Blutige Rache von MadMoiselle ================================================================================ Kapitel 11: Bruchstücke der Vergangenheit ----------------------------------------- Bruchstücke der Vergangenheit *'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'* Disclaimer: Alle Figuren gehören Joanne K. Rowling, außer Catherine und manch andere. Wir verdienen mit dieser Fanfiction kein Geld. *'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'* "Was willst du denn hier, Potter?" fragte Flint mit einem etwas abfallenden Blick. "Mich fragen, was du mit meiner Freundin anstellst!" Harry schenkte Rachel keinen Blick. Flint lachte empört. "So wie du dich aufführst, hat Rachel etwas Besseres als dich verdient." "Also bist du schon mal aus dem Rennen." Harry spürte wie er zu brodeln begann. Rachel stand neben Flint und sagte nichts. Ihr Blick galt dem Boden. Der Riesenkraken hatte sich zur Ruhe gelegt und Harry wunderte sich über die nasse Garderobe der Slytherins. "Und das soll ich mir von einem Gryffindor gefallen lassen?" der Slytherin stand auf und baute sich drohend vor Harry auf. "Wenn du vorhast noch länger zu leben, ja!" Harry fiel erst jetzt auf, das Flint eineinhalb Köpfe größer war als er. Abgesehen davon war er vom vielen Quidditchtraining auch doppelt so breit, jedoch wollte Harry sich davon nicht beeindrucken lassen. "Wenn du vorhast noch vor deiner Enthauptung etwas zu sagen, dann tu es jetzt!" mit knacksenden Knöcheln trat er auf Harry zu, der einen Schritt zurückwich. "Hört auf!" befahl Rachel und stellte sich zwischen die zwei. "Keine Angst ich hab nicht vor Flint anzurühren." Harry funkelte den größeren an, der daraufhin nur übelgesinnt grinste. "Das tust du ja bereits für mich." fügte Harry noch mit einem wütenden Blick, der Rachel galt, hinzu. "Wie bitte?" zischte Rachel und konnte nicht fassen was er eben gesagt hatte. Es war doch nur ein Kuss. "Du hast mich schon verstanden." "Hör mir mal gut zu, Harry Potter!" Rachel war vorgetreten und rammte ihm ihren Zeigefinger in die Brust. "Flint ist immer für mich da gewesen. Sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten und das schon lange vor deiner Zeit. Er war für mich da, als du lieber dieser blöden Schlampe Chang hinterher getrauert hast. Denkst du da hab ich mich wohl gefühlt? Wo ich doch ständig wusste, dass du an sie denkst? Darüber hat sich der tolle Harry Potter wohl nie Gedanken gemacht, was?" all das was Rachel Harry schon immer hatte sagen wollen, sprudelte nun in atemberaubender Geschwindigkeit heraus. Selbst Flint war das schiefe Grinsen vergangen und starrte Rachel ungläubig an. "Zwischen mir und Cho läuft längst nichts mehr!" fuhr Harry die Blonde an. "Ach wirklich? Und was war das mit Hogsmeade? Du bist lieber mit Chang als mit mir hingegangen. Magst es anscheinend, wenn sich Mädchen bei dir ausheulen! Seid deinem Sieg beim Trimagischen Turnier und Diggorys Tod fühlst du dich anscheinend noch toller. Noch berühmter! Noch heldenhafter!" "Weder Cedrics Tod noch das Trimagische Turnier haben nur im geringsten was mit meinem Handeln zu tun!" Rachel hatte ihre Hände zu Fäusten geballt und ihr Kopf war rot vor Wut. "Ich hab mich in letzter Zeit so schlecht gefühlt, dass ich schon mit dem Gedanken gespielt habe mich einfach umzubringen! Ich hab kaum etwas gegessen oder getrunken, bin drastisch in der Schule gesunken und du hast nichts davon mitbekommen! Du hattest wieder mal nur Augen für die hübsche, liebenswürdige und herzensgute Chang! Ich war dir doch vollkommen egal!" "Das ist nicht wahr! Und das weißt du auch!" konterte Harry und sein und Rachels Gesicht war kaum noch eine Handbreit voneinander entfernt. "Woher soll ich das denn bitte wissen? Du hast doch nie dein Maul aufgekriegt!" langsam wurden Rachels Augen feucht. Jedes einzelne Wort was ihr über die Lippen kam, brannte in ihrer Seele. "Du hättest doch selbst mal auf die Idee kommen können mich