Interitus von Daedun (Schatten der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 1: Novitas ------------------ "Ich finde das mir grün überhaupt nicht steht." Seras blickte mit kritischer Mine in den Spiegel der vor ihr stand. Integra tippte sich mit dem Finger auf die Unterlippe. "Tja, ich finde auch, dass blau und schwarz, eher deine Farben sind. Sie stellte sich neben Seras und beide beobachten ihre leicht säuerlich drein schauenden Abbilder. "also doch das erste Kleid?" Integra nickte und ging zum Kleiderschrank hinüber. Sie verschwand kurz im Schatten des riesigen Ungetüms um, nach wenigen Sekunden mit einem dunkel blauen Schlauchkleid wieder hervor zu kommen. " Zieh es noch mal an, aber ich denke schon, das es das richtige ist." Mit diesen Worten überreichte sie Seras den Stoff und diese trollte sich ins Nebenzimmer. Seufzend setzte sich Integra in einen Sessel. " Na fertig mit den Vorbereitungen?" Sie wandte sich um, Alucard kam mit einem amüsierten Lächeln durch die Wand geglitten, " Fast, oh man ich habe schon früher Gesellschaftsabende nicht ausstehen können." Sie verdrehte die Augen und er lachte leise. " Stimmt, der gute Walter musste dich schon fast mit Waffengewalt dazu zwingen auch nur einmal im Jahr unter Menschen zu gehen." Das Wort Menschen betonte er besonders deutlich. Integra grinste breit, " da bietet sich mir ja heute Abend die Gelegenheit rauszufinden, ob es da einen Unterschied gibt, oder ladet Senectus etwa auch Sterbliche zu seinen Feiern ein?" " Wohl kaum, es sei denn sie dienen als kleines Aparativ." In diesem Moment kam Seras wieder herein, als sie ihren Meister erkannte huschte ein verlegender Ausdruck über ihr Gesicht. "Oh, äh Meister, ich wusste nicht, dass ihr her seid, ich wollte nur." "Schon gut, komm rein und lass dich anschauen, schließlich habe ich heute die Ehre gleich mit zwei Frauen einen netten Abend zu verbringen." Seras kam zögernd näher und drehte sich dann leicht nach rechts und links. Integra nickte, "Das ist es." Und auch der schwarzhaarige Vampir nickte anerkennend. Seras raffte daraufhin ihren Saum und entschuldigte sich. Schmunzeln sah ihr Meister ihr nach. " Das kleine Fräulein scheint ein bisschen schüchtern zu sein, mag man bei ihrer sonstigen Garnitur gar nicht vermuten." Integra hob kritisch eine Augenbraue. " Sonst ist sie ja auch darauf aus, Jemanden zu erschießen und sich nicht stilvoll zu präsentieren." Sie ging wieder hinüber zum Kleiderschrank. "Und in was darf man dich heute bewundern?" Leises Gemurmel war die Antwort. Alucard blickte überrascht zu ihr hinüber. Ihr Kopf tauchte hinter den geöffneten Türen auf. " Ich finde das ist ein guter Moment um es zu tragen, findest du nicht?" Kalham band sich unter leisen Summen seine Krawatte um, dabei überprüfte gleichzeitig den Sitz seiner Manschettenknöpfe. " Findest du es wirklich eine gute Idee heute Abend dorthin zu gehen?" Ihre leise Stimme ließ ihn kurz inne halten. Er warf einen raschen Blick über die Schulter. Helena stand mit ihrer kleinen Gestalt im Türrahmen und ihr kleines, schneeweißes Gesicht drückte Besorgnis aus. Kalham verzog verärgert die Stirn kraus. " Warum sollte ich nicht? Glaubst du, dass er mir vor versammelter Gesellschaft eine Kugel ins Herz jagt?" Ein kurzes Schweigen trat ein und er wandte sich ihr darauf hin komplett zu. Das Mädchen lächelte dünn. "Nun, bei jedem anderen hätte ich dir eine sichere Antwort geben können, aber bei ihm? Schließlich hast du dich mit deiner Tat weit aus dem Fenster gelehnt und die Grenze weit überschritten." Er presste die Lippen auf einander, " Sie wollte es doch schon die ganze Zeit wissen und ich finde es war richtig ihr die Antworten zu geben." Helena lachte auf. " Aber hätte er das nicht besser selbst machen sollen? Außerdem kenne ich dich gut genug um zu wissen, dass du nicht alleine aus Nächstenliebe gehandelt hast." Jetzt schwieg er. " Wie dem auch sei, ich würde dir raten ein Zusammentreffen zu verhindern." Damit drehte sie sich um und verschwand. Einige Stunden später Senectus schüttelte freudig eine Hand nach der anderen. In den Räumen tummelten sich schon eine Menge Gäste, darunter viele deren Weg hierher lang gewesen war, doch es galt die alten Freundschaften und Beziehungen zu pflegen, denn schließlich war man dem gleichen Schicksal ergeben und für die lange Reise der Ewigkeit war angenehme Gesellschaft ein bedeutender Faktor. Er griff nach einem vollen Glas, dass Boris ihm geholt hatte. Langsam ließ er den ersten Tropfen die Kehle hinunter gleiten. Nicht schlecht, lobte er im Stillen, obwohl es mit dem Lebendigen nicht zu vergleichen war. Die Eingangstür wurde ein weiteres mal geöffnet und er konnte gerade noch verhindern dass er sich verschluckte. Der Anblick war selbst für ihn, wenn man das sagen konnte atemberaubend. Sie war wirklich gekommen, die Frau, deren Name und Familie viele Jahre Schrecken und Hass in den Reihen der Unsterblichen gebracht hatte stand nun vor ihm, in Gestalt dessen was sie selbst mit all ihrer menschlichen Fähigkeiten bekämpft hatte. Doch wenn man dieses Wesen jetzt betrachtete, war man froh und dankbar, das man es den Fängen der Zeit entrissen hatte. Integra Wingates Hellsings zarter Körper wurde von einem weißen Kleid umschmeichelt, dass ihren Oberkörper wie eine zarte, enge Hülle betonte und dabei ihre vollkommende Weiblichkeit preisgab. Unterhalb ihrer Taille jedoch öffnete es sich wie ein Blütenkelch und fiel in lagen, schwungvollen Bahnen bis knapp auf den Boden. Er war immer noch von ihrem Anblick fasziniert, als sie jetzt auf ihn zukam und damit den Blick auf ihre Begleitung frei gab. Bei seinem Anblick allerdings hatte er sich schnell wieder in der Gewalt. Unter einem leisen Räuspern griff er nach ihrer Hand. " Lady Integra, es freut mich, dass sie meiner Einladung gefolgt sind." Sanft küsste er ihren Handrücken. Die Lady hob die Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln. " Ich war zunächst nicht ganz sicher, aber dann habe ich mich überreden lassen." Ihr Blick streifte Alucard, der jetzt neben sie getreten war und Senectus aus schimmernden Augen ansah. " Ah, auch dir einen wunderschönen guten Abend, ich weiß schon nicht mehr, wann du uns das letzte mal bei so einem Zusammentreffen, mit deiner Anwesenheit beglückt hast." Alucard grinste, " Nun ja, eine Menge Pflichten haben mich davon abgehalten, mich auf diese Art des Amüsierens zu konzentrieren." Das Lächeln in Senectus Gesicht verlor an breite. "Ich hoffe ihr habt eine wunderbare Zeit hier." Damit wand er sich Seras zu, die immer noch mit den Tücken ihrer Garderobe kämpfte. Integra sah sich zu allen Seiten um. "Und was machen wir jetzt?" Die vielen fremden Gesichter um sie herum, die sie Teils neugierig Teils feindseelig anstarrten, machten sie doch ein wenig nervös. " Wie wäre es zunächst mit einem Drink?" Er winkte einem der umherstehenden Pagen zu sich heran, der ihnen ein Tablett mit Gläsern entgegenhielt. Die kleine Woge von Energie machte sie kurz darauf ein wenig ruhiger und langsam kam ihre übliche Selbstsicherheit zurück. " Ich schaue mich mal ein bisschen um, ja?" Er nickte, und Integra begann durch die einzelnen Zimmer zu streifen. Dabei beobachtete sie die Männer und Frauen um sie herum, deren Züge und Gestalten so unterschiedlich waren, wie die Gesellschaft auf einem überfüllten Bahnhof, doch trotz alledem hatten sie eins gemeinsam. Nicht die bleiche Haut oder die unnatürlichen Augen, war es was sie verband, sondern der Hunger war ihr kleinster gemeinsamer Nenner. Integra hielt für einen Moment an der Flügeltür, die in einen Wintergarten führte inne. Wenn man genau hinsah, konnte man ihn in regelrecht sehen, er steckte in ihren Augen, in ihren Bewegungen, er war einfach allgegenwärtig. Kalham beobachtete sie aus den kunstvollgeschmiedeten Fenstern des Salons heraus. Das kleine Glas in seiner Hand, wirbelte dabei wie ein unruhiger Propeller um seine eigene Achse. Es war, als wenn man ein Gemälde betrachtete, dass je länger man es ansah um so schöner und faszinierender wurde, weil es immer mehr Details offenbarte. Ein leises Lächeln huschte über sein Gesicht, weiß! Bei jedem anderen von ihnen wäre diese Farbe kotest gewesen, aber bei ihr war sie passend, da ihre Unschuld doch noch nicht ganz verloschen war. Seine Gedanken glitten für einen Moment zurück in ihr Badezimmer, er schürzte die Lippen, vielleicht war sein Handeln ein klein wenig unverschämt gewesen, aber hatte sie nicht ein Recht darauf zu erfahren, wer er wirklich war?" Plötzlich legte sich eine behandschuhte Hand von hinten auf seine Schulter. . " Wirklich rührend, dass du so um ihre Interessen besorgt bist, aber hast du wirklich geglaubt, dass ich das einfach so tolerieren werde?" Kalham spürte, wie ihm für Sekundenbruchteile die Gesichtszüge entglitten, dann hatte er sich wieder gefangen. Er versuchte sich umzudrehen, "Hey, Alucard schön dich zu sehen, ich..." " Halt die Luft an, sonst reiß ich dir gleich deinen kleinen, verlausten Schädel runter." Es klang, als wenn der Vampir einen Witz machen würde, doch Kalham wussten, dass er es genauso meinte, wie er es sagte. Die Hand hatte sich jetzt fest in seine Schulter gegraben und zwang ihn wie ein eiserner Schraubstock stehen zu bleiben. " Das war sehr, sehr dumm von dir Kalham und das weißt du. Ich persönlich hätte nicht gedacht, dass du solch große Selbstmordambitionen hast," Alucards Stimme klang, als wenn man damit Papier schneiden konnte, dabei war sie nur so laut wie ein Flüstern. "Glaub ja nicht, das mir deine Emotionen verborgen geblieben sind und deshalb sage ich dir eins, hör auf den Rat den Helena dir gegeben hat, versuch nie wieder mir in die Quere zu kommen und was sie angeht." Kalham blickte wieder zu der immer noch an der Flügeltür stehenden Integra hinüber. " Solltest du noch ein einziges mal versuchen dich ihr zu nähern, wird es das Letzte gewesen sein, was du auf dieser Welt getan hast." Damit lockerte sich der Griff und die Hand verschwand. Zwischen all dem lauten Getuschel um sie herum, ging Integra ihren Erinnerungen nach. Sie dachte an die wenigen male, wo ihr Vater im Hause Hellsing zu festlichen Abenden gebeten hatte. Damals, als kleines Mädchen, hatte sie verschüchtert neben Walter gestanden und mit großen Augen die vielen Menschen bewundert, die um sie herum standen. " Sehen sie sich das gut an kleines Fräulein," hatte Walter zu ihr gesagt und ihr dabei verschwörerisch zu gezwinkert, " eines Tages werden sie hier einmal die Gastgeberin sein." Bei dem erschrockenen Gesicht, dass sie gemacht hatte, wäre er beinahe in lautes Lachen ausgebrochen. " Keine Sorge, ihr Vater wird ihnen dabei tatkräftig zur Seite stehen, da bin ich mir sicher." Doch in diesem Punkt hatte sich der treue Diener des Hauses geirrt, nicht ihr Vater war es gewesen, der ihr in all den Jahren des Heranwachsens zur Seite stand, sondern jemand anderes hatte dieser Aufgabe angenommen, ohne das sie beide es überhaupt bemerkten. Auf einmal berührte jemand ihren Arm und sie fuhr leicht zusammen. " Wie stehen die Chancen auf einen Tanz mit dir?" Sie lächelte, als er sie auf die kleine Tanzfläche führte und anfing sie im Rhythmus der Musik herumzuwirbeln. Plötzlich lachte sie. "Was ist?" fragend sah er sie an. " Och, mir ist nur gerade aufgefallen, dass das früher die einzige Situation war, wo du ganz offensichtlich mal die Führung übernommen hast." Kapitel 2: Proficisci --------------------- Nach dem sie genug von der Musik hatten suchten sie gemeinsam den großen Garten auf, der mit Fackeln geschmückt von der Hauptterrasse aus durch einen kleinen verschlungen Weg zu betreten war. " Eine wunderschöne Anlage." Integra fuhr mit den Fingerspitzen im Vorbeigehen über ein paar zarte Rosenhäupter, die mit ihren geschlossenen Blüten wie schlafende Wesen sachte hin und her schaukelten. "Ja Senectus verstand es immer schon zu leben," er lachte wie über einen gelungenen Scherz. " Dabei ist der alte Gauner gerissener als wir alle zusammen." Sie gingen den schmalen Trappelpfand entlang ohne das ihn jemand begegnete. Integra hackte sich bei ihrem Begleiter unter. " Woher kennst du ihn eigentlich? Stammt er aus der gleichen Generation wie du?" Alucard schüttelte den Kopf. " Ehrlichgesagt weiß ich sehr wenig über ihn, aber das könnte daran liegen, dass ich mich nie sonderlich für ihn interessiert habe." "Aber Helena scheint mit ihm vertraut zu sein." Wieder stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht. " Der kleinen Lady sind nicht viele Bewohner aus dem Reich der Verdammten fremd, sie hat schon viele kommen und gehen sehen." Integra legte sich kurz über die Lippen, bevor sie die nächste Frage stellte. " Hat sie damals nicht versucht dich davon abzuhalten dich mit meiner Familie zu verbünden?" Immer noch knirschten ihre Schritte über den leicht feuchten Kies. Eine Haarsträhne verdeckte einen Teil seiner Augen. "Sie weiß das ich meine Entscheidungen selber treffe und bis zum heutigen Tag hat sie diese immer toleriert." Sie waren jetzt am Ende der Parkanlage angelangt, in dem an einem kleinen, künstlich angelegten See ein aus weißem Holz gebauter prachtvoller Pavellione stand, dessen weit geöffnete Fenster wie schwarze Höhlen zu ihnen hinüber starrten. Alucard blickte sich um. " Was für ein friedlicher und vollkommender Moment nicht war?" Integra lachte leise. "Vor ein paar Monaten dachte ich nicht daran ihn mit dir zusammen genießen zu können." Die Erinnerungen an den ehemaligen Freund ihres Vaters und an all das was er heraufbeschworen hatte ließ sie innerlich frösteln. Der Vampir allerdings schien diese Geschichte längst vergessen zu haben, als wenn sie nicht der Rede wert gewesen wäre. Er grinste wieder von einem Ohr zum anderen. " Ja, ja der Ritter der Tafelrunde hat ein wenig Katz und Maus spielen wollen, nur hat er vergessen wer die Katze und wer die Maus ist." Integra sah erbost auf. "Na hör mal, er hat dir jawohl ganz schön zu gesetzt und was wäre erst noch passiert, wenn wir zu spät gekommen wären?" Jetzt kicherte er leise. "Das seid ihr aber nicht und deshalb," er zog sie zu sich heran, bis sich ihre Gesichter fast berührten. "Lohnt es sich nicht weiter einen kostbaren Gedanken an die Vergangenheit zu verschwenden." Er küsste sie und Integra musste sich wiederstrebend eingestehen, dass sie sich diese Art der Ablenkung einfach nicht entziehen konnte. Am nächsten Abend saßen Seras, Alucard und Integra gemeinsam im Wohnzimmer. Integra hatte sich seit einer Stunde in ein ledergebundenes, braunes Buch vertieft und die kleine Vampirdame und ihr Meister spielten Schach. Im Hintergrund erklang der sanfte Ton von Geigenseiten, doch Alucard hörte ihn nicht. Er saß nach vorne gebeugt in dem grünen Lehnstuhl. Die Ellenbogen dabei auf den Knien aufgestützt und das Kinn in den Handflächen vergraben starrte er mit konzentrierter Mine auf das karierte Spielfeld vor sich. Seras hingegen hatte sich auf ihrem Platz zufrieden nach hinten gelehnt und ein kleines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. " Verzeihung Meister, hatte ich schon Schach gesagt?" Die Haut auf seiner Stirn wurde kraus. "Ja, schon zwei mal." "Oh, na dann kann ich wohl matt sagen oder?" Der schwarzlackierte König fiel mit einem hellen Krachen auf die blanke Holzplatte. Seufzend lehnte auch er sich zurück. " Es ist für mich einfach nicht nachvollziehbar, wie du das jedes Mal wieder hinkriegst mich so dermaßen abzuservieren." Seras grinste ihn jetzt unverhalten ins Gesicht. " Eigentlich braucht man dazu nur einen Großvater der einem zeigt worauf es beim Schach ankommt." Er lachte auf. " Und worauf kommt es an?" Das Mädchen sah nun auf die kleinen Figuren, die auf und teilweise neben der Platte standen. " Man muss sich nicht nur in seinen Gegner hineindenken und herausfinden welche Taktik er plant, sondern auch für jede erdenkliche Situation eine passende Antwort parat haben" Der Vampir griff nach den Spielern und fing an sie wieder auf ihre Startposition zu stellen. " Dein Großvater war ein kluger Mann Seras und scheinbar warst du schon als Mensch eine gelehrsame Schülerin." Die blassen Wangen unter der blonden Struppelmähne färbten sich rosa und schnell schob sie ihren ersten Bauern nach vorne. Integras Augen huschten derweil über die leicht vergilbten Seiten in ihrer Hand. Das Papier war mit einem kunstvollgeschwungenen Füllfeder engbeschrieben worden und manchmal war es gar nicht so einfach die Worte zu entziffern, obwohl der Verfasser das bestimmt nicht beabsichtigt hatte. Sie war damals sehr erstaunt gewesen, als Walter ihr in seinen letzten Stunden diese Art von Tagebuch überreicht hatte. " Ich wollte sie damit nie kontrollieren, es war wohl vielmehr eine Art Pflicht gegenüber ihrem Vater um zu beweisen, dass ich meiner Aufgabe mich um sie zu kümmern zu seiner vollsten Zufriedenheit nach gekommen bin." Zu erst hatte sie gezögert es zu lesen, doch dann hatte die Neugierde gesiegt und nun genoss sie die kleine Reise in die Vergangenheit. Walter hatte das Haus in all seinen Einzelheiten beschrieben und alle Ereignisse gewissenhaft zur Papier gebracht. Angefangen bei ihrer Geburt, bis hin zu ihrer ersten Begegnung mit Alucard. Sie sah kurz zu den beiden hinüber, die sich mit angespannten Minen belauerten. Von da an wurde der Ton ihrer Meinung nach ein bisschen schärfer, je mehr Jahre ins Land zogen. Besonders ein Ereignis hatte er hervorgehoben. London, 12.05.1996 Heute haben wir Lady Integras sechszehnten Geburtstag gefeiert, ich befürchtete zunächst, das die Feierlichkeiten auf Grund einer dringlichen Roundtablesitzung ausfallen müssen, doch im letzten Moment wurde der Termin zu meiner Erleichterung verschoben, so das ich in den späten Nachmittagsstunden mit den Vorbereitungen beginnen konnte. Bei meinen kulinarischen Bemühungen stand mir Meister Alucard zeitweise hilfreich zur Seite. Ich muss zugeben, dass ich doch sehr über seine, doch wohl eher menschlichen Fähigkeiten im Bezug auf die richtige Abstimmung von Salz und Pfeffer erstaunt war. Auf mein Nachfragen hin erklärte er mir, in seiner für ihn typischen humorvollen Art, dass er als Kind oft stundenlang in der Küche im Hause seiner Familie gesessen hätte, weil da immer am meisten los gewesen wäre. Außerdem gab es keinen Ort an dem mehr Blut vergossen wurde als dort und das hatte ihn schon als Mensch fasziniert. Darauf hin wurde mir wieder schlagartig bewusst, dass ich keinen harmlosen Diener vor mir hatte, sondern ein durchaus gefährliches Monster. Als die Vorbereitungen abgeschlossen waren rief ich Lady Integra zu Tisch. Als sie wenig später an der gedeckten Tafel Platz nahm, versetzten mir die restlichen leeren Stühle um sie herum doch einen Stich, doch ich bemühte mich wie die Lady selbst, Kortenochsee zu bewaren und ließ mir beim reichen der Speisen meine Gemütsregungen nicht anmerken. Es folgte aber rasch eine Ablenkung, denn als sie ihre Servierte bei Seite legte, entdeckten wir ein kleines silbernes Päckchen. Ihre Frage ob diese Aufmerksamkeit von mir sei, musste ich verneinen. Da auch kein Anhänger den Absender verriet, war ich zunächst misstrauisch, aber Lady Integra tat meine Bedenken mit einem Handwink ab und öffnete unverrichteter Dinge das Geschenk. Ich muss sagen, dass mich der Anblick des Inhalts sehr erstaunte, denn es war ein kleines, aus Metall gefertigtes Kreuz, das auf der Vorderen Seite mit lateinischen Schriftzeichen versehen war. Der Lady schien es ebenfalls zu überraschen. Sie fuhr mit den Fingern über die eingelassenen Buchstaben. "Im Namen Gottes sollen die verlorenen Seelen der lebenden Toten in der ewigen Verdammnis gebannt werden. Amen." Als sie herumdrehte, stockte mir dann sogar für ein paar Sekunden der Atem, konnte man doch dort eingraviert einen Namen erkennen. Abraham van Hellsing 1849, es schien sich bei diesem kunstvollen Objekt tatsächlich um einen Nachlass der Familie zu handeln, hierbei möchte ich mir die Bemerkung erlauben, dass mir von da an klar war, auf wen dieses Präsent zurückzuführen war, doch hat er bis zum heutigen Tag nie ein Wort darüber verloren. Integra sah erneut auf, als sie das Geräusch von rückenden Stühlen wahrnahm. Die beiden hatten anscheinend genug für heute und gesellten sich nun zur ihr. Alucard ließ sich neben ihr auf dem Sofa nieder. " und was lässt der gute, alte Walter so von sich hören? Wie ich ihn kenne hat er peinlichst genau darauf geachtet, nicht all zu ausfallend und persönlich zu werden." Integra klappte das Buch zu. " Ich finde es erstaunlich, was er alles für wichtig und ergreifend gefunden hat. Es stehen auch viele Begegnungen mit dir da drin." Alucard Augen ruhten auf dem braunen Einband. " Ja, ich muss zugeben, dass er mich auf irgendeiner Art und weise auch fasziniert hat. In all meinen Jahren ist mir kein vergleichbarer Mensch begegnet," er sah jetzt zu ihr, " aber das geht mir mit anderen ähnlich." Integra wollte schon etwas erwidern, als Seras Stimme sie unterbrach. " Kann ich vielleicht den Fernseher anstellen?" Die beiden Vampire nickten. Dann ertönte der dunkle Bass eines Nachrichtensprechers. "Wie uns so eben von italienischen Korrespondenten gemeldet wurde, hat es in der vergangenen Nacht einen Einbruch der Markuskirche in der Lagunenstadt in Venedig gegeben, in wie weit sich der Schaden beläuft ist aber zur Stunde noch nicht bekannt." Integra horchte auf. "Venedig, eine wundervolle Stadt, als kleines Kind wollte ich immer mal dorthin und mit einer Gondel durch die Kanäle fahren." Sie lachte, " wenn ich mir vorstelle wie das ausgesehen hätte. Ich und Walter in so einem Karren." Alucard grinste. " Und was hält dich davon ab jetzt dorthin zu fahren?" Sie blickte ihn verdutzt an. "Wie meinst du das?" Auch Seras Aufmerksamkeit war jetzt geweckt und sie ließ den Bildschirm links liegen. Alucard breitete die Arme aus. " Erstens sollte man die Möglichkeiten nutzten die man hat und zweitens finde ich haben wir uns eine kleine Auszeit verdient." Er sprang auf und marschierte Richtung Flurtür. " Und wie sollen wir dahin kommen, bei all dem Wasser?" Er drehte sich noch einmal um bevor er zur Klinge griff. " Lasst das mal meine Sorge sein, das einzige was ihr noch machen müsst ist packen." Kapitel 3: Exordium ------------------- Der Zollbeamte am Londoner Schalter sah misstrauisch auf die drei Ausweise die vor ihm lagen. " Wo wollen sie hin, haben sie gesagt?" Integra räusperte sich "Venedig, Flughafen Marco Polo" Die Gläser ihrer Sonnenbrille funkelten im kalten Licht der Neonlampen, als sie sie kurz darauf abnahm. Der Beamte sah nun zu Seras hinüber, die mit leicht übertriebenen, ahnungslos dreinblickenden Augen neben Integra stand und dabei war ihre mitgebrachte Zeitschrift zu zerknüllen. Alucard, der ein wenig hinter den beiden aufhielt, hingegen tat so, als wenn ihn die ganze Sache nichts anginge. Mit ausdruckloser Mine sah er durch die gläsernen Schiebetüren in die einsätzende Dämmerung hinaus. " Ist das Alles was sie an Gepäck dabei haben, oder befindet sich noch etwas im Frachtraum?" " Nicht direkt im Frachtraum. Es sind noch drei Stücke aufgegeben worden. Das fällt, glaube ich, unter speziellen Personentransport." Sie überreichte ihm ein ausgefülltes Formular. Als der Mann die Überschrift gelesen hatte, änderte sich schlagartig sein Gesichtsausdruck. "Oh, ich verstehe, mein herzlichstes Beileid und guten Flug." Integra nickte und schob sich und Seras durch die kleine Sperre, Alucard folgte ihnen. Als sie die nur mäßig gefüllte Abflughalle erreicht hatten, ließen sie sich die beiden Frauen mit einem leisen Seufzer auf die metallisch glänzenden Stühle fallen. "Das hätten wir also." Mit langsamen Schritten marschierte der Vampir über den blankgewischten Linoleumboden. "War doch ganz leicht." Integra verzog den Mund. " Ja, außer das ich gerade dachte, ich müsste noch auf den letzten Hundert Metern in die Trickkiste greifen." Sie setzte ihre Sonnenbrille wieder auf. "Wann können wir in die Maschine?" Seras sah auf die Zeitangabe auf den Tickets. "In zwanzig Minuten ist Einlass." Das ist zu spät." Alucard wandte sich zu den beiden Männern um, die hinter an den markierten Eingängen standen. "Das muss schneller gehen." Mit lässigen Schritten steuerte er jetzt auf die beiden Ahnungslosen zu, die sich leise lachend unterhielten. "Was hat er vor?" Integra hob alarmiert den Kopf. "Keine Ahnung, aber ich hoffe, dass wir nicht gleich zwei Leichen entsorgen müssen." Der schwarzhaarige Vampir hatte nun sein Ziel erreicht. "Guten Morgen die Herrn." Die Zwei unterbrachen ihr Gespräch und blickten ihn fragend an. "Guten Morgen Sir, können wir ihnen helfen?" Alucard grinste "Oh, ja, das auf jeden Fall, aber fürs erste würde es mir reichen, wenn sie es mir und meiner Begleitung ermöglichen würden sofort in ihr wunderschönes Flugzeug zu steigen." Der kleinere der beiden sah ihn an, als wenn er sich verhört hätte. " Wir öffnen in zwanzig Minuten Sir, dann können sie.." Leises Lachen unterbrach ihn. "Sie haben mich nicht ganz verstanden, ich sagte sofort!" Der andere verzog verärgert die Stirn. "Hören sie wir haben genaue Anweisungen und..." Doch Alucard würdigte ihn keines Blickes. Seine volle Aufmerksamkeit galt dem kleinen Mann vor ihm. " Ist das ein Problem?" Plötzlich änderte sich die gesamte Haltung des Beamten und mit wütenden Augen drehte er sich zu seinem Kollegen um. "Du hast doch gehört, was der Mann gesagt hat oder? Na los, geh bei Seite und lass die Herrschaften durch.!" Verdutzt machte der Angesprochene einen Schritt nach hinten und Alucard machte Integra und Seras ein Zeichen ihm zu folgen. Als die beiden an den Beamten vorbei gingen, machte der kleine eine leichte Verbeugung und der andere starrte ihn mit offenem Mund nach. Als die Maschine eine Stunde später in der Luft war, nahm Integra erneut ihre Sonnenbrille ab. Die kleine Plastikschiebetür vor dem ovalen Fenster sperrte die brennenden Strahlen aus und auch sonst waren sie in der Abgeschiedenheit der ersten Klasse sicher vor neugierigen Blicken. Alucard verschränkte zufrieden die Arme vor der Brust und ließ seinen Sitz nach hinten gleiten. Seras, die es sich auf der anderen Seite bequem gemacht hatte, döste mit halbgeschlossenen Lidern vor sich hin. Auch Integra spürte wie die Müdigkeit sie langsam einhüllte. Ihr Kopf glitt an seine Schulter und das weiche Leder, sowie der vertraute Geruch taten ihren Teil dazu bei, dass ihre Gedanken schon bald zu einem einzigen Traum zusammen schmolzen. Ein sanfter Hauch an ihrer Wange holte sie bald zurück in die Wirklichkeit. " Venedig wartet darauf von dir entdeckt zu werden." Sie schlug die Augen auf. Die schweren Gummireifen unter ihr stoppten sanft unter leisem Brummen der Motoren. Verschlafen sah sie ich um. " Verrätst du mir jetzt, wie wir ab hier in die Stadt des Wassers kommen?" Alucard grinste geheimnisvoll. " Wir fahren zunächst nach Mestre und von dort aus wird uns ein netter Begleitservice nach Ferrovia bringen. Alles weitere werdet ihr dann noch sehen." Damit schwang er sich aus dem Sessel. " So und nun schlage ich vor beziehen wir für unseren weiteren Transport die dafür mitgenommenen Frachtgüter." Unter leisem Summen verschwand er durch die Kabinentür, Integra und Seras folgten ihm. Die kleinen, orangenen LkWs der Flughafengesellschaft waren gerade dabei die Gepäckstücke auszuladen, als drei schwarze Leichenwagen über den Asphalt angefahren kamen. Der Fahrer des ersten Wagens machte eine kleine Schleife und stoppte dann vor der geöffneten Ladeluke. Einer der Arbeiter schob mit fragendem Gesicht seinen Hörschutz von den Ohren, als ein langer, dürrer Mann im einem ebenfalls schwarzen Anzug die Wagentür aufmachte und zu ihnen hinüber lief. "Verzeihung, ist das die Maschine aus London?" schrie er gegen den Lärm der immer noch laufenden Turbinen. Der Arbeiter nickte stumm und deutete dann nach vorne zur Einstiegstür. Der Dürre verstand und hob dankend die Hand, dann ging er zum hinteren Teil seines Wagens und öffnete die Türen, die übrigen zwei machten es ihm gleich und wenig später sah man, wie drei kunstvoll geschnitzte Särge aus dem Bauch des Flugzeugs getragen wurden. Als sie in den Innenraum der Fahrzeuge verschwanden, nahmen die Arbeiter für einen Moment stumm ihre Mützen vom Kopf, dann brausten die schwarzen Ungetüme in Richtung Hauptstrasse davon. Kapitel 4: Hospitium -------------------- Das leise Poltern und Rumpeln um sie herum, drang nur stumpf zu ihr hindurch. Integra lauschte mit geschlossenen Augen, doch ganz im Gegensatz zu ihrem sonst übernatürlichen Gehör hatte es den Anschein, als ob sie dieser Kasten isolieren würde. Ihre Fingerspitzen gruben sich ängstlich in den samtigen, weichen Stoff auf dem sie lag. Was würde passieren, wenn jemand jetzt den Deckel aufreißen würde? Wäre das Letzte was sie sehen würde, der helle Glanz des gelben Planeten, bevor ihre Augen zu Staub zerfallen? Sie dachte an Bumbanschie zurück und an den beißenden Geruch von verbranntem Fleisch. Plötzlich ruckte es und Integra hatte das Gefühl in die Luft gehoben zu werden. Es folgte das laute Geräusch von durchstartenden Motoren und dann setzte sich etwas sanft schaukelnd unter ihr in Bewegung. Ein Boot! Das musste ein Boot sein. Wieder versuchte sie angestrengt zu horchen, doch außer dem Klatschen der Wellen war nichts zu hören. Integra wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, seit sie am Flughafen angekommen und in diese Särge gestiegen waren, aber als sie nun erneut angehoben und fortgetragen wurde, wollte sie nur noch eins raus!! Es dauerte noch eine kleine Weile, dann aber klopfte es auffordern über ihrem Gesicht. Sie zögerte einen kurzen Moment, dann gab sie sich einen Ruck und schob den schweren Deckeln zur Seite. Blinzelnd sah sie zu Alucard hoch, der ihr galant den Arm entgegenstreckte. "Wenn ich bitten dürfte?" Sie schwang sich über den Rand des Sarkophages. Mit leicht verdrießlicher Mine blickte sie auf ihn zurück. "Sag was du willst, an dieser Art von Schlafsack werde ich mich nie gewöhnen." Er lachte, während Integra sich neugierig um sah. Die drei Särge standen in einem annährend quadratischen Zimmer mit drei Türen, das mit seiner hohen Stuckdecke an die Villa von Breton erinnerte, doch war hier das südländische Flair deutlich zu sehen. Die Wände waren in warmen terrakotta Tönen gehalten und verliehen dem Raum einen fast magischen Glanz, was nicht letztlich auch von dem riesigen Kronleuchter herrührte, der von der Decke baumelte. Dazu gesellten sich Landschaftsbilder, die das sonnige Lebensgefühl der Toskana auf ihren Leinwänden gebannt zu haben schienen. "Wunderschön!" Integra war an eines der Bilder näher herangetreten und bestaunte nun die Ausdrucksstarke Hand des unbekannten Künstlers, der in diesem Werk die Morgensonne eingefangen hatte. " Fast hat man das Gefühl den warmen Strahl auf der Haut zu spüren, nicht war." Alucard lächelte verschmitzt, "Nur mit dem Unterschied, das dieses Gefühl einem nicht den Körper versenkt." Auf einmal ging eine der Türen auf und Seras kam freudestrahlend ins Zimmer. "Wo warst du denn?" fragte Integra überrascht und Seras deutete mit dem Daumen über ihre Schulter. "Ich habe geguckt, wo unser Gepäck geblieben ist, jemand war so freundlich und hat es schon in die Schränke einsortiert. Sowohl in ihrem, wie auch in meinem Zimmer." Sie ging jetzt auf die gegenüberliegende Tür zu. " Das einzig Merkwürdige ist, das nicht ein Raum ein Fenster besitzt." Alucard deutete auf die Bilder. "Ich finde die Aussicht so eigentlich viel besser." Integra drehte sich jetzt zu ihm um. "Willst du uns jetzt vielleicht auch mal langsam verraten wo wir hier eigentlich sind?" Er antwortete nicht gleich, sondern zog erst seinen Mantel aus. " Wir genießen die Gastfreundschaft eines alten Freundes von mir, der schon seit langem der Besitzer eines kleinen Theaters hier in Venedig ist. Wir befinden uns zur Zeit in einem der Nebengebäude und heute Abend stelle ich ihn euch vor. Übrigens," er zeigte noch einmal auf die Bilder "die sind, wie viele Andere die ihr noch sehen werdet alle von ihm." Integra hob überrascht die Augenbrauen. " Wie, aber wie geht das ich meine.." "Er malt sie aus dem Gedächtnis." Unterbrach Alucard ihre Frage, dann ging er zu der Tür aus der Seras gerade gekommen war. " So und nun denke ich sollten wir die verbleibenden Stunden nutzen und uns entspannen, es ist doch angenehmer das auf einem ganz gewöhnlichen Bett zu tun als in dieser engen Zigarrenkiste." Als einige Stunden später die Sonne hinter den letzten Dächern langsam unterging, erwachten die Reisenden erneut. Seras gähnte herzhaft, während sie neben Integra die Treppe hinunter lief. Ihr Meister hatte sie aufgefordert ihm zu folgen, wenn sie ihren Gastgeber kennen lernen wollten und nun waren sie gerade auf dem Weg ins Hauptgebäude des kleinen Theaters. Staunend betrachtete Seras die weißen Säulen aus Marmor, die sich vor ihr auftaten und mit ihrer kräftigen Statue die Decke einer kleinen Halle abstützten. Sie waren im Eingangsbereich angekommen, dessen verputzte Wände mit bunten Fresken verziert war. Rechts und Lings der kleinen Halle führte jeweils ein schmaler Gang zu zwei versteckten Garderoben. Direkt vor ihnen befand sich eine schwarze, breite Flügeltür, die in ihren Ausmaßen einen Großteil der Wand einnahm. Alucard ging jetzt auf sie zu und dabei erkannte Seras, dass eine Seite der Tür nur angelehnt war. Hinter dem schweren Holz ertönte weiche Klaviermusik und dazu setzte kurz darauf ein warmer Sopran ein. Seras spürte wie die Musik eine Gänsehaut bei ihr verursachte. Alucard schlüpfte vor ihnen durch die Tür und beide Frauen beeilten sich ihm zu folgen. Kaum hatten sie den Raum betreten, stockte Seras erneut der Atem. Sie standen nun zwischen den Reihen der Sitzplätze, die wie kleine Soldaten nebeneinander bis zu einer Bühne reichten, auf der halb erleuchtet ein Klavier stand. Der Pianist selbst war es, der während er spielte dazu sang und Seras war sich sicher, niemals eine reinere und kräftigere Stimme gehört zu haben. Sie klang wie Samt, der das Ohr zu streicheln schien. Plötzlich unterbrach der Mann seine Vorstellung und Alucard klatschte nach dem letzten verklungenen Ton begeistert in die Hände. Nun stand der Mann mit einem breiten Lächeln auf und kam zu ihnen hinunter. Er war in etwa so groß wie Alucard, seine Gestalt war schmal aber kräftig und seine blonden Locken, die im leicht wirr vom Kopf abstanden reichten ihm bis zu den Schultern. Mit geschmeidigen Schritten und strahlenden, türkisfarbenen Augen ging er ihnen erwartungsvoll entgegen. " Die Zeiten mögen sich ändern du jedoch wirst es wohl nie." Alucard lachte zurück. " Und du wirst wohl nie lernen wie man dieses Instrument richtig beherrsch?" Sie umarmten sich herzlich und dann fiel der Blick des Gelockten auf Integra und Seras. "Sieh an, ich kann nicht glauben, dass es zwei so edle Geschöpfe in deiner Anwesenheit aushalten. Aber anscheinend ist deine Macht größer als ich dachte." Dafür ernte er einen kräftigen Hieb von Alucard. Wieder lachten beide. Der Mann verbeugte sich nun, " Verzeihen sie mir meine Unhöflichkeit, Migel Chonriptty zu ihren Diensten." Integra, die etwas über die ungewohnte Herzlichkeit von Alucard gegenüber seines Gleichen überrascht war lächelte zögernd. " Angenehm, Integra Wingates Hellsing und das ist Seras Viktoria." Sie wandte sich kurz zu der neugierig guckenden Seras um, die zwei Schritte hinter ihnen geblieben war. " Ah, wie wunderbar endlich mal wieder die stolze, aber höfliche englische Art zu hören, ich weile schon so lange im Süden, dass mir die Kühle des Nordens wie eine frische Brise vorkommt." Er blickte wieder zu Alucard. " Aber ich bin ein schlechter Gastgeber, wenn ich meine Gäste weiter hin so stehen lasse, ohne ihnen etwas anzubieten. Ich bitte euch mir zu folgen." Damit marschierte er an ihnen vorbei wieder in Richtung Eingangshalle. Als sie erneut unter der weißen, gebogenen Decke standen, erschien auf einmal, aus einem der Seitengänge, ein dürrer, großer Mann, der auf beiden Armen verteilt ihre Mäntel balancierte. Der schwarze Stoff seines Anzugs schimmerte im Licht der Flutlampen, die den Raum erhellten, als er bei ihrem Anblick stehen blieb. Migel winkte ihn zu sich heran. " Andre, hat hoffentlich eure Fahrt bis hier her angenehm gestaltet?" Alucard nickte freundlich zu dem leicht ausgezehrt wirkenden Mann hinüber. " Dein treuer Diener hat wie immer hervorragende Arbeit geleistet." Der angesprochene machte eine tiefe Verbeugung und reichte ihnen dann ihre Garderobe reichte. Migel lächelte zufrieden. "Etwas anderes habe ich auch nicht erwartet. So und nun will ich euch nicht länger warten lassen. Venedig brennt darauf euch zu sehen." Damit öffnete er schwungvoll die Tür und alle zusammen verließen das Theater. Kapitel 5: Venedig ------------------ Draußen auf der schmalen Gasse, empfing sehr das aufgeregte Treiben von Menschen, die vor ihren Füssen geschwind hin und her liefen. Dabei ertönte aus der Ferne das gleichmäßige Donnern einer Kirchturmglocke. Migel sah sich amüsiert um. " Und dabei behauptet man immer New York sei die Stadt die niemals schläft. Kommt bevor sie uns noch über den Haufen rennen. Er deutete auf eine, anscheinend wartende Gondel, dessen Steuermann erwartungsvoll zu ihnen hinüber sah. Integra sah fragend zu Alucard hinüber, der bedeutungsvoll lächelte. " Wie sonst sollte man sonst in der Stadt der tausend Brücken und Kanäle vorankommen?" Sie stiegen hinter einander vorsichtig in das schwankende Gefährd und nach dem jeder einen Platz gefunden hatte, stieß der Gondolerie sich und das Boot mit Hilfe seines Stabes vom Ufer ab. Mit sanften Schwüngen trieben sie wenig später auf dem dunklen Wasser dahin, auf dessen Oberfläche sich die Lichter der Stadt wie funkelnde Sterne brachen. Integra ließ ihre Augen über die Häuser und Gassen schweifen, auf denen sich immer noch zahlreiche Menschen tummelten. Es war wirklich eine berauschende Atmosphäre, die diese Stadt verströmte. Hier paarte sich die Weisheit und Erfahrung vieler Jahrhunderte, mit dem erfrischenden Leben des Jetzt ohne das sie einen Kontrast bildeten. Die kleine Gondel bog, nun in den großen Kanal grane ein und Integra bemerkte das sie auf eine offene Wasserfläche zusteuerten. Auf einmal tauchte links von ihr die Säule mit dem geflügelten Löwen auf und dann erkannte sie die prachtvollen Mauern der Basilica. Sie beugte sich fasziniert nach vorn um das imposante Gebäude besser sehen zu können, als sie plötzlich dieses Zischen hörte und dann diesen Schmerz in ihrer Schulter. Sie fuhr zurück und griff nach der vermeintlich verletzten Stelle, doch da war nichts. Verwundert betastet sie noch einmal die Schulter, doch nichts war zu erkennen. "Alles in Ordnung mit dir?" besorgt fuhr Alucard über ihren Rücken. Sie fuhr irritiert herum, dann lächelte sie. "Nichts, mir geht es gut, ich habe nur..." "Wir sind da!" unterbrach sie die heißere Stimme des Gondelfahrers und mit einem kleinen Schlenker manövrierte er das Boot an den Anleger. Integra vergaß während des Aussteigens ihr merkwürdiges Erlebnis und als sie alle gemeinsam über den weitläufigen Platz spazierten, war sie von dem Anblick der Kirche wieder völlig gefangen. "Herrlich nicht war." Migels Augen strahlten zu seinen Gästen hinüber, die mit zurückgelegten Köpfen die glanzvollen Kuppeln bestaunten. " Ja die Menschheit hat mit der Kraft ihres Glaubens wirklich beeindruckende Werke geschaffen." Die roten Pupillen Alucards verengten sich für einen Moment " Doch der Preis für all das war ziemlich hoch," Migel und Integra schwiegen einen Moment lang, dann beendete Seras aufgeregten Rufen die Stille zwischen ihnen. "Was ist denn da los?" Sie war ein Stück weit um die Kirche herumgetreten und als die anderen nun zu ihr aufschlossen, sahen auch sie, was Seras so verwunderte. Zwischen zwei der Außensäulen war eine wand aus Holzplanken errichtet worden, die den Blick auf die dahinterliegende Seite versperrte. " Das rührt noch von dem Einbruch her." Erklärte Migel und Integra erinnerte sich. "Stimmt es kam in den Nachrichten, weiß man inzwischen wer es war und was gestohlen wurde?" Migel schüttelte den Kopf. "Die Polizei weiß nichts oder will keine Informationen herauslassen, aber anscheinend war es nicht so wild, denn seit gestern dürfen wieder Besucher in die heiligen Hallen." Sie spazierten weiter in Richtung Osten und schon bald waren sie wieder im Dichten Gewühl der Massen verschwunden. Integra genoss das Bad in den rauschenden Flüssen um sie herum. Das Klopfen der Herzen beschwingte sie geradezu und sie schloss für einen Moment wohlig die Augen. " Ich weiß ja nicht wie es mit euch steht, aber ich für meinen Teil hätte jetzt nichts gegen eine kleine Mahlzeit einzuwenden." Migel bog plötzlich in eine kleine Seitenstrasse ab, die so schmal war, dass kaum zwei Personen nebeneinander gehen konnten. Integra musterte neugierig die gro verputzten Wände, die stumm und starr neben ihr aufragten. "Wo hin gehen wir?" flüsterte sie stumm zu Alucard hinüber, der mit einem leicht verlegenden Lächeln ihren Blick erwiderte. "Wenn sich nichts geändert hat, verfügt Migel immer über gewisse Quellen aus denen er schöpft." Sie blieben vor einer schmalen Holztür stehen, deren rostige, alte Klinke geräuschvoll nachgab, als der blonde Vampir sie nach unten drückte. Als sie das Haus betraten, fühlte sich Integra an ein Märchen aus Tausend und einer Nacht erinnert, denn der Flur in dem sie stand war über und über mit bunten Stoffen und kunstvollen Glaslaternen geschmückt. Auf dem Boden lagen seidige Kissen und in einer Ecke stand eine dampfende Wasserpfeife. Seras und Integra sahen sich schweigend an, aber beide wussten was der andere dachte. Das sah hier verdammt nach einem bestimmten Etablisemon aus. Als dann auf einmal aus einer Seitentür eine junge Frau in wallenden Seidenhosen und engen Oberteil erschien, war ihre Vermutung bestätigt. Die schwarzgelockte Schönheit kam nun Freude strahlen auf Migel zu und Integra Blick blieb an ihren funkelnden Augen hängen, die den Mann vor ihr förmlich aufzufressen schienen. "Migel welch eine Überraschung dich zu sehen, ich dachte schon du hättest mich vergessen." in gespieltem Tadel verzog sie ihre Mundwinkel nach unten. Migel ging auf das vermeidliche Spiel ein. Er verbeugte sich und griff nach ihrer ausgestreckten Hand. "Wie könnte ich, eine so hinreißende Frau wie dich