. Wofür sollte er überhaupt noch leben, wenn sie nicht mehr da war? Es hatte doch alles keinen Sinn mehr. Und so hatte Kotaro Higuchi die Schule abgebrochen. Etwa ein Jahr später war sein Vater an einem Herzanfall gestorben. Kotaro hatte die Wohnung nicht halten können und hatte fortan auf der Straße gelebt. Die folgenden Jahre hatte er sich mit diversen Aushilfsjobs einigermaßen über Wasser gehalten. Irgendwann hatte ihn eine Jugendhilfsorganisation aufgegabelt und ihm dieses Appartement im Wohnkomplex eines christlichen Stifts vermittelt. Seitdem war der unpersönliche Betonklotz am Stadtrand von Tokyo seine Heimat. Er WOHNTE hier - aber LEBTE er auch hier? Manchmal hatte er das Gefühl, alles an ihm was Kotaro, alles was Mensch gewesen war, wäre mit ihr gegangen. Aber er sein Herz schlug noch immer in seiner Brust, und es wurde noch immer bei jedem Gedanken an sie beinahe zerrissen. Ja, er lebte...aber wie lange noch? Wieso war das Schicksal so ungerecht gewesen? Wieso hatte es sie getrennt? Wieder legte er seine Hand auf das eiskalte Glas des Fensters. Der Schneefall wurde stärker, die Flocken fielen jetzt so schnell, dass Kotaro das Dach des am nächsten liegenden Hochhauses nicht mehr erkennen konnte. Alles war weiß, strahlend weiß, so weiß wie sie, als er sie das letzte Mal gesehen hatte...oder war das nur Einbildung gewesen? War auch dieses vollkommene Weiß jetzt Einbildung? Wurde er langsam verrückt? Kotaro öffnete das Fenster. Eisiger Wind wehte hinein und ließ ihn frösteln. Er spürte es beinahe nicht. Er stützte sich mit den Ellenbogen auf der Fensterbank auf und verbarg das Gesicht in seinen Händen. Seine Lippen formten lautlos immer wieder dasselbe Wort: Misha. Plötzlich hob er den Kopf wieder und schrie es hinaus in die kalte Nacht: "Misha! Ich brauche dich, komm zurück zu mir! MISHAAAAAAAAAAA!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)