anzusprechen! Du kannst nicht erwarten, dass ich darauf warte, bis du endlich mit der Sprache rausrückst! Aber ich sehe, du hast schon Ersatz für mich gefunden." Bemerkte Harry mit einem spitzen Blick hinüber zu Flint. Die erste Träne lief Rachels Wange herunter. "Flint hat nichts mit uns zu tun! Also halte ihn gefälligst daraus!" Harry lachte spöttisch auf. "Nichts mit uns zu tun? Das seh ich aber ganz anders!" "Dann bist du eben bind! Wie so oft, wenn ich Probleme hatte!" Rachels Tränen rannen wie ein Wasserfall über ihre ohnehin schon nassen Wangen. "Du bist so selbstgefällig! Weißt du eigentlich wie ich mich fühle wenn ich von anderen Slytherins hören muss, wie heiß du doch bist?" Rachel sah ihn entsetzt an. "Von wem hast du das den gehört?" "Von Pucey!" Rachel schüttelte ihren schönen Blondschopf. "Du glaubst also einem dahergelaufenen Arschloch mehr als mir? Das sind ja tolle Aussichten auf eine schöne Beziehung!" "Ich weiß gar nicht mehr was ich glauben soll und was nicht!" Harrys Stimme hatte sich etwas beruhigt. "Dann glaub mit wenigstens eins!" Rachel wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Und das wäre?" fragte Harry. "Glaub mir, dass ich dich mal geliebt hab und es ich es immer noch tue! Und glaub ja nicht, dass es für mich leicht wird dich zu verlassen, okay?" wieder flossen Tränen aus ihren blauen Augen. "Verlassen? Du wirst mich verlassen?" fragte Harry kleinlaut und es versetzt ihm einen Stich in die Magengegend. "Ich werde dich nicht verlassen, ich hab es bereits getan!" schluchzend drehte sich um und rannte hoch zum Schloss. "Glanzleistung Potter!" sagte Flint und grinste ihn noch einmal fies an, bevor er Rachel folgte. Harry war schlecht. Sie hatte ihn verlassen. Bis vor kurzem hatte er noch gehofft sie würden wieder zueinander finden, doch er hatte sich geirrt. Und wie er sich da geirrt hatte... °*~*~*~*° In dieser Nacht hatte Cady jenen alten, häufig, wiederkehrenden Traum, dass sie durch ein großes Tor in einen Park trat, dessen Baumwipfel so dicht verzweigt waren, dass sie das Sonnenlicht abschirmten. Moos wuchs auf dem alten Pfad, der von Wurzeln durchzogen war. Und wie immer in diesen Träumen bewegte ein seltsamer, lautloser Wind die Blätter. Ein Wind der irgendwie gespenstisch und unirdisch war. Cady ging den Pfad entlang und ihre Füße berührten den Boden kaum. Es war, als würde sie schweben. Am Ende des Weges, wo die Bäume sich wie ein Vorhang teilten, schimmerte bläuliches Licht. Cady wusste, dass sie dorthin musste, zum Ursprung dieses Lichtscheins. Und obwohl sie Furcht empfand, verspürte sie zugleich auch eine wunderliche Sehnsucht, dorthin zu gelangen, als sei es ein Ziel, nach dem sie lange gesucht hatte. Und wie in den vergangenen Träumen verstärkte sich plötzlich der Wind und erfüllte die Luft um sie herum mit leisem Seufzen. Da war ihr, als folgte ihr jemand auf dem Pfad. Sie sah über die Schulter, doch niemand war zu sehen. Nur die Zweige der Büsche bewegten sich, als streife sie jemand im Vorübergehen. Cady blieb stehen und sagte: "Ashley? Du bist zurückgekommen." Es waren stets die gleichen Worte und wie immer bekam sie die rätselhafte Antwort: Ich komme aus den Hügeln. Doch es war keine Stimme die sie hörte, es war mehr eine Gedankenübertragung. So, als hätte jemand diese Antwort gedacht, und sie hätte den Gedanken gefangen. Gemeinsam setzten sie ihren Weg fort. Cady sah ihre Gefährtin nicht, doch sie spürte ihre Gegenwart und wusste, dass sie so oft miteinander gegangen waren. Dann wurde das Licht stärker. Die Bäume teilten sich. Um sie her war alles in bläuliches Licht getaucht. Sie blieben stehen, und wieder war es, als nähme Cady einen fremden Gedanken auf. Sie wartet auf uns, hieß die Botschaft. "Wer?" fragte Cady wie in jedem dieser Träume. "Wer wartete auf uns?" Doch sie bekam keine Antwort. Die Brünette hob den Kopf und sah ein mächtiges Haus aus rotem Backstein vor ihr, das aus drei Gebäudeteilen