Dämonenseelen von abgemeldet ================================================================================ Wenn die, die ich liebe, fortgehen ---------------------------------- Ich sag jetzt lieber nicht viel, außer ... ES TUT MIR LEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIID, dass es solange gedauert haaaaaaaaat!!! *vor euch weinend auf die Knie fällt* Es sind leider viele Dinge geschehen, die ich nicht alle als unbedingt "toll" bezeichnen kann und was mich ständig wieder zurückgeworfen hat. Nichts, was jetzt direkt mich betroffen hat, aber sich auf meine freie Zeit und auch mein Gemüt ausgewirkt hat. Einige Mexxler wissen, was ich meine, ich fang jetzt auch nicht schon wieder damit an, weil es mich jedes Mal nervt, darüber zu sprechen. Ich sag nur ein Wort ... Kollegin ... Dann können sich einige hier schon was denken. Aber egal, das ist jetzt Vergangenheit. Ích hoffe, es sind mir noch ein paar Leser nach der langen Wartezeit treu geblieben, wenn nicht, kann ich es euch nicht verübeln und bin euch auch nicht böse drum. Ich konnte mich auch dieses Mal nicht beherrschen, was die Länge des Kapitels angeht, aber ich dachte mir, mit nur zehn Seiten kannst du sie jetzt wirklich nicht abspeisen ^^ Also, haltet die Taschentücher bereit für ein wildes Gefühlschaos, einen derben Verlust und eine leichte Prise Romantik. 13. Kapitel: Wenn die, die ich liebe, fortgehen Wie ein zügelloser Orkan huschte ein schwarz-rotes Etwas zwischen den Angestellten hindurch, rempelte in der Küche die zierlichen Bediensteten, welche zuvor das Essen aufgetragen hatten, rücksichtlos an, so dass diesen das verbleibende Mahl mit den Schalen aus den Händen gerissen wurde und klirrend zu Boden ging. Betrübt starrten die drei Schwestern dem ungestümen Jungen hinterher, während sie mit viel Sorgfalt und ohne zu murren alles wieder aufwischten. Was war nur in ihn gefahren? Eine düstere Befürchtung schlich sich in die unschuldigen und reinen Herzen der Mädchen, dass es etwas mit ihrem nicht ganz angebrachten Verhalten zu tun hatte. Sich gegenseitig mit verschämten Blicken betrachtend nahmen sie sich fest vor, dem Gast ihrer Herrin beim nächsten Mal mit mehr Respekt und Höflichkeit zu begegnen. Inuyasha rannte. Vorbei an den hübsch anzusehenden Hütten der Bewohner dieses beschaulichen Dorfes trugen ihn seine flinken Füße Richtung der grüngesättigten Felder, welche in dem warmen Licht der Sonne wie unendliche Meere von Leben leuchteten. Neugierige und teils empörte Blicke hefteten sich an seinen Rücken, als er gleich einem Elefant im Porzellanladen durch die kleinen Grüppchen von Menschen hindurchjagte, die hier und da ihren alltäglichen Beschäftigungen im Dorf und außerhalb nachgingen. Doch all dies war dem Jungen gleich, obwohl er, wie er sich momentan beurteilte, eher auf das Wohl anderer bedacht war, wollte er im Moment nur eines: Fort von diesen vielen, ihn abschätzend anstarrenden Augenpaaren, welche sich wie kleine spitze Dolche in seine Seele bohrten und ungefragt versuchten, all seine Geheimnisse, denen er sich zurzeit nicht einmal selbst bewusst war, zu ergründen. Er konnte es sich ja selbst nicht erklären, warum er so empfand, es war einfach geschehen. Nachdem er über den Verbleib Kagomes gegrübelt hatte, waren die Stimmen in seinem Kopf immer lauter geworden, bis er schließlich das scheinheilige Gerede nicht mehr ausgehalten hatte und aufgebracht aus seiner sitzenden Position aufgesprungen war. Sofort waren alle Gespräche verklungen, hatten sich sämtliche Augenpaare auf ihn gerichtet, was ihn gleich einem Treibwild auf der Flucht vor den Hunden hatte davonlaufen lassen. Hiroshis Stimme hallte noch immer besorgt in seinen Ohren nach, als er die langen Flure des Anwesens entlanggeilt war, doch was sein Gewissen am meisten quälte, waren die traurigen, kastanienbraunen Augen seiner Gastgeberin, die ihm nicht mehr aus dem Sinn wollten. >Manami wird sicher furchtbar böse auf mich sein, nachdem, wie ich mich benommen habe<, grübelte er düster vor sich hin, während er durch das kniehohe Gras der Felder rannte, die sich schützend rund um das Dorf schmiegten. Feine grüne Halme kitzelten frech an seinen nackten Fußsohlen, als er einen kleinen Hügel hinaufeilte, von dem man das ganze Dorf überblicken konnte. Gelbfarbene Frühlingsblumen stachen wie satte Farbtupfer aus dem langen Gras heraus, in das er sich seufzend fallen ließ und strahlten vergnügt mit der vom Himmel lachenden Sonne um die Wette. >Warum bin ich nur so anders als sie?<, schoss es ihm bekümmert durch den Kopf, während er den langstieligen wehrlosen Blumen gedankenverloren die Blütenblätter abzupfte. >Je mehr ich mich darum bemühe, mich ihnen anzupassen, umso unwohler fühle ich mich dabei. Was ist nur los mit mir?< Resigniert stützte er den Kopf auf die Hände und ließ seinen Blick den Hang über die nach einer lautlosen Melodie tanzenden Gräser hinabschweifen, welche sich anmutig in der sanften Frühjahrsbrise hin- und herbewegten. Plötzlich rüttelte langes schwarzes Haar, das wie ein unruhiger Rabe hinauf in den klaren blauen Himmel flatterte, ihn aus seinen schwermütigen Gedanken. Neugierig hob er leicht den Kopf und erkannte eine zierliche Gestalt, welche sich im Schatten eines Baumes, welcher gemeinsam mit anderen in kleinen Gruppen am Fuße des Hanges stand, niedergelassen hatte. Überrascht war er mit einem Ruck auf den Beinen und stakste ein wenig ungeschickt gleich einem neugeborenen Reh, das seine ersten Gehversuche unternahm, den kleinen Hügel hinunter. >Kagome …<, wirbelte dieser eine Name alles andere Gesehene zu einem wild zusammengewürfelten Farbwirrwarr durcheinander, in dem nur noch dieses Mädchen in ihrer wunderschönen, einzigartigen Form zu existieren schien. >Wieso ist sie hier? Und ganz allein. Ob … ob sie mir wohl böse ist?<, schwirrte es wie ein summender Bienenschwarm in seinem bereits wieder schmerzenden Schädel umher, was er jedoch dickköpfig ignorierte. >Was denke ich da eigentlich?>, stoppte jedoch die Vernunft seine Freude und aufkeimende Besorgnis. >Ich kenne sie doch kaum, warum bereitet mir das dann solches Kopfzerbrechen?< Abrupt blieb er plötzlich stehen, nur wenige Schritte von den Antworten auf all seine Fragen entfernt. Wieso ging er nicht weiter? Hatte er Angst vor der Wahrheit, welche direkt vor seinem Auge verweilte? Bebend vor Unentschlossenheit ballte er die Fäuste. >Verdammt!<, durchfuhr es ihn, aufkommende Wut wie gleißendes Feuer in seinen Adern spürend. Manami und ihre Familie, denen er bedingungslos vertraute, konnten nichts über seine wahre Identität preisgeben, da sie ihn nicht kannten und diese jungen Leute, denen er noch immer etwas misstraute, schienen alles über ihn zu wissen, nach dem es ihn hungerte. Aber handelte es sich bei ihren Erzählungen tatsächlich um die Wahrheit? Oder diente er für sie nur als Mittel für einen bestimmten Zweck und sie benötigten ihn schnellstens wieder in seiner Mitte? Verwirrt schüttelte er den Kopf, so dass sein langes dunkles Haar wie eine aufgeregte Krähenkolonie um sein Haupt schwebte. Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. „Inuyasha ... wie lange willst du noch da stehen und mich anstarren?“, holte ihn eine warm klingende Stimme in die Wirklichkeit zurück. „Oh ... ah“, ertappt zuckte er zusammen, als ihn rehbraune Augen verschmitzt, aber auch mit einer feinen Spur von Sorge durchzogen, betrachteten. Sehr gut herangeschlichen hatte er sich wohl nicht, wenn sie bereits seine Schritte hinter sich vernommen hatte. Etwas zerknirscht sah er zu Boden, was sollte er denn jetzt nur sagen? Mit jedem hätte Kagome gerechnet, als sie sich langsam herumwandte, um nachzusehen, wer denn da so verbissen ihren Rücken fixierte, aber nicht mit ihm. Sie hatte angenommen, Shippo wäre ihr gefolgt, nachdem die geisterhafte Erscheinung sie wieder in die Wirklichkeit entlassen hatte und verschwunden war, denn dem kleinen Kerl stand die Furcht um das Mädchen wahrlich ins Gesicht geschrieben, als er halb weinend auf ihren Arm gesprungen war, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Was sich allerdings dann zugetragen hatte, sah so gar nicht nach ihrer Handschrift aus. Kaum, dass der Kitsune sich bibbernd vor Angst an ihre Kleidung gekrallt hatte, war ihr erst so richtig zu Bewusstsein gekommen, was überhaupt in den letzten Minuten mir ihr geschehen war. Wie eine lästige Zecke hatte sie den kleinen Youkai von ihren Kleidern geschnippt und war Hals über Kopf aus dem Zimmer ins Freie geflüchtet. Doch nur Sekunden später, als die frische Morgenluft ihre erhitzten Wangen streifte und sie über die grünen Ebenen außerhalb des Dorfes lief, tat ihr diese übereilte Tat schon wieder leid, konnte doch das Dämonenkind nicht wissen, was, oder besser gesagt, wer sich ihr in den letzten Minuten vertrauensvoll offenbart hatte. Noch immer schwirrte ihr äußerst hartnäckig das soeben Gesehene durch die Gedanken, erschütterte die grausame Gewissheit über jemand ganz Bestimmten, der ihr Leben gehörig auf den Kopf gestellt hatte, ihr sonst eher fröhliches Gemüt, über dessen strahlender Aura düstere Schatten ihre Kreise wie erbarmungslose Aasgeier zogen. Verwundert bemerkte Inuyasha, dass mit dem Mädchen irgendetwas nicht zu stimmen schien. Vollkommen in Gedanken versunken betrachtete sie ihn fragend aus ihren sanftmütigen Augen, doch zuckten diese bei seinem Anblick mehrmals beinahe schmerzhaft, so dass er sich niedergeschlagen von ihr abwandte, vermutete er doch, dass dies mit seinem unschönen Verhalten vom Vortag zusammenhing, unter dem sie seines Erachtens womöglich schon die ganze Zeit über litt. „Inuyasha! Aber ... wieso gehst du denn schon wieder?“, hörte er plötzlich ihre Stimme im Rücken, sie klang erstaunt, aber auch ein wenig traurig, was er nicht begriff. Schlagartig blieb er stehen, ihre unterschwellige Bekümmertheit seine Gefühle verwirrend. Er konnte sich nicht erklären, was da in ihm vorging, aber ... er mochte es nicht, wenn sie betrübt war, schon gar nicht, wenn es dabei um ihn ging. Seine Augen schimmerten plötzlich voller Zuversicht, als er den Kopf hob und seinen Blick über die durch den Frühling erblühende Natur schweifen ließ. Er hasste es, wenn sie weinte, er hatte es nie gemocht, schon immer. Ein rasender Schmerz, der ihn annähernd wahnsinnig werden ließ, zwang ihn ohne Vorwarnung in die Knie. Keuchend griff er sich an die Stirn, versuchte die bunten Schlieren, welche sein schwindendes Bewusstsein ankündigten, wegzublinzeln und zwang sich, mehrmals tief Luft zu holen, um der bedrohlichen, aber doch so einladenden Schwärze, die ihm wie ein zwiespältiger Freund im Rücken saß, zu entkommen, als er durch das zunehmende Dunkel eine Hand auf seiner Schulter spürte, die ihn sanft, aber bestimmt rüttelte. Eine Stimme rief ständig seinen Namen, wenn es denn der seine war, denn die Zweifel, welche seine Adern wie eine giftige Flüssigkeit durchzogen, umnebelten erneut sein Urteilsvermögen. Etwas grob schob er die zierlichen Finger, die sich vor lauter Angst um ihn an seinem Gewand festgekrallt hatten, beiseite und erhob sich schwankend auf die Beine. „Ich brauche keine Hilfe ... es geht schon“, presste er matt hervor und schlug die Hand des Mädchens unbeholfen weg. In diesen Momenten war ihre Anwesenheit wie pures Gift für ihn, sehnte er sich nach unbefangener Einsamkeit, die ihm nicht ständig weh tat, obwohl er wusste, dass sie keinesfalls die Schuld an seinem Zustand trug. Was auch immer es war ... eines Tages würde es dafür büßen müssen. Erschrocken war Kagome aufgesprungen, als Inuyasha erneut von einem seiner schmerzvollen Anfälle regelrecht überwältigt wurde und in die Knie brach. Sofort ließ sie sich an seiner Seite nieder, rief seinen Namen immer und immer wieder, während sie vorsichtig an seiner Schulter rüttelte, denn seine Augenlider begannen bereits bedrohlich zu flattern, als würde sein Geist langsam aber sicher die Wirklichkeit verlassen und sich in die willkommende Schwärze stürzen wollen. Jedoch schien ihre Nähe ihn zu stören, denn er drückte sie unwirsch von sich fort und taumelte mehr stolpernd als gehend den Hang hinauf, jedoch mehr mit dem Ergebnis, sein Gesicht nur Augenblicke später in einem Dornengestrüpp zu versenken. Ein eher wütendes als peinerfülltes Quieken erschall zwischen den spitzen Dornen und ihren ineinander verschlungenen Ranken, während sich der dazugehörige Körper mühevoll versuchte, aus den anhänglichen Pflanzen zu befreien, welche in dieser Hinsicht allerdings ihre Gastfreundlichkeit mehr als nur ausnutzten. Kagome konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als sie dem zeternden Jungen zur Hilfe eilte. Vorsichtig befreite sie jede einzelne Haarsträhne, die sich in dem wild wuchernden Gestrüpp verfangen hatte und hielt diese schützend in ihrer Handfläche fest, damit seine üppige Mähne nicht auf die Idee kam, erneut Bekanntschaft mit den überaus spitzen Zeitgenossen zu schließen. Nachdem Inuyasha die Gegenwart des Mädchens direkt neben sich spürte, hörte er auf, sich wie ein wildes Pferd zu benehmen, das man im Begriff war, zu zähmen. Ruhig wartete er ab, bis Kagome sein langes Haar aus den ungemein fiesen Dingern, die ihn gefangen hielten, befreit hatte und setzte sich langsam auf. Zerknirscht knete er seine Finger und wagte es kaum, zu ihr aufzusehen, schämte er sich doch etwas für sein grobes Verhalten ihr gegenüber. Grübelnd suchte er nach den richtigen Worten, um sich zu entschuldigen, vor allem aber auch, sich zu bedanken, hatte sie ihn doch trotz seiner Unfreundlichkeit selbstlos aus den Dornen befreit. Aber was sollte er sagen? Wieso fiel ihm das nur so schwer? Ach, verdammt, was hatte er denn schon zu verlieren? „Du, Kagome, ich ...“, begann er und hob den Kopf, um ihr in die Augen zu blicken, damit sie erkannte, dass er es auch ernst meinte, als ihm mit einem Male die Stimme versagte. Erschüttert starrte sie ihn an, kroch zu ihm herüber und fingerte ein Taschentuch hervor, um damit vor seinem Gesicht herumzuwedeln. „Wa-was ist denn?“, stotterte er los, als ihr Antlitz dem seinen so nah wie noch nie kam und er ihren unvergleichen Geruch, der sie wie ein buntes Blumenfeld umgab, hektisch einatmete. Nervös rückte er ein wenig nach hinten, nicht, dass es ihm unangenehm war, nein, er wusste nur nicht, wie er sich nun verhalten sollte, als sich etwas Spitzes in sein Hinterteil bohrte. „UAAAAH!