At the end of the day von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Prolog / Everything changes -------------------------------------- Shuichi konnte nur schwer die Augen öffnen. Die Sonne schien ins Zimmer hinein und er blinzelte. Er hielt sich den Kopf. Hätte er diesem Kater einen Namen geben sollen hätte dies mindestens ein Doppelname sein müssen. Er drehte den Kopf zur Seite und starrte auf die leere Bettseite neben sich. Yuki war also schon aufgestanden...Nur schwer pellte er sich langsam aus dem Bettzeug, bemerkte erst dann, dass er noch fast vollständig angezogen war. Angewidert zog er sich den Pulli über den Kopf und wechselte ihn aus, streifte sich noch schnell eine Jogginghose über und stolperte dann langsam Richtung Tür. Aus der Küche vernahm er bereits das Radio. Wie ein Stein ließ er sich auf den leeren Stuhl fallen und vergrub sofort etwas brummig sein Gesicht in den Händen. "Rausch ausgeschlafen?" bemerkte Yuki fast völlig unbetont. "Hmmmmmm...." bekam er dafür nur als leicht grimmige Antwort. Shuichi streckte sich ein wenig. "Bäh, ich hab so nen ekligen Geschmack im Mund..." Yuki stellte ihm einige Scheiben Toast vor die Nase. "Wer das Trinken nicht verkraftet sollte damit aufhören." Shuichi ignorierte zu Yukis Verwunderung diesen Kommentar und steckte sich gelangweilt ein Stück Toast in den Mund. Scheinbar unberührt von alle dem setzte sich Yuki dem Sänger gegenüber und steckte sich eine Zigarette an. "Stört es dich, wenn ich esse während du rauchst?" plärrte es ihm von gegenüber entgegen. "Sei still und iss" grummelte Yuki zurück. Shuichi schluckte den letzten Rest Toast herunter und stand dann abrupt auf, ging wortlos ins Bad und verbrachte die nächste halbe Stunde dort. Nach der heißen Dusche fühlte er sich direkt wie ein anderer Mensch. Jetzt war er wieder sauber, die Zähne waren geputzt und die Erinnerungen an den vergangenen Abend - sofern noch welche bestanden - waren abgewaschen. Als er zurück in den Wohnraum ging saß Yuki bereits konzentriert, zumindest sah es so aus, an seinem Laptop und versuchte Gedanken für seinen neuesten Roman aufzubringen. Shuichi blieb stehen und beobachtete den Romanautor beim Überlegen. Wie viele Jahre wohnte er jetzt eigentlich schon bei ihm? Mittlerweile waren es 4 Jahre, die sie mehr oder weniger miteinander verbrachten. Bis auf dass sie die letzten zwei Jahre lang nicht mehr zwischendurch "Schluss gemacht hatten" hatte sich in Shuichis Augen nichts geändert. Wortlos ließ er sich, nachdem es eine Beobachtungen abgeschlossen hatte, auf der Couch nieder und schnappte sich die Illustrierte, auf der sein eigenes Bild auf dem Titelblatt erstrahlte. Er legte die Füße lässig auf den niedrigen Wohnzimmertisch und blätterte durch die Zeitschrift. Nachdem Shuichi sich wortlos aus dem Staub gemacht hatte, hatte Yuki die Gelegenheit ergriffen sich in Ruhe vor seine Arbeit zu setzen. Doch je mehr er grübelte, desto weniger fiel ihm zu seinem Roman ein. Dabei war der Abgabetermin schon Ende der Woche und er hatte gerade einmal die Hälfte zusammen schreiben können. Er verfluchte sich selber dafür, welche Gedanken ihn von seiner Arbeit abhielten: Shuichi. Er hatte seine Blicke auf sich gerichtet gefühlt, als der Kleine nach dem Duschen wieder ins Zimmer gekommen war, aber wie immer konnte er sich nach außen hin kühl und desinteressiert zeigen. Er unterbrach kurz sein Schauspiel à la "Ich überlege gerade, was ich hier schreiben kann" und drehte sich zu Shuichi um. Dieser hatte es sich inzwischen auf der Couch bequem gemacht und war anscheinend voll und ganz auf den Artikel konzentriert, der sich um Bad Luck drehte. Unwillkürlich musste Yuki grinsen und ärgerte sich kaum wenige Sekunden später darüber, dass ihn dieser Gedanke amüsierte. Nach seinem Yuki Kitazawa hatte es noch niemand je geschafft jegliche Emotionen in ihm auszulösen. Niemand außer eben dieser Shuichi Shindou, mit dem er jetzt wie viele Jahre "zusammen" war? Er fasste sich an die Stirn. 4 Jahre bereits, in denen er bei ihm wohnte, mit ihm schlief, ihn nervte und doch immer für ihn da war. Und auch wenn er es im Prinzip nicht gerne hatte und es sich nicht eingestehen wollte, so brauchte er und empfand er für Shuichi mehr als für jemand anderes auf der Welt. Doch waren die ersten Jahre mit ihm davon geprägt, dass Shuichi ihm hinterher lief, ihre Beziehung ständig mit einer Trennung und Versöhnung verbunden war oder Shuichi ihm seine ewige Liebe versprach, so hatte es sich in der letzten Zeit alles verändert. Selbst wenn der "Kleine" nicht das Gefühl hatte, dass sich großartig etwas geändert hatte, so hatte Yuki es doch bemerkt. Trotzdem er noch recht kindisch war, hatte Shuichi mit seinen mittlerweile 22 Jahren andere Ansichten, andere Gesten...andere Gefühle? Er ließ sich einfach nicht mehr so leicht herumkommandieren und tat zeitweise das, wonach ihm gerade der Sinn stand. Er erschrak, als plötzlich ein Klingelton erklang und sich Shuichis Stimme erhob. Als er aufsah sprang Shuichi gerade auf und griff zu seiner Jacke. "Ich treff mich mit Hiro, ihm ist eine gute Idee für einen neuen Song gekommen." Er hatte bereits die Türklinke des Haustür in der Hand, als er sich plötzlich auf dem Absatz umdrehte und zurück in den Wohnraum lief. "Bis nachher" hauchte er Yuki entgegen und gab ihm einen kurzen Schmatzer auf den Mund. Dieser blickte ihn etwas konfus an und erst als Shuichi das Haus verlassen hatte, umspielte ein weiteres Lächeln den Mund des Romanautors. Die Beine an sich gezogen, eine Flasche Cola in der Hand - so lehnte Shuichi gerade am Bett von Hiro. Sie hatten es sich auf dem Boden bequem gemacht. Eine entspannte Atmosphäre und beide waren froh, nicht wieder einen Tag im Studio verbringen zu müssen. Frei haben war doch einmal ganz schön, vor allen Dingen wo sie in der letzte Zeit so fleißig gewesen waren, 5 neue Singles heraus gebracht haben und nun an einem Album arbeiteten. Dass Hiro jetzt eine Idee für einen Song hatte überraschte Shuichi nicht sonderlich. Vermutlich war ihm gestern im Rausch mal wieder eine tolle Melodie in den Sinn gekommen. "Du bist so gut gelaunt, war Yuki heute mal wieder nett zu dir?" Shuichi verschluckte sich an seiner Cola. "Wie kommst du denn darauf?" "Du wirkst so motiviert." Hiro grinste. "Ich hab heute noch nicht viel mit ihm gesprochen. Er war so vertieft in seine Arbeit." Shuichi ließ die Flasche sinken, stellte sie ab und schlang die Arme um seine Knie und legte den Kopf darauf. "Ist die Luft bei euch raus?" bemerkte Hiro fast beiläufig. Doch sein bester Freund zuckte nur mit den Schultern. "Ich weiß nicht, eigentlich habe ich nicht das Gefühl, dass sich grundlegend etwas geändert hat." "Grundlegend? Dieses Wort passt nicht in deinen Wortschatz?" "Was soll das denn heißen?" quakte er seinen besten Freund an, der daraufhin nur zu lachen begann und Shuichi durch die Haare wuschelte. "Lass das, ich bin kein Kind mehr Hiro..." Dieser ging in die Hocke und betrachtete sich Shuichi einige Sekunden, richtete sich dann wieder auf und meinte "Magst du auch was essen?" "Gern..." Shuichi streckte die Beine wieder aus und starrte Hiros Schrank an. Wieso sollte bei ihm und Yuki die Luft raus sein? Es war doch alles so wie immer...Auch wenn Yuki ihm in letzter Zeit manchmal etwas sehr auf den Keks ging. Wenn er eben solche Aktionen brachte wie am Morgen. Hatte ihn früher so etwas denn nicht gestört? Er hätte vielleicht nur nichts dagegen gesagt und wäre nicht wortlos aufgestanden. Aber das waren doch nur Kleinigkeiten. Oder war da noch was anderes...Schon, irgendwie hatten er immer mehr damit Probleme, dass Yuki so selten seinen Emotionen freien Lauf ließ. Er ließ sich nicht mehr gerne wie einen kleinen Blödmann behandeln. "Pizza?" rief es plötzlich in seine Gedanken hinein und verwundert blickte er auf. "Ob du Pizza möchtest?" fragte Hiro belustigt nach. Shuichi antwortete mit einem Kopfnicken. "Ich komme mit runter..." Kapitel 2: Something stupid --------------------------- Hiro bewunderte mal wieder, wie viel Shuichi auf einmal verdrücken konnte. "Guck nicht so, ich hab heut außer einer Scheibe Toast noch nichts verdrückt." "Wieso, gabs sonst nichts zu essen bei euch?" "Doch, noch zwei weitere Scheiben Toast, aber wenn mir der blaue Dunst ins Gesicht geblasen wird reagiere ich etwas empfindlich." "Seit wann das denn?" "Schon immer..." Shuichi schluckte das letzte Stück Pizza herunter und sah Hiro erwartungsvoll an. "Was ist jetzt eigentlich mit deiner grandiosen Idee für einen neuen Song?" Hiro schmunzelte, Shuichi schaute ihn mit großen fragenden Augen an. So sah er ja einfach zu niedlich aus. Shuichi wich einen Schritt zurück, als er den festen Handgriff Hiros um seine Handgelenke fühlte. "Was....?" brachte er nur erschrocken heraus als sich sein Gesicht nur noch wenige Millimeter von dem seines besten Freundes befand. Er spürte den heißen Atem, der ihm entgegenschlug. Er schluckte, was hatte Hiro denn jetzt bitte vor? "Das war doch alles nur eine Lüge um dich wieder hier zu haben, Shuichi Shindou". Seine Finger glitten zaghaft über die seines Gegenüber, bis er sich schließlich über dessen Mund beugte. "Solltest du nicht bei deinem Kind sein und mit ihm spielen?" gab Yuki seinem Schwager Tohma (ich hoffe, das ist jetzt so richtig geschrieben) als Begrüßung entgegen, drehte sich um und ließ ihn eintreten. Während er zurück zu seinem Laptop stapfte folgte Tohma ihm mit einem musternden Blick. "Wo ist denn Shuichi?" "Unterwegs" "Kurze und prägnante Wortwahl, allerdings klingst du etwas gereizt...Liegt es daran, dass der Kleine nicht da ist?" Yuki würdigte seinen Besuch keines Blickes, er starrte weiterhin auf seinen Bildschirm. Sein Roman war noch immer aufgerufen und er hatte es geschafft sage und schreibe 3 weitere Absätze zu schreiben. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Das hat doch nichts mit dem Quälgeist zu tun, der nervt sowieso rund um die Uhr. Ich muss meinen verdammten Roman zu Ende bringen und wenn ich so weiter mache wird der ein einziger Flop." "Verstehe...Immer dieser Abgabestress". Beruhigend legte er seinem Sorgenkind die Hand auf die Schulter. "Wenn du magst kannst du ja für einige Zeit bei uns bleiben und dich entspannen, dann hast du den ganzen Stress hier nicht. Und wirst vielleicht mal wieder ein bisschen freundlicher zur mir." Yuki linste nach oben. "Entspannen. Bei dir zu Hause? Wo du ein kleines Kind hast? Nee, vergiss es! Nett gemeint, aber die Nervensäge ist zurzeit eh nicht mehr ständig hier." Er gaffte wieder stupide auf seinen Bildschirm. "Nimm es mir nicht übel, aber ich brauche jetzt meine volle Konzentration." Gekünstelt griff er sich an die Stirn und schloss die Augen. Tohma seufzte auf. "Ich werde deine Schwester von dir grüßen." "Mach das. Und jetzt geh nach Hause, spiel lieber mit deinem Nachwuchs als deine Zeit mit mir zu verplempern. Mir geht es gut." Shuichi hatte noch immer die Augen geschlossen und nach einigen Sekunden löste sich Hiro auch wieder von ihm. "Du bist echt komisch" flüsterte Hiro woraufhin Shuichi die Augen aufriss. "Wieso bin ich denn komisch? Du hast mich doch geküsst!" "Und du hast dich nicht gewehrt! Das war nur ein SPASS Shuichi, ich wollte nur mal sehen, wie du mittlerweile reagierst. Ich konnte ja nicht wissen, dass du darauf eingehst, war doch nicht ernst gemeint..." Auf Shuichis Wangen zeichnete sich eine leichte Röte ab und Hiro bekam direkt ein schlechtes Gewissen, dass er sich solch eine Aktion überhaupt erlaubt hatte. "Ist bei euch beiden wirklich alles okay?" Er überlegte gerade über den Sinn seiner Aussage, denn die Beziehung zwischen Yuki und seinem besten Freund war sowieso lange Zeit über ein hin und her gewesen. "Also ich meine..." "Natürlich ist alles bei uns okay" fiel Shuichi ihm ins Wort und starrte aus dem Fenster. Hiro folgte dem leeren Blick seines Freundes. "Tut mir leid" flüsterte er, während er seine Hand auf Shuichis Schulter legte. Blitzartig drehte dieser sich in Hiros Armen um, legte seinen Kopf auf dessen Brust und schloss die Augen. Automatisch schloss Hiro seine Arme um Shuichi und drückte ihn stärker gegen sich selbst. Wie so oft brauchte er wieder aufbauende, tröstende Worte. Und wenn er genau darüber nachdachte, häufte sich das in letzter Zeit umso mehr. Shuichi sehnte sich einfach nach Geborgenheit und Wärme. Dinge, die Yuki ihm nur schwer geben konnte. Langsam aber sicher schien auch Shuichi es aufzugeben etwas daran ändern zu wollen. Er hörte einen großen Schluchzer während Shuichi sich aus seiner Umarmung befreien wollte. "Dankeschön, das war mal wieder nötig!" Er zog die Nase hoch. Mittlerweile versuchte er aufkommende Heulkrämpfe so gut es ging zu unterdrücken. "Es wäre echt schön, wenn Yuki mal so aufmerksam wäre...Ich hab immer gedacht, das wird sich mit der Zeit so geben, aber irgendwie hat sich da gar nichts verändert. Ich bin für ihn immer noch die Nervensäge. Die wenigen Momente, in denen er so richtig sensibel und sanft sein kann sind mir einfach zu wenig..." "Ich weiß langsam auch nicht mehr, was ich dir raten soll" antwortete Hiro darauf nur ratlos. Shuichi streckte sich, rieb sich kurz durch die Augen und legte sofort nach dieser, Aktion sein typisches Lächeln auf. "Also, was ist nun mit deinem Song?" Yuki wunderte sich selbst über den plötzlichen Schreibfluss, der über ihn gekommen war. Zufrieden lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und blickte auf sein "Werk". Jetzt konnte er sich - ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen - eine Pause gönnen. Er ließ seinen Kopf im Nacken kreisen, schmiss gut gelaunt die Beine hoch und stand auf. Das ständige Sitzen machte einen nur noch bewegungsfauler als man eh schon war. Er ging schnellen Schrittes zum Kühlschrank und zögerte dann einen Augenblick zwischen einer Cola- und einer Bierdose, entschied sich dann für Letzteres, da er es als eine Art Belohnung ansah. Auch wenn der Kleine wieder meckern würde...Wieder ein kurzes Zögern und beinahe hätte er die Dose Bier wieder zurück in den Kühlschrank gestellt, doch sein angeborener Egoismus siegte und mit einem lauten Zischen machte er die Dose auf. Zufrieden ließ er sich wieder auf seinen Stuhl fallen, legte schwungvoll das rechte Bein auf sein Linkes und nahm einen Schluck des gekühlten Getränkes. Mit einer Wohltat floss es ihm die Kehle herunter. Er atmete erleichtert auf, stellte die Dose ab und starrte auf seinen Laptop. Ein wenig farblos, aber noch immer am Bildschirmrand, klebte das Bild von Shuichi und ihm von ihrem "ersten Date". Gedankenverloren fixierte er es einige Minuten, bis er sich mit einem zufriedenen Seufzer und einem breiten Grinsen auf dem Gesicht von dem Anblick trennte. Er stand wieder auf und blickte sich um. Irgendwie war ihm jetzt alles viel zu ruhig. Der kleine Quälgeist hatte sich schon so sehr in seinem Alltag breit gemacht, dass es unnormal war, keinen Lärm um sich herum zu vernehmen. Auf eine gewisse Weise war das auch - er suchte nach dem richtigen Wort - eintönig, langweilig und wirkte unbequem. Unbequem, weil die Abwesenheit des Wirbelwinds die Wärme und Geborgenheit in seinen vier Wänden nahm. Eiri bekam eine Gänsehaut. Es wirkte gerade zu gespenstig leer. Ein Blick auf die Uhr und er fragte sich, wo Shuichi so lange stecken konnte. "Na wunderbar, einen Tag frei und er hängt lieber bei seinem Hiro herum" spottete er während er sich bückte um den Fernseher einzuschalten. Lässig lehnte er sich auf seiner Couch nach hinten, nahm einen weiteren kräftigen Schluck Bier und zappte durch das Fernsehprogramm. Alle paar Minuten wanderte sein Blick von der Mattscheibe auf die Uhr und wieder zurück. Er schnaubte verächtlich auf, trank mit einem Ruck die Dose leer, stand auf und nahm sich eine weitere um auch diese im Nu leer zu machen. ----- Ungeduldig schloss Shuichi die Haustür auf. Als er eintrat und sich die Jacke abstreifte hörte er schon die Flimmerkiste aus dem Wohnzimmer entgegen schallend. "Ich bin wieder daaaahaaaaa" brüllte Shuichi in den Raum, zog sich die Schuhe aus und machte sich auf den Weg Richtung Geräuschpegel. Auf dem Sofa saß Yuki mit einem, wie so oft üblich, grimmigen Gesichtsausdruck und einer Dose Bier in der Hand. Und wie sein Blick über den Tisch flog wusste er, dass dies nicht die Erste war. Er seufzte und ging ohne ein weiteres Wort zu erwähnen an den Kühlschrank, um sich eine Cola zu holen. Ächzend ließ er sich neben seinem Yuki nieder, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und kuschelte sich an seine Brust. "Was guckstn da?" murmelte er zufrieden vor sich hin und schloss die Augen. Yuki roch zwar unangenehm nach Bier, aber er wollte versuchen sich nicht über diesen Störfaktor aufzuregen. Er war sich mittlerweile sicher sowieso nichts an seiner Leidenschaft fürs Trinken ändern zu können. "Doku" war Yukis knappe Antwort darauf. Er blickte an sich herunter. Shuichi hatte die Augen geschlossen und schmiegte sich an seine Brust. Seinen Ärger darüber, dass er ihn so lange hatte warten lassen, verflog ein wenig und wich seiner alltäglichen Gleichgültigkeit. Vorsichtig schob er Shuichi von sich weg und richtete sich auf. "Ich mach was zu essen!" Eifrigen Schrittes ging er Richtung Küche. "Für mich brauchst du nicht unbedingt was zu machen, ich hab eben bei Hiro gegessen." Am liebsten hätte sich Yuki mit einem Ruck umgedreht und ihn angefahren, weshalb er denn unbedingt bei dem was hatte essen müssen. Doch wie immer in letzter Zeit, wenn er die Eifersucht in sich aufkommen spürte, schluckte er seine ersten Worte, die er aussprechen wollte, herunter und reagierte mit Arroganz und Affektiertheit. "Achso, bei deinem lieben Freund Hiro, der mich nicht leiden kann. Wieso ziehst du dann nicht ganz bei ihm ein, dann bin ich dich wenigstens los?" Shuichi richtete sich auf dem Sofa auf und machte ein gereiztes Gesicht. "Wenn du mich los werden willst, dann sag es einfach, aber schieb es nicht auf Hiro!" Yuki drehte sich um und sah Shuichi mit blitzenden Augen an. "Ich hab die Nase voll von dir, du gehst mir auf die Nerven. Mich brauchst du doch nicht, lauf zu deinem Hiro, wenn du sowieso den ganzen Tag lieber mit ihm verbringst als mit mir!" Beleidigt verschränkte er die Arme vor sich und zog ein säuerliches Gesicht. Shuichi blickte ihn verwundert an. "Was bist du denn so patzig?" Überrascht drehte sich sein Lover um. "Patzig?" er versuchte gelangweilt auszusehen, doch das gelang ihm nicht so recht. Shuichi stand auf und ging auf ihn zu, bohrte seinen Finger in Yukis Bauch und kraulte ihn dann. "Bist du eifersüchtig?" fragte er hoffnungsvoll. Doch dafür erntete er nur eine Kopfnuss. "Ich mach jetzt was zu essen." Innerlich jedoch brodelte Eiri Yuki vor Neid auf Shuichis besten Freund Hiro. Er bekam den Kleinen in letzter Zeit wohl öfter zu sehen als er selbst. Und dass Shuichi das scheinbar rein gar nichts ausmachte, regte ihn umso mehr auf. Aufgebracht ging er in die Küche, schnitt sich vor lauter Wut selbst in den Finger und schaute Shuichi mit einem solch giftigen Blick an, als dieser ihm helfen wollte, so dass er schnell wieder verschwand. Grummelnd bereitete Yuki das Essen vor, während Shuichi ihn still und leise beobachtete. Er lehnte stumm am Kühlschrank und begutachtete jede Bewegung seines Lovers. "Wenn du schon hier rumnerven musst, dann hilf mir wenigstens!" raunte Yuki ihn nun an. Noch immer schweigend machte sich der Angesprochene daran, die Champignons klein zu schneiden. Ab und an warf er einen Blick zur Seite. Yuki schien sich nicht wirklich zu entspannen. Was hatte er bloß? In letzter Zeit war er öfters so, wenn er von Hiro kam oder etwas länger im Tonstudio verbringen musste. Shuichi schüttelte den Kopf. Eifersucht war es nicht. Jedenfalls konnte er es sich einfach nicht vorstellen. Normalerweise hätte er immer noch den letzten Hoffnungsschimmer gesehen, dass selbst Eiri mal eifersüchtig sein könnte. Doch mittlerweile erhoffte er sich so etwas nicht einmal mehr. Das schien doch...zu absurd. ----- Er wusste nicht warum, er hatte bei weitem wirklich keinen Hunger mehr, aber da er das Essen schon gemacht hatte, aß er es auch. Wenigstens aß Shuichi jetzt auch mit. Es herrschte noch immer eine eisige Stille von Yukis Seite aus. Er ignorierte fast alle Kommentare von Shuichi. Verdrängen war immerhin besser als dem Zwerg zu sagen, dass er auf Hiro eifersüchtig war. Das wäre doch wirklich zu peinlich, das passte nicht zu ihm und der Kleine erwartete das auch sicher nicht. Dafür konnte er ihn vielleicht doch noch ganz gut einschätzen. Die beste Lösung war einfach alles so zu lassen, wie es schon immer war. Shuichi verkroch sich schnell auf der rechten Ecke der Couch, während Yuki den Großteil der Sitzgelegenheit einnahm und darauf thronte. Seinen Roman hatte er längst wieder in dem Datengewirr seines Laptops verschwinden lassen. Er war viel zu aufgebracht, um jetzt noch über solche Banalitäten wie Liebe zu schreiben. Nicht wenn er sich so aufgeregt hatte, den Rest würde er eben morgen machen, wenn Shuichi im Tonstudio war. Shuichi glotzte auf den Bildschirm und sah doch nichts darin. Wieso musste Yuki nur immer so gereizt und boshaft reagieren. Er seufzte ungewollt laut auf und wickelte die Decke fester um sich herum. Er schluckte ein paar Mal, denn er spürte in sich wieder dieses weinerliche Gefühl aufkommen. Plötzlich zog ihn eine kräftige Hand herüber und als er überrascht hochblickte sah er in das anscheinend unberührte Gesicht seines Lovers. "Fang ja nicht an zu flennen, ich hab mich schon genug heute über dich aufgeregt" bemerkte er im ruhigen Ton. Er klang nicht einmal böse. "Es wäre nur schön, wenn du auch mal wieder etwas Zeit für mich hättest!" Nun schauten sie sich gegenseitig in die Augen. Hoffnungsvoll säuselte Shuichi noch den Namen seines Geliebten aus, als dieser die Stimmung mit den Worten "Ich meine, du weißt schon ganz genau wie ich das meine, oder?" zerstörte, den Blick wieder starr auf den Fernseher gerichtet. - Was erwarte ich eigentlich noch? Es ist doch sowieso immer nur das Selbe - ging es ihm durch den Kopf, als er sich näher an Yukis Körper drängte und Halt suchte. "Ich weiß, dass diese Worte keinerlei Bedeutung für dich haben und es dir vermutlich selbst nichts bedeutet, wenn ich dir das sage. Aber" dabei schaute er wieder hoch "ich liebe dich, Yuki. Auch wenn das für dich nur dumm klingen mag..." Er rappelte sich auf, schmiss die Decke beiseite und schluffte alleine ins Schlafzimmer. Er wollte nicht schon wieder heulen, für das alles war er doch eigentlich viel zu alt, aber als er sich ins Bettzeug einmummelte, liefen ihm wieder die Tränen übers Gesicht. Und Yuki kam nicht, um ihn zu trösten. Aber die Hoffnung darauf hätte er doch mittlerweile auch aufgeben sollen... Kapitel 3: It must have been love --------------------------------- Yuki schlich ins Schlafzimmer hinein, schloss behutsam die Tür und zog sich im Dunkeln um. Je länger er sich in dem dunkeln Raum befand, desto mehr gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit und die Silhouetten verwandelten sich nach einiger Zeit in deutlicher erkennbare Gegenstände. Er zog seine Decke nach hinten, kniete sich aufs Bett und beugte sich zu dem zusammengekauerten Körper herüber. Shuichi schlief schon tief und fest, er konnte aber noch deutlich sehen, dass er, bevor er eingeschlafen war, geheult hatte. Mit einer Hand strich er ihm sanft einige Strähnen aus dem Gesicht und dann über die Wange. Wenn er schlief sah er noch immer aus wie ein süßer Bengel. Vorsichtig legte er sich hinter ihn und legte einen Arm um den warmen Körper, suchte nach seinen Fingern und schob seine dazwischen. Shuichi atmete kurz laut auf, schlief jedoch weiter. Unter seinem Kinn ruhte nun der Kleine, der sich vom Schlaf um Nichts in der Welt abbringen ließ. "Du kleiner Dummkopf..." murmelte er nur, bevor auch er ins Reich der Träume wegschlummerte. Während Shuichi vor dem Waschbecken stand und sich die Zähne putzte, polterte ein sichtlich verschlafener Eiri ins Badezimmer hinein, ließ nur einige grummelnde Geräusche von sich und taumelte zielstrebig auf die Toilette zu. Shuichi spuckte gerade aus, als er hörte, wie Yuki mit einem erleichternden Seufzer seine Blase entleerte. Er spülte sich noch ordentlich den Mund aus, stellte seine Zahnbürste zurück in den Becher und begrüßte Yuki mit einem leisen "Morgen..." "Morgen" gab Yuki gleichgültig zurück während er abzog. Er drängte sich neben Shuichi um sich selbst durchs Gesicht zu waschen. Erst nach einem weiteren Blick in den Spiegel würdigte er den Kleinen eines Blickes. "Wieso bist du denn schon fertig angezogen?" fragte er verwundert. Normalerweise frühstückte er noch im Schlafanzug mit ihm zusammen und machte sich erst dann daran sich Anzuziehen. "Muss heute halt schnell gehen, in einer halben Stunde soll ich bereits bei NG sein..." Er verteilte gerade einen wunderbaren Geruch von Haarspray im Badezimmer. "Wieso so früh?" doch auf diese Frage antwortete Shuichi nur mit einem Schulter zucken. "Dann beeil dich mit dem Frühstück sonst.." "Hab schon gefrühstückt. Aber ich hab an dich gedacht und dir schon einmal alles hingestellt, was du so brauchst." Mit einem süßlichen Lächeln blickte Shuichi zu Yuki, der noch immer ziemlich blöd aus der Wäsche guckte. "Was ist, bist du böse, dass wir nicht zusammen frühstücken?" Eiri zog die Augenbrauen hoch. "Ach was, dann hab ich wenigstens meine Ruhe und muss mir nicht am frühen Morgen dein Geplapper anhören." Über solch einen Kommentar konnte Shuichi sich nur ärgern. Yuki ließ an ihm ja überhaupt kein gutes Haar, wenn es nach ihm ginge wäre es vielleicht besser, wenn er gar nicht mehr da wäre...Genervt atmete er einmal laut auf und drehte sich um. Im Türrahmen blieb er allerdings stehen und drehte sich noch einmal um. "Was denn noch?" brummte sein Lover ihm entgegen. "Nichts besonderes, ich wollte dich nur daran erinnern, dass wir heute Abend einen Auftritt haben. Vielleicht magst du ja noch vorbei kommen." "Mal sehn..." grummelte der Angesprochene und streckte sich erst einmal ausgiebig. "Bis nachher dann hoffe ich..." flüsterte Shuichi, als er die Tür des Badezimmers anlehnte. "Verdammt noch mal, was mich betrifft kümmert ihn gar nicht! Ich kann tun und lassen was ich will, er interessiert sich einfach nicht für mich. Was ich auch tu, ständig nörgelt er herum, zeigt mir die kalte Schulter oder sagt verletzende Worte. Wieso kann er nicht endlich aufhören mir weh zu tun. Warum Yuki, warum?" "Hey! Konzentrier dich doch endlich mal bei der Arbeit! Du sollst singen und nicht herum jammern. Wo bleibt deine Leidenschaft?" wurde Shuichi getadelt und mit diesen Worten wieder in die Realität zurück versetzt. Er konnte seinen Kopf mal wieder nicht frei machen. Obwohl er daran gewöhnt war, dass ein Zusammenleben mit Yuki eine einzige Anreihung von Enttäuschungen war, gelang es ihm nicht endlich einen Schlussstrich zu ziehen und konsequent zu sein. Er fragte sich, wieso er sich das eigentlich noch antat. Er schluckte. Verflucht, er war doch kein kleines Kind mehr, das bei jeder Gelegenheit das Plärren anfing. Er ballte die Hände zu Fäusten. Seine Probleme mit Yuki durften nicht mehr seine Arbeit negativ beeinflussen. Wieso hatte er in der ganzen Zeit nicht lernen können damit umzugehen? Vermutlich weil er ihn liebte. Er liebte ihn trotz dem vielen Kummer, den er ihm bereitet hatte. Aber durfte Liebe ihn denn zur Selbstaufgabe zwingen? Musste er sich alles gefallen lassen? "Shindou, hallo? Wir müssen das heute noch einspielen also KONZENTRIER DICH!" Wieder war er in seinen Gedanken versunken gewesen. Er atmete noch einmal tief ein und aus. Dann war er fest entschlossen all seine Leidenschaft in diesen Song zu stecken. Er durfte sich nicht mehr so gehen lassen. Er musste einfach lernen unabhängig zu sein! Yuki legte die Zeitung beiseite. Hatte doch eh keinen Sinn, seine Gedanken nahmen das Gelesene gar nicht auf. Er hatte das Gefühl bereits die gesamte Zeitung gelesen und doch nichts gelesen zu haben. Sein Tee war nur noch lauwarm und er verzog das Gesicht, als er an der Tasse nippte. Diese wurde direkt weit nach hinten geschoben. Sein Blick wanderte zu dem leeren Stuhl gegenüber. So etwas hatte es bei ihnen lange nicht gegeben. Kein plappernder Shuichi, kein Gemotze darüber, dass er bereits am Morgen rauchte. Nichts. Einfach nur das Ticken der Uhr an der Wand. Nicht zum Aushalten. Er fühlte sich übergangen. Shuichi hatte ihn nicht geweckt, ihm nicht bescheid gesagt, dass er früher weg musste, gar nichts. Das gab es doch einfach gar nicht! Eiri stand auf, kippte den restlichen Tee in die Spüle und ließ die Tasse mit Wasser vollaufen. Langweilig. Sie aßen doch eigentlich immer zusammen Frühstück! Er ertrug die Stille um sich herum nicht mehr länger und schaltete das Radio ein. Einsam. Er fühlte sich in diesem Moment einfach einsam. Hatte er früher nach Einsamkeit gesucht, so war ihm diese mittlerweile schier unerträglich. Jetzt, wo der Kleine ihm nicht auf die Nerven gehen konnte, da fehlte er ihm. Vermutlich war er so kurz angebunden gewesen, weil er vergangenen Abend nicht so reagiert hatte, wie er das gerne gesehen hätte. Der Kerl musste ja auch unbedingt so ein Sensibelchen sein. Zu allem Überfluss dudelte das Radio gerade die neueste Single von "Bad Luck". Naja, immerhin hatte er so seine Stimme