bestand. Eine Freitreppe führte zum Mittelbau des Hauses, der einen spitzen Giebel hatte und von einem dichten grünen Schleier aus Efeu überzogen war. Das rundbogige Portal war von zwei Säulen gestützt, die Fensterfüllungen mit weißem Schnitzwerk verziert. Die breiten Kamine ragten wie mahnende Zeigefinger in den Himmel, und die hohen Fensterscheiben schimmerten wie Augen. Plötzlich hörte Cady eine helle Stimme irgendwo zwischen den Bäumen. Sie sang ein Kinderlied, das ihr vertraut war, doch sie verstand die Worte nicht. Leiser und ferner wurde das Singen, genau wie das Seufzen des Windes sich legte und schließlich war es ganz still um sie her. Cady rief: "Ashley! Wo bist du? Komm zurück!" Doch niemand antwortete ihr. Und als sie wieder zum Haus sah, war es in eine blaue Wolke gehüllt, die immer dichter wurde, bis es schließlich ganz verschwand. Ihr Blick fiel nach rechts, auf einen Brunnen mit einem steinernem Pfauen, dessen Gesicht zu einer Fratze verzerrt war. Ein Wasserstrahl schoss aus seinem Mund und ergoss sich glitzernd in das alte, Moosbewachsene Becken. Das Plätschern des Wasserstrahls, der unermüdlich in den Brunnen rann, ging in einem Laut unter - einem gewaltigen Rauschen und Dröhnen, als schlügen große Wassermassen gegen Felsklippen. Langsam und schwebend folgte Cady dem Geräusch und überquerte eine Lichtung, auf der ein dunkelgrüner Rhododendron wucherte. Unvermittelt endete der Pfad. Cady sah, wie tief unter ihr das Meer mit wütender Gewalt gegen die Uferfelsen klatschte, und die Gischt spritzte so hoch, dass die Büsche um sie herum vor Nässe tropften wie nach starken Regenfällen, aber seltsamerweise wurde sie selbst nicht nass. Dann mischte sich in das Brausen des Meeres wieder die Kinderstimme. Sie sang und näherte sich dabei von hinten. Doch ehe Cady sich umwenden konnte, endete der Traum. Cady schrak hoch. Sie war schweißnass, dennoch zitterte sie. Ihre Haare klebten ihr unangenehm im Gesicht. Die Slytherin schlug die Bettdecke zurück und versuchte ihren rasselnden Atem und ihren hohen Puls zu beruhigen, indem sie ihre Hand flach auf ihre Brust legte und die Augen schloss. Nachdem sie sich einigermaßen erholt hatte, sah sie auf die Uhr. Es war noch früh am Morgen. Erst viertel nach fünf. Cady reckte sich und stieg aus dem Bett. Sie fragte sich, ob sie gestern Nacht wirklich nach Sam gesucht hatte, oder ob es ebenfalls nur ein Traum war, denn ihre Träume nahmen in letzter Zeit nicht selten Gestalt an. So kam es ihr zumindest vor. Sie sah aus dem Fenster. Heute war Halloween. Cady zuckte kurz zusammen als sie sieben in grüne Umhänge gekleidete Menschen sah, die Besen in den Händen hielten und sich anscheinend auf den Weg zum Quidditchfeld machten. Die Brünette gähnte. Dank Rachel und Mariahs Zauber kam man sich gar nicht mehr wie im Kerker, sondern eher wie im dritten Stock vor. Man hatte die ganze Hogwartslandschaft in Sicht, und dennoch war man unter der Erde. Cady konnte Dracos Weißblonde Haare erkennen und merkte wie sich nach ihm sehnte. Es war in letzter Zeit einfach zu viel geschehen, als dass sie hätte noch nach ihm Ausschau halten können. Noch einmal gähnte sie herzhaft, dann verschwand sie im Bad. °*~*~*~*° Die Große Halle war angesichts des heutigen Anlasses passend geschmückt. Fledermäuse flogen kreuz und quer durch den Raum, die Spinnweben waren größer und vernehmlicher denn je und Kerzenbeleuchtete Kürbisse schwebten in der Luft. Ein nach Orangen riechender Duft ging von ihnen aus. Rachel und Cady saßen am Slytherintisch und aßen mit Begeisterung Kürbistorte, wenn auch nur wenige Stücke. Rachel hatte Cady nichts von den gestrigen Geschehnissen erzählt, es würde sie nur wieder rasend machen. Es dauerte nicht lange, als sich ein kleines blondes Mädchen zu ihnen gesellte. Sam fing ein Gespräch mitten drin an, so als hätten sie sich bereits die ganze Zeit mit ihr unterhalten. "Ich werde dich heute zu den großen Steinen am See