“, schrie er so laut, dass einige Vögel, die zuvor liebevoll schnäbelnd auf einem der Bäume gesessen hatten, wütend zwitschernd davonflogen. Die Augen vor Pein zusammengekniffen sprang er auf und landete dort, wo Männer sich nur allzu gerne wussten: In den Armen einer schönen jungen Frau. Sich darüber bewusst, dass er nicht den Boden geküsst hatte, hob er die Lider und schaute in das durch einen rötlichen Schimmer verzierte Gesicht jenes jungen Mädchens, mit dem er sich aus unerklärlichen Gründen tief verbunden fühlte. Regungslos verharrten beide auf dem Boden und starrten sich schweigend an; er hatte sie durch seine ungeschicktes Tun wie ein Orkan einfach niedergerissen und kniete nun über ihr, Gefahr laufend, sich in ihren dunkelbraunen wunderschönen Augen zu verlieren, als befände er sich auf einem Boot in reißenden Stromschnellen, welches durch die schäumenden Fluten eines Flusses ohne Wiederkehr pflügte. Sich zum ersten Mal direkt seit der Ankunft seiner sogenannten Freunde ihrer einzigartigen Anmut bewusst, die ihn wie eine betörende Blume verzauberte, strich er ihr schüchtern das Haar, welches ihr hübsches Gesicht wie ein schützender Umhang einhüllte, aus der Stirn. Über seine sorgenvolle Miene, die sein Antlitz in den letzten Tagen der Ungewissheit aufgrund seiner ihm fremden Vergangenheit dunkel verzerrt hatte, huschte ein zögerliches Lächeln, das einem unsicheren Sonnenstrahl ähnelte, der neugierig zwischen düsteren Wolken hervorlugte. Ihre Haut unter seinen vorsichtig tastenden Fingern glich zarten Samt; alabasterfarben leuchtete sie gleich einem kostbaren Edelstein in dem ihnen warm schmeichelnden Frühjahrslicht. Ihm schien, als wäre die Zeit stehen geblieben, alles um sie herum war verstummt, selbst der Wind, welcher noch vor wenigen Sekunden verspielt sein langes Haar durcheinander gewirbelt hatte, schwieg andächtig. In der rehbraunen Iris des Mädchens spiegelten sich all seine Wünsche und Träume wieder, Dinge, an die er vor wenigen Augenblicken noch nicht einmal gewagt hatte, zu denken, waren sie ihm doch eher fremd und neu. Ein enormes Wissen stürzte gleich einer Lawine auf seinen sich noch nicht wieder erholten Geist ein, der alldem jedoch den Zutritt gewährte und versuchte, seinen Durst nach Erkenntnis zu stillen. Jedoch flackerte zeitgleich die ihm furchterregend und düster erscheinende Macht wie ein loderndes Inferno, welches niemals zu löschen sein würde, in seinem Inneren auf, errichtete unüberwindbare Mauern der Ignoranz, an denen das, was er mehr als alles andere begehrte, klagend abprallte. Qualvoll verzogen sich seine Gesichtszüge, verließ ihn von einem Moment auf den anderen das wunderbare Gefühl, als würde er dieses Mädchen nicht nur mit seinen Augen, sondern auch mit seinem Herzen kennen. Kagome wagte sich kaum zu regen, als sie Inuyashas Atem wie einen trockenen Windhauch auf ihrer Haut spürte und dieser die feinen kurzen Härchen auf ihrem Körper gleich einem reifen Weizenfeld nach oben stellte. Seine feinglidrigen, aber sehnigen Finger prickelten angenehm auf ihrer Wange, als sie einfühlsam darüber strichen. Rabenschwarze Augen blickten sie mit solch einer geballten Kraft an Emotion an, dass ihr beinahe schwindelig vor Wärme wurde, die sich rasch und wohlig in ihrem Leib ausbreitete. Wie sehr und wie oft hatte sie sich so etwas gewünscht, hatte ihr Herz solch eine Reaktion seiner Gefühle herbeigesehnt und gehofft, dass ihre Seelen in diesem Moment im Gleichtakt agierten, doch ... war dies nicht der Inuyasha, den sie kannte. Der Junge, welcher ihr so nah war und doch gleichzeitig unendlich fern, war nur ein Schatten des stolzen, mutigen, aber auch sich um sie sorgenden Hanyous, den sie von Tag zu Tag mehr vermisste. Auch, wenn sie einst behauptet hatte, sie würde ihn in seiner dämonischen Gestalt verachten und seine menschliche vorziehen, so wusste sie nun genauer denn je, dass dies nicht mehr und nicht weniger als eine Lüge gewesen war, mit der sie ihn hatte verletzen wollen. Sicher hatte dieser Junge hier und da seine Vorzüge, die einem gewissen, sich des öfteren rüpelhaft benehmenden Halbdämonen fehlten, aber dennoch war er nicht der alte Inuyasha, den sie kennen und sogar – eine flüchtige Röte verwandelte ihr blasses Antlitz in ein Kirschblütenmeer – lieben gelernt hatte. Ihn so zu sehen, unbeholfen wie einen jungen Hundewelpen, der alles, was ihm einst teuer und lieb war, verloren hatte, schmerzte sie mehr als jede körperliche Wunde, die man einem sterblichen Wesen zufügen konnte. Aber neben all diesen Dingen spürte sie etwas, das ihre sensiblen Sinne in Erstaunen versetzte – die Gefühle für sie, die ihr in leicht ungestümen Wellen entgegenschwappten, ähnelten denen des ihr vertrauten Hanyou auf verblüffende Art und Weise, so dass sich ihre Pupillen überrascht zusammenzogen. Doch plötzlich brach der liebevolle Blick des dunkeläugigen Jungen, entsetzt verfolgte sie, wie er sich gegen die aufkommende Qual, die seine Seele peinigte, zur Wehr setzte, diesen aussichtslosen Kampf jedoch trotz Widerstand verlor. Stöhnend fiel er nach vorne und hätte sie mit seinem nun kraftlosen Körper beinahe unter sich begraben, doch sie schoss wie ein alles hinter sich lassender Pfeil nach oben und ließ seinen Kopf sanft in ihren Schoß gleiten. Beruhigend strich sie ihm über die jäh fiebernden Wangen, sprach leise auf ihn ein und wartete mit klopfendem Herzen, bis sein Anfall vorüber war. Wieder beschlich sie das Gefühl, als sie allein mit ihm am Hang des Hügels verweilte, von dem aus man das Dorf überblicken konnte, dass es ihre Schuld war, weswegen er diese Pein durchleiden musste. Seine fest geschlossenen Augenlider zuckten krampfhaft, während er die Zähne angestrengt zusammenbiss, um den immer wieder aufflammenden Schmerz, der seinen Schädel beinahe auseinanderriss, zurückzudrängen. Für einen kurzen Augenblick war sie beinahe gewillt, einfach aufzustehen und ihn allein zu lassen, konnte es ihr Herz doch kaum ertragen, dass er ständig diesem Leid ausgesetzt war, was scheinbar mit ihrer Anwesenheit zusammenhing. Ein unwillkürliches Zucken lief durch ihren schlanken Leib, während ihre Gedanken miteinander um eine vernünftige Entscheidung rangen. Allerdings wurde ihr diese rasch abgenommen, als sich vor Anstrengung schweißnasse schlanke Finger um ihr Handgelenk legten und flehend zudrückten. „Bitte ...“, flüsterte er heiser und öffnete mühsam seine Augenlider, die ihm schwer wie Blei erschienen, „geh ... nicht, lass mich nicht ... allein.“ Sanfte Röte huschte wie eine junge Schwalbe, die auf der Suche nach schmackhaften Mücken zwischen den Grashalmen war, über ihre Wangen, als sein Blick den ihren suchte und er sie eindringlich beschwor, ihn nicht zu verlassen. Liebevoll legte sie ihre Hand auf seine Finger, welche noch immer ihr Handgelenk umfassten und strich zärtlich darüber, so dass das Herz des Jungen, der in ihren Armen lag, wild zu klopfen begann. Die andere Hand in seinen langen Haaren versenkt kraulte sie ihn wie einen schmusebedürftigen Welpen, der von seiner Mutter viel zu früh verlassen wurde. Augenblicklich spürte sie, wie die Spannung aus seinen Gliedern schwand und sich sein hektischer Atem beruhigte. Dankbar um ihren Beistand lösten sich seine noch leicht verkrampften Finger und glitten erschöpft über seine glühende Stirn, hinter der es weiterhin puckerte, dies jedoch keinesfalls vergleichbar mit den unerträglichen Schmerzen der letzten Minuten mehr war. Leise stöhnend versank er in einer Wolke wohliger Wärme, für wenige Sekunden vergessend, in wessen Armen er sich soeben befand. „Inuyasha“, wisperte über ihm eine angenehm klingende Stimme, doch die Bedeutung des Namens, mit dem er sich beileibe nicht anfreunden konnte, ließ düstere Wolken aufziehen. Kraftlos drückte er sich von ihr fort, deren Zugegensein er gleichzeitg liebte und verabscheute, und wich ihrem durch aufkommende Sorge getrübten Blick aus, der wie eine getreue Kranichmutter über ihrem Jungen schwebte. Düsternis schwelte in seinem Herzen gleich einer nie ganz verheilenden Wunde, die einem ein Leben lang zu schaffen machte. Der Schmerz in seinem Kopf pochte mit solch einer Intensität gegen seine Schläfen, als der Wunsch und zugleich die Abneigung, die Wahrheit über sich zu erfahren, sein gesamtes Denken erfüllte, so dass er mit verzerrter Miene seine Finger in den durch die noch kalten Nächte harten Erdboden grub. Blut sickerte auf das unschuldige Grün der soeben noch leicht wie Vogelfedern im Wind umherwogenden Gräser. Nun waren sie dunkel wie die Nacht und schwer von dem roten Elixier, was dumpf auf den Boden tropfte. Beinahe beschämt über seine ständig auftretenden Schwächen verbarg er sein Gesicht hinter dem Ärmel seines weiten Gewandes, bis etwas Weiches gleich eines sanften Windhauches über die brennende Haut seiner Wangen strich. Verwundert blickte er auf und sah in die rehbraunen Augen jenes Mädchens. Sie hielt ein Taschentuch in der Hand, durch dessen hellen Stoff sich dunkle Spuren von Blut webten. Die Stirn vor Verwirrung krausziehend fuhr er sich über sein Antlitz und hielt verstört inne, als er etwas Feuchtes an den Fingern spürte. Blut klebte an den Innenflächen seiner Hände, es war hellrot und warm wie das von … . „Nein …“, stöhnte er gequält auf und griff sich an den Kopf, durch den ungefragt Bilder seiner noch jungen Vergangenheit schossen, welche er zu gern ebenfalls als verloren wusste. Wie ein geprügelter Hund wich er rückwärts vor Kagome zurück, ihr mit seiner Körperhaltung unmissverständlich signalisierend, dass sie sich ihm keinesfalls noch einmal nähern sollte. Betrübt, was die Reaktion des Jungen betraf, rutschte Kagome auf den Knien bis zum Hang des leicht zu den Feldern abfallenden Hügels. Die Beine fest an den Körper gezogen umklammerte sie diese, als wären sie jener Junge, in dessen Adern normalerweise das Blut eines Youkai und das eines Menschen floss. Eine einzelne Träne rollte über ihre Wange, als sie über die vergangenen Tage nachdachte. Sein Tod, die niemals versiegende Trauer, welche ihr Herz beinahe zerfressen hatte, der Abschied von ihm und dann … die unglaubliche Nachricht seines Bruders, dass ihn die Unendlichkeit des Jenseits ihr doch nicht entrissen hatte. Und nun war er zum Greifen nah, sie saßen nur wenige Schritte voneinander entfernt … und doch meilenweit auseinander. Welten lagen zwischen ihnen, so wie damals, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Vor seinem tragischen Ableben hatte sie seine kennen und lieben gelernt, er die ihre mit kindlichem Staunen entdeckt und sie sogar ein wenig als sein zweites Zuhause angesehen. Sollte das etwa alles umsonst gewesen sein? „Wo er wohl hingelaufen ist?“ Sangos besorgte Stimme klang eigenartig dumpf, als würden die Wände des langen Flures gierig ihre Worte verschlucken, um sie für die Nachwelt aufzubewahren. Die Portraits der längst dahingeschiedenen Ahnen des Sakai-Fürstentums starrten beinahe vorwurfsvoll auf die Häupter der zwei jungen Menschen hinab, welche flink wie Schatten durch den Gang huschten. „Er wird nicht weit sein“, beruhigte sie der junge Mönch an ihrer Seite einfühlsam. „Mach dir nicht allzu viele Gedanken“, fügte er jedoch rasch hinzu, als er den betrübten Ausdruck auf den Gesichtszügen seiner hübschen Begleiterin bemerkte. „Ich glaube, ihm ist dieser ganze Trubel um seine Person einfach zu viel geworden. Und dann die Tatsache, dass Kagome sich nicht in unserer Mitte befand, hat die Unsicherheit in seinem Herzen sicher noch weiter wachsen lassen.“ Erstaunt suchte die Dämonenjägerin den Blick ihres Gefährten und wurde beinahe ein wenig rot, als er ihr ein aufmunterndes Lächeln schenkte, welches das diese Mal frei von jeglichen unpassenden Hintergedanken war. „Beeilen wir uns lieber, auf unser Zimmer zu kommen, bevor Shippo vor Hunger das Anwesen zerlegt“, schmunzelte er ihr vergnügt zu, was ihrer zarten Röte, die sich wie der sanfte Abendschimmer am Himmel auf ihre Wangen gelegt hatte, einen noch kräftigeren Ton gab. Ein wenig verschämt, nachdem sie die aufsteigende Wärme in ihrem Gesicht spürte, sah sie nach unten auf das Tablett, welches sie auf den Händen balancierte. Zwei kleine Schalen mit würzigem Reis und gebratenem Fisch als Beilage hatte ihr Manami-san für das sicher schon sehr hungrige Fuchskind und das schlafende Mädchen in die Arme gedrückt, als sie nach dem Essen erfahren hatte, warum er und Kagome nicht zum verabredeten Frühstück erschienen waren. Mit einem liebevollen Zwinkern hatte sie sich von den beiden jungen Leuten verabschiedet und ihnen herzlichste Grüße an ihre Gefährten mit auf den Weg gegeben, die Sorge um ihren hitzköpfigen Schützling tief wie ein Geheimnis in ihrem Herzen vergraben. Vollkommen in Gedanken versunken entging es der Dämonenjägerin, dass sie schon längst vor der Tür ihres Zimmers standen. Lautlos schob der junge Mönch an ihrer Seite die Tür auf, als etwas Kleines laut quiekend vor Angst ihnen gleich einer abgefeuerten Kanonenkugel entgegenschoss und sich an Sangos schlankes Bein klammerte, so dass diese vor Schreck beinahe das Tablett hätte fallen lassen. „Shippo, was zum ...?“, entfuhr es Miroku ein wenig ungehalten, schämte sich aber im selben Augenblick für seinen rüden Tonfall, als er in das Gesicht des bibbernden Bündels sah, welches nun halb weinend vor seinen Füßen saß. Das Tablett vorsichtig abstellend beugte sich Sango zu dem Kleinen hinunter und streckte mit einem tröstenden Lächeln ihre Hände in seine Richtung aus, woraufhin er geschwind in ihre Arme sprang. „Kagome ...“, winselte er, leise Schnieflaute dabei ausstoßend. Zwei onyxfarbene Blicke trafen sich umgehend alarmiert und wiederholten synchron das gestammelte Wort. „Was ... was ist passiert?“, bohrte Miroku umgehend nach, während seine Augen das Zimmer systematisch absuchten und sein Verstand ihm sofort sagte, dass irgend etwas hier vorgefallen sein musste, als sie lachend und tratschend im Speiseraum gesessen hatten. Ihre Futons lagen wild durcheinander gewirbelt auf dem Boden, die Zudecken hier und da verstreut, als hätte sich ein Sturm in die vermeintlich sicheren vier Wände verirrt. Und von dem Mädchen aus der Neuzeit fehlte jede Spur. Wie die Trost spendende Hand einer Mutter strich der laue Frühlingswind über sein schmerzendes Haupt und riss die quälende Pein an sich, als wären es die längst verblichenen Blüten eines heranreifenden Kirschbaumes, welche er spielerisch in alle Himmelsrichtungen verteilte. Müde Augen suchten die Gegend ab und blieben an einer ganz bestimmten Person hängen. Das lange schwarze Haar des Mädchens, auf dem sein unsicherer Blick ruhte, glänzte wie das reine Holz einer Zeder im klaren Licht der hoch stehenden Sonne. Still saß sie da, ihre Beine dicht an den zierlichen Körper gezogen. Er wusste nicht, warum, aber es tat ihm weh, sie so zu sehen. Sie hörte, wie sich etwas hinter ihr regte. Gras raschelte und sein unvergleichlicher Geruch nach Natur und einem Abenteuer, welches hinter jedem Baumstamm hervorlugte, eilten seinem Kommen voraus. Innig atmete sie seinen Duft ein und ein kleiner Funken von Sehnsucht erfüllte ihre Seele; wenigstens hatte ihm das Schicksal nicht alles genommen. Unsicher krabbelte er wie ein junger Welpe, der seine ersten Gehversuche unternahm, an ihre Seite, den Kopf auf den Boden gerichtet, auf dem die grünen Grashalme ihren lautlosen Reigen im Wind tanzten. Das Verlangen, endlich die Wahrheit zu erfahren, die direkt neben ihm verweilte, stieg ins Unermessliche. Aber auch die Furcht vor dem Unbekannten, welche die Gewissheit um seine Vergangenheit umschwirrte wie die Fliegen das Licht, schmiegte sich so eng an seinen Leib, als wäre es eine kleine, nach Liebe suchende Schwester. Die wachsende Unruhe ignorierend, holte er tief Luft, während er nach den richtigen Worten suchte. „Wer bin ich?“, durchzuckten die drei Worte, vor denen sie sich am meisten fürchtete, ihr Inneres, als handelte es sich dabei nicht um eine einfach gestellte Frage, sondern zerstörerische Blitzeinschläge, die alles auf dem Weg ihrer Verwüstung zermalmtem. Doch seine Neugierde, die mit ihrem Eintreffen und dem ihrer Freunde nun einmal zum Leben erwacht war, sollte mit der einen Frage nicht gestillt sein. „Und ... wer bist du? Und die anderen? Warum ziehen wir gemeinsam durch das Land? Was ist unser Ziel?“ Mit zusammengekniffenen Zähnen wartete er auf den bohrenden Schmerz, doch dieser blieb zu seiner Verwunderung, jedoch auch gleichzeitigen Erleichterung glücklicherweise aus. Als sie nicht sofort darauf antwortete, befürchtete er schon, die Flut seiner Wissbegierde hätte sie ein wenig verschreckt oder gar beleidigt. Den Blick noch immer gen Boden gerichtet, räusperte er sich geräuschvoll. „Entschuldige, ich wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, aber ...“, doch weiter kam er nicht. Ihre zierlichen Finger lagen plötzlich unter seinem Kinn und hoben sein Antlitz ein wenig empor, so dass seine Augen die ihren streiften. Trauer lag in ihrem rehbraunen Blick, aber auch eine Spur von Freude und Dankbarkeit. Doch wofür nur? Sie lächelte, als seine Pupillen nervös hin- und herglitten wie kleine Fische auf der Flucht vor der Angelrute. Ein schüchternes Rot, das den dunklen Striemen in seinem Gesicht beinahe Konkurrenz machen wollte, legte sich wie ein weicher Teppich um seine Nase und ließ ihn unter ihrem sanften Blick schwitzen. Verdammt, was war denn nur mit ihm los? Er kannte sie doch gar nicht. Oder doch? „Entschuldige dich doch nicht für Dinge, die du längst hättest erfahren sollen“, holte sie ihn aus dem Loch des Schweigens zurück, welches sich kurzzeitig zwischen ihnen aufgetan hatte. „Öh ... öhm, na gut“, stammelte er verlegen und rupfte, ohne es überhaupt zu bemerken, einige junge Triebe aus dem Boden. „Was genau möchtest du wissen?“ Ihre Stimme klang plötzlich ernst. Überrascht sah er sie an; es schien, als läge ein dunkler Schatten über ihren sonst weichen Zügen, welche sich mit einem Male verhärtet hatten. „Alles, was du weißt“, waren seine Worte, bevor sie zu berichten begann. „Also, jetzt noch mal ganz ruhig von vorne“, versuchte Miroku, den Kitsune zu beruhigen, der, halb weinend, eine ziemlich abgehackte und konfuse Geschichte zum Besten gab, welche die soeben Angekommenen nur noch mehr verwirrte. „Ihr habt hier gesessen und dann ist irgend etwas aufgetaucht und hat etwas mit Kagome gemacht?“, hakte der junge Mönch nach, während Shippo hastig nickte. „Und es war dasselbe Phänomen, was uns bereits am Vortag aufgesucht hat?“ Wieder ein Nicken. Miroku warf seiner hübschen Gefährtin einen beunruhigten Blick zu, die dem bibbernden Fuchsjungen tröstend über den Rücken strich. „Und als das Wesen verschwand, ist Kagome einfach aus dem Zimmer gelaufen“, bemerkte der junge Mann noch zum Schluss. „J-ja und ich weiß nicht, wohin“, schniefte der Kleine, während seine Augen in Unmengen von Tränen schwammen. „Na, keine Sorge, Shippo-chan, wir werden sie einfach suchen gehen, nicht wahr, Houshi-sama?