im Ohr. Ein schwacher Trost für den allein gelassenen Eiri Yuki. Er griff sich an den Kopf. Himmel, was hatte er plötzlich für Gedankengänge. Es hatte sich doch anscheinend eh alles geändert. Shuichi schien ihm zu entgleiten. Vermutlich war er es selbst schuld, wenn der Kleine sauer auf ihn war. Wenn er doch nur nicht immer automatisch so viel nachdenken und einfach mal Handeln würde. Aber sein Charakter versagte ihm das einfach. Wie von selbst wanderten seine Gedanken dann...an Yuki...und die Angst, alles könnte aus den Fugen geraten, alles könnte alles so ein plötzliches Ende haben wie damals. Er hasste seine Angst vor Gefühlen. Wer konnte es Shuichi da übel nehmen, wenn er nicht mehr mitspielen wollte? "Ich bin sofort wieder da!" versicherte Shuichi seinem besten Freund, als er von der Maschine abstieg und sich die Haare nach Abnehmen des Helms ordnete. "Ja, mach schnell..." Er wartete nicht gerade gerne, wenn sich Shuichi in die Höhle des Löwen wagte. Aber er hatte nun einmal etwas vergessen. Sein Handy. Soll vorkommen. Also einfach nur abwarten. Und wenn er nicht schnell genug draußen wäre müsste er sich vermutlich Sorgen machen, dass er sich wieder hatte hinreißen lassen... Währenddessen hörte Shuichi beim Eintreten, dass Yuki wohl wieder voll in seine Arbeit vertieft war. Also am besten gar nicht großartig stören. Er huschte schnell ins Schlafzimmer und sah auf dem Nachttisch bereits sein Mobiltelefon herum liegen. Schnell steckte er es sich in seine Umhängetasche und drehte sich um. Dabei stieß er im Türrahmen auf Yuki. "Kannst du nicht mal Hallo sagen, wenn du schon nach Hause kommst?" Er sah müde aus. "Hallo. Ich wollte dich nicht bei der Arbeit stören." Er wollte sich schnell durch die Tür drängen, als Yuki ihn festhielt und gegen den Rahmen drängte. Seine Lippen fanden sich schnell an Shuichis Hals wieder. "Ich hab dich vermisst....Shuichi" Ihm wurde heiß, wenn Yuki in diesem Ton mit ihm sprach. Yukis Hände glitten an seinem Körper hinab, dann über seinen Rücken, wo sie letztendlich auf seinen Pobacken Halt machten. Yukis Lippen glitten vom Hals höher bis sie schließlich Shuichis Mund versiegelten. Doch Shuichi wollte nicht. Er hatte absolut keine Zeit - und keine Lust für Yuki dann herzuhalten, wenn es ihm gerade in den Kram passte. Er drückte Yukis Körper von sich und drehte den Kopf zur Seite. "Ich hab jetzt keine Zeit" presste er hervor, als er sich endlich aus seinen Armen befreit hatte. "Hiro wartet draußen auf mich. Ich hatte nur mein Handy vergessen und wollte es holen. Ich muss jetzt los." Er hörte ihn hinter sich aufstöhnen, weshalb er sich noch einmal umdrehte. "Ich dachte eben, du bleibst jetzt ein bisschen bei mir, bevor du wieder mal auf Tour gehst." Er riss die Augen auf, in seiner Aussage war seine Enttäuschung viel zu sehr durch gekommen. Selbst bei Shuichi musste das angekommen sein. "Ich muss los. Kommst du heute Abend?" "Hm...mal sehen." Wieder so etwas! Verärgert drehte sich Shuichi um und verließ die Wohnung nicht unlaut mit den Worten "Dann lass es eben!" Hiro erkannte schon am Gesichtsaudruck seines Freundes, dass auch dieses Zusammentreffen wieder einmal nicht gerade glücklich verlaufen war. Aber was ihn schon die letzte Zeit so verwunderte war, dass Shuichi oft nicht mit tränenüberströmten Gesicht auftauchte, sondern eher mit einem verärgerten und genervten Gesichtsausdruck antanzte. Er setzte sich den Helm auf und klemmte sich hinten aufs Motorrad drauf. "Fahr schon los, ich hab Hunger...Bitte!" Hiro stellte keine weiteren Fragen, sondern warf die Maschine an und fuhr los. Er konnte förmlich spüren, wie Shuichi an seinem Rücken brodelte. Er würde ihm sicherlich beim Essen erzählen, was nun schon wieder vorgefallen war. Eiri hackte wie ein Bekloppter auf seine Tastatur ein, las sich dann die getippten Sätze durch und löschte sie sofort wieder. Er fuhr sich durch die Haare. Dieser verdammte Roman wollte ihm einfach nicht gelingen. Wie kam es plötzlich dazu, dass Shuichi ihn so beschäftigte, dass er sich nicht mehr auf seine Arbeit konzentrieren konnte. Noch dazu hatte er fast seine Schachtel Zigaretten aufgebraucht. Er schlug sich mit der Handfläche ein paar Mal gegen die Stirn. "Komm schon, dir muss was einfallen..." Er linste zur Seite, sein Blick fiel auf das Telefon. Sollte er ihn jetzt einfach anrufen? Aber wofür? Shuichi biss gerade herzhaft in seinen Hamburger hinein als er aus seiner Tasche heraus das Handy bimmeln hörte. Mit einer Hand kramte er in der Tasche rum und starrte ungläubig aufs Display. Weshalb rief Yuki ihn denn jetzt an? Er spürte in diesem Moment wieder die Wut in sich hochkommen und ging mit einem genervten "Ja?" dran. Der werte Herr am anderen Ende der Leitung wusste eigentlich nicht, was er genau wollte. "Ehm...ja...wollte nur nachfragen..." er kratzte sich am Kopf, denn jetzt musste ihm schnell etwas einfallen. "Wann ist denn euer toller Auftritt?" Shuichi zog ein so dermaßen verdutztes Gesicht, dass Hiro sich beinahe an seiner Cola verschluckt hätte. "Immer noch um die Uhrzeit, die ich dir bereits genannt hatte" antwortete Shuichi entnervt. Wieder einer dieser Momente in denen er merkte, dass Yuki ihm nie zuhörte. "Und das war?" grölte es ihm aus dem Hörer entgegen. Er konnte förmlich hören, wie Shuichi am anderen Ende der Leitung gerade die Augen verdrehte. "19 Uhr! Also was ist, kommst du oder nicht?" "Wenn du mich so anbluffst sicher nicht!" "Ich hab ja wohl allen Grund dich anzubluffen. Weil du mir nie zuhörst!" "Von ner Göre wie dir muss ich mich nicht anmotzen lassen..." entgegnete Eiri ihm kühl. "Wer hat denn hier wen angerufen???" wütend drückte Shuichi das Gespräch weg. Eiri hätte sich selbst ohrfeigen können. Schon wieder hatte er rumgenörgelt, obwohl es vollkommen unangebracht gewesen war. Und das nur, weil er zu blöd war seinen Grund für den Anruf zu nennen. Es war zum Mäuse melken! Und dann beendete er einfach das Gespräch. Er würde ja auf dieses Konzert gehen, wenn ihn das wieder beruhigte. Der Kleine würde sich hoffentlich wieder abreagieren. "Was war das denn für ne Aktion?" bemerkte Hiro ruhig, während er seine Cola bis zum letzten Tropfen mit dem Strohhalm aussaugte. "Ach nichts...Mag nicht drüber reden" maulte Shuichi, lehnte sich nach hinten und verschränkte die Arme. Sein Blick war nach draußen gerichtet. Wieder einmal schmerzte sein Herz. Es erschien ihm alles einfach nur noch so sinnlos. Diese ganze "Sache" mit Yuki eskalierte plötzlich. Oder lag es vielleicht daran, dass er sich selbst einfach nur geändert hatte? Früher hatte er immer die Schuld bei sich gesucht, doch mittlerweile wurde ihm fast mit jedem Tag klarer, dass nicht er allein die Schuld an ihren Streits trug. Er wollte doch nur Liebe und Geborgenheit, jemand, auf den er sich verlassen konnte und dessen Gefühle er sich sicher sein konnte. Wieso wollte ihm Yuki das nicht endlich geben? Lag ihm denn überhaupt nichts an ihm? Wie lange konnte er sich das noch so gefallen lassen? .... Hiro holte ihn wieder aus seiner Gedankenwelt zurück: "Du träumst schon wieder, also los, lass uns gehen. Wir müssen langsam" und deutete auf die Uhr. Er hatte Recht, sie mussten sich langsam aber sicher wieder auf den Weg machen und sich auf den Abend vorbereiten. Yuki versuchte möglichst unauffällig dazustehen. Der Kleine würde ihn sicherlich sowieso finden, wenn er nach ihm Aussicht hielt. Jedenfalls war es bisher immer so gewesen. Und dann konnte er sichtlich seine Augen auffunkeln sehen. Doch ob es noch immer so war? Er machte sich eine weitere Zigarette an. Dieses Mal hatte er sie verdammt dringend nötig, denn er war wirklich nervös. Und das war doch geradezu lächerlich. Im Prinzip bestand kein Grund nervös zu sein! Er musste sich wohl wirklich einmal für sein Verhalten entschuldigen. Und wenn er es erst einmal über sich gebracht hatte, Shuichi seine Empfindungen mitzuteilen, würde er sicherlich verstehen und Ruhe geben. Sicherlich wäre er wieder überwältigt von seiner plötzlichen Offenheit. Er grinste, warf den Zigarettenstumpen weg und trat sie aus. Nach diesem Auftritt würde er es nicht schwer haben zu den Garderoben zu gelangen, es war immerhin bekannt dass er mit Shuichi zusammen war, und dann würde er gelassen eintreten und den Kleinen abholen, der ihm dann vor lauter Freude um den Hals fallen würde. Wieder der Moment, in dem er ihm kühl zu verstehen machen würde, dass er sich noch immer wie ein Kind benahm - aber eben genau war es diese Situation, die er so gerne hatte, die er eigentlich nie missen wollte. Es war so...schön zu wissen, dass Shuichi sich über sein Auftauchen so freute. Er schaute auf die Uhr, Bad Luck musste bald dran sein... Shuichi starrte in den Spiegel hinein, dann an sich herunter und wieder zurück zum Spiegel. Dann zuckte er mit den Schultern. Bitteschön, wenn er in diesem Outfit auftreten sollte dann machte er das eben. Er ließ sich zurück auf den Stuhl fallen und setzte die Wasserflasche an. Er verspürte plötzlich einen wahnsinnigen Durst. Sein Blick fiel auf die Uhr. Ob Yuki gekommen war oder nicht? Wieso verschwendete er überhaupt nur einen Gedanken daran, es sollte ihm egal sein. Er durfte sich nicht so ablenken lassen. Er war eine eigenständige Persönlichkeit, er durfte sich nicht weiter von ihm abhängig machen. Er liebte ihn - noch immer. Aber so konnte er das einfach nicht mehr weiter mit sich machen lassen... Als Bad Luck angekündigt wurde sah Yuki auf. Shuichi hatte den Kopf gesenkt, das Mikro in der Hand und es war deutlich, dass er versuchte sich zu konzentrieren. Vermutlich beschäftigte ihn wieder einmal ihr Streit. Er bekam ein schlechtes Gewissen, wieso musste der Kleine sich immer von solchen Dingen ablenken lassen? Shuichi atmete durch, er verdrängte seine negativen Gefühle und begann einfach zu singen. Und je mehr Wörter seinen Mund verließen, desto mehr entspannte er sich und konnte vollkommen in seine Welt, in die Texte und die Musik eintauchen... Yuki war sich nicht sicher, ob der Kleine ihn entdeckt hatte oder nicht. Er hatte auf ihn sowieso den Anschein gemacht, als wäre er überhaupt nicht mit seinen Blicken auf der Suche gewesen. Etwas enttäuscht rauchte er die Zigarette zu Ende und begab sich in Richtung Backstage-Bereich, auf der Suche nach der Garderobe von Bad Luck. Suguru hatte sich bereits verabschiedet, er war immer recht schnell wenn es darum ging, sich danach aus dem Staub zu machen. Hiro hatte sich allerdings ebenfalls Zeit gelassen und wartete gespannt darauf, dass Shuichi endlich etwas von sich gab. Er hatte gemerkt, dass er beim Singen wirklich alles gegeben hatte, obwohl er offensichtlich mal wieder mit Yuki im Klinsch lag. Er zog sich sein Hemd über, als Shuichi sich gähnend auf dem Stuhl zurück lehnte. "Ich bin irgendwie lustlos" nuschelte er vor sich hin. Hiro nahm das als Aufforderung, sich seinem Freund gegenüber zu setzen und darauf zu warten, dass er endlich erzählte. "Dieses ganze Dilemma mit Yuki zehrt mir total an den Nerven" er kniff die Augen zusammen und rieb sich die Schläfen. "Was ist denn los? Du bist seit vorhin schon so...seltsam drauf." "Ach..." winkte Shuichi ab, doch er konnte Hiro beim besten Willen nichts vormachen. "Du hast gegackert, also leg schon das Ei! Was ist passiert?" Er sah seinen Freund mit einem durchdringenden Blick an. Dieser schien noch einen kurzen Moment zu überlegen und begann dann aber. "Ich glaub, ich halte das einfach nicht mehr aus, so wie es ist. Weißt du, es ist so schmerzhaft zu wissen, dass sich der so genannte Freund sich nicht für einen interessiert. Egal was ich tue, es kümmert ihn nicht, jedenfalls habe ich das Gefühl. Manchmal gibt es die Momente, in denen ich mir sicher bin, dass auch er das für mich empfindet, wie ich für ihn. Aber die meiste Zeit nörgelt er nur rum, sagt er mir, er sei froh wenn ich nicht da wäre...Und nur wenn er gerade Lust dazu hat ist er liebevoll, ist er mal lieb zu mir. Er ist so...verletzend." Sein weinerliches Gefühl besiegte nun letztendlich wieder seinen Willen und er ließ seinen Tränen freien Lauf. Hiro rückte näher mit seinem Stuhl an ihn heran und drückte ihn an sich. Er hasste diese Momente, in denen Shuichi so völlig am Boden war. Dabei hatte er das gar nicht verdient. Er hatte etwas Besseres verdient als diesen kalten Romanautoren, der von Liebe zwar schreiben aber selber nichts dergleichen beweisen konnte. Es war grausam seinen naiven, süßen Shuichi so grämen zu sehen. "Ich halte das einfach nicht mehr so aus..." hörte er etwas unter sich schluchzen. Er ließ ein wenig von seinem besten Freund ab, der ihn von unten mit verweinten Augen ansah. Hiro versuchte zu lächeln, er wusste nicht, ob ihm dieses Lächeln so gelang, aber Shuichi sah trotzdem dankbar aus. Eine weitere Träne kullerte ihm die Wange herunter, die Hiro mit seinen Fingern abhielt. "Du sollst doch nicht so viel wegen ihm weinen" flüsterte er und strich ihm auch weitere Tränen aus dem Gesicht. "Du hast jemanden verdient, der dir das gibt, wonach du dich sehnst. Jemand, der dich in den Arm nimmt, wenn du ihn brauchst." Dabei sah er ihm tief in die großen Augen. Er wusste nicht wieso, aber in diesem Moment fühlte er sich wahnsinnig zu Shuichi hingezogen. Ohne es zu bemerken näherte sich sein Gesicht dem seines Freundes. Shuichi konnte seinen Blick einfach nicht mehr von Hiros Augen abwenden. Es steckte so viel Fürsorge und Gefühl darin, dass er sich einfach hinreißen lassen musste. Und als sich plötzlich ganz sanft ihre Lippen berührten, fühlte er in sich ein angenehmes warmes Gefühl aufsteigen. Hiros Lippen fühlten sich so warm und sanft an. Ein unglaubliches Gefühl...Er schloss die Augen und wollte ganz in diesem Kuss versinken. Langsam tippte Hiros Zunge an seine Lippen und bereitwillig ließ Shuichi ihm Einlass. Langsam und vorsichtig ertasteten sie gegenseitig die Zunge des anderen. Ein genussvolles "Mhhhmm..." erklang aus Shuichis Hals und seine Hand wanderte hoch zu Hiros Oberarm, und hielt ihn dort fest gepackt. In seinem Kopf drehte sich alles, er wollte einfach nur mehr, mehr von diesem wunderbar geborgenen Gefühl, das ihn einnahm. Auch Hiro hatte die Augen geschlossen und empfand diese Nähe zu Shuichi als äußerst angenehm. So zart und lieblich, wie er ihn sich schon immer vorgestellt hatte. Dieser Kuss schien unendlich lange zu gehen, keiner von beiden wollte diesen Moment zerbrechen... "Hähähm!" ertönte es plötzlich hinter ihnen und erschrocken ließ Hiro von Shuichi ab, welcher sich ebenfalls geschockt umdrehte. Seine Augen weiteten sich, als er Yuki, eine Hand noch immer an der Türklinke, im Türrahmen stehen sah. Er hatte die Augen zusammen gekniffen, versuchte seine Wut herunter zu schlucken und seiner Enttäuschung nicht die Oberhand zu geben. Als er die Augen öffnete sah er einen augenscheinlich verblüfften Shuichi, der ihn mit großen Augen anstarrte. Er stand auf. "Yuki das..." "Du brauchst mir keine Rechenschaft abzugeben!" fuhr er ihn sofort an. Er musste sich jetzt unter Kontrolle halten, Shuichi musste nicht mitbekommen, wie sehr ihn das gerade Gesehene verletzt hatte. "Du kannst machen was du willst, und von mir aus mit deinem besten Freund rumlecken. Aber jetzt lass mich nicht länger warten, ich bin gekommen um die abzuholen!" Mit einem giftigen Blick schaute er zu Hiro herüber, dessen Blick ihm gegenüber nur Verachtung entgegen brachte. Shuichi hatte schnell seine restlichen Sachen zusammen gekramt und in seine Tasche geschmissen, sah mit einem hilflosen Blick zu Hiro und hauchte ihm ein "Sorry..." entgegen und trat auf Yuki zu. Dieser stand, den Blick von ihm abgewendet, noch immer im Türrahmen. Er schien wirklich wütend zu sein. Was hatte da jetzt bloß wieder angerichtet? Seine Vorsätze, sich nicht mehr von Yuki abhängig zu machen, und sich alles von ihm gefallen zu lassen, waren zunichte. Sein schlechtes Gewissen ließ all diese Überlegungen in den Schatten treten. Wie würde Yuki bloß reagieren, wenn sie unter vier Augen darüber sprachen? Sein Herz pochte wie wild. Er musste sich dafür entschuldigen... Kapitel 4: It's over now ------------------------ Unsicher blickte Shuichi auf dem Beifahrersitz den offensichtlich wütenden Yuki an. War er wirklich nur sauer, dass er auf ihn hatte warten müssen, oder lag es etwa doch an dem Kuss mit Hiro? Bei Yuki konnte man sich ja nie sicher sein, was er genau fühlte. Genau das hasste er so sehr. Aber da er bereits jetzt schon so geladen war, wollte er ihm keinen weiteren Grund geben, noch wütender zu werden. Am Ende würde er ihn bei einem Streit eh nur wieder rausschmeißen. Wenn sie zu Hause waren musste er sich unbedingt für den Vorfall entschuldigen und am besten das tun, was er wollte. Ein leiser Seufzer verließ seinen Mund und erschrocken linste er zum Fahrer hoch, der dies scheinbar ignorierte. Er konzentrierte sich wohl voll aufs Fahren... Yuki war innerlich aufgewühlt. War es bereits so weit mit Shuichis Gefühlen gekommen, dass er in einem innigen Kuss mit seinem besten Freund landete? Wie konnte Shuichi ihm das überhaupt antun? Er starrte auf die Fahrbahn. In seiner Wut und Enttäuschung fiel es ihm schwer, sich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren, aber da musste er jetzt einfach durch. Zu Hause angekommen warf Yuki seine Jacke einfach auf den Boden, trampelte mit eiligen Schritten in Richtung Küche und griff sich direkt eine Dose Bier aus dem Kühlschrank. Shuichi traute sich kaum ins Haus hinein. Ohne einen Mucks von sich zu geben hob er Yukis Jacke auf und hängte sie neben seine eigene. Ebenso stellte er seine Schuhe beiseite. Als er ins Wohnzimmer trat saß Yuki bereits auf der Couch, eine Dose Bier in der Hand und mit seinem gewohnt grimmigen Gesichtsaudruck. Noch immer schweigend ließ er sich am anderen Ende der Couch nieder. "Yuki...es tut mir leid!" wisperte Shuichi und er spürte bereits wieder einmal die Tränen in sich aufkommen. "Das mit Hiro..." stammelte er. "Sei ruhig und lass mich damit in Ruhe. Ist doch deine Sache was du machst und mit wem. Und wenn's sogar dein eigener bester Freund ist. Soll mir doch egal sein!" Eiri versuchte nicht einen Ton Eifersucht in seiner Stimme klingen zu lassen. Auch wenn er am liebsten wegen diesem Kuss aus der Haut fahren wollte war es nicht nötig, dass Shuichi das auch noch mitbekam. Er nahm gelassen die Fernbedienung, schaltete den Fernseher ein und starrte in die Röhre. Irgendeine Sendung würde es vermutlich wieder dazu schaffen ihm seine Selbstbeherrschung zu erhalten. Oder er musste dem Kleinen eben auf seiner Art mitteilen, was er fühlte - und dass so etwas nie wieder vorkommen sollte. Shuichi traute sich erst wieder zu Yuki zu blicken, als er von seiner Seite aus einen kaum hörbaren Seufzer vernahm. Er hatte sich in die Sofakissen zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Was ging jetzt in seinem Kopf vor? Wollte er Shuichi zum wiederholten Male rausschmeißen? Er hatte Angst davor. All seine Vorsätze, sich nicht mehr so behandeln zu lassen, waren in Vergessenheit geraten und er würde wieder kuschen, wie jedes Mal eben...Yukis Kopf flog zu ihm um und er erhob seine Hand. Erschrocken schloss Shuichi die Augen und rechnete damit eine geklebt zu bekommen. Er hätte es ja auch verdient. Doch er spürte unter seinem Kinn nur sanft die Hand seines Geliebten. Als er die Augen wieder aufmachte war Yuki bereits ein Stück an ihn heran gerückt und schaute ihn mit halb geschlossenen Augen an. Er konnte sich schon denken, was er jetzt wollte. Und obwohl ihn der Geruch von Bier eigentlich davon abhielt Yukis Wunsch zu folgen, so wollte er es jetzt nach dem Streit zulassen. Er war sowieso viel zu schwach, um sich jetzt dagegen zu wehren... --------------- Er stöhnte auf, als Yukis Hände sich ihren Weg auf seinem Körper bahnten. Yuki schien überall zu sein und mit jedem seiner Küsse fühlte sich Shuichi, als wäre ihm ein Brandmahl gesetzt worden. Doch so sehr er diese körperlichen Vorzüge genoss, tief in seinem Inneren sträubte er sich dagegen. Es war irgendwie nicht richtig, das auf diese Weise klären zu wollen und wieder einmal hatte er zugelassen, dass Yuki über Zärtlichkeiten bestimmte. Er griff dem Blonden durchs Haar und versuchte sich zu entspannen, als dieser in ihn eindrang und sich fordernd Stück für Stück weiter in ihn hinein schob. Ihm entwich ein ersticktes Stöhnen und als er die Augen öffnete, blickte er in die lüstern aufleuchtenden Augen seines Gegenübers. Dieser suchte sofort den Kontakt zu Shuichis leicht geöffnetem Mund. Er stöhnte in den Kuss hinein, da er zeitgleich begann sich in dem warmen Körper unter ihm zu bewegen. Je tiefer er in ihm vordrang, und je kräftiger und schneller er sich in ihm bewegte, desto mehr hatte Yuki das Gefühl, ihn wieder für sich einnehmen zu können, ihn mit niemandem teilen zu müssen und jeden Zentimeter dieses Körpers als sein Eigentum markieren zu können. Als Shuichi sich fest an ihn klammerte, mit seinen Händen sanft über Yukis Rücken strich und kurze, abgehackte Laute von sich gab, ging ihm wieder der Gedanke durch den Kopf, weshalb Yuki nicht auch in anderen Situationen so sanft, leidenschaftlich und liebevoll zu ihm war. Wenn er ihn nahm, hatte er oft so einen sanften, berührten Blick in den Augen, seine Küsse waren zärtlich und doch fordernd. Wieso konnte es nicht auch im Alltag so sein? Er drückte den erhitzten Körper über sich noch dichter an sich heran. Dieser Moment, diese Verbindung sollte nicht so schnell aufhören. Ein Moment, in dem Yuki ihm so nahe war und er das Gefühl hatte, ihm endlich gerecht zu werden. Als Eiri bemerkte, dass Shuichi so weit war, konnte auch er nicht mehr länger an sich halten. Er setzte zum letzten Stoß an und kam noch in ihm. Er besiegelte die Sache mit einem weiteren innigen Kuss und blieb noch kurz auf Shuichi liegen, um ihm einige Strähnen aus dem Gesicht zu streichen. --------------- Er schloss die Augen, hätte sich am liebsten geräuspert, und rollte sich zufrieden auf die andere Seite des Bettes. Das musste jetzt erst einmal an Zärtlichkeiten reichen. Er hoffte, dass Shuichi jetzt verstanden hatte, ohne dass er weiter viel dazu sagen musste. Es ging einfach nicht. Noch nicht. Er spürte, wie sich der Körper neben ihm an ihn schmiegte und wie der Kleine es sich auf seiner Brust bequem machte. Ein kurzes Grummeln ertönte aus Yukis Hals. Für Shuichi wieder einmal ein Zeichen, dass er etwas falsch gemacht hatte. Vielleicht war es einfach zu viel des Guten. Er rückte ein wenig von ihm weg und hoffte, dass es zumindest so in Ordnung war. Einige Minuten ließ er es sich gefallen, doch dann drehte er ihm den Rücken zu mit dem Kommentar "Ich kann auf der Seite besser einschlafen..." Shuichi wollte schon etwas sagen, doch dann ließ er es. Es würde sich wohl nie etwas ändern. Wieso redete er sich immer ein, dass es doch besser werden könnte. Nie würde sich an der Situation etwas ändern. Resigniert drehte er sich auf den Rücken und starrte in die Dunkelheit. Sollte er auf ewig nur dann gut genug sein, wenn der Herr gerade ein Jucken zwischen den Beinen empfand? Mit einem Gefühl von Leere in sich drehte er sich ebenfalls auf die Seite und hoffte, so schnell es ging einschlafen zu können. Als Shuichi die Augen öffnete, war die Bettseite neben ihm bereits verlassen. Er rieb sich durch die Augen, warf die Beine aus dem Bett und schlurfte verschlafen ins Badezimmer. Die Erinnerungen der letzten Nacht schienen noch an ihm zu kleben, er hatte das Gefühl, noch jede Berührung Yukis auf seiner Haut zu spüren. Er hüpfte also schnell unter die Dusche und schlüpfte, nachdem er sich abgetrocknet hatte, in eine bequeme Hose und zog ein T-Shirt über. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass er für diese ganze Aktion gerade einmal 10 Minuten gebraucht hatte. So konnte Yuki wenigstens nicht meckern, dass er zu viel Wasser verbrauchte und seine Abrechnung angeblich in Schwindel erregende Höhe gewachsen sei. In der Küche fand er in der Kaffeemaschine noch heißen Kaffee und goss sich großzügig selbst etwas davon ein und verrührte das schwarze Getränk mit etwas Milch. Die Tasse wärmte seine Hände und er nippte vorsichtig daran. Dann blickte er auf. Yuki hatte die Tür zu seinem Arbeitszimmer geschlossen. Vermutlich eine kleine Warnung an ihn, damit er ihn bloß nicht störte. Es ärgerte ihn, dass er dauernd versuchte ihn auszugrenzen. Wenn er Ruhe brauchte - bitteschön, aber ihn derart als Störfaktor darzustellen war einfach nicht fair. Aber sollte der doch über seinem Roman versauern. Er machte leise das Küchenradio an und suchte in den Schränken nach der Packung Cornflakes. Yuki hatte sie etwas weiter nach hinten gestellt, so dass er nun, da er ja um einiges kleiner war, es schwerer hatte diese zu erreichen. Er musste sich auf die Zehenspitzen stellen und konnte die Packung ein Stückchen näher an den Rand ziehen, um sie dann fest gepackt aus dem Schrank zu ziehen. Das hatte Yuki vermutlich absichtlich gemacht, um ihn zu ärgern. Yuki hatte das Wasser im Badezimmer rauschen gehört und war somit schon einmal vorgewarnt, dass der Kleine aufgewacht war. Er seufzte. Mit seinem Roman war er immerhin ein kleines Stückchen voran gekommen. Eines war sicher, dieses "Werk" würde magerer ausfallen, als die letzten Bücher. Aber seine Leser waren sicher nicht so zimperlich und würden das Ding verschlingen, wie immer. Als das Wasser abgestellt wurde verdrehte er die Augen. Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern und Shuichi würde wieder einmal auf der Matte stehen, um ihn zu nerven. Okay, er tat es ja nicht absichtlich, aber wenn er sich konzentrieren musste, konnte er das Plappermaul einfach nicht um sich gebrauchen. Die Minuten verstrichen und er horchte auf. In der Küche schien sich was zu tun. Also nur noch ein paar Sekunden und das Theater würde wieder von vorne los gehen. Ein paar weitere Worte waren getippt. Nichts weiter tat sich. Wieso kam er denn jetzt nicht wie gewöhnlich herein geschneit und krächzte rum? Er schüttelte den Kopf und ließ seinen wenigen Ideen weiter freien Lauf. Er sah auf die Uhr. Noch immer nichts. Außer, dass das Radio in der Küche mittlerweile eingeschaltet war - und Shuichi ließ sich noch immer nicht blicken. Er lächelte und machte sich weiter an seine Arbeit. Endlich niemand, der ihn störte. Jedenfalls war das seine Wunschvorstellung. Weitere Minuten vergingen. Von Minute zu Minute ließ Yukis Konzentration nach. Er fuhr sich nervös durchs Haar. Wie kam das denn jetzt schon wieder? Shuichi war nicht im Zimmer, er machte keinen Lärm - nichts also, was ihn stören konnte. Doch je länger er krampfhaft auf den Bildschirm starrte, desto weniger fiel ihm ein. Es störte ihn. Es störte ihn, dass Shuichi ihn nicht störte. Kein Grund zum Aufregen, kein Grund um aus der Haut zu fahren. Das war ungewöhnlich. War der Kleine schon wieder pampig? Aber er hatte sicherlich keinen Grund dazu, wenn jemand, dann er selbst. Shuichi hatte gerade den letzten Löffel Cornflakes herunter geschluckt und das Schüsselchen ausgespült, als Yuki plötzlich hinter ihm stand. "Dich bemerkt man heute morgen ja gar nicht" er drängte sich an ihm vorbei, um sich eine weitere Tasse Kaffee einzuschenken. Mit der vollen Tasse in der Hand drehte er sich um und beobachtete Shuichi, der gerade beim Abtrocknen war. "Ich hab gesehen, dass du die Tür geschlossen hast. Bin also davon ausgegangen, dass du nicht gestört werden wolltest." Shuichi hörte sich an, als musste er jemandem Bericht erstatten. "Seit wann lässt du dich denn davon abhalten?" Er grinste Shuichi dämlich an und wusste in dem Moment selbst nicht genau, was er mit diesem Grinsen eigentlich ausdrücken wollte. "Kannst du nicht mal dann zufrieden sein, wenn ich das tue, was du möchtest?" Achtlos warf Shuichi das Geschirrspültuch auf die Ablage der Spüle und drehte sich zu Yuki um. Dieser sah ihn unbeeindruckt und anscheinend völlig emotionslos an. "Mann, bist du heute wieder zickig" bemerkte Yuki und winkte ab. Dann schlürfte er den letzten Rest Kaffee herunter und stellte die Tasse in die Spüle. "Wenn du schon dabei bist, kannst du die gleich mit spülen. Mach dich zu was nützlich. Neuer Kaffee wäre auch toll!" "Bin ich dein Diener, oder was?" giftete Shuichi ihm entgegen. Yuki bewies ihm wieder einmal von Neuem, dass er für ihn ein einfaches Spielzeug war, nach dem er ab und zu verlangte, wenn er Lust darauf hatte. Und wie er ihn jetzt mit seinen kalten, unberührten Augen ansah wusste Shuichi nicht, ob er seiner Wut oder seiner Traurigkeit freien Lauf lassen sollte. Er drehte sich um und gaffte in die Spüle nur um Yukis Blick auszuweichen. Er hatte mal wieder gewonnen, aber das wollte Shuichi nicht. "Mach doch bitte einfach nur neuen Kaffee" seufzte Yuki und schritt wieder auf sein Arbeitszimmer zu, schloss leise die Tür und ließ Shuichi allein. Wie immer. --------------- Er klammerte sich an der Spüle fest und atmete schwer ein und aus. So konnte das einfach nicht weitergehen. Und warum er jetzt tatsächlich noch den dämlichen Kaffee aufschüttete wusste er ebenfalls nicht. So war er eben. Das war der eigentliche Fehler, dass er so war wie er eben war. Er wünschte sich, dass er einmal nicht so reagieren, sich nicht immer ducken würde. Wieso fiel es ihm so schwer? Er hatte jahrelang so mit sich umgehen lassen, aber irgendwann musste das doch mal ein Ende haben. Sonst würde er eines Tages noch daran zugrunde gehen. Er horchte der Kaffeemaschine zu und hing seinen Gedanken hinterher... Yuki schaffte es nur schwer bei seinem Roman weiter zu kommen. Dass Shuichi ihn so angiftete hatte er verdient, nachdem er wieder einmal so auf den Kleinen reagiert hatte. Und es war nicht das gewesen, was er eigentlich zu ihm hatte sagen wollen. Es war immer wieder das Selbe. Er musste sich aufrichtig bei ihm entschuldigen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war. Es klopfte an der Tür und vorsichtig öffnete Shuichi die Tür, stellte ihm ohne ein Wort zu sagen die Tasse auf den Tisch und verschwand wieder. Yuki blickte ihm nach. Es war nicht schön, dass Shuichi immer so leiden musste. Er konnte es deutlich in seinem Gesicht ablesen. Es war falsch, seinen Selbsthass auf ihn zu projizieren. Und es tat ihm leid. Immer tat es ihm leid. Vielleicht wollte er Shuichi nur noch immer vor sich schützen. Aber nun war es eigentlich schon zu spät. Jedenfalls für ihn. Er konnte Shuichi nicht mehr gehen lassen. --------------- Shuichi hatte sich noch immer nicht beruhigt. Er versuchte sich an einem Songtext, aber er hatte das Gefühl, dass das gar nichts werden konnte. Wenn er vielleicht seine Gefühle, seine Enttäuschung in dem Text ausdrücken könnte - vielleicht würde Yuki dann irgendwann begreifen, was in ihm vorging? Jetzt war er erst einmal wieder damit beschäftigt, seinen Roman weiter zu schreiben. Mit seiner Arbeit war er selbst wohl nicht zufrieden, und das ließ er natürlich wieder an ihm aus. Er ließ seine Wut sowieso immer an ihm aus. Was konnte er schon dafür? Vielleicht wollte er ihm damit auch nur zeigen, dass er daran Schuld war, wenn ihm nichts gelang. Der hatte gut reden. Was sollte er denn sagen? Er war oft nicht fähig richtig zu singen, wenn er mal wieder Streit mit Yuki gehabt hatte. Er rieb sich durch die Augen. Jetzt musste er sich ebenfalls auf seine Arbeit konzentrieren. Entschlossen stand Yuki von seinem Stuhl auf. Er hielt es selbst ja nicht mehr länger aus alles totzuschweigen. Jetzt musste er seinen Mut zusammen fassen und sich bei Shuichi entschuldigen. Es war Zeit, dass er das tat. Mit zögernden Schritten näherte er sich der Tür. Shuichi saß auf dem Sofa und schien nachdenklich. Mit einem Lächeln auf den Lippen näherte er sich ihm. "Was machst du denn?" Shuichi blickte zu Yuki hoch. Dieser freundliche Ton war recht ungewöhnlich. Wer weiß, was Yuki jetzt schon wieder wollte. Dann blickte er wieder auf seinen Block. "Ich versuche einen Text zu schreiben..." "Mal wieder!?" gluckste Yuki. Er hielt Shuichi noch immer für keinen so begnadeten Song-Schreiber. Genervt klatschte Shuichi den Block und den Kuli auf den Tisch und stand auf. "Ja, mal wieder. Was ist daran so komisch?" Yuki schüttelte den Kopf. "Ach nichts..." Er ging auf ihn zu und legte einen Arm um ihn und zog ihn an sich heran. Er vergrub sein Kinn in Shuichis Haaren und schloss die Augen. Ja, diese Nähe war es, die er brauchte. Er strich ihm sanft über die Schulter. Doch plötzlich riss der Kleine sich von ihm los. "Was wird das denn?" flüsterte er, schob sich an ihm vorbei, ergriff seine Schreibutensilien und setzte sich zurück aufs Sofa. Perplex blickte Yuki zu ihm herunter. "Ich wollte dich nur mal in den Arm nehmen, Kleiner" entgegnete Yuki gewohnt lässig, obwohl er innerlich total angespannt war. Er setzte sich zu ihm auf die Couch und beobachtete ihn. Seine Blicke irritierten Shuichi. Was hatte er jetzt schon wieder vor? Was sollte der plötzliche Sinneswandel vom genervten, kalten in diesen ruhigen, sanften Yuki? Es war ihm wohl wieder einmal danach so zu sein. Innerlich seufzte Shuichi auf. Nein, nicht schon wieder. Er spürte plötzlich Yukis Lippen auf seiner Wange. Sie drückten sich sanft auf ihn. Er spürte Yukis langsamen Atem auf seiner Haut. Bestimmt drückte er Yuki von sich weg. "Lass das" keuchte er und stand wieder auf. "Wieso das denn?" Yuki wirkte nun schon fast enttäuscht. Doch davon wollte Shuichi sich jetzt nicht beirren lassen. "Ich hab keine Lust das alles immer nur dann zu tun, wenn dir gerade danach ist. Stell dir vor, ich habe auch meine eigenen Bedürfnisse und sonst interessiert dich das einen Scheiß, was ich will und was nicht! Und jetzt habe ich eben keine Lust auf deine sensiblen Minuten, also lass es gleich sein!" Er drehte sich um und versuchte sich zu beherrschen. Es passte jetzt nicht, dass er wieder anfing zu weinen. Und diese Schwäche sollte er Yuki jetzt nicht zeigen. Dieses Mal nicht! "Shuichi...ich wollte mich doch nur bei dir" er hielt inne "entschuldigen." Er rührte sich nicht, brachte aber ein gepresstes "Du willst dich immer entschuldigen und meinst es doch nie ernst" hervor. Nun stand auch Yuki auf. "Oh Mann, natürlich meine ich es ernst!" Er ging auf Shuichi zu, der ihm noch immer den Rücken zugedreht hatte, und legte ihm vorsichtig die Hand auf die Schulter. Herrgott, er sollte sich jetzt nicht so quer stellen, es war ihm mehr als ernst. "Ich weiß, dass es nicht so läuft wie du es gerne hättest und ja ich weiß, dass ich grundlos gemein zu dir bin, Shuichi, aber du und ich" - Nein, das konnte er sich nicht weiter anhören. Es ging nicht mehr, das hielt er einfach nicht mehr aus! Lügen, alles Lügen! "Du und ich sind gar nichts!" blitzschnell hatte sich Shuichi zu ihm umgedreht, ihm die Hand weg geschlagen und blickte ihn nun mit wütenden Augen an. "Du kannst das nicht immer wieder mit mir machen!" er fuhr sich mit der Hand nervös durch die Haare. "Ewig dieses hin und her Gezerre an mir! Ich halte das einfach nicht mehr länger aus. Du kannst nicht immer so mit mir umspringen. Immer wenn es DIR gerade passt bin ich gut genug. Dann machst du mir Hoffnungen und im nächsten Moment bist du wieder kalt und abweisend zu mir!" Er beherrschte seine Stimme nicht mehr, mit jedem Wort wurde er lauter. "Ich mag nicht mehr, Yuki! Und vermutlich ist dir das sogar alles noch total egal!" Dann verfiel er in einen Flüsterton. "Ich kann dir sowieso nichts mehr glauben." Yuki konnte noch immer nichts sagen, zu perplex war er, von den Worten getroffen, die ihn gerade erreicht hatten. So hatte er Shuichi noch nie gesehen. Und er wusste überhaupt nicht, wie er jetzt darauf reagieren sollte. Er starrte ihn nur an. Er öffnete den Mund, doch er brachte kein Wort über die Lippen. Er war so überrumpelt. Wollte Shuichi ihm jetzt damit sagen, dass er Schluss machen wollte??? Nachdem von Yuki keine Reaktion kam, schüttelte Shuichi nur den Kopf und stolperte Richtung Tür. Yuki folgte ihm, noch immer ohne ein Wort zu sagen. Vermutlich wollte er nur schauen, ob er wirklich ging oder er sein Spielchen wieder durchziehen konnte - aber dieses Mal nicht. Er würde nicht zurück kommen und wie ein Hund darum betteln, wieder herein zu dürfen. Nein, da hatte er sich in den Finger geschnitten. Yuki fand seine Sprache wieder "Wo willst du hin?" fragte er in einem noch immer beherrschtem Tonfall. "Weg!" schrie Shuichi ihm entgegen. Schnell griff er sich seine Jacke vom Hacken und öffnete die Tür. Doch Yuki hielt ihn am Arm fest. "Willst du jetzt Schluss machen, oder was?" Er wirkte aufgebracht. Doch das sah Shuichi gar nicht mehr, dafür war er selbst viel zu wütend und verletzt, als dass er in diesem Moment ein Auge für Yukis Gefühlsleben haben konnte. Er drehte sich ein letztes Mal um. "Weißt du was, vergiss einfach meinen Namen, vergiss einfach, dass es mich gibt! Das wird dir vermutlich nicht einmal schwer fallen!" Er knallte die Tür hinter sich zu. Und Yuki starrte sie an. Vielleicht hätte er ihm hinterherlaufen sollen, vielleicht wäre er dann ja zurück gekommen... ----- Bringt mich net um, wenns net so doll geworden is *duck* Kapitel 5: Love hurts --------------------- Shuichi wusste eigentlich nicht genau, wohin er jetzt gehen sollte. Vor allen Dingen wurde ihm jetzt erst bewusst, wie er das Haus verlassen hatte. Er sah ein bisschen schäbig in den Klamotten aus, die Jacke war ja noch in Ordnung, aber die einfache Sporthose die er anhatte, sah irgendwie zu dämlich aus. Aber daran konnte er jetzt auch nichts mehr ändern. Wohin also? Diese Frage war eigentlich überflüssig. Denn wenn es ihm schlecht ging, kam er immer wieder auf eine Person zurück: Hiro. Aber als er anfing darüber nachzudenken wusste er auch nicht mehr, ob das so eine gute Idee war. Immerhin war es ja nicht so, als wäre zwischen ihm und seinem besten Freund nichts passiert. Sie hatten sich am vorherigen Abend geküsst - das konnte doch nicht einfach so unter den Tisch gekehrt werden. Das hatte doch seine Bedeutung gehabt, oder etwa nicht? Aber wohin sollte er denn sonst, vor allen Dingen in diesem Aufzug. Er beschleunigte seine Schritte. In seinem Kopf begann sich alles zu drehen und die eben abgelaufene Szene spielte sich wieder und wieder in seinem Kopf ab. Hatte er richtig gehandelt? Er hatte Yuki nicht einmal ausreden lassen, als er etwas sagen wollte. Doch wäre dabei mehr heraus gekommen, als die leeren Worte, die er sonst für ihn übrig hatte? Wären es nicht die gleichen Worte, die gleichen Versprechen gewesen, die dann doch nicht in Erfüllung gehen sollten? Aber er hatte es für sich getan. Er musste einmal damit abschließen können. Denn so konnte und wollte er einfach nicht mehr weiterleben. Mein Gott, wieso schien Hiros Wohnung jetzt plötzlich so unendlich weit? Yuki hockte auf dem Boden vor der Eingangstüre. Noch immer. Wie lange er dort nun schon saß wusste er selber nicht. Er hatte nur jeden Augenblick damit gerechnet, dass sie wieder aufging und Shuichi mit seinem sonst so üblichen strahlenden Lächeln herein geplatzt kam und seine gute Laune verströmte. Doch es geschah nichts. Es war völlig ruhig im Haus. Shuichi war gegangen. Und mit jeder weiteren Sekunde merkte Yuki, dass er nicht wieder kommen würde. Zumindest jetzt noch nicht. Vielleicht würde er sich in ein paar Stunden blicken lassen, oder am nächsten Tag. Irgendwann würde er sicherlich wieder kommen - zumindest hoffte er das. Mühsam rappelte er sich auf. Seine Beine schmerzten und er verfluchte sich dafür, so verkrümmt auf dem Boden gesessen zu haben. Er schleppte sich bis zum Sofa und ließ sich schwerfällig darauf nieder. Er vergrub sein Gesicht in den Händen. Er wünschte sich, jetzt einfach aufzuwachen und alles ungeschehen zu machen, was passiert war. Doch es war Wirklichkeit gewesen. Er spürte in sich den Ärger aufsteigen, dass er ihn einfach so hatte gehen lassen. Aber in diesem Moment war er wie vom Blitz getroffen gewesen und konnte sich nicht rühren. Und jetzt war es aus...alles vorbei. Und plötzlich stiegen ihm Tränen in die Augen. Verzweiflung. Er wusste nicht, was er machen sollte. Ohne Shuichi. Alleine. --------------- Hiro wirkte nicht überrascht, als er seinen besten Freund, wie so oft, an der Tür empfing. Als es schellte hatte er sich insgeheim schon gedacht, dass das nur Shuichi sein konnte. Warum auch immer. Aber als er in das Gesicht seines besten Freundes sah überraschte es ihn. Er hatte nicht geweint, er wirkte nicht aufgelöst oder verzweifelt. "Darf ich reinkommen?" fragte er leise und zeigte ein dankbares Lächeln, als Hiro ihn herein ließ. Wie hätte es auch anders sein können. Als er Shuichi im Flur musterte bemerkte er, dass er sich wohl recht spontan dazu entschlossen hatte zu ihm zu kommen. Hatte Yuki ihn wieder rausgeworfen? Wortlos ließ sich Shuichi in einen Sessel sinken. "Magst du auch etwas Tee?" Er nickte und wartete, bis Hiro aus der Küche zurückkam. Erst als er sich ebenfalls gesetzt hatte und Shuichi gespannt anblickte, platzte es dann aus ihm heraus. "Ich hab mit ihm Schluss gemacht!" Hiro verschluckte sich an seinem Tee. "Du hast was?" Er sah seinen Freund eindringlich an. "Ich dachte schon, er hätte dich mal wieder rausgeschmissen." "Nein. Ich bin gegangen. Ich hab ihm gesagt er soll mich vergessen und dass ihm das nicht einmal schwer fallen würde." Nun blickte er Hiro in die Augen. "Ich konnte das einfach nicht mehr mit mir machen lassen..." Seine Stimme war nur noch ein Flüstern. Hiro stand auf und setzte sich neben seinen Freund auf die Armlehne des Sessels. Er hatte sein Gesicht mittlerweile in seinen Händen vergraben. Hiro legte seinen Arm um den zitternden Körper und drückte ihn an sich. "Wein doch nicht, du hast das Richtige getan, Shu..." flüsterte er, doch wirklich beruhigen konnte er seinen besten Freund damit überhaupt nicht. Einem Heulkrampf folgte der nächste. Hiro bewunderte Shuichi dafür, wie viele Tränen er eigentlich besaß. Irgendwann jedoch, er konnte die Zeit nur noch schlecht einschätzen, konnte Shuichi keine Tränen mehr weinen. Er war leer, seine Stirn fühlte sich heiß an und die große Müdigkeit würde folgen... Shuichi fühlte sich plötzlich befreit. Er hatte aufgehört zu weinen, saß nun still auf dem Sessel, wärmte seine Hände an der Tasse und starrte ins Nichts. Ihm brummte der Kopf von dem intensiven Heulkrampf, die Augen waren geschwollen und doch fühlte er sich wahnsinnig erleichtert. Hiro hatte noch einige Minuten neben ihm auf der Lehne gesessen, doch nachdem es vorüber war, hatte er sich wieder von ihm zurück gezogen. Er merkte, dass Shuichi jetzt in sich selbst kehren musste. Das Schweigen tat ihm in diesem Moment gut. Ab und zu hörte er, wie Shuichi von seiner Tasse schlürfte, doch sonst keinen Ton von sich gab. "Kann ich mich vielleicht ein bisschen hinlegen, ich bin jetzt wahnsinnig müde" ertönte es plötzlich leise von Shuichi. Hiro nickte. "Willst du dich ins Bett legen?" Langsam schüttelte Shuichi den Kopf. "Nein, mir reicht auch die Couch." "Ich hol dir eine Decke." Schwerfällig stand Shuichi auf und setzte sich hinüber auf die Couch. Hiro trabte mit der Decke an und legte sie seinem besten Freund hin, der sich sofort in diese einmummelte und seinen Kopf auf eines der Sofakissen bettete. Hiro kniete sich zu ihm herunter und strich ihm einige Strähnen aus dem Gesicht. "Ruh dich aus, du hast ganz schön viel geweint." Mit einem Lächeln blickte er zu ihm herunter. Die Wangen und die Augen waren gerötet, seine Nase lief und er sah müde aus. Trotzdem wirkte er einfach nur niedlich. "Du brauchst noch ein paar Sachen, du hast ja nichts hier..." bemerkte Hiro sanft. "Mir egal, ich geh nicht zurück um was zu holen" murmelte Shuichi und zog die Decke noch ein Stückchen höher. "Ich werde bei ihm vorbei fahren und deine Klamotten holen, okay?" Shuichi nickte dankbar und schloss die Augen. "Ich stell dir noch etwas Wasser neben die Couch, wenn du Durst kriegen solltest. Bis gleich dann!" --------------- Er hatte ja gewusst, dass es keinen Sinn ergeben hätte, auf Shuichi zu warten. Früher oder später würde er auf jeden Fall wieder zurück kommen! Und lange würde das sicherlich nicht auf sich warten lassen. Er hatte sich zwar mühsam aufrappeln müssen, aber hatte es dennoch geschafft, sich wieder an seine Arbeit zu setzen und überraschenderweise gelang ihm das Weiterschreiben jetzt besser als vorher. Es war ihm als könnte er sich beim Tippen selbst etwas von der Seele schreiben. Er war zwar nur schwerfällig mit diesem Roman weitergekommen, aber im Prinzip war er gar nicht so schlecht, wie er anfangs angenommen hatte. Shuichi war seit ein paar Stunden verschwunden, und jetzt, wo er wieder darüber nachdenken konnte, stieg wieder die Angst in ihm hoch, dass der Kleine es tatsächlich ernst gemeint hatte. Doch den Gedanken verdrängte er lieber schnell. Sein Blick fiel wieder auf den Bildschirm. Hatte er in diesem Roman seine eigenen Gefühle untergebracht? Immerhin handelte es um eine junge Dame, die verzweifelt versuchte ihren Angebeteten rumzukriegen, welcher jedoch dafür bekannt war, niemanden außer sich selbst zu lieben. Er schüttelte den Kopf. So schlimm war es mit ihm ja nun doch nicht. Obwohl...Er stützte seinen Kopf auf der Hand ab und kreiste mit seinen Fingerkuppen über einige Tasten seines Laptops. Anscheinend war er sogar noch schlimmer...Plötzlich klingelte es und Yuki hob erschrocken den Kopf, bis sich ein Lächeln auf seinem Gesicht breit machte. Da war Shuichi also schon wieder. Und er hatte seinen Schlüssel natürlich nicht mitgenommen. Eigentlich musste er ihn ja dafür bestrafen, dass er ihm solch einen Schrecken mit seiner Show am Vormittag eingejagt hatte. Aber um die Sache nicht noch zu verschlimmern wollte er doch so schnell es ging aufmachen. Er setzte seine gewohnte eiskalte Miene auf und ging mit erwartungsvollen Schritten auf die Haustür zu. Hiro hatte noch schnell eine Reisetasche aus dem Schrank gekramt und sich dann elegant auf sein Motorrad geschwungen. Er freute sich, dass Shuichi diesen Schritt gewagt hatte. Sonst war es immer umgekehrt gewesen und der werte Eiri Yuki hatten seinen besten Freund rausgeschmissen. Doch dieses Mal war Shuichi von sich aus gegangen. Zwar völlig überstürzt, aber er war sich sicher, dass er die Sache wohl wirklich durchziehen wollte. Nach dem, was er ihm erzählt hatte, wäre er auch dumm gewesen zu diesem eiskalten Kerl zurück zu kehren. Er konnte es kaum erwarten, endlich seine Sachen aus Yukis Haus zu holen. Das wäre endlich einmal ein Triumph für Shuichi. Endlich konnte er sich von ihm befreien. An der nächsten Ecke bog er ab und beschleunigte, fuhr rasch an den Autos vorbei und steuerte auf Eiri Yukis Eigenheim zu. Er mochte diesen Kerl ja noch nie so wirklich... "Was willst du denn hier?" Hiro war der überraschte Gesichtsausdruck Eiris nicht entgangen. Er hatte wohl mit jemand ganz anderem gerechnet. "Ich will Shuichis Sachen holen!" entgegnete er kühl und ging einen Schritt auf Yuki zu, der den Eingang noch immer nicht frei gab. "Und wieso kann er das nicht selber?" fragte Yuki genau so kühl zurück. "Weil er dein blödes Gesicht nicht mehr sehen will. Und jetzt lass mich rein!" Er drängte sich an Yuki vorbei, der ihn weiterhin mit giftigen Blicken hinterher sah. "Und deswegen muss er dich schicken? Bist du sein Lakai oder was?" Hiro blickte sich suchend um. Wo war denn hier das verdammte Schlafzimmer, wo er seine Klamotten aufbewahrte. "Willst du nur seine Kleidung mitnehmen oder gleich den ganzen anderen Schrott mit?" Hiro zuckte mit den Schultern. "Ich denke erst einmal reichen ein paar Kleider von ihm. Den Rest kann ich ja später noch mal holen." Das hatte gesessen. Shuichi wollte tatsächlich ganz aus seinem Leben verschwinden? Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Er schlurfte scheinbar gelangweilt ins Schlafzimmer und deutete auf einen Schrank. "Da hat er seinen Kram drin". Mittlerweile klang er schon gar nicht mehr so unfreundlich. Er beobachtete Hiro genau dabei, was er heraus nahm. Dieser tat das wohl mit einem solchen Genuss, dass es scheinbar nur schleichend von sich ging. "Kannst du dich damit mal beeilen, ich hab noch zu tun!" fuhr Eiri ihn an. Mit einem verächtlichen Blick schaute Hiro hoch. "Dir kann es gar nicht schnell genug gehen, dass er hier auszieht, was?" Yuki schluckte. Was hatte dieser Idiot denn schon für eine Ahnung. Lässig lehnte Yuki an der Schranktür. "Ich glaube nicht daran, dass er ganz abhauen will. Früher oder später wird er wieder im Türrahmen stehen." Hiro richtete sich wieder auf und blickte noch einmal prüfend in den Schrank. "Wenn du dir damit nicht in den Finger schneidest" bemerkte er knapp, blickte dann in die Tasche, die schon voll genug war und richtete das Wort dann wieder an den "Ex-Freund" seines besten Freundes. "Das sollte fürs erste reichen, den Rest hole ich dann denke ich in den nächsten Tagen ab." "Ich kann es ihm auch nachschicken oder er holt es sich verdammt noch mal selbst ab!" keifte Yuki los und hätte Hiro am liebsten aus der Tür getreten. Was bildete sich dieser Fatzke eigentlich ein bei ihm aufzukreuzen, seinen Schrank zu durchforsten und Shuichis Sachen mitzunehmen? Hiro stolzierte triumphierend aus dem Schlafzimmer hinaus. Sein sicheres Auftreten was Shuichi anbelangte machte Yuki leicht nervös. Dann lächelte er verachtend. "Und du musst Shuichi jetzt natürlich trösten. Das tut dir ja sicherlich leid. Genau so wie es dir leid tut, dass du deine Zunge in seinen Hals geschoben hast!" Die Worte, die an Hiros Ohr drangen waren genau so scharf wie das Gift einer Schlange. "Für Eifersuchtsszenen ist es jetzt ein wenig zu spät" bemerkte er nur knapp und ging an Yuki vorbei. "Wann kommt er wieder?" Yuki biss sich auf die Lippen. Seine Verzweiflung über diesen Zustand hatte zu sehr in dieser Frage mitgeschwungen und er hoffte, dass Hiro diese überhört hatte. Doch dieser drehte sich nur um und grinste ihn an. "Ich sagte doch, er kommt nicht mehr zurück." "Wer es glaubt..." murmelte Yuki nur und beobachtete die sich langsam schließende Haustür. Als Hiro das Haus verlassen hatte, überkam ihm ein Gefühl der Genugtuung. Gut gelaunt schwang er sich auf sein Motorrad und brauste ab zu sich nach Hause. Dort angekommen entdeckte er, dass Shuichi schlief. Während seinen Träumen allerdings hatte er um sich gestrampelt und die Decke lag fast komplett auf dem Boden. Fürsorglich wie er nun einmal war, deckte er seinen Freund wieder sorgfältig zu und beobachtete ihn beim Schlafen. So ein Engelsgesicht. So ein lieber Kerl. Und so lange hatte er es mit einem solchen Fiesling ausgehalten. Shuichi war einfach zu gutherzig, zu sensibel für diese Welt. Sein Blick fiel auf die Tasche. Sollte er sie nicht schon einfach mal ausräumen? Bei Shuichi bestand immerhin die Gefahr, dass er all seine Vorsätze und Entscheidungen über Bord warf, wenn er erst einmal über die Sache geschlafen hatte. Besser war es also, die Tasche auszuräumen, als dass er nachher gutgelaunt nach ihr griff, und sich wieder in die Höhle des Löwen wagte. Nein, das sollte so schnell nicht wieder vorkommen. Yuki konnte seinen Blick nicht von dem kleinen Bild nehmen, dass anscheinend nur noch mit Hängen und Würgen an seinem Laptop klebte. Der Tag war wirklich nicht so übel gewesen wie er damals getan hatte. Sonst hätte er sich diese Bild auch gar nicht erst an den Rahmen gepappt. Seine Story hatte er seit dem Eintreffen und der Einpackaktion von Hiro nicht mehr weiter geschrieben. Jetzt konnte er sich absolut nicht mehr darauf konzentrieren. Er musste seine Verlegerin anrufen und um eine Woche Aufschub bitten, sonst würde er es vermutlich doch nicht schaffen. Und der Druck auf ihm war jetzt wieder viel zu hoch, als dass er produktiv sein konnte. Er seufzte. Vielleicht aber auch nicht, immerhin hatte er bis vor einer halben Stunde noch ganz genau gewusst, was er eigentlich schreiben wollte. Dass ihn die Sache jetzt so dermaßen mitnahm wunderte ihn selbst. Er durfte sich davon doch nicht von seiner Arbeit abhalten lassen. Aber als er gesehen hatte, dass Hiro viele Sachen vom Kleinen mitgenommen hatte, wirkte diese Sache so...beschlossen und endgültig. So eine Vorgehensweise war er von Shuichi überhaupt nicht gewohnt. Er ging in seinem Haus umher. Alles schien so kalt, so leer ohne den Wirbelwind. Und es war wohl Tatsache, dass es so bleiben sollte. Sofern...aber daran wollte er keinen Gedanken verlieren. Oder sollte er etwas doch? Für eine Entschuldigung war es sicherlich schon zu spät. Shuichi hatte ihm doch gesagt, er sollte nicht mehr so mit ihm umgehen. Also würde er ihm auch nicht hinterher laufen. Das wäre für beide Parteien vielleicht wirklich das Beste. Jedenfalls versuchte er sich das einzureden. Nichts würde das Beste sein, wenn Shuichi nicht bei ihm wäre. Er konnte und wollte sich nicht vorstellen, dass Shuichis Gefühle von einem auf den anderen Tag ausgestorben waren. Wenn er angekrochen käme würde er ihn wieder herein lassen, aber konnte er sich darauf verlassen, dass er wieder kam? Im Regal standen noch immer seine CDs, sein ganzer Kram herum. Der achtlos dahin geschmissene Block lag noch immer auf dem Tisch. Wörter, das meiste davon durchgestrichen. "Zwischen uns liegen anscheinend so viele Welten, und manchmal tut mir alles weh vor Sehnsucht" Sein Blick verdunkelte sich. Hatte er Shuichi so weh getan? Er musste sich setzen, stütze den Kopf auf seine Hände und starrte auf den Block. Jetzt war genau das eingetroffen, was er immer versucht hatte zum umgehen. Er selbst war verletzt worden. Daran ließ sich jetzt nichts mehr ändern. Es war schrecklich und wenn er daran dachte, dass er seit Ewigkeiten Shuichi das gleiche Gefühl vermittelte, fragte er sich, wie der Kleine es überhaupt so lange bei ihm ausgehalten hatte. Liebe. Mindestens einmal am Tag hatte er ihm anfangs noch gesagt, dass er ihn liebte. Doch er hatte ihm nie darauf geantwortet. --------------- Langsam öffnete Shuichi die Augenlider. Sie wirkten schwer. Er spürte Blicke auf sich gerichtet und für einen Moment wusste er überhaupt nicht mehr, wo er sich gerade befand. Hiro blickte ihn durchdringend an. Verschlafen rieb sich Shuichi durch die Augen. "Wieso beobachtest du mich?" kam es schwach von seiner Seite. Hiro lächelte. "Du siehst so ruhig aus, wenn du schläfst" bemerkte er knapp und ging nicht weiter auf die Frage ein. "Ich hab deine Sachen geholt und schon ausgepackt." "Hm.." war Shuichis einzige Antwort. Er griff unvermittelt nach der Wasserflasche und seine trockene Kehle war ihm dankbar für die Erfrischung. Noch immer starrte er verloren vor sich hin. "Du hast doch nicht vor zu ihm zurück zu gehen, oder?" Hiro befürchtete schon, dass Shuichi sich mal wieder alles anders überlegt hatte. "Nein nein..." stammelte Shuichi und sah Hiro Hilfe suchend an. "Kann ich vielleicht erst einmal eine Weile hier bleiben?" Hiro nickte eifrig. "Natürlich! Deine restlichen Sachen kann ich die Tage ja noch holen. Aber ich finde, du solltest dich heute ausruhen, morgen müssen wir wieder ins Studio". Shuichi seufzte. Morgen musste er sich wieder den Stress dort antun. Obwohl...das würde ihn vielleicht alles etwas mehr ablenken. Aber wenn er an jegliche Promotion oder Interviews dachte konnte er sich gar nicht damit anfreunden. Zumindest nicht in dieser Situation. Er schloss wieder die Augen. Nein, er liebte die Musik. Das sollte für ihn keine Anstrengung darstellen. Aber es war immer wieder aufs Neue schwer sich zu verstellen und auf alle Welt froh und glücklich zu wirken - oder besser gesagt wirken zu müssen. "Hat er...irgendwas gesagt?" brachte er nach einigen Minuten des Schweigens hervor. "Naja..." Hiro überlegte. Wirklich traurig oder mitgenommen war Yuki wie erwartet natürlich nicht gewesen, aber er hatte schon etwas gequält geklungen, als er ihn gefragt hatte wann Shuichi vorhatte wieder zu kommen. Aber ob er Shuichi das sagen sollte? Dann würde er vermutlich sofort wieder aufspringen und zu ihm wollen. "Er war mürrisch wie immer. Du weißt ja, dass er mich nicht ausstehen kann." Shuichi nickte langsam. "Und sonst?" Er hoffte ja noch immer tief in seinem Herzen, dass Yuki irgend etwas gesagt oder getan haben könnte, dass ein Anzeichen dafür war, er solle zurück kommen. Aber Hiro schüttelte den Kopf. "Mir gegenüber würde er das sowieso nicht erwähnen. Und jetzt denk nicht immerzu an ihn. Der Kerl hat dir noch nie gut getan. Jetzt entspann dich erst einmal und gewöhne dich an die Situation, dass er nicht bei dir ist!" Shuichi seufzte. "Du hast ja Recht. Es ist nur so ungewohnt...und es tut weh, dass es ihn wirklich nicht einmal kümmert. Aber" er blickte mit glänzenden Augen in das Gesicht seines Freundes "daran sollte ich schon gewöhnt sein, oder nicht?" Er zog die Nase hoch und stand auf. "Ich muss mal" bemerkte er knapp und stolperte ins Bad. Er hatte nicht wirklich viel im Magen und die verdammte Heulerei ging nicht nur auf den Kopf, sondern irgendwie auch auf den Kreislauf. Nachdem er seine Blase entleert hatte wusch er sich durchs Gesicht und blickte sich lange forschend im Spiegel an. Er musste jetzt lernen, ohne Yuki zu leben, auch wenn es ihm schwer fiel. Am liebsten würde er jetzt schon wieder zu ihm zurück, nur um das brennende Verlangen in seinem Herzen zu stillen, doch daran würde er nur zerbrechen. Es war für ihn - und auch für Yuki - gesünder, wenn sie sich nicht mehr sahen. --------------- Als es wieder klingelte verdrehte Yuki genervt die Augen. Wenn das schon wieder Hiro war wollte er ihm sonst wohin treten. Übellaunig öffnete Eiri die Tür und erwartete dahinter schon wieder das triumphierende Gesicht von Hiro. "Ach du bist es..." seine Gesichtszüge entspannten sich ein wenig und er drehte sich um und ging zurück in den Wohnraum. "Eine so herzliche Begrüßung habe ich ja gar nicht erwartet" entgegnete Tohma trocken. Behutsam schloss er die Tür hinter sich und blickte, nachdem auch er bis ins Wohnzimmer hinein gegangen war, seinen Schwager. "Was ist los mit dir?" "Kopfschmerzen" entgegnete Yuki barsch und ließ sich anmerken, dass Tohma störte. Doch wobei wusste er selber nicht, vermutlich beim Allein sein. "Shindou nicht da?" er blickte sich suchend um, konnte aber kein großes Chaos entdecken oder sonst jeglichen Lärm vernehmen. "Er ist gegangen." "Wie, er ist gegangen?" Yuki hob die Schultern an. "Na, abgehauen, Schluss gemacht, Sayonara gesagt." Er steckte sich eine Zigarette an. Das sich aufhellende Gesicht seines Schwagers mochte er jetzt nicht sehen. "Oh!" kam es nur für Yukis Geschmack etwas zu begeistert von Tohma. "Na, dann kannst du dich ja jetzt endgültig entspannen!" Yuki kratzte sich am Arm. "Ach, meinst du?" Er lehnte sich zurück und genoss seine Zigarette in vollen Zügen und pustete in Tohmas Richtung ab und an extra etwas des blauen Dunstes