vergessen, wo doch mein Herz mit jedem Schlag deinen Namen ruft." Sie lachte schallend und wandte sich dann den anderen drei zu. "Oh, wie ich sehe bist du heute nicht allein? Sind sie aus dem gleichen Grunde hier wie du?" Migel nickte stumm und beeilte sich dann sie alle vorzustellen. " Das ist ein guter, alter Freund von mir Senior Alucard mit seiner bezaubernden Begleitung Lady Hellsing und der entzückenden Seras Viktoria und das hier ist Leona Veronese, die Besitzerin dieses hübschen Palastes." Sie nickten sich alles stumm zu, dann wandte sich Leona wieder ganz an Migel. " Ich hoffe, das ich über genügend Kapazitäten verfüge um eure Wünsche zu befriedigen," Sie klatschte laut in die Hände. Es dauerte nur eine paar Sekunden, dann kamen aus zwei verschiedenen Richtungen drei weitere Frauen, die sich stolz neben ihre Herrin stellten. Leona deutete auf die Sitzkissen. "Macht es euch bequem, während ich mich um den Rest kümmere." Damit verschwand sie aus dem Raum. Kapitel 6: Aperire ------------------ So, nach dem ich euch beim letzten mal nur so wenig Lesefutter geben konnte ( ich sage nur Klausur kotz, spei) kommt hier ein hoffentlich längeres Kapitel. Vielen lieben Dank für eure lieben Kommis und ich hoff es bleibt weiterhin für euch spannend. Großes Dankes Bussi Eure Daedun Nach dem Leona verschwunden war, begannen die drei Frauen um sie herum zu tanzen und Migel langte nach der dampfenden Pfeife. Integra sah mit gerunzelter Stirn zu wie die schwingenden Leiber der Frauen sich auf Alucard zu bewegten. "Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, sie haben eine merkwürdige Art der Unterhaltung." Der Vampir lachte und zog am Mundstück, " Na ja man tut was man kann." Integra blickte zur Tür hinter der Dinge vor sich gingen, die sie lieber nicht allzu genau wissen wollte. " Wie kommt es, dass sie ihnen bei ihrer Nahrungssuche behilflich ist? Weiß sie was sie sind?" Aus dem silbernen Deckel entwich nun weißer Rauch, der zur Decke schwebte. Für einen Moment sah Migel ihm verträumt nach. " Manche Menschen erschrecken nicht im Angesicht des Todes, sondern sind im Gegenteil so fasziniert, dass sie sich auf ein Spiel mit ihm einlassen." Integra hob fragend die Brauen. Er lächelte wieder und entblößte dabei seine spitzen Eckzähne, die ruhend zwischen den übrigen lagen. " Für jemanden der alles zu kennen glaubt, ist der Akt mit einem leibhaftigen Teufel die letzte Herausforderung." Integras schauderte. "Weiß sie denn auch, dass sie das Spiel von vorne herein verloren hat?" " Glauben sie mir, ich kann das Monster ganz gut zügeln und sollte ich doch einmal die Beherrschung verlieren, so ist dieser Tod ein wahres Vergnügen." Die Tür öffnete sich erneut und Leona kam zurück, in den verschränkten Armen einen goldenen Kessel tragend. "Ich hoffe das genügt euch." Sie stellte ihn vor die Sitzenden hin und Seras klappte die Kinnlade hinunter. Der Bauch des Kessels fasste per Augenmaß ca. zwanzig Liter und er war bis zum Rand mit der Flüssigkeit gefüllt, die bei allen dreien die gleiche Reaktion auslöste. Integra versuchte halbherzig das Stöhnen zu unterdrücken, das sich über ihre Lippen stahl, als sich die Spitzen der Zähne zwischen die Ränder ihre Zunge bohrten. Auch Alucard konnte seinen Hunger nicht verbergen und das Rot seiner Augen nahm eine beängstigende Helligkeit an. " Bedient euch, so lange es noch warm ist." Aufmuntern reichte Leona ihnen zierliche Kristallgläser, die einer der Dienerinnen auf einem silbernen Tablett balancierte. Migel tauchte ohne zu zögern das Glas in den dunkelschimmernden See im Kessel und mit einem wohligen Lächeln führte er es an die Lippen. Seras wartete zitternd bis ihr Meister und ihre Lady sich bedient hatten, dann nahm auch sie sich ein Glas. Als der dickflüssige Saft sich seinen Weg durch ihre Kehle bahnte, war sie sich sicher noch nie etwas so reines und gutes gekostet zu haben, es schmeckte einfach atemberaubend. Schnell fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen um auch noch den letzten Rest zu erhaschen. " da hast du uns ja wirklich ein edles Vitae zukommen lassen, meine Liebe:" Migel prostete der Gastgeberin gönnerhaft zu, die ihm ein breites Lächeln schenkte. "Glaube mir, ich habe mir alle Mühe gegeben sie zu bekommen." Seras horchte irritiert auf. Was meinte sie damit, aber die zwei grinsten sich nur verschwörerisch an. " Das war allerdings nicht so einfach, seit einiger Zeit haben wir einen neuen geistlichen Vertreten in San Marco und der ist ziemlich neugierig, was das Leben seiner Schäfchen angeht." Sie verzog verärgert die Stirn. "Er scheint sich wohl so eine Art heilige Bekehrung auf die Fahnen geschrieben, aber da ist er bei mir an der falschen Adresse." Jetzt lachte sie wieder, " ich denke sein Enthusiasmus wird ihm auch bald vergehen." Sie blickte zu Integra hinüber, die mit einem letzten Zug ihr Glas leerte. "Und was führt euch in unsere schöne Stadt, seid ihr auf der Durchreise?" "Ehrlich gesagt ist es so eine Art Urlaub." Meldete sich Alucard zu Wort, als er sich noch einmal über den Kessel beugte. " Ich wusste gar nicht, das man sich von so einem Leben wie ihr es führt erholen muss?" Alucard lachte. "Glaubt nicht das die Unsterblichkeit eine so einfache Sache ist." Er lehnte sich zurück und berührt dabei Integras Arm. Leonas Augen verengte sich bei dieser Geste, " aber bei so einer hübschen Gesellschaft ist sie doch wohl ganz gut zu ertragen." Integra stellte rasch ihr Glas ab. " Wie kommt es das sie dieses wie soll ich sagen Geschäft führen?" Leona sah sich mit einer zufriedenen Mine um. " Nun, ich bin quasi in diesem Gewerbe aufgewachsen. So eine Art Familienbetrieb. Meine Mutter und meine Großmutter haben diesen Palast ins Leben gerufen." Sie deutete mit einer Hand zur Decke. " Das ganze Haus erstreckt sich über vier Etagen und auf jeder Ebene herrscht eine andere Epoche, eine andere Einrichtung. Die Gäste können es sich aussuchen, ob sie lieber im Zeitalter von Ludwig dem 14 oder zu Urwaldklängen verwöhnt werden wollen." Integra sah nach oben. " Tja Geschmäcker sind halt verschieden, nicht war?" Beide Frauen lachten. Migel sah augenzwinkernd zu Alucard hinüber, der seinen Blick mit einem breiten Grinsen erwiderte. Nach dem sie noch eine Weile zusammen gesessen hatten verabschiedeten sie sich von Leona und machten sich über weitere kleine Straßen und Gassen auf den Weg zurück ins Theater. In der Eingangshalle erwartete sie bereits Andre um seinen Herrn und den Gästen die Mäntel abzunehmen, dabei reichte er Migel einen kleinen Zettel, den dieser rasch durchlas. Ein breites Lächeln huschte über sein Gesicht, als es sich Alucard und Integra zuwandte. "Würdet ihr mich für den Rest des Abends vielleicht entschuldigen, aber ich habe gerade die Zustimmung eines Künstlers erhalten, auf dessen Antwort ich seit Monten gewartet habe, ich müsste mich so schnell wie möglich um die Angelegenheit kümmern." Alucard nickte, "Kein Problem, wir kommen auch ohne dich gut zurecht." Damit trennten sich ihre Wege und die drei machten sich auf den Weg in ihre Gästezimmer. Plötzlich blieb Seras auf der Treppe stehen. "Äh Meister ist es in Ordnung wenn ich vielleicht noch einmal das Haus verlasse, ich würde zu gerne noch ein bisschen die Gegend erkunden." Alucard und Integra drehten sich überrascht zu ihr um. "Klar, mach was du willst, sei bloß nur rechtszeitig wieder da." Seras nickte und lief dann die Stufen wieder hinunter. Integra sah ihr kopfschütteln nach. " Wo will sie denn nur hin?" Alucards Arm umfasste ihre Taille. " Ist doch egal, ich für meinen Teil finde es gar nicht so schlecht, wenn wir den Rest des Abends für uns haben." Zur gleichen Zeit in einer kleinen Kirche in der Nähe der Rialtobrücke Die kleine Frau die mit zuckenden Schultern auf den steinernen Stufen kauerte konnte nur mit Mühe die Schluchzer unterdrücken, die die Stille Halle zerrissen. Ab und an drangen einzelne Sätze aus hier heraus und der kleine Pater der neben ihr stand und mit leiser Stimme auf sie einredete versuchte sein bestes um sie zu beruhigen. " Es wird alles gut werden, ich bin mir sicher das er sie finden wird." Die Frau fing erneut an zu Weinen. "Sie haben sie entführt, sie kommen sonst immer nach Hause, sie sind noch nie weg gelaufen." Der kleine Mann legte seinen stämmigen kurzen Arm um ihre Schulter. "Glauben sie mir es wird schon alles gut werden." Seras lief, nach dem sie das Theater verlassen hatte, den Weg zurück zu Leonas Haus. Auf dem Weg dorthin, beschäftigte sie nur ein Gedanke. Woher stammte dieses Blut? Sie wich nur knapp einem alten Mann aus, der auf einem krummen Stock gestützt ihren Weg kreuzte. Seras kaute auf ihrer Unterlippe. Es war kein tierisches Blut, da war sie sich sicher, es war eindeutig menschlich gewesen, aber dennoch hatte es etwas besonders gehabt. Sie hatte nun den Anfang der schmalen Gasse erreicht und wenig später stand sie erneut vor der Eingangstür. Sie sah sich vorsichtig um. Einfach so reinmarschieren und nachfragen kam nicht in Frage, dass stand fest, aber wie sollte sie sonst an die Antwort kommen? Plötzlich hörte sie Stimme, die von der Rückseite des Hauses zu ihr hinüber drangen. Seras spitzte die Ohren. Das schnelle Italienisch war beim besten Willen nicht zu übersetzten, selbst wenn sie der Sprache mächtig gewesen wäre. Sie umrundete vorsichtig das Haus und stellte fest, das ein winziger Kanal an der Rückseite entlang führte, auf dem ein kleines Boot schaukelte. Zwei Männer waren gerade dabei vier verschnürte Pakete aus Leonas Haus in das Boot zu verladen. Seras duckte sich ein wenig hinter die Hauswand, als einer der Männer sich misstrauisch umsah. Dann rief er dem zweiten Mann, der im Kahn stand erneut etwas zu und dieser nickte und griff nach einer Steuerstange. Seras zog sich ganz zurück, als sie bemerkte, dass er in ihre Richtung fahren wollte. Als das Boot an ihr vorbei fuhr, konnte sie noch einmal einen Blick auf die geheimnisvolle Ladung werfen und mit einem Schlag wurde ihr heiß und kalt. Aus einem der Tücher blitze für einen Moment die schneeweiße Haut einer kleinen Hand hervor, dessen Finger leicht gekrümmt gen Himmel ragten. Seras ließ sich angewidert gegen die Hausmauer sinken. Das Boot setzte unterdessen seinen Weg fort und verschwand bald hinter einem Mauervorsprung. Immer noch konnte sich Seras vor Ekel und Scham nicht rühren. Das war es also gewesen, was so anders gewesen war. Diese Reinheit hatte einen bestimmten Grund, weil das Blut so jung und klar war, wie das Wasser einer Bergquelle. Es war das Blut von Kindern, was sie so berauscht hatte. Seras kniff die Augen zusammen und spürte wie ihr die Tränen kamen, sie hatten tatsächlich für sie unschuldige Kinder umgebracht. Wütend ballte sie die Fäuste. Sie hatte sich nach langer Zeit endlich an das unvermeidliche Trinken gewöhnt, aber das war zuviel, damit konnte sie nicht leben, so was abscheuliches war einfach nicht zu ertragen. Sie wollte sich hoch reißen, als laute Schritte sie herumfahren ließen. Sie verharrte einen Augenblick in ihrer Position, denn nun wurde die Eingangstür geöffnet und sie hörte die Stimme von Leona. " Ah guten Abend Patre, was kann ich für sie tun, vielleicht sie mit etwas weltlichem beglücken?" Dann erfolgte eine Antwort, die in Seras eine Explosion auslöste. " Vielen Dank Seniora Veronese, aber ich glaube, dass ich für diese Art von Liebe nicht zugänglich bin, doch Gott der Herr wird auch für dich Gnade walten lassen, wenn du vor ihm bereust." Darauf hin folgte das helle Lachen der jungen Frau und sie bat ihn herein. Die Tür wurde geschlossen und Stille breitete sich aus, die nur von dem leisen Flüstern von Seras unterbrochen wurde. " Das kann doch nicht war sein, das kann doch einfach nicht war sein." Kapitel 7: Exspectatio ---------------------- Wie zerspringendes Glas hallten die schnellen Schritte von den dunkeln Wänden wieder, als Seras wie ein gehetztes Tier durch die Straßen rannte. Die Gruppe von Menschen, in die sie fast hinein gerannt wäre, schüttelten nur erbost die Köpfe, doch sie nahm sie gar nicht war. Alles was zählte war, dass sie so schnell wie möglich zum Theater musste, um ihren Meister und ihre Lady zu warnen bevor.... Auf einmal ertönte der schrille Laut einer Feuersirene über ihrem Kopf und für einen Moment blieb sie verdutzt stehen. Um sie herum fingen die Leute aufgeregt an zu tuscheln und zu gestikulieren und einige deuteten mit den Händen in die Richtung, aus der sie gerade gekommen war. Sie fuhr herum und dann konnte sie es schon riechen, der beißende Gestank von verbranntem Holz fuhr in ihre empfindliche Nase und langsam sah sie es über die Dächer kommen. Ein rot schimmernder Fleck, der wie ein Irrlicht in der Dunkelheit tanzte und dabei war alles zu zerfressen, was ihm vor den brennenden Schlund kam. Jetzt brach ein Tumult los und alles schrie wild durch einander. Seras riss sich von dem Anblick des Feuers los und rannte weiter, nach wenigen Minuten hatte sie Migels Unterkunft erreicht und mit keuchendem Atmen stolperte sie zur Tür hinein. Auf der Treppe kam ihr schon der blond gelockte Vampir entgegen. "Was ist da draußen los? Warum machen die Leute so ein Geschrei?" Seras wollte ihm schon alles erzählen, als Integra auftauchte. "Seras, wo warst du, warum?" Sie verstummte, als sie in die rotglühenden Augen des Mädchens blickte, die vor Angst und Panik erfüllt waren. Sie eilte zu ihr hinunter. " Alles in Ordnung? Red schon was ist passiert? Was.." "Er ist wieder da, ich habe ihn gesehen, er lebt und ....!" Seras rang immer noch mit ihrer Panik. "Er hat bestimmt das Feuer gelegt." "Was denn für ein Feuer und von wem sprichst du überhaupt?" Alucard war nun ebenfalls auf der Treppe aufgetaucht und gemeinsam mit Migel kam er nach unten. Seras sah auf. "Meister er ist hier Pater Anderson, ich habe gehört, wie er mit Leona gesprochen hat und sie hat ihn ins Haus gebeten und kurz darauf kam das Feuer, das...." "Anderson?" Integras Stimme überschlug sich fast. " Das ist doch unmöglich, du musst dich geirrt haben Seras!" Die kleine Vampirin schüttelte heftig mit dem Kopf. "Nein, glaubt mir Lady Integra er war es, seine Stimme würde ich niemals vergessen oder verwechseln." "Anderson, wer soll das sein?" fragend sah Migel zu Alucard hinüber, dessen Lippen ein merkwürdiges Grinsen bildeten. " Oh, ein alter Bekannter, mit dessen Auftauchen ich ehrlich gesagt nicht gerechnet habe." Seine Augen wurden schmal. " Aber anscheinend verfügt das Schoßhündchen des Vatikans ebenfalls über gewisse schwarze Fähigkeiten." Er lachte dröhnend. "Unser Urlaub entwickelt sich zu einer richtigen Vergnügungsreise." Integras und Seras hingegen war nicht zum Lachen zu mute. "Du hast doch wohl nicht wirklich vor ihm zu begegnen oder?" Integra wandte sich an Migel "Pater Anderson ist ein Mitglied der 13 Section Iscariot, dem Geheimbund des Vatikans, die sich.." Migel hob abwehrend die Hände. "Die Brüder kenne ich, diese wahnsinnigen Kuttenträger, die sich die Allmacht Gottes auf Erden nennen und meinen die Dämonen der Hölle aus der Welt vertreiben zu müssen." Er drehte sich zu seinem immer noch grinsenden Freund um. "Sag mir bloß nicht, dass du dich mit einem von denen eingelassen hast?" " Ich habe nur versucht meine damalige Pflicht zu erfüllen und mich dabei ein wenig zu amüsieren. Glaub mir dazu eignete er sich vorzüglich." Er ging in Richtung Tür. " Mich würde interessieren was er bei Seniora Veronesa zu suchen hatte." Seras blickte zu Migel hinüber " Vielleicht hat er die Kinder gesucht?" Auf Integras Gesicht machte sich Verwirrung breit. " Was für Kinder?" Doch Seras schwieg, nur ihre Augen blieben weiterhin auf den galanten Vampir geheftet, der sich nervös über den Saum seines Mantels strich. "Ich denke, dass wir heute nichts mehr in Erfahrung bringen werden, die venezianische Feuerwehr ist nicht die Schnellste und bis zum Sonnenaufgang werden sie den Brand nicht gelöscht haben, außerdem wenn dieser Pater wirklich hier ist, wird er dir bis morgen Nacht nicht weglaufen." Alucard verzog ein wenig die Mundwinkel." Du hast Recht, aber trotzdem kann ich nicht leugnen, dass ich diesen Umstand ein wenig bedaure." Integra legte Seras den Arm um die Schulter " Komm, wir gehen ins Bett." Die beiden Frauen verschwanden in Richtung Schlafzimmer. Die zurück beliebenden Vampire horchten gemeinsam auf die lauten Zurufe die von der Straße hallten. " Das Feuer scheint unter Kontrolle zu sein." Seufzend strich sich Migel durch die Locken. Alucards Augen waren auf die Tür gerichtet, als wenn er durch sie hindurch sehen könnte. " Das Schwert Gottes hat erneut gerichtet." Seine Lippen formten einen lautlosen Satz. " Was meist du damit?" fragend weitete sich die türkisfarbene Iris. Alucard wandte sich lächeln ab. " Du weißt das alle Schuld irgendwann gesühnt werden muss." Damit stand nur noch ein Vampir in der großen Halle und der starrte gedankenverloren vor sich hin. Am nächsten Abend machten sich die Drei gemeinsam auf den Weg zu Leonas Haus oder besser gesagt zu den Resten, die davon noch übrig waren. Die Flammen hatten so gut wie nichts mehr von dem alten Fachwerk stehen gelassen und von den kohlrabenschwarzen Mauern dampften noch einzelne Rauchschwaden in die Nacht hinaus. Integra setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, als sie in der Ruine herumlief. Sie fühlte sich an den Moment erinnert, als ihr eigenes Heim in Flammen auf ging. Sie hörte noch Alucards Worte in ihren Ohren. Nichts ist so zerstörerisch wie die Flammen und doch hinterlässt nicht sanderes einen so fruchtbaren Boden. Plötzlich spürte sie etwas hartes unter ihrem Schuh und als sie sich nach der vermeintlichen Unebenheit bückte, stutzte sie. In ihrer Hand glitzerte eine dünne Halskette, an der eine silberne Münze baumelte. Hinter ihr zog Seras hörbar die Luft ein. Sie wandte sich um und ließ die Kette in ihre Manteltasche verschwinden. "Was ist?" Seras deutete auf ein verschmortes Sofa, dessen Sprungfedern in alle Richtungen aus dem aufgerissenen Polster standen. " Ich weiß nicht, aber sehen diese Löcher nicht aus, als hätte sie jemand hineingeschnitten?" Alucard trat hinter ihr hervor. " Ja, diesen Eindruck habe ich auch." Er beugte sich über das zerstörte Möbelstück. " Das muss ein sehr scharfes und sehr großes Messer gewesen sein." Leise lachend richtete er sich wieder auf. " Anscheinend hat unser lieber Anderson es immer noch drauf." Migels Kopf tauchte hinter einem abgerissenen Mauervorsprung auf. In seinen Augen war so etwas wie Bestürzung zu lesen. "Dieser Mann scheint vor nichts und niemanden halt zu machen." Seras runzelte die Stirn. Am liebsten hätte sie diesen Kerl gefragt, ob er denn überhaupt so etwas wie Skrupel kannte, doch sie hielt es für besser still zu sein und ihrem Meister und Lady Integra ins Stadtzentrum zu folgen. An einem kleinen Zeitungskiosk blieb Migel stehen und kaufte eine heutige Ausgabe. Mit schnellen Bewegungen blätterte er die Seiten um. Auf der Dritten wurde er fündig. "Hier steht etwas," Alucard sah ihm über die Schulter. " Mhmm, es werden keine Opfer erwähnt, merkwürdig, es hätte doch zumindest eine Brandleiche gefunden werden müssen." Migel faltete das Papier zusammen und warf es im weiter gehen in einen Mülleimer. "Vielleicht waren die anderen Frauen nicht im Haus und Leona konnte fliehen?" "Vor einem Mann mit zwei scharfen, silbernen Tortenhebern ist nicht so einfach weglaufen." Integra fuhr sich bei diesen Worten automatisch über die Schulter. Wie gefährlich diese Utensilien waren wusste sie nur allzu gut. Also war es seine Anwesenheit gewesen, die sie letzte Nacht gespürt hatte. Seras sah ihren Meister fragend an. "Meint ihr er hat sie mitgenommen?" Alucard nickte "Sieht so aus." Migel sah von einem zum anderen. "Was machen wir jetzt? Ich meine es wäre doch ziemlich blöd, wenn wir diesen Anderson auf uns aufmerksam machen würden, er scheint ja nicht zu ahnen, dass wir mit diesem Haus etwas zu tun haben." Integra verzog gequält die Lippen. " Glauben sie mir, der Vatikan hat ihn nicht umsonst hierher beordert, er weiß genau was er sucht und wie er es findet. Er mag vielleicht nicht wissen, das wir hier sind, aber das Untode beteiligt sind wird ihm ihre Freundin bestimmt schon erzählt haben." Alucard sah zu funkelnden Sternen hinauf. " Glaubst du wirklich, dass das der Grund ist warum er hier ist?" Integra hob überrascht eine Augenbraue. " Was könnte ihn sonst hierher gebracht haben'?" Der schwarzhaarige Vampir zuckte mit den Schultern. " Keine Ahnung, aber um das rauszufinden müssen wir uns ein bisschen in den Richtigen Kreisen umhören." Seras biss entsetzt die Zähne aufeinander. Ihr Meisten wollte doch nicht wirklich anfangen, nach Anderson zu suchen und ihm womöglich selbst fragen was er beabsichtigte. O.k. zu zutrauen war ihm das durch aus und wenn sie diesen angrifflustigen Blick richtig deutete, konnte er diese Begegnung wirklich nicht länger abwarten. Kapitel 8: Convenire -------------------- Leise summend spazierte er durch den kleinen Garten, der sich hinter dicken Mauern an der Rückseite der Kirche verbarg. Es war ein berauschendes Gefühl, das musste er zu geben. Immer, wenn er seine Mission erfüllt hatte, fühlte er sich beschwingt und so voller Energie, als ob die Kräfte des Allmächtigen selbst ihn erfüllten. Rasch griff er nach dem hölzernen Kreuz, das mit einer Kordel schaukelnd an der Seite seines Talars befestigt war. Mit geneigtem Kopf entschuldigte er sich für seinen unzüchtigen Frevel. Wie konnte er solch einen Vergleich stellen. Er war nur ein einfacher Diener, nur die auslösende Kraft, nicht mehr. Wieder hob er die grün schimmernden Augen auf den geschwungenen Sandweg. Gut, ganz so erfolgreich war seine Aufgabe nicht von ihm erledigt worden, schließlich war er zu spät gekommen, aber dennoch hatte er den Sündenfoul ausgemerzt, diesen entehrten Platz gereinigt und die Teufel der Hölle vertrieben. Schade, dass er ihre verlorenen Seelen nicht selbst hatte befreien dürfen. Er ging langsam zurück zum Hintereingang, der in den zur Kirche angrenzenden Wohnbereich führte. Er holte noch einmal tief Luft. Dafür war ihm Maria Magdalena selbst in die Hände gefallen. Ein gemeines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Das Weib, die wahre Schlange des Paradieses, glaubte ihn mit ihrer schönen Fassade narren zu können, doch er hatte den Dämon in ihr erkannt und er würde ihn ihr auch noch austreiben, aber das musste warten, schließlich war seine wahre Pflicht eine andere und auf die galt es sich zunächst zu konzentrieren. Mit festen Schritten ging er auf die hölzerne Tür zu und verschwand kurz darauf in dem flachen Gebäude. Alucard indessen lud mit entzückter Mine seine beiden Waffen. Fast liebevoll schob er die gefüllten Magazine in den dafür vorgesehenen Schaft. Integra sah ihm dabei mit gemischten Gefühlen zu. "Ich bin immer noch dagegen, dass du ihn auf uns aufmerksam machst." Er drehte sich, mit hoch gezogenen Augenbrauen, zu ihr um. "Was heißt hier aufmerksam machen? Ich spiele nur ein bisschen mit ihm und dann schicke ich ihn entgültig dahin, wo die Englein singen." Integra verdrehte die Augen und seufzte " Ich habe nur so eine Ahnung, dass das mal wieder nicht funktioniert und wir statt dessen diesen verdammten Mistkerl an den Fersen hängen haben." Alucard runzelte die Stirn, es schien fast so, als wenn er beleidigt wäre. "Bis jetzt hatte unser Schweinepriester nur mehr Glück als Verstand, das ist alles. Das kommt davon, wenn man jeden Tag ne Kerze anzündet." Mit einem leisen Knirschen schnappte der Sicherungsbügel nach hinten. "Keine Sorge my Lady, euer ergebenster Diener wird seine Aufgabe zu eurer vollsten Zufriedenheit erfüllen." Indessen auf der anderen Seite der Lagunenstadt.... Der Wirt der kleinen Gaststädte, die am heutigen Abend fast bis auf den letzten Platz voll war, sah überrascht auf, als die drei Herren den kleinen verrauchten Raum betraten. Einer von ihnen sah kurz zu ihm hin und griff sich grüßend an seinen Hut, bevor er den anderen bedeute ihm zu folgen. In ihren dunklen Mänteln wirkten sie wie schwarze Schatten, die nun so unauffällig wie möglich versuchten zu einer unscheinbaren Tür zu gelangen, an der ein gelbes Plastikschild verkündete, dass dahinter Privaträume lagen. Ein paar Minuten später waren die drei Gestalten hinter der Tür verschwunden und der Wirt fing erneut an frisches Bier zu zapfen. Doch hinter der Tür begann jetzt ein aufgeregtes Getuschel. "Ich hoffe das wir wenigsten heute mit neuen Ergebnissen rechnen können." Ereiferte sich der Kleinste der Drei, der äußerlich auch am ältesten schien. Sein runzeliges Gesicht, in dem ein stattlicher, weißer Vollbart prangte, wirkte besorgt. "Leider kann ich ihnen Nichts versprechen Eminenz, ich konnte mit den anderen Mitgliedern bis heute keinen Kontakt aufnehmen," diese Antwort kam von dem Mann, der als erstes die Kneipe betreten hatte. Er hatte jetzt seinen Hut abgenommen und drehte ihn nervös in den Händen, als er vor den anderen durch einen schmalen Treppenaufgang lief, der sie nach oben führte. Unter schwerfälligen Ächzen polterte der Letzte von ihnen die alten Stufen nach oben. Sein fülliger Leib wippte bei jedem Schritt, wie eine Welle, auf und ab. " Ich verstehe nur nicht, warum wir uns ausgerechnet hier treffen müssen," Er schnappte hörbar nach Luft. Der kleine Greis drehte sich halbherzig um. " Ich muss ihnen doch nicht erklären Monseniore, worum es hier geht oder? Diese Sache muss streng vertraulich behandelt werden und deshalb, müssen wir, für unsere Sitzungen, eine neue Örtlichkeit wählen." Sie hatten jetzt das Ende der Treppe erreicht und standen dicht gedrängt in einem engen Flur. "Sind denn die anderen Mitglieder schon da?" Immer noch keuchend wischte sich der Dicke mit einem Taschentuch über das Gesicht. Der Hutträger steuerte nun auf eine schmale Tür zu. "Ich denke schon, ich habe die Sitzung auf acht Uhr angesetzt, gleich nach der Abendmesse." Damit klopfte er an und öffnete kurz darauf die Tür. Drinnen empfingen ihn sieben weitere Männer, alle in schwarzen Talaren gekleidet und mit ernsten Minen. Alle bekreuzigten sich bei ihrem Eintreten und auch die Drei schlugen sich kurz an die Stirn und Schulter. "Gelobt sei Jesus Christus, in Ewigkeit Amen." Einer der sieben kam auf sie zu und nahm ihnen die Mäntel ab. Dankend nickte der Bärtige ihm zu und alle setzten sich an den großen Tisch, der in der Mitte des Raumes stand. In seiner Größe nahm er fast den gesamten Platz ein. Dabei sagte keiner ein Wort, bis der kleine Mann das Wort ergriff. " Nun, ich begrüße erneut den Rat der Zehn, leider kann ich sie immer noch nicht in unserem gewohnten Umfeld begrüßen." Er warf einen kurzen Blick durch das leicht schäbige Zimmer, in dem sie saßen. " Aber sie verstehen hoffentlich mein Bemühen, diese Angelegenheit so gut es geht vor der Öffentlichkeit geheim zu halten." Die Männer nickten zustimmend und er räusperte sich bevor er weiter sprach. " Es ist mir bis heute ein Rätsel wie es so weit kommen konnte." Er schüttelte gedankenverloren den Kopf. Diese Pause nutzte der Dicke um sich selbst Gehör zu verschaffen. " Mir ist immer noch nicht klar, woher die Verantwortlichen wussten, wo sie suchen mussten." Alle Augen richteten sich auf ihn. Unter den fragenden Blicken lief sein schwammiger Kopf an wie eine Tomate. " Wie meinen Sie das?" entrüstet hob ein Mann mit Nickelbrille den Kopf. Aber der schnaufende Fleischberg ließ sich nicht beirren. "Ich meine damit, dass für dieses Verbrechen Insider Wissen nötig gewesen sein muss und das..." "Ich denke, dass wilde Spekulationen jetzt ganz Fehl am Platze sind" unterbrach ihn der kleine Mann schroff und der angesprochene klappte überrascht den Mund zu. " Rasches Handeln ist erforderlich, wenn wir eine Katastrophe verhindern wollen und ich denke, dass das heute unser Thema sein sollte." Er griff in die Innentasche seiner Kleidung und holte eine goldene Halbmondbrille hervor. Es herrschte vollkommene Stille bis er sie aufgesetzt hatte. " Wie gesagt ein rasches Handeln ist nötigt und ich bin froh und dankbar, das mir der heilige Vater seine Unterstützung zugesichert hat." Er warf dem Mann neben sich einen fragenden Blick zu. " Ist Pater Anderson bereits in Venedig angekommen?" Der Angesprochene nickte rasch. "Ja Eminenz, er ist schon vor zwei Tagen in San Salvador." "Gut, gut," mit zufriedenen Lächeln faltete der Priester die Hände. " Pater Anderson ist für diesen Fall genau der richtige Mann, ich habe mich selbst einmal von seinen Fähigkeiten überzeugen dürfen." Der dicke Schwammkopf ließ ein abfälliges Grunzen vernehmen. "Mit Verlaub Eminenz , aber was den Einsatz dieses Paters angeht, habe ich so meine Bedenken. Ich habe mich um seine Vergangenheit bemüht und bin dabei auf gewaltige Lücken gestoßen, die mir niemand füllen konnte oder wollte." Seine kleinen braunen Schweineaugen blinzelten angrifflustig zu dem weißen Rauschebart hinüber. " man könnte fast meinen, dass dieser Kerl offiziell gar nicht existiert, vielleicht ist dieser Mann gar keine Diener der Kirche, sondern nur ein billiger Handlanger, den der Vatikan unterhält um seine Interessen durch zu setzten." Wieder war es still, bis der Hutträger plötzlich mit leiser Stimme anfing zu sprechen. " Monseniore Garba, ich versichere ihnen, dass es sich bei Pater Anderson ohne jeden Zweifel um ein Mitglied der katholischen, römischen Kirche handelt und das der Vatikan hat seine Gründe hat, warum er gewisse Dinge mit Diskretion behandelt!" Beim letzten Teil des Satzes war der Ton immer schärfer geworden, so dass sich jetzt der Rest der Versammelten peinlich berührte Blicke zu warfen. Doch bei Monseniore Garba hatte diese deutliche Aussage scheinbar gefruchtet. Er kniff wütende die Lippen aufeinander, sagte aber von da an nichts mehr. Der kleine Priester hob beschwörend die Hände. " Ich hoffe, das wir uns jetzt einig sind, das diese eingeleiteten Schritte notwendig sind und das ab heute eine innige Zusammenarbeit untereinander mehr als wichtig ist um Pater Anderson in seiner Arbeit zu unter stützen und das Verbrechen so schnell wie möglich aufzuklären. Mit diesen Worten will ich dieses Treffen für heute beenden und ihnen zum Schluss noch persönliche Anweisungen zu kommen lassen, die sie bitte im Laufe der nächsten Tage erfüllen mögen." Damit griff er erneut in sein Gewand und jeder der Herren bekam bei der Verabschiedung einen weißen Briefumschlag in die Hand gedrückt, bevor er den Raum verließ. Kapitel 9: Fight Time --------------------- Seras lag mit verschränkten Armen auf dem Bett und starrte seit einer Stunde an die bemalte Decke. Sie lauschte auf das leise Rascheln der Buchseiten, die Integra im Nebenzimmer umblätterte. Nach dem ihr Meister gegangen war, hatte sich Integra Walters Tagebuch gegriffen und sich damit in ihr Zimmer zurück gezogen. Seras hatte ihrem Meister angeboten mitzukommen, doch er hatte lächelnd abgewunken und gemeint, dass ihm dieses Treffen ganz allein gehöre und war laut vor sich hin singend die Treppe hinunter gegangen. Sie drehte sich auf die Seite. Über diesen Umstand war sie nicht wirklich traurig gewesen, da der bloße Gedanke an den blonden Priester ihr schon einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Ihr waren in ihrem untoten Leben schon viele üble und gefährliche Wesen begegnet, aber dieser Regenerator war einfach nicht zu toppen. Vor ihrem geistigen Auge erschien der riesig Mann mit den funkelnden Brillengläsern und dem irren Lachen, der mit höhnischem Grinsen seine silbernen Schwerter in alles bohrte, was ihm im Weg stand. Einmal war das ihre Lady gewesen und diese Begegnung war fast tödlich für sie ausgegangen. Seras schluckte. Was würde er wohl mit ihr machen, wenn er jetzt noch einmal die Gelegenheit dazu bekäme? Sie richtete sich auf und sah auf die geschlossene Tür. Hoffentlich erledigte ihr Meister diesen Pater, damit sie sich um diese Dinge keine Gedanken mehr machen musste. Plötzlich klopfte es und sie zuckte erschrocken zusammen. "Seras?" sie atmete erleichtert aus, als sie Integras Stimme erkannte, Himmel reiß dich zusammen, schaltete sie sich selbst. "Ja?" hoffentlich klang sie nicht zu sehr wie eine rostige Tür. Integra kam ins Zimmer. Sie wischte sich mit einer Hand über die Augen. Seras sah erschrocken zu ihr hoch. " Alles in Ordnung Lady Integra?" sie wollte schon aufstehen, doch ihre Lady bedeutete ihr sitzen zu bleiben. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht setzte sie sich zu ihr aufs Bett. " Das musst du unbedingt lesen Seras, das hat Walter geschrieben, als du zu uns gekommen bist." Seras hob überrascht die Augenbrauen und blickte in das aufgeschlagene Buch, das Integra vor ihr aufs Bett legte. " Ich glaube am diesem Tag hat er dir die Halkonnen besorgt." Seras begann laut zu lesen. " Für das junge Fräulein fiel mir zunächst keine passende Waffe ein, doch dann blieb mein Blick bei der Panzerfaust hängen und plötzlich wurde mir klar, dass nur dieses Monster in Frage kam, ich gebe zu, ein bisschen mulmig wurde mir schon, als ich daran dachte, wohin die ersten Übungsschüsse wohl gehen mochten, doch dann besann ich mich auf eine alte Weisheit. Im Kampf ist nicht die Kraft der Waffe entscheidend, sondern die Kraft des Geistes die sie führt. Ich möchte nicht zu persönlich werden, doch das Schicksal, das dieses Mädchen zu uns gebracht hat, mag in manchen Augen gottlos und furchtbar erscheinen, doch ich selbst glaube, dass es seinen Sinn hat und das sich dieser noch einmal zeigen wird." Sie verstummte. " Wenn man die darauf folgenden Ereignisse bedenkt, so scheint unser Walter so was wie hellseherische Fähigkeiten besessen zu haben." Integra blätterte verstohlen in den Seiten herum. Seras spürte wieder einen dicken Kloß im Hals. " Fehlte er euch auch manchmal?" Integras Augen füllten sich mit Tränen. " Viel zu oft, Seras, viel zu oft." Pater Anderson verlagerte umständlich sein Gewicht von der rechten auf die linke Körperseite. Dabei versuchte er möglichst leise zu sein, um den büßenden Sünder auf der anderen Seite der geteilten Holzkammer nicht zu unterbrechen. Aber die alte Frau ließ sich bei ihrer Erzählung nicht beirren und setzte ihn weiterhin davon in Kenntnis, dass ihre geistigen Vergehen der letzten Woche darin bestanden, nicht rechtzeitig den Milchmann bezahlt zu haben. Nach dem sie geendete hatte, beließ er es bei zwei Ave Maria und einem Rosenkranz und die Greisin verließ unter wiederholten Danksagungen den alten Beichtstuhl. Seufzend lehnte er sich zurück, manchmal wünschte er sich, das Holz möge ein wenig bequemer sein. Plötzlich polterte es neben ihm und ein dunkler Schatten zeigte ihm, dass sich ein weiter Sünder eingefunden hatte um die Gnade Gottes zu erhalten. Er räusperte sich kurz. " Gelobt sei Jesus Christus, was kann ich für dich tun, der du Zuflucht und Erlösung im Hause des Allmächtigen suchst?" Für einen Moment blieb es still doch dann. " Verzeiht mir Padre, ich habe gesündigt, doch die Liste ist so lang, das ich befürchte, eine Sitzung reicht nicht aus." Anderson stutzte, langsam richtete er sich wieder auf. Wieso kam ihm diese Stimme nur so bekannt vor? " Nun mein Sohn, um was genau handelt es sich denn?" Ein leises Lachen war die Antwort. " Tja, wo soll ich anfangen, vielleicht bei der wichtigsten? Ich habe es gewagt, der heiligen Kirche im Wege zu stehen und was soll ich sagen, dafür haben sie meine Seele dem Teufel versprochen. Nur zu dumm, dass in der Hölle kein Platz mehr für mich frei war und ich deshalb gezwungen bin weiter auf Gottes Erde zu wandeln." Die grünen Augen weiteten sich, als die Stimme fröhlich weiter plapperte. " Aber weil der heilige Vater kein Unmensch ist, hat er dafür gesorgt, dass ich ein nettes Spielzeug bekomme, das mich hier unterhält." "Du?????" Die behandschuhten Finger gruben sich in die gepolsterten Armlehnen. Wieder erklang das vergnügte Lachen, dann krachte es und ein, in einem roten Ledermantel gehüllter Arm, schoss durch die zersplitterte Holzwand. Anderson warf sich überrascht nach vorn und die weißen Finger, die jetzt über seinem Kopf schwebten, griffen ins Leere. " Du kleine, stinkende Ratte!" Alucards Kopf schob sich durch das Loch " Hallo Schweinepriester, wir zwei sind doch einfach nicht tot zu kriegen, was?" Anderson griff in seinen Talar und zog seine Klingen hervor. " Für Wesen wie dich hat mir Gott diese Gabe geschenkt." Die silbernen Schwerter wirbelten durch die Luft und Alucard zog sich rasch zurück. " Na, das nenne ich mal eine nette Begrüßung, ich habe fast das Gefühl du freust dich nicht mich zu sehen." Die schwarze Jackal glitt wie von selbst in seine ausgestreckte Hand. "Aber, mal ehrlich, du hast dich doch gelangweilt ohne mich, oder?" Die ersten Schüsse verließen Krachend das Magazin und Anderson verzog schmerzverzehrt das Gesicht. " Halt die Klappe elendiger Raffzahn!" Er holte aus und das noch verbliebene Holz zerfiel in tausend Einzelteile. Jetzt standen sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Der eine mit breitem Grinsen, der andere mit hassverzehrter Mine. Beide rührten sich nicht. Alucard legte den Kopf schief. " Tzzzz, sag mal sind das da etwa Falten, die sich da um deine Augen eingegraben haben? Scheinbar geht die Zeit doch nicht so schonungslos an dir vorüber." Er lud erneut durch. "Aber bleib so und ich blase sie dir einfach weg." Anderson kreuzte die Klingen, " Versuch doch dein Glück Nosferatu, aber sei dir dessen gewiss, dass hier nur einer von uns die Kirche verlässt." Alucard lachte. "Das ist ja mal ein Wort, da dann lass uns anfangen." Damit begann der Kampf. Alucard feuerte, doch der Priester war schneller und die silbernen Kugeln prallten pfeifend an dem geschmiedeten Stahl ab. "Netter Versuch, Rotauge, aber jetzt bin ich dran." Die Arme wie zwei Rotorblätter stürzte er sich auf den Vampir und Alucard hatte alle Mühe ihnen auszuweichen. " Nicht schlecht Pfaffe, nicht schlecht!" Doch Anderson antworte ihm nicht. Verbissen versuchte er die Klingen in ihr Ziel zu treiben. Fast wäre es ihm gelungen, denn der schwarzhaarige Vampir übersah bei seinem Übermut, eine kleine Stufe und kam kurz ins Straucheln. "Nicht nachlässig werden, sonst machst du es mir zu einfach Blutsauger." Alucard warf sich zur Seite und streckte den Fuß nach oben. Klatschend traf der schwere Stiefel den Unterkiefer des Priesters und der sah für einen Moment nur Sterne. Sich schüttelnd versuchte er die Fassung zurück zu gewinnen. Diese Sekunden nutzte Alucard. Jetzt war es die silberne Casull die in seiner Hand blinkte. " Sag auf Wiedersehen zu dieser schönen Welt Anderson!" Aber zum Abdrücken kam er nicht mehr. Plötzlich ertönte der Klang von Locken zu ihnen herein und Anderson riss den Kopf herum. " Verdammt!" Mit fliehendem Mantel und ohne ein weiteres Wort spurtete er zum Eingang der Kirche. Alucard sah ihm fassungslos nach. " Hey, wo willst du hin? So läuft das Spiel nicht!" Doch der Priester antwortete ihm nicht. Er verschwand sang und klanglos durch die Tür. Kapitel 10: New Order --------------------- Hallo, tut mir leid, wenn ich eure Geduld strapaziere, aber ich stecke zur Zeit voll in meinem 2 Staatsexamen und da rückt die Geschichte ein bisschen in den Hintergrund, aber ich hoffe ihr verzeiht. Ich bemühe mich am Ball zu bleiben, denn meine Phantasie ist noch lange nicht erschöpft..... Migel hatte Integra und Seras zu sich nach unten ins Theater eingeladen, um mit ihnen zusammen den neuen Sopran anzuhören, der für eine Saison singen sollte. Die beiden Frauen lauschten entzückt der samtartigen Stimme, die sie einzuhüllen schien. Plötzlich flog krachend die Tür auf und der erschrockene Sänger verschluckte sich fast am letzten Ton. Die drei Vampire sahen sich verwirrt um, als ein ziemlich missmutig dreinschauender Alucard den Gang hinauf gestampft kam. Migel ging schnell zur Bühne hinüber um den leicht aufgebrachten Musiker zu beruhigen, der mit hochrotem Kopf auf den Störenfried deutete. Seras verstand wie immer kein Wort von dem was der Italiener sagte, aber anhand der Tonlage war sie sich ziemlich sicher, das es nichts Nettes war. " Was zur Hölle ist denn in dich gefahren?" herrschte Integra ihn zwischen den Zähnen an, doch er antwortet ihr nicht gleich, sondern warf sich erst einmal neben sie in einer der Theatersessel. " Nun red schon, was ist mit Anderson, hat er dich erkannt, hast du ihn erledigt?" "Zu deiner ersten Frage, ja er hat mich wiedererkannt, da bin ich mir sicher, zu deiner zweiten Frage, nein, ich habe ihn nicht erledigt weil Hochwürden es vorgezogen hat mich einfach stehen zu lassen." Seras und Integra wechselten einen ungläubigen Blick. " Wie bitte? Was hat er dich, stehen gelassen?" Migel, der nun alleine von der Bühne zurück kam, sah neugierig von einem zum anderen " Hat sich die Sache mit dem Priester erledigt?" "Nicht ganz fürchte ich." Alucard verschränkte die Arme vor der Brust. " Wie ich den beiden bereits sagte, wurde ich bei meiner Arbeit je unterbrochen, weil Anderson es vorgezogen hat, einfach zu verschwinden. Keine Ahnung, was plötzlich in ihn gefahren ist, aber als die Glocken angefangen haben zu läuten, ist er wie der Blitz zur Tür geeilt und hat mich keines Blickes mehr gewürdigt." Migel runzelte jetzt nachdenklich die Stirn. "Was für Glocken waren das?" fragte er und Alucard sah überrascht zu ihm auf. " Na, ich nehme mal an die Üblichen, die zu jeder vollen Stunde läuten um die Zeit anzuzeigen." "Aber warum haben dann nicht die eigenen Kirchturmglocken geläutet?" warf Seras auf einmal ein und alle Augen richteten sich auf sie. "Das ist eine gute Frage? Wieso nur diese?" nickte Integra und alle drei verfielen in kurzes Schweigen. " Komisch, das hat es schon langen nicht mehr geben." Migel fuhr sich mit den Fingerspitzen über den Nasenrücken. " Würdest du die Freundlichkeit besitzen uns zu sagen, wovon du sprichst?" Alucard hatte mittlerweile seinen Hut abgesetzt und den Mantel ausgezogen. Migel blickte zur leeren Bühne hinüber. " Ihr wisst sicherlich, dass Venedig aus einer Flüchtlingsinsel entstanden ist und viele Jahrhunderte lang von einer Dogenregierung geleitet wurde, erst zwischen 1140 und 1160 verlor das Amt der Dogen seinen monarchischen Stand und ein Rat, bestehend aus fünfundvierzig Männern trat an ihre Stelle. Die Gruppe wurde aus allen in Venedig vorhandenen Schichten gebildet. Unter ihnen waren Vertreter der Kaufmänner, Goldschmiede, Adeligen und