“, schaltete sich Sango dazwischen, um dem Jungen seine Ängste zu nehmen. „Sicher“, erwiderte der Angesprochene, „sie wird nicht weit sein, hier hält sich schließlich etwas auf, was ihr viel bedeutet.“ „Meint Ihr damit Inuyasha-sama?“, erklang plötzlich ein leises Stimmchen unter dem Chaos und eine der Decken begann wie durch Zauberhand zu leben. Kirara, welche die ganze Zeit über wachsam neben ihrer Herrin gesessen hatte, sprang neugierig auf die rauen Stoffdecken zu und streckte ihre weiche Pfote nach der winzigen Auswölbung aus, die sich unter den kunstvoll gestickten Überwürfen gebildet hatte, während die beiden Menschen und der junge Fuchsdämon die Szenerie mit großen Augen verfolgten. „Wage es ja nicht, kleines Fräulein“, warnte die Stimme, als der Spieltrieb der Dämonenkatze überhand nahm und sie ihre winzigen Krallen ausfuhr, um mit dem lustigen Ding zu spielen, was sich da orientierungslos hin- und herbewegte. Ungeduldiges Geknurre und in einer fremden Sprache geschimpfte Dinge später lugte ein winziges Köpfchen mit vollkommen zerzaustem Kopf- wie Barthaar unter der Decke hervor, welche ihm so groß wie ein ganzer Kontinent erschienen war. „Myoga-jijii“, entfuhr es Sango erstaunt, als der kleine Flohgeist mit einem gekonnten Sprung auf dem Rücken der Dämonenkatze landete, welche flink, als hätte sie einen lautlosen Befehl erhalten, zu ihrer Gefährtin hinüber lief. „Hast du deinen Rausch endlich ausgeschlafen?“ Ein wenig entrüstet, dass die junge Frau ihn darauf ansprach, verschränkte er die dünnen Ärmchen vor seinem Körper und beschloss im Stillen, einfach gar nicht darauf zu reagieren. „Ich habe es auch gesehen“, lenkte er eher das Thema wieder auf die unheimliche Begegnung, welche den armen Shippo mehr als nur durcheinander gebracht hatte. Wissbegierige kleine Flämmchen flackerten in den Augen der jungen Leute auf und Myoga klopfte sich im Geheimen lobend auf die Schulter. „Hast du eine Ahnung, was es war? Warum sucht es uns auf? Was will es?“, bestürmten sie ihn mit Fragen, die ihn zunächst einmal hastig mit den Ärmchen wedeln ließen. „Moment, moment, nicht alle durcheinander und vor allem, nicht alle auf einmal“, beschwichtigte er Miroku und Sango, die sich nach seinen Worten ein wenig verschämt ansahen, hatten sie sich doch vor wenigen Augenblicken wie kleine Kinder verhalten, was sogar den Kitsune in den Armen der Dämonenjägerin erstaunt hatte dreinschauen lassen. „Zunächst“, begann der Flohgeist mit erhobener Stimme, „es ist nicht wegen uns hier“, und er ließ den Blick gewichtig in die Menge schweifen. „Sondern wegen Kagome.“ Interessiert und mit leuchtenden Augen, als säße er wartend unter einem reich geschmückten Weihnachtsbaum lauschte Inuyasha der Erzählung Kagomes. Ungläubig schüttelte er den Kopf, als er erfuhr, dass er das Mädchen für diesen Juwel der vier Seelen sogar getötet hätte, um ihn zu erlangen. Fasziniert vergaß er sogar, den Mund wieder zu schließen, nachdem er verstand, dass jeder von ihnen, angefangen bei ihm selbst, über den Mönch und zu guter Letzt die Dämonenjägerin eine Rechnung mit diesem geheimnisvollen Naraku zu begleichen hatte. Aber seinen wahren Grund, diesen Kerl zu jagen, hatte er noch nicht ganz verstanden. „Warum hasse ich ihn so sehr? Was hat er mir angetan, dass ich so versessen darauf bin, ihn zu töten?“, wollte er noch einmal genauestens von Kagome wissen. Und genau dies fürchtete das Mädchen; noch ärger als er sich selbst vor der Wahrheit ängstigte, würde es ihr ungemein schwer fallen, ihm all diese traurigen Dinge zu erzählen, die ihm widerfahren waren. „Es war ... wegen einer jungen Frau“, erwiderte sie tonlos und schaute zu Boden. „Hä?“, machte der Junge erstaunt, als glaubte er, sich verhört zu haben. „Ihr Name war Kikyo, sie war der erste Mensch nach deiner Mutter, der dir wieder etwas bedeutet hatte“, floss es über Kagomes Lippen wie frisches Quellwasser. Sie wunderte sich plötzlich über sich selbst, warum tat sie das? Wollte sie ihm damit etwa wehtun, um ihren eigenen Schmerz über diese vergangene Beziehung, die nach der Auferstehung der Miko wieder ins Rollen gekommen war, zu verarbeiten? Hastig drehte sie sich weg, als sie die aufkommenden Tränen spürte, welche sich wie eine Sturmflut in ihr sammelten, um mit voller Gewalt hervorzubrechen. Doch dann legte sich sanft, beinahe vorsichtig eine Hand um ihr Handgelenk und sie wandte sich unwillkürlich um. Seine Augen ruhten wie das schützende Blätterdach eines Baumes auf den ihren. Unendliche Sekunden lang sah er sie an, sein dunkler Blick schwarz und leer wie seine Vergangenheit. „Erzähl es mir, egal, wie schwer es sein wird, ich will es wissen“, bat er sie mit einer stoischen Ruhe, die sie von ihm nicht kannte. Nachdem Miroku und Sango Myogas Bericht gelauscht hatten, war der junge Mönch auf Bitten des kleinen Kitsune aufgestanden, um sich auf die Suche nach der Entschwundenen zu machen. In jedem Zimmer des Hauses, welches er betreten durfte, sah er nach, fragte die Bediensteten nach Kagome, doch niemand schien sie gesehen zu haben. Als er in die Küche trat, traf er auf die drei reizenden Schwestern, welche das Frühstück aufgetragen hatten und musste sich mehr als nur beherrschen, seine Aufgabe nicht beiseite zu schieben und sich eher erfreulicheren Dingen zu widmen. Er spürte schon den Schmerz des Knochenbumerangs, den er sicher wieder zu schmecken bekommen würde, wenn er sich nicht in Zurückhaltung übte. Nachdem er den Grund seines Kommens genannt hatte und sich aufgrund ihrer nicht zufriedenstellenden Antworten wieder umwenden wollte, um weiterzusuchen, hielt ihn die älteste der Drei mit einer anderen Beobachtung jedoch auf. „Inuyasha-sama ist hier langgekommen und durch den Garten verschwunden, vielleicht kann Euch das ja weiterhelfen“, erwähnte Yuuka mit einem geheimnisvollen Glitzern in den nachtschwarzen Augen, als wüsste sie mehr, als dem jungen Mönch lieb war. „Äh, ja. Vielen Dank, ich werde dem nachgehen“, zeigte sich Miroku mit einer angedeuteten und höflichenVerbeugung erkenntlich, bevor er mit raschen Schritten aus derselben Tür verschwand, die sein ungestümer Gefährte vor nicht allzu langer Zeit heftig aufgestoßen hatte, um den vielen lauernden Augen zu entgehen. Nachdenklich sah Yuuka ihm nach, links und rechts an ihren Schultern mit einem Male die Köpfe ihrer jüngeren Schwestern spürend. „Ob er und seine Freunde wohl wieder alles in Ordnung bringen können?“, fragte Kiku fast schüchtern und drückte sich liebevoll an ihre Schwester, welche ihr sanft über die weichen Haare strich. Ihr wacher Blick glitt dem Mönch hinterher, der sich, vorsichtig darauf bedacht, die wunderschön angelegten Beete nicht zu zerstören, einen Weg durch den Garten bahnte. „Wenn nicht sie, dann keiner“, kommentierte Mayu die Sorge ihrer jüngsten Schwester und schüttelte leicht das Haupt, so dass die unzähligen bunten Perlen in ihren Haaren aneinanderklickten und ein Lied der Sehnsucht anstimmten. „Wir müssen einfach an sie glauben und hoffen, dass sie uns unseren Herrn zurückbringen können“, verstärkte Yuuka den Glauben in den Herzen der beiden Mädchen, welche ihrem Schutz unterstanden. „Wir müssen es einfach.“ Als Kagome die Geschichte um Kikyo abgeschlossen hatte, wartete sie auf eine Reaktion des Jungen, der sich schon nach den ersten Worten kein bisschen mehr geregt hatte. Hin- und hergerissen, wie sie sich nun verhalten sollte, wollte sie schon etwas sagen, als er ihr überraschend zuvorkam. „Nun kann ich gut verstehen, warum ich auf der Jagd nach ihm bin“, begann er in einem ungewohnt harten Tonfall, was in ihr sofort neue Schuldgefühle weckte. „Er hat ihr und mein Leben damit zerstört, den Hass gegen die Menschen in meinem Herzen neu entflammt und beinahe eine Bestie aus mir werden lassen, wenn du nicht gewesen wärst, Kagome.“ Dankbar sah er sie an, während sie ihr Erstaunen über seine letzten Worte kaum verbergen konnte. „Aber eines verstehe ich nicht“, gab er zu bedenken und sie horchte gewarnt auf, hoffend, sie müsste keine weiteren unangenehmen Dinge aus der düsteren Vergangenheit des Jungen ans Tageslicht bringen. „Wo ist meine Familie?“ Nachdenklich durch die belebten Gassen des Dorfes streichend, ließ sich Miroku das Gesagte des Flohgeistes noch einmal durch den Kopf gehen. Es war schon unheimlich und mysteriös genug gewesen, was da mit Inuyasha geschehen war, aber diese Erscheinung überstieg nun alles, was ihm und seinen Gefährten in den letzten Wochen widerfahren war. Die kleinen Kinder beneidend, welche unbeschwert und nicht über ihr kommendes Leben nachdenkend einem Ball hinterher jagten, verließ er das Dorf und ging den kleinen Weg zwischen den bewirtenen Feldern entlang auf den Wald zu, der seine dunklen, unruhigen Schatten auf das angrenzende Land warf. Er hoffte, das keiner der Beiden dumm genug gewesen war und zwischen den dicht stehenden Baumriesen sein Heil in der Flucht vor den Dingen, die sie quälten, gesucht hatte, denn nach den unheilschwangeren Erzählungen Manamis lauerten in dem Wald Dämonen, zwar niedere, aber für normal Sterbliche genauso gefährlich und tödlich wie mächtige Youkai-Lords. Bevor ihn die Schwärze des Waldes verschluckte wie alles andere vor seinen Füßen, blieb er noch einmal stehen und ließ seinen Blick umherschweifen. Gierig griffen die Schatten nach seiner Gestalt, während rotglühende Augen ihn mit wachsendem Interesse musterten, als er schon einen Schritt auf den Wald zuging, der ihm wie eine vollkommen andere Welt erschien, als ihm aus den Augenwinkeln heraus etwas Tiefrotes auffiel, was unbändig in dem milden Frühjahrswind wie eine Flagge einer mächtigen Armee hin- und herflatterte. Sofort machte er auf dem Absatz kehrt und lief den Weg einige Meter zurück.Von dort aus hatte man einen prächtigen Ausblick über das ganze Areal und so wurde ihm gewahr, dass der Junge, der am Morgen überstürzt das Frühstücksmahl verlassen hatte, nicht allein war. Beruhigt entdeckte er das vermisste Mädchen direkt neben ihm, sie schienen miteinander zu reden, was ihn ebenfalls zufrieden stimmte. Seine Beobachtung allein würde wohl reichen, dass besorgte Gemüt eines gewissen Fuchsjungen zu besänftigen. Stören wollte er die Zwei nicht, er war froh, sie so zu sehen, was brächte es ihnen allen, wenn er die neu entstandene Idylle zwischen dem Mädchen aus der Neuzeit und dem Jungen, der eigentlich ein Hanyou war, zerrüttete? Schmunzelnd machte er sich auf den Weg zurück zu seinen Gefährten, welche schon ungeduldig auf seine Rückkehr warteten, nicht ahnend, welche Worte zwischen den beiden Menschen, dessen Schicksale enger miteinander verknüpft waren, als ihnen allen bewusst war, gewechselt wurden. Als hätte ein Dolch ihr Herz durchstoßen, keuchte das Mädchen qualvoll auf, als die Frage des Jungen wie eine flüchtende Meute von Wild an ihr Ohr gedrungen war. Warum? Wieso gerade sie? Sie konnte das nicht, nicht bei ihm, bei jemandem, dem schon so viel Leid im Leben widerfahren war. Das war einfach nicht fair. „Kagome, ist alles in Ordnung?“, hämmerte seine besorgte Stimme wie ein Specht in ihren Geist und sie sah in sein Gesicht, bemerkte seine vor Unruhe um sie gerunzelte Stirn. „Alles okay, ich hab ... nur schlecht geschlafen, das ist alles“, erklärte sie rasch und lächelte ihn zur Ablenkung an. „Wirklich?“ Misstrauisch wanderte sein Blick über ihr Antlitz, so recht abnehmen tat er ihr das nicht, das fühlte sie. Und es freute sie beinahe, denn in dem waren er und der alte Inuyasha sich unheimlich ähnlich. Ein ziemlich übereiltes Nicken überzeugte ihn noch immer nicht ganz von ihrer Aussage. Es schien fast so, als hätte seine Frage sie zutiefst bestürzt, nur den Grund dafür konnte er sich beim besten Willen nicht erklären. Was war so schlimm daran gewesen, dies zu fragen? Hatte er nicht das Recht, zu erfahren, was mit seinen Eltern war? „Warum haben sie nicht nach mir gesucht, nachdem ich verschwunden war?“, fragte er betrübt neben ihr, die Traurigkeit in seiner Stimme hätte sie am liebsten laut aufschreien lassen. Sie wollte nicht Diejenige sein, die es ihm sagte, aber ... wer sollte es sonst? Sie kannte ihn von allen am besten. Dass ihr dies eines Tages zum Verhängnis werden sollte, hätte selbst sie sich niemals erträumen lassen. „Sie ... konnten es nicht“, war alles, was Kagome übers Herz brachte, zu sagen. Rasch sah sie weg, als er sie fragend anstarrte. „Wa-warum nicht?“, wollte er wissen, er klang verzweifelt, doch nur für einen kurzen Augenblick. Dann troff seine Stimme nur so vor Wut und Enttäuschung. „Liegt es daran, weil ich das bin, was ich bin? Weil in meinen Adern normalerweise das Blut eines Bastards fließt?“ Die Wildheit erwachte erneut in seinen Augen und jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. „Nun, dann werden sie sicherlich erfreut sein über meine nun menschliche Gestalt, nicht wahr?“ Bitterer Sarkasmus tropfte wie Blut über seine Lippen, als er seine Befürchtungen gleich tödlichem Gift ausspie. Verbitterung legte sich über sein Herz, hatten seine Eltern ihn etwa verstoßen? War dies, wenn es tatsächlich zutraf, schon des öfteren geschehen? Und war vielleicht dieses Mal das eingetreten, was sie sich erhofft hatten? Dass er durch seine Amnesie und den Verlust seiner dämonischen Kräfte nun für immer von ihnen getrennt sein sollte? Verzweifelt ballte er seine Hand zur Faust und schlug kräftig auf den festen Erdboden ein, so dass seine soeben erst verheilten Wunden an den Fingerknöcheln erneut aufplatzten und Blutstropfen wie aufgewirbelter Staub nach oben flogen. „Sie sind tot, deswegen konnten sie dich nicht suchen gehen, verstehst du?! Deswegen nicht!“, schrie Kagome plötzlich ohne Vorwarnung, was zur Folge hatte, dass der Junge erschrocken innehielt und sie entgeistert anstarrte. Tränen liefen über das hübsche Gesicht des Mädchens, dessen Miene vor Kummer ganz verzerrt war, gleich der Landschaft an einem trüben nassen Regentag. Fassungslosigkeit breitete sich im Inneren des langhaarigen Jungen aus, beinahe, als fräße sich eine schwärende, langsam den sicheren Tod bringende Krankheit durch seine Gedärme. Alles, was sie hinterließ, war eine bodenlose Leere, ein Gefühl, welches für ihn neu und gleichzeitig erschreckender als alles andere war. Doch noch schlimmer und beängstigender schlich sich die plötzlich eingetretende Stille zwischen die beiden jungen Leute; gleich einer niemals zu überwindenen Barriere schob sie sich leise wie eine Gewitterwolke über die Seelen der Zwei und richtete, als handelte es sich dabei um einen verheerenden Sturm, Chaos, Selbstzweifel, Trauer und Mitleid in ihren unschuldigen Herzen an. Zitternd am ganzen Körper wagte Kagome es kaum, aufzusehen. Dieser harsche Gefühlsausbruch Inuyasha gegenüber tat ihr unendlich weh, doch noch derber musste es ihn dabei getroffen haben, als genau die Worte ihren Mund verlassen hatten, welche sie lieber für immer und ewig in den Tiefen ihres Innersten vergraben hätte. Sie wünschte sich sehnlichst die Unwissenheit zurück, welche an jenem Tage, als sie den jungen Hanyou zum ersten Mal erblickt hatte, noch in ihrer Seele verweilte. „Warum ... ich verstehe das nicht, wieso?“, seine Stimme klagte das Unbekannte, welches ihm seine Eltern viel zu früh genommen hatte, beinahe vorwurfsvoll an. „Mein Vater ... war ein Youkai, oder nicht? Wieso hat er Mutter nicht beschützt? Hat er ... sie nach meiner Geburt etwa allein gelassen? Wegen mir? Bin ich schuld an allem?“ Verwirrt sah er Kagome an, als läge in ihrem tränennassen Antlitz eine Antwort auf all seine Fragen. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte sie, die Tränen zurückzudrängen. Sie wollte stark sein, für ihn, wollte ihm beistehen, aber ihre Gefühle lagen so brach wie ein nichtbestellter Acker im Sommer. Was konnte sie sagen, was tun, um ihm diese Zweifel an seinen Eltern zu nehmen, die ihren Sohn mehr als alles andere geliebt hatten? Inuyashas Gefühle überschlugen sich wie kleine Fuchskinder, die gerade erst das Laufen erlernt hatten. Konnte es sein, dass seine Vergangenheit, welche nur als dunkler Fleck in seinem Inneren existierte, gespickt war mit unzähligen Schicksalsschlägen? War es möglich, dass er sich deswegen nicht erinnerte? Weil alles, was jemals geschehen war, es nicht wert sein würde, um es wieder in sein Gedächtnis aufzunehmen? Eine eiskalte Hand griff plötzlich nach seinem Herz und drückte es brutal zusammen, so dass es brannte wie ein nie erlöschendes Feuer. Nackte Angst vor der Wahrheit, die er sich so sehr herbeigesehnt hatte, überkam ihn ohne Vorwarnung und ließ seine Glieder erzittern. Schon wollte er aufspringen und vor den grausamen Worten, welche jeden Augenblick ungewollt an sein Ohr dringen konnten, fliehen, als ihn eine leise, aber feste Stimme davon abhielt. „Deine Eltern ... sind für das gestorben, was sie mit ihrer einzigartigen Liebe erschaffen haben“, weckte Kagome die Aufmerksamkeit des mit einem Male unsicher erscheinenden Jungen. Erstaunt riss er die Augen auf und sah sie, sehr zu ihrer Erleichterung, erwartungsvoll an. „Sie haben mich ... nicht gehasst?