hinüber. "Natürlich. Das ist das Beste, was dir passieren konnte Eiri. Jetzt bist du ihn los, brauchst kein Blut mehr zu spucken, kannst deine Bücher in Ruhe schreiben und" dabei grinste er besonders "du kannst wieder etwas netter zu mir sein." Yuki linste gelangweilt zu seinem Schwager hinüber. "Du hattest mit Shindou wohl Recht. Er ist nicht besser als alle anderen. Sie wollen immer nur irgendwas..." nuschelte Eiri vor sich hin. "Ja, allerdings. Ohne ihn bist du besser dran. Oder willst du ihn etwa zurück?" Etwas missmutig stellte Tohma diese Frage, auf die er hoffte ein klares Nein zu vernehmen. Doch Yuki starrte nur stumm vor sich hin, zog kräftig an seiner Zigarette und inhalierte den Rauch, stieß ihn dann elegant durch seinen Mund wieder hinaus und schien zu überlegen. "Du hast wie immer Recht..." brummelte er vor sich hin. Vorsichtig ließ Tohma seine Hand auf Eiris Schulter nieder. "Du weißt, dass ich noch immer für dich da bin. Ich werde dich nie im Stich lassen." Er beugte sich nahe zu Eiri hinab. "Das weißt du doch hoffentlich!" Eiri nickte nur stumm. "Also nun? Was macht dein Roman?" versuchte Tohma gut gelaunt auf ein anderes Thema zu lenken. Ihm konnte es nur Recht sein, dass Eiri und Shindou nicht mehr zusammen waren. Und wenn das schon von der "kleinen Göre" ausging war es hoffentlich einmal endgültig. Eiri würde sich wohl kaum die Mühe machen ihm hinterher zu laufen. Weshalb auch. Die Sache von damals war ihm sicherlich eine Lehre gewesen... Hatte Eiri Tohmas Anwesenheit zuerst für störend empfunden, so war er nach einigen Minuten froh, dass er nicht allein sein musste. Einsamkeit war er nicht mehr gewohnt, nicht mehr seit Shuichi in sein Leben getreten war. Doch nun, da er weg war, begann sich das alte graue Gefühl wieder in ihn hinein zu schleichen, ihn tief in seinem Inneren aufwühlend und er wollte sich am liebsten gleich dafür verfluchen, dass er es überhaupt zugelassen hatte, jemandem wieder tiefere Gefühle geschenkt zu haben - und erneut enttäuscht worden zu sein. Das, was er am meisten gefürchtet hatte, wieder verletzt, allein gelassen zu werden, hatte er sich selbst eingebrockt, das wusste er. Und nur aus dem Grunde, dass er versucht hatte einen Eisblock darzustellen, war die Situation eskaliert, war das eingetreten was er vermeiden wollte. Tohmas beruhigende Worte und die stützende Schulter an seiner Seite erleichterten ihn ein wenig. Tohma war immer für ihn da. Seine Fürsorglichkeit hatte im Laufe der Jahre nicht abgenommen und in diesem Moment war Eiri ihm dankbar dafür. Er schloss die Augen und versuchte seine Gedanken an Shuichi zu verdrängen. Immerhin hatte der Kleine ihn selbst darum gebeten ihn zu vergessen...weshalb sollte er das nicht in die Tat umsetzen? --------------- Love hurts, love scars, Love wounds, and marks, Any heart, not tough, Or strong, enough To take a lot of pain, Take a lot of pain Love is like a cloud Holds a lot of rain Love hurts, ooh ooh love hurts I'm young, I know, But even so I know a thing, or two I learned, from you I really learned a lot, Really learned a lot Love is like a flame It burns you when it's hot Love hurts, ooh ooh love hurts Some fools think of happiness Blissfulness, togetherness Some fools fool themselves I guess They're not foolin' me I know it isn't true, I know it isn't true Love is just a lie, Made to make you blue Love hurts, ooh,ooh love hurts Ooh,ooh love hurts (Sorry, ich LIEBE dieses Lied, das MUSSTE hier einfach mit rein ^^") Hiro wusste nicht, wie oft Shuichi sich diesen Song nun schon angehört hatte. Am liebsten hätte er die CD aus der Stereo-Anlage genommen und auf ewig zurück in ihre Hülle verbannt. Shuichi zog sich mit diesem Song doch nur selbst runter. Vorsichtig, mit einer Tasse heißem Kakao in der Hand, stand er in der Tür und betrachtete den zusammen gekauerten Shuichi. Nachdem er die Tassen auf dem Schreibtisch platziert hatte, machte er letztendlich die permanent dudelnde Musik aus. Erst in diesem Moment blickte Shuichi zu ihm auf. Seine Augen waren verheult. Mit einem bitteren Lächeln ging Hiro in die Hocke und strich seinem besten Freund einige Fransen aus der Stirn. "Es ist nicht gut, wenn du dir das Lied ständig anhörst. Ich weiß, dass das schwer ist, Shu. Aber wenn du dir so was anhörst deprimiert dich das doch noch mehr." Shuichi zog die Nase hoch und blickte zur Seite. Hiro hatte ja Recht, aber er konnte einfach nicht anders. Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn er auf einen Knopf hätte drücken können und all seine Erinnerungen und Empfindungen an Yuki waren ausgelöscht. Doch leider leider war das nicht möglich. Das Gefühl innerer Zerrissenheit machte ihn wahnsinnig. Er krallte sich fest in den Stoff Hiros Hemdes. Er wollte weinen, doch mehr als ein Seufzen brachte sein müder Körper nicht hervor. "Vielleicht" keuchte er nur kurz auf "ist die Liebe wirklich nur eine Lüge..." Kapitel 6: Eventually --------------------- So, hier also nun das 6. Kapitel. Ich hoffe, es gefällt meinen treuen Lesern ^^" Obwohl ich eigentlich selbst finde, dass es recht gut gelungen ist *g* Also, dann viel Spaß und ich freue mich wie immer über Kommis :) ************************************** Als Hiro versuchte sich zu bewegen zog sich ein unangenehmer Schmerz durch seinen Rücken. Als er sich aufgerichtet hatte kamen die Erinnerungen an den vergangenen Abend und die vergebeben Versuche Shuichi aufzuheitern und abzulenken in ihm auf. Er fasste sich ins Kreuz und streckte sich. Er hatte die Nacht etwas sehr verkrümmt neben Shuichi verbracht, der sich noch immer verkrampft in seinem Kissenbezug festhielt. Hiro seufzte. Wie sollte er Shuichi in der Situation helfen, wenn er selbst nicht einmal versuchte wirklich mit der Sache fertig zu werden. Immerhin war er doch so stark gewesen endlich mit Yuki Schluss zu machen. Yuki...Wenn er schon allein diesen Namen dachte wurde er wütend. Was dieser Kerl aus Shuichi gemacht hatte, dafür gehörte er bestraft. Warum musste Shu auch so ein hoffnungsloses Sensibelchen sein? So aufopfernd für die vermeintlich große Liebe. Er hatte Yuki noch nie ausstehen können. Und jetzt musste er Shuichi helfen, über dieses Gefühlswrack hinwegzukommen. Keine leichte Aufgabe. Aber jetzt musste er erst einmal an sich denken und unter die Dusche steigen, in der Hoffnung, seine Glieder würden ihm die verkrümmte Haltung der Nacht verzeihen... Plötzlich wurde es Shuichi kalt. Die Wärme neben ihm verließ ihn, er wollte sie festhalten, doch das gute Gefühl verschwand. Und er war wieder allein. Er keuchte laut auf und blinzelte, riss die Augen auf und starrte an die Decke. Wie ein Blitz durchfuhr es ihn. Wo war er hier? Er richtete sich auf, bereute dies jedoch sofort, als sich ein Schwindelgefühl in seinem Kopf breit machte. Hiro, stimmt ja, er war jetzt bei Hiro. Yuki war nicht mehr da...Traurig blickte er auf die Bettdecke. Was hieß Yuki war nicht mehr da. Er war nicht mehr bei Yuki. Fest ballten sich seine Hände zu Fäusten. Nein, er durfte sich nicht so gehen lassen. Jeder würde ihm zusprechen, dass es das beste gewesen war, endgültig das Handtuch in dieser Beziehung zu werfen. "Bist du doch schon wach?" Mit einem Handtuch um die Hüfte gewickelt stand Hiro mit seiner Zahnbürste in der Hand vor Shuichi. Dieser nickte nur. "Wann müssen wir denn drüben sein?" fragte er zaghaft. Jetzt bloß nicht weiter über seine gescheiterte Beziehung reden. Hiro konnte es vermutlich schon nicht mehr hören. Was sollte er auch noch großartig dazu sagen? Es war im Prinzip doch immer nur das Selbe. Immer die gleichen Worte, jedes Mal musste Shuichi ihm Recht geben. Es wiederholte sich alles einfach nur noch. Aber damit sollte jetzt Schluss sein. Mit einem lauten Seufzer stand Shuichi auf, ging wortlos an Hiro vorbei ins Badezimmer. Er musste jetzt alles von sich abwaschen und sein anderes Ich auflegen. Bei der Arbeit musste das niemand mitkriegen...obwohl er genau wusste, dass sich das nicht vermeiden lassen würde. In den Spiegel mochte er jetzt nicht gucken. Sonst würde er seinen Gefühlen gegenüberstehen, wenn er sich selbst in die Augen sah. Und das wollte er nicht mehr. --------------- "Ein Interview?" Shuichi verzog den Mund. Das konnte er heute eigentlich überhaupt nicht gebrauchen. "Man kann die Termine nicht ewig hin und her schieben. Und gute Publicity brauchen wir, oder soll ein schlechtes Licht auf uns geworfen werden?" warf Fujisaki mürrisch ein. Shuichi konnte sich manchmal aber auch wirklich anstellen. Wäre er der Band-Sänger würde das alles ein bisschen anders aussehen. "Schon gut, schon gut, bevor du mir ewig einen Vorwurf draus machst..." Er war nun wirklich nicht in der Stimmung großartig herum zu diskutieren. Er hoffte insgeheim nur, dass dieses Interview nicht zu sehr auf die private Schiene gelenkt wurde. "Und wann soll das heute sein?" "Um 11 Uhr." Shuichi wäre am liebsten aus der Haut gefahren. "Toll, in einer halben Stunde, das ist ja echt super. Völlig unvorbereitet und alles. Guck doch mal an, wie ich aussehe!" Unberührt von den Protesten schaute Fujisaki seinen Sänger an. "Ja und? Tut sich da was im Vergleich zu den anderen Tagen an denen du genau so aussiehst?" Shuichi gab auf, es hatte keinen Sinn jetzt ein größeres Drama daraus zu machen. Immerhin war er auch nicht das einzigste Bandmitglied, obwohl die meisten Fragen hundertprozentig eh an ihn gerichtet würden. Hiro legte seine Hand auf die Schulter seines besten Freundes und schenkte ihm einen Blick der eindeutig aussagte "Dagegen können wir jetzt wohl auch nichts mehr machen". Nun gut, er musste nun wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Immerhin ging es um seine Karriere und da war auch ein Interview nicht gerade das Schlechteste um einen weiteren Stein ins Rollen zu bringen. Wenn nicht irgend ein Manager wieder auf eine völlig bekloppte Idee kam... Die drei Bandmitglieder trafen sich pünktlich um 11 Uhr mit der jungen Reporterin in der Halle. Ein kleiner Raum stand für sie bereit, in dem sie das Interview abhalten konnten. Hiro blickte zu Shuichi herüber. Dieser wirkte gut gelaunt, hatte ein Lächeln auf den Lippen und niemand wäre auf die Idee gekommen, wie es tatsächlich in seinem Inneren aussah. Aber Hiro wusste nur allzu gut, dass das alles nur Show von ihm war, eine Maske, ein perfektes Schauspiel, welches er sich in den letzten Jahren selbst beigebracht hatte. Mit einem verlegenen Lächeln breitete sich die junge Dame auf dem Glastisch aus, packte ihr Diktiergerät heraus und testete, ob es tatsächlich funktionierte. Sie bedankte sich bei den drei Bandmitglieder dafür, dass sie sich die Zeit für sie nahmen. Shuichi war innerlich total angespannt, er hoffte, dass ihnen dieser Interview tatsächlich etwas brachte...Fujisaki hatte ja Recht, Publicity brauchten sie, also musste er sich jetzt zusammen reißen. Und als er die ersten paar Fragen hörte entspannte er sich zunehmend. "Wann können wir mit einem neuen Hit ihrer Band rechnen?" "Wir arbeiten ja gerade an unserem neuen Album, da wird ein neuer Hit nicht lange auf sich warten lassen!" Hiro wirkte zuversichtlich, dass das Album keinerlei Probleme darstellen würde, immerhin geisterten in seinem Kopf noch einige Melodien, die mit einem netten Text ein gut verpacktes Lied abgeben würden. "Könnten Sie sich vorstellen bei Gelegenheit eine Beziehung mit einem Fan zu führen?" Die drei schauten sich gegenseitig an, Hiros Lippen umspielte ein Lächeln und auch Fujisaki musste grinsen. Einzig Shuichi verkrampfte sich ein wenig bei dem Wort "Beziehung" und er war froh, als Fujisaki das Wort übernahm. "Nun, unsere Fans sind uns natürlich sehr, sehr wichtig und wir möchte ihre Unterstützung auch nicht missen. Aber neben "Bad Luck" führen wir natürlich alle noch ein Privatleben und ich denke, da sollte man die Grenze zwischen Job und Privatleben kennen. Daher halte ich das nicht für sehr möglich. Sorry!" Die junge Dame musste kichern, eigentlich wusste sie selber, dass das eine sinnlose Frage gewesen war. "Erlaubt Ihr Job es Ihnen denn überhaupt viel Zeit für die Liebe aufzubringen?" "Ist natürlich nicht immer einfach. Man muss ja auch erst einmal jemanden kennen lernen!" platzte Hiro hervor und schenkte der Dame ein überaus freundliches Lächeln. "Das kommt natürlich auch darauf an, wie lange man mit jemandem zusammen ist und wie oft man sich in der Zeit sehen kann, ob man zusammen wohnt oder wie auch immer" kam es nun etwas leiser von Shuichis Seite aus. Als er einen Blick mit der Reporterin austauschte bereute er seine Worte auch sofort wieder, denn er hatte es schon im Gefühl, dass nun eine unangenehmere Frage für ihn folgen würde. "Sie haben Ihren Kollegen gegenüber da vielleicht noch eher einen Vorteil. Sie und ihr Lebensgefährte sind ja nun schon seit ein paar Jahren zusammen. Für prominente Paare ist das sehr ungewöhnlich, die meisten Beziehungen scheitern denke ich daran, dass die Partner nicht genügend Zeit aufbringen können!?" Shuichi musste schlucken. Er und sein Lebengefährte. Die Frau hatte ja keine Ahnung, sie sprach davon, als wäre diese Beziehung ein Honigschlecken! Beziehungsweise als wäre sie eine gewesen. Er griff fest in seine Hose, zog den Stoff zusammen und seine Maske begann zu bröckeln. Jetzt bloß nichts Falsches sagen, sich einfach beruhigen und auf diese blöde Aussage irgendwie reagieren, ganz einfach, ohne großartig auf seine eigene gescheiterte Beziehung aufmerksam zu machen. Nachdem er seines Erachtens nach zu laut aufgeatmet hatte blickte er mit einem gefassten Blick zur Reporterin auf und mahnte sich selbst dazu, seine Stimme nicht zittern zu lassen. "Da ist nichts unmöglich. Wenn man jemanden liebt, sollte so etwas funktionieren und kein Problem darstellen. Beziehungen gehen doch hier auch aus ganz einfachen Gründen auseinander, das hat dann nichts damit zu tun, ob man in der Öffentlichkeit bekannt ist und dadurch vielleicht mal weniger Zeit hat." Pling. Ein zauberhaftes Lächeln begleitete nach Abschluss des Satzes seine Worte im Nachgang und er hoffte, dass die Dame nun mit solch einer Aussage zufrieden war. Eifriges Nicken vernahm er von Hiros Seite. "Da kann ich Shindou nur zustimmen!" Puh, damit war die Sache abgerundet und es würde hoffentlich keine weitere Frage, die ihr Privatleben, ihre Gefühle antasteten. Vermutlich hatte die Dame das nicht einmal so wirklich gewollt, immerhin war sei von einem dieser Teenie-Magazine und da wurden solche Themen doch eh plattgetreten. Wie Shuichi den Rest des Interviews rumgebracht hatte, wusste er im Nachhinein gar nicht mehr so genau. Er hatte nur stupide auf die weiteren flachen Fragen geantwortet, sofern nicht Hiro oder Fujisaki sie übernommen hatten. Als das endlich rum war, entschloss er zusammen mit Hiro, kurz in der Cafeteria vorbei zu schauen und sich dort einen kleinen Imbiss zu gönnen. "Früher oder später werden die das sowieso spitz kriegen, dass mit Yuki und mir aus ist. Irgendwie kommen die doch immer dahinter" lustlos stocherte Shuichi auf seinem Teller Nudeln herum. "Mach dir darum jetzt keinen Kopf. Erst einmal haben wir unser Album ein wenig angepriesen und müssen jetzt weiter ein bisschen kreativ sein. Vielleicht fällt dir ja jetzt was ein? So Text mäßig?" Shuichi hob leicht den Kopf an und blickte scheinbar gelangweilt in Hiros Augen. "Weiß nicht." Lustlos schluckte er die nächste Ladung Nudeln herunter. "Hey..." mit dem Handrücken strich Hiro liebevoll über Shuichis Wange. "Das wird schon wieder, glaub mir. Das dauert eben. Und solange bin ich ja für dich da, hm?" Für einen kleinen Moment schimmerte in Shuichis Augen ein dankbares, ehrliches Lächeln. Vorsichtig legte er seine Hand auf Hiros, die noch immer auf seiner Wange weilte. "Danke...ich weiß!" Gerade an diesem Tag hätte es sich Tohma Seguchi gewünscht auf Shuichi zu stoßen. Aber ihn extra in sein Büro rufen wollte er nun auch wieder nicht. Ohnehin würde es nicht lange dauern, bis irgendwelche Leute von der Presse Wind von dem Aus der Sänger-Autor-Beziehung bekommen würden. Er musste sich eigentlich nur zurück lehnen und zuschauen. Vermutlich würden solche Schlagzeilen einen neuen Run verursachen und Bad Luck würde sich noch besser verkaufen als sowieso schon. Keine schlechte Promotion für das geplante Album. Und Eiri würde schneller darüber hinweg kommen, als er gestern den Anschein gemacht hatte. Der Junge musste doch irgendwann mal einsehen, was tatsächlich das Beste für ihn war. --------------- Eiri hackte die letzten Worte seines Romans auf die Tasten und war erleichtert, als er dieses "Werk" endlich fertig gebracht hatte. Die ganze Nacht hatte er an diesem Teil noch gesessen und endlich war es fertig. Sogar noch wunderbar rechtzeitig, so dass er jetzt Zeit hatte sich zu entspannen. Immerhin hatte ihn die Nacht über ja niemand vom Schreiben abgehalten. Und auch jetzt hielt ihn niemand von irgendwas ab. Fragte sich nur von was. Denn wo er jetzt fertig war, hatte er ja eigentlich nichts mehr zu tun. Nun, doch schon. Er konnte seine Verlegerin anrufen und bescheid sagen, dass der "Schund" nun endlich fertig war. Dieser Roman, der ihn etliche Nerven und letztendlich seine Beziehung gekostet hatte. Beziehung. Was für ein Wort. Naja, jedenfalls war die Sache mit Shuichi nun vorbei. Daran musste er sich gewöhnen. Was hieß da gewöhnen, eigentlich musste er die Situation doch jetzt genießen, wenn ihm niemand mehr im Weg war. Aber vielleicht war gerade das so öde? Schweigen wirkte jetzt angebracht, immerhin war niemand da, mit dem er sprechen konnte, aber gerade das Schweigen ließ die Räume noch toter erscheinen, als sie eh schon waren. Er kratzte sich am Hinterteil und entschied sich dazu, sich jetzt erst einmal hinzulegen. Die ganze Nacht über hatte er am Laptop gesessen, also war eine Pause, war Schlafen nun genau das Richtige. Es war ja auch niemand mehr da, der ihn an diesem Vorhaben hindern konnte. Das war natürlich herrlich. Freiheit. Er verzog die Mundwinkel. Wenn das die heißgeliebte Freiheit war konnte man sich fragen, was an ihr so faszinierend war, wenn sie daraus bestand, dass man gerade mal die Freiheit hatte sich hinzulegen, zu schlafen, sich sonst aber zu langweilen. Das Bett war leer. Natürlich, es war ja sonst niemand da, der dort hinein gehörte. Ein Bett ganz für ihn allein. Schön, endlich konnte man sich so richtig ausbreiten. Er kuschelte sich in die Bettdecke und schloss die Augen. Ihm war kalt. Das Bett war einfach kalt. Einsamkeit war kalt. Er drehte sich auf die Seite. Ach, was war das doch herrlich ein großes Bett zu haben, sich ausbreiten zu können...und im Gegenzug niemanden an seiner Seite zu haben, der Wärme und Geborgenheit ausstrahlte.... --------------- "Okay danke, das wäre es dann für heute!" Shuichi atmete zufrieden auf. War das also auch geschafft. Jetzt mussten Hiro und er sich nur noch Gedanken um den neuen Song machen. Bzw. musste er das tun, nicht Hiro. Hiro hatte schon genug mit der Musik zu dem Song dazu getan. Und die Melodie war wirklich ausgesprochen schön...jetzt musste er sich nur etwas Gescheites dazu einfallen lassen. Aber ein wenig Zeit hatte er ja noch. Vielleicht musste er sich mit Fujisaki zusammen setzen, so unkreativ war der ja gar nicht. Abwarten. Einfach abwarten. Jetzt hatte Shuichi einfach nur einen Bärenhunger und drängte Hiro dazu schnell noch irgendwo was essen zu gehen. "Wir können uns doch genau so gut etwas machen, als dass wir jetzt noch extra dafür etwas ausgeben müssen." "Ich hab aber jetzt Hunger!" protestierte Shuichi und machte einen auf gespielt beleidigt. Hiro verdrehte die Augen. "Hm...ich kann dich ja wo absetzen und während du was isst, hole ich noch schnell deine restlichen Sachen, wie wäre es damit?" Shuichis Gesichtsausdruck verdunkelte sich sofort wieder. Er hielt Hiro am Arm fest. "Nein...dann lass das lieber und wir fahren sofort zu dir." Innerlich stöhnte sein bester Freund auf. Wenn er das jetzt nicht hinter sich bringen wollte, wann dann? Vielleicht ging aber auch er selbst viel zu schnell vor. Vielleicht war es tatsächlich besser noch ein paar Tage zu warten, bis Shuichi seinen restlichen Krempel aus Yukis geheiligten vier Wänden wieder holen wollte. Obwohl Hiro das noch an diesem Tag lieber gewesen wäre. Er schwang sich auf sein Motorrad und deutete Shuichi an, sich hinter ihn zu setzen. "Dann schauen wir gleich mal, was wir uns zu Essen machen können!" rief er noch hinter sich und startete seine Maschine um so schnell es ging zurück in seine Wohnung zu kommen. Dort angekommen wackelte Shuichi sofort in die Küche, um den Kühlschrank und das Gefrierfach zu inspizieren. Sein Magen schrie jetzt danach etwas zu essen. "Ich mach Fischstäbchen" kündigte er an und Hiro verfolgte sein Vorhaben mit achtsamen Augen. Denn Shuichi war dafür bekannt, dass er selbst bei den einfachsten Dingen in der Küche (zum Teil natürlich auch in anderen Lebensbereichen) ein Händchen dafür hatte ein Chaos zu verbreiten. Also ging er seinem besten Freund lieber gleich zur Hand. "Warte...stellt die Herdplatte noch nicht so hoch, sonst sind die Fischstäbchen außen verkohlt und innen noch gefroren." Mit einem amüsierten Gesichtsausdruck stellte er sich hinter Shuichi und gab ihm seine Anweisungen. Shuichi steckte dies mit einem Lächeln weg. Er wusste selbst, dass er manchmal ein Chaosstifter war, und Hiro hatte schon immer das richtige Händchen dafür gehabt, es ihm schonend beizubringen. Nicht so wie Yuki, der ging ja immer sofort an die Decke, wenn etwas nicht in Ordnung war. Yuki...Er ließ den Pfannenwender sinken und starrte auf die Pfanne, in der sich das brutzelnde Fett und die Fischstäbchen befanden. Aber er wollte die beiden jetzt nicht miteinander vergleichen. Das wäre nicht fair. Stellte sich nur die Frage wem gegenüber das nicht fair wäre. "Wende sie mal, oder möchtest du eine Seite ganz schwarz?" Er konnte Hiro förmlich hinter sich grinsen hören, tat jedoch, wie ihm befohlen. Hiro hatte mittlerweile Vertrauen in Shuichi gefasst, der schwer bewaffnet mit dem Pfannenwender am Herd stand, so dass er nun aus dem Kühlschrank etwas Remoulade heraus holte. "Oder willst du sie trocken essen?" sprach er mit etwas lauterer Stimme Richtung Herd woraufhin Shuichi sich zu ihm umdrehte und den gebückten Hiro ansah. "Nein, ist schon Recht so.." War ja gar keine schlechte Aussicht. "Ich glaub die sind gleich fertig" bemerkte er nur wieder knapp und teilte dann auf zwei Teller das Essen gerecht auf. "Sollen wir heute Abend nicht was Trinken gehen?" schmatzte er während des Essens hervor. "Wenn du willst" antwortete Hiro nur knapp, warf dann aber direkt ein "Aber lass dich nicht sinnlos vollaufen, nur um vor deinen Problemen wegzurennen!" hinterher. Doch Shuichi winkte ab. "Lass uns das machen, morgen müssen wir ja erst spät zur Arbeit!" Fest entschlossen und fertig mit dem Essen räumte er den Tisch ab, spülte das Geschirr ohne einen Teller zu zerdeppern und drehte sich dann wieder zu Hiro um. "Wann ziehen wir los?" --------------- Mit einem brummenden Kopf wachte Eiri auf. "Ach scheiße..." fluchte er in den leeren Raum hinein und schälte sich aus seinem Bettzeug. Er wuschelte sich durch die Haare und erhaschte dabei einen Blick auf die Uhr. Es war bereits 18 Uhr durch. Ausgeschlafen war er nun vollkommen. Das hieß, er würde sicher die Nacht über nicht schlafen können. Normalerweise hatte er dafür ja immer ein Mittelchen zur Verfügung. Wo steckte der Kleine jetzt überhaupt? Wieder durchzog ein weiterer Schmerz seinen Kopf und es dämmerte ihm wieder. Shuichi hatte ja am Vortag mit ihm Schluss gemacht. Er hielt sich in der Tat wacker. Seit über 24 Stunden waren sie schon nicht mehr zusammen und der Kleine hatte sich nicht blicken lassen. Er streckte sich erst einmal genüsslich und schlurfte dann langsam in die Küche, stöberte im Kühlschrank nach etwas Essbarem, sein Appetit allerdings sagte ihm, dass nichts davon das war, was er essen wollte. Vielleicht sollte er sich was bestellen? An der Pinnwand hing immerhin noch die Liste mit den Bringservices. Als er mit den Fingern über die Menüs wanderte, machte er bei Shuichis Leibgericht Halt. Prima, dann konnte er sich das Geld dafür ja wenigstens auch schon einmal sparen. Fest entschlossen griff er um Telefonhörer und wählte die angegebene Nummer. "Ja...ehm...Tag. Eiri Yuki hier. Ich hätte gerne einmal Menü Nr. 14, aber ohne...was? Ja ja genau. Wie immer eben. Dann aber ein Bier bitte noch dazu und einen Salat. Bitte? Ja ja, genau. Wie immer eben! Ach und dann noch Men...ehm nein, das war dann schon alles. Hm? Nein nein, nur Menü 14. Ja, ausnahmsweise mal. Vielen Dank!" Genervt legte Yuki wieder auf. Was tanzte der ihm jetzt mit Shuichis Leibgericht auf der Nase herum. Wollte er eben das Zeug dieses Mal nicht haben. Und fast hätte er das auch noch selbst bestellt. Er schüttelte den Kopf und gähnte herzhaft. Gleich konnte er ja noch seine Verlegerin anrufen und ihr von seinem Romanabschluss erzählen. Mal abwarten, vielleicht hatte das ja noch Zeit bis zum nächsten Tag. Selbst jetzt nach dem Aufstehen war die Stille nicht mehr auszuhalten, also entschied er sich den Fernseher anzuschalten. Doch auch die Flimmerkiste schien nicht gerade das beste Programm an diesem Abend zu bieten. Jedoch beim Musiksender blieb er einige Minuten. Das neueste Video von "Bad Luck" wurde gespielt. Mit einem sehnsüchtigen Blick starrte Yuki auf die Mattscheibe. Wieso hatte er ihm eigentlich nie gesagt, was für eine schöne Stimme er hatte? So einzigartig...wie er eben selbst war. Erst das Gitarrensolo von Hiro brachte ihn dazu, den Sender zu wechseln. Das war doch auch zu dumm. Erst brüllte ihm der Kleine entgegen, er solle ihn vergessen, und dann fand man ihn gleich auf dem erstbesten Musiksender wieder. Er wusste zwar selber, dass er Shuichi dafür nicht verantwortlich machen konnte, aber in diesem Moment kam ihm diese Unterstellung gerade recht. Mit knurrendem Magen öffnete er eine halbe Stunde später die Tür und nahm sein Essen in Empfang. Er drückte dem Boten das Geld in die Hand, inklusive Trinkgeld, warf die Tür hinter sich zu und machte sich sofort über das Essen her. Doch auch das war irgendwie nicht das Selbe. Wann hatte er denn wirklich mal alleine essen müssen in der Gewissheit, dass dies ein Dauerzustand sein würde? Das schien schon so ewig lange her. Er schüttelte den Kopf. Shuichi Shindou war aus seinem Leben verschwunden. Er selbst hatte es gewollt. Jetzt musste nur Yuki für sich ausmachen, wie genau er das angehen wollte, ihn zu vergessen. Aber wie verdammt noch mal sollte das schon funktionieren, wenn alles in diesem Haus nur Shuichis Namen schrie? --------------- Lauthals grölend und lachend verließen Hiro und Shuichi die Bar, in der sie sich seit ein paar Stunden aufgehalten hatten. Wohlweißlich, dass er selbst nicht der Versuchung Stand halten konnte, hatte Hiro sein Motorrad stehen lassen und sie hatten sich zu Fuß auf den Weg gemacht. Doch nun hatte er, selbst im Suff, Zweifel daran, dass sie beide diesen Spaziergang in einer Zeit von unter einer Stunde und gesund überstehen würden. "Vielleicht solltn wir n Taxi nehmen?" hauchte er eine Etage tiefer. Er hatte den Arm um seinen besten Freund gelegt, der sich noch schlechter auf den Beinen halten konnte, wie er selbst. "Wennde meinscht!" Shuichi bekam Schluckauf und gleich im Anschluss daran einen weiteren Lachanfall. Weshalb wusste er vermutlich selber nicht, aber wer brauchte schon Gründe, wenn man sich ordentlich einen hinter die Binde gekippt hatte. Plötzlich sank Shuichi in die Knie und Hiro hatte Mühe ihn festzuhalten. "Hey, wo willste hin?" Er lachte kurz auf und schwankte langsam ebenfalls Richtung Boden und versucht seinen Freund wieder hinaufzuziehen. "Isch glaub du has Recht, is wohl bessa wenn wa mit nem Taxi fahren!" Shuichi lagerte sein Gewicht auf Hiro. Er schlang seine Arme um die Hüfte seines Freundes und brachte diesen damit ebenfalls ein weiteres Mal aus dem Gleichgewicht. Dieser jedoch konnte sich an einem Laternenpfahl abstützen. "Ah, da is ja eins!" Hiro wedelte wie ein Wilder mit seiner freien Hand nach einem heran nahenden Taxi. Dass sie bei diesen Aktionen von anderen Leuten angegafft wurden störte sie nicht weiter, sofern sie das überhaupt mitbekommen hatten. Nachdem Hiro Shuichi irgendwie ins Taxi gehievt bekommen hatte machten sie sich auf den kurzen Weg zurück nach Hause. Nur wenige Minuten später schwankten sie Richtung Haustür (Hiro hatte die Taxirechnung natürlich allein bezahlen müssen) und nur mühsam fand Hiro das Schlüsselloch. Er grinste, der Taxifahrer war bestimmt froh, dass sie sein Taxi wieder so schnell verlassen hatten. Mühsam stemmte er die Tür auf und zog seinen besten Freund hinter sich her in den Flur. Shuichi ließ sich sofort völlig erschöpft auf dem Flurboden nieder und fasste sich theatralisch an die Stirn. "Puh...irgendwie hab ich nen riesigen Durst!" lallte er vor sich hin und bekam von Hiro eine Wasserflasche in die Hand gedrückt, während dieser versuchte über Shuichi hinweg zu kraxeln. An seinem Vorhaben wurde er gehindert, als Shuichi sich an seinem Bein fest klammerte. "Ach Hiroooooooo!" johlte er ihm entgegen während dieser sein Gleichgewicht verlor, sich im Sturz aber noch fangen konnte und auf seinen Knien landete. Kaum war er unten angekommen kuschelte Shuichi sich an seine Schulter. "Ich hab dich lieb..." flüsterte