führen, Hilary." Cady und Rachel warfen sich flüchtige Blicke zu. Keiner wusste so recht, was er sagen sollte. Cady verspürte Unbehagen bei der Vorstellung wieder mit Sam allein zu sein. Es war nicht die Angst, dass sie ihr etwas tun könnte - nein, sie fürchtete sich vor all dem unerklärlichen, was sie mit Sam zusammen vielleicht noch entdecken und erleben mochte. "Das Wetter sieht nicht gut aus. Wir könnten lieber etwas malen." Schlug Cady vor. "Nein, heute nicht. Ich mag nicht malen. Zuerst bringe ich dich zur Ruine." "Meinst du eine Burgruine?" fragte die Brünette. Sam gab keine Antwort. Sie sah sie nur an, als hätte sie eine ausgesprochen dumme und überflüssige Frage gestellt. Rachel erwiderte an ihrer Stelle: "Nein, eine Burgruine haben wir hier nicht. Sie meint die Überreste eines Hauses, das vor langer Zeit in Hogsmeade stand. Es ist abgebrannt - aber das liegt schon fast hundert Jahre zurück." Cady merkte, dass Sam sie scharf beobachtete. "Du wusstest wohl nicht das "Three Oaks" abgebrannt ist?" fragte sie die dunkelhaarige. Cady schüttelte den Kopf. "Nein, natürlich wusste ich das nicht." "Bist du traurig darüber?" fuhr die jüngere fort. Rachel tastete nach der Teekanne und Cady reichte ihr diese. "Wie sollte sie darüber traurig sein?" fragte Rachel. Sam erwiderte heftig: Ich wäre jedenfalls traurig, wenn Hogwarts abbrennen würde - sehr traurig sogar!" "Aber Hogwarts ist dein zweites Zuhause. Cady - ich meine Hilary - kannte Three Oaks doch gar nicht." Sam schlug erregt mit der Faust auf den Tisch, dass Teller und Tassen klirrten. Nicht wenige Schüler starrten sie an. "Natürlich hat sie es gekannt! Nicht wahr, du hast Three Oaks gekannt, Hilary? Sag es ihr! Bitte, sag es ihr!" Cady sah sie hilflos an. Rachel legte ihre Gabel beiseite und warf ruhig ein: "Jetzt sei bitte mal vernünftig. Du weißt doch dass Cady noch nie war. Und Three Oaks ist vor fast hundert Jahren abgebrannt. Es ist überhaupt niemand mehr am leben, der das Haus noch gekannt hat." Sam hörte nicht auf sie. Sie sah Cady immer noch an. Ihr Blick war vorwurfsvoll, als hätte Cady Verrat an ihr begannen. "Du musst es ihr sagen!" wiederholte sie. "Dir wird sie glauben!" Obwohl Cady im Recht war, fühlt sie sich seltsam schuldig. Sie schwieg, weil sie keine Antwort wusste, und sah auf ihren Teller. Rachel seufzte leicht. "Na gut. Es ist nicht weiter wichtig. Lassen wirs dabei bewenden." Sam sprang so heftig auf, dass die Sitzbank bedrohlich wackelte. "Du hast doch keine Ahnung! Wie willst DU denn wissen, was wichtig ist?!?" Die Zweitklässlerin rannte davon. Die Augen vieler Schüler folgten ihr. Manche schüttelten mitleidig die Köpfe. Zögernd fragte Cady: "Dieses Haus... Was hat es damit auf sich?" "Three Oaks? Oh, das ist wohl wieder eine von Sams Fantasien, dass du das Haus kennen musst." Sie trennte sorgfältig ein Stück von ihren Kuchen mit der Gabel ab. "Ist dir eigentlich aufgefallen, dass Sam offenbar Vertrauen zu dir hat, als wärt ihr alte Freunde?" Die Brünette sagte ihr nicht, dass genau das sie so beunruhigte. Cady stand auf. "Ich seh nach ihr." "In Ordnung, falls du mich suchst ich bin in der Bücherei, muss noch einiges an Hausaufgaben erledigen." Cady nickte, verließ die Große Halle und ging die Treppe, die in die Kerker führte, herunter. Als sie an den mannshohen Spiegel kam zögerte sie. Doch diesmal sah sie keinen Schatten neben ihr, wie sie in der vergangenen Nacht zu sehen geglaubt hatte. Von unten hörte sie eine helle Stimme ein Kinderlied singen. Sam kam aus dem Portraitloch, hinter welchem sich der Slytheringemeinschaftsraum verbarg, geklettert und schnürte ihren rechten Schuh dabei zu. "Drei kleine Prinzessinnen lebten einst in einem grünen Turm", sang sie. "Und niemand wusste, wo die drei kleinen Prinzessinnen sein konnten." Cady blieb vor ihr stehen und sagte: "Das singt mein Bruder auch immer. Aber ich dachte, das Lied handelt von vier kleinen Prinzessinnen." Sam sah lachend