“, hörte sie seine unterschwellige Freude aus seiner Frage erklingen. „Nein, nie im Leben“, beruhigte ihn Kagome, die Tränen angesichts dieser unerwarteten Wendung tapfer herunterschluckend. „Aber warum ...?“, brach er mittendrin ab, sein Antlitz betrübt von dem ihren abwendend. Sicher, damit hatte sie rechnen müssen, die Wahrheit über das Schicksal seiner Eltern würde selbst an ihr nicht wie ein Unbekannter vorüberziehen. „Bist du wirklich bereit dafür? Ich meine, ich frage dich das, weil ich nicht möchte, dass du hinterher ...“, sie zögerte, hätte sie das zu dem alten Inuyasha gesagt, er hätte womöglich den herrlichsten und unvergesslichsten Wutanfall seines Lebens bekommen, „ ... traurig bist“, vollendete sie ihren Satz und kniff, auf alles vorbereitet, die Augen zusammen. Doch der Protest gegen die Behauptung, welche jedes männliche Wesen in seinem Alter womöglich beleidigt hätte, blieb aus. Stattdessen legte sich seine warme Hand auf die ihre und drückte diese ganz fest. Als seine dunkle Stimme an ihrem Ohr erklang, in einer Weise, die ihr neu und fremd war, hatte sie das Gefühl, sie würde vor Kummer und Glück gleichermaßen zerspringen. „Ich weiß nicht, wie viele Menschen, Hanyou oder Youkai ich im Laufe meines Lebens bereits kennen gelernt habe“, begann er sanft, fast liebevoll zu sprechen, „aber du, Kagome, gehörst sicher zu den Personen, die mein Herz nie wieder gehen lässt.“ „I-Inuyasha ...“, war alles, was daraufhin ihren Mund verließ, welchen er mit seinem Zeigefinger und einem leisen „Shhhh“, versiegelte. „Ich möchte nicht, dass du dir Sorgen um mich machst, jedes Mal, wenn deine Augen in Tränen schwimmen, fühle ich mich schuldig daran. Deswegen möchte ich stärker werden, für dich, so, wie ich es vielleicht einst war. Ich möchte dich beschützen können, wenn es darauf ankommt.“ Er machte eine kleine Pause und sah hinunter zum Dorf, während seine gesagten Worte ihre Seele mit Hoffnung anfüllten. „Denn“, fuhr er mit ernsterem Ton fort, „wie es scheint, habe ich sonst niemand anderen mehr, dem ich meinen Schutz anbieten kann, nicht wahr?“ Sie nickte stumm, unfähig etwas zu sagen, waren dies doch die schönsten Worte, welche er nach seinem schrecklichen Tod an sie gerichtet hatte. „Trotz allem möchte ich wissen, was geschehen ist, Kagome“, bat er sie eindringlich und überraschend, sein Blick huschte unruhig über ihr Antlitz, welches sich ein wenig qualvoll verzog. „Ich weiß, es ist nicht fair von mir, das gerade von dir zu verlangen, aber ich bitte dich, erzähl mir, was du weißt, ich werde dich danach nie wieder drängen, etwas von meiner Vergangenheit preiszugeben.“ Natürlich wusste sie, dass er recht mit dem hatte, was er sagte, es war nur, dass sie ihn nicht weiter leiden sehen wollte, weswegen sie zögerte. „Bitte, Kagome“, flehte er sie an, während der Schmerz über die Ungewissheit wie unruhige Schatten in seinen Augen umherhuschten. Geschlagen seufzte sie auf, sie hasste es, wenn er sie wie ein geprügelter Hund ansah, drückte aber gleichzeitig nun seine Hand, was ihn erstaunte. „Du wünschst, die Wahrheit zu erfahren über die, welche dein Leben ermöglich haben“, sagte sie mit ungewohnt fester Stimme. „Bist du auch bereit, sie zu tragen mit all den Dingen, die dazugehören?“ „Ja, ich möchte die Unruhe in meiner Seele endlich besänftigen“, erwiderte er ruhig und gefasst auf das nun Kommende. „Nun gut“, bestätigte das Mädchen seinen Entschluss, „ich werde dir alles sagen, alles, was ich von dir oder anderen erfahren habe über das, worüber du nie gerne gesprochen hast, deine Vergangenheit.“ Und so begann Kagome zu erzählen, von seiner Mutter, der Menschenfrau, die einen mächtigen Youkai, den Inu no Taishou, den Herrn der Hunde geliebt hatte. Sie berichtete von ihrer Entführung durch eine eifersüchtige Seele, welche nicht verstehen konnte, dass sich eine hübsche Prinzessin in ein Monster von einem Dämon verliebte und auch noch ein Kind von diesem Wesen erwartete. Hochschwanger tötete er seine heimliche Angebetete, doch die wahre Liebe der Frau war nicht weit. Aufgeregt hörte Inuyasha dem Mädchen zu, wie sein Vater in die Festung seines Feindes eindrang und alle, die sich ihm in den Weg stellten, gnadenlos ins Jenseits schickte. Verblüffung überkam ihn, als er von dem Schwert Tensaiga hörte, welches sein Vater schwang, um seine Mutter wieder in das Reich der Lebenden zurück zu holen. Ein Lächeln zierte sein Gesicht, nachdem er hörte, wer ihm seinen Namen gegeben hatte und wem er dieses robuste Gewand verdankte, welches sich wie eine zweite Haut um seine Glieder schmiegte. Doch während Kagome erzählte, dass sein Vater für ihn und seine Mutter in den Flammen des Gebäudes gestorben war, wurde sein Herz ganz schwer vor Kummer um den Mann, den er niemals kennen gelernt hatte. „Ich hätte ihn gern einmal gesehen“, sagte er leise, so dass Kagome bereits befürchtete, sie hätte zuviel erzählt, als gut für ihn war. „Der Youkai, der Menschen achtete und einen sogar liebte, er muss ein grossartiger Fürst gewesen sein. Ich habe angenommen, alle Youkai wären durchtrieben und niederträchtig, aber da habe ich mich wohl geirrt, stimmt´s?“ Er zwang sich ein Lächeln auf die Lippen, um seine Trauer über diesen Verlust zu verbergen, so dass Kagome sich sofort wieder schlecht fühlte. „Aber was ist dann mit meiner Mutter geschehen?“, fragte er besorgt um den Verbleib der Frau, die ihn auf die Welt gebracht hatte. „Ich meine, ist sie mit mir als Sohn akzeptiert worden? Man hat sie doch hoffentlich nicht davongejagt, oder?“ Das Mädchen aus der Zukunft wich seinem bittenden Blick nach weiteren Informationen schweigend aus. „Das hat man doch wohl nicht getan“, sperrte sich der Junge gegen seine Befürchtung, welche ihm angesichts der Reaktion seines Gegenübers langsam den Hals heraufkroch. „Das kann ... will ich nicht glauben.“ Wut troff aus seiner Stimme. „Deine Mutter konnte nirgendwo hin mehr zurück, denn sie wusste, dass man sie stets für das, was sie so sehr liebte, verjagen würde“, kam es wie ferngesteuert aus dem Mund des Mädchens, welches sich selbst über seine Worte wunderte, die ihr, als sei es selbstverständlich, einfach so über die Lippen kamen. Verärgert ballte Inuyasha eine Faust, als er dies vernahm. „Verflucht seien die, die es gewagt haben. Wie konnten sie nur?“, wollte es nicht in seinen Verstand hinein. Langsam begriff er, warum Youkai die Menschen und die Menschen die Youkai hassten. Alles, was anders war, verabscheuten und fürchteten sie gleichermaßen. „Nicht mal in den Tempeln fand sie Zuflucht“, bewegten sich die Lippen des Mädchens beinahe von selbst, welches sich vehement dagegen wehrte, diese Worte überhaupt auszusprechen. Sie wollte ihm nicht wehtun, sie wollte nicht, dass er dies alles auf einmal erfuhr, aber sie konnte sich nicht dagegen wehren. Ihr war, als hätte etwas von ihr Besitz ergriffen, etwas, was ihr vertraut und doch so fremd erschien. „Ihr Herz wurde immer schwerer, nicht einmal ihr Sohn konnte sie über den Verlust ihrer Liebe hinwegtrösten, obwohl er ihm in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich war“, Kagome versuchte sich den Mund zuzuhalten, aber es gelang ihr nicht. Inuyasha bemerkte nichts von der eigenartigen Veränderung, die mit dem Mädchen vor sich ging. Ein schrecklicher Verdacht bemannte sich seines Herzens, so dass alles andere in den Hintergrund gerückt wurde. „Sie ... sie ist doch wohl nicht ... schon sehr früh gestorben?“, fragte er mit einem bitteren Geschmack im Mund, der ihm die Antwort bereits auf einem Silbertablett servierte. „Doch, das ist sie, der Kummer um das Schicksal ihres Mannes und ihres Sohnes hat sie zwar innerlich zerfressen, doch war dies nicht der Grund ihres frühen Todes, es waren die ...“ >Verdammt, ich will das nicht, hör auf damit!<, wehrte sich Kagome gegen den Eindringling in ihrem Kopf und zwang ihn, sofort zu verschwinden. >Du tust ihm weh damit, das lasse ich nicht weiter zu!< Ein leiser Protest erklang, doch dann war alles plötzlich geisterhaft still. Tief durchatmend, als wäre ein schwerer dunkler Schatten von ihr gewichen, sah sie den Jungen vor sich an und erschrak. Seine dunklen Augen wirkten wie zerborstene Glasscheiben, dumpf starrten sie das Mädchen an. „Inuyasha“, rief sie verzweifelt aus, „es tut mir leid, das war nicht ich, ich wusste all diese Dinge nicht, all dies, was ich dir da über deine Mutter erzählt habe, das habe ich nicht von dir erfahren, es war plötzlich einfach in meinem Kopf drin.“ Verwirrt versuchte sie ihre Gedanken zu sortieren, als er darauf antwortete. „Und du lässt das alles einfach so aus deinem Mund heraussprudeln, ohne darüber nachzudenken?“ Kalt musterte er sie, jegliche Spur von Verständnis oder Vertrautheit waren aus seinem Gesicht verschwunden. „Ich ... ich konnte es nicht steuern“, versuchte sie ihm ihre Lage verzweifelt zu erklären, „es hatte von mir Besitz ergriffen, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Niemals“, sie schüttelte heftig den Kopf, „niemals hätte ich dir diese Dinge so nüchtern offenbart, ich wollte nicht deine Gefühle verletzen.“ Ein betretendes Schweigen drängte sich zwischen sie wie ein ungebetener Gast, den keiner eingeladen hatte. Kagome wagte es kaum, den Jungen vor ihr anzusehen, die Kälte, welche von ihm Besitz ergriffen hatte, ließ ihre Nackenhaare sich wie die feinen, aber wirkungsvollen Stacheln eines Igels aufstellen. „Wann ist sie gestorben?“, durchschnitt seine eisige Stimme die Luft gleich einem scharfen Pfeil. Wie unter einem derben Peitschenhieb zusammenzuckend hob das Mädchen den Kopf. Sein Misstrauen, das ihn seit ihrer Ankunf beinahe stets umschwirrte wie verliebte Frauen ihren Auserwählten, wog wie ein schützender, aber auch Distanz wahrender Mantel erneut auf ihm und erklärte jedem, der sich zu sehr näherte, den lautlosen Krieg. Was war in dieser kurzen Zeit mit der Wärme und Zuneigung geschehen, welche er ihr ehrlich und vertraut entgegengebracht hatte? Waren diese Gefühle für sie nur gespielt gewesen? Hatte er ihre schüchterne Liebe zu ihm nur ausgenutzt, um an seine gewünschten Informationen zu gelangen? Nein! Sie hielt sich die Hände vors Gesicht, als wollte sie all die schrecklichen Dinge von ihrem Geiste fernhalten, sie aussperren, damit sie nicht ungefragt eindringen konnten, um sie zu zerstören. „Warum sagst du nichts?“, herrschte er sie beinahe ungehalten an, so dass sie erschrocken über sein Verhalten ungewollt vor ihm zurückwich. Als Folge dessen zerfloss seine steife Maske von Gefühllosigkeit plötzlich und zeigte unter der eisigen Kälte der Selbstsucht wieder das besorgte Antlitz des Jungen, den sie so sehr in ihr Herz geschlossen hatte. Flink schossen seine Hände nach vorne, um sie an einer möglichen Flucht vor ihm selbst zu hindern, doch kurz bevor seine Fingerspitzen ihre weiche Haut berührten, zuckten sie wie ängstliche Katzen vor dem Kontakt mit ihr zurück. Mit gesenktem Blick legte er seine Hände in den Schoß, unsicher, wie er sich gegenüber ihr nun verhalten sollte, doch sie erfüllte ihm, ohne dass er noch ein Wort darüber verloren hatte, seinen Wunsch. „Du warst noch sehr klein, als sie starb“, woraufhin er sie entsetzt anstarrte. „Es tut mir leid, Inuyasha, ich wünschte, ich hätte dir etwas Schöneres erzählen können. Aber die Wahrheit tut meist weh, deswegen lügen die Menschen gerne und oft, ohne darüber nachzudenken, dass sie einem damit noch mehr schaden. Ich wollte dir niemals schaden, deswegen habe ich nichts davon schöngeredet oder dir verheimlicht.“ Ein leichter Wind kam auf und strich durch die Haare der beiden jungen Menschen, als wollte er sie mit der sanften Hand einer Mutter trösten und vor weiterem Unheil bewahren. Als Inuyasha nach einiger Zeit des Schweigens die Stille mit seiner Stimme zerriss, klang diese gleich einem gebrochenen Mann, dem man alles im Leben genommen hatte, was ihm einst wichtig und teuer gewesen war. Tiefe Furchen zogen sich wie ausgetrocknete Flussbette durch sein Gesicht und ließen ihn um Jahre gealtert erscheinen. All ihre Stärke aufbringend versuchte Kagome seinem Blick Stand zu halten, obwohl dieser sie innerlich beinahe zerriss. Er hatte zwar alles, was ihn beschäftigte erfahren, aber um welchen Preis? „Wer hat mich dann aufgezogen?“, erklang es trocken, fast heiser aus seiner Kehle. „Es muss doch irgendjemanden gegeben haben, jemand, der ...“, erwartungsvoll sah er das Mädchen an, sich an den letzten dünnen Faden klammernd, dass es irgendwo auf der Welt eine liebevolle Adoptivmutter gab, die sich seiner in den Jahren danach angenommen hatte.Es konnte doch nicht sein, dass er ... vollkommen allein gewesen war, oder etwa doch? „Dein Bruder hat sich darum gekümmert, dass du eine Ausbildung erhältst, bis du soweit warst, auf eigenen Beinen zu stehen“, erwiderte Kagome mit zitternder Stimme, darauf hoffend, dass er durch die Erwähnung eines überlebenden Familienmitgliedes von dem schrecklichen Verlust seiner Eltern abgelenkt würde. „Mein Bruder?“, fragte der Junge daraufhin überrascht. „Ich habe einen Bruder? Ist er … ist er … wie ich?“ Zuversicht glomm in seinen Augen auf wie die ersten Glühwürmchen in der Dämmerung des Abendlichtes. „Nun ja …“, zögerte das Mädchen mit der Antwort, ein wenig überrumpelt, was seine Überlegung betraf. „Beide tragt ihr das Blut eures Vaters in euch“, erwiderte sie sachlich auf seine Frage, als sie in sein erwartungsvolles Gesicht blickte, was einem Kind glich, welches sich auf ein seltenes Geschenk freute. „Jedoch … könnte das eurer Mütter nicht unterschiedlicher sein.“ Wie der Regen, der an einem trüben Tag die Erde in Schlamm verwandelte und vom Boden wegspülte, so wischte diese Nachricht die aufkommende Freude über einen noch lebenden Verwandten hinfort und machte dumpfer Enttäuschung Platz. „Ach so“, war seine Niedergeschlagenheit nicht zu überhören, „er ist also von reinem Blut.“ Beinahe zärtlich strichen seine Hände über das feine Gras der Wiese vor ihm, als wäre dies das Fell einer samtweichen Katze, bis er plötzlich zornig einen ganzen Büschel der unschuldigen Halme heraus riss und diese dem Mädchen anklagend direkt vor ihr entsetzt verzogenes Gesicht hielt. „Ich denke, dann würde er sicher froh sein, wenn ich das Schicksal dieses Grünzeuges teile, hab ich nicht recht?“ Bedrückung und Hass sprangen gleichzeitig aus seinen dunkel blitzenden Augen gleich hungriger Raubkatzen auf ihre wehrlose Beute. „Inuyasha, nein, hör mir zu“, versuchte Kagome verzweifelt, ihn zu beruhigen. „Dein Bruder ist nicht so, er ist ...“, doch der Junge hatte seine Ohren für jegliche weitere Worte, die über ihre Lippen huschten, gänzlich versperrt. „Eines habe ich in der kurzen Zeit, die ich schon hier bin, gelernt“, strich es kalt über das Haupt Kagomes, als er währenddessen kraftvoll aufgesprungen war. „Youkai hassen Hanyou, da in ihnen menschliches Blut fließt und sie diese deswegen für schwach befinden. Ich kann mir glatt vorstellen, womit mein Bruder“, er spuckte das Wort wie etwas Giftiges aus, „die letzten Jahre verbracht hat. Sicher, um mich, den Schandfleck der Familie, auszulöschen!“ Ungläubig starrte ihn das Mädchen aus der Zukunft an. Es war ihr beinahe unheimlich, wie schnell der Junge alle Details zusammenzählen konnte und daraus ein Ergebnis erhalten hatte, was besser auf die Vergangenheit der Brüder passte, als in der eigenen Vorstellungskraft lag. Und doch ... tat er nun dem Älteren Unrecht, waren sie überhaupt erst durch seinen Hinweis so weit gekommen, aber, wie es schien, jetzt wieder ganz am Anfang aller Dinge. „Bitte, Inuyasha“, versuchte sie es noch einmal behutsam, „dein Bruder ist ...“, doch gänzlich sein zorniger Blick in ihre Richtung reichte aus, um sie zum Schweigen zu bringen, so dass sie sichtlich betroffen zusammenzuckte. Unsicherheit und eine Spur von Reue brachen sich daraufhin auf seinem Antlitz und fochten mit dem Trotz und seiner hell auflodernden Wut einen stummen Kampf aus, den keine Gefühlsregung direkt gewann. „Wenn ich solch eine Vergangenheit hinter mir gelassen habe und in einer Gegenwart lebe, in der mich das letzte lebende Bindeglied zu meiner Familie auch noch hasst, vielleicht ...“, er stockte und sah hinauf in den blauen Himmel, an dem der Wind ausgelassen mit den weißen Wolken spielte, „vielleicht möchte ich mich dann gar nicht mehr erinnern.“ Ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren schritt er festen Fußes den kleinen Hang hinunter, nun sicher wie eine Bergziege, bei der jeder Sprung über Leben und Tod entschied und nicht wie noch vor wenigen Momenten gleich einem tollpatschigen Hundewelpen, der soeben erst das Licht der Welt erblickt hatte. Betrübt sah ihm Kagome nach und als würde der Bann seiner zornig funkelnden Augen, die sich nun von ihr abgewandt hatten, seine Wirkung verlieren, fand sie plötzlich ihre Sprache wieder und so vollendete sie den Satz, der ihr so wichtig erschien, welcher sich aber ungehört in den Weiten des Landes verlor. „... doch am Rand des Dorfes und wartet auf uns, ganz besonders auf dich, Inuyasha“, flüsterte sie, während der Wind kleine glitzerne Perlen direkt neben dem Jungen durch die Luft wirbelte, der sich plötzlich mit dem Ärmel über das Gesicht wischte. Kleine Kieselsteine flogen durch die Luft, um sich anschließend wieder unter ihre Brüder am Boden zu mischen, während ein unbeschuhter Fuß immer wieder nach ihnen trat. Winzige Tropfen fielen auf den schmalen Kiesweg, der sich wie eine geschmeidige Schlange durch die fruchtbaren Felder rund um das Dorf zog, obwohl der Himmel keineswegs nach einem Regenschauer aussah. Ob ein Hanyou auch weinte? Inuyasha schüttelte trotzig seinen Kopf, so dass sein langes schwarzes Haar gleich einem aufkommenden Sturm schwarzer Wolken um sein Haupt wogte. Nein, Hanyou zeigten sicherlich nicht einfach so ihre Gefühle aus dem Bauch heraus, schließlich waren sie zur Hälfte dämonische Wesen, welche menschliche Empfindungen als Schwäche interpretierten. Wollte er dann überhaupt so etwas sein? Abgestumpft und zu nichts anderem mehr fähig als Hass und Zerstörung? Doch dann schob sich das Bild seines Vaters zwischen ihn und seine Ängste. Ein stolzer Youkai war dieser gewesen, ein Fürst und doch barmherzig und gut. Und, was das Wichtigste war, er hatte einer Menschenfrau aus ganzem Herzen seine Liebe geschenkt, seiner Mutter. Vielleicht handelte es sich bei ihm selbst dann ja auch um eine Ausnahme. Womöglich auch einer der Gründe, weswegen sich Menschen in seiner Nähe ohne Furcht aufhielten. Ein trauriges Lächeln huschte wie ein finsteres Schreckgespenst über sein Gesicht. Aber sein Bruder, nein, Halbbruder wäre wohl der richtige Ausdruck für diesen Youkai, mit dem er das Blut des gemeinsamen Vaters teilte, aber mehr wohl auch nicht, dieser Halbbruder akzeptierte sicher nicht einen dreckigen Bastard mit einem menschlichen Herz in der langen Reihe hochrangiger Familienmitglieder. Obwohl Inuyasha, was das betraf, keine Schuld angehängt werden konnte. Seine Eltern waren zwei erwachsene Menschen gewesen, denen hoffentlich bewusst gewesen war, was sie da taten. Also, warum sollte er sich deswegen schlecht fühlen? Seufzend blieb er für einen Moment stehen und sah zu den kleinen, aber gemütlich erscheinenden Häuschen des Dorfes hinüber, aus deren Schornsteinen weißer Rauch in den Himmel stieg. Er wusste, woher dieser quälende Schmerz im Bauch herkam, der ihm seit einigen Minuten keine Ruhe mehr ließ. Es war wegen ihr. Er hatte ihr mit seiner groben Art nicht wehtun wollen, hasste sich nun selbst dafür, dass mit ihm einfach die Pferde durchgegangen waren und er ihr all diese Sachen an den Kopf geworfen hatte, für deren Ausgang sie doch keineswegs verantwortlich war. Ein kehliges Lachen, welches eher wie das unglückliche Meckern einer Ziege klang, die man vergessen hatte zu füttern, entwich seinen Lippen, während er sich an den Kopf fasste und langsam an seinem Verstand zu zweifeln begann. Glaubte er all diese Dinge tatsächlich, die sie ihm offenbart hatte? Er ein Hanyou? Ein mächtiges halbdämonisches Wesen mit übermenschlichen Kräften? Geboren von einer Menschenfrau? Gezeugt von einem Hunde-Youkai, dahingeschiedener Fürst der westlichen Gestade? Seine Freunde und er auf der Suche und Jagd nach einem geheimnisvollen Juwel, dessen Existenz alles bedrohte? Den Wunsch im Herzen tragend einen anderen Hanyou namens Naraku, der für viel Leid in seinem Leben verantwortlich war, zu finden und zur Strecke zu bringen? Das klang irgendwie nicht schlecht, aber mehr nach einer großen Legende, die man seinen Enkelkindern am Feuer erzählte und sich dabei ihrer ernstaunten und leuchtenden Augen erfreute, als nach seinem Leben. Doch umso mehr er seine Gedanken wieder darin vertiefte, desto verwirrender und undurchschaubarer wurden die Bilder in seinem Kopf, legte sich ein undurchdringbarer Nebel um alles, unerreichbar für seinen Geist, der sich so sehr nach Antworten sehnte. Und so dauerte es nicht lange, bis sein Bewusstsein ihm hartnäckig vozugaukeln begann, dass all das Erlebte, was soeben noch vor seinem Auge abgelaufen, an sein Ohr gedrungen war und sein Herz berührt hatte, nichts weiter als ein verlogenes Trugbild gewesen war, welches sich seiner bemächtigt hatte. Verstört ging er weiter, als sich plötzlich eine kleine schmächtige Hand in die seine legte und ihn, ohne groß nach einer Erlaubnis zu fragen, stürmisch mitriss. „Inuyasha-o-nii-chan!“, rief eine helle Kinderstimme aus, während langes, unzähmbares Haar, das man vergeblich versucht hatte, mit einem Zopf zu bändigen, fröhlich beim Rennen auf- und abwippte. „Ich hab mir schon Sorgen gemacht, dass etwas mit dir nicht stimmt und bin dich suchen gegangen“, lachten ihm große meerblaue Augen entgegen, als Hiroshi den Kopf beim Laufen umwandte. „Und zum Glück hab ich dich gefunden“, gluckste er zufrieden auf, als ihm ein erstauntes Gesicht des Älteren begegnete. „Spielst du mit uns, bitte?“, machte der Junge ein flehendes Gesicht und legte die Stirn kraus wie ein junger Hund, der um Essen bettelte. „Meine Freunde warten schon alle.“ Ein resigniertes Seufzen schlich sich aus der Kehle Inuyashas, als er auf die bittende Schnute Hiroshis starrte. „Wie kann man solchen Augen widerstehen?“, klagte er spielerisch und riss theatralisch die Arme in die Höhe, was bei dem Kleineren überglückliche Quietscher an die Oberfläche lockte. „Dann komm schnell, die anderen warten am Rand des Waldes auf uns“, und so raste er los, dass der großgewachsene, schwarzhaarige Junge beinahe etwas Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten. Sehnsüchtig und mit einer Spur von Trübsal durchzogen schauten dunkle Augen zurück zu der Stelle, wo jenes Mädchen noch vor wenigen Momenten gesessen hatte. Doch nun war der Fleck leer und verwaist, von ihr keine Spur mehr. Sein Herz krampfte sich schmerzerfüllt zusammen, als er an all die Worte dachte, die unüberlegt über seine Lippen geflossen waren wie eine Sturmflut, die vor nichts Halt machte und keine Rücksicht ausübte. Dabei hatte sie ihm nur helfen wollen ... . „Nii-chan?“ Hiroshis unschuldige Stimme durchschnitt den Kummer, der auf seiner Seele lastete, wie ein scharfes Messer. Der Junge war stehen geblieben und betrachtete ihn eingehend. „Ist alles in Ordnung? Du ... siehst plötzlich so traurig aus.“ Gequält sah Inuyasha den Kleinen an und riss ertappt die Augen auf. Doch dann glätteten sich die verräterischen Wogen auf seinem Antlitz und er legte Hiroshi beruhigend eine Hand auf die schmale Schulter. „Mir geht es gut, mach dir keine Gedanken um mich“, versuchte er so normal wie möglich zu klingen, doch ein winziger Rest von Skeptik blieb in den himmelblauen Augen des Erben der Sakai. „Lass uns lieber die Geduld deiner Freunde nicht zu lange auf die Probe stellen“, lächelte ihm der Junge, den er wie einen älteren Bruder liebte, verschmitzt zu und ließ sich nun von ihm mitreißen, nicht bemerkend, wie sich das Gesicht Inuyashas erneut vor Pein verzog. „Danke, Inuyasha-o-nii-chan“, flüsterte Hiroshi seinem großen Freund entgegen, dessen Schultern sich plötzlich verkrampften. „Ich ... hab dich lieb.“ Dem Älteren tat es in der Seele weh, diese Worte zu hören, wusste er doch nicht, ob dies auch so bleiben würde, wenn der Kleine erfuhr, was für eine Kreatur sein geliebter nii-chan tatsächlich war, vorausgesetzt, in den Erzählungen seiner sogenannten Freunde lag die Wahrheit und nicht die Lüge. Vergnügtes Kindergeschrei ließ ihn aufhorchen. Eine ganze Schar von Knirpsen rannte lachend und tobend auf die beiden Neuankömmlinge zu, während sich die Baumkronen zufrieden im Takt des Windes bewegten und sich schützend über die spielende Menge beugten. Etwas weiter weg beäugte ein rotbraunes Augenpaar dieses Treiben ein wenig argwöhnisch, aber auch höchst sehnsüchtig. Ein nervös hin- und herzuckender Fuchsschwanz ragte aus dem hohen Gras gleich einer Antenne hervor, der jedes Mal, wenn ein vergnügter Juchzer zu hören war, murrend zur Seite kippte. Shippo hätte jederzeit aufstehen und zu den Kindern herüberlaufen können, um dieselbe Freude in seinem Herzen zu spüren, die sie beim Spiel durchströmte, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Er wusste nicht, ob Inuyashas Anwesenheit der Grund dafür war oder die Sorge um Kagome, die ihn noch immer lähmte. Er war Miroku, nachdem dieser das Anwesen Manamis verlassen hatte, um nach dem Mädchen Ausschau zu halten, nachgelaufen, hatte diesen aber schnell aus den Augen verloren. So konnte er nicht wissen, dass sich der junge Mönch bereits wieder auf dem Rückweg befand, im Inneren die freudige Nachricht tragend, dass Kagome sich in der Gesellschaft jenes Jungen befand, wegen dem sie die Reise hierher angetreten hatten. Mit dem Gedanken spielend, seine Sorgen beiseite zu schieben und einfach aus seinem Grasversteck zu treten, schob der Fuchsjunge bereits einige Halme beiseite, als ihm plötzlich verschreckte Schreie entgegenschallten. Flink sprang der Kleine auf, um den Grund der aufsteigenden Panik, die sich unter die spielenden Kinder gemischt hatte, zu ergründen. Vor Angst getriebene, furchtsam kreischende Schatten, die an ihm vorbeihuschten, rissen ihn beinahe von den kleinen Füßen, als er vergeblich versucht hatte zu ergründen, was geschehen sein konnte. Ein tief grollendes Brüllen, das keineswegs von einem menschlichen Wesen stammte, ließ seinen Atem für Bruchteile von Sekunden gefrieren. Mit vor Grauem verzerrtem Gesicht starrte Inuyasha das Wesen an, welches ohne Vorwarnung aus dem dichten Gehölz des Waldstückes, an dem er und die Kinder sich in vermeintlicher Sicherheit wägend gespielt hatten, getreten war. Sofort stoben alle brüllend vor Furcht auseinander, so dass es dem Youkai schwer fiel, sich für ein kreischendes Bündel zu entscheiden. „Lauft!“, schrie Inuyasha ihnen nach, sich geschockt nach dem grausam entstellten Wesen umschauend, was seine erste Verblüffung überwunden hatte und sich erstaunlich schnell, trotz seiner unterschiedlich langen Beine, in Bewegung setzte. „Lauft zum Dorf! Und seht euch nicht um!“, warnte der Junge die Kinder, aus Angst, sie könnten bei dem grauenhaften Anblick geschockt stehen bleiben und sich nicht mehr von der Stelle rühren. Neben ihm lief Hiroshi, die kleine Hand geborgen in der seines nii-chan liegend, der ihn flink mit sich zog, als glitten sie wie anmutige Kraniche über das grüne Land. Bewundernd starrte der Kleine den älteren Jungen an, er fühlte Inuyashas Kraft, welche in dessen Körper tobte, die wilde Entschlossenheit, den Jüngeren, koste es, was es wolle, zu beschützen, auch, wenn er dafür sein eigenes Leben opfern musste. Trotz dieser widerlichen Kreatur im Nacken, die ihren fauligen Atem meterweit in die noch vor wenigen Minuten reine Luft pustete, verspürte Hiroshi keine Angst. „Keine Sorge, ich lass dich nicht los“, verstärkte Inuyasha noch mit einem raschen Seitenblick und einem hastigen Lächeln Hiroshis unerschütterliches Vertrauen in diesen Jungen, der von seiner o-baa-chan verstört und ängstlich wie ein Hundebaby am Rand des Waldes gefunden worden war. Anfangs hatte der Kleinere noch so etwas wie einen Beschützerinstinkt für seinen großen Freund entwickelt, nun war es genau anders herum. Inuyasha war so, wie er sich immer einen älteren Bruder gewünscht hatte. Den warnenden Schrei seines o-nii-chan vernahm er jedoch um Sekundenbruchteile zu spät. Vor Schreck machte das unschuldige Herz Shippos ein paar wilde Hüpfer wie ein Kaninchen auf der Flucht vor einem Habicht, als er mitverfolgte, wie der Enkel Manamis im vollen Lauf stolperte und der Länge nach hinfiel. Sein großer rotgekleideter Freund wurde von dem Gewicht des Jungen mit zu Boden gerissen und stürzte neben ihm ins Gras, was bei ihrem Verfolger ein zufriedenes Grollen über die von Warzen verunstalteten Lippen trieb. Schon setzte der Youkai zum Sprung an, fuhr mit einem reißenden Geräusch, das einem vor Entsetzen das Atmen vergessen ließ, seine armdicken, fast mannslangen Krallen aus, um sie genussvoll in das junge Fleisch seiner Opfer zu bohren, die mühevoll nach ihrem ungewollten Sturz versuchten, wieder auf die Beine zu kommen. Inuyasha vernahm ein scharfes Reißen in der Luft, welches sein Trommelfell schmerzhaft erbeben ließ. Hastig sah er sich nach Hiroshi um, der zähneknirschend neben ihm lag und sich seinen Knöchel hielt. Dunkles Blut sickerte am Fuß des Jüngeren entlang in den Boden. Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden schnappte er sich den vor Überraschung keuchenden Jungen, lud ihn auf seine Schulter und sprang, als befände sich keine Last auf seinem Rücken, zurück auf die Beine, bis ein grausamer Schmerz seinen rechten Arm beinahe explodieren ließ. Mit einem unterdrückten Schrei wirbelte Inuyasha zur Seite und warf den Jungen von seinem Rücken in das weiche Gras, gerade noch rechtzeitig, denn die bereits mit seinem Blut besudelten Krallen sausten nur Zentimeter über die Köpfe der Freunde, die beinahe wie Brüder füreinander empfanden, hinweg und zerteilte die Luft mit einem widerlichen Kreischen. Sich stöhnend seine schmerzende Schulter haltend wanderte Inuyashas gehetzter Blick nervös zu Hiroshi, der starr vor Angst auf dem Boden kniete und abwechselnd den Youkai und die stark blutende Wunde seines Freundes betrachtete. Vor Furcht schrill klingende Schreie hatten die trübseligen Gedanken Kagomes wie wehrlose Blätter im Sturm hinfortgepeitscht, als sie nach Inuyashas Weggang allein auf dem grünüberfluteten Hügel zurückgeblieben war. Beunruhigt sprang sie auf und suchte nach dem Grund dieser Laute, die ihr einen unangenehmen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagten. Gehetzt suchten ihre Augen das Terrain ab, konnten aber nichts weiter finden als sanft im seichten Wind umherwogende Grashalme und im Takt einer lautlosen Melodie tanzende Baumkronen des an die Felder angrenzenden Waldstückes. Doch plötzlich lösten sich kleine Schatten aus denen der Baumriesen und rannten gleich einer in Panik geratenen Schafherde auf der Flucht vor einem Wolf davon, verfolgt mit einem gewissen Abstand von einer rotgekleideten langhaarigen Gestalt, neben der eine kleinere unsicher herstolperte. „Inuyasha ...“, entfuhr es Kagome erstaunt. Spielte er etwa wieder mit den Kindern des Dorfes und erzeugte dabei mit ihnen diesen Lärm? Aber wieso hielt er dann den Enkel der Fürstin an der Hand? Warum lief der Junge nicht mit den anderen Kindern mit? Oder .... war dies, was sie von hier oben beobachtete, gar kein Spiel mehr? Ein lautstarkes Grollen, welches den Boden unter ihren Füßen erzittern ließ, lieferte ihr die Antwort auf der Stelle. Vögel flogen laut zwitschernd aus den vermeintlich sicheren Ästen auf, als etwas unglaublich Hässliches und Widerwärtiges mit viel zu großen Klauen aus dem Dunkelgrün des Waldes torkelte. „Nein ...“, wisperte sie entsetzt und schlug die Hände vor den Mund. „Nein ... nicht schon wieder ... Inuyasha ...“ „Hiroshi! Lauf!“, schrie der langhaarige Junge panisch, stemmte sich zähneknirschend hoch und machte ein paar unbeholfene Schritte in dessen Richtung. Seine Gestalt spiegelte sich verzerrt in den blassgelben Augen des Youkai, der wie eine lauernde Raubkatze innegehalten hatte und interessiert seine angeschlagene Beute betrachtete, für die es kein Entkommen mehr gab, sondern nur noch den sicheren Weg in den Tod. Erneut spannten sich seine Muskeln unter der pergamentähnlichen Haut; bereit für den alles entscheidenen Sprung gruben sich seine Klauen tief in den weichen Boden, rissen junge grüne Triebe heraus, die sich sterbend über ihre sanft dahinwogenden Brüder und Schwestern verteilten. „Verdammt!“, brüllte Inuyasha den Kleinen an, der sich noch immer keinen Zentimeter bewegt hatte. Am ganzen Leib vor Anstrengung zitternd brach er vor ihm zusammen, den enormen Blutverlust in jeder Faser seines Körpers spürend. „Wieso läufst du nicht fort?! Willst du etwa sterben?!