dieser und schloss die Augen. Mein Gott, Shuichi hatte wirklich sehr über den Durst getrunken, wenn er ihm jetzt auf so weibische Art und Weise zu Verstehen gab, dass er ihn sehr mochte. Versunken in diese Gedanken strich er ihm über die Haare und stand wieder auf. "Komm, am besten ist es, wenn du direkt ins Bett gehst". Hiro schien von einem Moment auf den anderen wieder völlig klar im Kopf zu sein. "Nun komm schon, Shu-chan!" und versuchte seinen besten Freund ebenfalls wieder auf die Beine zu kriegen, welcher sich aber wie ein nasser Sack hängen ließ. Erst als Shuichi wieder einigermaßen auf der Höhe war, bemerkte er die Tränen in seinem Gesicht. "Wieso kann Yuki nicht ein bisschen so sein wie du, du bist immer sooooooo lieb zu mir!" Schluchzend warf er sich Hiro an den Hals. "Ach Shuichi..." tröstend strich er ihm über die Haare, über den Rücken und blickte zu ihm herab. Konnte dieser süße Kerl nicht endlich einmal an was anderes denken als an diesen nervigen Romanautor? Er seufzte und zerrte Shuichi ins Schlafzimmer, drückte ihn aufs Bett und kniete sich zu ihm herunter. Sanft strich er ihm die Tränen aus den Augen. "Hör auf zu weinen, Shu-chan. Ich bin doch jetzt bei dir, du bist nicht alleine. Und ich tu alles, damit es dir besser, geht, okay?" Sein übliches Lächeln folgte seinen soeben ausgesprochenen Worte und ein leerer Blick Shuichis war die Antwort darauf. "Ich bin immer noch wie ein kleines Kind!" jammerte Shuichi und krallte sich in Hiros Hemd fest. "Ach was...du bist nur sehr sensibel!" sprach er weiterhin beruhigend auf seinen besten Freund ein. --------------- Yuki hatte zwar alles restlos aufgegessen, aber richtig geschmeckt hatte es ihm auch nicht. Mürrisch prügelte er die Verpackungen in den Mülleimer unter der Spüle und öffnete seine dritte Dose Bier. Was hatte er denn bitteschön früher immer gemacht, wenn er alleine war. "Gesellschaft gesucht" hatte er sich manchmal, wenn bestimmte Bedürfnisse in ihm aufkamen. Aber darauf hatte er jetzt keine Lust. Seit Shuichi zu ihm gekommen war hatte er darauf keine Lust mehr gehabt. Flirten sei dahin gestellt gewesen, aber sich wirklich auf etwas einlassen hatte er sich nie wollen. Der Kleine musste ihn verhext haben. Was der jetzt wohl machte? Vermutlich heulte er sich bei Hiro noch immer die Augen aus. Und lange sollte es sicherlich nicht mehr dauern, bis er wieder bei ihm angekrochen kam. Vielleicht sollte er sich dann mal für seine Launen und Taten entschuldigen. Darauf wartete der Kleine bestimmt auch noch. Das würde sich dann ja zeigen, wenn er wieder zu ihm angekrochen käme. Und jetzt? Normalerweise kam doch immer irgendwer vorbei - unangemeldet. Oder war das jetzt auch mit Shuichi verschwunden? Außer Tohma natürlich, der ließ sich ja unangemeldet ständig blicken. Er gähnte. Ein paar Bier mehr und er könnte die Nacht über sicherlich ganz gut schlafen. Es war ja auch sonst niemand da, der ihn davon abhalten konnte... --------------- Ein sanfter Kuss auf die Stirn folgte. Shuichi hatte währenddessen seine Hand fest mit der Hiros verankert und die Augen geschlossen. Hiros Lippen waren so wunderbar weich und der warme Kuss auf seiner Stirn tat gut. So unendlich gut. Denn auf Hiro, wusste Shuichi, konnte er sich hundertprozentig verlassen. Es hatte noch nie einen Moment gegeben, in dem Hiro nicht für ihn da gewesen war. Als sich sein bester Freund etwas von ihm gelöst hatte und fürsorglich zu ihm herunter blickte, musste Shuichi ein paar Mal schlucken. Was lag in Hiros Augen verborgen, was er nicht richtig deuten konnte? Ein leichtes Lächeln fuhr einen kurzen Moment über Shuichis Lippen und er reckte sich nach Hiro, bis er seine Lippen zu fassen bekam. Sanft drückte er seine auf die des anderen und öffnete leicht seinen Mund, als dieser mit seiner Zunge Einlass erforderte. Shuichi ließ sich nach hinten aufs Bett fallen, noch immer versiegelten seine Lippen die seines besten Freundes und ihre Zungen fochten einen leidenschaftlichen Kampf aus. Langsam wanderten Shuichis Hände unter Hiros Hemd, erkundeten langsam den Rücken, strichen sanft darüber und rutschten langsam ein wenig tiefer zu den Rundungen seines Pos. Hiros Küsse wurden fordernder, Shuichis Nähe, sein Geruch und seine süßen Küsse ließen ihn noch mehr nach dem jungen Mann verlangen, der unter ihm lag und sich wand. Plötzlich hielt Shuichi inne und löste sich von den Lippen seines besten Freundes, der, ein wenig überrascht über das plötzliche Ende ihres Kusses, ebenfalls die Augen öffnete und zu ihm herunter schaute. "Hiro..." in seinen Augen blitzten wieder Tränen auf während er dem Angesprochenen zaghaft durch die Haare fuhr. In seinem Hinterkopf sagte ihm eine Stimme ständig, es sei falsch dies mit Hiro zu tun, mit seinem besten Freund. Aber wenn er so in Hiros überraschtes Gesicht, in seine Augen, die so voller Gefühl waren, blickte, konnte er sich überhaupt nicht mehr sicher sein, was richtig und was falsch war. Was sollte er denn jetzt nur tun? Seufzend ließ sich Hiro ein wenig sinken, bettete seinen Kopf neben Shuichis und schloss die Augen. Automatisch legten sich Shuichis Arme um seinen Rücken und drückten ihn ein wenig an sich. Hiros Atem kam seinem Ohr immer näher und er schluckte. "Bitte" erklang es leise neben ihm "vergiss Yuki doch wenigstens dieses eine Mal..." Kapitel 7: Immortality ---------------------- Shuichi wachte noch vor dem Wecker auf. 11 Uhr durch und er fühlte sich trotzdem total unausgeschlafen. Er angelte nach der Wasserflasche auf dem Nachttisch und nahm einen großzügigen Schluck aus dieser. Ein wahnsinniger Nachdurst. Dann blickte er neben sich. Hiro schlief noch tief und fest und sein zufriedener Gesichtsausdruck ließ Shuichi ein wenig erschauern. Er fasste sich an die Stirn. Was war in der Nacht nur mit ihnen beiden passiert? Er erinnerte sich an das angenehme Gefühl über Hiros Haut zu streichen, durch seine Haare zu fahren und seine weichen Lippen zu betasten. Er erinnerte sich auch an das Gefühl Hiros Hände auf seinem Körper, wie sie jeden Zentimeter erkundeten und sanft über ihn streichelten. Und er erinnerte sich an die Lust, die in ihm aufgeflammt war, als sein bester Freund ihn so berührt hatte. So viele Emotionen waren in diesem Moment durch seinen Körper geströmt und als sie sich vereint hatten, hatte er laut aufgeseufzt und sich völlig diesem süßen Gefühl hingegeben. Er hatte Hiro fest umklammert und ihn gebeten, ihn nie wieder los zu lassen. Mit jedem weiteren Stoß seines besten Freundes fühlte er die starken Gefühle, die sie beide verband. Und was war jetzt? Er wusste nicht, ob er es bereuen sollte oder nicht. Die Tatsache, dass sie noch immer beste Freunde waren, dass sie in dem Moment beste Freunde gewesen waren, in dem sie miteinander geschlafen hatten, erschien ihm so...falsch. Was war in sie gefahren, das zu tun? Steckte mehr hinter ihren freundschaftlichen Gefühlen? Oder...daran wollte Shuichi gar nicht denken, hatte er etwa versucht Yuki einfach durch Hiro zu ersetzen? "Hmmmmm...morgen" schmatzte es ihm von unten entgegen. Hiro war nun ebenfalls aufgewacht und rieb sich noch verschlafen durch die Augen. "Morgen" brachte Shuichi nur im Flüsterton heraus. Mühsam richtete sich Hiro etwas im Bett auf und gähnte herzhaft. Dann glitt sein Blick zu Shuichi hoch, er lächelte und wuschelte seinem besten Freund durch die Haare. "Noch immer traurig?" fragte er vorsichtig nach, doch Shuichi zuckte nur mit den Schultern. "Ich weiß nicht..." seufzte er und zog seine Beine an sich, umklammerte sie mit seinen Armen und ließ seinen Kopf darauf sinken. Einen Moment lang herrschte Stille. Hiro rutschte im Bett noch etwas weiter nach oben, darauf bedacht, dass die Bettdecke ihn noch verhüllte und nahm Shuichi leicht in den Arm. "Bereust du es?" Augenblicklich musste Shuichi erröten. Er spürte Hiros warmen Atem neben sich. Er blickte hilfesuchend zu seinem besten Freund hoch. "Bereuen..." Er seufzte "Weiß nicht, ich meine, was stimmt nicht mit uns? Wir sind beste Freunde, wie..." "Ich weiß was du meinst, Shu-chan..." Unbewusst drückte Hiro seinen Freund näher an sich heran. Er konnte seine Gefühle gerade selbst nicht richtig einordnen. "Vielleicht sollten wir uns einfach Zeit lassen" erklang es plötzlich etwas dumpf neben ihm. Shuichi hatte sein Gesicht in den Händen vergraben. "Ich meine" dabei blickte er wieder auf "ich weiß, dass du mir sehr wichtig bist und du mir gut tust. Also, bereue ich es vielleicht nicht?" Erschrocken fuhren beide zusammen, als der Wecker sie aus ihren Gedanken riss. Unruhig rieb sich Shuichi durchs Gesicht. "Ich geh als erster duschen, okay?" Hiro nickte nur stumm. Shuichi robbte bis an die Bettkante und stand auf, erinnerte sich in dem Moment jedoch an seine vollkommene Nacktheit und riss das Betttuch an sich. Etwas verwundert und gleichzeitig amüsiert blickte Hiro zu ihm hoch. "Wofür brauchst du die denn? Denkst du ich weiß nach dieser Nacht nicht genau, wie du nackt aussiehst?" Shuichi errötete abermals. "Das ist es nicht..." flüsterte er, während sich sein Blick verdunkelte. "Ich fühl mich...eben nicht so schön. Es ist mir irgendwie unangenehm." In das Bettlaken gewickelt huschte er an seinem besten Freund vorbei und murmelte noch im Vorbeigehen "Das war auch bei Yuki schon immer so..." --------------- "Morgenstund hat Bier im Mund... ... oder so ähnlich muss es für Shindou und Nakano der Band Bad Luck geheißen haben. Grölenderweise zogen sie in den frühen Morgenstunden stark schwankend durch die Straßen, bis ein barmherziger Taxifahrer sich bereit erklärte die stark angetrunkenen Stars nach Hause zu fahren. "Ich war froh als sie endlich ausstiegen, sonst hätte mir bestimmt noch einer ins Auto gekotzt" sagte Ichiro M. unserem Reporter." Fujisaki hatte die kleine Kurzmitteilung in der Zeitung sofort erblickt. Aber selbst solche Publicity war besser als gar keine. Hiro und Shuichi schafften es in der Tat immer wieder irgendwie in der Zeitung genannt zu werden. Je mehr über sie geschrieben wurde, jedenfalls zeigte das die Erfahrung der vergangenen Zeit, desto besser verkauften sich ihre CDs. Und selbst wenn es so peinliche Nachrichten waren, dass sich zwei Personen der Band hatten voll laufen lassen. Er schaute von der Zeitung erst wieder auf, als seine beiden Bandkollegen langsam ebenfalls eintrudelten. "Kommt ihr heute auch noch" bemerkte er fast beiläufig mit leicht tadelndem Blick. Wie sich die beiden manchmal gehen ließen..."Wie sieht es mit den Texten aus?" war seine weitere Frage. "Ich arbeite daran..." murmelte Shuichi in seinen nicht vorhandenen Bart und ließ auf den Stuhl Fujisaki gegenüber fallen. "Wenn dir nichts einfällt müssen wir eben jemanden engagieren, der was vernünftiges schreibt!" "Nein, nein, mir wird schon rechtzeitig etwas einfallen!" "Übrigens, schön, dass was über euch in der Presse steht!" "Was denn?" Hiro griff nach der Zeitung und las sich den kleinen Artikel mit einem Lächeln auf den Lippen durch. "Ach, so ein Kleinkram. Die haben auch nicht Besseres zu tun..." "Aber immerhin wird die Band erwähnt" gab Shuichi gähnend seinen Senf dazu. Er nahm einen Block und einen Stift zur Hand. "Was kommt jetzt?" Doch Shuichi antwortete nicht, sondern begann, Worte auf den Block zu krickeln. Ihm war eine Idee für einen neuen Song gekommen. Die einzelnen Buchstaben, Worte sprudelten nur so aus ihm heraus. In Gedanken ging er immer wieder Hiros Melodie nach, die Worte passten perfekt! --------------- "Schon gelesen?" fast beiläufig schob Tohma seinem Schwager die Zeitung unter, welcher nur mit einem gelangweilten Blick darüber blickte. "Was soll ich denn gelesen haben?" Tohma zeigte mit seinem Finger auf den kleinen Kasten mit den Kurzmitteilungen. Eiris Augen überflogen den kleinen Textteil und fragend hob er seinen Blick, um Tohma in die Augen zu schauen. "Und?" Genau so gelangweilt, wie er dem Text gefolgt war, steckte er sich nun eine Zigarette an und wartete auf eine Antwort. "Ich dachte, das würde dich eventuell interessieren." "Dass er sich betrinkt? Kann mir doch egal sein, ist seine Leber, die er sich kaputt macht." "Nakano war dabei." "Dann eben wie sie sich beide die Leber kaputt machen." "Was du ja nie tun würdest." "Und sein toller bester Freund ist mir ohnehin schnuppe!" Er spuckte die Worte schon förmlich heraus. "Du magst ihn nicht, was?" Doch als Antwort erntete er einen weiteren giftigen Blick seines Schwagers. "Was Shindou macht, ist mir gleichgültig. Wir sind nicht mehr zusammen und jetzt müssen mich seine kleinen Eskapaden noch weniger interessieren, als vorher schon." "Weshalb hast du dir dann die StarShine gekauft, wenn dich seine Eskapaden nicht interessieren?" Sein Blick klebte förmlich an Eiri und er bemerkte die leichte Unsicherheit des Romanautors, auch wenn dieser versuchte sie so gut es ging zu verstecken. "Ist doch eh nur Schund, was da drin steht. Ein wenig amüsieren darf man sich noch?" Seufzend erhob sich Tohma. "Eiri, ich möchte nur, dass dich niemand auf der Welt mehr verletzen kann. Und das hat sogar Shindou geschafft. Und du solltest ihn dir in keiner Form mehr antun. Auch nicht wenn es nur ein so lächerliches Interview ist." "Müsstest du nicht langsam mal arbeiten?" Beleidigt zog Tohma seine Finger zurück. "Wann ich zur Arbeit gehe ist immer noch meine Sache, ich habe da niemanden nach zu fragen. Aber gut, wenn du es wünschst, werde ich jetzt gehen." Er machte sich auf den Weg zur Tür. "Ich mache mir nur Sorgen um dich, Eiri." Yuki verdrehte genervt die Augen. Tohmas Fürsorglichkeit ging ihn in diesem Moment ziemlich auf die Nerven. "Ich weiß, ich weiß. Aber brauchst du nicht. Er...hat mich nicht verletzt, okay?" Tohma war einen leicht ungläubigen Blick auf seinen Schwager zurück. "Wenn du meinst. Bis dann". "Ja ja!" waren Eiris letzte Worte, die Tohma zu hören bekam und er verstand genau, was er ihm damit sagen wollte. Nachdem Eiri seine Verlegerin über die Beendigung seines Buches informiert und einen Termin mit ihr ausgemacht hatte, lehnte er sich in seinem Sofa zurück und starrte auf die StarShine, die noch immer unberührt auf seinem Wohnzimmertisch gelegen hatte. Langsam blätterte er auf die Seiten, auf denen Bad Luck sich den Fragen der Reporterin gestellt hatten. --------------- "Hey, das ist verdammt gut!" Hiro stand hinter Fujisaki und die beiden Augenpaare flogen über den Text, den Shuichi innerhalb einer halben Stunde auf Papier gebracht hatte. "Das ist echt gut..." murmelte Hiro ein weiteres Mal. Mit einem Lächeln begab er sich zu seinem besten Freund, der noch immer stumm auf seinem Stuhl saß. "Das müssen wir gleich ausprobieren!" Unbewusst legte er Shuichi die Hand aufs Knie, zog sie aber sofort wieder zurück, als er bemerkte, wie sein Freund vor dieser Berührung zurück schreckte. "Danke" Abrupt stand Shuichi auf und nahm Fujisaki den Zettel aus der Hand. "Dann würde ich sagen, versuchen wir das gleich mal in die Tat umzusetzen!" Seine Augen funkelten vor Enthusiasmus und in der Tat konnte er es nicht erwarten, diesen neuen Song dem Management vorzustellen und sofort auszuprobieren. Immerhin brauchten sie für das Album noch ein paar Lieder und dieses Lied war ein perfekter Anfang dazu. Und doch, als er im Studio stand, vor dem Mikrofon mit den Kopfhörern auf den Ohren, und Hiros Melodie daraus erklang, musste er schlucken. Mehrmals. Sein Herz raste. Weshalb nur? Vermutlich weil er die ganze Zeit über beim Schreiben dieses Liedes an Yuki hatte denken müssen. Yuki, Yuki. Er ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Hatte er tatsächlich geglaubt, dass Yuki ihn vermissen würde? Nichts von alledem. Warum auch, es war ja auch vorher nie so gewesen... "So this is who I am, And this is all I know, And I must choose to live, For all that I can give, The spark that makes the power grow. And I will stand for my dream if I can, Symbol of my faith in who I am, But I am so lonely, And I must follow on the road that lies ahead, I won't let my heart control my head, But I am so lonely." Obwohl Hiro doch bei ihm war. Hiro. Was war nur mit ihnen passiert? Wie sollte er diese neuen Empfindungen, die er seinem besten Freund entgegenbrachte, deuten? Wie war es nur dazu gekommen, dass sie derart intim miteinander geworden waren? Wieso gab es nicht einfach ein Aufwachen aus dem Alptraum, aus diesem Gefühlsgewirr? "And we don't say goodbye, we don't say goodbye. And I know what I've got to be" Er schloss die Augen und sog noch einmal tief die Luft in sich hinein. "Immortality I make my journey through eternity I keep the memory of you and me inside" Yuki... "Fulfill your destiny, Is there within the child, My storm will never end, My fate is on the wind, The king of hearts, the joker's wild, And we don't say goodbye, we don't say goodbye I'll make them all remember me Cos I have found a dream that must come true, Every ounce of me must see it through, But I am so lonely I'm sorry I don't have a role for love to play, Hand over my heart I'll find my way, I will make them give to me" Wieso konnte sich nicht einfach alles von selbst regeln, weshalb musste alles immer so verdammt schwierig sein? "Immortality There is a vision and a fire in me I keep the memory of you and me, inside And we don't say goodbye We don't say goodbye With all my love for you And what else we may do We don't say, goodbye" Ausatmen. Er hielt noch immer die Augen geschlossen, denn er befürchtete, dass wieder einmal die Tränen aus ihnen heraus strömen würden. Noch einige weitere Male tief ein und ausatmen. Aber spätestens, als er Hiros Hand auf seiner Schulter spürte konnte er sich nicht mehr zusammen reißen. --------------- "Wie oft laufen auf diesem Kanal eigentlich Musikvideos von Bad Luck" murmelte Eiri und warf den Kopf in den Nacken. Er hatte es sich am Fuße seiner Couch bequem gemacht, die Beine unter dem Wohnzimmertisch ausgestreckt, eine Zigarette in der rechten, eine Dose Bier in der linken Hand. Die Zigarette wanderte zu seinen Lippen, er inhalierte den Rauch, behielt ihn für einige Sekunden in der Lunge und stieß den Qualm dann wieder aus. "Bad Luck, Bad Luck, den ganzen Tag Bad Luck." Er versuchte aufzustehen und landete mit seinem Hintern allerdings direkt auf dem Sofa. Wieso verdammt noch mal meldete sich der Kleine denn nicht einfach wieder? Das war doch zum Kotzen. Shuichi schien das ja alles nicht einmal was auszumachen, der lief betrunken mit seinem Kumpel Hiro durch die Gegend. Hiro...schon allein dieser Name regte ihn auf. Er vergrub seinen Kopf in den Händen. Wie lange wollte der Kleine sich denn noch von ihm fern halten? Und wieso verdammt noch mal störte ihn das eigentlich so? Er verharrte noch einige Minuten so in der Starre, bis sein Blick auf den Wohnzimmertisch glitt und an der StarShine haften blieb. "Wenn man jemanden liebt, sollte so etwas funktionieren und kein Problem darstellen." War das ein Vorwurf an ihn gewesen? Was erwartete er denn bitte von ihm? Er hatte vier Jahre Zeit gehabt ihn kennen zu lernen. Er musste doch wissen, dass das nicht ging, was er von ihm erwartete...Er tastete sich zur Fernbedienung vor. Er konnte dieses Gedudel einfach nicht mehr ertragen. Das wirkte alles so ekelhaft glücklich. Und glücklich war er in diesem Moment sicherlich nicht. "Du kleine miese Ratte..." schrie er in die leere Wohnung und es war ihm, als fielen seine Worte kläglich von den Wänden und leeren Räumen zurück wie ein Echo. "Du dämliches Arschloch..." er sank zurück ins Sofa und stützte seinen Kopf auf der rechten Handinnenfläche ab. "Verdammte Scheiße..." seine Stimme war nur noch ein Flüstern. Er kauerte sich auf der Couch zusammen. "Gott, ich drehe noch durch...jetzt komm endlich zurück..." --------------- "Wenn du nicht immer so viel heulen würdest wäre es manchmal etwas erträglicher. Aber...nichts für ungut!" Fujisaki prostete seinem Lied-Sänger zu und nahm einen kräftigen Schluck davon. Dann stellte er seine Flasche ab, um die Waschräume der Bar aufzusuchen. Er hatte vorher im Studio eindeutig viel zu viel Wasser getrunken. Shuichi seufzte. Und Hiro wusste nicht genau wie er diesen Seufzer deuten sollte. Im Tonstudio hatte er sich noch fest an ihn geklammert, sein Hemd vollgeweint und ihn nicht mehr losgelassen. Und wieder hatte er ihn getröstet, in den Arm genommen und versucht so gut es ging ihn zu beruhigen. Aber dieses Lied hatte ihn irgendwie angestrengt. Er hatte sehr konzentriert beim Singen ausgeschaut, und es kam ihm vor, als würde er jede Zeile noch einmal neu überdenken. Erst als er sich ein wenig beruhigt hatte war er unter Hiros Berührung ein weiteres Mal zusammen gezuckt und hatte sich ruckartig von ihm gelöst. "Was ist nur mit uns los?" Hiro hatte überhaupt nicht gemerkt, dass sein bester Freund ihn so interessiert musterte. "Was meinst du?" Hiro stützte sich mit dem linken Ellbogen am Stehtisch ab. "Was ist mit uns los meine ich damit?" "Weil wir miteinander geschlafen haben?" Das Licht wirkte zwar leicht schummerig, aber Hiro konnte trotzdem sehen, dass Shuichi ein wenig rot wurde. "Ja. Das auch. Aber was ist sonst mit uns? Wieso ist das passiert, sollten beste Freunde so weit gehen?" Die großen Augen seines besten Freundes schauten ihn traurig und fragend an. "Ich weiß auch nicht. Ich weiß nur, dass du mir...sehr wichtig bist und dass es letzte Nacht wirklich...sehr schön war." "Das bestreite ich doch gar nicht." Shuichi griff vorsichtig nach der Hand seines besten Freundes und zog ihn ein Stück näher an sich heran. "Vielleicht brauchen wir einfach nur ein bisschen Zeit..." "Mag sein..." Shuichi machte eine kurze Pause. "Aber ich brauche dich und bin dir dankbar, dass du noch immer für mich da bist!" "Ich hab dich doch noch nie alleine gelassen." "Ich weiß." Leicht näherten sich die beiden Lippen erneut. Shuichi schloss die Augen und genoss noch einmal die weichen Lippen seines besten Freundes und wollte am liebsten laut aufseufzen, als sich dessen Lippen wieder von ihm trennten. Hiro strich ihm vorsichtig eine im Gesicht kleben Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ich brauche dich auch, Shu-chan." --------------- Hiro beobachtete den noch schlafenden Shuichi schon seit einer geraumen Weile. Er sah beim Schlafen wirklich aus wie ein Engel. Ja, süß war sein kleiner Shuichi schon immer gewesen. Vorsichtig strich er ihm über die Wange, spürte die sanfte, weiche Haut seines besten Freundes und seufzte leise. Fiel es Shuichi genau so schwer seine Gefühle einzuordnen, wie ihm? Was genau wollte ihm dieses Gefühl sagen, das er für Shuichi hatte? Geborgenheit. Das war es, was er Shuichi gerne geben wollte und was er ebenfalls liebend gerne von ihm einforderte. Sie waren eben beste Freunde. Doch in gewisser Weise war Hiro schon von Anfang an eifersüchtig auf Yuki gewesen. Obwohl er im Grunde genommen bemerkt hatte, dass ihre Freundschaft gerade in dieser Zeit noch inniger geworden war...Traurig sah er weiterhin auf den friedlichen schlafenden Sänger. Wie leid es ihm immer getan hatte, wenn Shuichi völlig aufgelöst vor ihm gestanden und über seine Beziehung geklagt und geweint hatte. Ein Grund mehr Yuki nicht zu mögen. Jetzt wollte er für Shuichi da sein, eben so, wie es sich für den besten Freund gehört. Oder war da noch etwas anderes? Weshalb war in ihm überhaupt der Wunsch aufgekommen mit seinem besten Freund intim zu werden? Eine so plötzlich aufflammende Leidenschaft - wobei Shuichi der erste Mann war, mit dem er geschlafen hatte. Und wahrscheinlich auch der Einzige bleiben würde. Ging seine Liebe zu Shuichi etwa über die freundschaftliche Liebe hinaus? Er verdrängte seine Gedanken schnell, als er bemerkte, dass sich sein Freund neben ihm bewegte und langsam die Augen zu öffnen begann. Verschlafen saß Shuichi in dem anscheinend viel zu großen Pyjama in der Küche und gähnte herzhaft, als Hiro ihm die Milchtüte vor die Nase stellte. "Ich finde, ich sollte heute deine restlichen Sachen holen, oder?" Er linste zu Shuichi hinüber welcher ihm mit einem Schulter zucken antwortete. "Shuichi, wenn du von ihm los kommen willst, solltest du auch keine Sachen mehr bei ihm haben." Er seufzte. "Du hast ja Recht, ich weiß. Aber es ist trotzdem so komisch. Weil es so endgültig ist." "Willst du es denn nicht endgültig machen? Du hast es jetzt immerhin schon länger ausgehalten als sonst..." Schweigen. Nur das Ticken der Uhr erfüllte den Raum. "Okay" gab Shuichi nur leise von sich und griff dann nach der Müsli-Packung. --------------- Zigaretten und Kaffee. Daraus bestand Eiris Frühstück. Aber es kümmerte ihn nicht sonderlich, dass er in diesem Moment nichts anderes hatte. Ihm fehlte etwas ganz anderes. Diese unentwegte Stille in seinem Haus wollte ihn in den Wahnsinn treiben. Wie konnte es nur sein, dass Shuichi nur wenige Tage von ihm weg war und er gleich Entzugserscheinungen hatte? Richtig schlafen konnte er nicht. Das Bett war zu leer ohne ihn. Weshalb hatte er das eigentlich nie so wahrgenommen, als er noch bei ihm war? Beziehungsweise, wieso musste er seine Abwesenheit jetzt so stark wahrnehmen? Und sein Schwager versuchte ihn immer weiter davon zu überzeugen, dass es das Beste für ihn war. Natürlich. Wenn man litt war es das Beste..."Gott, wie erbärmlich..." sagte er zu sich selbst und nahm einen großen Schluck vom Kaffee und hätte diesen am liebsten gleich wieder ausgespuckt. Den konnte man keinem Esel mehr ins Ohr kippen. Wie lange hatte er denn dort gesessen und nachgedacht? Vor allen Dingen über Shuichi... Seit der Kleine weg war, so musste er sich eingestehen, war es wahnsinnig langweilig. Aber er musste versuchen diese Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben. In Sachen verdrängen war er ja sonst eigentlich recht gut. Er musste jetzt an den Termin mit seiner Verlegerin denken. Das war wichtiger. Er zündete sich eine weitere Zigarette an. Den Fernseher wollte er jetzt nicht einschalten, er befürchtete zu sehr, dass er wieder einmal auf dem Musiksender landen würde und wieder einmal ein Video von Bad Luck zum Besten gegeben wurde. Er blickte auf, als es plötzlich an der Haustür klingelte. Wer konnte das nun schon wieder sein? Insgeheim hoffte er ja, dass Shuichi sich mal persönlich blicken ließ, aber so wirklich rechnete er damit nicht. Und als er die Tür öffnete gefror sein Gesichtsausdruck und er zog eine finstere Miene auf. "Was willst du denn schon wieder hier?" Was wollte der Kerl jetzt schon wieder bei ihm, in seinem Haus? Vor allen Dingen mit welchem Gesichtsausdruck. Jedoch standen sich beide in dem nichts nach. Eiri hatte genau so einen finsteren und genervten Blick drauf wie Hiro. "Shuichis restliche Sachen abholen!" gab Hiro kalt von sich ohne den Blick von Eiris Augen abzuwenden. Kalt und gefühllos wie immer. Er wollte eintreten, jedoch versperrte ihm Yuki den Weg. "Den Kram kann er sich auch selber abholen, dafür soll er nicht dich schicken!" "Will er aber nicht, jetzt lass mich rein!" Er machte einen weiteren Schritt auf Yuki zu, der den Weg noch immer nicht frei geben wollte. "Vergiss es. Das ist mein Haus, also verschwinde jetzt, sonst..." "Sonst was?" Die beiden Männer standen sich zornig gegenüber. Yuki schüttelte leicht amüsiert den Kopf und zog gleichzeitig die Zeitung aus seinem Briefkasten heraus. "Wenn ich seine restlichen Sachen hab, verschwinde ich liebend gerne wieder!" Hiro wirkte gefasst und er blickte den Romanautor eindringend an. Yuki verdrehte genervt die Augen. Wenn der Shuichis Sachen mitnehmen wollte würde er vielleicht nicht ständig an den Kleinen erinnert. Er wies Hiro den Weg hinein und entblätterte gelangweilt die Zeitung. Der Typ würde schon erkennen, was seins war und was Shuichis. Er überflog das Titelblatt der Zeitung. Die Worte "Bald Good Luck für Bad Luck?" weckten sein Interesser und er blätterte auf die angegebene Seite. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er das große Farbfoto seines Ex-Freundes und dessen besten Freundes sah. Hektisch überflog er die wenigen Zeilen, die dazu geschrieben worden waren. "Am gestrigen Abend wurden Shuichi Shindou und Hiroshi Nakano, Sänger und Gitarrist der erfolgreichen Band Bad Luck, in der Szene Bar "Flying Horse" gesichtet. Wie unschwer zu erkennen ist verbrachten sie die Zeit dort in trauter Zweisamkeit. Daher wird gemunkelt, dass die Beziehung Shindous zu dem Romanautor Eiri Yuki in die Brüche gegangen ist, wofür der Kuss mit seinem Bandkollegen spricht. Pech für Shindou-Fans, Glück für die Anhänger von Eiri Yuki. Dieser wird wohl bald wieder auf dem Singlemarkt vertreten sein." Hiro blickte sich etwas Hilfe suchend im Wohnzimmer um. "Wo sind denn seine CDs?" fragte er in den Raum hinein, drehte sich um und bemerkte, wie Yuki in die Zeitung vertieft war. Schien ja sehr interessant gewesen zu sein. Er wartete auf die Beantwortung seiner Frage. Doch statt dessen spuckte Yuki ihm nur eine Gegenfrage entgegen. "Was hast du mit ihm gemacht?" Wütend schmiss er die Zeitung auf den Wohnzimmertisch. Hiro blickte ihn entgeistert an. "Was?" Erst langsam fiel Hiros Blick auf die Seite der Zeitung, die noch offen auf dem Tisch lag. Er schluckte. Wieso mussten diese verdammten Aasgeier von der Presse eigentlich überall anwesend sein. "Hast du ihn etwa auch schon gevögelt?" Hiro erschrak ein wenig, als er den Blick Yukis sah. Wenn Blicke töten konnten wäre er in diesem Moment vermutlich tot umgefallen. Aber nicht nur das, er hatte sogar das Gefühl, dass ihm der Romanautor am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. Doch er versteckte seine Gedanken gut und lächelte nur verschmitzt. "Und wenn, was geht das dich überhaupt noch an?" Diese Antwort war jedoch zu viel für Yukis Gemüt. Er schnellte hervor, packte Hiro am Kragen und hatte Mühe, sich unter Kontrolle zu halten. Nein, der Kerl war es nicht wert. "Raus mit dir" brummte er ihm wütend entgegen und zerrte ihn am Arm wieder zur Haustüre. Mit viel Schwung schmiss er ihn aus seinem Haus. Bevor er die Haustür jedoch zuschmiss brüllte er Hiro noch die Worte "Hau bloß ab, bevor ich mich vergesse. Und sag dem kleinen Bastard, er soll sich seinen Scheiß wenn schon gefälligst selber abholen!!! Sofern ich den Krempel bis dahin nicht schon längst weggeworfen habe!" entgegen. --------------- Hiro packte sich an den Arm. Meine Güte, hatte der eine Kraft. Der feste Griff um seinen Unterarm tat weh und als er seine Kleidung etwas hochkrempelte konnte er förmlich noch jeden einzelnen Finger Yukis darauf sehen. Was war der Typ denn plötzlich so abgedreht, weil ein Foto von ihm und Shuichi in der Zeitung war, auf dem sie sich küssten? Das konnte ihm doch egal sein. Vor allen Dingen jetzt, wo sie nicht mehr zusammen waren. War der etwa doch...eifersüchtig? Yuki eifersüchtig? Das konnte doch gar nicht sein. Aber weshalb sollte er sonst so ausrasten? Jedenfalls konnte er jetzt die Idee vergessen Shuichi seine restlichen Sachen mitzubringen. Aber wie sollte er ihm das jetzt erklären? Sollte er seine Vermutung äußern und sagen, er habe das Gefühl Yuki war eifersüchtig? Aber das würde wiederum Shuichi nur hoffen lassen, und das war ja auch nicht die richtige Lösung. Um zu vergessen durfte er gar nicht erst daran denken, dass er und Yuki noch eine Zukunft hatten. Er schwang sich dann jedoch wieder auf sein Motorrad um den Heimweg anzutreten. --------------- Yuki hatte Probleme, seine Wut, die Enttäuschung und das aufkommende Gefühl von Tränen unter Kontrolle zu halten. Am liebsten hätte er laut los geschrieen, jedoch kam kein Ton aus seinem Mund. Lief da jetzt wirklich etwas zwischen Hiro und Shuichi? Zeitungen brachten ja oft Meldungen, denen er keinen Glauben schenken konnte. Und vermutlich hätte er auch diesem Artikel keinen Glauben geschenkt, würde nicht dieses Bild den Inhalt des Textes bestätigen. Plötzlich wurde ihm übel und er merkte, wie der schlechte Kaffee von vor einigen Minuten in ihm hochkam. Er schaffte es gerade noch bis zur Spüle und übergab sich darin. Weshalb regte er sich überhaupt so auf? Mit zittrigen Händen stellte er das Wasser an um das angestellte Malheur zu beheben. Gott sei Dank hatte sich außerdem dem Kaffee noch nichts in seinem Magen befunden. Er spritzte sich ein wenig Wasser ins Gesicht und hoffte, dies würde ihm helfen wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Er atmete mehrmals tief ein und aus und langsam fasste sich sein Kreislauf wieder. Wusste er doch lange Zeit nicht, was seine Gefühle ihm überhaupt sagen wollten, so spürte er in diesem Moment nur allzu genau, was sie zu bedeuten hatten. Und es schmerzte. Wie oft hatte Shuichi diesen Schmerz empfunden? Shuichi...wie konnte er ihn mit Hiro betrügen? Weiß Gott was noch zwischen ihnen passiert war. Wollte Shuichi sich nur aus seinem eigenen Kummer flüchten oder hatte er schon seit geraumer Zeit mehr für Hiro übrig und das war mit ein Grund, weshalb er sich von ihm getrennt hatte? Wie konnten nur diese wenigen Tage dafür sorgen, dass sein Leben abermals total aus dem Gleichgewicht gebracht wurde? Er sank auf den Boden und zog die Beine an sich heran. Shuichi hatte ihn doch verletzt. Und das Schlimme daran war, jedenfalls wollte dieser Gedanken nicht mehr aus seinem Kopf, dass er es auch nicht besser verdient hatte. Leise begann er zu schluchzen. Nach einer scheinbar ewigen Zeit, in der er sich zusammengerissen hatte, konnte er die Tränen nicht mehr zurückhalten. Er musste weinen, seinen Tränen freien Lauf lassen, ganz für sich allein. ------------------------ Nu mal gucken, wie euch der Teil gefallen hat. Ich hoffe, ihr seid nicht enttäuscht! Kapitel 8: It's raining tears from my eyes over you --------------------------------------------------- Yukis Schläfen pochten, seine Augen taten weh und auch im Nacken verspürte er das erste unangenehme Ziehen. Auf seinen Wangen hinterließen getrocknete Tränen ein Gefühl von Anspannung auf der Haut. Er musste sich jetzt erst einmal durchs Gesicht waschen. Mühsam und leicht schwankend erhob er sich wieder und hielt sich den Kopf. Dort drinnen dröhnte es nur noch. Langsam tastete er sich an der Arbeitsplatte seiner Küche weiter voran um dann mit genau so langsamen Schritten weiter Richtung Badezimmer zu torkeln. Er atmete erleichtert auf, als er endlich das Waschbecken umklammerte. Der Spiegel gab nicht gerade den besten Anblick Eiri Yukis wieder. Er drehte den Wasserhahn auf und spülte sich die Reste seiner Tränen ab, kühlte sich ein wenig die müden Augen und blickte dann jedoch genau so erschöpft wieder in sein Spiegelbild. Und ausgerechnet heute hatte er einen Termin mit seiner Verlegerin, so wie er aussah. Nichts in diesem Spiegel hatte etwas von dem smarten, sonst so coolen Romanautor Eiri Yuki. Im Gegenteil. Wenn er sich so besah kamen ihm nur weitere Erinnerungen an Shuichi hoch. Oft genug hatte der Kleine nach seinen Tränenausbrüchen nicht besser ausgesehen. Und nun musste er diesen Anblick auch noch an sich selbst ertragen. Was war jetzt armseliger, dass er sich nun durch die Trennung selbst schlecht fühlte und sich in gewisser Weise dafür bemitleidete oder dass er niemals ein Wort der Entschuldigung über die Lippen gebracht hatte, für all die Dinge, die er Shuichi gesagt, ihn damit verletzt und letztlich zum Weinen gebracht hatte. Was fühlte sich das jetzt mies an. Aber ob der Kleine ihm jetzt überhaupt noch verzeihen konnte? Der Kleine...war er überhaupt noch der Kleine von damals? Selbst wenn er erwachsen geworden war würde er für Eiri wohl immer in gewisser Weise der Kleine bleiben. --------------- "Schon wieder da?" Shuichi sah seinen besten Freund mit großen Augen an. "Was ist los? Wo sind meine Sachen?" Eine leichte Panik breitete sich in dem Sänger aus. Hatte Yuki etwa schon seine ganzen Sachen weggeschmissen? Und das obwohl er erst seit wenigen Tagen von ihm weg war? Das sah ihm ja ähnlich... "Er wollte mich nicht wirklich reinlassen" druckste Hiro herum und versuchte dem eigentlichen Grund aus dem Weg zu gehen. Aber war es wirklich richtig Shuichi die Wahrheit zu verschweigen? Immerhin war Yuki wirklich sehr wütend wegen des Kuss-Fotos geworden. "Ach übrigens, wir sind in der Zeitung" bemerkte er schnell beiläufig hinter seine letzten ausgesprochenen Worte. "Womit das denn?" Shuichi konnte sich in diesem Moment nicht vorstellen, was denn nun schon wieder für die Presse interessant schien. Hiro ließ sich auf dem Stuhl ihm gegenüber nieder. "Die haben uns gestern beim Knutschen erwischt und haben das natürlich jetzt so interpretiert, dass du nicht mehr mit Yuki zusammen bist...oder ihm fremdgehst." Shuichi schluckte hörbar. "Oh..." Schweigen. Hiro dagegen kämpfte mit seinem Gewissen. Es wäre nicht wirklich fair es Shuichi zu verschweigen, oder lief er dann damit Gefahr, dass Shuichi wieder zu ihm zurück wollte? "Er meinte übrigens, du solltest dir deinen Kram selber abholen. Und außerdem" er hielt inne, entschied sich dann jedoch dazu einen kleinen Teil des Vorfalls mit Yuki zur Sprache zu bringen "war er nicht sehr erfreut, als er das Bild von uns in der Zeitung gesehen hat." Bei diesen Worten blickte Shuichi ungläubig auf. "Aha?" Vermutlich hatte Yuki einfach nur schlechte Laune gehabt, wie üblich, und ihm ging der Anblick von ihm einfach nur auf die Nerven. Wahrscheinlich hatte er deswegen auf Hiro wütend gewirkt. So richtig wütend hatte er ihn bestimmt noch nicht gesehen, nicht so wie er Yuki kannte, wenn der kurz vor dem Ausrasten war. Also wollte er gar nicht erst weiter auf Hiros Aussage hin sagen. Es gab sowieso keine Zukunft mehr mit Yuki. Jedenfalls sah es so aus, als wäre dies besser für sie beide, für Yuki und für ihn selbst sowieso. Und Hiro. Wenn er sich ihn so betrachtete wusste er eigentlich gar nicht mehr genau was er denken sollte. Sein bester Freund, sein neuer Liebhaber? Nein, das sicherlich nicht. Auch wenn die Presse das sicherlich gern von den beiden sehen würde, nur damit sie wieder etwas zu Schreiben hätten. Hiro war sein bester Freund, ja. Der beste Freund, mit dem er geschlafen hatte. Oh Gott, dieses Ereignis ließ sich nicht so schnell aus einem Kopf verdrängen, wie er es gerne gesehen hätte. Eigentlich hatte er nie daran geglaubt, dass so etwas zwischen ihnen vorkommen konnte. Hiro hatte ohne Ausnahme nur Interesse an Frauen gezeigt, weshalb plötzlich sexuelles Interesse an ihm? Er schluckte. Wirkte er vielleicht einfach zu weiblich? Aber das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Plötzlich schoss ihm die Schamesröte ins Gesicht. Er dachte an die warmen Hände seines besten Freundes, wie sie sich langsam forschend und zugleich vorsichtig auf seinem Körper erkundigt hatten. Er hatte sich Zeit gelassen und genau das war es, was Shuichi so genossen hatte. Die Liebe und Fürsorge war durch jede Faser seines Körpers und seines Herzens geströmt. Oder war das nur aufgrund seines Alkoholpegels passiert? Vielleicht ekelte Hiro sich jetzt vor ihm? "Was ist?" Ohne dass Shuichi es wirklich bemerkt hatte, hatte er ununterbrochen auf Hiro geschaut und ihn offensichtlich gemustert. Und Hiro war dieser Blick sicher nicht entgangen, genau so wenig die leicht gerötete Gesichtsfarbe. Dadurch, dass er angesprochen wurde, verdunkelte sich Shuichis Gesichtsfarbe nur umso mehr. "Nichts..." Er blickte schnell nach unten. So seltsam hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt. "Sag mal..." stammelte er dann leise. "Ekelst du dich jetzt vor mir?" Völlig überrascht von dieser Frage starrte Hiro seinen Freund an. "W-was?" Er schüttelte den Kopf, war er doch der Meinung, die Frage vielleicht falsch verstanden zu haben. "Ob du dich vor mir ekelst....seit...naja seit wir" "So ein Blödsinn!" unterbrach Hiro Shuichi bei seiner Stotterei. "Ich sagte dir doch bereits, dass es mir.........gefallen hat!" Wieder Schweigen. Die ausgesprochenen Worte lagen förmlich noch in der Luft. Hiro stand auf und ging zu seinem besten Freund herum, hockte sich vor ihn und schmiegte seinen Kopf leicht an Shuichis. "Ich würde mich niemals vor dir ekeln." "Heißt das jetzt, du bist bi?" Hiro zuckte leicht zusammen. Wenn er sich die Frage nur selbst beantworten könnte. "Ich weiß nicht genau" war seine knappe Antwort. Dieses Thema wollte er jetzt nicht zu sehr vertiefen. "Jedenfalls ekle ich mich nicht vor dir!" Er blickte zu Shuichi hinauf, welcher nun schon etwas glücklicher aussah. Sie spürten den Atem des Anderen, fühlten den forschenden Blick des Anderen auf sich gerichtet. Shuichi wollte gerade etwas sagen, als Hiro sich plötzlich erhob und an den Kühlschrank ging. "Wir müssen dann schauen, wie wir deine Sachen von da weg kriegen. Mich lässt er da sicherlich nicht noch einmal rein." "Jaja...irgendwie krieg ich meine Klamotten schon wieder. Sonst muss ich halt selber hin." Er seufzte. "Jetzt versuche ich mich erst einmal auf unseren Auftritt heute Abend zu konzentrieren." --------------- "Was?" Eiri hatte überhaupt nicht auf die Worte gehört, die den Mund seiner Verlegerin verlassen hatten. Er war mit seinen Gedanken ganz woanders gewesen. Seinen Mantel hatte er nicht einmal abgelegt. Zögerlich nahm er einen weiteren Zug seiner Zigarette, blies den Rauch zwischen seinen Zähne wieder nach draußen und blickte auf seine Verlegerin. "Ich sagte: Prima, dass es auch dieses Mal wieder rechtzeitig geklappt hat. Sie hatten ja schon Befürchtungen, es könnte sich um ein paar Tage verzögern." Sie blätterte in dem Manuskript, welches Eiri ihr überreicht hatte. "Ich bin mir sicher, dass das Ihren Leserinnen und einigen Lesern wieder sehr gut gefallen wird. Sie haben eben Talent zum Schreiben." "Ja. Dankeschön" entgegnete Eiri kurz und nahm den letzten Schluck Kaffee aus seiner Tasse. "Ich muss jetzt aber wieder los, wenn Sie mich entschuldigen wollen." Mit einer freundlichen Geste nickte er seiner Verlegerin zu, die ebenfalls aufstand. "Entspannen Sie sich jetzt ein wenig. Sie sehen etwas mitgenommen aus." Eiri setzte ein bitteres Lächeln auf. "Arbeit macht eben manchmal müde." Er machte sich auf den Weg Richtung Ausgang und atmete erleichtert auf, als er endlich an der frischen Luft war. Hier ließ es sich doch etwas besser nachdenken. Auf der Straße herrschte reges Treiben und er zog sich seinen Mantelkragen etwas mehr hoch, so dass man ihn nicht auf Anhieb erkennen konnte. Jetzt ein neugieriger Reporter, der ihn sah, konnte dumme und unangenehme Fragen bezüglich des kleinen Artikels über Bad Luck in der Zeitung stellen. Und das wollte er möglichst umgehen. Seinen Wagen hatte er in der nächsten Straße geparkt und entschied sich direkt dorthin zurück zu kehren. Seinen Hunger konnte er auch zu Hause stillen. Eiligen Schrittes erreichte er sein Auto, ließ den Motor an und fuhr los, ohne wirklich auf den Verkehr zu achten. So schlecht hatte er sich noch nie zuvor in seinem Leben ablenken können. "Nicht verpassen. Die exklusive Chart-Show heute Abend. Eure Lieblingsbands sind dabei! Erwartet unter anderem Bad Luck mit ihrer Erfolgssingle" weiter kam die nette Stimme aus dem Radio leider nicht, denn spätestens bei dem Wort "Lieblingsband" hatte sich Eiri denken können, dass Bad Luck sicherlich auch dabei sein würde. Diesen Chart-Shows gingen ihm ohnehin auf die Nerven. Er bremste ab und starrte auf die rote Ampel vor sich. Aber wenn Bad Luck heute Abend einen Auftritt hatte, dann war Shuichi ja zumindest dort anzutreffen. Sollte er einfach...aber nein, das passte nicht zu ihm, dass jetzt ER Shuichi aufsuchte. Oder vielleicht sollte er dieses Mal den ersten Schritt machen, denn immerhin war er es ja eigentlich Schuld. Wenn er wollte, dass der Kleine ihm verzeiht, dann musste er sich von sich aus blicken lassen. Wo war denn diese verdammte Chart-Show? Vermutlich da, wo sie sowieso immer war. Eiri blickte auf die Uhr. Schaffen würde er das so oder so. Wie lange ging der Mist überhaupt? In seiner Fernsehzeitung stand es sicherlich drin. Soweit er sich erinnern konnte, waren diese Shows immer Live. Oder er fragte einfach Tohma. Damit der ihm auf die Nerven ging, weshalb er das wissen wollte? Aber auch egal...Nein, doch erst einmal gucken, ob nicht etwas in der Programmzeitschrift dazu stand. Und wenn er daraus nicht schlau wurde musste wohl oder übel sein Schwager für die Informationen befragt werden. Er musste sich entschuldigen, dann würde Shuichi sicherlich wieder zu ihm zurück kommen. Nun war dann noch wichtig, wie er sich bei ihm entschuldigte. Er seufzte und fuhr nicht rechts ab, sondern geradeaus. Dann musste er Shuichi zumindest noch etwas als ein Zeichen der Entschuldigung mitbringen. Und da er sonst schon immer so ein furchtbares Sensibelchen war würde er sich sicherlich über so etwas "Simples" wie Blumen freuen. Aber wie hieß das noch, lasst Blumen sprechen? Dann sollten eben die Blumen für ihn sprechen. Shuichi würde hoffentlich verstehen. Er musste es einfach. Beinahe wäre er an seinem Ziel vorbei gefahren, bremste jedoch noch rechtzeitig leicht abrupt ab und bog in die Auffahrt ein. "Dann mal los" sagte er leise zu sich selbst, als er aus dem Auto stieg und auf den Laden zu ging. --------------- Eiri ließ in seinem Kopf verschiedene Szenen abspielen. Wie Shuichi ihm vor Freude um den Hals fiel und sofort alles vergessen hatte, sogar dass er sich eigentlich von ihm getrennt hatte. So wie es vorher immer gewesen war. Er schaute ein weiteres Mal auf seine Uhr und entschloss sich dann langsam den Wagen zu verlassen. Tohma, der an diesem Abend ebenfalls mit seiner Gruppe Nittle Grasper zu bewundern war, hatte nörgelnder weise zugestimmt Eiri nach der Sendung als "seinen Besuch" zur Aftershow-Party mitzunehmen und vorher abzuholen. Die halbe Stunde, in der er auf Eiri eingeredet hatte es nicht noch einmal mit Shuichi zu versuchen, war vergebens gewesen. Er hatte ihn nicht von dem Gedanken abbringen können, sich wieder zu versöhnen. Shuichi musste ihm einfach vergeben, anders konnte und wollte er sich das in seinem Kopf auch gar nicht denken. Die Sendung musste sich dem Ende zuneigen und bevor alle noch einmal ins Scheinwerferlicht zurück kehrten, sollte Eiri am Eingang sein, damit Tohma ihn herein lassen konnte. Das sollte sich jedoch als schwieriger heraus stellen, als er es gedacht hatte. Vor dem Eingang befand sich eine Traube junger Gören, die ihre Stars sehen wollten. Eiri seufzte. Augen zu und durch musste seine Devise nun heißen. Energisch schritt auf die Mädchentraube zu und rempelte sich, wenn auch etwas vorsichtiger, den Weg nach vorne frei. Genervt verdrehte er die Augen, er konnte jetzt nur hoffen, dass er schnell herein gelassen wurde. Den Strauß Blumen hielt er leicht in der Höhe, von diesen Hühnern sollte er nicht unbedingt zerdrückt werden. Er hatte sich komplett durchgeboxt und atmete erst einmal wieder richtig auf. In der Enge war das nicht möglich gewesen. Die erste Distanz war geschafft, Tohma musste eigentlich gleich erscheinen. "Wo wollen denn Sie hin?" Der Sicherheitsmann bedeutete ein weiteres Hindernis. "Da rein! Ich gehöre zu Tohma Seguchi!" Der Sicherheitsmensch begutachtete ihn kurz, jedoch ertönte bereits Tohmas helfende Stimme. "Er ist mein Gast für die Party!" Eiri fuhr erschrocken zusammen, als sich plötzlich die Stimmen der Mädchen erhoben und ein wahrhaftiger Kreisch-Chor dicht neben seinem Ohr begann einzustimmen. Furchtbar. Er drängte sich an dem noch immer mürrisch hereinblickenden Sicherheitsmenschen vorbei und ging zielstrebig auf Tohma zu, der aus Höflichkeit seinen Fans dezent zuwinkte. Wenige Sekunden später befanden sie sich im Inneren des Gebäudes und trotzdem die Tür mittlerweile geschlossen war, war der Radau von draußen kaum überhörbar. Eiri rückte sich seine Kleidung zurecht und blickte auf seinen Schwager, der einmal laut geseufzt hatte. "Ich halte das für keine gute Idee!" Er hatte gewusst, dass die Diskussion wieder von vorne beginnen würde. "Du solltest dich glücklich schätzen ihn nicht mehr" "Jetzt lass das verdammt noch mal meine Sache sein!" giftete Eiri in Richtung seines Schwagers. Dieser zuckte resignierend mit den Schultern. "Wegen dir muss ich mich jetzt auch noch so beeilen!" Während Tohma eiligen Schrittes zur Garderobe hastete, folgte Eiri ihm in einem gemütlicherem Schritt. Jedenfalls hatte das so den Anschein. In Wahrheit war er jedoch wahnsinnig nervös. Die Sendung war bald zu Ende und Shuichi würde ihm bald darauf über den Weg laufen. Seine Handflächen begannen zu schwitzen und das Papier, welches um den Strauß gebunden war, klebte förmlich an seiner Hand fest. Wie lange konnte so etwas denn noch dauern? Den interessierten Blicken einiger Mitarbeiter schenkte er keinerlei Beachtung, mahnte sich selbst aber weiterhin zur Ruhe, als er bemerkte, dass er ungeduldig von einem Fuß auf den anderen wippte. Er benahm sich kindisch. Wieder ein hastiger Blick auf die Uhr und die sich nahenden Geräusche sagten ihm, dass die "Show" zu Ende war und die so genannten Künstler ihren Weg zurück in die Garderoben suchten. Am liebsten hätte er sich eine Zigarette angezündet, um die Nervosität zumindest ein wenig in Griff zu kriegen. --------------- Shuichi hatte diese Show gefallen. Erstens hatte er so Ryuichi nach ewiger Zeit mal wieder gesehen, auch wenn ihm im Gegenzug der kurze Blickkontakt mit Seguchi nicht so angenehm gewesen war, und zweitens hatte er sich beim Singen frei fühlen können, ohne großartig seinen Gedanken hinterher hängen zu müssen. Zufrieden und ein bisschen erledigt steuerte er also auf die ihm zugewiesene Garderobe zu. Er brauchte jetzt noch etwas zu trinken und wollte sich vor der Party noch ein wenig frisch machen. Er erstarrte jedoch, als er die Person sah, die ihm plötzlich gegenüber stand. "Was machst du denn hier?" Seine Frage klang so erstaunt wie er es tatsächlich war. Und seine Empfindungen hatte er schon immer schlecht verbergen können, jedenfalls wenn er Yuki gegenüber stand. Er blickte den Romanautor von oben bis unten an. Er sah irgendwie erledigt aus. Vermutlich war er in den Tagen doch endlich dazu gekommen, seinen tollen Roman weiter zu schreiben und hatte die Nächte vermutlich mit Drinks und irgendwelchen Weibern oder anderen Kerlen durchgemacht. Er ging ein paar kurze Schritte auf seinen "Ex" zu und blieb noch im sicheren Abstand vor ihm stehen. Doch auch selbst jetzt konnte er in dem müden Gesicht seines Gegenübers nichts lesen. Yuki blickte auf den Boden und streckte seine Hand aus. "Hier, für dich" murmelte er sich in seinen nicht vorhandenen Bart und wartete darauf, dass der Kleine ihm diese Blumen endlich abnahm. Doch nur zögerlich griff Shuichi nach dem ihm entgegen gestreckten Blumenstrauß. "Danke..." Betretenes Schweigen. Shuichi wusste überhaupt nicht was er sagen sollte, vor allen Dingen, weil er diese Aktion von Yuki jetzt überhaupt nicht verstand. Wie kam es überhaupt dazu, dass er hier war? Plötzlich vernahm er ein verhaltenes Räuspern des Romanautors. "Ja, also..." Yuki versuchte sich zusammen zu reißen, doch er hatte das Gefühl, in diesem Moment in Schweiß auszubrechen. "Ich wollte nur sagen, dass.......es tut mir leid, was alles passiert ist." Was? Shuichi konnte nicht glauben, welche Worte gerade über Yukis Lippen geglitten waren. Es tat ihm leid? So plötzlich? Liebte er ihn etwa doch? "Du..." begann Shuichi, doch wurde etwas barsch von Yuki bei seinem Versuch etwas dazu zu sagen unterbrochen. "Jaja, ich sagte doch, tut mir leid. Und jetzt komm endlich wieder nach Hause!" Erst bei diesen Worten schaffte Eiri seinem Kleinen in die Augen zu schauen. Doch seine Aufmerksamkeit richtete sich wenige Sekunden später auf die Person, die hinter Shuichi erschien. "Ich verzeih dir auch, dass du mit DEM da geschlafen hast" mit gereiztem Blick starrte er auf Hiro, der mittlerweile seine Hand auf Shuichis Schulter abgelegt hatte. "Komm Shuichi" gab Hiro leise von sich, doch diese Worte waren Yuki nicht entgangen. Seine Hand schnellte hervor und umfasste Shuichis rechtes Handgelenk. "Du bleibst" knurrte Yuki und behielt seinen strengen Blick, mit dem er Shuichi schon so oft hatte beeinflussen können. Hiro stellte sich neben seinen besten Freund und machte seinem Ärger Luft. "Denkst du er kommt zu dir zurück wenn du plötzlich hier auftauchst und ihm so einen dämlichen Blumenstrauß in die Hand drückst?" "Sprichst du für ihn oder hat er auch noch selber einen Mund zum Reden? Ich bin mir sicher, dass er dazu auch noch selber fähig ist!" konterte Eiri, der es schwer hatte, noch an sich zu halten. Vorsichtig löste sich Shuichi von der Umklammerung seines Handgelenks und trat einen Schritt zur Seite, so dass die beiden Kontrahenten sich gegenüber standen. Weshalb mussten die sich jetzt streiten? Hiro wollte ihn beschützen, sicher, aber er musste doch selber damit umgehen können, Yuki gegenüber zu treten. "Ich bewahre ihn nur davor, den größten Fehler seines Lebens zu begehen!" brüllte Hiro dem Romanautor entgegen. Shuichi konnte genau an Yukis Augen sehen, wie er von Wort zu Wort wütender wurde. "Wenn du ihn vor einem Fehler bewahren willst, dann lass IHN entscheiden. Sonst könnte es schon der Fehler sein, dass er sich von dir hat beeinflussen lassen!" Kurz bevor Hiro etwas Weiteres dazu sagen konnte meldete sich Shuichi zu Wort. "Jetzt haltet ihr beide mal eure Klappe!!!" Überrascht flogen die Gesichter der beiden Hitzköpfe zu ihrem eigentlichen Streitpunkt um. Shuichi, noch immer den Blumenstrauß in der Hand, richtete seinen Blick auf Yuki. "Was verdammt noch mal verstehst du denn nicht?" Seine Stimme klang verzweifelter, als er sie eigentlich hatte klingen lassen wollen. "Glaubst du etwa, du kannst alles wieder gut machen, wenn du mit einem jämmerlichen Blumenstrauß als Wiedergutmachung ankommst und ein halbherziges Tut mir leid vor dich her brubbelst? Denkst du nicht, da gehört mehr dazu?" Er seufzte und schüttelte den Kopf, ging dann ein Stück auf Hiro zu, fasste ihn an der Hand und flüsterte ihm die Worte "Hör auf über mich zu bestimmen. Ich kann selbst auf mich aufpassen" ins Ohr. Dann schaute er auf und blickte ihm in die Augen. "Lass uns gehen..." Eiri konnte nicht glauben, welche Szene sich gerade vor seinen Augen abspielte, die Szene, in die er selbst involviert war. Vieles hatte er sich ausgemalt, aber nicht, dass der Kleine SO reagierte. Auf Hiros Lippen zeichnete sich ein triumphierendes Lächeln ab als Shuichi sich von seinem Ex-Freund abwendete und seine Hand noch immer nicht los ließ. Ohne ein weiteres Wort zu sagen drehte auch er sich um und folgte Shuichi. Shuichi hingegen presste seine Augenlider aufeinander. Nicht jetzt diesem wackeligen Gefühl in sich nachgeben, nicht den heißen Tränen, die in ihm aufstiegen, freien Lauf lassen. Wieso war Yuki überhaupt gekommen? In seiner Hand hielt er noch immer den Blumenstrauß. Wie in Zeitlupe drehte er sich noch einmal um. Yuki stand noch wie angewurzelt da, blickte ihm und Hiro entgeistert hinterher und schien nicht zu begreifen, was gerade geschehen war. Er hatte sich entschuldigen wollen, aber so reichte es ihm nicht. So konnte er ihm das nicht mehr verzeihen. Nicht mehr auf diese einfache Tour. Yuki. Oh Gott, mehr als je zuvor spürte er in sich das Verlangen nach diesem Mann aufsteigen. Sein Herz schmerzte, denn er wollte Yuki ja eigentlich nicht gehen lassen. Aber Etwas in ihm hielt ihn davon ab, alles einfach zu vergessen und sich wieder in seine Arme fallen zu lassen. Er öffnete leicht seinen Mund "Ich liebe dich" flüsterte er kaum hörbar und drehte sich dann wieder um. Doch Yukis Anblick konnte er nicht vergessen. --------------- Er hatte ihm hinterher laufen wollen. Doch war er wie gelähmt, konnte sich einfach nicht bewegen, hatte ihnen einfach nur hinterher schauen können. Was musste er noch tun, damit der Kleine wieder zu ihm zurück kam? Shuichi hatte sich noch einmal zu ihm umgedreht und es hatte so ausgesehen, als hätte er ihm etwas sagen wollen. Was hatte er sich damit nun lächerlich gemacht...und das auch noch vor Nakano. An die Gurgel hätte er ihm springen sollen, dieser überhebliche Kerl. Eiri zuckte zusammen, als er Tohmas Stimme neben sich vernahm. "Eiri, bist du noch ansprechbar?" Langsam drehte er den Kopf seinem Schwager entgegen. "Was ist los? Du bist ganz blass, was ist passiert?" Er wäre ihm jetzt am liebsten heulend um den Hals gefallen, so wie es eigentlich Shuichis Art gewesen wäre. Statt dessen ließ er die Schultern sinken und ließ einen langgezogenen Seufzer aus seinem Hals erklingen. "Es war falsch hierher zu kommen." Er drehte sich auf dem Absatz um. "Ich gehe nicht mit auf die Party. Es war eine nette Idee, aber ich glaube, ich bin hier unerwünscht." Ein bitteres Lächeln umzog seine Lippen und nervös nestelte er bereits in seiner Manteltasche die Zigarettenschachtel hervor. "Eiri was ist los?" Beschwichtigend hob der Romanautor seine Hand und steuerte dem Ausgang zielstrebig entgegen. Gelangweilt schob er sich durch die noch immer draußen wartende Menge. In seinen Gedanken hing er noch immer dem Wiedersehen mit Shuichi hinterher. Shuichi wollte mehr als diese einfache Entschuldigung. Er brauchte einfach mehr. Mehr als Beweis. Als Beweis für was? Für seine "Liebe"? An seinem Auto angekommen ließ er sich auf den Sitz fallen und zog die Tür mit einem lauten Knall zu. Er fuhr sich durchs Haar. "Was hast du mit mir gemacht" sprach er zu sich selbst und ließ den Motor an. Der erste Versuch war kläglich gescheitert, aber so einfach konnte und wollte er den Kleinen nicht gehen lassen. Nicht jetzt, wo er bereits ansatzweise zu verstehen gegeben hatte, dass er ihm nicht egal war. --------------- "Wieso stellst du sie noch in eine Vase?" Shuichi hatte Hiro erst ans andere Ende des Korridors gezogen, um dann wenige Minuten später wieder zu ihrer Garderobe zurückzukehren. "Blumen brauchen Wasser. Sogar die, die von Yuki kommen." Seine Stimmung war gedrückt und Hiro hatte bemerkt, dass Shuichi eigentlich mehr nach Heulen zumute gewesen war. Traurig blickte er seinen besten Freund an, der damit beschäftigt war, die Blumen ordentlich in der Vase unterzubringen. "Wieso hängst du so an ihm? Er hat dir schon so oft weh getan?" Missmut klang in seiner Stimme mit. Shuichi hatte bei dieser Frage gestutzt und sich dann auf seinen Stuhl zurücksinken lassen. "Ich liebe ihn nun mal. Und das kann ich nicht einfach ausstellen. Ich weiß, dass er mich nicht immer gut und fair behandelt hat. Aber ich liebe ihn trotzdem. Und ich habe das Gefühl gar nicht damit aufhören zu können. Hiro, was hat er nur mit mir gemacht, dass ich nicht mehr von ihm lassen kann?" Hiro streckte seine Hand nach Shuichi aus und berührte sanft seine Wange. Wie gewohnt beugte er sich zu ihm herunter. Jedoch schwieg er. Konnte nicht einmal er ihm dabei helfen Yuki zu vergessen? Er schloss seine Augen. Was sollte er denn tun, damit er ihn endlich vergaß? Gab es nichts, was ihn davon ablenken