selbstverständlich auch Vertreter der geistlichen Dreifaltigkeit. Diese wurden dafür extra von Rom zusammen gestellt und in ihrer Arbeit kontrolliert. Zusätzlich verfügten sie aber auch noch über einen eigenen Geheimbund, die ihre und damit auch die Interessen des Vatikans in Venedig durchsetzten." Integra kniff die Augen zusammen. "Ein Geheimbund, von dem die anderen Mitglieder nichts wussten? War das nicht ziemlich schwer, wo doch die räumlichen Kapazitäten von Venedig doch ziemlich begrenzt sind?" Migel grinste sie an. "Glaubt mir Lady Integra die Mitglieder verstanden sich hervorragend darauf sich unsichtbar zu machen und bei ihren Operationen hat das gemeine Volk niemand je einen von ihnen zu Gesicht bekommen. Sie waren sehr intelligent und verdammt schnell, diese Zeiten waren für unsereins nicht leicht. Man musste aufpassen, das man nicht eines nachts plötzlich zu Staub zerfiel." Er rieb sich unruhig die Hände, als wenn die Furcht dieser Zeiten ihn erneut berührten. "Das einzige was sie ein wenig schwächte, war das man sie vor einem Einsatz aktivieren musste und das Zeichen war eindeutig." "Die Glocken!" rief Seras auf einmal und Alucard warf ihr ein zufriedenes Lächeln hinüber "Schnell geschaltet Kleine! Aber wieso sollten diese Typen wieder aufkreuzen?" Migel war die Arme in die Luft. "Das ist es ja, seit Ende dieses Rates vor sechshundert Jahren war diese Gemeinschaft verschwunden und heute ertönt erneut das Signal!" Seras blickte zwischen ihrem Meister und Migel hin und her. "Und Pater Anderson ist auch einer von denen?" Alucard spitzte die Lippen." Anscheinend schon, aber ich wüsste schon gerne was das ganze zu bedeuten hat?" Integra lachte auf. "Du kannst ihn ja bei der nächsten Prügelei mal fragen, vielleicht ist er ja so nett und sagt es dir, ich für meinen Teil denke, das wir uns da raushalten sollten." "Ich fürchte dafür ist es schon zu spät, wenn dieser Bund wieder aktiv ist, sind wir hier nicht mehr sicher und ich weiß wovon ich spreche." Alucard stand auf, "Dann würde ich vorschlagen sollten wir uns überlegen, wie wir am schnellsten rauskriegen, mit wem wir es genau zu tun haben." Seine Lippen bogen sich nach oben. " Ich denke, das heutige Treffen war nur der Anfangt, wenn ich Glück habe hat er noch ein paar Freunde zum amüsieren mitgebracht." Integra schloss für einen Moment die Augen. Das konnte ja heiter werden. Zur gleichen Zeit... Anderson holte keuchend Atem und hastete die schmalen Treppen hinauf. Er musste sich mühsam beherrschen nicht lauthals los zu fluchen. Ausgerechnet jetzt, mussten sie ihn rufen. Mit lautem Poltern erreichte er den Treppenabsatz. Dort erwartete ihn schon der kleine Mann mit dem weißen Bart, der ihn freundlich anlächelte. Mit zwinkernden Äuglein sah er ihm entgegen. "Pater Anderson, es freut mich sie zu sehen." Er streckte dem immer noch nach Luft schnappenden Anderson seinen schmalen Arm entgegen. Der blonde Riese versuchte die zarten Finger des Alten nicht zu zerquetschen, als er sie in seiner Pranke hielt. Dabei stellte er sich vor, was er in dieser Situation mit den Fingern von diesem grinsenden Ungeheuer gemachte hätte. Doch von diesen Gedanken ahnte der kleine Priester vor ihm nichts, der Greis hatte sich bereits umgedreht und war zu einer geöffneten Tür gegangen und Anderson beeilte sich ihm zu folgen. " Sie können sich nicht vorstellen, was hier los ist, seit uns dieses Unglück ereilt hat." Sie standen nun neben einander in dem kleinen Raum, in dem sich nur noch zwei schwarz gekleidete Männer aufhielten. Alle bekreuzigten sich zur Begrüßung. " Sie verzeihen mir hoffentlich mein schnelles Rufen, aber ich konnte mich einfach nicht mehr länger gedulden." Wieder zwinkerten seine leicht feuchten Augen. " Seit ich weiß, das sie da sind, bin ich mir sicher, dass wir der Sache schnell Herr werden und alles wieder bald seine Ordnung haben wird." Andersons Augen verengten sich. " Wenn sie mir die Bemerkung erlauben Eminenz, bin ich, was den ernst der Lage angeht voll und ganz im Bilde, nur fehlen mir zum unverzüglichen Handeln noch ein paar Hintergrundinformationen und.." "Die werden sie heute Nacht noch bekommen," unterbrach ihn der Geistliche weiter, " und was die von ihn angeforderte Hilfe angeht." Er blickte wieder zu dem Mann mit dem Hut in der Hand. " auch diese kann ich ihn ohne weiteres zusichern." In Andersons Augen erklomm auf einmal ein helles Leuchten und mit einer geschmeidigen Bewegung ging er in die Knie. " Dann sehe ich keine weiteren Gründe dafür, warum ich in dieser Stadt nicht wieder Frieden schaffen sollte." Der Bärtige lächelte zufrieden und nach kurzer Zeit verließ ein gut gelaunter Anderson die kleine Kneipe. Am nächsten Tag, war der Himmel der Lagune mit dicken Regenwolken verhangen und die Menschen auf den Straßen kämpften in dem dichten Gedränge mit ihren breiten Regenschirmen um ein stetiges Vorankommen. Zwischen ihnen sah man am Rande des Markusplatzes die dürre Gestalt eines sich beeilenden Dieners. Andre hatte sich in einen dicken, schwarzen Wohlmantel gehüllt und war dabei sich neben einen alten Gaukler mit heruntergekommenen Hosen zu stellen, der eifrig, trotz des schlechten Wetters, seine alte Orgelmaschine bediente. Zu nächst schien es, als wenn der zerlumpte Mann gar keine Notiz von Andre zu nehmen schien, doch dann sah er kurz zu ihm hinüber, Andre erwiderte das leichte Zwinkern, das man ihm zuwarf, mit einem leichten Nicken. Der ungepflegte Kerl spuckte kurz aus, warf die Kurbel der Orgel noch einmal scharf an und kam dann zu ihm herüber. " Buon giorno Bruno, come stai?" begrüßte ihn der riesige Diener von Migel und der andere hob lässig eine Hand "Bene, grazie und selbst?" Andre verzog die Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln. "Kann mich nicht beklagen, ich lebe." Der schmierige Italiener musterte ihn von oben bis unten "und das nicht schlecht, wie man sieht, anscheinend hast du es wohl geschafft was?" Sie gaben sich die Hand, dann sahen beide über den Platz hinweg. " Was führt dich zu mir, doch nicht etwa die Erinnerungen an alte Zeiten, oder?" Andre sah kurz zu Boden, als wenn er etwas suchte. " Nein, das gewiss nicht, aber mein Herr, benötigt ein paar Informationen, über die wohl kein anderer als du verfügst." Bruno ließ ein lückenhaftes Grinsen sehen. " Du nennst deinen Arbeitgeber Herrn? Nun, das scheint ja wirklich ein besonderer Bursche zu sein." Darauf erwiderte Andre nichts, doch Bruno redete schon weiter. "Was möchte er denn wissen, dein Herr?" " Es geht um eine Angelegenheit, die auch dich interessieren wird, hast du sie letzte Nacht auch gehört?" Wieder spuckte der Mann aus, sein Gesicht wirkte auf einmal steif. " Ja, das habe ich." "Du weiß, was das für euch heißt, wenn der Bund erneut beschlossen hat hier zu wüten." Andre griff in die weiten Taschen seines Mantels " Sie werden erneut anfangen euch zu jagen, genauso wie sie es schon einmal getan haben." Der Mann erwiderte nichts. " Mein Herr will wissen, warum sie wieder hier sind und was sie genau bezwecken." "Warum findet er das nicht selbst heraus?" Andre förderte ein kleines Handy hervor. " Weil er nicht über so gute Kontakte verfügt wie du, hier!" er reichte Bruno ein Telefon und dieser sah es mit leichtem Widerstreben an. Andre wandte sich zum gehen. " Melde dich so bald du etwas weißt, ja? Deine Mitarbeit soll auch nicht zu deinem Schaden sein." Der Drehorgelmann sagte erneut nichts sondern ließ das Handy einfach in seine ausgebeulte Hose gleiten. Kapitel 11: Rompere ------------------- Hurra! Erste Prüfung bestanden!Hoffe es geht so weiter, darum ein kleines, aber feines Kapitel. Bussi Integra drehte sich unruhig von einer Seite auf die andere. Trotz des hellen Tages konnte sie keine Ruhe finden. Schon seit sie sich am Morgen hingelegt hatten, war an Schlaf einfach nicht zu denken gewesen. In ihren Kopf kreiste immer wieder das Bild des besessenen Priesters, der sie und ihre Familie verfluchte. Das Geräusch der surrenden Klingen hallte in ihren Ohren und sie verzog verärgert die Stirn. Wovor fürchtet sie sich eigentlich? Sie wandte ihr Gesicht Alucard zu der wie immer friedlich neben ihr schlief. Was konnte dieser katholischer Pfaffe schon gegen diesen Vampir ausrichten? Gut er war seinen silbernen Kugeln oft entkommen, aber doch nur weil ihr Begleiter nicht auf einen Trainingspartner wie dem Regenerator verzichten wollte und ihn deshalb am Leben ließ. Sie fuhr vorsichtig mit den Fingerspitzen ihr rechten Hand über die weiß schimmernde Haut seines Gesichts. Er rührte sich dabei nicht. Zu fest schien sein ungetrübter Schlaf. Während dessen...... Das kleine Motorboot glitt ruhig durch das dunkle Wasser der Kanäle. Der Mann am Ruder schenkte seiner Umgebung keinerlei Beachtung. Mit starrer Mine steuerte er auf eine der Seitenwasserstraßen zu und mit einem leisen Stottern erstarb der Motor. Jetzt glitt es stumm dahin und ein weiterer Mann, der nun auf dem Deck erschienen war, half mit einer Lenkstange das Boot in einen noch schmaleren Kanal zu lotsen. Fast schienen die breiten Seitenflächen an den alten, zerklüfteten Wänden hängen zu bleiben, als plötzlich ein heftiges Zittern durch die Holzplanken lief. Die beiden Männer verschwanden plötzlich unter Deck, als eine Gruppe von Touristen auf einer Brücke vorbei kamen. Ein kleiner Junge mit kurzer, roter Leinenhose riss sich von der Hand seiner Mutter los und stürmte zum Brückengeländer. Aufgeregt schrie er etwas auf französisch zu seiner aufgebrachten Mutter hinüber, doch als diese zu ihm an das Geländer kam, sah sie nichts, als die glatte dunkle Wasserfläche, auf die der ungläubige Junge heftig deutete. Er redete immer noch laut vor sich her, als die Gruppe weiterzog. Am Markusplatz In der Loggetta schlug die Uhr elf, als Monsignore Garba schnaufend aufsah, mit freudiger Überraschung stellte der dickbäuchige Pfarrer fest, das es Zeit für sein morgendliches zweites Frühstück war und mit einem kräftigen Ruck schob er seinen massiven Schreibtischstuhl bei Seite. Als stellvertretender Leiter des Bürgermeisters war es ihm zwar sowieso freigestellt wann er Pausen machte und wann nicht, aber diese elf Uhr Zeremonie war für ihn einfach ein festgefügter Akt in seinem Tagesablauf. Schon seit er ein Kind war, gab es dieses zweite Mahl, bestehend aus einer großen Portion schwarzer Oliven und einem halben Leib knusprigen Weißbrot. Das ganze wurde mit einem Liter fruchtigen Rotweins hinuntergespült und mit der Vorfreude darauf, machte sich Garba auf den Weg nach draußen. Die sanften Strahlen der Sonne brachen sich in den bunten Glasscheiben der Eingangshalle und zauberten bunte Schatten auf den schneeweißen Marmor, der den gesamten Fußboden bedeckte. In mitten der funkelnden Pracht atmete der kleine Mann kräftig ein und brachte damit die Knöpfe seines ohnehin zu engen Mantels fast an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Mit schwerfälligen Schritten lief er nun auf den weiten Markusplatz und das Funkeln der Wasseroberfläche zog für einen Moment seine Aufmerksamkeit auf sich. Garba dachte an sein kleines Häuschen in Rimini, das direkt am Strand lag und von dessen Terrasse aus, er ebenfalls das glitzernde Meer sehen konnte. Er beschloss eines der nächsten Wochenenden auszunutzen um wieder einmal mit seiner Haushälterin dorthin zu fahren. Diese quengelte ohnehin schon lange, dass sie ihn kaum noch zu Gesicht bekäme, doch seit dieser unverhofften Geschehnisse, war er einfach kaum noch zur Ruhe gekommen. Er spazierte schnaufend zum Bootssteg hinüber und winkte eines der vorbeifahrenden Taxiboote zu sich. Ein kleines, blaues Boot legte vor ihm an und er gab dem stummen Fahrer die Anweisung ihn in die Strada diabolo zu fahren. Dort befand sich seine Stammtrattoria, dessen Besitzerin ihn schon seit Jahren mit den köstlichsten Speisen verwöhnte. Er schmeckte im Geiste noch das herbe Aroma von kräftigen Ziegenkäse, als ein gewaltiger Knall die Luft zeriss. Ein Schwarm Tauben flog erschrocken hoch und versuchte dabei den umherfliegenden Holzsplittern auszuweichen, die wie kleine Geschosse durcheinander wirbelten. An den Uferseiten schrieen Menschen aufgeregt durcheinander. Keiner von ihnen konnte später sagen, warum das Boot plötzlich vor ihren Augen explodiert war und es dauerte auch noch einige Stunden, bis man wusste wessen verstümmelter Körper aus dem Wasser geborgen wurde. Als die Dämmerung hereinbrach, saßen Migel, Alucard, Integra und Seras in der gemütlichen Sitzecke von Migels Wohnbereich. Wieder war sein Kopf in einer Zeitung verschwunden und seine lesenden Augen huschten hastig hin und her. " Garba ist heute Mittag anscheinend das Opfer eines merkwürdigen Unfalls geworden." Er sah kurz auf. " Er war der stellvertretende Bürgermeister dieser Stadt. Merkwürdig, über die Ursache der Explosion ist angeblich nichts bekannt." "Explosion?" fragte Integra neugierig und sah von ihrem Buch auf. Migel nickte. "Ja, heute ist ein Taxieboot am Markusplatz urplötzlich in die Luft geflogen und mit ihm Garba." "Vielleicht war es wirklich ein Unfall?" Alucard spielte mit der Sonnenbrille in seiner Hand. Migel biss sich gedankenverloren auf die Unterlippe. "Vielleicht?" Auf einmal klopfte es an der Tür und Andre trat nach Aufforderung ein. In der einen Hand balancierte er ein Tablett mit Gläsern, in der anderen hielt er ein versiegeltes Kuvert. Nachdem er die Gläser mit der roten Flüssigkeit verteilt hatte, überreichte er Migel den Brief. Während Integra und Alucard zügig zu trinken begannen, nippte Seras zunächst vorsichtig. Schon seit Tagen war sie bei ihren Mahlzeiten darauf gefasst erneut den berauschenden Geschmack der Unschuld zu schmecken, doch ihre Befürchtungen hatten sich bis jetzt nicht erfüllt, auch heute nicht und mit beruhigtem Gefühl trank sie ebenfalls ihre Mahlzeit. Migel hatte inzwischen den Umschlag geöffnet und einen grünen Papierbogen herausgezogen. Als er die Zeilen die auf ihm geschrieben waren las, breitete sich ein Lächeln auf sein Gesicht aus. Er schwenkte freudig das Papier hin und her. " Wie wunderbar, das kommt genau richtig um uns ein wenig abzulenken." Er reichte Alucard den Brief hinüber. " Das ist eine Einladung von Madam Porferie. Eine regelmäßige Besucherin meiner Vorstellungen und sie lädt herzlich zu einer venezianischen Nacht in ihrem Castello ein." Er lachte jetzt. "Sie ist eine leicht verschrobene, ältere Dame, die einen ausgeprägten Hang zu Mystik und Ausgefallenem hat. Darum wundert es mich nicht, dass um ein Karnevalkostüm gebeten wird." " Ist es ihr denn Recht, wenn wir mitkommen?" Die hellgrünen Augen des Vampirs blitzen vergnügt, "Oh das ist kein Problem, meine Freunde sind auch ihre Freunde. Ich werde ihr Bescheid sagen, das wir ihre Einladung annehmen. Die Veranstaltung ist übrigens schon Morgen Nacht, wir müssen uns also beeilen." Alucard sah überrascht auf, "Wo mit?" Sein Freund sah ihn in gespielter Entrüstung an. "Na, wir müssen uns doch die erwünschte Garderobe besorgen. Das ist hier schließlich ein Theater, wo sollte man sonst passende Kostüme finden, wenn nicht hier?" Kapitel 12: Manifest -------------------- Hallo Ihr Lieben, vielen Dank für eure Glückwünsche, die nächste Prüfung steht schon an, darum habe ich mir mal ein bisschen Zeit abgezwackt um euch nicht so lange warten zu lassen. Ich hoffe es gefällt euch und viel Spass beim lesen. Bussi eure Daedun Die schweren Ketten, die sich seit Tagen in ihre Handgelenke schnitten brannten bei jeder noch so kleinen Bewegung wie Feuer. Mühsam versuchte sie sich umzudrehen, doch die Länge ihrer Fesseln war so knapp, dass sie nur ein winziges Stück weit ihre unbequeme Position verändern konnte. Sie lehnte sich vorsichtig an die feuchte Mauer hinter ihrem Rücken. Die Kühle der Steine wirkten lindernd auf die tiefen Striemen die die gesamte Haut auf ihrem Rücken zerrissen hatten. Schwer atmend dachte sie an das knallende Geräusch der Lederriemen und an den beißenden Schmerz, der darauf folgte. Immer und immer wieder, wenn sie seiner Meinung nach, nicht laut genug die Worte wiederholte, die er ihr vorgab. Sie schloss die Augen. Die Gebete verfolgten sie bereits bis in den Schlaf und seine grelle Stimme ließ ihre Ohren langsam taub werden. "Ich reinige dich Dienerin des Teufels, um deine Seele vor der Hölle zu bewahren. Wenn du einst vor deinen Schöpfer trittst, wirst du mir dafür dankbar sein!" Dieser Irre hatte ihr Haus niedergebrannt, ihre Angestellten verjagt und sie hier her entführt. Wo sie sich aber genau befand, konnte sie nicht sagen. Sie war ohnmächtig gewesen, nach dem er sie niedergeschlagen hatte, als sie die Augen aufschlug hatte sie sich in diesem muffigen Kellergewölbe wieder gefunden. Er war dann irgendwann aufgetaucht, mit einer Bibel unter dem Arm und diesen verdammten Lederstücken. Sie spürte wie ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Am Anfang versuchte sie noch sich zu wehren, doch gegen diesen Hünen blieb ihr keine Chance. Seine Hände waren wie Schraubstöcke, wenn sie zupackten. Er hatte ihr die Kleider vom Leib gerissen und nach den verräterischen Malen gesucht, die der Dämon, wie er ihn nannte, auf ihr hinterlassen haben sollte. Doch nicht die kleinste Narbe hatte sie verraten, aber das störte ihn nicht weiter. Anscheinend war er schon durch andere Dinge davon überzeugt, dass sie ihre Seele den Gottlosen verschrieben hatte. "Nicht nur eine Hure der Sterblichen, sondern auch der Unsterblichen!" hatte er sie angeschrieen und dann wie ein Wahnsinniger gelacht. "Doch es besteht noch Hoffnung für dich, denn so lange dein Fleisch noch nicht von diesem unreinen Blut durchtränkt wurde, kann ich dich noch retten!" Damit hatte ihr Martyrium begonnen und wie lange es noch dauern würde wusste allein der Himmel. Im Theater Integra drehte sich elegant einmal um sich selbst. Seras nickte grinsend. " Sieht toll aus Lady Integra." Diese lächelte zurück. "Danke, ich muss gestehen, es fühlt sich auch gut an." Bei ihrer Suche nach einem geeigneten Kostüm, war sie auf ein blaues Gewand gestoßen, das aus der Zeit des frühen Mittelalters zu stammen schien. Der breite Ausschnitt und die Taille des Kleides waren mit goldenen Stickerreinen und Seidenstreifen verziert. Darüber trug sie einen langen, ebenfalls blauen Umhang aus Samt mit breiter Kapuze. Das Ganze wurde durch eine kunstvolle Porzellanmaske abgerundet, die Integra nun aufsetzte und die damit ihr komplettes Gesicht verdeckte. Seras hingegen hatte sich für das Kostüm des Lumpenclowns entschieden und sah ein bisschen aus, wie ein explodiertes Sofakissen. Ihre strubbeligen Haare passten jedoch hervorragend dazu und lugten frech unter einer breiten Zipfelmütze hervor. Dazu hatte sie sich eine schwarze Augenmaske aufgesetzt. "Also, ich würde sagen wir sind fertig oder? Fehlte eigentlich nur unsere männliche Begleitung." Seras lief zur Tür. " Meister Alucard wollte mit Migel unten auf uns warten." Integra zog sich die Maske vom Gesicht. " Na, jetzt bin ich aber mal gespannt, die beiden haben ja ein richtiges Geheimnis aus ihrer Verkleidung gemacht." Sie verließen gemeinsam das Zimmer und machten sich auf den Weg zum Haupteingang des Theaters. Dort angekommen erwartete sie wirklich ein ungewöhnliches Bild. Migel sah aus wie ein Piratenkapitän, mit einem riesigen federgeschmückten Hut und einer bedrohlich wirkenden Augenklappe, die seinem sonst eher sanften Gesicht etwas Anrüchiges verlieh und Alucard... Integra blinzelte bei seinem Anblick und die Erinnerung an einen alten Traum schoss ihr schlagartig in den Kopf. Die rotschimmernde Rüstung und der tierhafte Helm waren plötzlich real und in ihren Ohren ertönte erneut das unmenschliche Kampfgebrüll der vergessenen Schlacht. Seras, die von der Vision nichts wusste bestaunte andächtig ihren Meister. " Eine wirklich beeindruckende Verkleidung Meister!" Selbst unter der Maske schien man das Grinsen sehen zu können und die rotschimmernden Augen glühten aus der Schwärze des Visiers. " Vielen Dank, ich hoffe ich bin damit auch gesellschaftsfähig." Mit einem Ruck hob er den Helm von den Schultern. "Früher war ich das jedenfalls." Zur gleichen Zeit.... Scheppernd fiel der metallene Becher zu Boden. Das leise Gemurmel erstarb augenblicklich und alle Köpfe wandten sich schlagartig um. Sie blickten die lange gedeckte Tafel hinunter, an deren Ende Pater Anderson stand und mit einem leisen Lachen die Gesichter abging die ihn mit todernsten Augen anstarrten. " Wie ich sehe, sind sie jetzt vollzählig meine Herren." Langsam, mit den Händen auf dem Rücken, ging er hinter den Stühlen entlang auf denen immer noch die regungslosen Gestalten saßen. " Ich muss ihn nichts über ihre Aufgabe sagen," Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. " Sie kennen unsere Doktrin unsere Bestimmung. Seit Anbeginn der Zeit ist es unsere Pflicht das Wort Gottes über die unschuldigen Seelen zu bringen, es ihnen einzuimpfen und sie somit gegen die Narretei des Teufels zu wappnen." Er hatte nun das Kopfende des Tisches erreicht und stützte sich mit den Armen auf der spiegelglatten Fläche ab. " Wir sind sein Schwert auf Erden, die weißen Ritter, die Armee des Herrn! Wir haben seinen Willen erfüllt und werden das auch weiterhin tun und an diesem Ort besteht eine besondere Gründlichkeit." Die grünen Augen schienen Funken zu sprühen. "Das Böse ist in diese Stadt eingedrungen und versucht ihrer Herr zu werden, doch es wird ihm nicht gelingen!" Er schaute erneut jeden einzelnen der Männer an. "Weil wir hier sind um die schwarzen Teufel in ihre finsteren Höhlen zurück zu treiben und mehr noch." Er zog eine seiner silbernen Klingen hervor und ließ das Licht der Fackeln die an den Wänden hingen, auf der blinkenden Schneide tanzen. "Wir werden den Fürsten selbst vernichten, seine Brut ausmerzen und ihre Asche in alle Himmelsrichtungen verstreuen." Keine der Anwesenden wusste was er damit meinte als er leise kichern mit der Zunge über das Metall leckte " Wir werden die Braut des Satans endlich auf dem Scheiterhaufen brennen sehen." * "Wow, " war alles was Seras zu dem prächtigen Haus einfiel, vor dem sie jetzt standen. Andre hatte sie mit einem Boot bis zum Südufer der Stadt gebracht und hier zwischen einem großen Park und einem kleinen Wäldchen stand eine imposante Villa, deren Eingangsbereich von einer doppelt angelegten Rundtreppe flankiert wurde. Auf der langen Auffahrt wiesen brennende Ölschalen den Besuchern den Weg und alle Fenster waren wie einladende Arme weit geöffnet. Lustiges Klavierspiel drang zu ihnen hinaus, während sie mit zügigen Schritten die Stufen empor gingen. " Dieses Haus ist wunderschön." Integra warf den Kopf in den Nacken um bis zu dem schwarz gedeckten Dach hinauf sehen zu können. Alucard lachte leise unter seinem Helm. " Ein wahrlich prachtvolles Reich, was sich deine reizende Freundin hat errichten lassen, größer als der menschliche Drang der Selbstzerstörung ist nur der Hang zur Selbstdarstellung." Migel grinste. " Ja, wie sagtest du mal so schön Größenwahn ist ein typisch menschliches Laster." Sie erreichten die offene Eingangstür und ein Diener in einem blauen Samtanzug besah sich ihre Einladung. Dann nickte er ihnen freundlich zu und verbeugte sich. Drinnen empfing sie eine Ansammlung von rauschenden Kostümen und der Duft von hundert verschieden Wassern, die Integra für einen Moment den Atem nahmen. Erst jetzt wurde ihr klar, wie lange sie schon nicht mehr so eng unter so vielen Lebenden gewesen war. Pochend klang das Konzert des Lebens in ihrem Kopf und weckte damit das schlafende Tier, das bis dahin friedlich geruht hatte. Sie griff schnell nach Alucard gepanzertem Arm und der wolfähnliche Schädel wandte sich zu ihr um. Sie lächelte zaghaft, als sie einen sanften Druck von ihm spürte. Seras hingegen war viel zu neugierig um überhaupt dem Hunger eine Chance zu gegeben die Oberhand zu gewinnen. Ihr kleiner Kopf fuhr begeistert hin und her um ja nichts zu verpassen. Plötzlich löste sich eine Dame aus einer Gruppe schwatzender Leute. Sie sah aus wie das lebendige Abbild einer französischen Gräfin aus dem Zeitalter der Renaissance. Die schneeweiße Perücke, die sie trug, war fast zwei Köpfe größer als Integra und das überpuderte Gesicht hatte etwas maskenhaftes. Mit gelblich blinkenden Zähnen kam sie auf die vier zu. " Migel mein Herz da sind sie ja. Ich hatte schon Angst sie versetzen mich." Migel setzte ein charmantes Lächeln auf und küsste die Hand, die die alte Frau ihm entgegen streckte. " Madam Porferie wie könnte ich eine Einladung in ihr Haus ungenutzt verstreichen lassen. Es ist mir eine Ehre ihr Gast sein zu dürfen." Er wandte sich an die wartenden drei. " Auch meine Freunde konnten es kaum erwarten ihr entzückendes Heim sehen zu dürfen, wo ich ihn doch schon so viel von ihnen erzählt habe." Die alte Frau lachte schallend. "Oh Migel! Sie alter Schwerenöter, ich weiß das sie bei mir immer besonders dick auftagen, aber ich muss ehrlich gestehen, dass mir das ganz besonders an ihnen gefällt. Sie wissen, was Frauen hören wollen." Sie nickte Alucard, Integra und Seras lächeln zu. "Ich hoffe diese kleine Feier wird ihnen gefallen und sie verzeihen mir meinen Hang zum Kitschigen." Migel wollte schon protestieren doch die Gräfin schnitt im das Wort ab. " Genug jetzt amüsieren sie sich und lassen sie sich von der Nacht berauschen." Alucards Augen bekamen einen merkwürdigen Glanz. "Na, das lassen wir uns doch nicht zweimal sagen oder?" Zur gleichen Zeit am Piazzale Roma Die kleine, gedrungene Frau schnaufte empört, als sich die vier Männer ruppig an ihr vorbeidrängten. Doch sie beachteten die zeternde Frau gar nicht, sondern hasteten eilig weiter. Ihr Ziel war der vergitterte Eingang des Wasserwerks, das von hier aus mit seinem langen Tunnelsystem die Stadt versorgte. Derweilen an einem anderen Ort....... " Sina! Wo sind die Kinder? Hol alle her, heute gibt es was zu feiern!" Die Gruppe von lachenden Frauen sah neugierig auf, als der junge Mann mit den geflickten Hosen auf sie zu gerannt kam. Er hieß Francesco Venier, aber alle aus der Gemeinschaft nannten ihn nur Franco. Er war der Führer der kleinen Truppe von obdachlosen Männern und Frauen, die sich außerhalb der normalen Gesellschaft der Stadt am Rande der Lagune am östlichen Zipfel am Ufer des Rio de Giardini niedergelassen hatten und zusammen ihr bescheidenes Hab und Gut teilten. Tagsüber beschäftigten sich die Männer damit, in den Gassen und Hinterhöfen von Venedig nach Essbaren Ausschau zuhalten und die Frauen kümmerten sich derweilen um die Kinder, die von Jahr zu Jahr immer mehr wurden. Diese Menschen hatten alles aus ihrem früheren Leben durch vielerlei Missgeschicke und Unglücke verloren, doch hier hatten sie sich gefunden und begonnen eine neue gemeinsame Existenz zu gründen. Diese war zwar durch Armut gekennzeichnet, doch der Geist der Gemeinschaft war groß und niemand wollte freiwillig diesen Ort wieder verlassen. Eine große, schlanke, junge Frau kam nun auf Franco zu. Ihr pechschwarzes Haar war wie eine Art Vogelnest auf ihrem Kopf zusammengebunden und auf ihren pausbackigen Wangen schimmerte der Staub der Straße. " Was ist los Franco, was schreist du so rum!" Der junge Mann lachte und umfaste neckisch ihre Taille, dann wirbelte er sie in der Luft. Sie quietschte erschrocken und wieder lachten die anderen. " Pablo und ich haben einen riesigen Berg von Lebensmitteln gefunden. An der de Rio Tera, gleich hinter der Frari!" Sina schaute ihn skeptisch an. "Bei der Kirche? Seit wann werfen die Kutten denn Essbares auf die Straße?" Franco schüttelte grinsend den Kopf "Keine Ahnung, vielleicht haben sie zu ersten mal ihren sonst nimmersatten Hals vollgekriegt und wussten nicht mehr wohin mit dem Zeug." Er deutet zu dem Feuerplatz hinüber, auf dem bereits eine Horde von Menschen dabei war Säcke hin und her zu schleppen und Holz herbei zu schaffen. " Da lagen haufenweise Käse, Schinken und Konserven. Wir haben soviel mitgenommen, wie wir tragen konnten, das wird ein Festessen heute Abend. Los beeil dich und sag den anderen Frauen Bescheid, je eher wir uns den Magen mit diesen Köstlichkeiten voll schlagen können, desto besser!" Er ließ Sina stehen und rannte zurück, um den anderen zu helfen. Eine zweite Frau erschien an Sinas Seite. Sie schien auf den ersten Blick viel älter und die Falten um ihre Augen wurden mit einemal noch tiefer. " Diese Sache gefällt mir irgendwie nicht. Von den Pfaffen etwas geschenkt zu bekommen riecht nach Ärger." Sina nickte. "Diesen verlogenen Kreuzträgern würde ich sogar zumuten, dass sie versuchen uns mit diesem Essen zu vergiften. Die haben uns doch noch nie etwas gutes getan, warum sollten sie jetzt damit anfangen?" Doch die beiden wurden je in ihrer Unterhaltung unterbrochen, als ein Schwall von schreienden Kindern angerannt kam und an ihnen vorbei zu den arbeitenden Männern rannten. Integra und Alucard tanzten ausgelassen zwischen den übrigen Menschen. Zuerst hatte Integra geglaubt, dass der Vampir sich in diesem eher groben Kostüm überhaupt nicht bewegen könnte, doch er legte eine Geschmeidigkeit an den Tag, die sie doch sehr überraschte. " Unglaublich wie du das in diesem Ungetüm hinbekommst, elegant auszu- sehen." Er lachte dumpf hinter der Maske. "Wie ich schon sagte, manche Sachen verlernt man nicht und wenn man wie ich, sogar ganze Wochen in dieser Rüstung verbracht hat, kommt sie einem, am Ende sogar wie eine zweite Haut vor." Integra strich verstohlen über das rote Metall. " Sie hat dir viel Schutz gegeben, doch am Ende konnte sie dir auch nicht das Leben retten." Er schwieg einen Augenblick, als er sie um sich selber drehen ließ. " Meinen Tod haben nicht meine Feinde bestimmt, sondern er kam aus den eigenen Reihen. Davor hätte mich kein Panzer der Welt bewaren können." Jetzt war es Integra die lachte. " Ja, unsere beiden Wege waren mit dem gleichen Schicksal gepflastert. Unsere Treue wurde mit Verrat belohnt." Er lehnte den kühlen Stahl seines Helms an das glatte Porzellan an ihrer Wange. " Und doch scheint mir dieser Verrat kein Fluch zu sein, sondern eher eine glückliche Fügung. Wie sonst hätte ich meine Bestimmung finden sollen?" Er sah in ihre rotglimmenden Augen, die durch die Maske noch betont wurden. " Ich musste zwar das Meer der Jahrhunderte durchschwimmen um letztlich an das Ufer zu gelangen, an dem ich jetzt verweile, doch wenn ich die Wahl hätte, so würde ich es immer wieder tun. Egal wie schmerzlich trostlos die Zeit des Wartens auch sein mag." Integra legte den Kopf schief. " Nun ja, diese schmerzlich, trostlose Zeit hast du dir ja auf deine eigenwillige Art ganz gut vertrieben und wenn ich mal den guten alten Walter zitieren darf, ward ihr zusammen ein ziemlich unschlagbares Team." Jetzt lachte er schallend, so das sich ein paar Tanzpaare erschrocken zu ihnen umwandten. "Oh ja der todbringende Walter, der sogenannte Todesengel. Er war wirklich ein Meister seines Fachs und auch wenn er es niemals zugegeben hätte, er liebte die Raserei des Kampfes genauso wie ich." Die Musik verstarb und beide gingen nebeneinander durch den Saal in Richtung der weiter hinten liegenden Räume. " Wie verhielt es sich eigentlich mit meinem Vater? War er auch ein Mann des Kampfes?" fragte sie plötzlich und Alucard nahm langsam den Helm von den Schultern. Ohne den Wolfskopf wirkten die Proportionen ein wenig bizarr, als er sich in einem kleinen Seitenraum vor sie stellte. " Oh gewiss, auf seinem heiligen Kreuzzug war auch er ein unerschütterlicher Krieger, doch sein Geist war so scharf, das er bald erkannte, dass das Gute allein nicht ausreicht um das Böse zu vernichten. Diese Erkenntnis teilte er übrigens mit seinem Freund, den du ja auch kennen lernen durftest." Integra schaute einen Moment nachdenklich vor sich her. " Michael Johansson war er denn wirklich ein Freund? Schließlich war er doch gegen dich gewesen, gegen den Plan meines Vaters dich mit diesen Kräften auszustatten." " Ja, darin gebe ich dir recht, in diesem Punkt waren sie sich uneinig und leider hat der gute Johansson bald sein ursprüngliches Ziel aus den Augen verloren und ist auch, wie viele vor ihm, der Gier nach Macht erlegen. Er wollte sie sich lieber selber zu nutzte machen oder glaubst du wirklich, dass er im Ernst vorhatte seine geschaffenen Kreaturen alleine nur für den guten Zweck einzusetzen?" Die langen weißen Eckzähne blitzen auf, als sich Alucards Lippen nach oben verzogen. " Der Mensch strebt nach Vollendung und Stärke doch ist er meist zu feige dafür den letzten Schritt zu gehen und die Konsequenzen dafür zu tragen." Er griff nach der weißen Maske und hob sie vorsichtig von Integras Gesicht. Die perlweiße Haut darunter war kaum von dem modellierten Ton zu unterscheiden, nur die feinen Gesichtszüge zeigen das unter diesem Antlitz so etwas wie Leben steckte. Die hellroten Lippen waren leicht geöffnet und mit einem freudigen Schauer fuhr er mit den Fingerspitzen seiner Handschuhe über das zarte Fleisch und entblößte damit die ebenfalls spitzen Zähne, die friedlich auf ihren Jagdzug warteten. Die schwarzen Pupillen ihrer Augen waren weit geöffnet und verdrängten das flammende Rot bis fast an den Rand, als sie ihn diese Handlung gewähren ließ. " Nur die Wenigsten sind ehrenvoll und stolz genug sich selbst zu zerstören um aus der eigenen Asche gewaltiger und kraftvoller emporzusteigen." Seine Lippen berührte die weiche Haut ihres Gesichts und suchten den Weg zu ihrem Mund. Dann liebkosten sie die tödlichen Fänge und diese erwachten aus ihrem Schlaf. Alucard griff mit der anderen Hand in ihren Nacken, als er spürte wie sich die kleinen Dolche an seiner Zunge vorbei schoben und fordernd nach ihrem Recht verlangten. Er hörte ihr leises Knurren, als er sie ein Stück anhob um ihr zu geben was sie wollte. Wie ein unschuldiges Kind lag sie in seinen Armen, doch das kurze Ziehen an seinem Hals bewies ihm, das sie alles andere als unschuldig war. Er schloss die Augen und genoss den Kuss den sie ihm schenkte und das Gefühl der ewigen Verbundenheit zwischen ihnen. Sie war wie Seras ein Teil von ihm, doch darüber hinaus war sie noch so vieles mehr. Ihr Kopf glitt langsam zurück und ruhte für einen kurzen Moment an seiner Schulter. Er strich vorsichtig über ihren Kopf. Ein gefallender Engel in den Armen eines liebenden Monsters. Kapitel 13: Sous marin ---------------------- So, die nächste Prüfung steht an und deshalb schnell noch ein bissche Futter. Bis dann eure Daedun Das Fest war seit einer halben Stunde in vollem Gange. Die Kinder sprangen johlend und singend um das prasselnde Feuer, während ein paar der Erwachsenen mit Gitarren und Rasseln musikalisch den Takt dazu angaben. Dazwischen schwatzend und aßen die übrigen Bewohner von Giardini. Alle waren beim Anblick der vielen Lebensmittel in helle Aufregung geraten und waren wie tolle Hunde auf die Säcke zu gestürzt, nur ein lautes Wort von Franco konnte die hungrige Meute davon abhalten, sich die Köstlichkeiten roh einzuverleiben. Jetzt aber war alles fertig und bereit verspeist zu werden und so wie es aussah, würde am Ende nicht der kleinste Krümel übrig bleiben. Franco saß mit Sina gemeinsam am Feuer und kaute zufrieden mit vollen Backen. Die junge Frau allerdings sah weniger glücklich aus. Unruhig blickte sie immer wieder über die Schulter in die dunkle Nacht hinaus. Die automatische Steuerungszentrale des Wasserwerks lag verborgen hinter einer gepanzerten Stahltür, die jetzt sperrangelweit offen stand. Aus dem angrenzenden Raum ertönte leises Stimmengewirr "Na los beeilen sie sich, wir haben doch nicht ewig Zeit, sie wissen doch wie lange es noch dauert bis die Wirkung einsetzt." Flüsterte eine heißere Stimme und eine andere antwortete: " Sicher, sicher, einen Moment Geduld bitte. Ich muss nur noch diesen Schalter umlegen." Ein hohes Pipen erklang, dann setzte ein dumpfes Rauschen ein, dass aus den Tiefen der Anlage zu kommen schien. Es erinnerte an Donnergrollen und schien sich mit der Zeit immer weiter zu entfernen. Während dessen...... Seras wanderte durch die vielen Zimmer des Hauses und zupfte dabei leicht genervt an ihrem Kostüm herum. Es mochte ja wirklich ganz lustig aussehen, doch leider war es im Gegenzug auch ein bisschen sperrig. Sie wollte gerade zum x-mal einen der Lumpen richten, als sie an einer offenen Terrassentür vorbei kam. Die meterlangen Gardinen, die rechts und links neben dem Rahmen angebracht waren tanzten im Wind, der von draußen hereinwehte. Sie überlegte kurz. Eigentlich war ein bisschen frische Luft gar nicht schlecht. Die Tür führte auf einen kleinen, steinernen Vorbau, der wiederum in einen Garten führte, der aber fast vollständig in der Dunkelheit der Nacht verborgen lag. Seras sah sich nach einer Sitzgelegenheit um, als sie dabei einen jungen Mann bemerkte der wohl ebenfalls die Ruhe gesucht hatte. Er erinnerte mit seinem Kostüm an ein Abbild von Mozart, mit seidener, bestickter Jacke und weiß gepuderter Perücke. Er saß auf einer schmalen Gartenbank und hatte den Kopf nach hinten an die Wand gelehnt. Zu erst dachte Seras, er würde vor sich hin dösen, doch beim näher kommen stellte sie fest, das er allen Anschein nach fest schlief. Sie räusperte sich hörbar. "Äh, entschuldigen sie bitte Sir? Ist alles in Ordnung, kann ich ihnen helfen?" Sie hatte ihn jetzt erreicht und stand nun direkt vor ihm, doch der Mann rührte sich nicht. Seras musste grinsen, anscheinend hatte hier wohl jemand einen über den Durst getrunken, doch plötzlich... Sie hatte die Hand ausgestreckt um den Fremden an der Schulter zu rütteln, doch dieser war bei ihrer Berührung einfach, wie ein nasser Sack nach vorne gefallen. Seras machte erschrocken einen Schritt zurück, als ihr Blick an seinen nackten Hals hängen blieb. Eine blaurotschimmernde Wunde machte ihr deutlich, das dieser Mensch seinen Zustand nicht dem Alkohol zu verdanken hatte. Sie biss sich hastig auf die Unterlippe. Trotz der Überraschung war die Gier bei dem Anblick mit einem Schlag erwacht und Seras spürte wie der Hunger in ihrem Kopf anfing zu knurren. Auf einmal hörte sie Schritte hinter sich. "Oh, Seras, bedien dich ruhig, es ist noch genug da." Hastig drehte sie den Kopf. Migel tauchte wie ein böser Geist aus der Schwärze des Gartens auf und mit einem sanften Lächeln kam er auf sie zu. "Ich hatte meine Mahlzeit noch nicht beendet, als mich eine andere Pflicht ereilte." Seine hellgrünen Augen leuchteten, wie die einer Katze, die satt und zufrieden von einem nächtlichen Beutezug zurückkehrte. Seras merkte wie sie anfing zu zittern. Wieder wanderten ihre Augen zu dem ohnmächtigen Mann, der immer noch vorgebeugt auf der Bank hockte. "Was ist? Bevorzugst du eher die unangetastete Kost?" Wütend verzog die kleine Vampirin das Gesicht, sie wollte gerade etwas erwidern, als der blonde Vampir anfing zu lachen. "Oh, endschuldige, ich hatte vergessen das du..... Alucard hat mir von deinem Problem erzählt." " Was denn für ein Problem?" giftete Seras zurück. Was hatte ihr Meister diesem merkwürdigen Kerl erzählt, der was die Herkunft seiner Mahlzeiten anging, anscheinend über ganz besondere Vorlieben verfügte. Immer noch lächelte der Vampir, als er nun neben dem Mozartabbild Platz nahm. " Deinen ausgeprägten Hang zur Menschlichkeit und deine Unfähigkeit von ihr zu lassen." Er verschränkte die Arme vor der Brust und musterte sie. " Seit über fünfzig Jahren bist du nun ein Geschöpf der Nacht Seras und immer noch weigert sich ein Teil von dir das zu akzeptieren. Aber tröste dich wie dir geht es vielen." Seras machte große Augen. Sie hatte sich eigentlich vorgenommen ihm die Meinung zu sagen, doch jetzt lauschte sie gebannt seinen Worten. Migel sah zum Garten hinüber, aus dem der Ruf einer Eule zu hören war. " Ich selbst habe auch lange mit der Erkenntnis gerungen, das mein altes Dasein mit der Stunde des Werdens verloschen ist und das es keinen Weg mehr zurück gibt. Du bist ein neues Wesen, mit einem Tier in deiner Brust, das danach lechzt, dir deinen Verstand zu rauben und dich dazu zu bringen im voll und ganz die Herrschaft zu überlassen." Er sah sie erneut an. "Das Klammern an deine alte Existenz bietet dir keinen Schutz vor ihm hörst du? Im Gegenteil, es macht dich nur anfälliger und deshalb musst du begreifen, das du nur der Sieger bleibst, wenn du dich mit ihm arrangierst." Er zog den bewegungslosen Oberkörper zurück und ein leises Röcheln zeigte, das noch ein kleiner Funken Leben in ihm steckte. Migel zog den schon offenen Kragen noch ein Stückchen weiter nach unten und wieder überkam Seras dieses unerträgliche Gefühl der Gier. Migels Blick schien sie zu durchbohren, als er nun weiter sprach. " Gib dem Tier wonach es verlangt, bevor es anfängt es sich selbst zu holen." Seras glaubte wie ferngesteuert zu den beiden hinüber zu gehen. Ihre Augen konnte sie dabei nicht von der weißen Haut abwenden, die ihr wie eine einladende Geste entgegen strahlte. Die eindringliche Stimme von Migel summte in ihren Ohren. " Wenn du dich nicht ergeben willst musst du herrschen lernen." Plötzlich war sie der feuchtschimmernden Fläche ganz nah, so nah wie nie zuvor und sie konnte ihn schlagen hören, den roten Fluss pulsieren hören, der sie aufforderte ihn zu holen. Dann spürte sie ihre Zähne und dann war da nur doch der Geschmack von warmen Blut, das in sie hineinsprudelte. Ihre Hände gruben sich in den sterbenden Körper, dessen Energie mit jedem Schluck weniger wurde, den sie von ihm nahm, bis der Strom mit einemmal fort war und die Quelle versiegte. Seras riss den Kopf hoch und blickte mit entsetzten Augen auf den toten Körper, der stumm und schwer in ihren Armen lag. Dann war da Migels Hände auf ihren Schultern, die sie sanft festhielten. " Ich weiß, nichts erscheint entsetzlicher als die Erkenntnis sich selbst verloren zu haben, aber glaube mir das Schicksal das dich befällt, wenn du dich nicht deinem neuen Sein hingibst ist noch viel grausamer. Es würde dich früher oder später in den Wahnsinn treiben und dich zu einem wilden Monster werden lassen." Sina hob alarmiert den Kopf, als das Dröhnen an ihre Ohren drang. Die anderen um sie herum schienen allerdings nichts bemerkt zu haben, denn sie feierten ungerührt weiter, doch die junge Frau stand ruckartig auf. Franco sah ihr verdutzt nach, als sie ohne ein Wort in Richtung des Wassers hinüber ging. Ihre Schritte knirschten unter dem feuchten Sand, als sie durch die Dunkelheit lief. Der plötzlich aufkommende Wind zerrte in