“ Tränen der Angst flossen ihm entgegen, Schluchzer quälten sich wild abgehackt über die auf der Flucht aufgebissenen Lippen des Jüngeren. „A-Aber o-nii-chan ... du …”, unstet blieben seine vor Feuchtigkeit glänzenden Augen an dem zerfetzten Fleisch seines Freundes hängen. Ein trauriges Lächeln glitt über das angespannte Gesicht des Älteren. „Wenn der Tag kommt, dann kommt er. Niemand ... kann ihn aufhalten, selbst ich nicht.“ Rasch wich Inuyasha dem flehenden Blick des Kleinen aus. Flüchtig erinnerte er sich an sein Versprechen Manami gegenüber, als sie ihm erklärt hatte, dass jeder hier im Dorf einer wichtigen Aufgabe nachging. Und er nahm die seine äußerst ernst. Die jungen Leben dieser Kinder zu beschützen stand an erster Stelle für ihn, denn sie waren die Zukunft dieses Dorfes. „Lauf endlich“, flüsterte er Hiroshi zu, der kopfschüttelnd bittere Tränen vergoss. „Es ist in Ordnung. Was würde deine o-baa-chan von mir denken, wenn dir etwas geschieht?“ Widerwillig kam der Junge auf die Beine, sich schniefend das feuchte Gesicht mit einem seiner verschmutzten Ärmel abwischend. Vorsichtig ging er ein paar Schritte rückwärts, erschreckend feststellend, dass die eitergelben Augäpfel des Youkai jede seiner verräterischen Bewegungen wie eine schmackhafte Mahlzeit aufsogen. Als Hiroshi mit einem letzten verzweifelten Blick mehrmals tief Luft holend seinen nii-chan betrachtete und anschließend die einzige Möglichkeit in Betracht zog, die ihm noch zur Rettung blieb, neigte sich unglaublich schnell ein riesiger Schatten über seinen schmalen, davonhumpelnden Leib. „Hiroshi!“, schrie Inuyasha aus Leibeskräften, während er versuchte, dem Jungen zur Hilfe zu kommen, aber sofort erneut in die Knie brach, sich fluchend die Schulter haltend. Warum hatte es dieses Monster auf den Kleinen abgesehen? Warum nicht auf ihn, der verletzt am Boden lag und sich ihm praktisch wie ein leckerer Braten auf einem Silbertablett präsentierte? Mutlos schlug er mit den blanken Fäusten auf den Boden ein und vergrub sein Gesicht in den hin-und hertanzenden Grashalmen, die ihn sanft berührten, als wollten sie ihn trösten. Mit schreckensbleichem Gesicht hatte Shippo die Szenerie, welche sich direkt vor seinen Augen abspielte, verfolgt. Unfähig einzugreifen hatte er sich zitternd auf den Boden gedrückt, flehend darauf hoffend, dass es Inuyasha und dem Jungen gelingen würde, irgendwie zu flüchten. Doch als er dann erneut miterleben musste, wie der Youkai gleich einem halb verhungerten Wolf auf den wehrlosen Hiroshi losging, der schreiend vor Angst versuchte zu fliehen, schluckte er seine Furcht hinunter und ballte entschlossen seine kleinen Fäuste. Sein treues Fuchsherz mit einer großen Portion Mut anfüllend verwandelte er sich, wie Kagome immer gerne sagte, in eine große rosafarbene Kaugummiblase und schob sich zwischen die im Sonnenlicht aggressiv funkelnden Klauen des Dämons und das verletzliche Fleisch des Kindes, welches weinend gestürzt war und nun mit den Händen den Kopf schützend am Boden kauerte. Shippos Augen weiteten sich eingeschüchtert, als der Youkai ihn ungestört zusammenpresste, als existierte er überhaupt nicht als Hindernis vor der ersehnten Beute der Bestie. Den verfault riechenden Atem seines Gegners einatmend wurde ihm beinahe schlecht, so dass er angeekelt würgte und inständig hoffte, Inuyasha würde sich den Jungen schnappen und mit ihm davoneilen, denn lange konnte er dieses Ablenkungsmanöver keineswegs mehr durchhalten, ohne dass er Gefahr lief, sich auf diesem Ungeheuer zu übergeben. Überrascht hatte Inuyasha aufgesehen, als er keinen markerschütterten Schrei seines Schützlings vernommen hatte und nur ein wütendes Knurren des Youkai in seine Richtung hinübergeweht war. Vor Unglaube sich die Augen reibend entdeckte er einen großen rosa Ball direkt vor dem Dämon, der sich, egal wohin das Grauen erregende Geschöpf sich auch bewegte, ihm stets den Weg zu Hiroshi verwehrte, der schluchzend die Hände vors Gesicht hielt. Was war das nur für ein Ding? Und wieso half es ihnen? Doch für weitere sinnlose Gedanken blieb ihm jetzt keine Zeit, er musste zumindest versuchen, Hiroshi zur Hilfe zu eilen und wenn nötig, den Dämon mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, möglichst lange aufzuhalten. Dummerweise kannte er keinerlei Dinge, die ihn dabei unterstützen konnten. Hiroshi nahm zitternd die Hände von seinen Augen fort und starrte ungläubig die riesige rosane Kugel an, welche sich bei jedem Schritt des Dämons in seine Richtung wie ein liebestoller Vogel immer weiter aufplusterte. So, wie es schien, wollte sie ihn wohl beschützen, aber wer oder was war sie? Plötzlich packte ihn etwas bei der Hand, riss ihn hoch und hinter sich her durch das hohe Gras. Dunkelroter Stoff wehte um seinen Kopf gleich einem im Sturm flatternden Banner, den ein Soldat zu Ehren seiner Armee in den Händen hielt. Schwarzes Haar floss an dem Kleidungsstück hinunter wie ein stetig plätscherndes Gewässer. Die Pupillen des Jungen weiteten sich vor lauter Freude und Dankbarkeit, als er begriff, wer ihn da so fest und sicher an der Hand hielt. „Inuyasha-o-nii-chan!“, stieß er überglücklich hervor und presste seine Finger stärker gegen die des Älteren. Dann troff plötzlich dunkles Blut auf seine Wange, als regnete dies wie ein beginnender Niederschlag auf ihn herab. Verstört suchte er den Ursprungsort und blieb nach wenigen Sekunden an der zerfetzten Schulter seines Freundes hängen, die er vollkommen verdrängt hatte während seiner missglückten Flucht. Mit wachsender Besorgnis drückte er ein paar Mal die Hand des Älteren, so dass sich dieser beim Laufen umwandte und in das von Tränen gerötete Gesicht des Kleinen blickte. Ein weiches beruhigendes Lächeln strich über das hektisch verzogene Antlitz Inuyashas und verwischte für einen Moment die Spuren des Angriffs. „Schon gut“, versuchte er, den Jungen zu ermutigen, neue Hoffnung zu schöpfen. „Es wird alles gut, hab keine Angst mehr, Hiroshi. Ich lass dich nicht noch einmal im Stich.“ Schuldbewusst wandte er sich wieder um, das sichere Ziel fest im Blick. Er würde weiterlaufen, egal, wie viel Kraft es ihn kostete oder was sein geschwächter Körper davon hielt. Noch einmal würde er dem nicht nachgeben, was ihn vor wenigen Augenblicken zu Boden gezwungen hatte, nein, dieses Mal kämpfte er, verteidigte das, was ihm am Herzen lag, wenn nötig, bis zum letzten Atemzug. Selbstbewusstsein floss wie lebenserhaltenes Elixier durch seinen Geist, straffte seinen Körper und so rannte er noch schneller, den beißenden Schmerz in seiner Schulter wissentlich ignorierend, als er plötzlich stutzte. Irgendwie kamen ihm diese Gedanken bekannt vor, als gäbe es da noch eine andere Person, für die er Ähnliches empfand, jedoch um einiges verschiedener wie zu diesem Jungen, viel intensiver und ... gefühlvoller? Unangenehm berührt spürte er, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Es wurde wirklich Zeit, dass er sich wieder erinnerte, sonst würde er eines Tages noch verrückt werden. Plötzlich erklang hinter ihnen ein hoher schriller Schrei, der immer lauter zu werden schien, gefolgt von einem drohenden, langsam anschwellenden Knurren. Etwas prallte gegen Hiroshis Rücken, so dass der Junge mit einem überraschten Keuchen ins Stolpern geriet, gegen Inuyasha stieß und diesen widerum aus dem Gleichgewicht brachte. Purzelnd wie kleine Hundewelpen, die miteinander balgten, fielen sie ins hohe Gras, Inuyasha mit einem unterdrückten Zischen direkt auf seine blutende Wunde. Eine wimmernde Stimme wurde unter Hiroshi hörbar, der sich mit einer Grimasse den Kopf rieb. Verdutzt richtete er sich auf, so dass ein ziemlich zerknautschter Shippo sichtbar wurde, über dessen Gesicht Dutzende von Tränchen glitten. „Es tut mir soooooo leeeeiiiid!“, heulte der kleine Fuchsjunge herzzerreissend und wagte dabei kaum, den beiden überraschten Menschen in die Augen zu sehen. „Ich wollte euch doch nur helfen und nun das“, wimmernd zeigte sein kindlicher Finger in die entgegengesetzte Richtung, aus der sie kamen. „Du warst die große Kugel ...“, bemerkte Hiroshi staunend und gleichzeitig anerkennend, was ein flüchtiges, gar stolzes Lächeln auf die Wangen des Kitsune trieb, bis Inuyasha seinen jüngeren Mitstreiter auf das aufmerksam machte, was Shippo ihnen versuchte, zu sagen. „Ich glaube, wir haben andere Dinge zu tun, als uns über die Herkunft der Kugel den Kopf zu zerbrechen“, tat er seine Meinung kund, was bei dem Fuchsdämon ein griesgrämiges Geräusch aus der Kehle hervortrieb. „Moment mal, wer hat euch denn wohl ... uaaaaaaaah!,“, wurde er jedoch derbst von Inuyasha unterbrochen, der den Kleinen am Wams packte und ihn so vor den niedersausenden Klauen des Youkai bewahrte. Mit wild klopfendem Herzen starrte er direkt in den geifernden Schlund des Ungetüms, welches ihnen nun mit weit ausgreifenden Schritten folgte. Der langhaarige Junge rannte so schnell er nur konnte, zu seiner Linken den kleinen Hiroshi an der Hand haltend, mit der Rechten den leichten Körper des panisch kreischenden Kitsune umklammernd, doch er spürte an dem heißen, unangenehm riechenden Lufthauch in seinem Nacken, dass dies nicht ausreichen würde, um ihr aller Leben zu retten. Als dann auch noch der Schmerz wie alles vernichtendes Feuer, welches seine kochendheiße Glut zischend in alle Richtungen verteilte, seine gesamte rechte Körperhälfte lähmte und die Landschaft vor seinen Augen in milchigen Nebel tauchte, wurde ihm quälend bewusst, dass er ihrer aller Schicksal nun ausnahmslos besiegeln würde. Alarmiert sah Shippo auf, als er bemerkte, dass die flinken Füße seines menschlichen Freundes keinesfalls mehr so trittsicher die grüne Flur vor ihnen berührten und er japsend nach Luft zu ringen begann. Auch der feste Griff um den eigenen kleinen Körper löste sich von Sekunde zu Sekunde mehr und mehr, so dass der Kitsune einen raschen Entschluss fasste. Es kostete ihn kaum Mühe, die langen Finger Inuyashas, welche ihn hielten, zu lösen, so kraftlos und vor Anstrengung bebend fühlten sie sich unter den kleinen Händen des Fuchsjungen an, welcher, nachdem der verletzte Arm wie ein lebloses Etwas zur Seite fiel, auf die Schulter des rotgekleideten Flüchtenden sprang. Umso mehr erschrak sich dieser, als er eine wispernde Stimme an seinem rechten Ohr vernahm, hatte er von Shippos Machenschaften durch seine nun ermüdeten Nerven und Sehnen auf der betroffenen Seite nichts bemerkt. „Ich laufe ins Dorf und hole die anderen zur Hilfe“, erklärte der Kitsune seinen Plan. Rasch nickte Inuyasha ihm zu, jedoch plötzlich im vollen Lauf stolpernd, so dass der Fuchsjunge beinahe von seiner Schulter geschleudert worden wäre. Im letzten Moment fing er sich jedoch wieder, hatte aber nun dadurch wertvolle Zeit und den winzigen, aber dennoch Hoffnung schöpfenden Abstand zu dem tobenden Youkai, der ihnen siegessicher im Nacken hing, verloren. >Verdammt<, dachte der Junge, sein Leben und das der anderen wie durch eine Sanduhr hinfort rinnen sehend. >Ich schaff das nicht ... .< „Halte durch, Inuyasha!“, gab ihm mit einem Male gerade die kindliche Stimme Shippos ein wenig Mut, an ein gutes Ende zu denken, zurück. Kraftvoll stieß sich das Dämonenkind von seiner verletzten Schulter, die sich für ihn nur noch wie totes Fleisch anfühlte, ab und wetzte gleich einem Haken schlagenden Kaninchen durch das hohe Gras davon. „Viel Glück, Kleiner“, wünschte ihm der Junge leise und konzentrierte sich nun voll und ganz auf sich und Hiroshi. Shippo rannte, als wäre der Teufel hinter ihm her, was vor wenigen Momenten ja auch gar nicht so abwegig gewesen war. Ihm wurde bewusst, dass nun alles von seiner Schnelligkeit abhing, seine Freunde zu finden. Dieser Youkai sollte für Sango und Miroku keinen ernstzunehmenden Gegner darstellen, jedoch für Normalsterbliche könnte eine Begegnung mit diesem Biest die letzte gewesen sein. So legte er noch mehr an Geschwindigkeit zu, als ohne Vorwarnung ein Schatten an ihm vorbeiflitzte, welcher den Geruch der einzigartigen Frühlingsblumen aus dem Garten des Sakai-Anwesens in seiner Nase zurückließ. Erstaunt warf er den Kopf zurück, konnte aber durch die hohen Grashalme, welche ihm die nötige Sicht versperrten, nichts erkennen außer dem sorglos blauen Himmel mit seinen sich gegenseitig über den unendlich weiten Horizont jagenden Wolkenschäfchen. Seine Sinne für verwirrt erklärend richtete er den Blick nach vorne und seufzte erleichtert auf, als die ersten Dächer der Hütten am Rande des Dorfes sichtbar wurden. Gegen das schwindende Bewusstsein ankämpfend bemerkte Inuyasha erstaunt, dass nicht mehr er es war, der die Geschwindigkeit auf ihrer Flucht vorgab, sondern Hiroshi selbstbewusst die Führung übernommen hatte und seinen o-nii-chan mühelos hinter sich herzog, der mehr durch die Gegend stolperte als dass er lief. Die Steine, welche hier und da ihren Weg auf der Wiese mit den Hunderten von Wildblumen säumten, sah er schon gar nicht mehr und schlug sich an jedem, dem er nicht rechtzeitig ausweichen konnte, die nackten Füße blutig. Den Schmerz, welcher dabei wie spitze Wurfgeschosse durch seinen Körper tobte, spürte er kaum noch, überkam seine Sinne wie ein langsam aufziehender Sturm die Gleichgültigkeit des Hinfortgleitens in eine andere Ebene des Seins. Panik umspülte Hiroshis kleines Herz, als er fühlte, wie die Finger Inuyashas langsam seiner Hand entglitten. Hektisch versuchte er, diese fester zu umfassen, doch die seinen waren so nass vor Angstschweiß, dass die kraftlosen Finger des Jungen, der ihm so selbstlos vor wenigen Minuten das Leben gerettet hatte, ohne Vorwarnung seinem Griff entschwanden, gefolgt von einem dumpfen Aufprall, auf den ein zufriedenes Brüllen gleich einem grausig klingenden Echo erschall. Mit einem entsetzten Schrei wirbelte der Sakai-Erbe herum; der plötzlich aufflauende Wind riss wie ein Leichenfledderer an dem roten Gewand seines Freundes, der leblos zu Boden gegangen war. Direkt hinter ihm türmte sich ein riesiger Schatten auf, Klauen blitzten wie blankgeputzte Schwerter in der Nachmittagssonne und senkten sich erbarmungslos dem schutzlosen Fleisch seines ersten Opfers entgegen, nicht aber, um dieses auszulöschen, sondern um den Weg zu seinem eigentlichen Ziel freizuräumen, denn er verschmähte alles, was den Kinderschuhen entwachsen war. Gerne zog er seine Kreise um lebhafte Dörfer, aus denen das Geschrei der Menschenbälger erklang, wusste er doch, dass er dort das bekam, wonach es ihn dürstete, so wie auch an diesem Ort. Doch niemals zuvor war ihm dies so hartnäckig verweigert worden wie hier. Als er dessen ungeachtet soeben den lästigen Störenfried beiseite kehren wollte wie einen Haufen Dreck schob sich unerwartet eine kleine, vom Leben gebeugte Gestalt dazwischen, welche er vor Wut knurrend wie einen Sack Kartoffeln zerriss. Ganz allmählich, so wie die aufgehende Sonne das Himmelszelt am nahenden Morgen betrat, erwachte Inuyasha aus dem gefühllosen Dunkel der Bewusslosigkeit, als er mit einer gewaltigen Wucht nach hinten geschleudert wurde. Er hörte das überraschte Keuchen Hiroshis und spürte, wie er gegen etwas Weiches prallte und sich Arme beschützend um ihn schlangen. Dann klatschte etwas Warmes, Feuchtes in sein Gesicht, was langsam und zäh wie Honig an seinen Wangen hinunterlief. Der Geruch von vergehendem Leben umwehte seine Sinne, was ihn schlagartig in die Realität zurückführte. Ruckartig riss er die Augen auf und sah direkt in ein faltenzerfurchtes, aber unendlich liebevolles Gesicht, über das große dicke Tränen kullerten, Tränen, die ihm, Inuyasha galten, ihm, dem sie ein neues, herzliches Zuhause gegeben hatte, ohne etwas dafür zu verlangen. Graues langes Haar löste sich aus einem kunstvoll geflochtenen Zopf und hüllte den dazugehörigen Körper wie eine schützende Decke ein, als dieser vor dem Youkai wimmernd in die Knie brach, dessen Wut aufgrund der erneuten Einmischung in seine noch immer nicht erfolgreich verlaufende Jagd langsam ihren Siedepunkt erreichte. Wie ein Blitz, den man nur für Sekundenbruchteile sah, flitzte Shippo durch die belebten Gassen des kleinen Dorfes, in dem er und seine Freunde als Gäste aufgenommen worden waren. Die auffordernden Rufe der anderen spielenden Kinder ignorierend, durch dessen Beine er sich gleich einer geschickten Schlange hindurchpresste, rannte er, so schnell ihn seine kurzen Beinchen trugen, zu dem großen Anwesen der Fürstenfamilie. Sango und Miroku, der inzwischen zurückgekehrt war, saßen draußen auf der Veranda nahe des Gartens und warteten auf ihre Freunde. Der junge Mönch, welcher in Gedanken die einzigartige Schönheit der Blumen mit der seiner hübschen Begleiterin verglich, schrak beinahe wie von einem Kaktus gestochen hoch, als zwischen den bunten Blüten plötzlich ein hektisch umherzuckender rotbrauner Fuchsschwanz auftauchte. Gleich einer abhebenden Rakete schoss im nächsten Moment der dazugehörige kleine Körper eines gewissen Kitsune aus der Pracht des Gartens direkt in Sangos Arme und begann wie ein wild sprudelnder Wasserfall loszuplappern, dabei Worte verschluckend und vergessend vor Aufregung. „Moment, nicht alles auf einmal“, versuchte ihn die junge Frau zu beruhigen und strich dabei über seinen Rücken, hielt aber sofort entsetzt inne, als danach helles Blut an ihren Fingern klebte. Mit vor Schreck geweiteten Pupillen starrte sie in das fragende Antlitz des Mönches, der die rote Flüssigkeit ebenfalls bemerkt hatte. „Shippo, was ist geschehen?