konnte? Dabei war es nur logisch, dass Shuichi seine Gefühle nicht von einem Tag auf den anderen ausschalten konnte. Aber was war, wenn diese Liebe zu Yuki niemals enden würde? Gedankenverloren strich er Shuichi ein paar wilde Strähnen aus der Stirn und näherte sich ihm mit seinen Lippen. Doch empfingen ihn nicht die weichen Lippen Shuichis, wie es die letzten Male der Fall gewesen war. Shuichi hatte seinen Kopf zur Seite gedreht und das einzigste, was Hiro schmeckte, waren die salzigen Tränen, die Shuichis Augen verließen. Sofort nahm er Shuichi in den Arm. Zögerlich erwiderte er die Umarmung seines besten Freundes. "Danke, dass du da bist" hauchte Shuichi ihm ins Ohr und schmiegte sich vertrauensvoll an Hiro. Er war sein bester Freund, daran musste er denken. Unabhängig davon, was die letzten Tage in ihm für Verwirrungen aufgeworfen hatten. Shuichi liebte Yuki. Anders als er ihn liebte. Hiro seufzte und drückte den weinenden Körper näher an sich heran. "Ich bin doch immer für dich da...." --------------- Als Tohma die Tür geöffnet bekam blickte er in rote, verquollene Augen. "Wieso bist du nicht auf der Party?" säuselte Eiri ihm entgegen. "Wieso siehst du so bescheiden aus?" Er trat ein, hing seinen Mantel unaufgefordert auf und ging zielstrebig auf die Couch zu. Mit der linken Hand klopfte er auf die leere Sitzfläche neben sich. "Setz dich!" Eiri rieb sich durchs Gesicht. "Du musst mir in meinem Haus keinen Sitz anbieten" murmelte er und setzte sich dann doch hin. Nach scheinbar minutenlangem Schweigen durchbrach ein Satz die Stille. "Ich sagte gleich, dass ich das für keine gute Idee halte!" tadelte Tohma seinen Schwager. Eiri lehnte sich vollständig zurück, schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. "Was läuft zwischen Nakano und Shuichi?" Entgeistert blickte Tohma Eiri an. "Wie? Was soll da laufen?" "Sie sind nicht zusammen?" Eiri hatte sich ein Stück aufgerichtet. "Nicht dass ich wüsste. Und das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Nicht einmal Nakano würde sich darauf einlassen, denke ich. Wer will denn ernsthaft den Quälgeist am Hals haben?" Gekünstelt lachte Tohma auf. "Ich zum Beispiel!" war Yukis trockene Antwort auf den zuletzt abgegebenen Kommentar. "Eiri, du solltest an deine Gesundheit und deine Nerven denken. Du kannst doch jeden anderen Zeitvertreib haben, den du willst!" "Wann kapierst du endlich, dass ich niemand anderen will? Fällt es dir so schwer zu akzeptieren, dass du mich nicht mehr beschützen musst? Mein Gott!" Genervt stand Eiri auf und ging nervös auf und ab. "Du willst ihn also wieder?" fragte Tohma mit bestürzter Stimme nach. "Denkst du nicht, es ginge dir ohne ihn besser?" Auf diese Frage hin lachte Yuki verächtlich auf. "Besser gehen? Mir reicht ein Blick in den Spiegel und da muss ich mich nicht lange fragen, ob es mir vorher besser gefallen hat oder jetzt! Ich will mit ihm zusammen sein. Akzeptier es einfach und hör endlich auf Versuche zu starten, ihn mir auszureden!" Tohma hörte Yuki genau zu und seufzte. Daran konnte er wohl wirklich nichts mehr ändern, wenn Eiri meinte, dass ein Leben mit Shuichi für ihn das Beste war. "Und wie willst du ihn zurück erobern?" Eiri ächzte. "Ihm die Wahrheit sagen. Und jetzt entschuldige mich, ich will schlafen." Mit einem kurzen Blick erhaschte Tohma einen Blick auf die Uhr. "Ich bleibe besser hier, falls du mich brauchst!" Innerlich stöhnte Eiri auf, hielt es dann aber für keine so schlechte Idee, jemandem bei sich zu haben. "Wie du meinst...Ich bring dir ein Kissen und ne Decke." Überrascht horchte Tohma auf. "Ich soll auf der Couch schlafen?" "Wo denn sonst?" Tohma verstand den Blick seines Sorgenkindes. Und für Eiri war klar, dass der Platz in seinem Bett für jemand anderes bestimmt war. ************************************************ So...ich denke, das wird das vorletzte Kapitel gewesen sein, die Geschichte neigt sich langsam den Ende zu. Ich hoffe, es hat euch auch dieses Mal gefallen. Kapitel 9: At the end of the day, there's another day dawning ------------------------------------------------------------- Shuichi presste die Lippen aufeinander, jedoch konnte er seinen beschleunigten Atem nicht länger zurück halten und keuchte laut auf. Er hatte bereits seit einer geraumen Zeit seine Augen geschlossen und gab sich dem Akt vollkommen hin. Gierig hatte er sich auf dem Schoß des Anderen niedergelassen, die Bewegungen seiner Hüfte beschleunigten sich und er spürte, dass er bald soweit war. Er griff nach der Hand, die sich auf seinem Oberschenkel befunden hatte, zog sie an seine Lippen heran und küsste die Fingerspitzen, schmiegte sich in die Handinnenfläche und wollte mehr, mehr von diesem Gefühl und endlich seine Sehnsucht stillen. Sie führten sich gegenseitig zum Höhepunkt, Shuichi warf den Kopf in den Nacken und flüsterte den Namen seines Geliebten "Yu....ki". --------------- Einige Zeit hatten sie schweigend nebeneinander gelegen. Der Eine mit den Armen hinter dem Kopf verschränkt, der Andere mit der Bettdecke bis zum Hals hochgezogen. Beide richteten ihren Blick an die Decke des Zimmers. Das Einzige, was sie zu hören bekamen, war der Atem des Anderen. Shuichi erhob seinen rechten Arm und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Es tut mir leid..." wisperte er und schloss abermals die Augen. Das schlechte Gewissen in ihm machte sich breit und gewissermaßen hätte er die Sache gern wieder rückgängig gemacht. Die Person neben ihm richtete sich ein Stück auf und hatte seinen Blick auf Shuichi gerichtet. "Was tut dir leid? Dass du aus Frust wegen Yuki noch einmal mit mir geschlafen hast?" Hiros Gegenfrage klang mehr nach einem Vorwurf als nach einer normalen Aussage. Er biss sich auf die Lippen. So hatte er das nicht klingen lassen wollen, obwohl er in gewisser Weise doch so dachte. Aber das konnte er Shuichi nicht einfach zum Vorwurf machen, nicht, wenn dieser keine Ahnung hatte, was in ihm vorging. Shuichi war mittlerweile leicht errötet und brabbelte unverständliche Worte vor sich hin. "Tut mir leid...Aber woher....?" Er brachte den Satz nicht zu Ende, denn er wusste, dass Hiro ahnen konnte, was er fragen wollte. "Ich bin doch nicht blöd, Shuichi. Erstens hast du eben an ihn gedacht, davon muss ich doch ausgehen, wenn du mir seinen Namen ins Ohr flüsterst. Und außerdem brauche ich dir nur in die Augen zu sehen um zu wissen, dass es nicht ich bin, den du willst!" Shuichi schlug die Augen nieder und schluckte die aufkommende Verzweiflung, sowie die aufsteigenden Tränen herunter. "Hiro, ich schäme mich so. Was musst du jetzt nur von mir denken..." Er richtete sich auf, noch immer darauf bedacht, seinen Unterkörper bedeckt zu halten und schluchzte laut auf. Er hatte Hiro doch nicht benutzen wollen. Er fuhr leicht erschrocken zusammen, als er plötzlich Hiros Kinn auf seiner Schulter, den anderen Körper dicht hinter sich spürte. Hiro schlang seine Arme von hinten um den schlanken Körper seines besten Freundes. "Du musst mich doch jetzt hassen..." Er ließ sich ein wenig in der Umarmung seines besten Freundes nieder und hoffte, dass er es ihm nicht für allzu übel nahm. "Red doch keinen Blödsinn!" hörte er Hiro neben seinem Ohr sagen. "Ich könnte dich doch niemals hassen. Ich sagte dir doch bereits, mich wirst du niemals los." Er drückte Shuichi noch einmal sanft an sich. Die Worte, die seinen Mund soeben verlassen hatten, trugen jedoch nur einen Teil der Wahrheit. Warum musste er ausgerechnet jetzt damit anfangen, sich in Shuichi zu verlieben, wo in seinem Herzen nur Platz für Yuki war? Aber das musste er eben akzeptieren. Es war besser, wenn Shuichi nichts von seinen Empfindungen wusste. Vielleicht handelte es sich ja auch nur um einen Anflug von Verliebtheit. "Hiro?" Nachdem sein Freund einige Zeit lang still in seiner Position verharrt war, fragte sich Shuichi, ob mit ihm alles in Ordnung war. "Wir sollten jetzt vielleicht schlafen..." sagte Hiro leise und schlüpfte in seine Boxershorts. Shuichi hielt es auch für besser, sich zumindest ein wenig anzukleiden. Er blickte seinem besten Freund nach, der noch einmal im Bad verschwunden war und legte sich wieder hin. Jetzt war er wirklich müde und wollte nicht mehr nachdenken. Aber sobald er die Augen schloss hatte er wieder Yukis Bild vor Augen. War er dazu verflucht, für immer mit dem Gedanken an Eiri Yuki zu leben? Yuki...Uesugi...wie auch immer. Das Pseudonym hatte er sich doch auch nur angelegt, weil er diesen Yuki Kitazawa liebte. Noch immer liebte? Nur ihn liebte? Er öffnete genervt die Augen. Vier Jahre hatten sie miteinander verbracht, vier Jahre, in denen Yuki diese drei Worte nie selbst über die Lippen gebracht hatte. Er hatte es nie verneint, wenn Shuichi ihm diese Frage gestellt hatte, aber "Ich liebe dich" hatte er noch nie aus seinem Munde vernommen. Wie hatte er damit nur leben können? Wahrscheinlich weil er sich darüber keine Gedanken hatte machen wollen. Aber jetzt... "Shuichi?" Hiro stand bereits wieder im Raum und ging auf das Bett zu. "Hör mal. Ich meine, wenn du sowieso nicht aufhören kannst ihn zu lieben und du doch wieder mit ihm zusammen sein willst, dann versprich mir wenigstens, dass du ihn nicht Hals über Kopf zurück nimmst, sondern vorher gründlich darüber nachdenkst, okay? Du musst dabei auch an dich denken, und nicht nur an Yuki." Shuichi seufzte. "Das weiß ich doch auch..." Er zog die Bettdecke wieder ein Stückchen höher. Hiro ließ sich schwer aufs Bett sinken und holte tief Luft. "Ach Shu-chan...wenn du sagst, du kannst ohne ihn nicht leben, dann stimmt das wohl. Aber ich kann dir jetzt nicht raten ihm alles einfach so zu verzeihen und wieder zu ihm zurück zu kehren. Tu das, was du für richtig hältst, was dein Herz dir sagt. Ich akzeptiere jede Entscheidung von dir. Und solange du damit auch glücklich bist werde ich nichts dagegen sagen." Ihm entwich ein leiser Schluchzer und er hatte gehofft, Shuichi hätte ihn überhört. Dieser blickte seinen Freund jedoch überrascht an und beugte sich zu ihm herüber. "Hey, ist alles okay mit dir?" Besorgt strich er seinem besten Freund über den Rücken. Shuichi unterstützte damit jedoch nur umso mehr Hiros Drang, jetzt ebenfalls weinen zu wollen. Er unterdrückte seinen Wunsch so gut es ging, jedoch rannen ihm einige wenige Tränen über die Wangen. "Mit mir ist nichts" versuchte er so ruhig es ging Shuichi davon zu überzeugen, es ginge ihm gut. Hastig wischte er sich die Tränen weg und drehte sich zu seinem besten Freund um, der noch immer besorgt zu ihm sah. "Wir sollten jetzt schlafen, finde ich." Ein aufgesetztes Lächeln umspielte seine Lippen, während er Shuichi wie einem kleinen Lausbub über den Kopf strich. --------------- Eiri hatte einfach nicht sofort einschlafen können, so müde er eigentlich gewesen war. Alle 5 Minuten schaute er auf den Radiowecker, der ihn mit seinen rot leuchtenden Zahlen gerade zu dazu zwang auf ihn zu achten. Wenn er an Tohma dachte, der sich gerade auf seiner Couch rumquälen musste, stahl sich ein Grinsen auf seine Lippen. Hatte er etwa gedacht, er ließe ihn neben sich schlafen? Er drehte sich auf die Seite und betrachtete die leere Bettseite neben sich. Es schlief sich in diesem Bett nicht gut ohne den Kleinen. Es fehlte ihm, Shuichi beim Schlafen zu beobachten. Er hatte das sicherlich noch nie bemerkt, wie er ihn oft gemustert hatte, wenn er nachts nach seiner Arbeit ins Schlafzimmer gekommen war. Da hatte der sonst so laute und lebendige Sänger friedlich und leise vor sich hin geschlummert. Er hatte seine Wut über sich selbst viel zu oft einfach an ihm ausgelassen. Er war unfähig seine Emotionen richtig einordnen zu können und zu erkennen, warum er sich gerade über etwas aufregte. Aber Shuichi hatte sich das meistens gefallen lassen, aber anscheinend schon zu oft. Er wusste, dass es besser gewesen wäre, ihm öfter zu zeigen, dass er ihm nicht egal war. Aber es war eben nun einmal seine Art - trotz allem war ihm der Kleine doch nicht egal! Er drehte sich wieder auf den Rücken und die Anzeige auf der Uhr war wieder einmal nur um ein paar weitere Minuten voran geschlichen. Eiri fragte sich mittlerweile, ob das Ding nicht vielleicht einfach nur kaputt war. Er war vielleicht noch immer gestört. Gewissermaßen fühlte er sich manchmal emotional so verklemmt. Nicht fähig seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Über Yuki war er hinweg gekommen, da war er sich sicher. Inwiefern man "über jemanden hinweg kommen konnte". Vergessen würde er ihn sicherlich niemals, aber seine Vergangenheit konnte nicht mehr seine Zukunft sein. Gegen seinen Willen hatte die Vergangenheit bereits einen geraumen Teil seines emotionalen Lebens beeinflusst. Nicht gerade zum Vorteil. Aber nun stellte der Quälgeist den Mittelpunkt seines Lebens dar und niemand anders. Wieso eigentlich Quälgeist? Nun ja, im Grunde genommen konnte Shuichi einem mit seiner Naivität, Idiotie und Lautstärke des Öfteren auf die Nerven gehen. Andererseits aber war er so süß, liebenswürdig und engagierte sich unglaublich für die Dinge, die ihn interessierten. Einfach ein herzlicher Mensch. Wie sonst hätte er es schaffen sollen, ihn, Eiri Uesugi, so einzunehmen? Eiri seufzte und warf einen weiteren Blick auf den Wecker. Genervt drehte er nun jedoch die Anzeige des Radioweckers in die andere Richtung. Das Ding wollte ja bloß angestarrt werden. Außerdem war es doch sowieso egal, wie viel Uhr es war. Ob er nun schlafen konnte oder nicht, das lag sicherlich nicht an der Uhrzeit! War die Matratze schon immer so hart gewesen? Er hatte das Gefühl auf einem Brett zu schlafen, drehte sich dann auf den Bauch, stauchte das Kissen zurecht und versank mit seinem Kopf darin. Langsam aber sicher glaubte er durchdrehen zu müssen. Es schien ihm, als sei es Stunden her, dass er sich ins Bett gelegt hatte. Außerdem fühlte es sich noch immer so kalt im Bett an. Er musste Shuichi davon überzeugen, wieder zu ihm zurückzukommen. Anders konnte das doch nicht weitergehen. Er konnte sich zudem nicht vorstellen, dass Shuichi plötzlich nichts mehr außer Verachtung für ihn übrig hatte. Sofern nichts mit Hiro lief. Das wäre das Schlimmste, was er sich vorstellen konnte. Wie der Typ ihn wieder triumphierend angegrinst hatte, dabei wollte ihm die Galle hochkommen und guten Tag sagen. Und dann auch noch diese Aasgeier von Journalisten, die hinter allem wieder eine große Story vermuteten. Er hatte sich bis jetzt nicht dazu geäußert, viel zu sehr hoffte er noch auf eine Versöhnung. Er biss sich auf die Unterlippe, jetzt wollte er nicht schon wieder anfangen zu flennen. Seine Augen taten ihm schon genug davon weh und auch seine Nase war ihm nicht sehr dankbar, wenn er sie ständig putzen musste. Er schloss die Augen und fühlte, wie seine Müdigkeit ihn plötzlich übermannte. Der Tag hatte ihn ganz schön geschlaucht und sein Körper schrie danach, sich endlich auszuruhen. Morgen würde ein neuer Tag anbrechen, an dem er seine Fehler wieder gutmachen konnte... --------------- Der Geruch von Kaffee stieg ihm in die Nase und mühsam richtete sich Eiri verschlafen auf. Hatte er nur einen furchtbar tiefen Schlaf gehabt und diese Gefühle aufwühlende Sachen geträumt? Langsam drehte sich sein Kopf zur Seite. Nein, neben ihm hatte definitiv niemand gelegen. Und er konnte sich auch nicht daran erinnern, wann er Shuichi das letzte Mal dazu verdonnert hatte, auf der Couch zu schlafen. Nein, er hatte das alles nicht geträumt. Das wäre natürlich angenehmer gewesen. Aber stimmte ja, er hatte Tohma auf der Couch schlafen lassen. Er grinste. Es war sicherlich nicht sehr bequem für ihn gewesen, aber immerhin hatte er doch vorgeschlagen bei ihm zu nächtigen. Er ließ seinen Kopf kreisen und stieg dann aus dem Bett, schlüpfte in die Hausschuhe und schlurfte müden Ganges Richtung Küche. "Guten Morgen, Eiri. Möchtest du ein Ei zum Frühstück oder nicht?" Scheinbar unberührt davon, dass Tohma sich ungefragt in seiner Küche zu schaffen machte, kratzte Eiri sich am Kopf. "Ich wusste nicht einmal, dass ich Eier im Haus habe..." "Hattest du auch nicht. Wenn man es genau nimmt hat sich nichts in deinem Kühlschrank befunden außer Alkohol. Ich war noch schnell einkaufen, du kannst doch nicht verhungern." Eiri betrachtete den Tisch, ein Korb mit frischen Brötchen, Aufschnitt und Marmelade standen darauf. Tohma meinte es wohl gut mit ihm und plante vermutlich noch immer, ihn von seinem Entschluss abzubringen. "Ich habe es gar nicht verdient, dass du so nett zu mir bist" gähnte er halb bei der Aussage und nahm sich ein Brötchen "Ein Ei wäre aber auch nicht schlecht!" Tohma lächelte, er wusste doch noch immer am Besten, was Eiri gut tat und was nicht. "Wie magst du dein Ei denn am liebsten?" "Am liebsten ja gestreichelt" antwortete Eiri prompt, konnte sich ein Glucksen nicht verkneifen und wartete auf Tohmas Reaktion. Welche allerdings nur daraus bestand, dass er verhalten räusperte. "Dafür bin ja nun nicht ich zuständig" hörte er ihn noch leise sagen. Noch immer leicht amüsiert entschied Eiri sich für Käse und biss herzhaft in das Brötchen hinein. Seit Shuichi gegangen war, hatte er kaum etwas gegessen. Dieses Frühstück war wahrlich eine Wohltat. "Die Zeitung habe ich dir übrigens auch direkt mit rein gebracht..." bemerkte Tohma beiläufig und entschied, dass die Eier nun lange genug gekocht hatten. "Du bist zu fürsorglich" antwortete daraufhin Eiri, griff nach einem weiteren Brötchen und blickte auf die Schlagzeile der Zeitung. Mal wieder ein Politiker-Skandal der aufgedeckt worden war. Natürlich stritt der mal wieder alles ab. Aber man wusste ja eigentlich nie, was die Schreiberlinge dieser Blätter an Hintergrundinformation tatsächlich besaßen oder was sie frei dazu erfunden hatten. Tohma hielt ihm vom Durchblättern der Zeitung kaum ab, er war selber damit beschäftigt seinen Hunger zu stillen. Eiri bemerkte jedoch den interessierten Blick seines Schwagers. "Wir sind übrigens auch erwähnt, wegen dem Auftritt, bzw. der Party danach" warf Tohma in die Stille ein, während er die andere Brötchenhälfte mit Margarine bestrich. "Mhm..." brummte Eiri daraufhin und blätterte eine Seite weiter. "In etwa da, wo du gerade bist!" Nun blickte er auf. "Und was möchtest du mir damit mitteilen?" Tohma seufzte auf. Er hatte einen Teil der Zeitung bereits gelesen und war sofort auf den Artikel aufmerksam geworden, der sich um die Chartshow und die dazu angrenzende Party drehte. "Der Konkurrenzkampf zwischen Nittle Grasper und Bad Luck ist noch nicht vorbei. Aber, das war es eigentlich nicht, was für dich von Interesse sein könnte. Leider oh leider haben die von der Presse mal wieder deine Beziehung zu Shindou aufgegriffen." Er schaute zur Seite. Einerseits mochte er es nicht sonderlich, wenn Eiri in diesem Licht der Presse stand. Aber er musste ihn doch darauf hinweisen. Eiri suchte mit seinen Augen den eigenen Namen in dem ausführlichen Artikel. Erst im unteren Abschnitt wurde er fündig: "Stars und Sternchen munkelten bereits seit einiger Zeit, dass die Beziehung des Romanautors Eiri Yuki zu Shuichi Shindou, dem charismatischen Sänger von Bad Luck, in einer Krise stecke. Das vor wenigen Tagen aufgenommene Foto, welches Shindou und seinen Bandkollegen Hiroshi Nakano turtelnd und vertieft in einem innigen Kuss zeigte, dürfte auch den letzten Skeptiker überzeugt haben. Auch auf der gestrigen Aftershow-Party des Senders "J-Music-TV" zog es Shindou vor ohne Begleitung aufzutauchen und feierte offensichtlich ausgelassen mit seinen Bandkollegen sowie den Musikern von Nittle Grasper. Yukiko Azuma, Moderatorin des Musiksenders, verriet uns außerdem, dass Shindou bereits aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen sei und bei seinem Gitarristen Unterschlupf gefunden hat. Kann man da noch von einer Krise sprechen oder bedeutet es das tatsächliche Aus der sonst so hoch gelobten Beziehung? Wir warten alle gespannt auf den weiteren Verlauf dieser sich dem Ende zuneigenden Love-Story..." --------------- Wütend knallte Shuichi die Zeitung zurück auf den Tisch. "Die haben doch keine Ahnung!" keifte er los und konnte sich schon bildlich ausmalen, wie Fujisaki darauf reagieren würde. Publicity war ja so wichtig. Wenn er ihm mit diesem Argument kommen würde, dann wollte er ihn erwürgen. Er ballte die Hände zu Fäusten und spürte die Wut umso mehr in sich aufsteigen. "Ich habe also offensichtlich ausgelassen gefeiert. Die haben doch KEINE AHNUNG!!!" brüllte er wieder. Hiro las sich ebenfalls den Artikel durch und schüttelte den Kopf. "Wie können die so auf den Gefühlen anderer Leute herum trampeln? Die tun ja gerade so, als hätte ich Yuki ohne Grund verlassen und würde mich anderweitig vergnügen." Er hielt inne und schlucke. Gewissermaßen hatte er sich ja anderweitig "vergnügt." Ihm wurde schlecht, glaubte einen ekelhaften Geschmack im Mund zu haben und atmete schwer ein und aus. "Die wissen doch gar nicht, wie scheiße die Situation eigentlich ist. Schreiben munter drauf los, spekulieren herum und - überhaupt, woher weiß diese Tussi von Moderatorin überhaupt, dass ich ausgezogen bin???" Hilflos zuckte Hiro mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Die brauchen eben immer etwas, was sie schreiben können. Das interessiert die nun einmal nicht, ob es der Wahrheit entspricht oder nicht, und egal ist es denen sowieso, ob sie einen damit angreifen oder verletzen." Beruhigend legte er Shuichi seine Hand auf die Schulter und spürte nur wenige Momente später, wie Shuichis Finger die Seinen nachzeichnete. "Ich sage ja...Aasgeier." Er seufzte und erhob sich. "Was sagst du eigentlich zu dem anderen Text?" Hiro nickte. "Ja. Klingt sehr...deprimierend irgendwie. "Tragedy"....aber ich muss sagen, wirklich sehr gut geschrieben." Die letzten beiden Ergüsse von Shuichi beim Texte schreiben waren wirklich ausgesprochen gut. Sie besaßen eine gewisse Tiefe. Ein deutliches Zeichen dafür, dass Shuichi dort sehr viel von sich selbst eingebracht hatte, denn in gewisser Weise spiegelten sich seine Gefühle darin wieder. Und bei diesen beiden Texten konnte auch Yuki nicht mehr behaupten, er hätte kein Talent. Nicht immer, das war richtig, aber jetzt konnte niemand etwas Negatives darüber sagen. "Ich denke, das Album ist dann bald soweit, richtig?" Hiro lächelte. "Ich denke auch, ja. Wenn Fujisaki und mir noch eine gescheite Melodie zu deinem Text einfällt sicherlich. Das wird schon, du wirst sehen." Shuichi nickte gedankenverloren. Yuki würde vermutlich weder was von der Musik noch von seinen Texten halten. Wie konnte der eigene Partner sich so desinteressiert an der Arbeit seines Liebsten zeigen? Aber es war ja nicht mehr...Er seufzte leise auf, raffte sich dann endlich auf vom Stuhl aufzustehen und machte sich auf in Richtung Badezimmer. Jetzt musste er erst einmal wieder an seinen Job denken. Immerhin liebte er die Musik doch, und wenn er die eine Liebe schon aufgeben musste, dann sollte er die andere Liebe doch noch mehr pflegen, oder? Als er Hiro ansah wusste er, dass dieser bereits über eine Melodie für seinen Text nachdachte. Er lächelte. Wenigstens hatte sich zwischen ihnen nicht allzu viel verändert. Im Gegenteil, es schien so, als wäre das Band ihrer Freundschaft noch enger geknüpft worden. Und Gott sei Dank dachte Hiro da genau so wie er. Es stand also nichts zwischen ihnen - und das erleichterte Shuichi ungemein. Es war schön, jemandem so blind vertrauen zu können. --------------- Eiri hatte kein weiteres Wort mehr mit seinem Schwager gesprochen. Resignierend räumte dieser den Tisch ab und hoffte vergebens auf die Hilfe des Hausherrn. Ob er bei Shindou genau so war? Tohma kannte Eiri zwar nur zu gut, konnte in diesem Moment allerdings nicht abschätzen, ob er auf ihn sauer war oder auf den soeben gelesenen Artikel und seinen Verfasser. Vielleicht ärgerte er sich auch darüber, dass er überhaupt noch Anstalten gemacht hatte, Shindou wieder zu sehen. Obwohl...eigentlich war das absurd. Er schien eigentlich fest davon überzeugt zu sein, mit Shindou weiterhin eine Beziehung führen zu wollen. Also was hatte er dann? Zu schade, dass er nicht mehr der so liebenswürdige 16-jährige Junge war, damals schien es unkomplizierter mit ihm als nun. "Sind sie heute wieder im Studio?" kam wie aus dem Nichts die Frage. Tohma drehte sich überrascht um. "Wer?" Eiri verdrehte genervt die Augen, wen mochte er wohl meinen. "Ich meine Shuichi und seine Band!" Tohma verkniff es sich, erneut genervt aufzustöhnen und nickte. "Ja, Bad Luck arbeitet zur Zeit doch an ihrem neuen Album, entweder sie haben Konferenz mit ihrem Manager oder sie studieren etwas Neues ein. Aber da sind sie denke ich auf jeden Fall. Ich laufe ihnen nun einmal nicht jeden Tag über den Weg." Dann blickte er zur Seite und schaute Eiri ernst an. "Weshalb willst du das wissen?" Eiri trank den Rest seines Kaffees aus. "Nur so..." grummelte er und stand auf. Jetzt wollte er sich nur noch duschen gehen. Wenn der Kleine also im Studio war hatte er es eigentlich einfach. Dann brauchte er dort nur einfach aufkreuzen und ihn abfangen. Tohma blickte ihm besorgt hinterher. Was mochte er sich jetzt wieder denken? Er sollte ihn einfach vergessen, das schien, zumindest in seinen Augen, das Beste für alle Beteiligten zu sein. Gemächlich räumte er den Rest vom Tisch, stellte alles zurück an seinen Platz und begann zu spülen. Er horchte kurz auf, als er das Rauschen im Badezimmer vernahm und widmete sich dann wieder ganz seiner Arbeit. Eiri genoss das warme Wasser, das an ihm herunter lief, und sog den angenehmen Duft des Duschgels auf. Dieser Tag versprach besser zu werden als die vergangenen Tage. Shuichi hatte noch eine weitere Nacht über alles schlafen können und wäre an diesem Tag vielleicht eher bereit mit ihm zu reden. Das hoffte er zumindest. Er durfte ihn einfach nicht noch ein weiteres Mal so abblitzen lassen. Und diese verfluchten Zeitungsfritzen durften dann wieder großartig verkünden, dass das Homo-Paar Yuki/Shindou sich doch nicht getrennt hatte. Ein triumphierendes Lachen entwich seiner Kehle und zufrieden stellte er das Wasser ab, wickelte sich leger ein Handtuch um die Hüften und schritt auf den Spiegel zu. So gefiel er sich selbst schon viel besser. Und so würde er sicherlich auch Shuichi besser gefallen. Der Kleine konnte es einfach nicht mehr übersehen, dass er ihn brauchte. --------------- Shuichi, Fujisaki und Hiro hatten die Köpfe zusammen gesteckt, saßen über ausgebreiteten Notenblättern, aßen Muffins und tranken Cola um die grauen Zellen in Schwung zu bringen. Shuichi ging die verschiedenen Möglichkeiten im Kopf durch, kombinierte den Text mit den Ideen der beiden Komponisten, brachte ebenfalls neue Vorschläge mit ein. Fujisaki nickte zustimmend. Shuichi war erleichtert, dass er bis jetzt noch nichts zu dem Zeitungsartikel gesagt hatte. Aber vielleicht war Hiro dem auch zuvor gekommen und hatte ihren Keyboarder gleich dazu verdonnert still zu bleiben. Shuichi machte einen zufriedenen Eindruck während Hiro völlig enthusiastisch bei der Sache war. "Lasst uns das besser direkt ausprobieren, wenn was nicht stimmt können wir es direkt auskorrigieren. Denn wenn wir dann in zwei Stunden Palaver abhalten müssen haben wir wenigstens direkt was zu präsentieren und im Prinzip steht das Album ja dann." Shuichi nickte nur zustimmend. Wenigstens diese Liebe schien in Erfüllung zu gehen. Tohma hatte sich nur kurze Zeit später auf den Weg zur Arbeit gemacht. In seinem Hinterkopf plagte ihn leicht das schlechte Gewissen, Mika und das Baby die Nacht über alleine gelassen zu haben. Zugegebenermaßen hatte er auf der Couch nicht besser geschlafen, als zu Hause. Denn leider schlief sein Liebling die Nächte nicht unbedingt durch und die erstaunliche Lautstärke eines kleinen Säuglings brachte auch ihn, Tohma Seguchi, um seinen Schlaf. Er musste Mika nochmals anrufen und sich bei ihr entschuldigen, obwohl sie es ihm nicht unbedingt für übel nahm. Immerhin kümmerte er sich ja um ihren Bruder, seinen Schwager. Und selbst wenn Eiri der Meinung war seine Hilfe nicht mehr in Anspruch nehmen zu müssen, so war er doch der Meinung, dass Eiri im Grunde genommen noch immer zu beschützen war. Einerseits tat Shindou-san ihm vielleicht gut, aber genauer betrachtet brachte er ihm in den letzten vergangen Tagen wohl kaum mehr als schlaflose Nächte. Er parkte sein Auto, stellte den Motor ab und blieb sitzen. Aber...wenn Eiri wirklich das für Shindou empfand, was er befürchtete, dann konnte er ihn eigentlich auch nicht davor beschützen. Er schüttelte den Kopf. Daran wollte er jetzt gar nicht denken. Zuerst einmal musste er sein schlechtes Gewissen bereinigen und dann konnte er Shindou noch immer aufsuchen oder, genauer gesagt, zu sich bestellen und mit ihm reden. Wenige Minuten später befand er sich in seinem Büro, blätterte gelangweilt den Stapel Papier durch, der auf seinem Schreibtisch lag und führte ein kurzes Gespräch mit seiner Ehefrau, die ihm, wie bereits erwartet, keine Vorwürfe machte, ihn aber daran erinnerte, dass er ebenfalls ein Kind zu Hause habe, dass seine Aufmerksamkeit und Fürsorge brauchte. Das war ihm natürlich bewusst, aber Eiri konnte er trotzdem nicht einfach so links liegen lassen. Kaum hatte er den Hörer aufgelegt und kurz über die Worte seiner Mika sinniert, hob er diesen wieder ab und trommelte unruhig mit seinen Fingern auf dem