ihren Haaren, doch es war nicht das Geräusch der Briese, das ihre Nackenhaare zu Berge stehen ließ, sondern das tiefe Grollen das sich jetzt vor ihr auftat und mit ihm kam das Wasser, das wie eine schwarze Wand vor ihr emporragte und dann krachend über ihr zusammenbrach....... Madam Porferie schlug lachend an ihr Glas und das Gemurmel im Saal verstarb augenblicklich. Alle Köpfe wandten sich der schillernden Dame zu die in der Mitte des Raumes stand und ihre strahlend weißen Zähne zeigte. "Liebe Freunde, ich freue mich euch alle heute in meinem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen. Ihr wisst ja wie unglaublich ausgeprägt mein Hang zu allem pompösen und glanzvollen ist, deshalb bin ich sehr glücklich darüber, dass ihr mir diesen Tick verzeiht und ihn bei Zeiten unterstützt." Gelächter erfüllte den Saal und die kleine Frau lachte ebenfalls und erhob den Kristallbecher in ihrer Hand. "Darum erhebe ich mein Glas auf euch und hoffe das wir zusammen noch viele vergnügliche Stunden verbringen dürfen." Die Gäste klatschend begeistert und regten ebenfalls ihre Gläser in die Luft. Alucard der mit Integra wieder zurück gekehrt war, wollte gerade seinen Helm wieder aufsetzten, als er aus dem Augenwinkel heraus einen Diener in den Raum huschen sah, der sich eiligst zu der Dame des Hauses durch schlängelte. Die Ernsthaftigkeit in seiner Mine ließ den ehemaligen Diener der Hellsings innehalten und er bewegte sich unauffällig zu den beiden hinüber, denn der Mann hatte seine Herrin erreicht und flüsterte ihr nun leise ins Ohr. Die ausgelassene Fröhlichkeit der französischen Dame war mit einemmal verschwunden. Ihr schon leichenblasses Gesicht wurde plötzlich noch eine Spur weißer. "Oh mein Gott, das kann doch nicht war sein." Hauchte sie und Alucards Aufmerksamkeit nahm zu. Was konnte die Lady so außer Fassung bringen, das sie sogar ihr Fest vergaß, denn sie stürzte mit dem Diener zur Tür und der rote Schatten, der sich jetzt an der Wand abzeichnete folgte ihnen. Die Feuerwehrsirenen heulten lauthals durch die Nacht und die flinken Boote der Polizei brausten über die rabenschwarzen Fluten in Richtung Osten. Sie waren sofort ausgerückt, als der Notruf eingetroffen war. Der diensthabende Wachmann des Wasserwerks war am Telefon völlig außer sich gewesen, als er bei seinem Routinerundgang den Fehler bemerkt hatte und sich den Ausmaßen bewusst wurde, die das offene Tor im linken Hauptflügel bedeutete, "Der Wasserspiegel muss unter diesen Umständen bis auf das fünffache in dem betroffenen Gebiet angestiegen sein." Hatte er in den Hörer gebrüllt. Der Polizist am anderen Ende der Leitung hatte sofort die Feuerwehr informiert und auch die schlossen nun mit ihren Booten zu ihnen auf. Der Leiter der Polizeigarde fuhr mit dem Finger immer wieder die Umgebung ab, die der Hausmeister genannt hatte. Am stärksten war wohl das Ufer des Rio Giardini betroffen, er überlegte einen Moment. Eigentlich war da kein offizielles Wohngebiet, doch plötzlich durchfuhr es ihn wie ein Schlag und ihm kamen die Männer und Frauen in den Sinn, die dort ihren Unterschlupf hatten. Schnell gab er dem Steuermann Anweisungen schneller zu fahren und der Motor gab kurz darauf einen jaulenden Laut von sich, als er an Fahrt zunahm. Madam Porferie war in eines ihrer privaten Gemächer gelaufen, um dort nach dem wartenden Telefonhörer zu greifen, der auf einem Schreibtisch lag. Leicht atemlos rief sie ihren Namen in die Muschel und verhaarte dann ein paar Sekunden, während man ihr anscheinend etwas erzählte. Dabei fuhr sie mit ihrer freien Hand immer wieder und wieder durch ihr geschminktes Gesicht, das darauf hin wilde Streifen zeigte. Dazwischen entfuhr ihr immer wieder ein aufgeregtes "Oh, mein Gott, oh mein Gott." Der rote Schatten ruhte neben ihr am Ende des Tisches. Dann begann sie selbst das Gespräch zu führen. "Hat man schon jemanden gefunden? Waren die Kinder zu diesem Zeitpunkt da? Wann kann man endlich etwas genaueres erfahren? Gut ich verstehe, sie melden sich bitte umgehend, sobald sie mehr hören, bis dann." Sie ließ den Hörer auf die Gabel sinken und sich selbst auf einen Stuhl. Der Diener betrat den Raum, in der Hand ein Glas mit Sherry. Die alte Dame griff dankbar danach. " Vielen lieben Dank Sino, das ist genau das, was ich jetzt brauche." Sie nahm einen kräftigen Schluck. Der Mann legte fragend den Kopf schief. "Weiß man schon genaueres Madam?" Sie schüttelte den Kopf. "Nein, nur das die Wassermassen das gesamte Ufer überschwemmt haben und das wohl ein Fehler im Wasserwerk dafür verantwortlich ist." Ihre Hände durchwühlten die Perücke. "Oh mein Gott Sino, was ist bloß mit all den Menschen passiert und mit den Kindern? Sind sie wirklich alle jämmerlich ertrunken?" Sie brach in lautes Schluchzen aus. "und dabei hätte es doch nur noch einen Monat gedauert, bis das Wohnhaus fertig gewesen wäre und sie alle dort hätten leben können." Der Diener tätschelte seiner Lady vorsichtig den Rücken. "Gott weiß, das sie es gut mit ihnen gemeint haben, Gott weiß das." Kurz darauf..... Integra hob überrascht die Augenbrauen. "Wo warst du denn, kaum drehe ich mich um bist du verschwunden, das ist ja wie früher." Alucard grinste breit. " Komisch, damals sollte ich doch immer verschwinden? Wie dem auch sein, ich habe gerade ein interessantes Gespräch belauscht und.." Er sah auf, als er sah, wie Seras und Migel aus einem der Seitentüren hereinkamen. Er blinzelte, irgendwas an Seras ließ ihn stutzen. Als die beiden sie erreicht hatten vermied die kleine Lady ihn anzusehen. Doch Integra unterbrach seine Gedanken. "und um was ging es in diesem Gespräch?" Er sah sie wieder an. "Um eine Überschwemmung am Rio Giardini, anscheinend sind auch Menschen betroffen und.." "Am Rio Giardini?" rief Migel, "Dort leben die Obdachlosen der Stadt, sie haben sich dort niedergelassen, zum Ärger der geistlichen Institution, denen sie schon immer ein Dorn im Auge waren. Wie ist das passiert?" "Angeblich ein Fehler des Wasserwerks, vielleicht ein Defekt im System?" Migel verzog abfällig das Gesicht. "Natürlich, welch Zufall, das dieses Unglück genau dann passiert, wenn dieser Clan wieder aufkreuzt." Kurzes Schweigen machte sich breit, dann ergriff Integra das Wort." Ihr meint die geheime Verbindung hat hierbei ihre Finger im Spiel?" Alucard ließ einen leisen Pfiff vernehmen. " Mhmm, das sehe ihnen zumindest sehr ähnlich." Integra drehte sich zu den anderen Gästen im Saal um. "Ich denke das Beste wird sein, wenn wir uns jetzt verabschieden und auf dem Weg nach Hause schauen wir mal was wir noch alles in Erfahrung bringen können." Kapitel 14: Bloodseeker ----------------------- Hallo, zweite Prüfung erfolgreich hinter mich gebracht. Danke für eure lieben Glückwünsche, das motiviert zum lernen. Dafür ein neues Kapitel. Viel Spass Bussi eure Daedun Wenig später fuhren die vier Vampire mit einem Taxiboot in Richtung Rialtobrücke. Migel hatte vorgeschlagen, noch ein wenig durch die Stadt zu streifen. Er war sich sicher, dass wenn es Neuigkeiten gab, diese nur dort zu finden waren. Aus der Ferne klang Sirenengeheul durch die Nacht und Seras spitzte neugierig die Ohren. " Ob wirklich so viel Menschen ertrunken sind?" Ihr Meister wandte ebenfalls den Kopf in die Richtung aus der die Geräusche kamen. "Viel Hoffnung bleibt nicht. Wenn das Wasser wirklich so schnell war, dann hatten sie nicht den Hauch einer Chance." Jetzt sah er sie an. " Anscheinend hatte heute Abend nicht nur einer das Pech zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein." Seras durch fuhr es eiskalt und sie sengte rasch ihren Blick. Er wusste es also. Sie wagte es nicht ihn erneut in die Augen zu sehen. Was dachte er jetzt wohl über sie? Empfand er Genugtuung, dass sie sich endlich ihrem Trieb hingegeben hatte? Seras grübelte immer noch, als sie plötzlich merkte, das sie vor einer Kirche standen. Anscheinend war dieser Weg, der über diesen Heiligen Platz führte eine Abkürzung, denn Migel steuerte zielsicher auf die gegenüberliegende Gasse zu. Ein leises, scharrendes Geräusch ließ Seras herumfahren. Sie blickte die Stufen hinauf, die zur Eingangstür des imposanten Gotteshauses führten und erstarrte. Ein heller Lichtstrahl fiel aus dem Innenraum der Kirche zu ihnen hinunter und zeichnete vor ihren Füssen den Umriss eines hohen, schwarzen Schattens, dessen Ursprung wie eine finsterer Fels in dem offenen Torbogen stand. Seras hob schützend die Hand vor die Augen um die Gestalt besser sehen zu können, doch sie brauchte ihre Augen gar nicht um zu wissen, wer da vor ihnen stand. Ein hohes, heißeres Kichern sagte es ihr schon und wieder fuhr ihr der Schreck in die Glieder. Der Schatten kam jetzt auf sie zu und Seras konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie sich das Gesicht ihres Meisters verzehrte. " Na sieh mal einer an, wen haben wir denn da? Ich hoffe du hast heute mehr Zeit zum Spielen Priester!" Der Schatten tauchte nun Integras, Migels und Seras Körper in eine dunkle Hülle und wieder erklang das alberne Lachen. " Ja, du kleine, tollwütige Bestie und ich habe nicht nur mehr Zeit, sondern auch noch ein paar Freunde mitgebracht, die darauf brennen das Monster und seine teuflische Brut mit mir zusammen in Stücke zu zerreißen!" Anderson stand nun am Rande der Treppe und seine runden Brillengläser strahlten wie zwei Scheinwerfer. Plötzlich erklangen um sie herum schwere Schritte und die Vampire rissen die Köpfe zur Seite. Aus den verborgenen Gassen lösten sich nach und nach zahlreiche Gestalten, dessen Körper unter strahlend weißen Kutten verborgen waren. Als sie jetzt Stückchen für Stückchen näher kamen, konnte Integra das Zeichen erkennen. Auf ihrer Brust prangte ein goldener Drache. Sie erstarrte und für einen kurzen Moment sah sie wieder den verräterischen Freund ihres Vaters vor sich, wie er mit einem Schwert über den Kopf auf sie zu kam und ihren Körper mit seinen Beschwörungsformeln fesselte. Rasch wandte sie sich wieder Anderson zu, der immer noch breit grinsend vor ihnen stand. " Seid ihr und eure Männer etwa für den grauenvollen Tod all dieser Menschen verantwortlich, die heute Nacht das Wasser geholt hat?" Der Kämpfer Iscariots lachte dröhnend. " Wollt ihr mir etwa Vorwürfe machen, ich hätte unschuldiges Blut vergossen? Ihr, die selbst ohne Reue euren verdammten Körper mit dem Saft der Lebenden nährt?" Er kam noch einen Schritt näher und seine Stimme wurde auf einmal dunkel und rau. " Lady Integra Wingates Hellsing, ehemalige Leiterin der Hellsing Organisation, die in den Gewölben ihres Hauses einen Sklaven hielt, für den Gott auf Erden keinen Platz duldet, einen Nosferatu, an den sie zu erst ihren Körper und dann sogar ihre Seele verkauft hat. Oh, ich brenne seit Jahren darauf, euch von dieser Sünde rein zu waschen MyLady!" Er zog seine Schwerter hervor und die vermummten Männer taten es ihm gleich. " Fürchtet euch nicht vor dem Schmerz, den wir euch bereiten werden, er ist nichts im Vergleich zu den Qualen der Hölle!" Nach diesen Worten sah Seras mit flehenden Augen zu Integra und Migel hinüber, sie waren völlig unbewaffnet. Der einzige, der sich vielleicht mit Etwas verteidigen konnte, war ihr Meister, doch auch hier hatte sie ihre Zweifel, denn erstens, hatte er seine beiden Lieblinge bestimmt zu Hause gelassen und zweites waren diese Gegner keine einfachen, menschenfressenden Ghoule sondern heilige Krieger, die nicht nur über gesegnete, silberne Tortenheber verfügten, sondern außerdem über nicht minder gefährliche Bannschriften. Diese kamen plötzlich, wie durch einen starken Windstoß vorangetrieben, durch die finstere Nacht zu ihnen hinüber geflogen und versperrten ihnen somit in alle Richtungen den Weg. Anderson kreuzte die Klingen. " Nun Alucard jetzt ist der Moment gekommen, wo du endlich einsehen wirst, das keine Macht auf dieser Welt größer ist als die des Herrn!" Der schwarzhaarige Vampir kicherte " Pater, ihr solltet endlich aufhören euch und euren heiligen Geist fortlaufend zu überschätzen." Alucard warf sich in seiner Rüstung nach vorn, so das es aussah, als wenn ein riesiger Wolf auf seinen Pfoten stand. Seine roten Augen begannen mit den metallenen Seeschlitzen zu verschmelzen und auch der übrige Panzer schien mit einem mal zusammen zu fließen. Das verschrobene Scharnier seines Helmes dehnte sich zu einem riesigen zähnefletschenden Maul, aus dem eine lange feurige Zunge peitschen hin und her schlug. Für ein paar Sekunden war der blonde Priester sprachlos, doch dann verzog er hasserfüllt die Stirn und mit einem wütenden Schrei sprang er von den Stufen zu ihnen hinunter. Die anderen Krieger deuteten das als Zeichen nun endlich angreifen zu können. Sie stürzten auf sie zu und Integra glaubte in Anbetracht der Übermacht an keine reale Chance, als plötzlich ein lautes Hupen und Quietschen die Luft zeriss. Aus einem der Gassen raste ein schwarzer Wagen auf sie zu. Im Licht seiner grellen Scheinwerfer leuchteten die weißen Kutten wie Blitze auf, bis der breite Kühler, die ersten beiden Kämpfer von den Füssen riss. Sie wurden wie kostümierte Strohpuppen über das Dach geschleudert und schlugen sekundenspäter krachend auf die steinerne Straße, wo sie regungslos liegen blieben. Der Führer des Autos ließ sich davon nicht irritieren und setzte beherzt ohne vom Gas zu gehen seinen Weg durch die überraschte Menge fort. Migel, der vor wenigen Sekunden noch wie ein gehetztes Tier ausgesehen hatte, strahlte jetzt übers ganze Gesicht. "Das ist Andre, verflucht noch mal!" Die schwarze Karosserie hatte sie nun erreicht und mit heulenden Bremsen kam er knapp vor ihren Füssen zum stehen. Die Beifahrertür wurde aufgerissen und die Vampire hechten in den Innenraum. Der hochgewachsene Diener, der hinter dem Steuerrad saß, ließ erneut den Fuß auf das Gaspedal sinken. Kreischend fasste die Räder Fuß und sie donnerten davon. "Entschuldigen sie bitte, das es so lange gedauert hat, aber ich habe mich in der Eile kurz verfahren." Migel ließ einen kehligen Laut vernehmen "Verfahren? Andre ich kann dir nicht sagen, wie froh ich bin, dass du überhaupt hier bist!" Auf einmal wirbelte Seras herum und schaute nach hinten aus der Heckscheibe hinaus. " Wo ist Alucard? Wir haben den Meister vergessen!" Sie hatten bereits die kleine Gasse hinter sich gelassen und rasten jetzt auf der Hauptstraße entlang. Integra sah ebenfalls nach hinten. "Ich fürchte dein Meister hat noch nicht genug." Anderson starrte kurz dem davon fahrenden Wagen nach, dann richtete er seine volle Aufmerksamkeit wieder auf den zähnefletschenden Wolf, der seine Lefzen zu einem irren Grinsen verzogen hatte. " Tja, mein Lieber, scheinbar müssen deine Freunde und du nur mit mir vorlieb nehmen, die anderen werden deine Aufforderung zum Spielen, bestimmet ein anderes mal annehmen." Alucards Stimme klang dumpf und verzehrt, durch das geöffnete Maul und Anderson setzte nach vorn. " Jeder erhält früher oder später, was er verdient, auch ihre Zeit wird kommen!" Damit fielen die beiden über einander her. Während der Priester versuchte aus dem Untier feine Scheibchen zu schneiden, sprang das rote Monster, wie ein rasender Blitz um ihn herum. Dabei schnappte es abwechseln nach den übrig gebliebenen Ordensbrüdern, die ihn ebenfalls mit ihren Waffen erlegen wollten. So mancher büßte bei diesem Versuch einen Arm ein, der dann mit samt der silbernen Klinge in Alucards lachendem Rachen verschwand. "Ihr seid wirklich köstlich, es sollte mehr so ehrgeizige und überzeugte Gesellen in euren Reihen geben." Mit einem lauten Knurren zerriss er die Kutte eines Angreifers, der daraufhin ohne Unterleib gurgelnd zusammenbrach. Anderson versetzte dem Vampir bei dieser Gelegenheit den ersten Treffer. Wütend versuchte der Wolf sich mit den Zähnen die Klinge aus dem Hinterteil zu ziehen. " Hey, pass auf wo du mit deinen überlangen Nagelfeilen hinpickst, du könntest noch einen dabei verletzen." Jetzt witterte der Pfaffe Oberwasser und rasch setzte er nach. " Du wirst überrascht sein Drecksköter wie sehr ich dir gleich weh tue." Er holte zu einem neuen Schlag aus, doch in diesem Moment hatte Alucard das Schwert endlich aus seinem Körper gezogen und bevor Andersons Klinge ihn treffen konnte, hatte er seine menschliche Gestalt zurück und den Hieb vor seiner Brust abgewehrt. Höhnisch grinsend lag er rücklings auf dem Asphalt, über ihm stand der schweißnasse und immer noch vor Zorn rasende Priester. " Gar nicht schlecht was?" Anderson knirschte mit den Zähnen und ein dünner Speichelfaden lief ihm über das Kinn. " Halts Maul elendiger Sklave!" Der Vampir legte den Kopf in den Nacken und lachte dröhnend " Nein wirklich du kleine Mutante bist die beste Unterhaltung die ich seit langem hatte, du weißt wie man sich gepflegt amüsiert." Er sah wieder nach vorn, doch zu seiner Überraschung, war Anderson wortlos auf die Knie gesunken. Alucard hob die Augenbrauen, was sollte das den nun? Doch im blieb keine Zeit zu fragen, denn die Antwort kam prompt. Hinter dem breitschultrigen Kämpfer erschien eine kleine zarte Gestalt, die sich jetzt vor ihn hinstellte. Unter der breiten Krempe eines runden, schwarzen Hutes blinzelten ihm zwei helle klare Augen entgegen. Der Rest, des schwarz gekleideten Männleins blieb schattenhaft verborgen. Kapitel 15: Episkopos --------------------- So ihr lieben, ich hoffe ihr habt mich nicht vergessen. Von sechs Prüfungen sind fünf geschafft du da auf die letzte drei Wochen Zeit ist habe ich es endlich mal geschafft ein bisschen die Feder zu schwingen. Ich hoffe ich kann euch immer noch zum lesen anregen und freue mich wenn dem so ist. Also viel Spaß und großes treue Bussi eure Daedun Die Männer schwitzten unter der Anstrengung sich durch das morastige Wasser voranzuarbeiten. Die unerwartete Flut hatte zwar das gesamte Ufer überspült und auch die höher gelegenen Anteile nicht verschont, aber trotzdem gaben die Helfer der Feuerwehr nicht auf. Von den schweren Motorboten aus, hatten sie jeweils drei Männer in kleine Schlauchboote verfrachtet. Mit diesen Dingern waren sie einfach schneller und weniger, außerdem konnten sie so das dunkle Nass besser nach dem absuchen, vor dessen Auftauchen es ihnen insgeheim graute. Die Gruppe der Polizei, die auf der anderen Seite kreuzte, hatte schon vor einer halben Stunde den ersten Leichenfund gemeldet. Seite dem herrschte eine angespannte Stimmung und jeder der Beteiligten fragte sich, wann er auf einen regungslosen Köper stoßen würde, der stumm durch das Wasser trieb...... Alucard hatte sich halbherzig aufgerichtet und blickte noch immer mit erwartungsvoller Mine zu dem kleinen Greis hinüber, der neben Anderson getreten war. Der gerade noch vor Wut schäumende Priester sah jetzt aus, wie eine erstarrte Salzsäule. Noch immer hielt er den Kopf gesenkt. Plötzlich hörte Alucard ihn leise murmeln. " Ist schon recht Pater Anderson, schon Recht." Eine alte, knarrende Stimme unterbrach Andersons Wortschwall. Der kleine Mann, dessen halbes Gesicht von einen weißen Vollbart verdeckt wurde, nährte sich nun dem Vampir. Für einen Moment hob der blonde Priester den Kopf, als befürchtet er das sich der Greis in Gefahr begäbe, wenn er sich dem Vampir nährte, doch der Alte schien nicht im geringsten verunsichert zu sein. Im Gegenteil, mit unverhaltender Neugierde musterten die hell funkelnden Pupillen den Untoten vor ihm. Alucard selbst betrachte ebenfalls sein Gegenüber, dessen übriges Gesicht fast nur aus Falten zu bestehen schien. Jetzt verzog der Alte seine dünnen Lippen zu einem breiten fast zahnlosen Lächeln. " Wirklich erstaunlich und überaus interessant, so ein Wesen wie ihr es seid, mit eigenen Augen zu sehen." Der Vampir legte den Kopf schief. " Schön das mein Anblick euch so gut gefällt, dürfte ich fragen mit wem ich die Ehre habe?" Anderson gab ein tiefes Grollen von sich doch der Mann hob nur stumm die Hand und der Priester versank erneut in Starre. Alucard verzog anerkennend die Mundwinkel. " Respekt, ich wünschte er würde auf mich ebenso gut hören, aber ich arbeite dafür wohl im falschen Verein was?" Der kleine schwarze Kirchenmann sagte zunächst nichts, dann aber "Welches Ereignis hat euch nur derart an der Liebe des Allmächtigen zweifeln lassen, dass ihr euch so von ihm abgewendet habt?" Die rotschimmernden Augen verengten sich kurz, dann ertönte die Antwort. " Nun, das war in jenem Augenblick als ich erkennen musste, das ich den Preis für seine Liebe nicht mehr zahlen wollte." Alucard stand nun auf. Jetzt war es der Greis, der zu ihm aufblickte. Noch immer waren seine dunklen Augen von einer strahlenden Aufmerksamkeit erfüllt. " Verlangt denn der Teufel nicht einen viel höheren Lohn?" Leise lachend zuckte der Vampir mit den Schultern. " Das mag sein Exzellenz, aber seine Leistungen sind dafür um einiges besser." Darauf hin folgte für einige Sekunden Schweigen. Die glänzenden Augen erschienen auf einmal matt, doch die leicht heißere Stimme war immer noch fest. " Wie dem auch sei, ihr mögt mir verzeihen, wenn ich eure Zusammenkunft so einfach unterbreche, doch ich befürchte, das Pater Anderson durch euch zu sehr abgelenkt ist um seine eigentliche Aufgabe zu erfüllen." Er wandte sich kurz zu dem weiterhin Knienden um. " Sind denn wirklich so viele Kuttenträger vonnöten, um ein paar harmlose Menschen zu ertränken?" Alucard ging zu seinem Helm, der ein paar Schritte von ihm entfernt auf dem Boden lag. So konnte er nicht sehen, wie die runzelige Stirn des Priesters sich noch stärker verzog. " Was wollt ihr damit sagen?" Der Vampir hob nun den rot schimmernden Wolfskopf auf und ohne den Blick von den schwarzen Augenhöhlen abzuwenden sprach er weiter. " Ihr wisst doch wo von ich rede, die Überschwemmung heute Nacht am Rio de Giardini oder wollt ihr mir erzählen, dass es sich dabei wirklich um einen bedauerlichen Unfall gehandelt hat?" "Wie kannst du es wagen, du erbärmlicher Gotteslästerer!" Scheinbar war es mit der Geduld von Anderson entgültig vorbei. Wie eine angriffslustige Katze war er mit einem Satz auf die Füße gesprungen und kam nun drohend auf die beiden zu. " Paladin Anderson!" wieder hob der Mann ruckartig den Arm um den Krieger der Iscariot von einem Angriff abzuhalten. Nur unter äußerster Anstrengung und mit großem Unwillen stoppte der blonde Schwertkämpfer seine Schritte. " Ich versichere ihnen, dass wir nichts mit diesen Geschehnissen zu tun haben. Im Gegenteil, eigentlich gilt unser Bestreben weitere solcher Unglücke zu verhindern." Jetzt machte sich unbeschreibliche Verblüffung auf dem Gesicht von Alucard breit. Er wollte schon den Mund aufmachen um etwas zu erwidern, doch der kleine Mann wandte sich nun um. " Darum bitte ich sie, ihre Rivalitäten für eine Weile zu vergessen, jedenfalls so lange bis die Dinge sich geklärt haben." Damit lief er ohne ein weiteres Wort die Stufen zum Eingang der Kirche hinauf und verschwand kurz darauf im Inneren der steinernen Mauern. Zurück blieb ein immer noch verdutzt drein schauender Alucard und ein immer noch leicht erregter Anderson, der nun ebenfalls die Treppe hinauf ging, auf der obersten Stufe drehte er sich allerdings noch einmal um. "Glaub ja nicht, das du oder deinesgleichen ab jetzt über irgendwelche Freiheiten in dieser Stadt verfügst Blutsauger, wenn ihr es vorzieht weiterhin hier zu bleiben, werde ich euch früher oder später finden und dann wird es kein Entkommen mehr geben." Damit verschwand er. Ein leises Lachen begleitete ihn " Versprich Nichts, was du nicht halten kannst Schweinepriester!" Seras spielte nervös mit dem Zipfel der Tischdecke, als sie plötzlich wieder das alt vertraute Kribbeln im Magen spürte. Sie sprang aus dem Sessel und eilte zur Tür. Als sie vor zwei Stunden im Theater angekommen waren, hatten sie zunächst alle zusammen im Wohnzimmer von Migel gewartet, doch sie waren einfach zu nervös und aufgekratzt gewesen, als das sie sich einfach stumm hinsetzten und Däumchen hätten drehen können. Ihr Gastgeber war nach einer Weile mir einer leisen Entschuldigung in den Bühnenraum gegangen und kurz darauf erklang die sanfte Musik des Flügels durch die Räume. Integra hatte es darauf hin auch nicht mehr auf ihrem Stuhl gehalten, doch wohin sie verschwunden war, wusste Seras nicht. Sie rannte nun eiligst die Treppe zum Flur hinunter und schon auf der Mitte der Stufen hörte sie die Stimme ihres Meisters. Hastig sprang sie das letzte Stück hinunter. Migel und Integra standen bereits vor dem immer noch in seiner Rüstung steckenden Vampir. " Und was ist passiert? Konntest du sie alle erledigen?" fragte nun Integra, die dabei versuchte nicht zu aufgebracht zu klingen. Migels Blick klebte ebenfalls voller Erwartung an Alucard der sich langsam aus dem Panzer schälte. " Tja, die Sache scheint komplizierter zu sein als wir angenommen haben." Integra und Migel sahen sich überrascht an. "Wie meinst du das?" Alucard streifte sich knirschend die Handschuhe ab. " Ich hatte eine interessante Unterhaltung mit dem Arbeitgeber unseres kleinen kampflustigen Freundes und der hat mir versichert, dass diese Kuttenliebhaber nichts mit den Morden heute Nacht zu tun hatten. Im Gegenteil, anscheidend wollten sie das alles sogar verhindern." Migel rieb sich irritiert das Kinn. "Moment mal, das verstehe ich jetzt nicht ganz, wieso verhindern und wenn nicht sie für dieses Massaker verantwortlich sind, wer dann?" Alucard warf die Handschuhe mit einem eleganten Schwung auf eine der massiven Holzkommoden, die an den Wänden standen. "Das hat mir dieses Hutzemännlein leider nicht mitteilen wollen, obwohl mich genau das brennend interessiert. Übrigens," er sah sich kurz im Raum um. "Hast du vielleicht noch eine andere Möglichkeit, wo wir eventuell bleiben können, ich fürchte wir könnten auf einmal unerwünschten Besuch bekommen." Integra verschränkte mit säuerlicher Mine die Arme vor der Brust. " Kannst du dich noch an meine Worte erinnern, das wir uns lieber aus allem raus halten sollten?" Er grinste breit. " War das, bevor oder nachdem du vorgeschlagen hast mehr über die Überschwemmung in der Stadt zu erfahren?" Sie hob resignierend die Hände "Schon gut, ich gebe es ja zu, auch ich will wissen was hier vor sich geht." Sie sah zu Migel hinüber der laut nach seinem Diener rief. " Was wir brauchen sind gute Informationen und das so rasch wie möglich. Wie steht es mit Kontakten zur Polizei?" Migel schüttelte mit dem Kopf "Tut mir leid, damit kann ich nicht dienen." "Ginge auch jemand von der Presse?" fragte auf einmal Andre der plötzlich durch eine der Türen gekommen war. " Ein Bruder eines alten Freundes arbeitet bei der Riga, vielleicht kann der ihnen weiter helfen?" Integra nickte, "Sehr gut setzten sich so schnell wie möglich mit ihm in Verbindung und noch etwas, wo können wir Zugang zum Internet bekommen?" Alucard hob die Augenbrauen. "Internet? Was willst du denn damit?" Jetzt war sie es die breit grinste. " Och, ich überlege nur, was Walter in unserer Situation gemacht hätte und ich wette einer seiner Schritte wäre gewesen über die unerschöpflichen Wege des Datennetzes nach Ereignissen zu suchen, die in letzter Zeit rund um Venedig statt gefunden haben und die vielleicht in irgendeinem Zusammenhang mit unseren Freunden stehen." Die Sonne war noch nicht ganz aus ihrer nächtlichen Ruhe erwacht, als leise Motorengeräusche die Stille der Dämmerung durchschnitten. Der schemenhafte Umriss eines Hubschraubers zeichnete sich gegen die blass grauen Wolken am Himmel ab, als der erste helle Strahl am Horizont erschien. Der grünschimmernde, fliegende Kasten schoss zielstrebig auf die Dächer Roms zu, die jetzt vor ihm, im Licht des neuen Morgens, aufgetaucht waren. Die Stadt selbst schien noch friedlich unter dem surrenden Flieger zu schlummern, der sich nun ein wenig zur Seite neigte und dann langsam immer tiefer sank. Unter den starren Rädern war die herausragende Kuppel des Petersdoms zu erkennen auf den der Hubschrauber zu steuerte, dann aber hielt er abrupt inne und ließ er sich sachte auf den davor befindlichen Landeplatz zu Boden gleiten. Der Wind, den die rotierenden Blätter verursachten, ließ die Wachen der Schweizergarde nach ihren Helmen greifen, bevor sie sich eiligst wieder in strammer Haltung zurück stellten. Nach dem der Motor verstummt war, stiegen nach einander drei Gestalten aus dem Helikopter. Unter ihnen waren der alte Mann mit dem weißen Bart und der Hutträger, der ihn schon einmal begleitet hatte. Nur der Dritte im Bunde hatte ein völlig unbekanntes Gesicht. Am Eingang des Platzes wartete schon ein schmal gebauter Kardinal in seiner schwarz roten Robe auf sie. " Willkommen Exzellenz Moro, ich freue mich sie wieder zu sehen, auch wenn die Umstände dafür besser sein könnten." Sie gingen gemeinsam zu einer dunklen Limousine hinüber, die am Rande des Platzes auf sie wartete. Beim Einsteigen hielt der weißbärtige Greis noch einmal kurz inne. " Ich hoffe das wir den Pontifex nicht zu sehr stören." Der dünne Mann blickte ihn ernst an. "Nun in Anbetracht dieser Umstände gibt es für ihn nichts wichtigeres als mit ihnen zu sprechen, zu mal sie der Einzige sind, der über das Ausmaß der Sache voll im Bilde ist." Damit schloss er die Tür hinter ihm und nahm selbst auf dem vorderen Beifahrersitz Platz. Mit einem leisen Knarren öffnete sich die schwere Wohnzimmertür und Integra sah überrascht auf. Auf ihren Knien ruhte das aufgeschlagene Schulheft, in dem sie eigentlich schon seit Stunden ihre Hausaufgabe hatte hineinschreiben wollen doch, sie wusste auch nicht warum, waren die Seiten vor ihr immer noch leer. Schnell schob sie es zur Seite und richtet sich auf. "Vater?" Er stand in der Tür und starrte sie an. Seine hochgewachsne Gestalt erschien ihr wie ein unüberwindlicher Fels, der fast die gesamte Tür einnahm. Die meerblauen Augen, die sonst in ihrer Gegenwart immer eine besondere Wärme ausstrahlten, waren nun kalt wie Eis und Integra spürte eine unerwartete Angst in sich aufsteigen, die sie noch nie zuvor bei ihm gefühlt hatte. Sie senkte rasch den Blick. Hatte er vielleicht bemerkt was mit ihr geschehen war? Aber halt das konnte ja gar nicht sein, denn sie war doch noch ein Kind und all das war doch noch gar nicht passiert oder ahnte er es etwa schon? Jetzt hörte sie, wie er auf sie zukam. Leise, jedoch mit festen Schritten, dann stand er plötzlich vor ihr. Sie konnte die Spitzen seiner braunen, glänzenden Schuhe sehen, doch noch immer wagte sie es nicht ihm ins Gesicht zu sehen. "Integra, sag mir mein Herz, was habe ich dir all die Jahre versucht beizubringen?" Seine Stimme war ruhig und rau, so wie sie sie in Erinnerung hatte. Ihr Hals schien wie zugeschnürt, aber sie wusste das sie ihm antworten musste. " Vorsichtig zu sein und stark und.." "Was habe ich dir im Bezug auf die Vampire versucht zu erklären?" Unterbrach er sie und sie schluckte." Das sie stark sind und intelligent, das sie.." "Richtig! Stark sind sie, intelligent und hemmungslos. Sie kennen keine Gnade und keine Reue, rasende Teufel ohne Schuld und Sühne, die ihren Durst an Wehlosen und Unschuldigen stillen. Darum sage mir warum hast du all meine Warnungen missachtet und hast es zugelassen, das das Böse dich besiegt?" Integra merkte wie sie anfing zu zittern, noch immer waren es seine Schuhspitzen, an denen ihr Blick klebte. " Ich, ich wollte doch nur stark sein und diese Schwäche überwinden, diese verdammte Schwäche, die mich daran gehindert hat die Aufgabe unserer Familie zu erfüllen." " Wie? In dem du selbst zu so einem Geschöpf geworden bist, das es zu bekämpfen gilt?" Er schrie ihr direkt in die Ohren und sie hätte sie am liebsten mit ihren Händen verschlossen um seine kalte schneidende Stimme nicht mehr hören zu müssen. Sie wartete auf Tränen, als Zeichen ihrer Scham und Schuld, doch sie kamen nicht. An ihrer Stelle stieg auf einmal eine unbändige Wut in ihr hoch, dessen Kraft sie vollkommen überrumpelte. " Du hast doch überhaupt keine Ahnung!" hörte sie sich selbst sagen, als ob sie gar nicht selbst Herr ihrer Stimme wäre. " Du weißt ja gar nicht wovon du sprichst Vater! Diese Stärke, diese Kraft hast du niemals gespürt und ich schwöre dir, wenn du auch nur eine Spur von ihr in dir fühlen könntest, würdest du genauso handeln wie ich!" Sie riss den Kopf hoch und sah in sein erstarrtes Gesicht. " Oh ja sie ist unglaublich diese Macht und ein gewöhnlicher Mensch wie du, ist ihr nicht im entferntesten gewachsen. Ihr seid nur Marionetten für uns nichts weiter, in einem endlosen Strom aus Zeit, die für uns nicht mehr gilt!" Sie spürte das Tier in ihrer Brust trommeln, es wollte raus und seine Kraft beweisen. Noch immer war ihr Vater regungslos, nur der Ausdruck seiner Augen hatte sich verändert. Das eisige Blau war nun einem fassungslosen Entsetzten gewichen, doch das kümmerte sie nicht. Alles war wie weggewischt, die Scham, die Angst, der Druck den sie immer bei seiner Erinnerung verspürt hatte, mit einem mal zählte all das nicht mehr, nur noch eins. Ihre Finger gruben sich in die Armlehen des Sessels in dem sie saß, als das Monster in ihr die Oberhand gewann. Es durchstieß ihre Brust und stürzte sich auf ihren Vater, der fassungslos nach hinten stürzte, als sie auf ihn zusprang und das letzte was sie hörte war ihr Name den er schrie.. Dann wachte sie auf. Das erste was sie fühlte waren die nadelspitzen Ecken ihrer Zähne, die fangbereit hervorgetreten waren. Sie presste die Hand vor den Mund und versuchte, so gut sie konnte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Dabei wirbelten die Bilder des Traumes vor ihren geschlossenen Augen um her. Dann spürte sie eine Hand in ihrem Gesicht, die sanft ihre Wange streichelte. Sie blinzelte. Alucard sah stumm zu ihr hinüber, während sie langsam ruhiger wurde. " Der entgültige Abschied ist immer schwer zu ertragen." Sie überlegte einen Moment, dann lächelte sie. " Dennoch ist der Geschmack der Freiheit ein linderes Mittel dagegen." Sie beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn. Kapitel 16: Decretum -------------------- So es geht weiter, aber bevor ich euch mit den Dreien alleine lasse, muss ich doch noch eine Bitte los werden. Auf euren Steckbriefseiten habe ich feststellen können, dass viele von euch künstlerisch sehr begabt sind, darum möchte ich fragen, ob ihr nicht Zeit und Lust hättet, vielleicht Szenen der Geschichte, die euch am besten gefallen haben, mit ausdrucksvollen Schwüngen zu Papier zu bringen. Ich würde mich darüber sehr freuen... Denkt doch mal darüber nach. Bis dahin viel Spaß beim Lesen Eure Daedun Die Sonne brannte nun schon einige Stunden vom Himmel, als Bischof Moro dankend seine leere Kaffeetasse nach oben hielt um sie von dem stummen Diener des Pontifex neu auffüllen zu lassen. Nachdem sie mit dem Auto durch die Straßen des Vatikans zu den privaten Gemächern des Papstes gefahren waren und dieser sie hatte vorsprechen lassen, war er alleine mit Moro in eines seiner Wohnzimmer gegangen und gemeinsam nahmen sie jetzt ihr Frühstück ein. Wobei Moro weit aus weniger Hunger verspürte als der heilige Vater. Er hatte sein Toast kaum angerührt und wartete voller Anspannung darauf, das seine Heiligkeit endlich seine Mahlzeit beendete und sie über das sprechen konnten, weswegen er eigentlich hier war. Gedankenverloren starrte er aus dem Fenster, vor dem sich ein Vogelpärchen lauthals zu streiten schien, dann hörte er wie das Besteck geräuschvoll auf dem leeren Teller klapperte, als der Papst es auf den Tisch neben sich zurückstellte. Mit einem kurzen Kopfnicken gab er dem Diener zu verstehen, dass dieser Abräumen und anschließend gehen konnte. Als sie daraufhin vollkommen alleine waren, beugte sich der weißgewandete Mann mit sorgevoller Mine nach vorne. " Nun, Moro ich muss zu geben, dass ich über die Ereignisse die sich innerhalb Venedigs abspielen mehr als beunruhigt bin. Alleine der unfassbare Diebstahl ist schon mehr als nur ein böses Omen aber jetzt auch diese Morde! Mir scheint, dass es hier um mehr geht, als um wertvolle Reliquien." Er lehnte sich nach seinen letzten Worten langsam zurück. Moro, der immer noch aus dem Fenster starrte, schien ihn im ersten Moment gar nicht gehört zu haben, doch dann fuhren seine grauen Augen mit einem mal herum. "Das ist richtig euer Gnaden, genau das befürchte ich auch. Schon der Anschlag auf Gaba hätte mich warnen sollen, aber nach dem Ereignissen der letzten Nacht, scheint es nun bittere Gewissheit. Irgendjemand ist dabei unsichtbare Fäden zu spannen, dessen Sinn mir langsam klar zu werden scheinen." Er nahm einen kleinen Schluck aus seiner Tasse. " Ich bitte euch deshalb mir einen Einblick in die dreizehnte Abteilung eurer Bibliothek zu gestatten." Der Papst sah überrascht auf. "Wozu soll das gut sein?" Moros Lippen verzogen sich plötzlich zu einem geheimnisvollen Lächeln. " Ich befürchte, das mehr auf dem Spiel steht, als wir ahnen und deshalb brauchen ich alle Mittel die mir zur Verfügung stehen." Seras und Integra brüteten gemeinsam vor dem schwarzen Laptop, das ihnen Andre vor einer halben Stunde besorgt hatte. Dank der neuesten Satellitentechnik waren keinerlei Kabel mehr notwenig um in die geheimnisvolle Welt der Daten einzutauchen. Seras hämmerte eifrig in die Tasten, während Integra hinter ihr ansagte welche Seiten sie aufrufen sollte. "Versuche es doch mal mit einer der Touristeninformationsseiten, vielleicht ergibt sich da schon was." Es dauerte nur ein paar Sekunden, da flammte auch schon das Wappen der Stadt vor ihren Augen auf. Schnell überflogen Integras rote Augen die Zeilen. "Hier! Schrie auf einmal Seras und ihr Finger tippte pochend auf den unteren Teil des Bildschirmes " Der Einbruch vor ein paar Wochen in der Markuskirche." Integra las rasch den dazugehörigen Artikel. Ein kleines Bild zeigte die prachtvolle Vorderfront des Gotteshauses. Die bronzenen Pferde, die auf dem Rundbogen der Eingangshalle standen, glänzten wie flüssiges Gold. Integra runzelte die Stirn "Alles gut und schön, nur dummer weise ist der Rest des Textest auf italienisch." Plötzlich tauschte Migels Kopf neben ihrem Gesicht auf. " Ein für die Polizei unerklärlicher Einbruch erschüttert die Stadt. Unbekannten Dieben ist es gelungen sich durch das linke Seitenschiff Zugang zum Narthex zu verschaffen. Laut Monsinore Gabba, dem stellvertretenden Bürgermeister der Stadt wurde aber nach sorgfältigen Untersuchungen kein Inventar entwendet, so dass von reinem Vandalismus ausgegangen werden muss. Die Verantwortlichen werden, Dank der Arbeit der Polizei, sicher rasch gestellt sein." Der grünäugige Vampir sah sie kurz von der Seite an. " Glaubt ihr wirklich, das wir hier des Rätsels Lösung auf die Spur kommen?" Integra legte einen Finger auf die Lippen. "Tja, ich für meinen Teil finde es schon Recht merkwürdig, dass sich jemand die Mühe macht in so ein massives Gebäude einzubrechen um dann anschließend mit leeren Händen wieder zu verschwinden." "Diese bescheidene Geste passt wirklich so gar nicht zum sonst doch sehr materiellbezogenen menschlichen Charakter." Ertönte Alucards Stimme und gleich darauf erschien er selbst neben dem Stuhl auf dem Seras saß. Seine schwarzen Haare streiften, die im Gegensatz dazu porzellanweiße Wange der kleinen Vampirin, als er sich zu dem flimmernden Bildschirm hinunter beugte. Seras zuckte bei der unerwateten Nähe leicht zusammen, doch er schien ihre Unsicherheit nicht bemerkt zu haben. Mit interessiertem Blick musterte er die flackernden Buchstaben. " Diese Welt wird mir wohl immer verborgen bleiben." Integra lächelte. "Ich habe dir schon mal gesagt, das es keine neue Welt gibt." Dann wendete sie sich wieder an Migel. " Dieser Monsinore Gabba, ist er nicht bei diesem Bombenanschlag ums Leben gekommen?" Migel nickte. " Das ist doch ein merkwürdiger Zufall oder?" Seras sah zu ihr hoch. " Vielleicht sollten wir mal jemanden los schickten, der sich ein wenig in dieser Kirche umsieht." Alucard grinste breit. "Eine hervorragende Idee. Seras, ich denke dafür ist niemand so gut geeignet wie wir zwei beide oder?" Sein leises Lachen klang dröhnend in ihren Ohren und ohne das sie es verhindern konnte spürte sie wie sich ihre Nackenhaare aufrichteten. Am Abend Seras fühlte sich immer noch unwohl, als sie langsam neben ihrem Meister herlief. Sie bogen gerade auf den Markusplatz ein und ein paar schlafende Tauben schreckten bei ihrem Kommen flügelschlagend hoch. Der sonst von Menschen völlig überlaufende Platz schien wie leergewischt und Seras fragte sich ob die gewaltige Kirche wohl schon in Zeiten ihrer Erbauung so eindrucksvoll gewesen war. " Das war sie" sagte Alucard leise und der Vampirin wurde einmal wieder unmissverständlich klar, das ihre Gedanken für ihn so offenkundig waren, wie ein aufgeschlagenes Buch. Sie zog die Jacke um ihre Schultern noch ein kleines Stückchen enger, als ob ihr plötzlich kalt wäre. Seit dem Maskenball quälte sie die Frage was er über das, was sie getan hatte dachte. Doch er hatte darüber bis jetzt geschwiegen. Er schritt immer noch ruhig und ohne jeder Regung neben ihr her, bis sie den Haupteingang des Gotteshauses erreicht hatten. Alucard legte kurz den Kopf in den Nacken. Über ihnen prangte das Portalmosaik von Gottes Sohn, der in seinem rechten Arm das Kreuz trug und den linken gütig gen Himmel streckte. Ein Stückchen weiter oben scharten die stolzen Pferde mit beunruhigten Minen mit den Hufen, als wenn der Anblick der zwei späten Besucher sie verschreckte. Vielleicht taten sie das auch. Seras richtete ihren Blick auf das schwere Tor, das ihnen den Eintritt verwehrte. Es hatte ja auch wirklich allen Grund dazu, denn Wesen wie sie es waren, hatten hier doch nun wirklich nichts verloren. Doch ihr breit grinsender Meister schien da anderer Ansicht zu sein. "Komm!" und ohne weitere Worte griff er nach ihrem Oberarm und im nächsten Augenblick standen sie auch schon auf der anderen Seite des Eingangs. Seras zwinkerte überrascht, aber ihr blieb keine Zeit mehr sich zu wundern, denn der nun ging Alucard mit festen Schritten durch den mit Marmorsäulen und zahlreichen Fresken geschmückte Eingangshall und sie beeilte sich ihm zu folgen. Integra saß auf dem Rand ihres Bettes und kämmte sich mit schnellen Strichen die langen blonde Haare, die wie ein seidiger Teppich über ihre rechte Schulter fielen. Sie hatte dabei den Kopf ein wenig zur Seite geneigt und summte nebenher die Melodie, die Migel gestern auf dem Klavier hatte erklingen lassen. Sie kannte es nur zu gut. Alucard spielte es oft für sie und