“, schaltete sich Miroku daraufhin sofort dazwischen. „Bist du verletzt?“ Wild den Kopf schüttelnd verneinte der Fuchsjunge seine gestellte Frage und begann mit einem Male heftigst zu weinen, was den beiden menschlichen Gefährten die Hilflosigkeit in die Glieder trieb. Tröstend rieb die Dämonenjägerin ihrem kleinen Schützling die Tränen von den Wangen. „Also“, begann sie, ihn weich anlächelnd wie eine Mutter ihr Kind. „Wessen Blut ist das, was an deinem Wams klebt? Und was ist passiert, dass du so außer dir bist?“ „Ma- ...Ma- ... Manami-baba ...“, löste sich erst unendliche Sekunden später die Stimme Inuyashas wie klebriger Schleim von seinen Stimmbändern, während die gestammelten Wörter brüchig gleich halb zerfallenem Herbstlaub über seinen Lippen krochen. Wie ein zu Eis erstarrter See blickte er auf den sterbenden Leib des Menschen, der ihm den Begriff „Familie“ so nahe gebracht hatte, als wäre er wirklich ein Teil davon gewesen. Zwei kleine Hände krallten sich wie die Klauen eines Greifvogels in die Rückseite seines Gewandes, welches bei jedem Schluchzer, der seinem jungen Schützling entwich, ruckartig nach hinten gerissen wurde, so dass dem Älteren manchmal fast die Luft wegblieb. Dunkle Hoffnungslosigkeit umklammerte Inuyashas Herz, als er, halb blind vor Tränen, die ungefragt seine Wangen hinunterrannen, auf die roten tiefen Furchen starrte, aus denen das Leben floss, als wäre es ein pulsierendes Rinnsaal, welches sich ein neues Flussbett gesucht hatte, um mit der alten Existenz abzuschließen und sich dem Unbekannten hinzugeben. Zitternd wanderten seine eigenen Hände zu denen Hiroshis, der sein Antlitz in das Gewand seines großen Freundes gedrückt hatte und bitterlich weinte. Doch dann bäumte sich der Körper des älteren Jungen verzweifelt auf, als wollte er allein gegen eine Armee von Tausenden bestehen, um das zu bewahren, was ihm wichtig und teuer war. Die kleinen Finger Hiroshis fuhren geräuschvoll durch den robusten roten Stoff, an den sie sich festgeklammert hatten, als Inuyasha ruckartig nach vorne stürzte und den Kopf der alten Frau behutsam in seinen Schoß bettete. „Du weinst ... doch nicht etwa ... wegen mir?“ Zart und behutsam wie die ersten Schneeflocken im Winter strich ihre zitternde Stimme über sein bleich gewordenes Gesicht. „Wegen einer ... alten Frau?“ Wie der Leib einer Gebärenden zog sich ihr Körper plötzlich qualvoll zusammen, so dass Inuyasha panisch ihre schlaff herabhängende Hand drückte. Unter Hustenkrämpfen quoll hellrotes Blut über ihre sich langsam blau färbenden Lippen, die so sehr bibberten, als befände sie sich bereits in tiefster Finsternis, aus der es kein Entkommen mehr geben sollte. Mühsam erneut aufkommende Tränen unterdrückend, um für sich und auch Hiroshi stark zu sein, wischte Inuyasha der alten Dame fürsorglich und mit einem traurigen Lächeln das Blut von Mund und Kinn. „Darf ich meine Tränen nicht für die, die mir Gutes getan haben, vergießen?“, krächzte es rau aus seiner Kehle, heiser die aufkommenden Schluchzer herunterschluckend. Ein warmherziger Ausdruck ließ die allmählich brechenden Augen der Fürstin aufleuchten wie eine glasklare Sternennacht. Eine faltige, aber vertraute Hand legte sich an seine tränennasse Wange und er fühlte, in bodenloser Hilflosigkeit versinkend, wie ihre Hautoberfläche bereits in eisige Kälte gehüllt wurde. „Schöner ... hätte mir so etwas ... niemand anderer sagen können“, seufzte sie, dankbar für seine ehrlichen Worte voller Zuneigung für die Person, die ihn selbstlos und gastfreundlich in ihrer Familie aufgenommen hatte, ganz egal, ob er nun dazugehörte oder nicht. „Manami-baba ...“, presste der langhaarige Junge verzweifelt hervor, hilflos versuchend, mit seiner anderen Hand die Blutungen zu stoppen, was die Angesprochene mit einem schwachen Kopfschütteln kommentierte. „Lass ... eine alte Frau ... ihren Weg gehen, mein Junge“, bat sie ihn mit immer leiser werdender Stimme. „Uchi no yadoroku, Katsuhiko ...“, flüsterte sie kaum hörbar, „bald bin ich bei dir, mein Alles.“ „WAS?!“ Entsetzen troff aus Mirokus Aufschrei, der so abrupt und gewaltig kam, dass einige der bunten Schmetterlinge, welche sorglos ihre Kreise über die verlockend duftenen Blüten zogen, verstört davonflatterten. „Ein Youkai? Und er ist hinter den Kindern und Inuyasha her?“ Schluchzend nickte der kleine Fuchsdämon und krallte sich flehend an Sangos Kleidung. „Bitte, ihr müsst ihnen helfen. Inuyasha ... kann doch nicht ... er ist doch nicht er selbst“, weinte er hemmungslos in den weichen Stoff hinein. „Das steht doch wohl außer Frage, dass wir das tun, nicht wahr, Houshi-sama?“, wandte sich die Dämonenjägerin mit einem beinahe herausfordernden Lächeln an ihren dunkelhaarigen Belgleiter, der seinen Mönchsstab ergriff und sich mit entschlossenem Blick vom Boden erhob. „Wehe dem, der unseren Gefährten auch nur ein Haar krümmt“, drohte er dem Unbekannten zynisch grinsend und raffte sein langes Gewand zum sofortigen Aufbruch, doch eine zarte, aber keineswegs schwache Hand auf seiner Schulter hielt ihn zurück. „Ich glaube, es ist besser, wenn wir den direkten Weg nehmen“, schlug Sango mit ernster Stimme vor und pfiff schrill auf ihren Fingern. Ein quirliges weißes Fellknäuel spitzte etwas weiter weg die großen Öhrchen und ließ etwas enttäuscht von den witzigen flauschigen Fallschirmen ab, die sich stets von einem Blumenstengel lösten, wenn seine Pfoten dagegenstießen. Etwas wehmütig wandte es sich von seinem Spiel ab und folgte dem auffordernden Pfiff seiner Herrin. Noch im Lauf verwandelte sich das kleine Wesen unter einem Flammenmeer in eine riesige, mit großen Fangzähnen versehene Dämonenkatze, die treu an die Seite Sangos trat und schnurrend den Kopf senkte, als sich eine Hand auf den fellbesetzten Kopf legte. Geschickt sprang die junge Frau, den wirkungsvollen Knochenbumerang über ihre Schultern geschwungen, auf den großen, muskelbepackten Rücken ihrer dämonischen Freundin, dahinter gesellte sich der nicht immer von unreinen Gedanken freie Mönch, während der Kitsune flink auf den breiten Kopf der Katze sprang. „Schnell, Kirara. Bring uns zu Inuyasha“, bat Sango ihre Gefährtin, die wild fauchend einen weiten Satz nach vorne machte und mit dem nächsten Sprung bereits über den Dächern der Häuser schwebte, unter sich die erstaunten Ausrufe der Dorfbewohner hörend. Inuyashas Augen weiteten sich vor Angst, als die leisen Worte Manamis gleich einem sachte anrollenden Gewittersturm an sein Ohr drangen und ein nie gekanntes Empfinden in ihm auslösten. Beinahe etwas zu grob fasste er die betagte Fürstin an den Schultern und schüttelte sie, als wollte er den nahenden Tod daran hindern, sein unsichtbares Tuch über sie zu legen. „Nein, das darfst du nicht!“, schrie er sie mit einem Male heftigst an, so dass Hiroshi vor lauter Entsetzen hinter ihm hörbar aufschluchzte. „Das hast du nicht verdient, nicht so!“, ließ er seinen Unmut über diese Ungerechtigkeit freien Lauf, fiel aber von einer Sekunde auf die andere wie ein nasses Stück Stoff in sich zusammen und vergrub sein Gesicht in ihrer Kleidung, die so vertraut nach einem schönen Zuhause roch. „Ich habe doch sonst niemanden mehr ...“, wisperte er tonlos und ließ sich von ihren langsamer werdenen Atemstößen in finsterste Verzweiflung treiben, bis sich plötzlich eine Hand auf seinen dichten Haarschopf legte. „Aber, aber ...“, widersprach sie ihm mit leicht tadelndem Unterton, doch ihre Stimme klang bereits wie die einer Fremden. „Mein Junge ... du bist nicht allein. Deine Freunde ... dieses Mädchen, Kagome ... sie hat dich wirklich sehr gerne, das weiß ich.“ Ein Ruck ließ ihren Körper unter den Händen Inuyashas erbeben; das Licht in ihren Augen bereits flackernd wie das einer Kerze im unbarmherzigen Sturm umfasste sie die Finger der beiden Menschen, deren Wohl und Zukunft ihr sehr am Herzen lag. Weinend wischte sich Hiroshi die Tränen weg, welche unaufhörlich über seine Wangen flossen, als seine baa-chan ihn so liebevoll anblickte, als würde sie ihn jeden Augenblick in die Arme schließen und ihm beruhigend zuflüstern, dass all dies nur ein böser Traum war. Doch er wusste, wenngleich er noch mit der Naivität eines Kindes dachte, dass diese Dinge zu der grausamen Realität des Erwachsenwerdens gehörten. „Auch Fürsten ... dürfen ihre Gefühle zeigen. Scheue dich ... niemals davor, otoko no akanbō, Hiroshi.“ Ein lautes Schniefen ließ sie sanft lächeln, während sie die noch zierlichen Finger des Jungen herzlich drückte. An Inuyasha gewandt fuhr sie fort. Vor Sorgen beinahe umkommend spürte er, wie sehr sie das Sprechen anstrengte und doch schien ihr das, was sie auf dem Herzen hatte, wichtiger zu sein als ihr eigenes Leben. „Vertrau ihnen, so wie ... ich ihnen auch vertraut habe.“ Erstaunen beherrschte das Antlitz des Jungen wie ein König das mächtigste Reich auf Erden, als diese Worte in seinen Gedanken nachhallten, doch bevor er etwas darauf erwidern konnte, fühlte er, dass der Druck ihrer Hand in der seinen merklich nachließ. Ihr Kopf fiel schlaff, als würde er nicht mehr von Sehnen und Muskeln gehalten, auf die Seite, während der leise flüsternde Wind ihr als letzten Gruß sanft über die Haare strich. „Ma-Manami ...Manami-baba?”, fragte Inuyasha vorsichtig und berührte behutsam ihre unebene Haut an den Wangen, durch die sich Falten gleich einem vom Erdbeben verwüstete Landstriche zogen, doch keinerlei Reaktion erfolgte auf seine liebevolle Geste. Zitternd wanderten seine dunklen Augen über ihren geschundenen Körper, wischten seine Handflächen erfolglos das viele Blut von ihrer Kleidung, in stummer Hoffnung dahintreibend, dass die alte Dame nur vor Erschöpfung die Lider geschlossen hatte. Unterdessen kniete Hiroshi leise schluchzend hinter ihm; die schmalen Hände auf die breiteren Schultern seines nii-chan gelegt, krallten sich seine Finger erneut in den robusten Stoff wie ein Bärenjunges in das Fell seiner Mutter. „Baa-chan … baa-chan …“, wimmerte der Sakai-Erbe gedämpft in das Gewand seines Freundes und wagte es kaum, in das bleiche Gesicht seiner Großmutter zu sehen, denn mit ihrem Leben schien auch ihr Selbst hinfortgegangen zu sein. Das, was dort im weichen Gras aus dem Sein geschieden war, hatte keine Ähnlichkeit mehr mit der gutmütigen Frau, die ihn von Geburt an miterzogen hatte. Dies war nur noch ein Leib, eine Hülle ohne das, was einen Menschen ausmachte. Sachte schob Inuyasha seine Hände unter den leblosen Körper der alten Dame und drückte ihn fest an sich. Er konnte sich nicht an sein vorheriges Leben erinnern, wusste nur das, was ihm Kagome berichtet hatte, aber eines ließ sich mit Bestimmtheit sagen. Diese Liebe, welche ihm die Fürstin entgegengebracht hatte, würde er so wohl nie wieder erleben dürfen. Doch so schnell die Trauer sein Herz übermannt hatte, so geschwind und lautlos verschwand sie wie der Schatten einer Wolke, die sanft über die Täler zog und wich grenzenlosem Zorn über das soeben Eingetretene. Dunkle Augen funkelten gleich seltener Onyxe den zufrieden wirkenden Dämon an, der wie ein ungeladener Gast äußerst amüsant grinsend der Tragödie beigewohnt hatte. Seine gewaltigen Klauen hebend würde es nun äußerst unproblematisch werden, an das zarte Fleisch des kleinen Menschenjungen zu gelangen. Und vielleicht ..., wenn er danach noch Hunger verspürte, könnte man ja den Leib des Älteren als Nachtisch verwenden, auch wenn ihm zu sehr angereiftes Fleisch nicht so mundete wie das des äußerst jungen Volkes. Schon wollte er den müssseligen Leben dieser hässlichen Kreaturen vor seinem Angesichte ein Ende setzen, als ihm ein wutentbrannter Schrei entgegenschallte. Erstaunt und beinahe ein wenig belustigt starrte der Youkai hinunter zu seinen beiden Opfern und bemerkte, dass der rotgekleidete Junge mit geballten Fäusten vor dem Leichnam der Alten und seinem Leckerbissen stand. Die Wut loderte in Inuyasha gleich einem niemals zu löschenden Waldbrand, gegen den es kein Wasser auf der Welt gab. Seine Hände, die er fest zusammengepresst hatte, zitterten vor innerer Aufgebrachtheit über den ihm so sinnlos erscheinenden Tod der Fürstin, die leblos zwischen den sich zu ihr hinabbeugenden Grashalmen lag, welche flüsternd ihr bleiches Gesicht berührten. Wider seiner Vernunft verspürte er den Wunsch nach Vergeltung, wollte das verrottende Fleisch des ihm verhassten Youkai zwischen seinen Fingern hindurchgleiten lassen, um Genugtuung zu erlangen . Alles in ihm schrie danach, nichts würde ihn mehr zurückhalten, außer der eigene Tod. Die bebenden Glieder bis zum Zerreissen angespannt ballte er die Fäuste. Für einen unbeteiligten Zuschauer bot dieser Anblick ein makabres Bild – ein hässlich entstellter Dämon, gegen den ein Haus wie ein lächerliches Spielzeug erschien und ein normal gewachsener Menschenjunge, der neben seinem Widersacher wie eine winzige Maus wirkte, und dieses um Längen dem Riesen unterlegenes Wesen stand wie ein Krieger da, das Gesicht vor Wut verzerrt und den Wunsch im Herzen tragend, das Blut der Rache regnen zu lassen. Blind für alles andere um ihn herum öffnete Inuyasha seinen Mund zu einem gellenden Schrei, die warnenden und bittenden Rufe Hiroshis in seinem Rücken ignorierend, der den Älteren verzweifelt versuchte, von seiner geplanten Wahnsinnstat, die in das sichere Verderben führen würde, abzuhalten. Auch den riesigen Schatten, der sich ihm drohend näherte und aus dem es verräterisch wie glänzendes, fein geputztes Metall aufglitzerte, nahm er nicht wahr. Nur seine rasender Zorn, der wie heiße Asche durch seine Adern schoss, erfüllte sein gesamtes Denken und Handeln, nichts anderes war mehr von Bedeutung, bis plötzlich ... . „Inuyasha!“ Eine weibliche, noch recht jung klingende Stimme wirbelte seine Gedanken durcheinander, als seien sie nichts weiter als unansehnlicher Staub. Wie aus einem bösen Traum erwachend starrte der Junge in das verschlagen grinsende Gesicht des Youkai, während der unheilvolle Schatten wie eine düstere Wolke bereits sein Antlitz verdunkelte. „Kagome ...“, flüsterte er leise und schloss die Augen, sich seinem unausweichlichen Schicksal hingebend und mit ausgebreiteten Armen den Körper Hiroshis schützend. „Es ... tut mir leid.“ Doch plötzlich zerriss ohne Vorwarnung ein scharfer Laut die vor Anspannung knisternde Luft und ein schmerzerfülltes, entrüstetes Gebrüll ließ seine Trommelfelle beinahe bersten. Der Boden bebte gehaltvoll, als etwas Schweres darauf niederging und eine Druckwelle ihm das Haar aus dem Gesicht fegte. Zögerlich hob er die Lider und verlor vor Verblüffung fast seinen Unterkiefer. Der Dämon, welcher ihn vor wenigen Sekunden schon so gut wie mit seinen abscheulichen Klauen zerfetzt hatte, lag geschlagen und säuberlich in der Mitte durchtrennt vor seinen Füßen. Schwarzes Blut sickerte aus der großen Wunde, die etwas Gewaltiges verursacht haben musste, in die Erde und verätzte die Grashalme rundherum mit einem hörbaren Zischen. Mühevoll schluckend sank Inuyashas kraftlos auf die Knie, den Leib des kleinen Jungen, der sich noch immer angsterfüllt an ihn klammerte, mit nach unten reißend. Den trüben Blick auf die entschlafene Fürstin richtend presste er sie erneut schützend an sich, als würde sein warmer Körper Leben in den ihren, langsam erkaltenden hauchen. „Inuyasha!“, hörte er nun auch andere Stimmen um ihn herum erschallen. Müde sah er auf. Eine riesige Katze, welche direkt vom Himmel zu kommen schien, landete galant auf ihren großen weißen Tatzen, um die loderndes Feuer tanzte. Sofort sprang eine kleine Gestalt von ihrem Kopf und rannte mit großen Sätzen auf ihn zu, während von dem Rücken des großen Tieres zwei Menschen stiegen. Bei dem einem handelte es sich um den jungen Mönch, der niemals seine Finger bei sich lassen konnte. Sein ernster Blick schweifte bestürzt über die Szenerie, welche sich ihm bot. Als er die leblose Frau in den Armen des rotgekleideten Jungen entdeckte, atmete er scharf ein und rannte sofort zu ihnen. Seine Begleiterin schulterte eine bumerangähnliche Waffe auf ihrem Rücken, die über und über mit dunklem Blut besudelt war. Beruhigend strich sie der Katze über das helle Fell, die sich prompt in das kleine Wesen zurückverwandelte, was Inuyasha stets an der Seite der Dämonenjägerin bemerkt hatte. Mit fliegenden Schritten folgte sie dem jungen Geistlichen und schlug erschrocken die Hand vor den Mund, nachdem sie dasselbe wie er vor sich sah. „Was ...? Manami-san ...