zu ihr auf. "Ja, ich weiß, aber ich singe immer "Drei kleine Prinzessinnen". Denn drei sind wir doch gewesen, und jetzt sind wir es wieder." Cady ertappte sich dabei, wie sie sich unwillkürlich umsah, als stünde jemand hinter ihr. Da richtete Sam sich auf und fügte ruhig hinzu: "Sie ist nicht hier. Sie kommt nur selten, weißt du." Ein Schatten ging über ihr Gesicht. "Viel zu selten." "Ashley?" fragte die ältere, und die Blonde nickte. Cady wusste, dass es klüger gewesen wäre keine weiteren fragen zu stellen. Und doch verlangte etwas in ihr danach, mehr zu erfahren, das scheinbar Unergründliche zu ergründen. "Und woher kommt sie?" Sam sah sie verwundert an. "Das weißt du doch", sagte sie. "Sie kommt aus den Hügeln." °*~*~*~*° Rachel saß vor einem Haufen Bücher und wälzte sich durch die Hausaufgaben. Cady hatte ihre Einteilung der Schularbeiten voll im Griff. Wieso konnte sie sich keinen Plan machen? Plötzlich hörte sie ihr vertraute Stimmen. Schnell griff sie sich einen nahe liegenden Wälzer und stellte ihn so auf den Tisch, dass sie sich dahinter verstecken konnte. Hermine, Ron und Harry hatten sich an einen der langen Holztische, nicht weit von dem ihren entfernt, niedergelassen. Wie sollte sie jetzt anständig arbeiten können, wo doch Harry jederzeit hersehen konnte? Er und Ron lachten über etwas was Hermine eben gesagt hatte. Anscheinend wusste er gar nicht, wie sehr Rachel ihn vermisste. Die Slytherin verspürte Herzstiche wenn sie sah, dass er so glücklich war... ohne sie. Und dass sie selbst nur noch ein Häufchen Elend darstellte. Rachel legte den Wälzer beiseite. Er solle ruhig sehen, wie schlecht es ihr ging und wer daran Schuld trug, war ebenso klar. Ihr Blick schweifte von ihm ab und landete wieder bei ihren Aufgaben, doch sie konnte sich jetzt nicht einfach konzentrieren. Nicht, wo sie doch wissen wollte, ob Harry wenigstens einmal hersah. Wie sehr sie ihn brauchte. Und wie gerne sie jetzt einfach zu ihm gehen würde. Obwohl sie wusste, dass er jetzt fort war, hielt er sie abends noch lange wach. Rachel wollte nicht dass ihre Leben zerbricht. Wollte nicht, dass Harry nie mehr mit ihr sprechen würde. Sie wollte dass sich ihre Welt, zusammen mit Harry weiterdrehte, doch der Gedanke war jetzt wohl nur ein Wunsch der nie in Erfüllung gehen würde. Wieso tat es so weh? Wieso tat es so weh, wenn sie ihn sah. Wieso fühlte sie jeden Tag, dass er ihr fehlte? Die ersten stummen Tränen rannen an ihren Wangen herunter und tropften auf ihr Pergament, welches feucht wurde und ihre Schrift verschluckte. Sie wollte nicht, dass Harry sich jetzt umdrehte, und sah wie da stand und ihre Sachen schnell in ihre Tasche schmiss. Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die verheulten Augen. Sie eilte aus der Bibliothek und rannte einfach den Nächstbesten Korridor entlang, bis sie ein leeres Klassenzimmer erreichte und sich dort schluchzend an der Wand runterrutschen ließ. Alles was sie wollte war ihn zu vergessen, aber egal wie fern er war, ständig tauchte er vor ihren Augen auf. Sein Lachen. Seine Berührungen. Die Tränen rollten immer weiter und es war ihr egal, ob sie jemand sehen würde oder nicht. Selbst wenn es Pansy oder Sharon sein sollten. "Blood?!?" fragte eine verdutzte Stimme und Rachel sah hoch. Als sie ihn erblickte rappelte sie sich auf und wischte sie die Tränen aus dem hübschen Gesicht. "Was willst du denn hier?" fragte sie genervt, sauer darüber dass er sie erwischt hatte. "Weißt du wo ich Cady finde?" fragte Draco und sah sich lässig um. "In Hogsmeade." Draco sah sie ungläubig an. "Sie ist ganz allein nach Hogsmeade gegangen?" "Nein, nicht allein. Diese kleine verrückte Zweitklässlerin... Sam ist bei ihr." Rachel lief aus dem Klassenraum. "Wo wollten sie denn hin?" rief er ihr hinterher, nicht aber bevor er sich vergewissert hatte, dass ihn niemand sah. "Three Oaks." War das letzte was Rachel sagte, bevor sie um die nächste Ecke verschwand. Draco