sie liebte jede Note. Der Klang war mit nichts zu vergleichen und er berührte sie tief in ihrem Inneren. Woran es genau lag konnte sie nicht sagen, aber dieses Lied gab ihr ein unbeschreibliches Gefühl von Geborgenheit und Zufriedenheit, so das sie nicht genug von ihm bekommen konnte. Mit einem heftigen Schwung warf sie den Kopf in den Nacken und legte die Bürste auf den Nachttisch, dann stand sie auf und ging hinüber ins Badezimmer. Der lange, seidene Kimono, der schon bei ihrer Ankunft für sie bereit gelegen hatte, umschmeichelte ihre Haut wie eine sanfte Umarmung und Integra fuhr mit einem wohligen Schauer kurz über den losen Teil an ihrem Bein, bevor sie nach der Cremetube griff. Während sie den Deckel abschraubte sah sie zum wiederholten male auf das riesige Bild, das über der ebenfalls riesigen Badewanne hing. Es zeigte, in sämtlichen Rottönen gemalt zwei schlanke Körper, die sich in spielerischer Art und weise zu verbinden schienen. Seit Integra es zum ersten mal gesehen hatte, war sie von ihm angetan gewesen. Es zeigte in seiner eindrucksvollen Art all das was sie selbst begehrte und gleichzeitig erschreckte. Das Rot spiegelte den Hunger wieder und die Körper, nun die waren ebenfalls ein Abbild dessen wonach sich ein Teil von ihr unentwegt sehnte. Dieser Teil allerdings existierte schon länger als das Tier in ihrer Brust. "Erstaunlich nicht war, wie viel Zeit und Mühe sich der Mensch gemacht hat um die Kraft zu ehren und zu preisen die ihn erschaffen hat." Alucard blickte sich kurz zu Seras um, die mit großen Augen die Bilder um sie herum bewunderte. Bilder, die in Form einer Geschichte gemalt zu sein schienen. Neugierig trat sie an eines heran, in dem zwei Kinder abgebildet waren, die miteinander spielten. Daneben waren sie wohl in Form zweier Erwachsender dargestellt, doch in dieser Szene spielten sie nicht, im Gegenteil! Einer von ihnen lag mit verzehrtem Gesicht am Boden, während der andere mit einem gewaltigen Stein über dem Kopf über ihm stand. Blinder Hass schien in seinen kohlrabenschwarzen Augen zu stehen. Seras spürte wieder die unheimliche Nähe ihres Herrn und dann war seine dunkle Stimme direkt an ihrem Ohr. " Gratuliere Seras, du hast zielstrebig das gefunden, was ich dir zeigen wollte." Seine behandschuhten Finger strichen sanft über die uralten Zeichnungen, als wenn er mit dieser reinigenden Geste ihren vollen Glanz herausstellen wollte. " Was wolltet ihr mir zeigen Meister?" In dieser vollkommenen Stille um sie herum klang ihre Stimme merkwürdig klirrend. " Du siehst vor dir den Ursprung dessen was du seit vielen Nächten bist." Sie wollte sich zu ihm herum drehen, doch er hatte sie von hinten an den Schultern gepackt und zwang sie somit weiterhin auf das Bild zu blicken. " Was soll, das? Ich.." "Gehorche mir." Zischte es in ihr Ohr und Seras hielt augenblicklich still, auch wenn alles in ihr sich versuchte zu wehren. Integra kam aus dem Badezimmer und wollte sich gerade zum Kleiderschrank begeben, als es leise an ihre Tür klopfte. Sie hielt überrascht inne. Dann räusperte sie sich. "Ja bitte?" Migels blondgelockter Kopf erschien in der Tür. "Oh verzeiht mir Lady Integra ich wusste nicht das ihr.." "Schon gut, was gibt es?" Sie verzog die Lippen zu einem dünnen Lächeln. Migel verzog ebenfalls die Mundwinkel. " Alucard erzählte mir, das euch meine Bilder so gut gefallen und da ich ein wenig in meinem bescheidenen Atelier arbeiten wollte, dachte ich ihr wäret vielleicht interessiert mir dabei ein wenig Gesellschaft zu leisten." Er deutet mit der Hand auf die hinter ihm offenstehende Tür. Integra nickte freudig. "Wenn ich euch dabei nicht zu sehr störe." Sie hatte eigentlich schon vor gehabt ihn selbst einmal zu fragen, deshalb kam ihr dieses Angebot sehr recht. Migel versicherte ihr draußen auf sie zu warten, dann ließ er sie allein. Seras Augen huschten ängstlich zwischen den Bildern hin und her. Sie merkte wie sie anfing leicht zu zittern, doch seine Hände hielten sie immer noch wie eiserne Klammern fest umschlungen und so blieb ihr nichts anderes übrig als auf seine nächste Reaktion zu warten. Sie musste nicht lange warten. " Was du hier siehst, ist die Geschichte von Kain und Abel. Sie waren die Kinder der Urmenschen, die einst von Gott selbst geschaffen wurden. Adam und Eva. Kain war der älteste Sohn, der seinen Bruder im Streit erschlug. Rasend vor Zorn über diese haltlose und ruchlose Tat hat sich Gott darauf hin von ihm abgewendet und ihn bis in alle Ewigkeiten verdammt. Für seinen Blutdurst sollte er büßen und fortan nie mehr unter den warmen und gütigen Strahlen der Sonne leben können. Keine Frucht der Erde und kein Fleisch egal von welchem Leib sollte seinen Körper mehr stärken können und die Gnade des Todes sollte ihm für immer versagt bleiben. So zog Kain durch die immer währende Dunkelheit der Nacht, getrieben von dem grauenvollen Hunger der fortan in ihm schrie und nur durch den kurzen Genuss von dem Saft gestillt werden konnte der den Menschen am Leben hält." Seras keuchte, dann spürte er wie er sie los ließ. " In seiner Einsamkeit begann er sich für seine Reise durch die Ewigkeit Gefährten zu suchen, die sich aus freien Stücken vom Licht des Tages abgewendeten um mit ihm die Gier und den Hunger zu teilen. So wie du.." Jetzt wirbelte sie zu ihm herum. Er war kurz hinter ihr stehen geblieben. "Aber ich wusste nicht was diese Entscheidung bedeutet, ich wollte nie..." "Töten? Unschuldige Menschen töten?" unterbrach er sie. Seine funkelden Brillengläser konkurrierten mit dem Weiß seiner Fangzähne. " Sag mir Seras hast du auch nur einen Gedanken an das Schicksal des Menschen verschwendet, dem du in der vergangenen Nacht das Leben genommen hast?" Sie schluckte hart und antwortete ihm nicht, aber er ließ nicht locker "Antworte mir Fräulein Polizistin und dann sage mir, welches Blut dir besser gemundet hat. Das Blut dieses Mannes oder das Blut der ..." "Genug Meister, genug! Ich will das nicht mehr hören!" schrie Seras und sich die Hände an die Ohren. Rote Tränen quollen aus ihren Augen und befleckten den hellschimmernden Boden unter ihren Füssen. Doch egal wie fest sie ihre Ohren zu hielt, seine Stimme hallte ungedämpft in ihrem Kopf " Bist du dir wirklich sicher, dass du deine Entscheidung widerrufen würdest, wenn du könntest?" Kapitel 17: Genesis ------------------- Integra schaute vorsichtig durch den schmalen Spalt, den die Tür vor ihr freigab. Sie sah die Umrisse eines schweren Messingleuchters, dessen gewundene Arme das Licht von Kerzen trugen. Ansonsten war es still. Sie klopfte zögernd an und das rasche Antworten von Migel überraschte sie für einen Augenblick. "Kommen sie herein, nur keine Hemmungen." Integra schlüpfte darauf hin durch den Spalt und stand darauf hin in einem kleinen Raum, der über und über mit Kerzen gefüllt war. Sie musste bei der ungewohnten Helligkeit blinzeln. Migel, der halbverdeckt vor einer ihr abgewanden Leinwand stand, lächelte entschuldigend. " Oh, ich hätte sie warnen sollen, tut mir leid, aber bedarf immer einer gewissen Stimmung für gewisse Bilder, verstehen sie?" Integra, die sich bei seinen Worten neugierig im Raum umgesehen hatte, wanderte nun langsam durch die vielen Leinwände, die ihr zeitweise den Weg versperrten. " Sie meinen bestimmt die Art von Bildern, wie sie in unserem Zimmer hängen." Der Pinsel verursachte ein leises Geräusch als er über den rauen, gespannten Stoff fuhr. "Richtig, vielleicht halten mich einige für einen unverbesserlichen Träumer, der längst vergessenen Zeiten nachtrauert, aber ich kann meine liebe zum Licht des Tages einfach nicht verleugnen." Seine hellgrünen Augen bekamen einen weichen Glanz. " Jeder von uns trägt doch noch ein Stück seiner menschlichen Existenz in sich, auch wenn wir es vor uns selbst und den anderen immer wieder abstreitet." Integra war jetzt bei ihm angekommen und ihr Blick fiel auf das noch unvollendete Werk. " Manche von uns tragen an diesem Stück schwerer als andere." " So ist es. Das junge Fräulein ist dafür ein besonders gutes Beispiel." Integra sah ihn kurz von der Seite an. "Seras?" Ihre Gedanken glitten in die Vergangenheit zurück. " Ja, ich glaube sie hat ihre Entscheidung oft bereut." Migel malte ruhig weiter. " Tun wir das nicht alle irgendwann mal?" Die buschigen Borsten wirbelten auf dem Farbbrett hin und her. "Am Anfang sind wir noch so voller Euphorie über das vermeintliche Glück des unsterblichen Lebens, doch nach vielen Nächten des Hungers und der Gier, tritt das Gesicht des Dämons dem wir gestattet haben in uns zu wohnen immer stärker vor unsere Augen." Er runzelte kurz die Stirn, bevor er den nächsten Strich vollzog. Integra verschränkte plötzlich die Arme vor der Brust. " Warum haben sie das Leben im Schatten gewählt?" Migels Augen hafteten immer noch auf der Arbeit vor ihm. "Diese Frage beantworte ich ihnen nur, wenn sie mir dafür im Gegenzug einen Gefallen erweisen." Integra hob überrascht die Augenbrauen und noch bevor sie fragen konnte, sprach er weiter. " Erlauben sie mir sie auf diesen Stoff zu bannen." Seras richtete sich langsam wieder auf. Immer noch brannten die blutigen Tränen auf ihrem Gesicht. Hastig wischte ihr Handrücken sie fort. Sie schimpfte innerlich mit sich selbst und über ihren Meister. Warum bohrte er immer wieder in dieser Wunde und warum konnte sie einfach nicht akzeptieren was sie war? Aus den Augenwinkeln sah sie ihn weiter in Richtung Innenraum gehen. Das rote Leder des Mantels knirschte leise bei jedem seiner Schritte. Sie folgte ihm langsam, ohne richtig den Kopf zu heben. " Die Schuld ist ein hartnäckiger Begleiter und oft genug lähmt sie unseren Geist mit ihrer Bitternis." "Kennt ihr sie denn überhaupt?" Kaum war ihr der Satz entschlüpft, hätte sie sich auch schon auf die Zunge beißen können. Hoffentlich war sie jetzt nicht zu dreist gewesen, doch ihr Meister blieb zu nächst stumm, bis sie die Stufen zur großen Halle erreicht hatten. Die Kuppel spannte sich wie ein riesiges Zelt über ihren Köpfen, als sie in das helle Licht der Kerzen traten, die um sie herum in goldenen Ständern brannten. "Ohne meine Schuld, wäre ich nicht hier Seras" Integra hatte kurz mit sich gerungen, dann aber war die Neugierde stärker gewesen. Nach ihrer Einwilligung war Migel zu einem Sofa hinüber gegangen, das versteckt unter ein paar Lacken stand. Das grün seiner Augen wurde noch ein Tick heller und erinnerten an feuchte Jade, als er sich zu ihr umdrehte. "Verstehen sie mich nicht falsch Lady Integra aber es wäre mir eine besondere Ehre ihre ganze Schönheit zur Geltung bringen zu dürfen." Integra verstand sofort was er damit meinte. Sie hob herausfordernd eine Augenbraue. " Nun, es gilt Quitt pro quo. Für jeden Strich möchte ich eine Antwort auf meine Fragen." Der Vampir bog in einer verneigenden Geste den Oberkörper. " Ich bin für sie wie ein offenes Buch, wenn ihr Körper es für diese Nacht für mich ist." Alucards Hand berührte sanft das dunkle Holz des Taufbeckens, das in traumhafter Schnitzkunst gefertigt neben dem Altar stand. "Wonach suchen wir eigentlich?" Seras hielt es für besser das Thema zu wechseln. Der Vampir lachte leise. " Was weißt du über Reliquien?" Seras zog die Stirn kraus und sah in die Runde " Na ja das sollen doch angeblich irgendwelche Gegenstände oder Überreste von Heiligen sein, die in manchen Kirchen aufbewahrt werden." Ihr Meister nickte und wanderte dabei langsam zu einem Gemälde hinüber, das einen Mann in einem goldenen Gewand darstellte, in der Hand hielt er ein silbernes Kreuz und zu seinen Füssen ruhte ein schlafender Löwe. Alucard sah zu ihm auf. "Johannes der Täufer einer der zwölf Jünger des Herrn." Seras kam zu ihm hinüber und besah sich ebenfalls den jungen Mann der sie mit weit geöffneten Augen ansah. " Er galt als Lieblingsjünger Jesus und er soll am eifrigsten nach dem Tod des Sohnes Gottes sein Wort weiter verkündet haben." Alucards rote Iris funkelte grell. " Gibt es hier Reliquien von ihm?" fragte Seras neugierig und beugte sich ein Stück weiter vor um das kleine Schild zu lesen, welches neben dem Gemälde angebracht war. Wieder lachte Alucard. "Oh nein, er war nur der Überbringer dessen, was einst viele Jahrhunderte in diesen Mauern bewacht wurde, bis man es geraubt hat." " Und was war es?" " Sie dir das Bild an, er trägt es bei sich." Seras musterte erneut den Jünger. "Das Kreuz?" "Nein" " Das goldene Gewand?" "Es ist viel kleiner aber um so bedeutsamer." Seras war das sinnlose Raten müde. "Ich habe keine Ahnung was ihr meint Meister." Der weiße Handschuh deutete auf die zur Faust geballte Hand des Gläubigen, die dieser fest an seine Brust gepresst hielt. " Hier ist es, so klein, das man es kaum erkennen kann, doch ist es in seiner Bedeutung nicht zu messen, denn es ist der Beginn von allem und somit allumfassend." Seras blinzelte, doch sie sah immer noch nichts auffälliges. Alucards sah sie mit amüsierter Mine von der Seite an. " Es liegt in seiner Innenfläche, ein Sandkorn!" Seras blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen. "Ein Sandkorn aber warum?" " Als Gott die Erde erschaffen hat, schuf er als Erstes Himmel und Erde und das Erste Korn das den Grund bildete hält dieser Mann in seiner Faust." Seras hatte sich von ihrer Überraschung erholt und zuckte jetzt ein wenig ahnungslos mit den Schultern "Wo her wusste er das es ausgerechnet dieses Sandkorn war?" "Weil Jesus selbst es ihm gegeben hat, kurz bevor er sich seinen Häschern ergeben musste." " Aber warum hat Jesus, ich meine wieso hat er es aufbewahrt?" Alucard wollte ihr antworten, als eine heißere Stimme sie herumfahren ließ " Weil dieses Sandkorn, die Geburt der Welt beinhaltet und somit alles was sich in ihr befindet einschließlich der Zeit!" Bischof Moro, stand unter einem der Rundbögen, die in einen weitern Raum des Doms führten. Seine kleine, schmale Gestalt wirkte wie ein dunkler Schattenriss, der jetzt langsam zu ihnen hinüber schlich. " Sie erstaunen mich immer mehr Senior Alucard." Sein weißer Bart zitterte als sich seine Lippen zu einem breiten Lächeln verzogen. " Für einen Gottlosen, kennen sie sich sehr gut mit den verborgenen Überlieferungen aus." Er war jetzt bei den beiden Vampiren angekommen, die einen Schritt zurück machten um ihn in ihre Mitte zu lassen. Zu dritt wandten sie sich wieder dem Bild zu. Moros graue Augen bekamen wieder dieses jugendliche Funkeln. " Wer hätte gedacht, das so ein winziger Gegenstand der Schlüssel zu allen Geheimnissen dieser Welt ist." Alucard verzog grinsend die Mundwinkel. "Anscheinend hat sich jemand genau damit ausführlich befast, sonst hätte dieser Diebstahl niemals statt gefunden und anscheinend wusste derjenige auch genau wo er suchen musste." Sein Blick wanderte zur Kuppel hinauf. " Dabei war das Versteck verdammt gut gewählt, wirklich meine Hochachtung Exzellenz!" Der Pater legte den Kopf in den Nacken. "Ja, für viele, viele Jahre war das ein sicherer Ort gewesen, doch wie schon einmal geschehen, hat es einen Verrat gegeben, aber dieses mal sind die Konsequenzen viel schwerwiegender." Integra löste langsam den Verschluss ihres Oberteils. Sie hatte sich hinter einem der Bilder zurückgezogen um sich dem zu endledigen, was nicht auf dem Bild zu sehen sein sollte. " Also wie steht es mit der ersten Antwort?" rief sie über die Schulter zu Migel hinüber, der dabei war neue Farben anzurühren. " Nun, dazu müsste ich vielleicht ein wenig weiter ausholen, wenn sie mir das gestatten." Integra streifte sich flink den Stoff über den Kopf. " Das macht nichts, ich habe Zeit." "Wenn das so ist." Er griff nach einem schmalen Kohlestift und drehte den Kopf als Integra hinter ihrer Deckung hervortrat. Sie hatte sich eines der Tücher umgeschlungen, welche zahlreich im Raum über den Rahmen verteilt waren. Jetzt setzte sie sich vorsichtig auf den Rand des Sofas. Migel zwinkerte ihr aufmunternd zu. "Entspannen sie sich Integra und seien sie ganz sie selbst." Sie legte den Kopf schief und löste die Enden des Lackens. "Ich bin entspannt, wenn ich die richtige Unterhaltung dazu bekomme." Für einen Moment schien es, als wenn der Vampir ihr nicht mehr zuhörte. Wie hypnotisiert blickte er auf das was er vor sich liegen sah, dann ruckte es kurz durch seinen Körper und er sah ihr wieder in die Augen. "Tja, dann werde ich mein bestes tun um sie gepflegt zu amüsieren." Mit diesen Worten begann er die Leinwand vor sich zu bearbeiten. Italien 1643 Die Kinder rannten lachen und schreiend durch die hallenden Gassen. Geschick schlängelten sie sich durch die dicht gedrängte Menge, die ihnen so manches mal wütend etwas hinter her schrie, doch sie ließen sich nicht beirren. Sie kannten ihren Weg und er führte sie direkt auf den großen Marktplatz der kleinen Stadt auf dem der Wochenmarkt im Aufbau war. Hier zwischen all den Ständen gab es immer etwas abzustauben. Entweder man hatte Glück und fand ein heruntergefallenes Stück Obst oder eine andere Kleinigkeit, die man irgendwie essen konnte. Eines der Kinder, ein Junge mit zotteligen, blonden Haaren und zerlumpten Leinen krabbelte auf allen vieren unter den Bänken hindurch, immer darauf bedacht nicht von den Händlern entdeckt zu werden. Diese hätten nicht lange gezögert und ihn mit Füssen traktiert oder schlimmeres mit ihm gemacht. Geschmeidig wie eine Katze huschte er vorwärts. Die Bande suchte sich für ihre Beutezüge immer den frühen Morgen aus, wenn die Sonne noch nicht ganz aufgegangen war und nur der erste blasse Streifen am Himmel zu erkennen war. Dann waren die Leute noch so mit Aufbauen und Umladen beschäftigt, das sie die fast unsichtbaren Schatten kaum bemerkten. Der Junge griff freudig nach einem vielversprechenden braunen Klumpen vor seiner Nase, doch nach dem er ihn in den Händen hatte stellte sich selbiger als ein eingetrockneten Pferdeapfel heraus, den er achtlos bei Seite warf. Seit zwei Tagen hatte er nichts mehr zu Essen gehabt. Sein weiteres Schicksal hing vom Erfolg dieses Morgens ab, sonst würde er bald nicht mehr die Kraft besitzen auf Streifzüge zu gehen. Er schluckte den zähen Speichel in seinem Mund herunter, mit dem er versuchte das laute Knurren seines Magens zu beruhigen. Er wusste was das bedeutete, er hatte genug Kinder gesehen, denen es ähnlich ergangen war und die am Ende in den dreckigen Rinnsteinen der Häuser einfach umgefallen waren. Von dort aus gab es kein Zurück mehr und schon bald fingen die Raten an sie anzunagen. Dann kam rasch der große, klapprige Pferdewagen, auf denen die Leichen aus den Mauern der Stadt geschafft wurden. Plötzlich klirrte es neben ihm und er warf sich rasch zur Seite. Doch es war keine geschmiedete Klinge, die sich neben ihm in den Stein bohrte, sondern eine silberne Halskette. So ein Schmuckstück hatte er noch nie gesehen und mit staunenden Augen betrachtete er die kleinen funkelnden Edelsteine, die wie Sterne aufgereiht vor ihm lagen. Vorsichtig griff er nach dem Schatz, der in seinen dreckigen, verschmierten Händen noch reiner zu leuchten schien. Da krachte es wieder über ihm, doch dieses mal war es kein Schmuck der über ihn hereinbrach. " Hab ich dich du kleiner lausiger Dieb, du Rabenaas!" Er riss schützend die Hände über den Kopf, als ihn zwei kräftige Männerhände am Genick packten und nach oben zerrten. Wie ein schutzloser Welpe baumelte er in der Luft. "Nein, lass mich los! Ich habe nichts gestohlen! Bitte, ich..!" "Hah! Lügen tut er auch noch! Na, los was hast du da in der Hand du kleine Ratte!" Der Mann, ein Koloss mit Stiernacken und malmenen Kiefer, der ihn gepackt hatte, riss nun seine Hand nach vorne und zwang ihn mit einem brutalen Griff um das Handgelenk seine Faust zu öffnen. Wie ein Lichtschein fiel die Kette zu Boden. "Wusste ich es doch du elendiger Dieb, na warte Bürschchen, dafür wirst du mir bezahlen!" Die menschliche Bulldoge holte schon zum Schlag aus, als eine zarte Stimme ihn in der Bewegung stocken ließ." "Lasst ihn auf der Stelle los!" Die kleine Menge die sich mittlerweile um die Beiden gescharrt hatte wich kurz zur Seite, denn eine schmale Frau in einem dunklen Umhang drängte sich zu ihnen hindurch. Der kostbare Stoff ihrer Kleidung ließ eine edle Abstammung vermuten. Ehrfürchtig und mit einigem Misstrauen wurde sie beäugt, als sie sich nun vor den Riesen hinstellte. " Ich sagte das ihr ihn loslassen sollt!" Das zornrote Gesicht wurde noch eine Spur dunkler, als er sie nun anschrie. "Was glaubt ihr wer ihr sein, kümmert euch um eure Angelegenheiten!" Noch immer war die Stimme der Frau ruhig, doch der Ton war nun eindringlicher und schärfer. "Das tue ich bereits und nun sag ich es euch zum letzten mal, lasst ihn runter und versorgt weiter euren Stand." Der Mann öffnete noch einmal den Mund, doch von einem Augenblick auf den anderen änderte sich sein Gesichtsausdruck. Als wenn der Anblick der Frau ihn plötzlich schlagartig beruhigt hätte, verschwanden die Zornesfalten und ganz langsam setzte er den Jungen auf dem Boden ab. Der konnte sich vor Verblüffung nicht rühren. Der Mann wandte sich kurz darauf wortlos um und die Menge ging leise tuschelnd weiter. Jetzt drehte sich die Frau zu ihm um. Blinzeln sah der Junge in ihre Augen. Noch nie in seinem ganzen Leben, hatte er so eine Farbe gesehen. Ein sattes Violett strahlte ihm aus einem porzellanweißen Gesicht entgegen, umrahmt von haselnussbraunen langen gelockten Haaren. "Alles in Ordnung?" Er nickte. "Wie heißt du?" Er räusperte sich mühsam "Migel!" Sie lächelte ihn an. "Das ist ein schöner Name. Was ist Migel hast du Hunger?" Er nickte. Sie streckte die Hand aus "Dann komm mit mir, ich zeige dir wo du etwas bekommst." Sie blickte kurz zum Himmel hinauf, der sich langsam rosa färbte. "Aber wir müssen uns beeilen, schnell!" Er zögerte nur kurz, dann griff er nach ihren schmalen Fingern und gemeinsam liefen sie über den Markt in einer der engen Gassen hinein. Kapitel 18: Count- Down ----------------------- Alucard griff in die Innentasche seines Mantels und holte die verspiegelte Sonnenbrille hervor. " Das ist also der Grund warum die Männer Iscariots hier sind. Sie und der Geheimbund von Venedig sollen das Staubkorn zurück bringen." "Der Rat der Zehn hat diese Maßnahme beschlossen und wie die Ereignisse zeigen war diese Entscheidung richtig, denn anscheinend verfolgen die Feinde Christi noch weitere Ziele. Sie haben bestimmt von der Explosion gehört nicht war?" Moros weißer Bart zitterte erneut. " Der Mord an dem Stellvertretne Bürgermeister?" fragte Seras und Moro nickte. "Ja und diese Überschwemmung, für die sie uns verantwortlich machen wollten," er sah erneut zu Alucard hinüber, der mittlerweile die Brille aufgesetzt hatte. " Auch das war ihr Werk." "Aber warum haben sie die Obdachlosen getötet?" Der Priester faltete die Hände vor seiner Brust, wobei die weiten Ärmel seiner Kutte, die er trug, in der Mitte zu einem Stück zusammen schmolzen " Nun, ich vermute es ging ihnen nicht um die ganze Gruppe, vielmehr war es ein Mann auf den sie es abgesehen hatten. Franco Berdini war einst auch ein Mitglied unseres Ordens, bis er einen anderen Lebensweg gewählt hatte. So wie es aussieht, sind die Verantwortlichen über uns vollkommen im Bilde und scheuen auch nicht davor zurück unschuldiges Blut zu vergießen." Der schwarzhaarige Vampir drehte sich lächeldn um. " Scheinbar sind die ehemaligen Wächter ein Hindernis für ihr weiteres Vorgehen, aber glaubt ihr wirklich das ein paar gutgläubige Hampelmänner in weißen Karnevalskostümen und ein fanatischer Schwertschlucker die richtige Wahl sind um euch bei diesem Unternehmen hilfreich zur Seite zu stehen?" Integra verlagerte ein wenig das Gewicht um ihre Haltung gemütlicher zu machen. Migel indessen hatte der Vorgrundierung beendet und war nun zu Pinsel und Farbe übergegangen. " Seid ihr bei ihr geblieben?" fragte sie in die Stille des Raumes hinein. Es dauerte ein paar Striche, bis Migel ihr antwortete. " Ja Sibylla, so hieß die junge Frau, führte mich durch die Gassen zu ihrem Unterschlupf, damals dachte ich noch sie und die anderen würden tatsächlich in diesem Kloster wohnen." "Die anderen?" Er lächelte " Nun, die Ewigkeit ist einsam schwer zu ertragen und darum werden sie selten Einzelgänger unter uns finden. Auch Sibylla bevorzugte die Gesellschaft. Die Gruppe bestand aus fünf Leuten. Drei Männer und zwei Frauen. Zwei bildeten jeweils ein Paar nur der Dritte blieb während unserer gemeinsamen Reise in wechselnder Bekanntschaft. Sein Name war Nikolas, ein gutaussehender junger Mann der in der Blüte seiner Jugend das Schattenreich betreten hatte. Sein Charme ließ Frauenherzen höher schlagen, oft genug war er auch der Grund, das diese Schläge rasch verstummten. Die anderen zwei hießen Etien und Iramis. Iramis gehörte zu Amalia, die mit ihrer unbeschreiblichen Eleganz zu verzaubern wusste. Beide fielen durch ihren hellbraunen Teint und ihren kohlrabenschwarzen Haaren auf, die ihre Herkunft erahnen ließ. Später sollte ich erfahren, dass ihre menschliche Wiege einst unter der Sonne Ägyptens stand. Wie sie aber den Weg in die Dunkelheit fanden habe ich nie herausgefunden. Etien hingegen erzählte mir bald von seiner Vergangenheit, in der Kampf und Macht eine wichtige Rolle spielten. Sein grobkantiges Gesicht war von zwei tiefen hässlichen Narben entstellt, die quer von seinem rechten Auge über eine gekrümmte Adlernase bis zum Unterkiefer verliefen, ansonsten war seine Statue groß und muskulös. Er und Sybilla teilten ein Lager auch wenn sie oft genug in heftigen Streitereien ausbrachen. Oft genug war ich der Grund von Etiens Verärgerung. Als Sybilla mich an jedem Morgen zu sich mitnahm war er es der als erster Einwende gegen mich hatte. "Warum hast du ihn mit hierher genommen? Konntest du es nicht wo anders erledigen?" Seine kalten, hellblauen Augen betrachten mich mit der gleichen Wertschätzung, wie die Bauern einen Haufen Dreck ansahen. Sybilla jedoch ging auf seine Frage nicht ein. " Ich konnte gerade noch verhindern, das man ihn vor meinen Augen totschlug." Amalia kniete sich zu mir hinunter. Ihre elfenbeinfarbenen Augen waren warm und weich " Wo sind deine Eltern Junge?" "Ich weiß es nicht, ich kenne sie nicht ich wuchs bei einem Bauern auf, der mich schlug egal für was, ich bin fortgelaufen und seit dem." "Lungert er in den Straßen herum und bestielt ehrenwerte Bürger." Unterbrach Etien sie und wieder traf mich dieser seelenlose Blick, den ich noch zur genüge ertragen sollte. Sybillas Stirn verzog sich vor Zorn. " Willst ausgerechnet du uns etwas über ehrenwerte Bürger erzählen?" Etien sah sie sah sie einen Moment mit funkelnden Augen an, dann wandte er sich ab. " Mir soll es gleich sein, wenn du meinst mit deinem Essen spielen zu müssen, aber ich sage dir eins bei uns kann er nicht bleiben." Damit verschwand er durch eine Tür, hinter der anschließend das heftige knarren von Holztreppen zu hören waren. Ich wusste nicht was ich machen sollte, doch Sybilla schien seinen klaren Worten keine Beachtung zu schenken. Mit einem strahlenden Lächeln reichte sie mir erneut die Hand. "Komm Migel hab heute beginnt ein neues Leben für dich wenn du es willst." Der kleine Priester neigte fragend den Kopf, als wenn er Alucards Worte nicht richtig verstanden hatte. " Glaubt ihr das ihr dazu eher im Stande wäret?" Der Vampir blickte zu Seras hinüber, die immer noch damit zu tun hatte, das gerade gehörte zu verarbeiten. " Nun, ich will uns ja nicht zu sehr rühmen, aber ich denke, das wir uns mit aussichtslosen Situationen auskennen. Sie können ja mal ihren blonden Märtyrer fragen, wie hartnäckig wir sein können, wenn wir uns erst mal in etwas verbissen haben." Fast sah es so aus, als wenn Moro lachen musste. "Ich befürchte nur, das Paladin Anderson so seine Schwierigkeiten damit haben wird, wenn ich mich auf ihr Hilfsangebot einlasse." Alucard zuckte kurz mit den Schultern, dann wandte er sich plötzlich zum gehen. Ein Nicken in Seras Richtung ließ die Vampirin wissen, das ihr Meister hiermit das Gespräch für beendet hielt. Bevor sie aber durch den Hauptbogen in Richtung Eingang zurück gingen, warf er noch rasch einen Blick über die Schulter. " Die Entscheidung liegt ganz bei ihnen Eminenz, aber sie sollten nicht zu lange warten. Sie wissen doch wie das mit der Zeit ist, sie zerrinnt wie Sand in unseren Händen." Integra spürte den Hunger erwachen, doch ihre Neugierde behielt immer noch die Oberhand. " Was geschah dann, ich meine anscheinend hat sie, sie an diesem Morgen noch nicht vor die Wahl gestellt oder?" Migel grinste über den Rand der Leinwand hinweg zu ihr hinüber. " Nein, dieser Moment sollte erst viele Nächte später folgen. Sybilla wiedersetzte sich Etiens Einwenden Riegeeros und erwählte mich fortan als neues Mitglied ihrer Gemeinschaft. Hätte ich von Anfang an gewusst das ich als Schaf unter einer Herde von Wölfen lebte, wäre ich wahrscheinlich schon bei erster Gelegenheit geflohen. Doch meine neue Familie hielt die unheimliche Wahrheit lange vor mir verborgen. Die fünf waren ohnehin Meister der Tarnung und Täuschung. Offiziell reisten sie als Musiker durch die Städte Italiens und verstanden es die Menschen mit ihrer Kunst zu verzaubern.. Iramis war ein begnadeter Sänger und seine Frau stand ihm darin in nichts nach. Zusammen verwandelten sie jede Arie in eine unvergessliche Reise der Sinne. Ich selbst konnte von ihren Stimmen nicht genug bekommen und freute mich auf jede Vorstellung die sie gaben. Dabei war das bei weitem nicht alles worauf sie sich verstanden. Sybillas Leidenschaft galt der Malerei und ihre Bilder hingen nach dem wir eine Gegend verlassen mussten, als bleibende Erinnerung an vielen bedeutenden Wänden. Nicolas war für unsere, heute würde man es wohl Promotion nennen, zu ständig. Er und sein unglaublicher Charme waren bei allen Veranstaltungen der Obrigkeiten sehr geschätzt und so war unser Publikum und unsere Unterkunft immer gesichert." Integra lächelte "Anscheinend haben sie sich viel von ihm abgeguckt." Migel senkte nachdenklich den Blick. "Oh ja, ich lernte rasch, wie wichtig ein gutes Auftreten ist und wie gut dieses einem alle Türen öffnet. Etien hingegen verabscheute die Konversation mit den Sterblichen. Er mied die Gesellschaft, wo immer er konnte und oft genug zwang er Sybilla mit ihm alleine zurück zu bleiben, wenn die anderen und ich in das Nachtleben der Städte eintauchten, in denen wir uns gerade befanden. Doch oft genug nahm sie mich als Vorwand um seinen Fesseln zu entfliehen. Sie nahm sich meiner an und sorgte ab sofort dafür, das ich so etwas wie eine Erziehung bekam. Ich lernte lesen und schreiben und von Iramis die Liebe zur Musik. Er brachte mir das Geigespielen bei. Ich bewundere ihn heute noch für seine Geduld." Erneut griff er zu einer Holzplatte und fing an Farbtöne zu mischen. Integra zögerte eine Sekunde, bevor sie die nächste Frage stellte. " Was für eine Rolle spielte Etien innerhalb dieser Gemeinschaft? Ich meine was für Fähigkeiten besaß er?" Der Pinsel fing erneut an zu tanzen. " Etien besaß wohl schon als Mensch einen schwierigen Charakter, als er aber zu einem Kind der Nacht wurde, übernahm der Dämon in ihm rasch seinen Geist und ließ dem Rest seiner Seele keinen Platz mehr. Nur so kann ich mir sein aufbrausendes, rücksichtsloses und oft genug einfach nur grausames Verhalten erklären. Es machte ihm Spaß andere zu verletzten und manchmal hatte ich den Eindruck, dass ihn der Schmerz, den er jemanden zufügen konnte, seinen toten Körper mehr nährte, als das Blut das er raubte. Keiner der übrigen Vampire ließ mich auch nur einen Augenblick mit ihm alleine. Sie wussten wohl was er mit mir anstellen würde, wenn er nur die Chance dazu bekäme. Es war nicht nur die Tatsache, dass ich ein nutzloser Mensch war, vielmehr war es wohl die Wut darüber, dass Sybilla mir mehr Aufmerksamkeit schenkte als ihm und das mit jedem Tag den ich bei ihnen war. So vergingen die Jahre und ich wuchs in ihrer Mitte ohne wissen, welches Schicksal für mich bestimmt war. Das die fünf bei Tage schliefen und ich sie niemals essen oder trinken sah erschien mir damals nicht allzu ungewöhnlich, da sie nachts oft bis in den Morgen hinein ihre Vorstellungen gaben und ich oft genug schon während des letzten Musikstücks einschlief. Aber eines Nachts, ich war bereits zu einem jungen Mann herangewachsen, sollte Etien doch noch seine Chance bekommen. Wir waren zu der Zeit gerade in einem Vorort Roms. Iramis, Amalia und Sybilla wollten alleine die Straßen der ewigen Stadt erkunden. Nicola sollte wohl bei mir bleiben, doch Etien war es gelungen seine Aufmerksam auf eine junge Frau zu lenken, die er aufgetrieben hatte und mit der, war der Vampir genug abgelenkt. Ich weiß noch, wie ich verbissen mein Seiteninstrument bearbeitete. Wir waren mal wieder bei gönnerhaften Freunden untergekommen, die Nicolas versicherten, dass wir in ihrer Unterkunft so lange verweilen durften wie uns beliebte. Ich war ganz in mein Üben vertieft, so das ich sein Eintreten gar nicht bemerkte, doch dann riss mich seine eiskalte Stimme aus meiner Welt. " Sieh an, sieh an, der kleine Wurm übt mit einer Besessenheit, wie ein Eichhörnchen Nüsse sammelt, kurz bevor der Uhu es holt." Ich muss gestehen, ich fühlte mich in diesem Moment wirklich wie eine Maus in der Falle, zu mal ich wusste welchen Groll dieser Mann gegen mich hegte. Als er auf mich zu kam, beide Arme hinter dem Rücken verborgen, spürte ich wie die Furcht meinen Rücken hinauf glitt, wie eine feuchte kalte Schlange. Das gemeine Grinsen, was seine Lippen verzerrte, zusammen mit den grobknotigen Narben ließen sein Gesicht zu einer gruseligen Maske werden, die mit langsam federnden Schritten auf mich zu ging. " Und Migel wie gefällt dir dein Leben in unserem Schoss? Ein Gefühl wie die sprichwörtliche Made im Speck nicht war?" Der Stoff seines Hemdes spannte sich über seiner Brust als er nun vor mir stand. Er war ungefähr einen Kopf größer als ich und gegen ihn wirkte mein schlaksiger Körper wie ein dürrer Ast. " Wie glaubst du soll das hier mit dir weiter gehen?" zischte er plötzlich und das eisige Blau seiner Augen begann sich zu verdunkeln. Ich weiß noch, wie mich diese merkwürdige Verwandlung verblüffte. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden, als seine gehässige Stimme in meinen Ohren hallte. " Du armseliger kleiner Mensch, was glaubst du was du für sie bist? Ich werde es dir sagen, nichts weiter als ein Spielzeug, das sie zerstören wird, sobald es sie langweilt und glaube mir das wird nicht mehr lange dauern. Du bist nicht der erste und wirst auch wohl nicht der letzte sein. Sie ist wie eine Hündin, der man zu früh die Welpen entrissen hat und die darum alles verhätschelt was in ihre Nähe kommt." Seine riesigen Pranken legten sich auf meine Schultern und ich spürte einen brutalen Druck, der meine Knochen zu sprengen drohte. "Nichts weiter als ein wachsendes Gefäß, das den Hunger stillen kann." Dann war sein Kopf auf einmal an meinem Hals und noch ehe ich reagieren konnte ertönte die gellende Stimme von Sybilla vom Eingang herüber. " Wage es nicht ihn anzufassen!" Dann stand sie auch schon vor mir und mit einem heftigen Stoß warf die Etien nach hinten von mir fort. Er knurrte wie ein gereiztes Tier, doch dann tauchten auch Iramis und Amalia auf und Etien verhielt sich ruhig. Ich jedoch spürte mit einem Schlag die Furcht zurückkehren, die meinen Körper zum Schütteln brachte. Sybilla packte mich nun ebenfalls an den Schultern, doch im Gegensatz zu Etien war ihr Griff beruhigend und zärtlich. " Schon gut Migel, ich bin hier, dir kann nichts mehr geschehen." Dann zog sich mich von meinem Stuhl und brachte mich aus dem Raum, fort von dem grausamen Monster, das mich noch bis zur Tür mit seinen wilden Augen verfolgte. Alucard summte leise vor sich hin, als er und Seras durch die dunklen Straßen zurück zum Theater gingen. In Seras Kopf kreisten die Gedanken. Das erste Sandkorn dieser Welt Hunderte, vielleicht Tausende von Jahren an diesem Fleck behütet und nun geraubt, aber von wem? "Das rauszufinden wird unsere Aufgabe sein. Und ich dachte wirklich wir würden Urlaub machen." Alucards Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. Seras hob skeptisch eine Augenbraue. " Ihr habt das doch schon lange gewusst, nicht war Meister? An dem Abend wo wir Schach spielten und die Nachrichten im Fernsehen...." "Du bist nicht zu Überlisten Seras." Unterbrach er sie lachend. "Wirklich, du hast was in deinem zarten Köpfchen, was man nicht unterschätzen sollte." Kapitel 19: Time of Sorrow -------------------------- Integra fuhr mit leichter Unruhe über die samtbezogene Armlehne des Sofas auf der sie lag. Scheinbar wurde das Tier in ihr immer stärker, denn sie glaubte den Geruch des köstlichen Saftes nach dem ihr Hunger verlangte schon riechen zu können. Ihre Augen glitten durch den Raum, doch Nirgends war die Spur einer Flasche oder sonst eines Gefäßes zu erkennen, von wo her der Duft hätte herrühren können. Migels Stimme riss sie aus ihren Gedanken. "Nach diesem Erlebnis veränderte sich mein Leben schlagartig. Meine Furcht vor Etien wuchs mit jeder Stunde die ich bei ihnen war und nicht einmal die Musik oder Sybillas Anwesenheit und Liebkosungen konnten mich mehr ablenken. Ständig befürchtete ich das er erneut irgendwo auf mich lauerte. Dabei war ich selbst von der Stärke diese Angst überrascht und manchmal glaubte ich dadurch langsam den Verstand zu verlieren. Ich merkte wie sehr Sybilla mein Verhalten schmerzte, doch ich konnte nichts dagegen tun. Die Furcht hatte mich fest in ihrer dunklen Hand. Irgendwann schien Sybilla sich für diesen Schritt entschieden zu haben, vielleicht konnte sie meinen Schmerz nicht länger ertragen. Es geschah an einem wunderschönen Frühlingsmorgen. Die Sonne war gerade dabei ihr strahlendes Antlitz über den schmalen Horizont zu erheben und ich lag auf meinem Bett und dämmerte vor mich hin. Meine halbgeschlossenen Lider beobachteten das makellose Schauspiel das sich vor mir zwischen den Rahmen der weit geöffneten Fenstern vollzog und das mich schon mein ganzes Leben lang fasziniert hatte. Für mich gab es nichts schöneres und reineres als das erste funkelnde Licht des Tages und wie es alles was es beschien mit einem unverwechselbaren Glanz verzauberte, als wäre es gerade neu geboren. Ich bemerkte somit zu nächst nicht den Schatten an der Wand, der im Schutz der Mauern das offene Fenster meidend zu meinem Bett hinüber geglitten kam. Dann auf einmal schlossen sich die hölzernen Fensterläden mit einem Schlag, als wenn ein heftiger Wind an ihnen gezerrt und sie von außen zu geblasen hätte. Ich fuhr erschrocken hoch, doch dann hörte ich plötzlich Sybillas beruhigende Stimme neben mir. " Hab keine Angst Migel, ich bin es. Es wird dir nichts geschehen." Mein Kopf fuhr herum und da lag sie, wie aus dem Nichts erschienen, eingehüllt in einem dünnen Umhang, dessen weite Kapuze über ihre Schulter hing und damit ein Stück ihrer nackten Schulter frei gab. Zum ersten mal fiel mir auf, wie zart und weiß ihre Haut war und wie zerbrechlich sie wirkte. Ihre langen Haare fielen wie ein gewellter Schleier um ihr kleines Gesicht, dessen Mund zu einem weichen Lächeln verzogen war. Sie legte den Kopf schief. " Die Furcht vor ihm raubt deiner Seele den Frieden , mein Herz und ich kann nicht länger mit ansehen wie du langsam unter ihr zerbrichst." Ihre Hand streichelte mein Gesicht, wie sie es schon so oft getan hatte. Doch dieses mal fühlte es sich anders an. Ich schloss die Augen und mein Körper genoss ihre Berührung, als wenn ihre Haut die Angst einfach wegwischen könnte und das tat sie. Ich wusste nicht,wie es geschah, doch jede Stelle, die sie berührte, schien danach wie aus einer quälenden Lähmung befreit und alle übrigen Fasern meines Körpers sehnten sich nach der Gleichen Befreiung. Ich riss sie an mich und noch bevor sie etwas sagen konnte, presste ich meine Lippen auf ihren halbgeöffneten Mund, der sich darauf hin meinen stürmischen Liebkosungen hingab. Sie schlang ihre Beine um mich und ich hielt ihren Kopf in meinen Händen. Kurz öffnete ich die Augen um ihr verzücktes Gesicht in mich aufzunehmen und ihre violetten Augen blitzten wie schimmerndes Glas zu mir auf. " Du musst mir noch einmal vertrauen Migel, nur ich kann dir die Kraft geben ihn zu besiegen. Dich und mich von ihm zu befreien." Ich wusste nicht, wo von sie sprach, aber das war mir auch egal, ich küsste sie erneut und dann zeriss ich ihren Umhang. Der Anblick der sich vor mir auftat überwältigte mich und raubte mir endgültig den Verstand. Ich wusste nicht was ich tat, Sybilla dafür um so mehr. Sie verführte mich, nahm mir alle Scheu, die mich daran hinderte sich mit ihr zu vereinen. Die Kühle ihres Fleisches überraschte mich zu erst, doch mir blieb keine Zeit mehr.... Als ich sie hoch hob umklammert sie meinen Nacken und dann spürte ich einen schneidenden Schmerz, der mich aufschreien ließ. Etwas warmes glitt meine Schulter hinunter und bahnte sich einen Weg hinunter zu meinen zitternden Händen. Sybilla warf ihren Kopf zurück und ich sah ihre aufgerichteten Fangzähne an denen mein Blut zähe Fäden zog. Ihre Augen waren schmal wie die einer Katze. " Das ist der Anfang Migel, der Anfang eines neuen, unbeschreiblichen Lebens. Du und ich sind Auserwählte, die das Präfileg besitzen der Zeit den Rücken zu zukehren. Alles was du dafür tun musst ist dich dafür zu entscheiden, jetzt und hier." Ich hörte mein Herz, mit schweren Schlag gegen meine Rippen pochen und immer noch rannte der dunkelrote Steifen meinen Arm hinunter. Zitternd griff ich nach ihrem Kinn und mein Daumen wollte das Blut fortwischen, aber ihr Mund schnappte gierig nach ihm und in diesem Moment fällte ich meine Entscheidung. Sie nahm mir das letzte Stück meines menschlichen Lebens und schenkte mir dafür ihres. Als ich ihre Unsterblichkeit kostete, löste sich die Welt auf und entließ mich in die immer währende Dunkelheit. Alucard leises Pfeifen verstummte abrupt als er und Seras über eine kleine Brücke liefen. Seras wandte überrascht den Kopf, als sie sah, wie ihr rotäuiger Meister sich über das Brückengeländer beugte. "Was ist, was habt ihr Meister?" Grinsend drehte er sich zu ihr um. " Wenn man Antworten auf offene Fragen haben will, sollte man sie da suchen wo niemand sie vermutet". Damit krümmte er den Rücken und vor Seras Augen verbog sich sein roter Körper zu einem geschmeidigen, schuppigen Leib der sich mit einem gewaltigen Satz in das kühle Nass des