Schreibtisch herum. "Schicken Sie mir bitte Shindou-san hoch. Über den Grund wird er unterrichtet, wenn er hier ist. Dankeschön!" Bestimmt, aber dennoch höflich, gab er seine Anweisung durch und lehnte sich in seinem Chef-Sessel zurück. Wenigstens konnte er ihn im gleichen Atemzug fragen, wie weit es nun mit dem neuen Album von Bad Luck war... --------------- Nervös stand Shuichi im Aufzug. Was konnte Seguchi-san denn jetzt von ihm wollen? Freundlich wurde er in dem ihm immer größer erscheinenden Büro empfangen. Tohma bot ihm einen Platz an, ordnete den Papierstapel auf seinem Schreibtisch, stützte dann seinen Kopf auf den Fingern ab und sah Shuichi durchdringend an. "Nun, Shindou-san, wie sieht es mit eurem Album aus. Habt ihr alle Songs beisammen oder wie lange braucht ihr noch?" Er hatte die Frage absichtlich etwas scharf klingen lassen, denn er erwartete bereits, dass der Sänger seit der Trennung von Eiri in einem kreativen Tief stecken geblieben war. "Es sieht gut aus. Wir sind gerade beim letzten neuen Song für das Album und dann dürfte das alles kein weiteres Problem mehr sein." Tohma hob die rechte Augenbraue an. "So?" Er lehnte sich wieder in seinem Bürostuhl zurück, schwenkte ein wenig zur Seite und dann wieder zurück. "Dann möchte ich nun zum eigentlichen Grund kommen, weshalb ich dich hier herbestellt habe. Es geht um Eiri!" Bei diesem Namen zuckte Shuichi unwillkürlich zusammen, was Tohma nicht entgangen war. "Es wäre äußerst praktisch, wenn sein Name in der Presse nicht mehr so oft im Zusammenhang mit dir genannt wird." "Darauf habe ich doch gar keinen Einfluss!" versuchte Shuichi zu protestieren. Er kannte ja Tohmas Vorwürfe ihm gegenüber was Yuki betraf. Aber das war jetzt einfach unfair, dachte er wirklich, dass er es darauf anlegte? "Es ist nur so, weißt du, dass er sich nicht mehr für dich interessiert, und wenn es weiter so geht, dann muss das der Presse auch mitgeteilt werden. Außerdem" dabei blickte er Shuichi nur von der Seite an "scheinen Nakano und du mittlerweile ja doch eine etwas andere Beziehung zueinander zu führen." Aus dem Augenwinkel konnte er erkennen, dass Shindou leicht errötet war. "Hiro und ich" versuchte er sich noch zu verteidigen, wurde aber sofort von Tohma unterbrochen "Du weißt, ich möchte für alle nur das Beste. Verstanden?" Langsam nickte der Gestrafte. Er hasste es, wenn er wegen Yuki zu seinem Chef zitiert werden musste, dabei war er in dieser Sache doch völlig unschuldig. Aber jetzt nützte es auch nichts mehr, etwas Gegenteiliges zu behaupten. Ohne ein weiteres Wort zu sagen stand Tohma auf, reichte Shuichi die Hand und verabschiedete ihn. Er atmete erleichtert auf, als Shindou die Tür hinter sich geschlossen verlassen hatte. Das Gespräch war kurz und knapp gewesen, dennoch hatte Shindou wohl verstanden, sich auch weiterhin von Eiri fernzuhalten. Jetzt musste er nur überlegen wie vorzugehen war, wenn Eiri sich tatsächlich dazu entscheiden wollte im Studio aufzukreuzen um mit Shindou zu sprechen... Shuichi hatte sich mittlerweile in ihrem Besprechungsraum eingefunden. Hiro und Fujisaki hatten letztendlich gemeinsam eine Lösung für den nächsten Song gefunden und trugen sie Shuichi sogleich vor. Er musste jetzt an etwas anderes denken, versuchte das Gespräch mit Seguchi aus seinem Gedächtnis zu verbannen, den Namen Yuki, welcher wie ein Echo durch seinen Kopf schallte, zu verdrängen und dem zuzuhören, was seine Bandkollegen vorzutragen hatten. Doch die Melodie erreichte ihn nicht wirklich, vor seinem inneren Augen hatte er Yuki und in seinem Ohr klangen noch immer die Worte seines Bosses "Es ist nur so, weißt du, dass er sich nicht mehr für dich interessiert" - Verbissen lauschte er auf die Musik, nur schwer kamen ihm die Erinnerungen an den Text wieder, bis er dann alles in völligem Einklang zu sehen glaubte. Er nickte. "Ja, ich glaube, das ist gut so!" --------------- Yuki schreckte hoch. Wie spät war es? Hektisch blickte er sich um, bemerkte erst jetzt, dass er sich im Wohnzimmer befand und ärgerte sich darüber auf der Couch eingeschlafen zu sein. Endlich konnte er die Zeiger der Uhr entziffern. Er hatte eigentlich schon längst unterwegs sein wollen, um Shuichi abzufangen. Wenn er es sich nun aber genauer überlegte hatte es auch Tage gegeben, an denen der Kleine um diese Uhrzeit ohnehin noch bei NG war. Er spurtete ins Bad, wusch sich noch einmal durchs Gesicht, putzte sich die Zähne um einen eventuellen Mundgeruch zu vermeiden und hielt sich dann bereit dazu, dem Kleinen vor die Augen zu treten. Zielstrebig griff er nach den Autoschlüsseln auf dem Wohnzimmertisch, griff seine Jacke und verließ das Haus. Zufrieden nickte Fujisaki. Dieser Tag war effektiver gewesen als die letzten Tage zuvor. Shindou und Nakano zeigten sich ebenfalls zufrieden und die eigentlich ungewollte Werbung der beiden für die Band konnte die Verkaufszahlen des nächsten Albums nur positiv beeinflussen. Er schaute auf die Uhr, viertel nach sechs. Die Zeit war schneller herumgegangen, als er gedacht hatte. "Und jetzt? Gehen wir was trinken oder was?" Shuichi blickte auf. Er fühlte sich müde und ausgelutscht, das unangenehme Gefühl, welches durch das Gespräch mit Seguchi herbeigeführt wurde, strahlte förmlich in jede Faser seines Körpers und am liebsten hätte er sich ins Bett gelegt und geschlafen. Eigentlich hatten sie doch auch gar nichts anderes mehr an diesem Tag zu tun... "Ich weiß nicht..." ertönte es plötzlich von Hiro. Er hatte sich einen Stuhl herangezogen, ihn umgedreht und darauf gesetzt. Sein Kopf ruhte auf seinen Armen, gestützt auf die Stuhllehne. "Ich bin irgendwie zu müde jetzt." Shuichi lächelte leicht. Hiro schien genau so erledigt zu sein wie er....Als es an der Tür klopfte, drehten sich die Köpfe der drei Musiker gleichzeitig zur Tür, während ein gemeinsames "Herein" den Raum erfüllte. "Alles prima gelaufen. Ihr könnt für heute nach Hause. Kleine Schöpfungspause bis morgen!" Das Rot der Ampel machte ihn leicht aggressiv. Wie lange dauerte bloß die Grünphase der anderen? Er blickte ein weiteres Mal hastig auf seine Armbanduhr, legte den Gang ein und trommelte mit seinen Fingern auf dem Lenkrad herum. "Na endlich" motzte er in die Leere seines Wagens und fuhr rasant um die Ecke. Der Feierabendverkehr zog sich immer dichter zu und Eiri verfluchte jeden Autofahrer, der es wagte aus einer Parklücke heraus zu fahren, um sich vor ihn zu drängeln. So lange war ihm der Weg zu NG noch nie vorgekommen. Nichts ahnend von alle dem schwang Shuichi sich mühsam hinter Hiro auf dessen Maschine. Es war überraschend gekommen, dass ihnen freigegeben worden war, aber andererseits hatte er sich nichts sehnlicher herbei gewünscht. Manchmal war Seguchi-san eben doch nicht so schlimm, obwohl Shuichi ihm gegenüber skeptisch war. Er schien ihn nicht zu mögen - nur aus dem Grund, dass er mit Yuki zusammen war. Er seufzte und klammerte sich an den Körper vor ihm, drückte sich näher an ihn heran und atmete etwas erleichtert auf. Bei Hiro fühlte er sich immer wohl. Doch jetzt brauchte er nichts mehr als ein schönes heißes Bad. Hiro fuhr an, wartete, bis die Schranken geöffnet wurden und ordnete sich im Verkehr ein. Er konnte es ebenfalls kaum erwarten nach Hause zu kommen. Der Tag hatte ihn geschafft und wenn er jetzt Shuichi an seinem Rücken spürte wurde ihm sowieso wieder ganz anders. Er biss die Zähne aufeinander und versuchte seine Gedanken zu kontrollieren. Shuichi war sein bester Freund und sollte es auch bleiben. Unbewusst gab er mehr Gas und die beiden Bandmitglieder sausten in Richtung zu Hause ab. Wie erwartet hatte Eiri sofort Einfahrt auf das Gelände erhalten, parkte seinen Wagen in die erstbeste Parklücke und vergaß beinahe ihn abzuschließen. Entschlossen rauschte er an der Empfangsdame vorbei zielstrebig auf den Aufzug zu. Er brauchte niemanden zu fragen, er wusste selbst ganz genau, auf welcher Etage, in welchen Räumlichkeiten "Bad Luck" ihren Platz hatten. Er blickte wieder auf die Uhr, atmete dann auf und war sich sicher, den Kleinen noch anzutreffen. "Herr Yuki!" Überrascht drehte sich der Angesprochene herum. Die junge Dame schien darüber erfreut zu sein, ihn noch rechtzeitig abgefangen zu haben. "Herr Seguchi wollte darüber informiert werden, wenn sie das Haus betreten. Er lässt Sie bitten in sein Büro zu kommen." "Ich habe jetzt keine Zeit dazu..." murmelte Eiri und tat einen Schritt in den angekommenen Aufzug. Mit großen Augen blickte die reizende Dame den Romanautor an. "Wenn Sie zu Shindou-san möchten, die Bandmitglieder von Bad Luck haben erst vor wenigen Minuten das Haus verlassen." --------------- "Ich konnte doch nicht ahnen, dass du doch noch vorbei kommen willst!" Tohma hatte wie gewohnt seine Unschuldsmiene aufgesetzt und blickte seinen Schwager an, der in seinem Zimmer auf und ab ging. "Halt mich doch nicht für blöd. Du hast ihnen doch freigegeben!" Unüberhörbar seufzte Tohma auf. "Ich sagte doch bereits, sie haben ihre Arbeit mehr als gründlich erledigt und haben sich den Feierabend verdient. Außerdem hattest du Zeit genug hier herzukommen." Wütend blieb Eiri stehen und drehte wie in Zeitlupe seinen Kopf zu Tohma. "Red keinen UNSINN! Hör verdammt noch einmal auf mich davon abzuhalten mit Shuichi zu reden! Wenn du es für das Beste hältst ist das dein Ding, aber lass mich verdammt noch mal da raus. Hör auf jemanden zu beschützen, der gar nicht von dir beschützt werden will!" Wutentbrannt, ohne ein weiteres Wort an Tohma zu richten, ohne ihn noch einmal anzuschauen, stürmte er aus dem Büro heraus, drückte mehrmals hintereinander die Tür des Aufzuges und lehnte sich an die Wand, als er eingestiegen war. Hektisch kramte er in der Brusttasche seines Mantels, angelte sein Handy hervor und wählte Shuichis Nummer. "Geh ran verdammt..." sprach er zu sich selbst, vernahm am anderen Ende der Leitung nach einer bestimmten Anzahl von Freizeichen jedoch nur die Mailbox. "Scheiße..." er versuchte es ein weiteres Mal. Wollte er nicht dran gehen, weil er seine Nummer sah oder war er wirklich gerade einfach nur verhindert? Er musste ihn finden, wenn er nicht mit ihm reden konnte würde er noch durchdrehen. Wo konnte er denn jetzt sein? ....Hiro...da hatte er Unterschlupf gefunden und vielleicht waren sie direkt zu ihm gefahren. Er musste einfach dort sein... Shuichi lehnte sich zurück, genoss das warme wohltuende Wasser um sich herum und schob ein wenig die Schaumkronen von seinem Ohr weg. Er fühlte sich unglaublich gerädert, schloss die Augen und bemerkte, wie dankbar sie ihm dafür waren. Seine angespannten Muskeln entspannten sich zunehmend und er ließ sich noch ein Stück mehr ins Wasser gleiten. Wenigstens im Beruf hatte er Erfolg, wenn es schon nicht mit der Liebe klappte. Er rief sich immer wieder ins Gedächtnis, dass er sich damit abfinden sollte, aber es fiel ihm einfach schwer das Kapitel Yuki abzuschließen. Solch starke Gefühle ließen sich einfach nicht auf Kommando abstellen, obwohl ihm solch eine Kunst die ganzen Strapazen vermutlich erspart hätte. Wenigstens stand er mit seinen Problemen nicht alleine da, Gott sei Dank hatte er einen so guten Freund wie Hiro. Obwohl er auch ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte. Langsam öffnete er die Augen wieder, hob seinen linken Arm und besah sich seine Finger. Total verschrumpelt. Vielleicht sollte er jetzt mal aus der Wanne heraus, immerhin hatte Hiro ebenfalls verkündet noch ins Bad zu wollen. Es war nicht mal seine Wohnung, also konnte er das Bad nicht zu lange blockieren. Er stemmte sich aus der Badewanne, griff nach dem bereit liegendem Handtuch, rubbelte seinen Oberkörper damit trocken und wickelte es dann galant um die Hüfte. "Dich hat jemand angerufen" war Hiros erster Kommentar, nachdem sich Shuichi, nun wieder komplett eingekleidet, im Wohnzimmer eingefunden hatte. "So?" Skeptisch suchte er nach seinem Mobiltelefon, Hiro hatte wohl ungefragt seine Tasche ausgepackt. Er griff das Handy, ließ sich auf die Couch plumpsen und blickte mit großen Augen aufs Display. Yuki? Wieso hatte der denn angerufen? "Was ist?" hörte er Hiro dicht neben seinem Ohr fragen. Er hatte sich leicht über Shuichis Schulter gebeugt, konnte aber aufgrund der Beleuchtung nichts auf dem Display sehen. "Yu-Yuki hat mich angerufen!" flüsterte Shuichi. Wie in Trance legte er das Handy zurück auf den Tisch. "Wieso ruft er mich denn an?" Hiro zuckte mit den Schultern. "Wenn er dich anruft wird er vermutlich mit dir sprechen wollen." "Aber warum?" Shuichi drehte seinen Kopf zu Hiro um. Wieso schaute er so seltsam drein? "Hiro?" fragte er vorsichtig nach. Wer von ihnen hatte denn jetzt durcheinander zu sein, er selbst oder sein bester Freund. Er fuhr erschrocken zusammen, als Hiro ihn plötzlich an den Händen fasste und an sich heran zog. Ohne ein Wort zu sagen blickten sie sich in die Augen. Hiro sah traurig aus, aber warum? "Shuichi..." flüsterte er und näherte sich Shuichis Lippen, obwohl ihm etwas weiter hinten in seinem Kopf sagte, er sollte es besser nicht tun. Das stürmische Klingeln an der Haustür jedoch verhinderte sein eigentliches Vorhaben. Er wand den Kopf um, ließ Shuichis Hände los und starrte in den Flur. Wer konnte das denn jetzt sein? Er stand auf, blickte zu Shuichi herunter, der noch immer mit einem überraschten Gesichtsausdruck dort saß, strich ihm sanft über den Kopf und bemerkte nur kurz "Ich mach auf..." Derjenige schien es verdammt eilig zu haben, denn er betätigte die Klingel ohne ein Pause zu machen. "Mein Gott, ja, ich komm ja schon!" rief Hiro in den Flur hinein während er auf die Tür zuging. "Was ist denn?" grummelte er, verstummte jedoch sofort, als er sah, dass Yuki vor der Tür stand. Augenblicklich verdunkelte sich sein Blick. "Was willst ausgerechnet du hier?" knirschte er den Romanautoren an. "Ich will mit Shuichi sprechen." Er machte einen Schritt auf die Haustür zu, doch Hiro versperrte ihm den Weg. "Das kannst du vergessen! Er will nicht mit dir reden!" "Darf ich das dann auch bitte aus seinem Munde hören?" keifte Eiri zurück "Ich habe ein Recht darauf mit ihm zu reden!" Seine Augen funkelten wütend auf, während er seinem Rivalen gegenüberstand. Verächtlich schnaubte Hiro auf. "Das Recht daran hast du dir doch schon lange verwirkt!" Eiri stützte sich mit einer Hand am Türrahmen ab und seufzte laut auf. Er wollte jetzt nicht verzweifelt klingen, schon gar nicht vor diesem Typen, aber langsam konnte er nicht mehr und seine Fassade begann zu bröckeln. "Bitte" erklang seine Stimme dieses Mal verzweifelt. "Lass mich zu ihm, ich MUSS mit ihm reden..." Hiro schluckte. Ging es Yuki wirklich so dreckig, wie er gerade tat oder war das alles nur Schauspiel? Er wusste nicht so recht, was er nun tun sollte, ihn reinlassen und mit Shuichi reden lassen oder die Tür zuknallen und es für das Beste halten. Was war Shuichi gegenüber fair? Was war für ihn das Beste? Er konnte ja eigentlich gar nicht ohne Yuki...und wirklich ausgesprochen hatten sich die beiden auch nicht. "Hiro..." er spürte plötzlich sanft eine Hand auf seiner Schulter. "Wenn er nur reden will, dann lass ihn bitte rein, ok?" Shuichis Stimme zitterte. Aber...wenn es sein Wunsch war, würde er Yuki herein lassen müssen. Grimmig öffnete er die Tür ganz und blickte Yuki streng an. Shuichi hatte sich mittlerweile wieder im Wohnzimmer auf die Couch verkrochen. Hiro blickte zur Seite und deutete Yuki an, er solle eintreten. Jetzt musste er die beiden alleine lassen. "Ich geh dann mal ins Bad" sagte er zögerlich und schloss die Wohnzimmertür. Er seufzte. Er hatte einfach keine Chance. Keine Chance gegenüber Eiri Yuki... Shuichi saß auf dem Sofa, den Blick auf seine Knie gerichtet, die Hände auf seinem Schoß gefaltet. Er atmete ruhig ein und aus, versuchte seine Gefühle und seine Nerven zu kontrollieren. Er wollte Yuki jetzt nicht in die Augen blicken. Dieser stand regungslos vor dem Sofa, blickte auf Shuichi und überlegte, womit er anfangen wollte. Es gab so viel, was er jetzt hätte sagen wollen. Es war so vieles gutzumachen, so vieles, was endlich gesagt werden musste. "Was gibt's denn?" fragte Shuichi in einem ruhigen Ton, scheinbar völlig unberührt und emotionslos. Er hatte mehrmals herunter schlucken müssen, um nicht sofort wieder mit dem Weinen anzufangen. Yuki lehnte sich gegen die Tür. "Ich wollte dich sehen..." murmelte er, jedoch noch so, dass Shuichi es verstehen konnte. Der Sänger senkte den Blick, blickte dann auf und fragte "Und das ist alles?" Hoffnung schwang in seiner Stimme mit, Yuki sollte endlich etwas Genaues sagen. Was wollte er wirklich? "Ich habe mit Hiro geschlafen" setzte er nach, linste zu seinem Geliebten hoch um zu sehen, wie er darauf reagierte. Yuki hatte es gewusst...Verdammt. Aber jetzt konnte er daran doch eh nichts mehr ändern. Er glaubte einen Moment lang, es sei ihm schwindelig. Hatte er den Kleinen jetzt etwa an diesen Kerl verloren? Leicht schüttelte er den Kopf, um seine Gedanken zu ordnen. Er holte tief Luft. "Die Wohnung ist leer ohne dich." Kein Wort zu der Sache mit Hiro, berührte es ihn etwa nicht? Schweigen, Shuichi wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Yuki verlor leicht seine Fassung, schnaubte auf und ließ sich ein Stück von Shuichi weg auf dem Sofa sinken. "Du fehlst mir, verdammt!" Er fasste sich an den Kopf und schloss die Augen. Er war Autor, schrieb romantische Texte, Liebe und Tiefsinn - und wenn es um seine Gefühle ging konnte er diese nicht einmal richtig ausdrücken. "Es tut mir leid, Shuichi, wirklich. Dass ich dich so abweisend behandle hat nichts damit zu tun, dass du mir nichts bedeutest. Ich möchte das auch nicht weiterhin tun." Der Kleine schenkte Eiri nun einen müden Blick. "Ich sagte dir doch bereits, damit ist es nicht getan." Rasch stand er auf. "Du kannst doch nicht ernsthaft annehmen, dass ich alles für dich stehen und liegen lasse, wenn du sagst es tut dir leid und du willst dich ändern. Bis jetzt hast du dich in den Jahren kaum geändert!" Er drehte sich um, sein Herz raste und er redete sich selbst ein ruhig bleiben zu müssen. "Du weißt genau, dass ich nicht gut in so was bin" erklang es leise von Eiri. "Aber du fehlst mir, wirklich. Es ist so...meine Art irgendwie. Ich weiß, dass es mit mir sicherlich nicht einfach ist." Er hielt inne, denn das verächtliche Schnauben von Shuichi hatte er nicht überhört. "Nicht einfach. Nicht einfach!" Mit einem Ruck hatte sich Shuichi wieder zu ihm umgedreht. "Hast du jemals ernsthaft darüber nachgedacht, wenn du mich weggeschickt hast? Wenn du mir gesagt hast, was ich für eine Nervensäge bin? Dass ich null Talent habe, dass ich dir nicht gut genug im Bett bin!? Es fällt dir jetzt erst ein, dass es dir wirklich leid tut und es nicht einfach mit dir ist?" "Ich hab nie behauptet, nicht gerne mit dir ins Bett zu gehen" bemerkte Eiri trocken, bereute seinen Kommentar jedoch sofort, als er das zornige Gesicht des Kleinen erblickte. "Verdammt noch mal, du hast mir damit weh getan! Jedes Mal, denkst du, man steckt es einfach so weg? Selbst wenn es nicht ernst gemeint ist, so was sagt man doch nicht!" Er drehte sich wieder um, die erste Träne rann seine Wange herunter. "Jedenfalls nicht, wenn der andere einem etwas bedeutet..." Eiris Blick verdunkelte sich. Hatte er mit seinem Egoismus und seiner Ignoranz Shuichi tatsächlich so sehr verletzt? Zaghaft stand er auf, streckte seine Hand nach Shuichi aus. Er fuhr kurz zusammen, als er die Hand seines Ex-Freundes auf der Schulter fühlte. "Ich hab dir nie weh tun wollen..." Yukis Stimme klang traurig...meinte er es wirklich ehrlich? Langsam drehte er den Kleinen zu sich um, Tränen bedeckten wie so oft seine Wangen. "Wirklich nicht. Mir fällt es nur schwer...auszudrücken was ich" er druckste herum. Wieso fiel es ihm nur so schwer? "Was ich fühle. Verstehst du?" Sanft rieb er die Tränen von Shuichis Gesicht und blickte ihm tief in die Augen. "Aber jetzt ist leider das eingetroffen, was ich vermeiden wollte, wovor ich immer wieder Angst hatte. Wieder denjenigen verlieren, der mir am Wichtigsten ist." Shuichis Augen weiteten sich. "Ich kann es nun einmal nicht so gut wie du, Shuichi. Ich will mit dir zusammen sein und ich hab dich wirklich nie verletzten wollen." Er zog den Kleinen ein Stück an sich heran, lehnte seine Stirn gegen die des Kleinen, ohne seinen Blick von den großen Kulleraugen seines Gegenübers zu nehmen. Er schloss für einen kurzen Moment die Augen. Wenn er es jetzt nicht tat, wäre vermutlich alles vergebens. Täte er es nicht würde Shuichi vermutlich niemals zu ihm zurück kommen und in dem Glauben leben, er wäre ihm egal. Blitzschnell öffnete er die Augen wieder, klammerte seine Finger fest in die Oberarme des Kleinen, sein Herz raste. "Ich liebe dich..." Erneut füllten sich Shuichis Augen mit Tränen. Hatte er richtig verstanden? Yuki erklärte ihm gerade seine Liebe? Nach vier Jahren verließen diese Worte seine Lippen? "Wi-wieso...." er schluckte, denn seine Stimme war von den Tränen getränkt und zitterte. "Wieso hast du mir das nie vorher gesagt?" hauchte er, unfähig seiner Stimme richtiges Volumen zu verleihen. "Unfähig..." flüsterte Eiri ihm jedoch nur entgegen und versiegelte Shuichis Mund mit seinen Lippen. Endlich wieder den süßen Geschmack des Kleinen spüren, seine weichen Lippen, seinen angenehmen Duft einatmen und den Gedanken daran verdrängen, dass jemand anderes von diesen Köstlichkeiten hatte probieren dürfen. Er hätte ihm ohnehin keinen Vorwurf machen können...Beide hatten sie die Augen geschlossen, genossen die Nähe des anderen. Yuki drückte den Kleinen noch enger an sich, erbat mit seiner Zunge Einlass und erhielt ihn auch. Nach einigen Sekunden brach Shuichi den Kuss ab, lehnte seinen Kopf an Yukis Brust und horchte auf den Rhythmus seines Herzschlages. Wie sehr er ihn vermisst hatte. Aber sollte er jetzt wieder zurück? Konnte er wirklich darauf vertrauen, dass es besser werden würde? "Ich liebe dich auch..." antwortete er etwas verspätet, befreite sich aus der Umarmung und seufzte. "Aber ich weiß nicht, ob ich das noch weiter kann..." "Was?" stammelte Yuki. Konnte Shuichi jetzt nicht einfach wieder mit ihm nach Hause? "Ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen kann, ob sich wirklich irgend etwas ändern wird, verstehst du? Ich will nicht, dass es so bleibt, wie es war. Ich liebe dich, aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob es uns gut tut..." Seine Stimme wurde von Wort zu Wort leiser. Eiri senkte den Kopf. "Hat das was mit Hiro zu tun?" "Was?" Ein bitteres Lächeln zeichnete sich auf den Lippen des Autors ab. "Wenn du mit ihm geschlafen hast, bedeutet es vielleicht doch etwas für dich?" Traurig senkte Shuichi den Kopf. "Nein...Aber versteh mich bitte, Yuki." Er ging ein weiteres Mal auf Yuki zu, schlang seine Arme um seinen Hals. "Ich möchte, dass du nach Hause kommst" flüsterte Eiri ihm sanft ins Ohr, strich ihm dabei über den Rücken und glaubte nun endgültig verzweifeln zu müssen. Jetzt hatte er seine Gefühle offenbart und wurde...trotzdem zurückgewiesen? Liebevoll strich der Kleine ihm über die Wange, fast so, als wolle er ihn trösten für das, was er gerade gesagt hatte. Nun musste er es zu spüren kriegen, wenn man derart abgewiesen wurde. Ein weiterer sanfter Kuss folgte, bis sie sich wieder trennten, Shuichi Yukis Hand nahm und wieder tief in seine Augen blickte. "Gib mir bitte noch Zeit zu überlegen. Wenn du auf mich warten kannst, dann" "Natürlich." Flüchtig küsste er die Hand des Kleinen. "Schon okay, ich verstehe das, wenn du es dir noch überlegen musst." Shuichi hatte diesen verzweifelten, verletzten Blick an Yuki nur selten gesehen, aber dieses Mal machte es ihn doppelt traurig. "Ich werde auf dich warten" Verhalten nickte Shuichi, während sich Yuki leicht räusperte. "Ich...werde dann jetzt besser gehen..." stammelte er und machte sich auf den Weg zur Haustür. "Okay..." hauchte ihm Shuichi hinterher, folgte ihm noch bis zur Tür und schloss behutsam die Tür hinter ihm. Er konnte jetzt nicht zusehen, wie er wieder weg fuhr. Er sank noch an der Tür zu Boden. Er blickte erst wieder auf, als er seinen Namen hörte. Hiro war bei ihm. Er war ja immer bei ihm. Ohne ein Wort zu sagen fiel er ihm in die Arme. Suchte Geborgenheit...und jemanden, der ihm zuhörte und ihn verstand. In seinem Kopf blieb noch immer die Erinnerung an die drei Worte aufrecht, die Yuki ihm gesagt hatte. "Ich liebe dich". ******************************************************************************** Shuichi, Fujisaki und Hiro befanden sich im Blitzgewitter der Presse. Auf den Plakaten und Pappfiguren rings um sie herum erstrahlte das Cover ihres neuen Albums mit ihren Gesichtern drauf. "At the end of the day" versprach ein absoluter Erfolg zu werden, es hatte schon Wochen vorher Vorbestellungen gegeben, denn das neue Album dieser Erfolgsband war ein absolutes Muss. Außerdem winkte der Band durch die hohen Verkaufszahlen ein gutes Einkommen, versprach weitere Auftritte im Fernsehen und natürlich das Einsingen neuer Maxi-CDs. Was wollten sie mehr? Seit dem Aufeinandertreffen von Shuichi und Eiri waren bereits 4 Wochen vergangen, jedoch hatte es keinen Tag gegeben, an dem Shuichi nicht an Yuki hatte denken können. Shuichi zeigte sein bestes Lächeln und Hiro wusste, dass dieses Lächeln nicht mehr gekünstelt war. Seinem besten Freund ging es gut. Das war ja das Wichtigste. Die Hoffnung jedoch, jemals könnte mehr zwischen ihnen sein, als die enge Freundschaft, versuchte er immer weiter in seinem Kopf zu verdrängen. Es war nicht einfach, zumal er Shuichi jeden Tag um sich herum hatte. Er lächelte traurig. Seine restlichen Sachen hatte Shuichi nicht mehr aus Yukis Haus geholt. Aber egal wie Shuichi sich entscheiden würde, nach wie vor würde er immer für ihn da sein. Er seufzte und konzentrierte sich wieder auf die Vorstellung ihres Albums. Sicherlich mussten sie nach dem offiziellen Teil mit der Presse noch Autogramme auf ihre CDs geben. Die Fans konnten das sicherlich kaum erwarten. Er lächelte. Hatten sie nicht mal gesagt, eine Beziehung zu einem Fan sei unmöglich? Wer wusste das schon, vielleicht war ja dieses Mal jemand Nettes dabei. Shuichi war mit Leib und Seele dabei, er liebte die Musik, er liebte diesen Job und in diesem Augenblick genoss er auch die Augen der Öffentlichkeit, die auf ihn gerichtet waren. Gut gelaunt gaben er und seine beiden Bandkollegen Autogramme, hielten kurzen Small-Talk mit neugierigen Fans und zeigten sich von ihrer besten Seite. Als Shuichi erneut aufblickte, um die nächste CD in Empfang zu nehmen fror sein Gesichtsausdruck für einen wenigen Augenblick ein. Er war da. Wartete dort geduldig. Er wartete auf ihn. Auf wen sonst. Er seufzte, lächelte dann wieder und nahm die nächste CD in Empfang. Als er wieder hochblickte stand er noch immer da, die Augen fest auf ihn gerichtet. Nein, er hatte nie aufgehört an ihn zu denken...Er blickte zur Seite. Hiro schien ihn ebenfalls bemerkt zu haben, denn er blickte just gerade in diesem Moment in Richtung des Romanautors. Seltsam, manchmal war es mit Hiro anders als sonst geworden. Er konnte es nicht einmal genau definieren, vielleicht war es aber auch nur Einbildung. Bei entsprechender Gelegenheit musste er mit Hiro mal darüber reden. --------------- "Aaaaaaaaah, fertig!" Fujisaki schüttelte seine Hand. Sozusagen konnte man durch das viele Unterschreiben einen regelrechten Schreibkrampf kriegen. Er griff neben sich, zog seine Tasche hoch und machte deutlich, dass er sich nun auf den Weg machen wollte. "Ist doch super gelaufen, oder?" Shuichi nickte stumm. Auch Hiro stand auf, streckte sich und blickte dann zu Shuichi. "Ich fahre schon einmal" bemerkte er knapp. Dann drehte er sich zu Shuichi um, lächelte und deutete mit dem Daumen nach oben. Auch Shuichi musste grinsen. Das war sein Hiro. "Okay. Bis dann. Ciao!" Gemächlich kramte er seine Sachen zusammen, verstaute sie in der Umhängetasche und blickte auf die Uhr. "Hey..." ertönte es plötzlich hinter ihm. Yuki. Er hatte also doch noch gewartet. "War ja ne Menge los, wegen eurem neuen Album. Man sagt, das wird ein absoluter Kassenschlager werden." "Ich hoffe es doch. Immerhin haben wir uns viel Mühe damit gegeben." Yuki lächelte. "Ich weiß..." Leicht verlegen standen sie sich gegenüber. Eiri kratzte sich am Kopf, denn beide wussten irgendwie nicht, was sie dem anderen sagen sollten. "Freut mich, wenn ihr jetzt so...erfolgreich seid." Shuichi lachte kurz auf. "Danke....Eiri". Verwundert blickte Eiri seinen Kleinen an. "Wieso?" stammelte er, Shuichi legte ihm den Zeigefinger auf den Mund. "Naja, ich wollte dir eben auch mal etwas sagen, was ich noch nie zuvor gesagt habe." Er lächelte. "Na dann..." Eiri blickte auf den Boden, es wirkte ungewohnt, wenn Shuichi ihn so nannte. Der Kleine machte einen Schritt nach vorne, dabei streifte seine Hand absichtlich die des Romanautors. "Bringst du...mich noch nach Hause?" Yuki nickte. "Gerne." Ein weiteres Lächeln umspielte nun seine Lippen. "Ich bring dich nach Hause." xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Oweia...Ich hoffe, es lyncht mich jetzt niemand. Ist es zu kitschig, endet es doch zu abrupt, gefällt das Ende euch überhaupt??? Fragen über Fragen (Hilfe!) Ich hoffe, ich habe mit dem letzten Kapitel niemanden enttäuscht ^^" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)