wandte sich um, fest entschlossen Cady zu finden... °*~*~*~*° Obwohl es schon spät im Jahr war, sangen die Vögel in den Bäumen, als sie durch den Park, der nach Hogsmeade führte, gingen. Sam führte Cady zu einer Seitenforte in der Mauer, sie erklommen einen Grasbewachsenen Erdwall und sahen von dort aus in einiger Entfernung einen riesigen See, dessen anderes Ende man gar nicht mehr sehen konnte, so riesig war sein Umriss. Sie konnten hören, wie der See tief unter ihnen gegen die schroffen Felsen brandete. Der Wind führte einen feinen Sprühregen aus Salzwasser mit sich und hinterließ ein Prickeln auf Cadys Haut. Eine Weile standen sie da und sahen auf den See, der in der Ferne mit dem Horizont verschmolz, so dass er sich ins Unermessliche fortzusetzen schien. Dann nahm Sam Cady an die Hand und sagte: "Komm weiter. Oder macht er dir Angst?" "Der See? Oh nein, er zieht mich eher an." Sam nickte. "Mich auch. Aber komm jetzt, komm mit!" sie zog Cady hinter sich her, und sie krochen durch stacheliges Ilexgebüsch, zwängten sich an dornigen Hecken und wildwachsenen Fuchsiensträuchern vorbei und kamen schließlich zu einem gepflasterten Weg, der einst als Auffahrt gedient haben musste. Jetzt waren die Steine von Moos und Unkraut überwuchert, an manchen Stellen waren sie aus dem Erdreich gerissen und lagen wie verwunschene Trolle mit Moosbärten zwischen Farnbüschel, Gras und umgestürzten Baumstämmen. Ein neues Wolkengebirge kam über den See gezogen, und der Himmel verdunkelte sich. Immer dichter wurde das Gebüsch, durch das Sam sie führte. Dann machte sie unvermittelt halt. Überrascht sah Cady auf. Inmitten einer grünen Wildnis aus Rhododendron, Eiben und Ilexbüschen stand ein kleiner, runder Tempel mit abbröckelnden Säulen und einem Boden aus verwittertem Marmor. Brombeerzweige und Efeu rankten sich an den Säulen empor, und durch das geborstene Dach sah man den Himmel schimmern. "Schön, nicht?" sagte Sam. "Wie ein verwunschenes Schloss." "Ja", erwiderte die dunkelhaarige. "Aber was ist es eigentlich?" "Es war ein Lusthaus. Die Leute haben hier an Sommerabenden gesessen und Musik gemacht. Mit Lampions muss das hübsch gewesen sein, und dazu all die Damen in langen Kleidern! Aber du kennst das Lusthaus natürlich nicht. Es steht noch nicht so lange hier. Überrascht sah Cady auf den verwitterten Tempel. "Noch nicht so lange? Aber er sieht doch schon so alt aus!" "Der Tempel ist vor ungefähr hundertfünfzig Jahren gebaut worden, als die Leute für griechische Kunst schwärmten." Das Lusthaus stand "erst" seid hundertfünfzig Jahren hier - und deshalb kannte sie es noch nicht? Was meinte Sam damit? Cady hielt es für besser, sie nicht danach zu fragen, sondern sagte nur: "War es das, was du mir zeigen wolltest?" "Nein, natürlich nicht. Ich möchte, dass du das Haus siehst." Das Haus - oder vielmehr das, was davon übrig war - stand auf einem etwas erhöhten Platz, von dem man einen fast erschreckend schönen Blick über den See und die wilde Klippenlandschaft hatte. Nur noch eine Steinmauer war erhalten geblieben. Düster und verlassen ragte sie vor dem Hintergrund der See auf, es sah aus, als hätte eine riesige schwarze Zunge an ihr geleckt. Im ehemaligen Keller von Three Oaks wuchsen Brennnesseln. So weit das Auge reichte, war der Boden mit Steinbrocken übersäht, als hätte eine Gigantenhand die Reste des ausgebrannten Hauses in alle Winde zerstreut. Erst nach einer Weile wurde Cady bewusst, dass Sam sie gespannt beobachtete. Sie fragte sich, weshalb die Blonde so darauf versessen war, ihr die Trümmer dieses Hauses zu zeigen, denn der Anblick war nicht außergewöhnlich, nur ein wenig bedrückend. "Es sieht schlimm aus", sagte die Ältere schließlich. Sam nickte. "Ja, nicht wahr? Dabei war es ein so schönes Haus. Fast noch schöner als Hogwarts. Bist du traurig?" Wieder diese Erwartung, dass Cady die Zerstörung eines fremden Hauses etwas ausmachen sollte. Sie ging nicht auf die Frage