Kanals fallen ließ. "Warum ist sie nicht bei ihnen geblieben?" Langsam wurde der Hunger unerträglich, aber Migels Pinsel tanzte unaufhörlich weiter. Nur seine Stimme hatte auf einmal einen merkwürdigen dumpfen Klang. " Als ich Sybillas Angebot annahm ihr in die Ewigkeit zu folgen, dachte ich das sie es aus Liebe zu mir tat, dass sie mich damit vor Etien retten wollte, aber ich wurde bald eines besseren belehrt. Nachdem ich in der folgenden Nacht zu neuem Leben erwacht war, erzählte mir Sybilla ihre Geschichte. Ihr menschliches Leben war von wenig Licht beschienen. Sie war das Kind einer gefallenen Dienstmagd die ihr Glück im Bett ihres Herrn gesucht hat. Zum Dank jagte er sie mit dem Kind von Hof. Sybilla wuchs darauf hin in einer Welt auf, in der billiger Wein und betrunkene, einsame Männer die Hauptrolle spielten. Mit ihrer Mutter geschah das was mit allen Frauen in dieser Zeit passierte, den es ähnlich ergangen war. Für die Gesellschaft existierten sie nicht mehr und der einzige Platz der ihnen blieb, war der in der Gosse. Sybillas Schicksal schien damit besiegelt zu sein und darum war sie für Etien ein leichtes Opfer, als er sie eines Nachts fand. Sybilla war in jener Stunde dabei ihr unangesehenes Geschäft zu verrichten. Sie müssen sich vorstellen dass man dazu nicht ein mal ein schmutziges Lager hatte, da man als Dirne nicht wollte das die Männer wussten wo man seine schutzlosen Tage verschlief. So erledigte man die unangenehmen Dinge in mehr oder weniger einsamen Gassen und Ecken und hoffte dabei nicht von den Wachen des Ortsvorstehers entdeckt zu werden. Aber in Sybillas Fall war es kein Bewaffneter Soldat der sie überraschte und ihrem potentiellen Kunde die Kehle aufriss. Etien stellte sie wie alle vor die Wahl fortan mit ihm zu gehen und ihrem alten Leben zu entfliehen oder dem toten Kaufmann vor ihren Füssen auf gleichem Wege zu folgen. In Anbetracht dieser zwei Möglichkeiten ist ihre Entscheidung nicht schwer nach zu vollziehen. Was sie allerdings nicht wusste, dass sie dem Teufel höchst persönlich in die Arme gelaufen war. Etien nahm sich genauso brutal was er wollte, wie zu vor ihre Freier, nur mit dem Unterschied, das es aus dieser Hölle nun mehr keinen Ausweg mehr gab. Bis dahin fühlte ich mit ihr, ihren Schmerz und versprach sie aus den Fesseln ihres Peinigers zu befreien, denn es gibt nur zwei Wege sich von der Bindung seines Schöpfers zu befreien, entweder er schenkt einem mit dem zweiten Tropfen aus seinen Adern den offenen Weg oder sein endgültiger Tod zerreißt das Band. Ich sah darin gleichzeitig die Chance mich selbst für all die Demütigungen an diesem Mann zu rächen. So beschloss ich in meinem heißblütigen Leichtsinn, die nächste Nacht abzuwarten um ihn zum Kampf zu stellen. Bis dahin verbarg ich mich in den Schatten der Stadt um meinen toten Körper mit dem zu füttern, wonach er gierig verlangte. Meine Ansprüche waren in dieser ersten Nacht noch nicht sehr hoch und somit war mir jedes Opfer recht, dessen Schicksal meinen Weg kreuzen ließ. Ich hatte mich regelrecht in einen Rauch getrunken, als ich am Ende der Nacht von Raserei getrieben den Weg zu unserem Unterschlupf hinaufeilte um meinem Hass endlich zu entladen. Doch zu einem Kampf wie ich ihn mir vorstellte, sollte es nicht mehr kommen. Als ich wutentbrannt in den Wohnraum stürmte, empfing mich dort eine unheimliche Stille, in der nur das Geräusch des Windes zu hören war, der durch die geöffneten Fenster hineinwehte und das Häuflein Staub umherwirbelte das sich vor meinen Füssen auftürmte. Es klang wie ein leises Wispern, als die ruhelosen Körnchen über das glatte Holz des Bodens tanzten und um meine Beine strichen. Für einen Moment war ich von dem Anblick verwirrt, als mich erneut Etiens durchdringende Stimme zusammenfahren ließ. "Alles um uns herum ist im Anbetracht der Zeit dem Untergang geweiht, zerfällt in unseren Händen zu feinem Staub." Er stand im Schatten der Tür, aus der er jetzt trat. Wieder hatte er dieses dämonische Grinsen im Gesicht, doch dieses mal jagte es mir keine Angst ein. Nur eine merkwürdige Spannung baute sich in mir auf, die meine Glieder leicht zittern ließen. Seine Schritte hallten dunkel von den hohen Wänden des Raumes wieder und der Staub auf dem Boden wich vor seinen Stiefeln zurück, als ob er sein Kommen ahnte. Ich war immer noch wie erstarrt, als er erneut anfing zu sprechen. " Ist es nicht ein herrliches Gefühl zu den Auserwählten zu gehören Migel? Ein Kind Kains zu sein, dessen Privilegien sein eigen nennen zu dürfen ohne dafür einen sonderlich hohen Preis gezahlt zu haben?" Wir standen uns jetzt Auge in Auge gegenüber. Seine massige Gestalt warf einen dunklen Schatten auf mich. " Jetzt ist die Frage, ob es sich mit deiner Dankbarkeit genauso verhält wie mit ihrer." Er streckte den Arm aus und beschrieb in einer lässigen Geste einen weiten Halbbogen in Richtung Boden. " Ich habe ihr ein neues Leben geschenkt und zum Dank dafür versuchte sie mich zu betrügen." Er schüttelte unter leisem Lachen den Kopf. In meinen Ohren klang es wie drohender Donner. " Wie konnte sie nur glauben, das ich mir von ihr auf der Nase rumtanzen lasse." "Wo ist sie!" schrie ich ihn an. Er hob mit gespielter Überraschung den Blick " Ich habe ihr die Freiheit geschenkt, nach der sie immer verlangt hat. Jetzt kann sie gehen wohin sie will, oder besser wohin der Wind sie trägt." Plötzlich frischte es von draußen auf und mit einem leisen Surren rauschten die Körner empor und bildeten für ein paar Sekunden eine dichte Wand zwischen uns hinter der Etien wieder anfing dröhnend zu lachen. Ich hob die Hand um meine Augen zu schützen, als ich seine Faust im Gesicht spürte. Polternd fiel ich zu Boden, doch bevor ich mich erholen konnte packte er mich erneut und schleuderte mich quer durch das Zimmer. Krachend flog ich in eine Gruppe von Stühlen, die unter meiner Wucht kreischend zerbrachen. "Auch wenn ich deinen Tod anders vor Augen hatte, wird es mir dennoch ein Vergnügen sein, dich endlich auszulöschen!" Zu meiner Überraschung fühlte ich keinen Schmerz, aber ich hatte kaum Zeit mich aufzuraffen, denn wie ein Blitz war Etien zu mir hinüber geglitten um mich erneut zu bearbeiten. Ich wusste nicht wie ich mich gegen dieses Tier wehren sollte, das mich zu zerreißen drohte, in meiner Not griff ich nach dem erst besten Gegenstand den ich erreichen konnte um mich damit zu verteidigen. Ich hatte eines der zerbrochenen Stuhlbeine erwischt, bevor ich richtig darüber nachdenken konnte riss ich es nach vorn und Etiens gewaltiger Brustkorb, der sich über mir auftat nahm ihn knirschend in sich auf. Zu erst dachte ich, dass auch er keinen Schaden davon tragen würde, doch sein Gesichtsausdruck veränderte sich beim Anblick des Holzpfahles, der nun aus seinem Gewand stach. Das breite Grinsen verschwand und blankes Entsetzten trat in seinen weit geöffneten Augen. "Nein!" keuchte er noch, dann geschah etwas unheimliches. Vor meinen Augen färbte sich sein Körper asch-grau und zerfiel, wie eine einstürzende Sandfigur, in tausend winzige Körnchen. Seras blickte ungläubig in das schwarze Wasser, das nach dem es über Alucard zusammen geschlagen war, wieder ruhig dalag. "Meister?" rief sie in Gedanken. " Nur Mut Seras, es wird endlich Zeit, das du deine Fähigkeiten nutzt, die ich dir geschenkt habe." Sie riss überrascht den Kopf hoch. Was meinte er damit? Was für Fähigkeiten? Dann spürte sie wie auf einmal ihre Beine nach gaben und bevor sie reagieren konnte verlor sie das Gleichgewicht und stürzte nach vorn. Integra senkte betroffenen die Augen, nach dem Migel geendet hatte, war eine Pause eingetreten, in der nur das leise Zischen der Kerzen um sie herum zu hören war. Sie räusperte sich. " Das muss furchtbar gewesen sein, als sie plötzlich wussten, was mit ihr passiert war." Migel nickte zögernd, das Grün seiner Augen schien von ihnen heraus zu erstrahlen. " Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß was weiter mit mir passiert wäre, wenn Nicolas mich nicht wenig später gefunden hätte. Ich hatte mich auf dem Boden zusammen gekauert und versuchte die Asche mit meinen bloßen Händen aufzuheben, doch der Staub rannte mir immer und immer aus den Fingern. Nicolas zerrte mich grob nach oben. " Es ist vorbei Migel, du kannst nichts mehr für sie tun. Hör auf damit!" Ich stieß in von mir weg. Der Schmerz in meiner Brust nahm mir die Kraft zu antworten, doch Nicolas redete schon weiter. " Du hättest sie nicht retten können, du solltest von hier verschwinden bevor Etien dich findet!" Ich lachte bitter auf. " Vor ihm braucht ihr euch nicht mehr zu fürchten oder ängstigt euch der Anblick von wertlosen Staub?" Er sah mich ungläubig an und richtete dann den Blick auf den Boden um sich herum. "Wie hast du das gemacht? Ich meine, wie konntest du?" Wortlos bückte ich mich nach dem Stuhlbein, dass dort niedergefallen war, wo Etien als letztes gestanden hatte und reichte es ihm. Plötzlich stahl sich ein Lächeln auf Nicolas Gesicht, als er mit den Fingern über das glatt gehobelte Holz strich. "Hat er doch tatsächlich nach so langer Zeit seinen Meister gefunden und ich könnte wetten, das er niemals geglaubt hätte, das du derjenige sein solltest." Er legte erneut seine Hand auf meine Schulter. " Du magst erst eine Nacht lang dein neues Dasein fristen, doch hast du schon die bittersten Regeln unsere Gemeinschaft kennen lernen dürfen. Glaub mir auf den Flügeln der Zeit verfliegt alle Traurigkeit und Zeit hast du ab heute mehr als genug." Damit verließen wir die Stube und damit die letzten Reste von Sybilla und Etien die auf den Schwingen des Windes nach und nach hinaus in den neuen Tag geweht wurden. Kapitel 20: Ordal ----------------- Hallo ihr Lieben, sorry für die kurzen Kapitel, aber mein Praktikum hält mich ganz schön auf Trapp. Ich versuche mein Bestes und hoffe ihr verzeiht mir. Man kann es ja positiv sehen, so hält der Genuss ein bisschen länger. Vielen Dank für euer Verständnis. Eure Daedun Das kalte Wasser kitzelte auf ihrer Nase. Seras hatte ihre Augen zugekniffen, nach dem sie über das Brückengeländer gerutscht war und die schwarze Flut sie wie ein geschmeidiges Tuch aufgefangen hatte. Wieder hörte sie ihren Meister, sein Lachen klang gedämpft in ihren Ohren. " Wovor fürchtest du dich? Die Elemente sind nicht länger eine Grenze, im Gegenteil sie gehorchen dir." Dann durchfuhr ein merkwürdiges Brennen ihren Körper. Überrascht riss Seras den Mund auf, doch das bereute sie im nächsten Augenblick schon wieder. Der bittere, salzige Geschmack ließ sie angeekelt das Gesicht verziehen, aber was war das? Sie stutzte, etwas stimmte mit ihrem Gesicht nicht. Es war plötzlich steif wie eine Maske und auch der Rest ihrer Körpers veränderte sich rasch. Ihre Arme und Beine verschmolzen mit dem Rumpf, der immer schmaler wurde und sich mit ruckartigen Bewegungen durchs Wasser vorwärts wand. Jetzt endlich öffnete sie ihre Augen und trotz der Finsternis um sie herum, hatte sie das Gefühl alles glasklar zu sehen. Sie wand sich an einer algenbewachsenen Mauer entlang, deren alte Steine wie zerbröckelte Zahnruinen durch die grünen Pflanzen ragten. Vor ihr konnte sie das rotschimmernde Ende ihres Meisters erkennen, der unaufhörlich vorwärts drängte. "Es ist fertig!" erleichtert setzte sich Integra auf und griff nach den Enden des Tuchs. Während sie es sich wieder um den Körper wickelte ging sie langsam zu der Leinwand hinüber, hinter der Migel sich an einem Lappen die Hände säuberte. Als ihr Blick auf das fertige Bild fiel, überlief sie ein eisiger Schauer. Darum rebellierte ihr Hunger! Sie hatte sich nicht geirrt. Sie glaubte den Geruch von Blut in der Nase zu haben und jetzt wusste sie auch woher er kam. Die Intensität der Farbe, die ihr in die Augen sprang, war unbeschreiblich. Die verschiedenen Rottöne griffen ineinander, wie die passenden Stücke eines Puzzelspiels und verliehen in ihrer Gesamtheit dem entstandenen Gemälde sein einzigartige Ausstrahlung. Ihr Körper, der sich wie ein Schatten aus den unterschiedlichen Tönen herausbildete schuf zu der vollkommenden Harmonie den passenden Kontrast. Migel wandte sich kurz ab, dabei fragte er " Und gefällt es ihnen?" Integra blickte immer noch wie hypnotisiert auf ihr eigenes Abbild. "Es ist wundervoll." Der Vampir drehte sich lächelnd um. " Ich versuche bei Portraits immer die Farbe zu finden aus denen in meinen Augen die Person besteht, die ich gerade male. In ihrem Fall..." Integra streckte eine Hand aus und ihre Fingerspitzen berührten leicht die noch nicht ganz getrocknete Farbe. Der Geruch wurde noch eine Spur stärker. " Die Frage ist, ob ich schon immer aus dieser Farbe bestanden habe." Plötzlich wurde Migels Gesichtsausdruck ernst. " Die Antwort darauf kennen sie doch bereits..." "Hier hinein!" Auf einmal war Alucard aus ihrem Blickfeld verschwunden und Seras wäre fast an ihm vorbei gerade aus weiter geschwommen, doch sie konnte gerade noch wie er einen scharfen Linkshacken schlagen. Vor ihren Augen tat sich der vermoderte Rahmen eines alten Fensters auf, das schon seit sehr langer Zeit unter Wasser zu liegen schien. Die Algen hatten sie wie lange Bindfäden um das verrottete Holz geschlungen, zwischen denen sie nun in das Innerer des Hauses schwamm. Nach dem sie ihren schmalen Körper durch die Reste des vermoderten Holzes gezwängt hatte, sah sie sich neugierig um. Sie waren in einem alten Kellerraum gelandet, der sich bis unter die Decke mit schlammigen Wasser gefüllt vor ihnen ausbreitete. Dort wo einst eine Tür in den nächsten Raum führte, klaffte jetzt eine dunkle Öffnung durch die ihr Meister weiter drängte. Sein roter, dicker Leibe wirbelte auf und ab, als wenn er zu einer unsichtbaren Musik tanzen würde und Seras viel die Melodie ein, die er auf dem Heimweg vorhin die ganze Zeit vor sich hin gesummt hatte. Sie befanden sich jetzt wohl in einem Flur, denn in den Wänden um sie herum taten sich immer mehr alte Türrahmen auf, bis sie den Fuß einer Treppe erreicht hatten. Die Stufen waren bis auf wenige Reste nicht mehr existent, doch über ihren Köpfen drang plötzlich der matte Schein von Licht zu ihnen hindurch. Alucards schmaler Kopf wandte sich zu ihr um und sie konnte endlich sein Gesicht sehen. Auch wenn ihr jetzt der Schädel einer Schlange entgegen grinste, die Augen waren unverkennbar. Die roten Monde strahlten auch unter Wasser wie Scheinwerfer, als er jetzt das riesige Maul öffnete und die dolchartigen Fänge gefährlich aufblitzten. Dann zog sich sein Körper mit einem mal zusammen und wie eine aufgezogene Sprungfeder schnellte er plötzlich nach oben. Seras war für einen Augenblick völlig überrascht, dann beeilte sich ebenfalls nach oben zu kommen. Das Licht wurde immer stärker und stärker und dann schoss ihr Kopf durch die verschwommene Oberfläche. In ihren Ohren ertönte ein markerschütterndes Geschrei, das von einer Plattform direkt vor ihr herrührte. Mit weitaufgerissenen Augen sah sie schwere Stiefel vor sich, die einen wilden Tanz zu vollführen schienen, doch es war keine Musik, die den Mann, der in den Schuhen steckte, dazu motivierte sich hektisch hin und her zu schmeißen. Der Grund dafür war wohl eher die zwei Meter große Schlange, die sich wie ein straffes Seil um den Oberkörper des Mannes gewickelt hatte und den Hals ihres Opfers mit ihren scharfen Zähnen bearbeitete. Blut bespritzte die feuchten Wände um sie herum, als das Geschrei des Mannes abrupt abstarb und sein lebloser Körper polternd auf die Knie fiel. Seras spürte wie sich ihre Arme wieder aus ihrem Leib lösten und bemühte sich rasch aus dem Wasser auf die Plattform zu kommen. Auch Alucard begann sich wieder zurück zu verwandeln, wobei er nicht davon abließ dem Mann weiterhin den köstlichen Saft zu entziehen. Seras Mund wurde bei dem Anblick plötzlich staubtrocken und sie versuche rasch den Anfall von Verlangen hinunter zu schlucken, doch wieder schienen sich unsichtbare Fäden um ihre Handgelenke zu wickeln. Alucards ließ von seiner Mahlzeit ab und sein schwarzer, schattenhafter Kopf rotierte auf seinen Schultern zu ihr herum. " Da sind noch weitere Seras, die darauf warten unsere Bekanntschaft zu machen." Seras Lippen entfuhr ein leises Stöhnen, als ihre Beine sie davon trugen. Die Plattform, führte in einen schwach erleuchteten Gang hinein aus deren Tiefen der unwiderstehliche Klang von dumpf schlagenden Herzen ertönte. "Lass uns ein bisschen einfallsreich sein und sie einfach mal überraschen!" kicherte ihr Meister leise und wieder begann sich ihr Körper auf magische Weise zu verändern. Er wurde mit einem mal leicht wie eine Feder und als sie an sich herunter sah, war da nichts mehr, als der blass Umriss ihres eigenen Schattens, der nun wie ein Käfer zusammen mit Alucards die schwarzen Wände entlang krabbelte. Die beiden Männer, in ihren grünen Kampfanzügen, die nur kurz ein paar belanglose Sätze gewechselt hatten, holte der Tod rasch und ohne viel Lärm dabei zu machen. Der Erste fühlte nur ein kurzes Ziehen an seinem Hals, das sich rasch über seine Schulter ausbreitete und ihm innerhalb von Minuten das Bewusstsein raubte. Der Zweite hatte weniger Glück. Ihn zeriss der rote Schatten, der sich mit einem mal über seine Brust gelegte hatte wie ein schneidendes Messer die Rippen. Ungläubig blickte er an sich hinunter, als seine Eingeweide langsam, der Schwerkraft folgend, nach unten sackten. Doch es folgte ihnen kein einziger Tropfen Blut, denn das saugte der Schatten so schnell in sich auf, das es zum besudeln des Bodens keine Zeit mehr fand. Seras klapperten vor Erregung die Zähne und sie versuchte so schnell wie möglich wieder her ihrer Sinne zu werden. Krampfhaft presste sie die Lippen aufeinander, bis das Lachen ihres Meisters sie ablenkte. " Hör endlich auf dich dagegen zu wehren Kleines und genieße endlich das was du bist. Du gehörst nicht mehr zu ihnen, im Gegenteil sie stehen weit unter dir." Er stand ihr jetzt wieder in seiner üblichen Gestalt gegenüber. Die verspiegelte Sonnenbrille auf der Nase und den weiten Hut tief ins Gesicht gezogen schritt er nun weiter in den Raum hinein, in dem sie auf die zwei Wachen gestoßen waren. Die Wände waren mit kunstvollen Teppichen geschmückt, auf denen Seras verschiedene biblische Abbildungen erkannte. Maria mit Jesuskind, Jesus Kreuzigung und auf einem weiteren seine Auferstehung. Aus dem Raum heraus führte eine weitere Tür in einen nächsten und auch hier empfingen sie Teppiche und dazwischen einzelne Bilder. Wieder zeigten sich verschiedene heiligen Szenen, dieses mal waren Moses und die zehn Gebote darunter, die sieben Plagen, Samson und der Kampf mit den Löwen. Seras wunderte sich, sagte aber nichts, da ihr Meister zwar jedes Bild aufmerksam musterte, aber trotzdem vor keinem stehen blieb, sondern weiter durch die nächst Tür eilte, die sich vor ihnen auftat. Wieder Bilder und zwei Statuen, die in der Mitte des Raumes platziert waren und die Besucher stumm begrüßten. Seras ging zu ihnen hinüber. Sie schienen aus reinem Marmor gefertigt zu sein. Ein nackter Mann und eine Frau, die sich schräg gegenüber standen und sich schüchtern an den Fingerspitzen berührten. " Wer soll das denn sein?" Sie beugte sich noch ein Stück weiter zu ihnen vor um die glatten Flächen und die feinen Strukturen noch besser inspizieren zu können. " Nur ein Paar verdient es, als vollkommen rein und klar dargestellt zu werden. Die Ureltern aller Menschen Adam und Eva." Erklärte Alucard merkwürdig leise und musterte jetzt ebenfalls die beiden unbeweglichen Gestalten mit durchdringendem Blick. "Adam und Eva?" flüsterte Seras nach einigen Sekunden zurück. Sie waren schon wieder dabei auf die nächste Tür zu zusteuern. Was sollte diese Sammlung hier bloß bedeuten? Die Antwort auf ihre ungestellte Frage bekam sie im letzten Raum, aus dem anscheinend keine weitere Tür hinausführte. Im Gegensatz zu den anderen war dieser auch nicht eckig, sondern kreisrund. An seinen schneeweißen Wänden hing kein einziges Bild oder Teppich. Das einzige was ihn füllte, war eine ebenfalls weiße wagenradgroße Tonschale, die auf einem kunstvollverzierten Sockel stand. Seras musste bei der unnatürlichen Helligkeit, die von den Wänden auf sie einstrahlte kurz die Augen schließen. Als sie, sie wieder öffnete, war Alucard bereits an die Schale herangetreten. Seine eben noch ernsten Lippen verzogen sich mit einem mal zu einem breiten Grinsen. " Hier soll also ab sofort die Wiege der Menschheit stehen? Ich weiß ja nicht, was an diesem Platz besser sein soll aber bitte." Er reckte sich ein Stück und warf einen Blick ins Innere des Schale. Plötzlich war sein Grinsen wieder verschwunden. " Anscheinend will man wohl nicht länger warten." Er ging einen Schritt zurück. " Auf was warten Meister?" Er senkte den Kopf. " Auf den Neubeginn...." Integra hatte sich gerade wieder ihren Pullover übergezogen, als sie ihr Kommen auch schon spürte. Schnell huschte sie aus dem Zimmer und beeilte sich in den Flur zu kommen, wo Seras und Alucard schon dabei waren ihre Mäntel auszuziehen. " Und konntet ihr Irgendetwas in Erfahrung bringen?" Sie hoffte das ihr Ton halbwegs normal klang. Seras schien nichts zu bemerken, denn sie begann ohne zu zögern zu erzählen. Von ihrer Begegnung mit dem Geistlichen im Dom und ihrer merkwürdigen Entdeckung in den Kellerräumen. Integras Verblüffung wuchs mit jedem Wort, dass sie hörte. "Und wo genau war jetzt diese komische Sammlung, die ihr da gefunden habt?" wandte sie sich an ihren ehemaligen Diener, der bis dahin kein Wort gesagt hatte, sondern nur in einem der bequemen Ohrensessel Platz genommen hatte, die vereinzelt an der Wand standen. " Das Gebäude an sich ist von Außen recht unscheinbar. Eines der zahlreichen Wohnblocks in der Nähe der Roma de Sol. Über dieser Kelleranlage befinden sich normale Appartements. Ich glaube nicht das die Bewohner auch nur ahnen, was sich da unten ihren Wohnzimmern verbirgt." Er setzte die Ellenbogen auf und legte sie Fingerspitzen an einander. " Das sieht ganz nach einem raffinierten Versteck aus und zur entgültigen Sicherheit vor neugierigen Blicken waren die Wachen aufgestellt. Gut, für diese Aufgabe sollten sie sich wohl nach jemand neuem Umschauen." Er grinste breit. In diesem Moment erschien Migel und Seras erzählte ihm rasch noch einmal was sie erlebt hatten. " An der Roma de Sol? Ein ganz gewöhnliches Arbeiterviertel, wirklich ein guter Ort um Diebesgut zu verstecken." Integra hob fragend die Augenbrauen. "Glauben sie das, dass alles geklaute Kunstgegenstände sind?" " Na ja, sieht doch ganz so aus. Wahrscheinlich steckt dahinter irgendein schwer reicher Liebhaber von wertvollen Reliquien oder christlichen Abbildungen, der seine Sammlung auf Teufel komm raus vervollständigt haben will." Alucard lachte leise. " Wenn dem so wäre, hätten wir ja alle noch verdammt viel Glück, aber ich schätze hier geht es um mehr als nur ein bisschen Zierde." Er erhob sich und ging zu Integra hinüber, die sich ebenfalls in einen Sessel gesetzt hatte. Vorsichtig griff er nach einer ihrer blonden Haarsträhnen und ließe sie langsam durch die Finger gleiten. Integra genoss diese sanfte Berührung" Was meinst du?" fragte sie still. " Dieses Sandkorn ist ein Schlüssel, der das Schloss zum Geheimnis von Raum und Zeit öffnet." Antwortete er laut. " und wer immer es jetzt besitzt, ist wahrscheinlich schon dabei den Weg zum Schloss zu suchen." Seras und Migel klappte der Mund auf. " Ja, soll das etwa heißen, dass jemand die Möglichkeit hätte durch die Zeit zu reisen?" fragte Seras entsetzt. " Dann könnte er ja machen was er will und..." Alucard hörte auf mit Integras Haaren zu spielen. " Den Lauf der Dinge nach seinem Willen zu verändern, genau und so lange wir nicht wissen, wer dahinter steckt, können wir auch nicht sagen, wie weit die Folgen reichen, die er mit der Manipulation der Geschichte bewirkt." " Das heißt wir müssen alle Hebel in Bewegung setzten um den Verursacher zu finden aber wie.." Wieder lachte Alucard. " Scheinbar ein schwieriges Unterfangen, aber wie gut das man die Erinnerungen mancher Menschen noch für sich nutzen kann, auch wenn ihr Körper schon lange tot ist." Er sah zu Seras hinüber, die nach dem sie seine Aufmerksamkeit bemerkt hatte überrascht hoch sah. " Nun Fräulein Polizistin? Was erzählt er dir?" Seras wusste erst nicht was er damit meinte, doch dann erschien auf einmal ein Bild vor ihren Augen, das sie vorher noch nie gesehen hatte. Menschen, Zimmer, Straßen, dazwischen Wortfetzen auf Italienisch, die sie noch nie zuvor gehört hatte, deren Bedeutung sie aber merkwürdiger weise auf anhieb verstand. Sie sah einen Bootsrumpf, der das Wasser eines Kanals teilte und dann plötzlich in die Tiefe tauchte. Sie sah andere Männer in grünen Uniformen, die große Pakete hin und her schleppten, andere auspackten und die daraus zum Vorscheinkommenden Bilder und Teppiche aufhängten. Dann schrie jemand einen Namen und ein kleiner, in schwarz gekleideter Mann tauchte schemenhaft zwischen den grünen Uniformen auf um im nächsten Augenblick wieder zu verschwinden. Dann war das Bild wie weggewischt. Sie schüttelte noch einmal kurz den Kopf, doch keine neue Erinnerung tauchte auf. Nur ein Wort hallte noch immer in ihren Ohren. Engelsburg! Kapitel 21: Dial ---------------- Der Morgen graute, als eine schwarze Limousine auf der Hauptstrasse über das glitzernde Meer hinweg brauste. Die silbernen Felgen des Wagens fingen die ersten Sonnenstrahlen ein und ließen sie auf den durchdrehenden Reifen umherwirbeln. Es dauerte knapp sechs Stunden, bis die ersten Mauern der ewigen Stadt am Horizont auftauchten. Im Inneren des Wagens saßen die vier Vampire friedlich in sich zusammengesunken hinter den schwarz getönten Fensterscheiben. Seras Kopf war an Migels Schulter geglitten, der seinerseits gegen den Türrahmen gelehnt schlief. Alucards Kopf ruhte in Integras Schoss, wie der schwarze Leib einer zusammengerollten Katze. Integra selbst hatte die Augenlider nur halb geschlossen, ihre Hände streichelten sanft durch die dunkle Mähne vor ihr. In ihrem Kopf kreisten die Gedanken. Die Zeit, was konnte ein Mensch alles anrichten, wenn er die Zeit manipulieren konnte? Und warum wollte er den Lauf der Dinge verändern? All diese Fragen galt es zu klären und das so schnell wie möglich... Andre steuerte den Wagen durch den römischen Verkehr, als wenn er eine versuchte eine Glasperle über ein Nagelbrett zu balancieren. Seras wurde unsanft geweckt, als ein heftiger Schlenker, das Auto nach rechts schleuderte. Sie konnte gerade noch verhindern, dass sie vom Sitz purzelte. Migel und Alucard erging es ähnlich. Migel verzog entrüstet die Stirn. " Hey Andre, ich will ja nicht deine Fahrkünste kritisieren, aber könntest du es vielleicht vermeiden, dass wir uns überschlagen?" Der Diener nuschelte etwas unverständliches zurück, das wohl eine Entschuldigung beinhalten sollte, trotzdem folgten noch zwei weitere heftige Ausweichversuche, bis die Reifen vollkommen still standen und der Motor ausging. Integra lauschte auf die leisen Schritte von Migels Diener, der jetzt um den Wagen herumging und die Hintertür öffnete. "Alles bereit Senior!" Die drei stiegen aus. Der Wagen befand sich in einer Tiefgarage, deren Plätze bis auf den letzten vollbesetzt war. Alucard grinste breit. "Wie ich sehe wächst Rom nicht mehr länger in die breite, sondern immer weiter in die Tiefe, dabei streben doch die meisten Bewohner dieser Stadt eher in die entgegen gesetzte Richtung." Sie wandten sich dem Eingang eines Treppenhauses zu, das sie mit einem Fahrstuhl nach oben transportierte. Migel erzählte ihnen währenddessen, das sie sich in einem Hotel unweit des Vatikans befanden. Er hatte sich die Freiheit genommen, die gesamte obere Etage für sie zu buchen. "So vermeiden wir neugierige Fragen und können in Ruhe unser weiteres Vorgehen planen." Zur gleichen Zeit.... Die versteinerten Gesichter der Engel blickten mit starren Augen zu ihnen hinunter. Die grauen Hände vor der Brust gefaltet flankierten sie den verwitterten Rundbogen, unter dem die kleine Prozession langsam dahin schritt. Die acht Männer wanderten wortlos ihrem Ziel entgegen das in der Mitte des kleinen Kreuzganges auf sie wartete, in den sie jetzt einbogen. Der kleine Brunnen, der einen kühlen Wasserstrahl in den Himmel spuckte, wirkte im ersten Moment nicht sehr spektakulär. Er schien aus einfachem Sandstein gehauen und die sparsamen Verzierungen, die sich rund um seinen schmalen Sockel zogen, waren bereits seit langem der trockenen Sonne und dem feuchten Wind zum Opfer gefallen, doch er schien trotzdem für diese acht Männer eine besondere Bedeutung zu haben. Sie reihten sich nun, einer neben dem anderen, um ihn herum auf und dann begann ein monotoner Singsang, der sich wie eine Welle über den kleinen Platz ausbreite um an den dunklen Mauern hinter ihnen dumpf zu brechen. Als sich die dunklen Schatten der Nacht langsam aus den Ecken der Straßen wagten, waren die vier Vampire bereits fertig zum Aufbruch. Sie hatten den Rest des Tages damit verbracht, sich vorzubereiten. Integra hatte vorgeschlagen das sie und Alucard sich im Vatikan umschauten, während Migel und Seras sich in der Stadtbibliothek umschauen sollten. Sie hoffte das die beiden dort vielleicht auf Hinweise stießen, die sie dem immer noch völlig unbekannten "Schloss der Zeit" wie Alucard es nannte näher bringen konnte. So standen der schwarzhaarige Vampir und seine blonde Begleitung wenig später vor den Mauern des heiligen Stadtstaates. Integra konnte eine leise Bewunderung und Erfurcht vor den jahrhundertealten Bauten nicht leugnen, als sie und Alucard wie Nebel durch die äußere Begrenzung geglitten waren. " Man kann ihn hier fast spüren, nicht war?" fragte er plötzlich und Integra wandte sich ihm irritiert zu. " Wen?" " Den, den die Menschen Gott nennen." antwortete er, dann sah er zu den hell erleuchten Fenstern hinüber, hinter denen trotz der späten Stunde noch emsiges Treiben zu herrschen schien. " Ich schlage vor wir suchen zu erst die gut gehüteten Schriften des katholischen Oberhauptes auf, oder was meinst du?" Integra nickte. " Aber wo sollen wir suchen, soweit ich weiß sind diese Bibliotheken gut verborgen und für ungläubige Augen nicht zu finden." Er lachte leise und deutete mit dem behandschuhten Finger auf ein flaches Gebäude, das neben der runden Kuppel des Doms hervorblitzte. " Die Gottesfürchtigen mögen gute Verstecke für ihre Geheimnisse haben, doch ihr Hang zu übertriebener Verehrung macht sie doch sehr berechenbar." Damit rissen er und Integra ihre Arme empor und schon bald flogen zwei schwarze Krähen über das goldene Kreuz hinweg, das den Scheitel der Kirche säumte. Es kostete sie keine besondere Mühe sich durch die verschlossene Tür des Gebäudes Zutritt zu verschaffen. Die Wachen der Schweizergarde bemerkten nicht einmal die flinken Schatten, die sich an ihnen vorbei durch das schmale Schlüsselloch schoben. Im Inneren der wechselten die beiden Vampire wieder zu ihrer gewöhnlichen Gestalt. Integra sah sich neugierig um. Als Kind hatte sie sich immer gefragt, was sich in den Räumen verbergen musste, die von den Männern der Kirche so akribisch gehütet wurden. Ihr Vater hatte als Protestant nicht viel für diese katholischen Bauten über gehabt, doch sie hatte oft im stillen die Bilder angesehen, die es von Zeit zu Zeit in den Zeitungen zu sehen gab. Jetzt stand sie also tatsächlich in einem, wenn auch nicht als Mensch und hatte nun die Möglichkeit wenigstes eines der zahlreichen Geheimnisse zu lüften. Alucard hatte schon begonnen die Räume ausgiebig zu inspizieren, die sich vor ihnen auftaten. In fast allen waren kleine Büros untergebracht und nach den zahlreichen Büchern, auf den ebenso zahlreichen, wie gewaltigen, Schreibtischen zu urteilen, handelte es sich wohl um so eine Art Resterationsabteilung, in denen versucht wurde vergilbte und zerstörte Schriften wiederzubeleben. Integra fuhr mit den Fingern über ein paar Bände, deren alte Lederdeckel auf ein hohes Alter der Werke schließen ließen. Doch im ganzen, war von einer "geheimen Schriftensammlung" nicht viel zu sehen. " Scheinbar finden wir hier noch nicht das was wir suchen." Alucard zog ein bisschen die Mundwinkel nach unten. " Da müssen wir wohl noch ein wenig tiefer graben." Er wollte sich gerade dem Boden unter seinen Füssen zu wenden, als er eine gut vertraute Stimme hörte. " Das würde ich an deiner Stelle mal lieber sein lassen Blutsauger." Integra hatte keine Zeit die Erkenntnis zu verarbeiten das sie nicht alleine waren, als sie schon einen beißenden Schmerz in ihrem Unterleib spürte. Ihre Knie brachen ein und sie faste keuchend nach dem Urheber ihrer Schwäche. Das Pufferinschwert hatte sich durch ihren Körper gebohrt und die Spitze der Klinge zerschnitt die Rückseite ihres Mantels. Alucard warf sich mit gefletschten Zähnen auf den Priester. " Du kleiner Messerwerfer, gehst uns beiden langsam mit deinen nervigen Kunststücken auf den Geist." Damit holte er aus und verpasste Anderson der bis dahin im Türrahmen gestanden hatte einen Faustschlag, dass dieser wie eine Kanonenkugel nach hinten durch die gegenüberliegende Tür flog. Klatschend flogen die Holzsplitter auseinander, als sein wuchtiger Körper auf den Dielenboden aufschlug. Stöhnend zog Integra an dem Griff. Dieses mal wurde sie nicht vor Schmerzen Ohnmächtig, doch das geweihte Silber der Klinge hinterließ eine brennende Spur in ihrem Fleisch, als die Klinge aus ihrem Leib glitt. Klirrend zerbrach die Schneide in ihren Händen, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder den beiden Männern widmete, die wie zwei in einander verbissene Hunde auf dem Boden im nächsten Raum herumkugelten. Der blonde Priester hatte bei der Rangelei seine Brille verloren. Sie hing ihm wie ein zappelndes Insekt an einem Bügel über dem linken Ohr, doch Anderson schien das in seiner Raserei gar nicht zu bemerken. Wie ein geifernder Irrer versuchte er den Vampir über sich mit Faustschlägen zu traktieren. Doch Alucard wich ihm immer wieder aus und gab seinerseits so gut es ging dem Vampirjäger Kontra. Das Echo sich wiederholender Flüche, wüster Beschimpfungen und heftiger Schläge hallte von den Wänden wieder. " Genug jetzt!" Schrie Integra dagegen an, doch die beiden konnten oder wollten sie in ihrer Keilerei nicht hören, bis Alucards Hand plötzlich in die Innentasche seines Mantels schnellte und Anderson eine Sekunde später das kühle Metal des Casul auf seiner Stirn spürte. Ruckartig verstarben seine Bewegungen und das schiefe Grinsen, das sich darauf hin in dem Gesicht des Vampirs abzeichnete wurde noch eine Spur breiter. " Na was denn? Auf einmal keine Lust mehr mein Bester? Kopf hoch die kommt wieder, wenn ich dir erst mal mein gesamtes Magazin in den Schädel gepumpt habe. Danach kannst du mit deinem Gesicht Karriere als Schweizerkäse machen." Der Abzug klickte, doch zur Verblüffung aller Anwesenden passierte nichts. Alucard Grinsen verschwand schlagartig, als auch jeder weitere Versuch einen Schuss abzufeuern nicht den gewünschten Erfolg brachte. Mit einer flinken Bewegung ließ er das Magazin aus dem Griff rutschen. Es war keine einzige Kugel im Fach. " Was zur Hölle? Wo sind die verdammten Patronen geblieben?" Integra hatte erwartet, das der Priester die Ablenkung Alucards sofort nutzte um ihn erneut anzugreifen, doch er blieb seelenruhig auf dem Boden liegen und sah zu wie der Vampir suchend um sich blickte. " Das kannst du dir sparen Spitzzahn, die Dinger wirst du hier nicht finden und auch sonst nirgends wo." Alucard sah ihn wütend an "Und warum nicht, wenn ich fragen darf." Der Priester legte mit verbissener Mine den Kopf schief. "Weil deine Patronen aus dem Silber der Langester Kathedrale geschmiedet wurden richtig? Siehst du und die hat es seit dem heutigen Tage nie gegeben." Seras und Migel waren seit Stunden damit beschäftigt sich durch die endlosen Karteien der Bibliothek zu lesen. Einige Schriften, die sie fanden, schienen auf den ersten Blick vielversprechend zu sein, entpuppten sich dann aber auf den zweiten als völlig nutzlos. Das meiste waren doch nur Sagen und Märchen, welche die Menschen ihren alten Bauten und Plätzen im Laufe der Zeit gegeben hatten um sie in ihren Augen geheimnisvoller zu machen. Seufzend streckte Seras ihren verkrümmten Nacken. Langsam verlor sie die Lust an der Sucherei. Migel, der gerade mit einem neuen Stapel Bücher hinter einem der Regale hervorkam hingegen schien überhaupt nicht frustriert zu sein. Im Gegenteil, seine grünen Augen leuchteten aufgeregt. "Ich glaube ich habe hier was gefunden, womit wir wirklich was anfangen können, hier sie mal." Er deutete auf eine Seite eines aufgeschlagenen Buchs in seinen Händen. Es zeigte das Foto einer alten Kathedrale, deren hellgraue Steine sich gegen einen dunkeln wolkenverhangenden Himmel abzeichneten. Davor schoben sich dicht an dicht, zahlreiche Häuserdächer, die dem Gebäude scheinbar zu Füßen lagen. Seras sah zu dem Vampir auf. "Was ist das?" "Die Kathedrale von Charteres. Sie steht in Frankreich, genauer gesagt rund 90 Kilometer von Paris und niemand weiß genau wer sie errichtet hat und warum." Noch bevor Gallier oder Kelten in diesen Teil von Europa vordrangen haben Baumeister von der Art Stonehenges an Stelle, wo dieses Bauwerk jetzt steht, einen Dolmen sowie einen Brunnen in das Innere des Erdhügels gebaut. Dieser Ort sollte magische Kräfte besitzen, Kräfte die den Menschen neue Lebensenergie spenden sollten, die an diesen Platz kamen. Laut den Überlieferungen, sollen die Menschen dort auf wundersame Art und Weise verjüngt worden sein." Migel sah zu Seras hinunter die mit gespannter Mine zu ihm hoch blickte. "Vielleicht ist dort so etwas wie ein Zeitschloss was meinst du?" Die kleine Vampirin nickte. "Ich schlage vor. Wie gehen zurück ins Hotel und erzählen den beiden anderen von unserer Entdeckung." Migel wandte sich zum gehen, doch dann viel ihm noch was ein. " Wir können eigentlich auch noch den Bildband über Mekka mitnehmen, die Fotos der Stadt interessieren mich. Kannst du es bitte holen? Ich müsste es da vorne bei dir irgendwo hingelegt haben." Seras begann zu suchen, doch das Buch war nicht da. "Merkwürdig, ich bin mir sicher, das ich es auf den Tisch gelegt habe, na ja egal." Er war schon auf dem Weg zum Ausgang, als er noch einen Blick über Schulter warf. " Wie spät haben wir es eigentlich?" Seras warf einen kurzen Blick zu der Wanduhr, die über einem der Regale angebracht war und erstarrte. Migel der sich über die ausbleibende Antwort wunderte blieb ebenfalls stehen. " Hey, was ist los?" Die Vampirin antwortete ihm nicht, sondern deutete nur stumm zur Uhr. Die grünen Augen wanderten zu dem altmodischen Ziffernblatt mit den leicht krummen Zeigern hoch, die sich wie von einer unsichtbaren Kraft getrieben unaufhaltsam rückwärts drehten. Kapitel 22: Teamwork -------------------- Hallo! Ich hoffe ihr sein noch da. Ich weiß, ich weiß, ich habe euch lange warten lassen, aber das Sommerloch hat mich erwischt und mich ein bisschen gebremst. Wenn man mal erst den ganzen Tag mit Arbeiten beschäftigt ist, bleibt einem Abends irgendwie nicht mehr viel Power für geistige Ergüsse. Nun, ja jetzt bin ich wieder motiviert und hoffe ihr könnt mir verzeihen. Viel Spass beim lesen. Bussi Alucard sah immer noch misstrauisch auf seine munitionslose Waffe, als Anderson sich unter leisem Gekicher aufrichtete. Integra machte instinktiv einen Schritt zurück, als der blonde Priester jetzt auf sie zu kam. " Ja, ja anscheinend gefällt jemanden die alte Weltordnung nicht." Alucard streckte den Arm zur Seite aus und hinderte Anderson daran weiter zu gehen. " Was geht da draußen vor?" Andersons übertriebene Heiterkeit war auf einmal wie weggeblasen. Seine grünen Augen huschten unruhig zum einem der Fenster hinüber, durch den ein runder voller Mond sein helles Licht zu ihnen herab schickte. " Die ersten Veränderungen haben vor einer Stunde eingesetzt. Ich war gerade in einer Sitzung als mir auffiel, das ein Gemälde vom Piazza dei Miracoli das sonst die gesamte Wand eingenommen hatte verschwunden war. Erst hielt ich das Ganze für einen üblen Scherz," Ein kurzer Seitenblick streifte den Vampir, als der Priester weiter sprach, "doch als einer der Männer behauptete, das an dieser Stelle nie ein Bild gehangen, geschweige denn überhaupt ein Dom in Pisa gestanden hätte, wusste ich, dass die Sache ernst ist und habe versucht Kardinal Moro zu erreichen, doch wie es scheint, ist dieser wie vom Erdboden verschluckt." Integra, die mit offenem Mund die unglaublichen Ereignisse aufgenommen hatte, runzelte irritiert die Stirn. " Nur, sie allein haben diese Vorkommnisse bemerkt? Und woher wissen sie das auch die Langester Kathedrale betroffen ist?" Anderson griff plötzlich nach seiner Brille und begann sie mit einem Zipfel seines Talars zu polieren " Ihre erste Frage kann ich ihnen leider nicht beantworten Lady Hellsing, aber was die zweite angeht. Nachdem ich Moro nicht finden konnte habe ich mich auf den Weg nach Rom gemacht, in der Hoffnung hier vielleicht Antworten auf meine Fragen zu erhalten, aber auch hier sind anscheinend alle blind und taub. Niemanden fällt auf, das immer mehr Kirchen und Kathedralen wie Luftblasen verschwinden und nicht nur das." Er deutete auf die Bücher um sie herum. " Gebäude, Plätze, Bücher, Gemälde, Aufzeichnungen aller bekannten Religionen verschwindet nach und nach, als wenn eine unsichtbare Hand dabei wäre alles weg zuwischen." Alucard wandte sich nun ebenfalls den Schreibtischen zu, die mit einemmal immer leerer zu werden schienen. " Nun es sieht so aus, als ob diese Löscharbeiten nur ein bestimmtes Ziel zu verfolgen, die Vernichtung einer der größten weltlichen Mächte." Das altbekannte Grinsen stahl sich zurück auf sein Gesicht. " Anscheinend bist du bald arbeitslos, aber vielleicht gibt es ja so was wie Umschulmaßnahmen für dich." Ein verächtliches Schnauben war die Antwort. Integra hingegen war nicht zum Scherzen zumute: " Ich fürchte Gentlemen so einfach ist das nicht, schließlich wird jede Manipulation in der Vergangenheit Auswirkungen auf die Zukunft, bzw. in diesem Fall auf die Gegenwart haben und die werden bestimmt nicht auf ein paar verschwundene Dinge beschränkt bleiben. Überlegt mal was das wirklich bedeutet, jemand ist dabei der Menschheit den Glauben zu nehmen!" Währendessen... "Was zur Hölle geht hier bloß vor sich?" murmelte Migel jetzt schon zum x