“, stammelte Miroku fassungslos, der sich neben die alte Fürstin gekniet hatte und suchte in dem Gesicht seines Freundes nach einer Antwort, doch dieses war so starr und bewegungslos wie eine Felswand. „Baa-chan“, schluchzte es dafür hemmungslos hinter Inuyasha und Hiroshi kam aus der schützenden Deckung hervorgestürzt und fiel weinend in Sangos ausgebreitete Arme, die sich sichtlich Mühe gab, nicht ebenfalls in Tränen auszubrechen, hatte sie sich in der Gesellschaft Manamis immer wohl und geborgen gefühlt, auch, wenn sie die Frau nur wenige Stunden hatte kennen lernen dürfen. „Sie hat mich ... und nii-chan ... gerettet“, kam es abgehackt und wild über die Lippen des Sakai-Erben, der noch immer am ganzen Körper vor Schreck zitterte. Shippo betrachtete seinen neuen Spielgefährten betrübt und strich sich verstohlen eine kleine Träne aus dem Auge. „Wenn sie nicht gewesen wäre ...“, wimmerte es aus dem Mund des Jungen und besorgt um seinen großen Freund zupfte er zaghaft an dessen Ärmel, doch Inuyashas Glieder und auch seine Gedanken waren wie betäubt, nicht nur von dem beißenden Schmerz, welcher gleich brennender Speerspitzen durch seinen Leib jagte, ebenso der entsetzliche Verlust dieser fürsorglichen und warmen Person lähmte alles in ihm, so dass er mehr und mehr in eine bodenlose Finsternis gerissen wurde. „Inuyasha ... geht es dir gut?“, wollte Miroku wissen und berührte vorsichtig den zerrissenen Ärmel, der daraufhin schlaff zur Seite fiel und die grausame Wunde, welche der Youkai mit seinen Klauen geschlagen hatte, ans Licht brachte. Entsetzt verzog der junge Mönch das Gesicht und sah sorgenvoll zu seiner hübschen Gefährtin hinüber, der alle Farbe aus dem hübschen Antlitz gewichen war. Stumm gab sie ihm ein Tuch, das er mit einem dankenden Nicken an sich nahm und sich daran machte, die Verletzung an Inuyashas Schulter provisorisch zu verbinden, so dass der Junge nicht noch mehr Blut verlor. „Meine Güte“, murmelte er dabei, um die beängstigende Stille wie Schmutz hinfort zu wischen, welche sich auf ihre Häupter und das Land gelegt hatte. Selbst die Vögel, die sonst stets unbeschwert ihre Lieder in den hohen Wipfeln der Bäume zwitscherten, schwiegen bewegt. Sogar der Wind, dessen Hand in dieser Jahreszeit sanft über die Gräser der Wiesen strich und sie frech durcheinander wirbelte, war verstummt. „Das sieht gar nicht gut aus“, urteilte der junge Mann über die Wunde, die vor Dreck nur so starrte. „Wir sollten sie schnellstens versorgen lassen.“ An die Dämonenjägerin gewandt führ er fort: „Sango, hilfst du mir?“ Ihm zunickend drückte sie Hiroshi ein kleines Stück von sich fort und lächelte ihn liebevoll an. „Wir müssen jetzt Inuyasha ins Dorf bringen. Gehst du mir Miroku-sama und Shippo zurück? Keine Angst, du bist nun sicher. Die Zwei werden auf dich achten.“ Schniefend wischte sich der Kleine die Tränen aus dem Gesicht und sah hinunter zu seiner Großmutter, die wie eine Schlafende umringt von Wildblumen und Grashalmen seinem o-nii-chan aus den Händen geglitten war. „Aber ... was ist mit ...?“, schluchzte er von neuem los, die Hände vor das Gesicht schlagend. Tröstend legte ihm Sango ihre Hand auf den Kopf, so dass er sein Gesicht in ihre Kleidung presste. „Mach dir keine Gedanken darüber“, beruhigte ihre warme Stimme sein betrübtes Gemüt ein wenig. „Einige Leute aus eurem Dorf sind uns gefolgt, sie werden jeden Moment hier eintreffen.“ Vom Schicksal der alten Dame tief getroffen dachte sie an die Menschen, die ihre Fürstin geliebt und mit Leidenschaft hinter ihr gestanden hatten. Was würden sie nur sagen, denken und empfinden, wenn sie Manami-san so vorfanden? Die weise Frau war soviel wie die Seele des Dorfes gewesen und nun hinterließ sie ein großes schwarzes Loch, welches man so leicht nicht wieder würde füllen können. „Ich werde versuchen, stark zu sein“, nuschelte die Kinderstimme Hiroshis seine Entscheidung dumpf in das weiche Oberteil Sangos, die ihn erstaunt, aber auch gleichzeitig bewundernd betrachtete. „Kaa-san wird sehr traurig sein, wenn sie das erfährt, da muss ich doch für sie da sein, oder nicht?“ Schmunzelnd strich die junge Frau ihm zärtlich über die Wange. „Deine Eltern können stolz auf dich sein, so einen Sohn zu haben“, lobte sie ihn. „Und auch deine Großmutter hätte so etwas sicherlich gerne aus deinem Mund gehört.“ Tapfer lächelnd sah der Junge zu ihr auf, dann fiel sein Blick auf Inuyasha und bewölkte sich wie der Himmel kurz vor einem Gewitter. Sich von Sango lösend ließ er sich vor dem Älteren auf die Knie fallen und nahm dessen Hand, die kalt wie Eis war. „Nii-chan, bitte“, versuchte Hiroshi an ihn heranzukommen. „Baa-chan hat uns gerettet, halte das in Ehren und danke ihr, aber mach dir bitte keine Vorwürfe, sonst machst du mich damit furchtbar traurig.“ Auf eine Antwort wartend sah er ihm tief in die Augen, die jedoch scheinbar etwas vollkommen anderes erblickten als den Sakai-Erben vor ihm. Seine Pupillen hatten sich wie die einer Katze im grellen Tageslicht hauchdünn zusammengezogen und fixierten einen Punkt weiter hinter Hiroshi, den außer ihm noch keiner wahrgenommen hatte. Der Kopf des Kleinen wandte sich um und entdeckte weiter weg im hohen Gras ein Mädchen, welches stocksteif da stand und sie alle beobachtete. „Kagome-chan“, bemerkte er erstaunt und auch der junge Mönch und die Dämonenjägerin drehten, darauf aufmerksam geworden, die Köpfe in Richtung ihrer vermuteten Gefährtin. Tränen liefen über die bleichen Wangen des Mädchens, welches erschüttert über das Geschehene kaum wagte, weiterzugehen. Ihr Blick lag auf dem rotgekleideten Jungen, der wie eine seelenlose Puppe zwischen ihren Freunden kniete und auf nichts, was sich um ihn herum ereignete, reagierte. Seine Hände waren voller Blut, das Blut der Frau, die ihn wie ihren eigenen Sohn behandelt und geliebt hatte. Und er hatte nichts tun können, um sie zu schützen. Wäre er doch nur stärker gewesen, sowie Miroku oder Sango. Ein düsterer Gedanke nach dem anderen jagte durch sein Hirn, als wären es Rehe auf der Flucht vor hungrigen Wölfen. Er fühlte Hände, die ihm helfend unter die Arme griffen, aber es strebte ihn nicht danach, aufzustehen und diesen Ort zu verlassen. Wenn er sich recht entsann, dann verlangte es ihn nach rein gar nichts mehr. Was hatte das Leben für einen Sinn, wenn alles, was er liebte, vor seinen Augen in den Tod gerissen wurde? Als würde alles vor einem drohenden Unwetter zu entkommen versuchen, floh es in sein Inneres, während sein Äußeres wie eine unüberwindbare Mauer jegliche Einwirkung an ihm abprallen ließ. Doch eines schlüpfte hindurch wie ein nie erlöschendes Licht und berührte sein schmerzendes Herz, umschloss es liebevoll und warm, streichelte sanft seine aufgerissenen Wunden hinfort und vertrieb die dunkle Kälte aus seiner Seele. Eine Hand, angenehm wie die ersten Strahlen der Frühlingssonne nach einem viel zu langen Winter ließen das Eis auf seiner Wange dahinschmelzen. Langsam lichtete sich der Dunst vor seinen Augen und er sah in ein liebenswürdiges und für ihn das hübscheste Gesicht, was ihm jemals untergekommen war. Braune Rehaugen musterten ihn besorgt, während aus ihnen kleine Tränchen wie funkelnde Tautropfen in Morgenlicht hervorschossen. „Ka ...gome“, krächzte Inuyasha heiser, als wäre dies das erste Wort, das er in seinem Leben sprach und er spürte, wie auch seine Wangen von heißen Tränen benetzt wurden, die wie ein warmer Sommerregen auf das Gras niedergingen. „Oh, Inuyasha!“, rief das Mädchen, das vor ihm kniete, erleichtert aus und schloss ihn fest in ihre ihm irgendwie vertrauten Arme. Erinnerungen durchströmten sein Selbst, als er ihren angenehmen Duft einatmete, der sie wie ein Zauber umgab, dem er nicht widerstehen konnte. Erinnerungen an eine Zeit vor der diesen hier und lange vor dem Leben davor. Eine junge Frau, eine Miko und ein Hanyou, der sich in sie verliebte. Eine verbotene Liebe, die trotz allem jedem standhielt, bis das Vertrauen Beider zueinander auf eine harte Probe gestellt wurde, an der sie zerbrachen. Inuyasha sah Feuer, Tod und Verderben, das er selbst über ein Dorf gebracht hatte, fühlte den Schmerz eines Pfeiles, der sich in seinen Körper gebohrt hatte, aber noch schlimmer als diese Pein war die Erkenntnis, dass seine große Liebe diesen Pfeil nach ihm ausgesandt hatte, um ihn zu bannen. Mit wachsendem Entsetzen sah er in ihre hassauflodernden Augen und auf den Bogen in ihren Händen. Hatten sie ihre Liebe vergessen? Für was? Was war geschehen, dass es soweit hatte kommen müssen? Und wieso sah diese Frau Kagome so ähnlich? Beruhigt über Inuyashas Wandlung durch Kagomes Hilfe lächelten sich Sango und Miroku erleichtert an, ihren Freund nun dank seiner Unterstützung vom Boden hebend, als dieser mit einer für ihn außergewöhnlichen Kraft die Beiden plötzlich grob wegstieß. Vor Schreck aufschreiend fiel Sango auf die Seite, während Miroku seinen Stab in die Erde rammte und so einen Sturz verhinderte. Verwirrt sahen sie ihn an, was war denn nur in ihn gefahren? Mit wachsender Bestürzung fühlte Kagome, dass irgendetwas mit ihrem Freund geschehen sein musste. Dieser blitzartige Umschwung seiner Gefühle erschien ihr keinesfalls normal. Ihr war, als wollte jemand mit aller Macht verhindern, dass Inuyasha sein Vertrauen in die Hände seiner Freunde legte, um mit ihnen seine Erinnerungen zurückzugewinnen. „Inuyasha ...“, versuchte sie ihn zu besänftigen, doch er wich wie ein verletzter Wolf vor ihr zurück. Seine Augen wirkten noch finsterer als zuvor, etwas Wildes blitzte darin auf und machte ihr Angst, etwas, was sie in seiner Gegenwart noch nie verspürt hatte. Rasende Kopfschmerzen ließen ihn beinahe besinnungslos werden, seine Finger verkrampften sich, als handelte es sich bei ihnen um Klauen, die er ausfahren wollte, um alles Greifbare in seiner Nähe zu vernichten, was ihm Schaden zufügte. Und diese Menschen taten es, das sagte ihm die Stimme in seinem Kopf, die anfangs nur geflüstert hatte, nun aber schrie und tobte wie ein heulender Orkan. Taumelnd wirbelte er herum und rannte los, nur getrieben von der Stimme, die ihm säuselnd zuflüsterte, dass dies das Beste für ihn wäre. Die verzweifelten Rufe in seinem Rücken ignorierend verschwand er zwischen den Schatten der Bäume, rannte, bis sein Körper sich gegen die Stimme in seinem Kopf wehrte und er entkräftet zusammenbrach. „Ist die nicht wunderschön, Sesshomaru-sama?“, flötete eine gut gelaunte Kinderstimme in die empfindlichen Ohren eines gewissen Hundeyoukai, dessen Geduld schon seit zwei geschlagenen Tagen auf eine gefährliche Probe gestellt wurde. Der ältere Sohn Inu no Taishous lehnte, seit der Morgen angebrochen war, an einem Baumstamm und starrte gedankenverloren in das verflochtene Geäst eines Busches direkt vor ihm, als wollte er diesen mit seinem eiskalten Blick einfrieren, bis ihm eine gelbe Blume vor die Nase gehalten wurde, die so erbärmlich stank, dass er sich beherrschen musste, sie dem kleinen, stets fröhlichen Mädchen nicht aus der Hand zu schlagen. Jedoch jemand anderes bemerkte sowohl das leichte Naserümpfen des großgewachsenen Youkai, dessen Augen sich zu kleinen bedrohlichen Schlitzen zusammenzogen, als das Kind herzlich lachend die Blume direkt unter sein Riechorgan presste. „Rin! Lass den Blödsinn!“, rügte Jaken, der Krötenyoukai die Kleine, die sofort von ihrem unfreiwilligen Opfer abließ und sich weiteren übel duftenden Gewächsen widmete. Leise singend hüpfte sie über den Waldboden und staunte über die herrliche Vielfalt, die diese Gegend bot. Seufzend schlich der sich selbst ernannte Diener zu seinem Herrn und schaute zu ihm auf, nicht, weil er ein Wort des Dankes erwartete, das war sowieso vertane Zeit, nein, er fragte sich, ob der Erbe der westlichen Gefilde sich ebenfalls Gedanken darüber machte, dass sie keine Nachricht erhielten. „Die brauchen aber ganz schön lange ...“, ließ er seinen Unmut über ihre derzeitige Situation freien Lauf und scharrte mit seinem Stock in der lockeren Erde herum. „Ob ... dieser Junge wohl doch nicht Inuyasha war?“, mutmaßte er vorsichtig und schielte erneut in die Höhe zu seinem Herrn, der immer noch unbeweglich in das dunkle Grün ihres Aufenthaltortes starrte, welcher Jaken schon beinahe den Verstand verlieren ließ. Minutenlang geschah gar nichts, kein Kommentar war darauf zu hören, außer des kindlichen Singsang Rins, die wohl die einzige unter ihnen war, durch deren Herz keine Sorgen oder Befürchtungen wie einsame Wanderer zogen. „Es war Inuyasha, meine Sinne haben mich noch nie getäuscht“, erklang die dunkle Stimme Sesshomarus wie ein Befehl, daran zu glauben und es ja nicht anzufechten. „Gut, aber warum bekommen wir dann keine Nachricht?“, bohrte Jaken weiter und strapazierte die Nerven des Youkai somit noch mehr, als dass es die Kleine bereits getan hatte. Immer diese Fragerei! Er kannte doch auch nicht die Antwort darauf, sollte dieses Krötenviech ihn doch damit endlich in Ruhe lassen! Während Jaken allerlei fantasiereiche Theorien aufstellte, warum sich ihrer niemand erbarmte, beschlich Sesshomaru ohne Vorwarnung ein eigenartiges Gefühl, etwas, dass er bereits vor drei Tagen verspürt hatte und in ihm eine nie gekannte Panik ausgelöst hatte. Dem brabbelnden Krötenyoukai den Mund mit einem gezielten Schlag auf den Kopf stopfend, schnappte er sich die verblüffte Rin, die sofort ihren auf den Boden gefallenen Blumen nachjammerte und setzte sie ohne eine Erklärung auf den Rücken des zweiköpfigen Drachen, der nervös zu schnauben begann, als fühlte er dasselbe wie der Hundeyoukai. Dieser ging plötzlich mit einem unterdrückten Schmerzenslaut in die Knie, sich gequält die Brust haltend. Ängstlich verzog Rin das Gesicht, da sie nicht verstand, was hier vor sich ging, als sie mit einem Male Erschütterungen spürte, die den Boden erzittern ließen. Bibbernd klammerte sie sich an Ah-Un, der unruhig mit den Beinen aufstampfte. „Uuuh, oooh, was ist denn jetzt los?“, stöhnte Jaken, der durch das Beben unsanft aus seinem ungewollten Schläfchen gerissen wurde. Entsetzt sah er die Gestalt seines Herrn neben dem zweiköpfigen Drachen knien, sich vor Schmerz windend wie ein angeschossener Hirsch. Und das kleine Mädchen saß, wie zur Flucht bereit, auf Ah-Un, der sich gleich einem wild gewordenen Hengst gebärdete, als sei die Finsternis höchstpersönlich auf dem Weg hierher, was nicht einmal so abwegig war. Sesshomaru hatte das Gefühl, als würde sich alles, was ihn als Youkai ausmachte, von seinem Selbst lösen, um für immer und ewig in etwas zu verschwinden, was es eigentlich nicht geben dürfte. Krampfhaft versuchte er, dagegen anzukämpfen, unterband mit aller Macht, die er aufbringen konnte, die Bedrohung, welche seinen Körper wie eine Seuche befiel, erst zufrieden, wenn sie ihr Ziel erreicht hatte. „Jaken“, stöhnte er schwach und der Angesprochene zuckte bestürzt zusammen. „Schnell ... flieh mit Rin ... ich ... komme nach.“ Natürlich war das eine ausgesprochene Lüge, das wusste Jaken, doch sein Herr würde sich niemals die Blöße geben, Schwäche zuzulassen. Und er wusste, dass ihn eine grausame Strafe ereilen würde, sollte er sich diesem Befehl widersetzen. Flink sprang er, trotz der ebenso auf ihm lastenden Furcht, die ihm aber weitaus weniger zusetzte, als dem Hunde-Youkai, zu Ah-Un, kroch vor Rin auf den Rücken des Schuppentiers und umklammerte gerade die Zügel, als das Geäst hinter ihnen mit einem lauten Gekreische zerbarst, als rollten tausend Blitze gleichzeitig durch den Wald. Eine Stimme donnerte um ihre Ohren, gegen die ein Gewitter nicht mehr als ein Witz war. „Sieh an, sieh an, der nächste Verwandte meines Erzfeindes. Und sogar in netter Begleitung. Eigenartig, genau wie bei dem Kleinen mit dem riesigen Schwert.“ - Ende Chapter - Uaaaaah, wer kann das wohl sein, der Sesshomaru und seinen Begleitern da so einen Schauer über den Rücken jagt? Ich sag nur, mit dem üblen Kerl hat alles seinen Anfang genommen und mit ihm wird alles ein Ende nehmen, ob gut oder schlecht ist mir überlassen ^^ Eine Vorschau auf das nächste Kapitel gibt es dieses Mal nicht, denn im nächsten überschlagen sich die Ereignisse und die möchte ich euch doch lieber als große Überraschung präsentieren. Ich kann nur andeuten, dass es noch lange nicht das letzte Kapitel sein wird. Also dann, lasst eure Finger qualmen und beschimpft mich, was die lange Wartezeit angeht :) Eure Mariko Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)