ein, sondern erwiderte ausweichend: "Was ist aus der Familie geworden, die hier lebte? Wie hieß sie?" Cady erschrak, als Sam unerwartet zu weinen begann. Sie lehnte sich gegen die alte Mauer, schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte wie ein Kind. "Mein Gott, Sam, was ist passiert?" fragte sie bestürzt. "Tut dir etwas weh?" Sam schüttelte den Kopf und stieß schluchzend hervor: "Warum stellst du nur immer solche Fragen? Du weißt es doch selbst am besten - du musst es doch wissen!" Langsam ließ sie die Hände sinken und sah die Brünette verzweifelt an, und diese erwiderte ihren Blick ebenso verzweifelt. "Du meinst, ich müsste wissen, wie die Familie geheißen hat, die auf Three Oaks lebte?" Sam nickte heftig. Der Seewind blies ihr das Haar aus der Stirn und trocknete die Tränen auf ihren Wangen. Cady seufzte und schwieg. Vielleicht musste sie lernen, manche Gesprächthemen zu vermeiden, musste begreifen, dass sie in einer Fantasiewelt lebte, die ihre eigenen Gesetze hatte. Sie war mit Sam hierher gekommen, um ihr Freude am Leben zu schenken, nicht um sie in Zweifel und Aufregung zu stürzen. Vielleicht war es besser keine Fragen mehr zu stellen. "Komm", sagte Cady sanft. "Lass uns wieder gehen." Einen Augenblick sah sie stumm auf ihre ausgestreckte Hand nieder. Dann nickte Sam, doch sie nahm Cadys Hand nicht. Langsam gingen sie weiter zur "Küste". Seevögel kreisten schreiend hoch über ihren Köpfen. Minuten später schien Sam den Vorfall bei der Ruine vergessen zuhaben. Sie jagte lachend hinter einem Kaninchen her, das aus einem Erdloch kam und erschrocken vor ihnen ins Gebüsch flüchtete, umarmte den Stamm einer alten Eiche und sang wieder das Lied von den drei kleinen Prinzessinnen. Jetzt erst wurde Cady richtig bewusst, wie schön es hier war, auch wenn die Einsamkeit fast etwas Beängstigendes hatte. Im Frühling und Sommer musste es hier paradiesisch sein, doch wie war es an grauen Herbsttagen und langen Winterabenden? "Sieh mal", sagte Sam in Cadys Gedanken hinein. "Hagebutten! Sie sind jetzt ganz weich. Nur die Kerne muss man ausspucken." Sie blieb vor einem wilden Rosenstrauch stehen, pflückte eine der kleinen roten Früchte und gab sie mir. "Schau, sie haben Krönchen auf, Hilary", fuhr sie fort. "Meine große Schwester macht Marmelade daraus, aber ich mag sie nicht." "Deine Schwester oder die Marmelade?" fragte Cady lächelnd. "Oh, ich meine die Marmelade. Kim ist schon in Ordnung. Wenn sie sich nur nicht immer so aufspielen würde, als wäre sie meine Mutter. ,Zieh dich warm an' und ,komm pünktlich zu den Mahlzeiten' und ,putz dir die Zähne ordentlich' und all so was. Aber vielleicht tun das heutzutage alle Mütter. Ich kann mich nicht an sie erinnern." "An deine Mutter?" "Mmm. An die eine schon." Es klang, als hätte sie zwei Mütter gehabt. "Aber da hatten wir ja eine Amme." "Du meinst ein Kindermädchen?" "Wir nannten sie immer nur Amme. Wir mochten sie nicht, weißt du ja, weil sie uns nie alleine spielen lassen wollte. Dauernd spionierte sie uns hinterher. Aber Ashley war klüger als sie. Sie hat sie richtig an der Nase herumgeführt. Sam kicherte in sich hinein. Wieder Ashley... War sie in Sams Fantasie nicht nur ihre Freundin, sondern vielleicht sogar ihre Schwester? Ashley, die sie auch kannte - und das war von allen Rätseln das größte... °*~*~*~*° "DU?!?" schrie Rachel entsetzt, als sie sah wer vor ihr stand. "Und du?" fragte Harry nicht minder überrascht als Rachel. Dann herrschte peinliche Stille. Keiner sah den jeweils anderen an. "Komm sag was!" schien Harrys Gewissen geradezu zu jammern. "Ich-", beide brachen ab und starrten sich kurz an. Rachel sah aus dem Fenster. Harry zu Boden. Die Slytherin hatte gehofft in diesem Klassenraum ohne Sorge und in Ruhe ihre Aufgaben erledigen zu können, anscheinend hatte nicht nur sie diesen Gedanken gefasst, denn Harry war aus dem gleichen Grund hier. Der Gryffindor hob den Kopf. Darauf bedacht, dass sie nicht sah, dass er sie anblickte, sah er immer wieder weg. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Rachels Gesicht seltsam errötet war. Hatte sie geweint? Er wollte sie fragen, aber etwas in ihm sträubt sich heftig dagegen. Warum sollte er sich den Entschuldigen? Sie könnte genauso gut was sagen. Aber nein, sie stand nur da und starrte abwesend aus dem Fenster. Wahrscheinlich dachte sie an Flint. Harry spürte Wut, jedoch nicht auf Rachel, sondern auf sich selbst. Warum hatte er nicht eher bemerkt, dass es ihr schlecht ging. Stimmt schon, dass er nicht selten an Cho gedacht hatte, aber viel öfter, fast ständig, galten seine Gedanken Rachel. Warum sagte er es ihr nicht einfach? Nein, er konnte nicht. Sie waren längst nicht mehr zusammen und sie würde es ohnehin nicht ernst nehmen. Sie hatte jetzt Flint. Warum war er überhaupt zurückgekommen? Harry wollte gehen, doch seine Beine schienen Blei geworden zu sein. Sein Kopf sagte ihm, es wäre besser sie allein zu lassen, doch sein Körper schien da ganz anderer Meinung zu sein. Rachel fühlte nichts. Sie wusste nicht was sie sagen, geschweige denn tun sollte. Harry hatte anscheinend bemerkt, dass sie geweint hatte. Ob er ahnte, dass es seinetwegen war? Es war ihr egal. Sie dachte nach. Warum ging sie nicht einfach? Warum blieb sie hier? Aus den Augenwinkeln sah sie ihn kurz an und es versetzte ihr eine Messerspitze ins Herz. Warum war sie so dumm gewesen und hatte ihn gestern so angeschrieen? Sie hatte ihn mit Flint verletzt. Um ihn Eifersüchtig zu machen? Nein, dann hätte sie ihn vor Harrys Augen geküsst, wenn sie genau wusste, dass er zusah. Nein, es war eher der Drang nach Zuneigung gewesen, der sie dazu gebracht hatte. Wie sehr sehnte sie sich nach ihm. Sie konnte es nicht beschreiben. Er war in ihrem Herzen impliziert und nahm mehr als die Hälfte davon in Anspruch. Harry versuchte irgendetwas zu finden worüber sie sprechen konnten ohne gleich zu streiten. Jedoch fiel ihm nichts Passendes ein. Selbst wenn er das Thema Essen anschneiden würde, würden sie sich wahrscheinlich streiten. Er blickte zu ihr herüber und es jagte ihm einen Schauer über den Rücken, als er sah, dass stumme Tränen aus ihren Augen quollen. Er wusste nicht was er tun konnte. Rachel krallte sich die Fingernägel in die Oberarme. Das er womöglich an Cho dachte hinterließ Schüsse. Der Wille in ihr, zurückzukehren zu ihm, raubten ihr den Verstand. Die Schüsse ins Herz, waren ihr ins Gedächnis gebrannt. "Ich... ich muss dann los...", Harry konnte nicht fassen, was er jetzt gesagt hatte. Er war so gefühllos. Rachel nickte abwesend. Er konnte nicht gehen! Doch nicht ausgerechnet jetzt. Sie vernahm wie die Tür zugezogen wurde und kaum war das geschehen, brach sie in sich zusammen und schluchzte in ihren Schoss. Warum war er so herzlos? Warum hatte er sie allein gelassen? Rachel wusste es nicht. Nachdem Harry den Klassenraum verlassen hatte, spürte er wie Wut in ihm hochstieg. Er war so dumm! Warum hatte er sie allein gelassen? Warum war er nicht bei ihr geblieben und hatte sie getröstet? Rachel hatte Recht, er war herzlos und fragte nie nach den Problemen anderer. Er machte sich nur Sorgen um sich selbst. Es hätte alles wieder gut werden können, doch er hatte es vermasselt... *'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'* Tut uns Leid, das diesmal wieder kein Cady/Draco Teil drin ist, aber es hat einfach nicht mehr gepasst *heul* Auch das mit Rachel und Harrys Versöhnung haben wir nach langem hin und her ausgelassen *drop* Vielleicht vertragen sie sich das nächste mal, dass müssen wir uns noch gut überlegen ;) Danke für die Kommis^.^ Biba Marina und eure ArwenMalfoy PS: Das nächste Chap haben wir schon fertig, allerdings laden wir es erst nach den Ferien hoch, da wir beide im Urlaub sind und das die gesamten sechs Wochen. *'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'*'* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)