mal, während er und Seras durch die immer noch belebten Straßen von Rom eilten. Seit ihrer Enddeckung versuchten sie sich einen Reim auf diese drehenden Uhren zu machen, die ihr sonderbares Verhalten überall zeigten. Egal wo sie vorbei kamen, die Zeiger liefen in die verkehrte Richtung. Aber das allermerkwürdigste daran war, dass niemanden, außer ihnen, dieses Schauspiel aufzufallen schien. Seras vergewisserte sich darüber, indem sie eine Frau kurz anhielt um sie nach der Zeit zu fragen. Ohne mit der Wimper zu zucken versicherte die Dame ihr, das es jetzt elf Uhr in der Nacht sei. " Das mag ja sein, aber leider der falsche Tag. Die blöden Zeiger sind schon mindestens zweimal vollständig rückwärts gelaufen." Spottete Migel, als sie die Straße zu ihrem Hotel erreichten. " Da passiert gerade etwas ganz, ganz Seltsames." Er wollte schon die Tür zur Eingangshalle öffnen, als er Alucard und Integra um die Ecke biegen sah. Fast wären ihm und Seras die Bücher aus der Hand gefallen, als sie erkannten wen die beiden im Schlepptau hatten. Wenig später saßen alle fünf in einem der gemieteten Salons. Seras konnte es immer noch nicht glauben, dass sie wirklich zusammen mit ihrem schlimmsten Alptraum auf dem Sofa saß. Verstohlen betrachtete sie Anderson von der Seite, während der seelenruhig in einer Tasse Tee rührte, den der Zimmerservice vor wenigen Minuten heraufgebracht hatte. Plötzlich fuhr er zu ihr herum und Seras riss erschrocken die Schultern hoch. Doch der blonde Priester lächelte nur schief. "Könnte ich die Zitrone haben bitte?" Für einen Moment war Seras sprachlos, dann aber war der Schreck vorüber. " Äh, natürlich, hier bitte sehr." Sie griff hastig nach der kleinen Schale die vor ihr auf dem Tisch stand. Die Zitronenscheiben hüpften wie Wackelpudding hin und her, als sie versuchte mit möglichst neutralem Gesicht Andersons Wunsch nach zu kommen. Das Lächeln in seinem Gesicht wurde immer breiter. "Na was denn? Nervös? Oder vielleicht einfach nur ein wenig schwach? Schätze ihr hatten heute noch nicht die Gelegenheit unschuldigen Menschen das Leben auszusaugen?" Seras presste bei der Erwähnung von Nahrung rasch die Lippen aufeinander. In der Tat, soweit sie wusste hatte noch keiner von ihnen seine Bedürfnisse stillen können. Sie sah zu Integra hinüber die hektisch dabei war aus dem Schlafzimmer das Laptop zu holen. " Wollen doch mal sehen ob wir nicht hiermit weiterkommen." Sie klappte den Monitor auf. " Und kein Mensch bemerkt was?" Sie musterte Anderson von oben bis unten " das bringt mich wieder zu der Frage zurück, warum dann ausgerechnet sie davon ausgenommen sind" "Sind wir doch mal ehrlich, von einem gewöhnlichen Menschen kann man in seinem Falle doch auch nicht sprechen." Alucard, der seit ihrer Rückkehr am Fenster gestanden hatte, setzte sich nun neben Integra, die mit verbissenem Gesicht dabei war auf die Tastatur einzuhacken. " Aber das bringt uns immer noch keinen Schritt näher an die Ursache dieser Manipulation." Anderson lachte ungehalten in seinen dampfenden Tee. " Die Frage nach der Ursache brauchen wir nicht länger klären. Des Pudels Kern liegt in einem winzigen Detail, das von irgendwelchen gottlosen Kreaturen geraubt wurde nun dazu missbraucht wird all das zu zerstören wofür tapfere und ehrfürchtige Männer seit Jahrhunderten gekämpft und gestorben sind!" Plötzlich öffnete sich die Zimmertür und Migel kam herein. Bevor sie mit dem Fahrstuhl vom Hotelfoyer aus nach oben gefahren waren, hatte er sich plötzlich noch einmal mit einer kurzen Entschuldigung umgedreht und war wieder auf die Straßen von Rom zurück geeilt. Jetzt kam er auf sie zu und zog dabei drei dunkel grüne Flaschen unter seiner Jacke hervor, die er vor ihnen auf den Tisch stellte. Trotz der versiegelnden Korken konnte Seras es riechen, das unwiderstehliche Aroma, das den Hunger in ihren Eingeweiden rumoren ließ. Alucard verschränkte belustigt die Arme vor der Brust und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. " Na möchtest du vielleicht auch ein Glas?" Der Priester sah mit düsterem Blick auf die schwarzschimmernde Flüssigkeit. " Woher hast du das?" Migel zog sich mit gespielter Leichtigkeit den Mantel aus und setzte sich zu ihnen an den Tisch, dann griff er nach vorn. " Das, glaube ich, wollen sie gar nicht so genau wissen, aber ich will nicht unhöflich sein. Wenn die anderen nichts dagegen haben, können wir ja so rücksichtsvoll sein und auf Gläser verzichten." Anderson erwiderte darauf hin nichts, doch sein Gesicht sprach Bände. Während Alucard und Migel mit funkelnden Augen die Flaschen öffneten, konnte Seras seine Wut und den Hass den er gegen sie aufbrachte regelrecht spüren, aber Situation entspannte sich plötzlich, als Integra ohne Vorwarnung aufschrie " Was, selbst der Kölner Dom? Meine Güte wie schnell sind die denn?" Alucard ließ überrascht die Flasche sinken, die er gerade an die Lippen setzen wollte. " Hier seht mal," sieh drehte den Bildschirm so, dass alle eine freie Sicht hatten. " Nichts deutete darauf hin das da jemals ein Gotteshaus gestanden hat." Migel drehte sich rasch zu Seras herum. " Seras, wo sind die Bücher die wir aus der Bibliothek mitgenommen haben?" Die kleine Vampirin sprang auf und rannte zu der Kommode hinüber auf die sie die Werke abgelegt hatte, aber als sie nach ihnen greifen wolle bekam sie große Augen. " Wir haben doch vier Bücher mitgenommen oder?" fragte sie über die Schulter. Migel sah alarmiert auf. "Ja" Seras drehte sich seufzend um. " Es gibt nur noch eines." Mit dem kam sie zum Tische zurück. " Hier das Werk über die Kathedrale von Charteres." Alle beugten sich nun tief über das Buch, in dem Migel rasch anfing zu blättern. " Was ist das für eine Kathedrale?" Integra hatte den Namen noch nie zuvor gehört, Anderson dagegen schon. " Diese mysteriöse Kirche? Schon merkwürdig das die anscheinend noch steht." Alucard zuckte mit den Achseln. "Vielleicht sind sie noch nicht so weit in die Vergangenheit vorgedrungen." Migel hob auf einmal die Augenbrauen. " Vielleicht, aber was ist, wenn hier das Schloss für den Schlüssel liegt?" Jetzt war es Alucard der die Augenbrauen hob. "Wie kommst du denn darauf?" Migel blätterte weiter, bis er die richtige Stelle gefunden hatte. " Niemand kennt die genaue Geschichte dieser Kirche, wer sie konstruiert und welchen Zweck sie einst an dieser Stelle erfüllt hat, aber wenn man einigen Aufzeichnungen glauben schenken darf, so war sie doch immer ein Ort an dem merkwürdige und nicht zu erklärende Dinge passierten, Dinge die vor allem die Zeit betrafen." Er las noch einmal den Abschnitt vor, den er schon Seras in der Bibliothek vorgetragen hatte. Integra atmete durch. " O.k. Migels Vermutung klingt plausibel, jetzt ist nur die Frage, was wir mit unserem Wissen anfangen. Selbst wenn dort der Kern der Problematik liegt, können wir doch noch lang nichts tun um die Sache irgendwie aufzuhalten oder zu beeinflussen." Jetzt schaltete sich Anderson ein. " Abwarten Lady Hellsing. Ich muss zugeben, dass das hier wirklich der einzige Anhaltspunkt ist den wir haben und so wie es aussieht, bleibt uns auch nicht mehr viel Zeit nach Alternativen zu suchen." Er blickte aus dem Fenster. " Ich schlage vor, das wir uns sofort auf den Weg nach Frankreich machen." Alucard lachte dröhnend. " Darf ich fragen, wie du das so schnell anstellen willst?" Doch Anderson grinste nur breit. " Das lass mal meine Sorge sein Fangzahn. Kümmert ihr euch um eure Transportboxen, ich kümmere mich um den Rest. In spätestens zwei Stunden bin ich wieder hier, bis dahin muss alles zur Abreise fertig sein." Damit stand er auf und wollte gehen, doch der schwarzhaarige Vampir versperrte ihm mit seinem Stuhl den Weg. Mit rotglühenden Augen sah er zu ihm hoch. "Ich wüsste zu gerne, warum wir uns auf eine Zusammenarbeit mit dir einlassen sollten, Schweinepriester." Anderson zögerte einen Moment dann beugte er sich tief zu ihm hinunter, so dass seine Stirn fast die von Alucard berührte. " Weil du genau weißt, das auch eure Existenz auf dem Spiel steht und wir fünf, die einzigen sind, die den Dingen noch Einhalt gebieten können." Damit drängte er sich an dem Stuhl vorbei und verschwand durch die Tür. Kapitel 23: Border crossing --------------------------- Was der Gottlose fürchtet, das wird ihm begegnen und was die gerechten begehren wird ihnen gegeben König Salomo Das leise Grollen eines herannahenden Gewitters bahnte sich seinen Weg durch die stillen Gänge. Noch immer sahen die Versteinerten mit leerem Blick auf die Welt unter sich, deren Gesicht sich immer mehr verwandelte. Ihre gefalteten Hände schienen zwischen den grauen Fingern die Zeit festhalten zu wollen, die mit jedem neuen Augenblick dabei war sich zu verändern . Dann setzte der Regen ein. Wie kleine, silberne Perlen flogen die Tropfen zur Erde, an deren rauer Oberfläche sie funkelnd auseinander brachen. Auf den Gesichtern der Engel jedoch zerbrachen sie nicht. Wie glitzernde Fäden flossen sie die blanken Wangen hinab um dann lautlos in den steinernen Gewändern zu verschwinden. Alucard wischte mit einer bewundernden Geste über die samtbezogene Armlehne seines durchaus komfortablen Sitzes. " Eines muss man diesen katholischen Kuttenträgern ja lassen, Geschmack haben sie." Integra, die still vor sich hin grübelte antwortete ihm nicht. Seras hingegen besah sich nach der Äußerung ihres Meisters ebenfalls ihre Sitzmöglichkeit genauer. Paladin Anderson hatte es tatsächlich fertig gebracht, ihnen innerhalb von zwei Stunden einen Transport zu verschaffen und zwar nicht irgendeinen. Sie saßen seit einer Stunde in einem der privat Waggons des heiligen Vaters. Als der Priester sie vom Hotel aus zurück zum Vatikan gelotst hatte, glaubten sie und die anderen erst noch an einen Scherz, doch als die Wachen sie ohne jedes Kommentar passieren ließen und sie auch ohne weitere Probleme an die vatikanischen Bahnstation gelangt waren, war die Überraschung perfekt. " Mit dem Zug?" Migel war erst nicht so recht begeistert. " Eine andere Möglichkeit haben wir so schnell nicht, jedenfalls nicht wenn ihr auf ausreichenden Sonnenschutz besteht. An jedem Flughafen von Rom streikt das Sicherheitspersonal, da geht kein Flug in den nächsten zwei Tagen. " Hatte Anderson mit bittersüßem Lächeln erwidert. Also hatten sie in einem der luxuriösen Abteilungen Platz genommen, während ihr "Gepäck" sicher im Waggong hinter ihnen verstaut wurde. Danach setzte sich die schwere Lock in Bewegung und verließ unter einem lauten Pfeifen die Stadtgrenze von Rom. " Scheinbar hat es der Papst gerne bequem." Sagte Seras jetzt, als die Verbindungstür zum nächsten Abteil geräuschvoll aufglitt und Anderson hereinkam. Sein kantiges Gesicht zierte ein zufriedener Ausdruck. " Sehr gut, wenn alles so läuft wie jetzt erreichen wir Milano in knapp 6 Stunden, von dort aus können wir dann fliegen." Er setzte sich Alucard gegenüber, der mit amüsierter Mine den Rest des Waggons beäugte. " Ich hoffe bis dahin könnt ihr mit diesem Reisemittel leben." "Oh durch aus, auch wenn die Reisebegleitung zu wüschen übrig lässt und erst der Service." Er grinste breit und ermöglichte Anderson so einen ausgezeichneten Blick auf seine Fangzähne. Der Jäger Iscariots beugte sich schon mit tiefgerunzelter Stirn über den schmalen Tisch, der sie beide von einander trennte, als Migel sich hastig einmischte. " Vielleicht sollten wie anfangen uns in Anbetracht der Situation in der wir uns alle befinden ein bisschen friedlicher mit einander umzugehen." Er griff in die Innentasche seiner Jacke. " Ich schlage vor wir vertreiben uns ein wenig die Zeit bei einer gepflegten Runde Poker." Er legte einen Stapel Karten auf den Tisch. "Wie sieht es aus Lady Integra sind sie dabei?" Integra, die die ganze Zeit über aus dem Fenster gestarrt hatte wandte sich nun zu ihnen um. " Warum nicht." Sagte sie und rutschte dichter zu Seras heran, damit sie alle Platz am Tisch hatten. Alucard schürzte die Lippen " Und was ist der Einsatz?" Der Priester hob mit einem selbstgefälligen Ausdruck eine Augenbraue. " Was denn kein Geld in der Tasche, oh endschuldige ich vergaß, ihr bezahlt ja in der Regel nicht fürs Essen." Seras griff nun ebenfalls hastig in ihre Jackentasche. " Hier wie wäre es damit." Sie öffnete ihre zur Faust geballte Hand und zum Vorschein kamen ein Haufen kleiner weißer Kiesel. "Die habe ich bei dem abgebrannten Haus von.." Sie klappte erschrocken den Mund zu. Doch Anderson hatte ihr schon gar nicht mehr zu gehört. Mit funkelnden Pupillen sah er Integra an. " Ein Glücksspiel passt nicht so ganz zu einer Lady oder?" fragte er spitz und Integra griff nach dem Stapel um zu mischen. " Vieles scheint im ersten Moment nicht zu mir zu passen und doch ist es auf dem zweiten Blick treffend." Damit begann sie mit dem Austeilen und die erste Runde nahm ihren Lauf. Nach zwei Stunden lehnte sich Migel mit einem ergebenen Seufzer nach hinten. " Ich habe keine Ahnung Lady Integra, wer ihnen dieses Spiel beigebracht hat, aber ich verneige mich tief vor ihm." Integra stützte lächelnd die Ellenbogen auf. " Der Engel des Todes hatte viele verborgende Talente." Sagte Alucard plötzlich und Integra hob überrascht die Augenbrauen, doch Alucard ging nach diesem Satz nicht weiter darauf ein, sondern zog es vor sich wieder dem Priester, der vor ihm saß zu widmen. " Wo wir jetzt gezwungen sind unsere Zeit mit einander "friedlich" zu verbringen, würde mich interessieren, woher du eigentlich dein Talent hast." Anderson neigte den Kopf. " Ich bezeichne es nicht als Talent, sondern als Gabe, mit der mich der Herr selbst gesegnet hat um in seinem Namen die Erde von den Teufeln und Dämonen zu reinigen, die sein Werk beschmutzen und zerstören wollen." Seine grünen Augen bekamen einen merkwürdigen Glanz. " Und wie du selbst schon feststellen durftest, bin ich in meiner Arbeit sehr erfolgreich, wenn auch manche Dinge ein bisschen mehr Zeit in Anspruch nehmen," Für den Bruchteil einer Sekunde huschte sein Blick zu Integra hinüber, die begonnen hatte weiter in Walters Buch zu lesen. " Denk nicht mal darüber nach." Zischte Alucard leise und seine roten Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Er hatte nicht einmal die Lippen bewegt und doch hatte ihn Anderson verstanden. Der Priester wirkte jetzt leicht amüsiert. " Ja, ja das Raubtier frisst seinen eigenen Herrn und macht ihn so zu seinem ewigen Begleiter. Ein tragisches Schicksal, wenn man bedenkt das der eigene Vater für diese Miesere verantwortlich ist." Sprach er in Gedanken so das keiner der anderen Vampire ihrem Gespräch folgen konnte. Nur Alucard verstand was er sagte. " Dabei hatte er es schon geahnt, doch er hätte auf nummersicher gehen und dich für immer schlafen legen sollen." "Was weißt du schon Kuttenhannes." Erwiderte Alucard eine schwarze Strähne fiel ihm wie ein dunkler Schatten ins Gesicht. " Ich weiß das ein Mann sich mit dem Teufel eingelassen hat und letzten Endes sein eigen Fleisch und Blut damit verdammt hat." Jetzt hallte ein leises Lachen in seinem Kopf. " Du nennst es Verdammnis, andere nennen es Befreiung." Plötzlich krachte es draußen und alle Köpfe wirbelten zum Fenster herum. "Was war das?" fragte Migel und versuchte dabei angestrengt in der Dunkelheit etwas auszumachen. "Wir sind in einen Tunnel gefahren." Antwortete Anderson laut. " Davon werden noch einige auf diesem Streckenabschnitt kommen." Da erfolgte ein weiteres Poltern und wenige Minuten später quietschten die Bremsen. " Was ist denn jetzt los. Wir können doch unmöglich schon da sein." Zögern erhob sich Migel und griff nach den Metallgriffen um das Fenster zu öffnen, er streckte den Kopf raus, um ihn danach rasch wieder zurück zu ziehen. Von draußen erklang lautes Stimmengewirr. Migel hatte sich wieder auf seinen Sitz fallen lassen. Mit fassungslosem Gesicht starrte er Integra an. "Das gibt es doch gar nicht." Als die fünf Reisenden wenige Augenblicke später aus dem Zug stiegen, konnten sie immer noch nicht begreifen was um sie herum geschah. Der Zug mit dem sie vor drei Stunden Rom verlassen hatten, stand jetzt als alte Dampflokomotive in einem ebenso altmodischen Bahnhof. Unter ihren Füssen knirschten grobgehauene Pflastersteine auf denen Menschen emsig hin und her huschten. Die Männer trugen zum größten Teil Umhänge und Zylinder, die Frauen waren ausnahmslos alle in lange, viktorianische Kleider gehüllt. Von der hölzernen Überdachung baumelten in messinggefasste Laternen herab, deren brennender Innhalt die ganze Szenerie gespenstisch beleuchtete. " Wo sind wir?" fragte Seras leise, während sie einen kleinen Jungen in abgerissenen Latzhosen dabei zu sah, wie er einen quietschenden Holzkarren mit riesigen Lederkoffern belud. Wie aufs Stichwort ertönte ein schriller Pfiff und dann schrie eine rauchige Stimme " London Hauptbahnhof nach Liverpool Abfahrt in wenigen Minuten! Zurücktreten bitte!" Dann ertönte noch einmal der Pfiff. Die Lok ließ eine weißte Dampfwolke in den Himmel zischen. Immer noch standen die vier Vampire und der Priester wie angewurzelt auf dem Bahnsteig. "Kann mir einer bitte erklären was hier gerade passiert?" hauchte Integra. "Sieht ganz danach aus, als wenn wir gerade selbst dabei sind die Grenzen von Raum und Zeit zu überschreiten." Sagte Alucard. Er sah über die Schulter zu einer Reihe von Kutschen hinüber, die am Rande des Bahnhofes standen. " Ich erkundige mich mal nach einer passenden Übernachtungsmöglichkeit." Damit ging er zu einem der Gespanne hinüber. Wenig später schnalzte die Peitsche und die Pferde trabten auf der holperigen Straße davon. "Hat jemand von euch spezielle Wünsche wo er gerne hin möchte?" Alucard schien das Ganze als großen Spaß anzusehen. Den anderen, war gar nicht zum Lachen zu Mute. Seras schüttelte fassungslos den Kopf " Wie kann den so was möglich sein. Ich meine wir waren doch noch eben im 21 Jahrhundert und jetzt zack, sitzen wir hier im 18 Jahrhundert und.." "Im 19." Verbesserte sie Migel. " und das scheint mir auch schon fast zu Ende zu sein." Er sah aus einem der kleinen Seitenfenster. " Merkwürdiges Gefühl, wenn man das alles noch mal sieht." "Bestimmt nicht viel merkwürdiger, als wenn man das hier alles zum ersten mal anschaut." Anderson, der die seit ihrer Ankunft nichts mehr gesagt hatte, sah mit beunruhigter Miene zu Integra hinüber. "Ich frage mich was das soll, das ist doch garantiert kein Zufall, das es uns ausgerechnet hier in verschlagen hat." Die Kutsche bremste plötzlich und alle mussten aufpassen, dass sie nicht von ihren Sitzen purzelten. Alucards Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln. "Scheinbar hat er das passende gefunden." Damit riss er die Tür auf und stieg aus. Die Kutsche hatte vor dem Zaun einer Villa angehalten, die im Schatten der Dunkelheit kaum zu erkennen war. " Was ist das denn für ein Schuppen?" fragte der Priester misstrauisch, doch Alucard antwortet ihm nicht, sondern öffnete mit einem kurzen Ruck, das Schloss des Eingangstores. Als sie die Auffahrt hoch liefen, lachte er leise. " Home sweet home." Ein leiser Wind rauschte durch die umherstehenden Bäume und übertönte das Knirschen der Tür die ächzend aus ihren Angeln gehoben wurde. Der Flur in den sie kurz danach traten war vollkommen zerstört. Von den samtigen Tapeten die einst die Wände bedeckt haben mussten, waren nur noch einzelne Fetzen übrig, die das nackte, verwitterte Mauerwerk bloß stellten. Die Fließen auf dem Boden waren zersprungen oder fehlten ganz, so das der blanke Erdboden zu ihnen hinauf schimmerte. Der Rest des Hauses war nicht weniger verkommen. "Wirklich ein sehr gemütliches Plätzchen das du für uns ausgesucht hast." Spottete Migel und blies mit einer übertriebenen Geste ein Haufen Staub von einem Kaminsims nach dem sie ihren Rundgang durch das Gemäuer beendet hatten. Überall waren die Spuren der Zeit mit hässlicher Sorgfalt eingegraben. Kein Teppich, keine Möbel, einzig allein ein paar alte Kisten standen in den Zimmern herum. " Wenn ihr mich fragt ist das hier kein besonders netter Ort der zum Verweilen einläd." "Man muss nehmen was einem angeboten wird." Alucard deutete zu den zerbrochenen Fenstern. "Dafür ist die Aussicht perfekt." Wie zu um seine Worte zu bestätigen frischte noch einmal der Wind auf, doch dieses mal war es kein Blätterrauschen, was an ihre Ohren Drang. Es waren laute Schreie, dich durch den Wind zwar gemildert, aber trotzdem immer noch klar zu verstehen waren. " Meister, Meister ich warte auf euch, ich warte auf euch!" Integra hob fragend den Kopf und ging näher an eines der Fenster heran. "Wo kommt das her?" " Keine Ahnung. Vielleicht übt da ein armer Schauspieler in der Abgeschiedenheit dieses verwilderten Gartens seine Rolle" Migel sah ebenfalls aus dem Fenster. " Vielleicht aber auch nur eine arme verirrte Seele die auf Erlösung wartet." Der schwarzhaarige Vampir drehte sich zu Anderson um. " Was ist Pater, wollen sie ihm nicht helfen seine Sünden zu bereuen." Er grinste schelmisch. " Wenn du ihm nicht helfen kannst, vielleicht kann ich es." Anderson Mine zeigte keine Regung. " Ihr könnt meinet wegen hier euern Tag verbringen. Ich für meinen Teil suche mir etwas passenderes. Meine Kleidung war Gott sei Dank nie von einer Mode abhängig." Damit drehte er sich um und verschwand. "Wo will der denn jetzt bitte schön hin." Seras war von Andersons plötzlichen Abgang leicht überrascht. "Er wird schon wissen was er tut und um ehrlich zu sein, finde ich es auch nicht besonders tragisch das er erst mal weg ist." Migel lockerte das Tuch an seinem Hals. " Wir müssen uns Morgen wirklich als erstes um die Klamotten kümmern, sonst laufen wir hier rum wie exotische Papageien." Sein Blick fiel wieder auf die Kisten. " Ich nehme an das, das da unsere Betten sind? Himmel wie lang ist es her, das ich gezwungen war in so was den Tag zu verbringen." Integra zuckte nur mit den Achseln. " Ich für meinen Teil gewöhne mich langsam daran." Noch einmal sah sie aus dem Fenster, doch die Schreie waren verstummt. Kapitel 24: Hunters moon ------------------------ I am the monster that breathing men want to kill. I am Dracula! Bram Stocker Der volle Mond bestrahlte wie eine silberne Scheibe die abendliche Oxford Street von London auf deren groben Kopfsteinpflaster trotz der fortgeschrittenen Stunde noch immer reges Treiben herrschte. Pferdefuhrwerke zogen klingelnd durch die schmale Gasse und eilige Fußgänger drängten sich laut schwatzend auf den noch schmaleren Gehwegen aneinander vorbei. Vor dem Schaufenster einer Apotheke, deren kleine Glocke über der Ladentür gar nicht still zu stehen schien standen die vier Vampire und schauten sich neugierig um. Seras kam seit ihrer merkwürdigen Ankunft gestern Nacht aus dem Staunen nicht mehr raus. O.k. sie war durch die Streifzüge mit ihrem Meister einiges gewohnt aber das hier war doch wirklich beindruckend, wo sie doch die Szenen um sie herum nur aus alten historischen Filmen kannte. Die viktorianischen Kleider in denen die Menschen herum liefen, die alten Öllaternen, die trotz ihrer Vielzahl kaum Licht spendeten, aber am beeindruckendsten war die Luft. Erst hatte sie es für Nebel gehalten, der über ihren Köpfen dahin wabberte, doch nach einiger Zeit war der unangenehme Ruß, der die Luft so schwer machte, in ihre Lungen gedrungen und seit dem wusste sie den Grund für das ständige Husten das die Leute von sich gaben. Einige hielten sich so gar beim gehen Tücher vors Gesicht, aber auch das schien nicht viel zu helfen. Seras grinste, in solchen Situationen war es gar nicht schlecht nicht mehr länger von seinen Atmungsorganen abhängig zu sein. Wieder schellte die Glocke und Integra dreht sich Stirnrunzeln um. Langsam ging ihr das ständige Gebimmel auf die Nerven. Alucard hingegen war immer noch bester Laune. Schwungvoll strich er den Saum des Umhangs den er trug, zur Seite und griff in die kleine Seitentasche seines neuen schwarzen Gehrocks. Grinsend zog er eine silberne Taschenuhr hervor, deren Deckel kurz danach aufschnappte. " Kurz nach neun. Eine hervorragende Zeit um zu Dinieren wie ich finde." Er sah mit herausfordernder Mine zu Migel hinüber, dessen Blick an einer jungen Frau hing, die schüchtern Lächeln an ihnen vorbei ging. " Das sehe ich genauso, wie steht es mit den Ladys?" Seras spürte wieder das Kribbeln auf der Haut, das sie schon kurz nach dem Erwachen befallen hatte, als sie sich fragte, wie sie wohl heute Nacht an ihre Mahlzeit kommen würden. Hier war die Chance auf Flaschennahrung gleich Null und Tiere waren auch unerreichbar. Darüber schienen ihr Meister und Migel aber nicht im entferntesten traurig zu sein, im Gegenteil. Pure Freude war in ihren Augen sichtbar. Als ihr Blick zu Integra hinüber glitt konnte sie ebenfalls einen ungewöhnlichen Glanz in ihren Augen aus machen. Anscheinend fiel es auch der eisernen Lady immer schwerer ihren unmenschlichen Triebe zu wiederstehen. " Wir sollten uns dafür aber vielleicht aufteilen und einen etwas ruhigeren Ort suchen, wo weniger," sie drehte sich erneut zu der bimmelnden Glocke um, " Durchgangsverkehr herrscht." Alucard lachte leise und bot ihr den Arm an. " Dann schlage ich einen kleinen Abstecher in den Covent Garden vor. Ich bin mir sicher da findet ihr was ihr sucht." Kurz darauf... Das laute Lachen das aus einem der Pubs auf die Straße hallte wurde durch den Pfiff, der aus der Trillerpfeife des Polizisten kam, je unterbrochen. "Feierabend für heute Leute, seht zu das ihr nach Hause kommt, das war die letzte Runde!" Die Protestrufe gingen im allgemeinen Gläserklirren und Stühle rücken unter und kurz darauf verließen die Menschen in kleinen Gruppen die Kneipe um ihren Weg nach Hause oder in anderen Betten zu finden. Integra hörte die Schritte schon als die zwei Männer auf den kleinen Gießweg einbogen, der durch die dichten Büsche führte. Schlagartig erwachte das Tier in ihrer Brust und fuhr seine gierigen Krallen aus. " Mann, oh Mann was für ein Mist, die verdammten Schwarzköppe kommen immer wenn es am lustiges ist." Fluchte der eine und spuckte aus. " Mein reden, mein reden! Das machen die doch extra!" erwiderte der andere und ließ ein heiseres Husten vernehmen. Seras entfuhr ein leises Knurren, als sie die zwei Schatten näher kommen sah. " Nicht das kleinste Bisschen Vergnügen wird einem gegönnt. Ich frag mich wofür leben wir eigentlich. Wir. Können auch gleich, oh hoppla wen haben wir den da. Guten Abend Ladys." Fast wäre die beiden in die zwei Frauen hinein gelaufen, die plötzlich wie aus dem Nichts vor ihnen aufgetaucht waren. Ihre weißen Gesichter schimmerten trotz der Dunkelheit wie zwei helle Masken. " Vorsicht meine Damen, das ist hier kein sehr sicherer Ort für zwei unschuldige Frauen." Sagte der größere von den beiden und tippte sich dabei an seine Schirmmütze, der andere kicherte zustimmend. " Das trifft sich ja gut." Sagte Integra kalt. "Denn wir sind alles andere als unschuldig." Daraufhin ertönte ein leises Knirschen, als sie den völlig verdutzten Mann vor sich packte und ihn in die Luft stemmte. Der andere, der fassungslos die bizarre Szene beobachte, spürte auf einmal einen festen Griff um seine Brust und dann wurde sein Kopf mit einem Ruck zur Seite gezogen. Mit weit aufgerissenen Augen und wild rundernen Armen versuchte sich der Mann aus dem Griff zu befreien, doch die Hände der Lady schienen aus Stahl zu sein. Sie hielt ihn wie eine Puppe vor sich und lächelte dabei, als wenn sie ein kleines Kind anschauen würde. Hinter ihm konnte er ein leises Gurgeln hören, das nach wenigen Sekunden verstummte. " Was soll das, wer sein ihr?!" schrie er verzweifelt. Die blonde Lady legte den Kopf schief, ihre merkwürdig schimmernden Augen immer noch auf ihn gerichtet. " Wer wir sind ist unwichtig, was wir sind ist bedeutend..." Plötzlich ließ sie ihn fallen und er prallte unsanft auf den Boden. Hastig beeilte er sich auf die Füße zu kommen. Dabei konnte er die Augen nicht von der schmalen Gestalt abwenden, die immer noch kalt lächeln vor ihm stand. Ihre Stimme war nicht viel mehr als ein Wispern, aber verstand eindeutig was sie ihm sagte. " Na los, lauf! Lauf so schnell dich deine Beine tragen." Das ließ er sich nicht zweimal sagen und wie ein panisches Tier rannte er los. Seras blickte ungläubig hinter dem Flüchtenden her. "Warum?" Doch Integra unterbrach sie flüsternd. "Er hat recht, es ist nicht der Reiz des Trinkens der zählt, es ist der Reiz der Jagt." Damit sprang sie auf einmal nach vorn und im nächsten Moment hechtete ein schneeweißer Wolf an Seras vorbei in die Dunkelheit hinein. Atemlos lauschte Seras in die Stille hinein, die augenblicklich von einem durchdringenden Schrei zerrissen wurde. Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort in London "Ich muss ehrlich zu geben, das ich es durchaus genieße hier zu sein." Migel ließ mit vergnügter Mine die Spitze seines Spazierstocks auf dem Pflaster tanzen. " Ich finde dieses Jahrhundert war eines der schielernsten und aufregernsten." "Und eines der bequemsten." Fügte Alucard hinzu und tippte grüßend an die Krempe seines Hutes, als sie an einer Gruppe von Frauen vorbei kamen. Migel grinste breit. "Durchaus, durchaus. Wobei ich die Pall Mall und die St. James' Street dem East End immer vorgezogen habe." Jetzt war es Alucard der grinste. " Wobei ich immer noch der Meinung bin das du in der Hinsicht wirklich was verpasst hast." Migel hob fragend eine Augenbraue und schien nicht sehr überzeugt. " Ich glaube das ein Monster in den Straßen mehr als genug aufsehen erregt hat." Sie überquerten jetzt die Bloomsbury Street und an ihrer Seite tauchten die gewaltigen Mauern des British Museums auf. Plötzlich schien Migel etwas einzufallen. " Wenn ich mich recht erinnere war es auch dieses Jahrhundert, wo du," er zögerte für einen Moment " deine schwerwiegende Entscheidung gefällt hast. Der schwarzhaarige Vampir spitzte die Lippen. " Richtig, aber du musst zugeben, das dieser Schritt durchaus eine gute Idee war." Jetzt lachte Migel. " Ja, das muss ich, der Preis war hoch, doch durchaus angemessen. Sie ist wirklich außergewöhnlich." Dann wurde er wieder ernst. " Darf ich dir eine sehr persönliche Frage stellen, hast du je daran gezweifelt, dass sie dir eines Tages folgen wird?" " Nun, wenn ich ehrlich bin, war ich mir manchmal nicht ganz sicher, ob ihre Loyalität nicht größer ist als ihr Stolz aber die Ereignisse zeigten das ich mich nicht in ihr geirrt habe. Ich muss allerdings gestehen das ich durch aus manchmal ein wenig ungeduldig wurde. Außerdem war es nicht ganz einfach meine wahren Absichten vor Walter zu verbergen." Migel runzelte fragend die Stirn. "Walter?" "Der Butler der Familie Hellsing," erklärte Alucard rasch. "Ein durch und durch ergebender Diener des Hauses und treuer Gefährte ihres Vaters. Er hat selbst in seinen jungen Jahren bei der Aufgabe welche die Hellsings mir gestellt haben tatkräftig mitgeholfen. Er war ein Meister seines Fachs." Migel sah auf einmal etwas verdrießlich drein. " Diese Aufgabe hat dir allerdings wenig Sympathien in den eigenen Reihen beschert mein Freund." Alucard lachte " Im Endeffekt habe ich unserem Volk nur einen Dienst erwiesen. Es waren durchweg nur die unwürdigen Kreaturen unter uns die ich beseitigt habe. Auffällige kleine Schmarotzer, die meinten die Ewigkeit entweder jedem zu Teil werden zu lassen oder sich mit ihren Fähigkeiten vor den Augen der Sterblichen brüsken zu müssen." "Oder sie auf billige Art und Weise zu kopieren." Nickte Migel. Er lächelte bei Alucards überraschtem Gesicht. "Oh, die Kunde über diese Freaks verbreitete sich schnell, auch die Sache mit den Wölflingen. Wobei ich deren Dezimierung durch aus begrüßt habe." Alucard nickte ebenfalls. " Seras sah das leider ein wenig anders. Sie hat sich meiner Meinung nach ein wenig zu gut mit ihnen verstanden. Die kleine Lady ist noch immer nicht über ihre Menschlichkeit hinweg fürchte ich, obwohl das Tier in ihr immer mehr die Oberhand gewinnt. Sie kämpft einen aussichtslosen Kampf, aber das weiß sie glaube ich selbst." "Ein Zeichen für einen starken Charakter meiner Meinung nach." Erwiderte Migel. Alucard strich sich kurz über den Saum seines Umhangs. " Das sehe ich auch so." Sie bogen jetzt in den Montague Place ein. Migel warf einen Blick über die Schulter. " Wird Zeit das wir uns um ein wenig Vergnügen bemühen. Wonach steht dir der Sinn? Ein edler Tropfen oder reicht dir das Gewöhnliche?" "Ist das eine ernst gemeinte Frage?" war die Antwort und beide lachten. Seras musste auf die Rücker von Integra nicht lange warten. Sie erschien nach einer kurzen Weile mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck zwischen den Hecken und zusammen verließen sie den Park in Richtung Aldwych. Integra sah zu den Fasen der verschiedenen Theatern empor die sich aneinander Reihten. " Ich muss dem guten Anderson recht geben, schon ein merkwürdiges Gefühl, das alles hautnah zu erleben." Sagte sie plötzlich und Seras nickte zustimmend. " Vor allem diese Gerüche." Integra lachte. " Ja, stimmt, die moderne Kanalisation liegt noch in weiter Ferne, aber es liegt wahrscheinlich auch daran das wir uns ziemlich nah am Fluss aufhalten." Wie zur Bestätigung ertönte ein Schiffshorn. Seras hob die Spitze ihres Kleides ein Stückchen an, als sie an einem übelaussehenden Haufen Dreck vorbei kamen. " Kein Wunder das es hier einige an finsteren Krankheiten dahinrafft." Sie kamen gerade an einem der Haupteingänge eines der Schauspielbühnen vorbei, als eine imposante Droschke neben ihnen unter lautem Ho,Ho Rufen des Kutschers halt machte. Der Mann sprang von seinem Bock und öffnete schwungvoll die Tür, als zwei Herren durch die Eingangstür nach draußen traten. " Mal wieder eine wundervolle Vorstellung Sir." Sagte der eine, der den anderen um einen halben Kopf überragte. Als er Integra und Sera das Gesicht zu wandte blieben beide wie versteinert stehen. " In der Tat Walter, in der Tat. Wobei ich finde das dem alten Sir Oliphant keiner das Wasser reichen kann." Der Kutscher verbeugte sich tief als der kleinere der beiden, ein älterer Herr mit dichten grauen Harren, strengen hagerem Gesicht und blauen Augen in die Kutsche einstieg. " Nach Hause Sir Hellsing oder wünschen sie noch einen kleinen Abstecher in die Drury Lane?" fragte er, doch der Mann winkte ab. " Nein, ich denke Walter und ich haben für heute Abend genug, danke Johnssen." Damit verschwand auch der andere in der Kutsche und die Pferde setzten sich kurz darauf in Bewegung. Zurück blieben Seras und Integra die sich mit offenen Mündern und fassungslosen Gesichtern ansahen. Der zarte Klang einer Geige erfüllte den Raum und einige der Gäste erhoben sich um in der freien Mitte zu tanzen. Migel reichte der jungen Frau neben sich auffordern die Hand. Ihre Augen strahlten als sie sich in seine Arme warf und er sie herumwirbelte. Alucard lächelte amüsiert, als er sie beobachtet. Migel schien sie völlig in seinen Bann gezogen zu haben, den ihre Augen lösten sich keinen Moment von seinen. " Ein wirklich charmanter Gentleman ihr Freund." Sagte eine zarte Frau, die neben ihm am Tisch saß. Ein Kranz von braunen Locken umrahmten ihr rot gepudertes Gesicht. " Oh ja, seine Wirkung auf das zarte Geschlecht ist beeindruckend." Sie hob ihr Kristallglas und prostete ihm zu." Ich bin mir sicher das ihre Wirkung nicht minder beeindruckend ist." "Los hinter her. Ich muss wissen, wo sie hin fahren!" Integra winkte eine der Kutschen und Seras beeilte sich hinter ihr einzusteigen. " Folgen sie einfach der schwarzen Droschke da vorn!" rief Integra dem Fahrer zu. Migel kam an den Tisch zurück und sein Blick fiel auf die braunhaarige Frau, die mit leicht geöffneten Mund zusammengesunken neben Alucard saß. Sie schien eingeschlafen zu sein. Alucard hob eine der Servierten vom Tisch und fächelte ihr Luft zu. "Ich fürchte die Lady ist ein wenig erschöpft." Er grinste breit, "Vielleicht ist es aber auch Blutarmut die sie quält." Er griff nach ihrem rechten Handgelenk, dessen bleiche Haut von zwei dunkel roten Wunden entstellt war. Er fuhr kurz mit seiner Zunge darüber hinweg und sie verschwanden augenblicklich. "Wie schade, dann werden wir uns wohl alleine amüsieren müssen." Die junge Frau mit der er getanzt hatte kam zu ihnen herüber. Sie hatte ihren Mantel geholt. Ohne die andere Frau zu bemerken wandte sie sich wieder an Migel. " Sind sie immer noch bereit mir die Geheimnisse der Sterne zu zeigen?" fragte sie aufgeregt und ihre Augen funkelten. " Aber natürlich." Erwiderte Migel und warf Alucard einen vielsagenden Blick zu." Ich denke das die Abgeschiedenheit des Gartens dafür hervorragend geeignet ist." Darauf hin verschwand er mit ihr durch einen der Seitentüren. Alucard wandte sich noch einmal an die tote Frau neben sich. " Ich fürchte das ich ihnen nicht länger Gesellschaft leisten kann Gnädigste, aber ich denke das sie darauf ohne hin keinen Wert mehr legen." Die schwarze Droschke hielt vor einem schmiedeeisernen Tor, das von einem weiteren Mann mit einer Laterne in der Hand geöffnet wurde. Die Kutsche von Integra und Seras hielt in einigem Abstand. "South Kensington." Murmelte Integra. "Was machen wir jetzt?" fragte Seras und versuchte dabei einen Blick durch die Gitterstäbe des Tores zu werfen. Integra zögerte kurz. "Wir kehren zur Villa zurück. Ich denke für heute Abend haben wir genug erlebt." "Ein wundervoller Sternenhimmel" das feine Gesicht der blonden Frau strahlte zum Himmel über ihr hinauf, als sie den Kopf in den Nacken warf. Migel griff nach ihrer schmalen Taille und stellte sich dabei vor sie. Seine Fingerspitzen glitten über die gespannte Haut ihrer Wangenknochen. Sie schloss mit einem leisen Stöhnen die Augen. " Das Geheimnis der Sterne liegt in ihrer Fähigkeit der Zeit zu wiederstehen," sagte er und das grün seiner Augen wurde heller und heller. " Unsterblichkeit ist ihr Geheimnis." Plötzlich legte sich eine weitere Hand auf die nackte Schulter der jungen Frau, deren Finger sich mit einer sanften Bewegung um ihren Hals legten. Erschrocken öffnete sie für einen kurzen Moment die Augen doch ein kurzes Blinzeln von Migel genügte und ihre Lider schlossen sich erneut. " Aber nicht jedermanns Sache." Flüsterte Alucards Stimme als sein Kopf hinter ihren Haaren auftauchte. Migels Lippen verzogen sich zu einem dünnen Lächeln, das seine wachsenden Zähne nicht länger aufhalten konnte, als er beobachtete wie Alucard sein Gesicht an den zarten Hals der Lady schob. Unter ihrem erstickten Aufschrei und der schwarzen Mähne bahnten sich zwei dünne, rotschimmernde Fäden ihren Weg über ihre Brust. " So ist es, nicht jedermanns Sache." Damit durchdrangen Migels Zähne die andere Seite ihres Halses und allein die Sterne beobachten das Sterben, das sich unter ihnen vollzog. Integra und Seras saßen nach ihrer Rückkehr stumm auf den Holzkisten. Keiner von beiden sprach ein Wort und außer dem leisen Rufen eines Käuzchens das draußen in einem der Bäume umherflog war nichts zu hören. Nach einer Weile brach Seras schließlich das Schweigen. "Vielleicht haben wir uns ja auch geirrt und das war gar nicht ..." "Du hast ihn doch selbst gesehen." Unterbrach Integra sie grob. " Willst du mir etwa erzählen das du ihn nicht gleich erkannt hast?" Seras schwieg, Integra hatte recht, natürlich hatte sie ihn gleich erkannt, er war ihm ja auch wie aus dem Gesicht geschnitten. Für einen Moment lang hatte sie so gar geglaubt ihrem Walter gegenüber zu stehen. Das lange Gesicht mit der charakteristischen Nase und so gar der Monokel klemmte im rechten Auge. Seras musste trotz allem grinsen. Selbst die Stimme war die gleiche. Integra schien ähnliches zu denken. " Fast hätte ich seinen Namen gerufen." Sie fuhr sich mit beiden Händen durchs Gesicht. "Das ist doch wirklich unglaublich." Draußen begann es langsam zu dämmern. Seras hob alarmiert den Kopf "Wo bleiben den die anderen bloß?" Integra winkte müde ab. "Um die zwei müssen wir uns glaube ich am allerwenigsten Sorgen machen. Was mich ehrlich gesagt mehr interessiert ist was Anderson die ganze Zeit über getrieben hat." Plötzlich ertönte das Getrappel von Pferden und kurz darauf hörten sie die lachenden Stimmen von Alucard und Migel. "Na bitte was habe ich gesagt." Seufzend rutschte Integra von der Kiste hinunter. " Am besten behalten wir unser kleines unheimliches Erlebnis erstmals für uns einverstanden?" Die kleine Vampirin nickte, als auch schon die morsche Tür aufschwang und Alucard gefolgt von Migel herein kam. "Ah, wie schön die Damen sind schon da." Er griff mit einer eleganten Drehung nach dem Stoff von Integras Kleid und zog sie so zu sich heran. Sie sah ihm überrascht in seine rotglühenden Augen. "Ihr scheint euch deinem Temperament nach ja prächtig amüsiert zu haben." Statt einer Antwort küsste er sie. "Oh ja Migel und ich haben ein paar gute alte Zeiten wieder auf leben lassen und was war mit euch? Habt ihr auch den Abend genossen?" " Jap, auch wir haben einen Abstecher in die Vergangenheit gemacht." Sagte Seras trocken und sah dann rasch in eine andere Richtung. " Na dann sind ja alle zufrieden." Migel rammte seinen Spazierstock in eine der losen Dielenbretter. "und wir können uns alle in unsere komfortablen Betten legen." Kapitel 25: Quod me nutrid, me destriud --------------------------------------- Das heftige Pochen an der Tür ließ ihn zusammen fahren. Er hob ruckartig den Kopf und blinzelte. Dann nahm er seine Brille ab und rieb sich mit müden Fingern über die Augen. Der Raum war zwar mit Unmengen von Schreibtischlampen bestückt, trotzdem taten ihm nach stundenlangem Lesen die Augen weh. Wieder ertönte das dringliche Klopfen und er räusperte sich kurz bevor er den dürren Mann herein bat, der hinter der Tür gestanden hatte. Sein schütteres Haar stand ihm wirr vom Kopf ab und er schwitzte, was die kleinen funkelnden Schweißperlen auf seiner Stirn verrieten. Er langte in die Innentasche seines Anzugs um sie mit einem Taschentuch fort zu wischen. "Ich habe das gesamte Archiv der Universität durchsuchen lassen Pater." Stotterte er nach dem er fertig war. " Wir haben wirklich jeden Winkel abgesucht, aber das von ihnen verlangte Werk befindet sich nicht in unserem Besitz." Entschuldigend breitete er die Arme aus. " Ich bin untröstlich." Anderson setzte die Gläser wieder auf und winkte erschöpft ab. " Machen sie sich darüber keine weiteren Gedanken Administrator. Ich werde an anderer Stelle meine Suche fortsetzten." Er rückte den Stuhl auf dem er saß nach hinten und sammelte die Blätter ein, auf denen er sich ein paar Notizen gemacht hatte. Er war nicht wirklich weiter gekommen. Noch immer war kein System sichtbar das die Ziele deren offenbarte, die für das Treiben verantwortlich waren. Das einzige was deutlich zu erkenn war, war die Manipulation der Geschichte. Auch hier waren Erinnerungen und Ereignisse verschwunden, wobei es seltsam war, das anscheinend nicht alle religiösen Abbildungen betroffen waren. Er sah aus einem der Fenster zur St. Johns Kapelle hinüber, deren Schatten die Dächer der übrigen Collegegebäude verdeckte. Der viereckige Turm war immer noch präsent und er hörte wie die Glocken dumpf anfingen zu schlagen, als sich die erste Morgenröte am Himmel zeigte. In Integras Kopf kreisten immer noch die Bilder der Nacht umher. Das Gesicht des Mannes der ihr Ur, Urgroßvater gewesen war, verfolgte sie und seine stahlblauen Augen schienen sie wie zwei Pfeile zu durchbohren, als sie an sie dachte. Sie wandte unruhig den Kopf zur Seite. Sie hatte sich wie eine Katze in der engen Kiste zusammengerollt deren muffiger Geruch sie einnebelte. Vor Seras hatte sie es nicht so offen zugeben wollen, aber was sie wirklich am meisten interessierte war, ob ihr Ururgroßvater bereits mit seiner Arbeit begonnen hatte, die einmal das Leben der Familie Hellsing bestimmen sollte. Weit fort von alle dem..... Als die schwere Tür mit einem Knall ins Schloss fiel, dröhnte der Klang noch eine Weile von den steinernen Wänden nach. Die stummen Figuren akzeptieren den Eindringling, der die feierliche Ruhe mit seinen Schritten störte und ließen ihn gewähren, als er sich auf einem der schmalen Holzbänke nieder ließ um zu beten. Seine Finger umschlossen den Rosenkranz in seinen Fingern als er stumm die Worte formte, die ihn daran erinnerten, welche Aufgabe er auf Erden hatte auch wenn sie schwieriger erschien als erwartet. Anderson streckte sich ächzend, als er nach einer Stunde die Räume der Bibliothek verließ und sich über den Westflügel zum Haupteingang der Universität begab. Das Zwitschern der Vögel blies die Anstrengungen der Nacht aus seinen Gliedern und er macht sich auf um in einer der zahlreichen Gassen sein Frühstück einzunehmen. Er musste nicht lange suchen. Schon an der nächsten Ecke winkte ein hölzernes Schild mit dem Abbild eines roten Löwen und als er durch die Tür in den kleinen gemütlichen Pub trat kam ihm der Besitzer mit lächelndem Gesicht und roten Backen schon entgegen. " Guter Morgen Hochwürden. Mit was darf ich einem Mann der unserem Herrgott so nah steht wie kein zweiter, denn so früh am Morgen schon eine Freude machen?" Anderson grinste leicht gequält zurück. Diese protestantischen Heiden waren wirklich schwer zu ertragen. " Ein gutes englisches Frühstück wäre mir recht." Der Mann nickte zufrieden und verschwand dann hinter der Theke. " Susan! Ein Frühstück für den Pater und das beste Geschirr freilich!" Er nickte wieder lächeln zu dem blonden Priester hinüber, der sich auf einem der Fensterplätze niedergelassen hatte. "Darf man fragen, was euch in unsere Gegend treibt? Mir scheint ihr kommt nicht von hier." Doch nicht so blöd wie er aussieht, dachte Anderson bevor er antwortete "Die Wissbegier mein Freund, die Wissbegier nach den unergründlichen Wegen des Herrn. " Wohl dann, wohl dann. Ich bin mir sicher das ihr sie hinter den zahlreichen Wänden unserer Bibliotheken finden werdet." Plötzlich öffnete sich die Tür und ein Zeitungsjunge kam herein. Er hob grüßen die Hand und sah sich dann rasch nach Kundschaft um. Er wollte sich schon frustriert umwenden, als die Stimme des Paters in innehalten ließ. " Eh, Junge was macht die Ausgabe?" "5 Pence Sir, heute mit einer großen Extraseite über das Treiben in London." Flink wie ein Eichhörnchen griff er nach dem Geldstück das Anderson ihm zuwarf und reichte ihm dafür eine zusammengerollte Ausgabe. Zufrieden trollte er sich und der Wirt begann den Tisch zu decken. Die grünen Augen huschten hinter der Brille emsig über die erste Seite. Wirklich interessant ein Stück Geschichte als Gegenwart in den eigenen Händen zu halten. Er wollte schon anfangen zu blättern, als sein Blick bei den Todesanzeigen hängen blieben. London 26 September 1847, Mit tiefer Erschütterung müssen wir den plötzlichen Tod unserer Tochter Lilie Elisabeth Fox bekannt geben, die in den frühen Morgenstunden an den Folgen ihrer plötzlichen Blutarmut verstorben ist. Die Familie in tiefer Trauer. Auf den ersten Augenblick schien diese Anzeige nicht weiter verwunderlich, doch es war nicht die einzige. Die Folgenden waren in einem ähnlichen Stil verfast und ein paar Zeilen weiter konnte man lesen. Die Bewohner Londons scheinen seit einigen Tagen mit einer nicht zu erklärenden Krankheit zu kämpfen, die in einigen Teilen der Stadt ihr Unwesen treibt. Die Betroffenen leiden an schrecklicher Erschöpfung und Appetitlosigkeit, die sie einige Tage ans Bett fesselt. Die Haut erscheint unnatürlich blas und manch einer beklagt sich über grauenhafte Alpträume. Einige erholen sich nach einigen Tagen Ruhe, andere wiederum erliegen ihrem Leiden ohne das eine angewandte Behandlung Wirkung zeigt. Es scheint sich um eine heimtückische Infektion zu handeln, die das Blut zu vergiften scheint. Die Ursache dafür ist aber weiterhin ungeklärt. Langsam fuhr sich Anderson mit dem Finger übers Kinn. Eine geheimnisvolle Krankheit also, ihm schien es nur all zu klar, was der wirklich Grund für das plötzliche Sterben war. Er begann die Seiten durchzublättern und auf der Vorletzten stockte er erneut. Es dauerte nur ein paar Minuten um den Artikel zu lesen. Zufrieden faltete Anderson die Zeitung zusammen und griff anschließend nach seinem Kaffee. Die letzte Nacht mochte nicht erfolgreich gewesen sein, da für die Nächste um so mehr. Viele Stunden später.... Der sanfte Hauch seiner Lippen weckte sie aus ihrem unruhigen Schlaf. Auffordernd begannen sie ihre zu necken, indem sie frech nach ihnen schnappten. Integra schlug hastig die Augen auf. Für gewöhnlich liebte sie seine Art sie zu umgarnen, doch heute Nacht war sie einfach zu unruhig für dieses Spiel. Alucards Gesicht tauchte vor ihr auf, seine schwarzen Haarsträhnen fielen auf sie herab als er sie erneut küsste. " Alles in Ordnung?" fragte er, mit leicht hochgezogenen Augenbrauen. Sie lächelte matt. "Ja wieso?" "Du wirkst so aufgekratzt. Ich konnte es den ganzen Tag über fühlen, was ist los?" Sie versuchte ihrer Stimme einen möglichst natürlichen Klang zu geben. " Nichts, ich bin nur noch ein bisschen durcheinander was unsere Situation angeht." Er lächelte jetzt. " Dabei scheinen du und Seras ja ganz gut mit diesen neuen Umständen klar zu kommen, wenn ich das mal so sagen darf." Sein Gesicht glitt langsam an ihrem vorbei, so das seine Lippen ihr Ohr berührten. " Ich konnte deine Erregung spüren gestern Nacht, als du ihm nach gejagt bist." Integra fühlte wie sich trotz ihrer Gedanken ein Kribbeln auf ihrer Haut ausbreitete. Wieder hörte sie das Flüstern seiner Stimme. " Die Extase die einem die Angst der Opfer bereitet ist kaum auszuhalten nicht war." Integra stöhnte leise bei der Erinnerung und spürte wie seine Zähne begannen ihren Hals zu erkunden. " Nun, wie gefällt es dir zu sein wer du wirklich bist? Ist es nicht ein Genuss, sich seinen verborgenen Trieben hingeben zu dürfen, sich den Fesseln der Moral zu entziehen? Ich muss gestehen, ich habe mich nie besser gefühlt. Ein köstlicher Rausch, den du mir bereitest." Mit einem leisen Knurren biss er zu und Integra warf mit einem heftigen Aufschrei den Kopf nach hinten. "Es ist so eine amüsante Tatsache, das ausgerechnet wir dieses Vergnügen teilen und doch ist es genau das was uns davor bewahrt uns rechtfertigen zu müssen. Ungebunden von Raum und Zeit, frei in seinem Handeln und Denken, einfach das zu tun wonach sich das Gefühl sehnt, nicht der Verstand. In Zeiten wie diesen wird mir das besonders klar...." Zufrieden musterte Anderson die silberne Klinge bevor er sie zusammen mit der anderen unter seinem Talar verschwinden ließ. Das schweißnasse Gesicht des Schmieds verzog sich zu einem glücklichen Lächeln als der Priester ihm ein kleines Dickes Säckchen in die schmutzigen Hände drückte. "Vielen Dank Hochwürden, es war mit ein besonderes Vergnügen ihren Wünschen nachkommen zu dürfen." Anderson nickte ihm stumm zu und wandte sich dann zum gehen. Auf der Straße atmete er durch. Am Horizont zeigten sich bereits die ersten Sterne, als er seine Schritte zu einer wartenden Kutsche führte. Es hatte ihn den ganzen Tag gekosten diese Arbeit verrichten zu lassen. Es war gar nicht so einfach gewesen die erforderlichen Mengen an hochwertigen Material aufzutreiben, aber schließlich galt es seiner Pflicht nachzukommen und da waren alle Möglichkeiten erlaubt. Als er sich in die ausgebeulten Sitze niederließ, faste seine rechte Hand nach den in Leder gebundenen Griffen. Sie lagen wie die anderen gut und sicher in den Fingern und das war wichtig, denn jeder Stich sollte ja schließlich ein Treffer sein. Die Kutsche bog jetzt in Richtung Süden ab, langsam wurden die Häuserreihen etwas lichter und dann blitzten die weiten Reihen offener Felder vor ihm auf. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht begann er die Worte des Vaterunsers vor sich hin zu murmeln. "Und was machen wir heute Nacht? Ich schlage vor wir kümmern uns mal um eine Möglichkeit von hier weg zu kommen oder diese Zeitveränderungen gehen unaufhaltsam weiter." Migel sah jeden an, dann blickte er aus dem Fenster. " Anscheinend hält sie zwar gerade etwas auf, aber ich befürchte das wird nicht von all zu langer Dauer sein." Alucard nickte und zog die Schleife um seinen Hals zu recht. " Die Frage ist nur wo suchen und vor allem wo nach. Die kleine Brillenschlange hat wohl schon eine Spur aufgenommen, sonst wäre er schon längst wieder aufgetaucht, ich bin nur gespannt, wann er uns davon in Kenntnis setzt." Er setzte sich seinen Zylinder auf und streckte Integra hilfreich die Hand entgegen. " Was ist dein Vorschlag?" Sie zögerte kurz bevor sie ihm antwortete " Ich würde sagen wir teilen uns noch mal auf. Du und Migel versuchen es heute mal in der Nationalbibliothek und Seras und ich wir," sie zögerte erneut, " Wir klappern alle möglichen kirchlichen Bauten ab, vielleicht ergibt sich ja einen Sinn aus den Veränderungen." Sie verließen gemeinsam das Haus. Wie auf Kommando hielt vor dem Tor eine Kutsche. Alucard öffnete die Tür und ließ die Frauen einsteigen. " Gut, wir treffen uns dann bei Tagesanbruch wieder hier, einverstanden?" Integra nickte hinter der halbgeschlossenen Scheibe, dann ließ der Kutscher die Pferde antraben. Als sie hinter der nächsten Straßenecke verschwunden waren, drehte sich Alucard mit einem vielsagenden Lächeln um. " Wenn du nichts dagegen hast würde ich zuvor noch eine Kleinigkeit erledigen. Ich komme dann nach." Migel breitete mit einer leichten Verbeugung die Arme aus. "Kein Problem. Ich habe mich schon gefragt wann du deinen Schüler endlich besuchen willst, wo er doch schon so ungeduldig auf dich wartet." Als die beiden Vampire aus ihrem Sichtfeld verschwunden waren beuget sich Integra aus dem Seitenfenster. Seras konnte hören wie sie dem Kutscher etwas zu rief, dann zog sie wieder den Kopf zurück. " Wohin fahren wir denn jetzt?" Integra runzelte die Stirn. " Dahin wo wir gestern aufgehört haben." Das Geschrei der Insassen wurde langsam leiser. Krachend ließ der Wächter die vergitterte Tür hinter sich ins Schloss fallen. Mit einem heftigen Ruck riss er sich den hölzernen Helm vom Kopf, der ihn vor den unkontrollierten Schlägen und Tritten der Kranken schützte, doch vor dem ekelhaften Geruch ihrer Exkremente konnte auch er nichts ausrichten. Langsam begann er den Wasserschlauch zusammenzurollen, der wie eine leblose Schlage vor seinen Füssen lag. Wenn die Doktoren ihre abendliche Runde beendet hatten war das eiskalte Wasser oft nicht mehr von Nöten um die Schlimmsten unter ihnen im Zaum zu halten. Das besorgte dann das Opium, das man ihnen in die Venen spritzte. Erst begaren sie sich wie wilde Tiere, bis das Gift ihre zermürbten Gehirne erreicht hatte und sie mit verzückten Augen und sabbernden Mündern in eine Traumwelt holte, aus der das Erwachen den schlimmsten Alptraum darstellte. Er setzte sich zu seinem Kollegen in die kleine Kammer und gemeinsam begannen sie ihre Nachtwache mit einem ordentlichen Schluck Bier. Als er ein Stück Schinken hinterher schob, dachte er an den Patienten in Zelle 4, der erst seit einer geraumen weile hier herumschrie. Ein ehemaliger Rechtsanwalt der von heute auf Morgen den Verstand verloren hatte. Die Ärzte vermuteten eine heimtückische Krankheit die sein Gehirn befallen hatte, anscheinend hatte er sie aus seiner letzten Dienstreise eingeschleppt. Wieder griff er nach seinem Bierkrug. Egal was es war dem armen Kerl war eh nicht mehr zu helfen. Der begann fortwährend alles in sich hineinzustopfen, was in seiner Zelle herum krabbelte, bei dem Gedanken daran wurde ihm übel und er begann hastig mit seinem Kollegen über den neusten Klatsch der Umgebung zu diskutieren. Die Kutsche hielt erneut vor dem grünen Tor, das im Mondlicht aufleuchtete, als Integra mit Seras die Kutsche verließ. Leise entfernten sich die klappernden Hufe und die beiden Frauen liefen langsam an der dicht bewachsenen Mauer entlang in der ein leichter Wind die Blätter rascheln ließ. Außer dem blassen Strahlen des immer noch vollen Planenten herrschte tiefe Dunkelheit um sie herum, doch für Integras Augen war es taghell und sie griff plötzlich nach einer nackten Stelle dich sich zwischen dem satten Grün das sich engumschlungen an den Steinen empor schlängelte auftat. "Hier können wir durch" flüsterte sie leise und dann war sie auch schon verschwunden. Seras stellte sich an die gleiche Stelle und auch sie durchglitt die Barriere in einem Augenblick. Sie standen jetzt in einem prächtig gepflegten Garten, deren feingeschnittener Rasen wie ein Teppich zu einer kleinen Terrasse einer ebenso prachtvollen Villa führte. Hinter den hohen Fenstern brannten Lichter und die Seras konnte die emsige Bewegung zweier Schatten ausmachen, die sich hinter dem Glas bewegten. "Was jetzt?" fragte sie vorsichtig. Sie hatte sich zwar schon gedacht, das Lady Integra nicht einfach so an der Türglocke ihrer Ururgroßvaters klingeln wollte, aber was genau die Lady vorhatte konnte sie beim besten Willen nicht ahnen. Die holt auf einmal tief Luft. "Du wartest hier, ich bin gleich wieder zurück." Dann verschmolz ihr Körper mit der Umgebung und Seras konnte nur noch einen schwarzen Umriss ausmachen, der sich langsam über die Grashalme in Richtung des Hauses davon machte. "Meister, Meister! Ich warte auf dich! Ich bin hier!" krächzte er und schlug dabei immer und immer wieder mit seinem Blechdampf gegen die Eisenstäbe vor seinem Fenster. Trotz der Zwangsjacke hatte er es geschafft seine Arme aus den dicken Ärmeln zu befreien und die Wärter scherten sich nicht darum, so lange er sie nicht versuchte anzugreifen. Aber warum sollte er, sie waren diese Mühe eh nicht Wert und wenn er erst mal das bekommen hatte was sein Meister ihm versprochen hatte, dann waren sie eh nicht mehr als ein paar lästige Fliegen für ihn die er mit einem Schlag beseitigen konnte. Ein heftiger Hustenanfall zwang ihn für einen Moment seine Arbeit zu unterbrechen. Er spuckte keuchend aus. Kleine, schwarze Sprenkel verteilten sich vor ihm auf dem Boden und das Mondlicht ließ sie wie funkelnde Diamanten aufleuchten. Er schluckte angeekelt, die bitteren Körper waren gar nicht das Schlimmste, die harten, rauen Schalen kratzen viel mehr im Hals, wenn er sie nicht im ganzen runter bekam und sie wohl oder übel erst zerbeißen musste, aber grinsen sah er mit zwinkernden Augen in die Nacht hinaus, bald würde er etwas besseres bekommen, das wusste er und darum nahm er all dieses Leiden in Kauf. Integra hatte jetzt die Terrasse erreicht und sah nun durch eines der Fenster in eine gemütliche Stube hinein in der ein knisterndes Feuer in einem prachtvollen Kamin vor sich hin brannte. Vor dem Kamin waren zwei mit rotem Samt bezogene Ohrensessel gestellt worden die durch einen kleinen Tisch getrennt wurden, auf denen zwei volle Gläser standen. In einem der Sessel saß jemand. Doch durch die große Ohrenfläche konnte Integra nur den Körper der Person ausmachen, die in einer eleganten Haltung die Beine über einander geschlagen hatte und die behandschuhten Hände auf dem wippenden Knie ruhen ließ. Auf einmal hörte das Wippen auf und eine Tür öffnete sich. Wieder zog Integra tief die Luft ein. Im Rahmen stand der Mann, der gestern vor ihren Augen die Kutsche bestiegen hatte, der Mann dessen Gesicht einmal neben dem ihres Vaters hängen sollte. Seine strahlenden blauen Augen richteten sich auf den Ohrensessel, als er nun eintrat und die Tür hinter sich schloss. Die Gestalt rührte sich nicht. " Es ist mir eine Freude sie in meinem Hause begrüßen zu dürfen. Ich befürchtete schon sie würden meiner Einladung nicht folgen, auch wenn ich inständig hoffte das sie es täten." Noch immer blieb der Besuch im Sessel stumm. Der alte Mann ging nun auf das Feuer im Kamin zu, das immer noch hohe orange Flammen in den Abzug schickte. " Ihr seid ein faszinierendes Wesen, das meinen Respekt verdient. Ihr habt einst alles verloren Graf was euch auf Erden lieb und teuer war. Eure Habe, euren Ruhm und zum Schluss sogar euer Leben." Plötzlich ertönte eine Stimme, die Integra einen Schauer über den Rücken jagen ließ. " Verrat war es der mich umbrachte. Der Neid derer die gerne selbst an meiner Stelle gestanden hätten Doktor!" Das bärtige Gesicht des kleinen Mannes verzog sich nun zu einem freundlichen Lächeln, als er sich jetzt in den leeren Sessel setzte und nach dem Glas griff. " Ich kenne eure Geschichte Prinz Dracul, habe sie ausführlich studiert. Ein ungekrönter König, dessen Fall nicht sein Untergang sondern seine Auferstehung war." Sein Gegenüber lachte schallend dann beugte er sich nach vorn und Integra sah sein Gesicht das sie schon seit so langer Zeit kannte. Die rotglühenden Augen die unter den langen Haaren amüsiert und gleichzeitig herausfordernd ihren Vorfahren anblitzen. "Und was seid ihr, wenn ich fragen darf? Ein Wissenschafter? Ein Genie oder doch nur ein naiver, kleiner Naseweis, der nicht weiß welchen Mächten er den Krieg erklärt hat, die ihn mühelos zwischen ihren Fingern zerketschen könnten?" Van Hellsing nahm jetzt einen Schluck aus seinem Glas, er wirkte ruhig und zufrieden, als wenn er nur dabei war mit einem alten Freund ein nettes Schwätzchen zu halten. Dabei saß ihm eine Kreatur gegenüber, die alles andere als harmlos war. "Ihr solltet die Wissenschaft und die Möglichkeit die sie einem bietet nicht unterschätzen Graf." Er streckte plötzlich einen Arm aus und deutete auf die Wand hinter sich, an der Integra Regale voller Bücher erkennen konnte. "Viele Geheimnisse liegen zwischen diesen Zeilen verborgen die sich in diesen Bändern aneinander reihen. Es ist die unbändige Neugier des Menschen die sie zwingt sich zu offenbaren." "Aber verbietet euer Gott euch nicht diese Art von Wissbegier wie ihr sie hegt?" Jetzt schlossen sich auch die Finger des Grafen um sein Glas. Die Augenbrauen des Doktors verengten sich. " Ich diene in meinem Handeln den Seelen die in ihrem Unglück verdammt wurden, von Wesen wie euch, die sich dem Wesen Gottes entsagt haben. Meine Aufgabe ist das Bestreben sie zu befreien und die Dämonen der Hölle in ihre Schranken zu weisen die ihnen das angetan haben. Doch ich bin mir im Klaren, das meine menschlichen Kräfte bei weitem nicht ausreichen um im Kampf gegen sie zu bestehen daher," Er sah dem Vampir jetzt direkt ins Gesicht "bin ich zu dem Entschluss gekommen euch dieses Angebot zu machen." Der Angesprochene lehnte sich jetzt wieder zurück. " Warum sollte ausgerechnet ich euch in eurem Kampf gegen meine eigenen Art beistehen?" Jetzt war es der Doktor der sich nach vorne beugte. Das Blau seiner Augen schien im Licht des Feuers noch intensiver zu werden. "Weil ihr ein Krieger sei Graf, ein Jäger und weil euer Geist nach Perfektion strebt, so wie der meinige nach Wissen. Es ist die Aussicht des Preises den ich euch biete der euch heute hierher geführt hat und seid ehrlich das Schicksal der anderen eurer Rasse ist euch einerlei ihr seid ein Einzelgänger. In den Schlachten die ihr geführt habt, war es nicht allein der Glaube der euch das Schwert in die Körper eurer Gegner getrieben hat sondern die Herausforderung des Kampfes, der Geschmack des Sieges. " Für einen Moment herrschte schweigen zwischen ihnen, doch Integra ahnte was für eine Mimik sich hinter der Lehne auf dem Gesicht vollzog. Dann fuhr der alte Hellsing fort. " Ich biete euch eine Macht die den anderen Teufeln der Nacht verborgen bleibt, wenn ihr dafür bereit seid fortan an meiner Seite zu dienen und euch dem Willen des Namens Hellsing unterwerft. Ich weiß das ist viel von euch verlangt aber ihr werdet bald verstehen, das ich euch nicht mehr frei auf Gotteserde wandeln lassen kann." Sein Blick glitt kurz in die Flammen, die dabei waren die letzten Reste des Holzes die zwischen ihnen lagen zu verschlingen. Alucards Kopf tauchte erneut hinter dem Sessel auf. "Ihr zahlt also mit Macht und ich mit meiner Freiheit, sehe ich das richtig?" Ein kurzes Nicken war die Antwort. " Wenn der letzte Spross meiner Familie stirbt seid ihr wieder ein freier Mann Graf, bis dahin wird jeder Nachkomme meiner Familie dafür sorgen, das eure Fähigkeiten weiter gedeihen und euch für seine Dienste gebrauchen. Ihr werdet diesen vollkommen unterworfen sein, egal was ein Hellsing von euch verlangt." Wieder lachte der Graf. " Nun gut eine wirklich interessante Möglichkeit, die ihr mir da bietet und ein wirklich hoher Preis." Plötzlich riss er den Kopf herum und starrte durch das Fenster, direkt in Integras Gesicht die vor Schreck zurückfuhr. " doch ich bin mir sicher das sie es Wert ist." Mit langsamen Schritten ging er auf den dunklen Eingang zu, der ihn wie ein hohles, schwarzes Auge anzustarren schien. Doch das erschreckte ihn nicht im Gegenteil, seine Vorfreude steigerte sich mit jedem Schritt der ihn näher zu seinem Ziel führte. Quietschend öffnet sich das kleine Tor und als sich die Wolken, die sich kurz vor den Mond geschoben hatten verzogen, konnte er sie im weißen Licht deutlich erkennen, wie kleine Soldaten standen die Steine nebeneinander ohne sich zu rühren. Reihe für Reihe zogen sie sich vor ihm lang und erwarteten stumm seinen Auftritt. Mit einem breiten Grinsen ging er nun zwischen ihnen hindurch, auf die Krypten zu, die sich im hinteren Teil des Friedhofes verbargen. Dabei zog er die silbernen Klingen langsam unter seinem schwarzen Stoff hervor. Poltern ließ er den Becher auf die Erde fallen. Er wurde langsam müde. Immer schwerer fiel es ihm, die Lider offen zu halten. Wütend wischte er sich über die Augen. Das kam von ihren gemeinen Spritzen, die sie ihm jede Nacht in den Arm jagten, kurze bevor die Wärter einen letzen Rundgang machten. Wieder hustete er. Diese Ärzte, diese verdammten, hochnäsigen Idioten, die sich mit schlauer Mine über ihn beugten und ihn untersuchten. Die sich zu ihm setzten und mit ihm reden wollten um ihm anschließend zu sagen wie krank sein Geist war, dabei wusste er es doch viel besser als sie. Er kicherte leise. Oh ja sie hatten keine Ahnung und ihr kleiner Geist würde das auch nicht begreifen können, selbst wenn sie es wollten. Nur der eine Doktor. Er angelte kurz nach einer kleinen Spinne, die sich unvorsichtiger weise, vor ihm abseilte, nur der eine Doktor, der war irgendwie anders. Der war immer freundlich zu ihm und der stellte auch ganz andere Fragen. Fragen nach seinem Meister und nach den Dingen die er ihm versprochen hatte. Dabei hatte er sich am Anfang nur ein wenig verplappert, als er ihm von seinem Herrn erzählt hatte und von dem großen Geschenk das er ihm machen wollte, das Geschenk des ewigen Lebens. Oh ja der Doktor hatte große Augen deswegen gemacht und ihm dann gebeten noch mehr zu erzählen und dann war es einfach alles so aus ihm herausgesprudelt. Seit dem bekam er von dem Doktor viel mehr Besuch und einmal da kam auch seine Frau mit. Ein wohliges Gefühl durchströmte ihn bei der Erinnerung an diese zierliche Gestalt mit den langen blonden Haaren und den großen grünen Augen, die ihn schüchtern gemustert hatten. Sie hatte ihn an eine Puppe erinnert die er einmal in einem Laden gesehen hatte, eine Porzellanpuppe die zu zerbrechen drohte, wenn man sie berühren wollte. Plötzlich wurde ihm kalt und er rollte sich auf sich wie eine Katze auf seinem Lager zusammen. Doch die Kälte blieb, sie kroch ihm die Beine hinauf, wie eine Spinne die Wand und er merkte wie er anfing zu zittern. Diese Kälte kam nicht von Draußen, sie kam aus der Erinnerung als er als einzigster den Schatten bemerkt hatte, der sich an der Wand abgezeichnet hatte. Der Doktor hatte ihn nicht gesehen, dabei war er so deutlich gewesen, hinter ihrem Rücken war er gewachsen, wie ein Raubtier, das sich gleich auf sie stürzten wollte. Er hatte schreien wollen doch etwas hatte ihm die Luft abgedrückt, hatte sich um seinen Hals gelegt und ihn daran gehindert auch nur einen Ton heraus zu bekommen und der Doktor hatte immer weiter gefragt. Immer die selbe Frage " Was glauben sie Renfield ist sein Streben? Die alleinige Gier nach Blut, nach Macht über Leben und Tod oder ist es noch viel mehr?" Die Antwort darauf war ihm in diesem Moment klar geworden und doch hatte er es ihm nicht sagen können. Die Kälte wurde jetzt immer stärker und mit einem mal wurde ihm schlagartig bewußt, das es kein bloßes Gefühl war. Jemand riss ihn plötzlich hoch und er baumelte in der Luft. Sein entsetzter Aufschrei wurde durch einen heftigen Schlag ins Gesicht je unterbrochen und er merkte wie etwas in seinem Mund knirschend nachgab, dann füllte sich sein Mund mit warmen Blut und er spuckte es röcheln aus. Ein leises Lachen drang an sein Ohr und das Zittern seiner Glieder wurde stärker als je zuvor. " Meister, ich habe doch getan was ihr von mir verlangt habt!" quiekte er und ein weiterer Schlag traf ihn. " Oh, ja das hast du und du hast dir mein Kompliment verdient." Krachend landete er wieder auf dem Boden. " Aber ich werde langsam das Gefühl nicht los, das deine Loyalität mir gegenüber langsam schwindet." Keuchend versuchte Renfield Luft zu holen. Sein Unterkiefer brannte und er merkte das er ihn nicht mehr richtig bewegen konnte. " Ich habe die Befürchtung, als ob du dem lieben Herrn Doktor bald mehr erzählen möchtest als ich dir aufgetragen habe." Ein dunkler Schatten stellte sich jetzt vor das Fenster und alles was Renfield noch erkennen konnte, waren zwei rote Punkte, die ihn fixierten. Er versuchte zu sprechen, doch ein brennender Schmerz in seinem Gesicht hinderte ihn daran. Nur ein paar schnaufende Laute brachte er heraus, die in den weiteren Worten die er jetzt hörte untergingen. " Nun mein treuer Diener, was ist mein wahres Streben? Was ist es wonach ich mich wirklich verzehre?" Damit riss er ihn wieder hoch und was die anderen Insassen dann hörten, war das immer wieder kehrende Geräusch von klirrenden Gitterstäben. Kapitel 26: Crossing History ---------------------------- Anderson stieß einen leisen Pfiff aus, als er vor die erste steinerne Krypta trat. Er hob anerkennend eine Augenbraue. Wirklich ein wundervolles Stück, dass sich die Leute hier hatten errichten lassen. Er stieß mit einem Satz das kleine Eingangsgitter auf. Doch auch das hatte sie nicht vor der Verdammnis retten können. Die Treppen, die sich vor ihm auftaten führten in eine schwarze Tiefe aus der nichts als Stille zu ihm heraufdrang. Er wollte schon den ersten Schritt auf die oberste Stufe setzen, als ein leises schabendes Geräusch ihn aufhorchen ließ. Dann breitete sich erneut ein freudiges Grinsen auf seinem Gesicht aus und er wandte sich langsam um. Integra hatte genug gehört. Sie zog sich eilig wieder in die Dunkelheit zurück, in der sie eine schon leicht ungeduldige Seras erwartete. "Und, was war?" platzte sie neugierig heraus, doch Integra gab keine Antwort. Wortlos verschwand sie durch die Mauer und ließ Seras verdutzt im Garten stehen. Er konnte sie schon hören bevor er sie sah. Ihr leises Wispern erfüllte seine gespitzten Ohren und als er sie hinter den Hecken hervor kommen sah, wusste er das sein Gespür ihn nicht getäuscht hatte. Die Pufferinklingen glitzerten als er den Inhalt einer kleinen, durchsichtigen Flasche über sie ausschüttete. "Gesegnet sei das Schwert Gottes und die, die sein Werk auf Erden vollbringen Amen." Damit trat er aus dem Schatten hervor, direkt vor die Gestalt, die dabei war seinen Weg zu kreuzen. Überrascht hielt diese inne. Anderson erkannte eine kleine zierliche Frau in einem weißen, durchsichtigen Kleid, die etwas in den Armen hielt. Es begann zu zappeln und der helle Schrei eines Kindes erfüllte die Luft. " Möge Gott deiner armen Seele gnädig sein." Er hob die Klinge doch, die Frau ließ mit einem kreischenden Lachen das Kind aus ihren Armen fallen. Damit hatte er nicht gerechnet, mit einem Satz hechtet er nach vorn und konnte gerade noch um haaresbreite verhindern, das der kleine Körper auf den harten Boden aufschlug. Die kleine Frau indessen sprang mit der Leichtigkeit einer Katze auf die Spitze einer Säule, die das Tor zur einer weiteren Grabstätte bildete. Ihre grell roten Augen fixierten den Priester unter ihr, der das immer noch leise schreiende Bündel sanft die Mulde unter einen Busch legte. Dann sah er zu ihr auf. " Nun mein gefallender Engel, du solltest nicht so nach oben streben, wenn deine Seele tief unter der Erde verbrennt." Er zog nun beide Schwerter hervor und bildete mit ihnen ein silbernes Kreuz. Doch die Vampirin über ihm lachte nur schallend. " Was weißt du Mensch schon über die Hölle? Du kennst nicht ihre Gaben, ihr Geschenk, dass Gott seinen Kindern verwehrt." Höhnisch grinsend zeigte sie zum sternenklaren Himmel hinauf. " Er gönnt dir die Unsterblichkeit nicht, die er selbst genießt. Aber der Teufel schenkt sie dir mit Freuden." Anderson biss knirschend die Zähne zusammen. " Oh, ja wenn du ihn damit mit deiner Unschuld bezahlst." Plötzlich schleuderte er eine der Klingen zu ihr hinauf und die scharfe Schneide verfehlte ihren Kopf nur um wenige Zentimeter. Trotzdem versenkte sie ein Stück ihrer Schulter und sie zischte wie eine wütende Schlange, dabei bleckte sie ihre Eckzähne wie ein Raubtier. Anderson breitete übertrieben die Arme aus. "Na komm Wildkätzchen spiel mit mir!" Die Untote zögerte nur einen Augenblick, dann zog sich ihr Körper zusammen um sich in einen gewaltigen Sprung zu entladen. Doch der Priester wich ihr geschickt aus und versenkte seine zweite Schneide mit einem knirschenden Geräusch in ihrer Brust. Ein leiser Seufzer entfuhr ihren Lippen als sie auf die Knie sank. Die Spitze der Klinge ragte aus ihrem Rücken wie ein Stachel. Mit amüsierter Mine schüttelte Anderson den Kopf. " Der Teufel hat euch zwar die Unsterblichkeit geschenkt aber was nützt sie, wenn ich sie euch wieder nehmen kann." Damit griff er nach ihrer Schulter und warf sie zurück, dabei zog er das Schwert wieder heraus, das daraufhin eine Blutfontäne freigab. Doch anstatt das sich Entsetzten oder Furcht auf dem Gesicht abzeichnete, verzogen sich die Lippen der Frau zu einem zufriedenen Lächeln. " Dein Wille geschehe Meister, dein Sieg wird unser Triumph sein." Dann fiel sie nach vorn und ihr Körper zerfiel in tausend funkelnde Staubkörner. Anderson betrachtet mit gerunzelter Stirn den Haufen Sand vor seinen Füssen. " Was denn für ein Meister?" Ein leises melodisches Kichern erhob sich aus den Schatten um ihn herum. Er wirbelte um die eigene Achse, doch es war niemand zu sehen. ""Wo seid ihr, ihr Huren des Teufels?" schrie er doch anstatt einer Antwort riss ihm auf einmal jemand die Füße unter dem Körper weg. Unsaft krachte er bäuchlings auf den Gehweg. Noch bevor er reagieren konnte, wurden seine beiden Arme nach hinten gerissen und ein beißender Schmerz durchfuhr seine Muskeln. Dann waren da wieder die kichernden Stimmen nur jetzt direkt an seinen Ohren. " Wozu all die Mühen Pater, wenn doch das Himmelreich schon hier unten auf dich wartet." Er versuchte aus den Augenwinkeln jemanden auszumachen, doch er konnte nur Schattenrisse erkennen, die sich daran machten sich auf seinen Rücken zu setzten. Aber er bäumte sich auf und schüttelte sich wie ein nasser Hund, gleichzeitig warf er sich herum und langte nach der Klinge, die ein paar Zentimeter von ihm entfernt lag. Vor ihm hockten zwei weitere Frauen, die ebenfalls in zartverhüllenden Gewändern steckten. Auch ihre Augen leuchten grell, doch hatten sie ihre Fangzähne noch nicht enthüllt. Im Gegenteil sie lächelten ihn verheißungsvoll an. " Glaubst du wirklich, das du seinen Willen bezwingen kannst, du armseliger kleiner Mensch? Warum ergibst du dich nicht?" "Ja warum folgst du uns nicht?" ergänzte die andere und beide erhoben sich langsam. Dabei rutschten die Träger ihre Kleider ein Stück weit nach unten, so das der Priester ungewohnte Einblicke erhielt. Für einen Moment war er abgelenkt, doch dann riss er sich zusammen. "Glaubt ihr wirklich das mich euer verruchtes Fleisch locken könnte!" stieß er hasserfüllt hervor und sein Griff um die Klinge wurde fester. Die beiden Frauen lachten erneut bevor die eine hinter der anderen verschwand und sich dann ein haarsträubendes Schauspiel vollzog. Das noch eben schöne, lüsterne Gesicht verzog sich zu einer grässlichen Fratze die den Priester an die Medusa erinnerte. Denn auch aus ihrem Kopf schlängelten sich nun Schlangen hervor, die züngeln zu allen Seiten davon huschten. Der Rest ihres Körpers verformte sich zu einer schuppigen Echse, die mit blitzenden Zähnen auf ihn zu schoss. Er sprang geistiggegenwärtig auf die Füße und konnte sie gerade noch mit einem heftigen Tritt auf Distanz halten. Doch sie gab nicht auf und setzte erneut auf ihn zu, dabei schlug ihr neu gewonnener Schwanz wie eine Peitsche hin und her. Zwei mal konnte er ihr ausweichen, bevor sie ihn an der Seite traf und er ins Straucheln kam. Mit triumphierendem Gebrüll riss sie das Maul auf und schnappte nach seinem Hals, aber genau diesen Winkel hatte er gebraucht und mit einem sausenden Geräusch trennte das Schwert den Kopf vom Rumpf. Er rang keuchend nach Atem. Schweißtropfen rannten ihm in die Augen und er versuchte sie unter der Brille fortzuwischen. Alles um ihn herum war still und er horchte angestrengt in die Nacht. War da nicht noch eine dritte Frau gewesen? Er wollte sich gerade herum drehen als er ein kaltes Ziehen an seinem Bein spürte. Er blickte nach unten und konnte gerade noch sehen, wie ein weißer Nebelfetzen in seinem Hosenbein verschwand, dann war die Kälte plötzlich in der Mitte seines Unterleibes. Er riss entsetzt die Augen auf. Das letzte was er hörte war das leise Kichern. "Ich werde dich töten und du wirst es lieben- und nicht nur das du wirst mehr wollen." Nach dem sie Seras einfach stehen gelassen hatte war Integra ziellos die Straße entlang gelaufen auf der sie die Kutsche vorhin gebracht hatte. Die Bilder aus dem Wohnzimmer flimmerten immer noch vor ihren Augen. Die beiden Männer, die dabei waren einen Pakt miteinander zu schließen, der einmal ihr Schicksal bestimmen sollte. Sie blickte beim gehen auf den sandigen Untergrund. Es war also tatsächlich ihr Ururgroßvater gewesen, der ihn für seine Dienste gewonnen hatte. Anscheinend hatte ihr Vorfahre viel früher als sie erkannt, das er als Mensch nicht gegen die Dunkelheit gewinnen konnte und hatte sich deshalb ein Wesen aus den Reihen seiner Feinde gesucht. Sie hob den Blick und ihm war auch schon bewusst gewesen, das er den Besten unter ihnen für diese Mission gewählt hatte. Plötzlich fiel ihr wieder das Gespräch zwischen ihr und Alucard ein, das sie einst in seinem alten Gefängnis geführt hatten und seine Antwort auf ihre Frage, wie es ihrer Familie möglich gewesen war ihn zu ihrem Diener zu machen. " Kein Tier kann gezähmt werden, wenn es sich nicht selbst anbietet gezähmt zu werden" "Ihr zahlt mit Macht und ich mit meiner Freiheit" Integra wurde je aus ihren Gedanken gerissen, als sie jemand am Arm berührte. "Hey wo kommst du denn her?" Sie fuhr erschrocken zusammen als Migel und Alucard an ihrer Seite auftauchten. Migel schaute sich suchend um "Wo ist Seras?" "Ich bin hier." Meldete sich eine leise Stimme, die hinter ein paar Parsanten aufgetaucht war. Ihre roten Augen schimmerten ein wenig feucht, als sie jetzt zu den anderen aufschloss. Alucard runzelte die Stirn. " Sagt mal ist irgendwas passiert? Ihr benehmt euch irgendwie seltsam?" Die beiden Frauen wechselten einen raschen Blick. "Nein, was soll denn sein?" log Integra und Seras wischte sich rasch unbemerkt über die Augen. Alucard musterte sie immer noch misstrauisch von der Seite als sie weiter gingen. Nur Migel schien die Stimmung nicht zu bemerken. "Und haben eure Nachforschungen was ergeben?" fragte er, während er Seras freundschaftlich unterhackte. " Nein, leider nicht und bei euch?" "Fehlanzeige! Anscheinend müssen wir weiter an die Wurzel des Übels heran." Erwiderte Alucard und ließ seinen Spazierstock dabei spielerisch an ein Mauer entlang wandern, an der sie jetzt vorbei kamen. Integra war jetzt von ihren vorherigen Gedanken abgelenkt "Und wie sollen wir nach Frankreich kommen, wenn ich fragen darf?" Alucard grinste breit an. "Oh, dieses mal habe ich eine perfekte Idee, wie wir reisen können. Es wird vielleicht noch eine Nacht dauern bis ich alles arrangiert habe, aber dann." Auf einmal blieb er wie angewurzelt stehen. Migel, der seinen abrupten Stop nicht bemerkt hatte stolperte fast blind links in ihn hinein. "Huch, was ist denn nun los?" Doch Alucard sagte kein Wort, sondern deutete nur auf eine leicht zusammengekrümmte Gestalt, die auf einer Bank saß. Sie waren gerade um die Ecke der Mauer gebogen und vor ihnen eröffnete sich nun ein kleiner Platz um den ringsherum Sitzgelegenheiten angebracht waren. Seras hob überrascht die Augenbrauen. " Pater Anderson? Was macht der denn hier?" Alle zusammen gingen nun auf den Priester zu, der immer noch in seiner merkwürdigen Haltung auf der Bank verhaarte. " Na, Schweinepriester? Was treibt dich denn in diese schöne Gegend?" fragte Alucard spöttisch, doch Anderson antwortete ihm nicht. Sein Kopf hing ihm auf den Knien und Seras bemerkte, das er leicht zitterte. "Hey sprichst du nicht mehr mit uns?" Schelmisch tippte ihm Alucard auf die Schulter, aber anstatt einer heftigen Gegenwehr oder einer wüsten Beschimpfung ertönte nur ein leises Stöhnen aus den blonden Haaren. "Was denn Psalmensabbler ist dir irgendwie nicht gut?" Migel trat jetzt ebenfalls näher an ihn heran. Dann plötzlich griff er nach vorn und hob Andersons Kopf nach oben. Integra und Seras fiel der Unterkiefer runter. Diesen Ausdruck auf einem menschlichen Gesicht war ihnen bekannt, doch auf Anderson hatten sie ihn nicht erwartet. Alucard blickte erst stumm in das blutleere Gesicht, das unter den Haaren zum Vorschein gekommen war, dann fing er lauthals an zu lachen. Er lachte so laut, das die umherstehenden Männer und Frauen sich neugierig zu ihnen umwandten, doch das konnte den schwarzhaarigen Vampir auch nicht davon abhalten sich mit verzehrtem Gesicht den Bauch zu halten. Seras und Integra wussten allerdings nicht so recht ob sie in seinen Erheiterungsausbruch mit einfallen sollten. Alexander Andersons Körper fehlte eindeutig eine Menge von dem Elixier, das einen normalen Menschen am Leben hielt. Migel zog ihm jetzt die Augenlider nach unten und schüttelte mit ebenfalls amüsierter Mine den Kopf. " Tja, da würde ich mal sagen hat sie jemand ganz schön fertig gemacht." Er wandte sich zu Integra und Seras um. " Er hat einen ziemlich finsteren Schock, aber das ist in seiner Situation auch kein Wunder." Er ließ den Kopf wieder zurück auf die Knie sinken. Integra die das Offensichtliche immer noch nicht glauben konnte, begann den Priester von oben bis unten zu mustern. "Hat er irgendwelche erkennbaren Verletzungen?" Alucard, der sich mittlerweile wieder beruhigt hatte zog mit gehässig funkelnden Augen Andersons Kragen nach unten. " Ich kann hier keine entdecken, aber wer weiß, wo hast du dich denn ansaugen lassen Brilleschlange?" Ohne jede Vorwarnung schlug Anderson mit einer Hand aus, doch er war so schwach, das der Vampir nicht mal auszuweichen brauchte. " Na, man wird doch noch mal fragen dürfen. Scheinst ja einem unserer Art verdammt nah gekommen zu sein." Seras war genauso ungläubig. " Ja, wie jetzt? Er ist von? Ich meine, also wirklich von einem? Das glaube ich einfach nicht!" Wieder ließ der Geschwächte ein leises Stöhnen vernehmen, dann hob er langsam den Kopf. Seine Augen lagen tief in den Höhlen und die Pupillen waren klein wie Stecknadeln. Trotzdem war der Blick den er Alucard zuwarf eindeutig. "Diese verdammten Missgeburten haben bekommen was sie verdient haben und du.." aber weiter kam er nicht mehr. Seine Augen verdrehten sich und er fiel zur Seite. Migel konnte gerade noch verhindern, dass er von der Bank rutschte. "Was machen wir jetzt mit ihm?" fragte Integra und der rotäugige Vampir zuckte mit den Achseln. "Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Hier lassen oder mitnehmen. Ich wäre ja für hier lassen." Migel schüttelte überzeugt den Kopf. " Besser nicht, wer weiß was er und wir schon mit unseren Taten hier für Veränderungen in der Zukunft angestellt haben, besser er kommt mit uns. Er kann sich in der Villa erholen, los Seras hilf mir mal." Seras kniete sich neben Anderson und zusammen mit Migel gelang es ihr nach einigem Zerren den immer noch Ohnmächtigen Anderson zwischen sich zu balancieren. Integra winkte derweilen nach einer Kutsche. Alucard warf während die anderen einstiegen noch einen Blick nach hinten. Er schien dem dunklen Eingang des Friedhofs vor denen sie sich befanden zu zuzwinkern. " Ich hoffe er hat es genossen sich von ihnen küssen zu lassen." Dann verschwand auch er in der Kutsche. Kapitel 27: Dementer -------------------- Donnernd krachte die Tür gegen die Wand als Seras und Migel zusammen mit dem immer noch bewusstlosen Anderson in die Villa torkelten. Im Wohnzimmer ließen sie ihn nach kurzem zögern einfach fallen und der Priester blieb ohne einen laut von sich zu geben liegen. Integra und Alucard die hinter ihnen eingetreten waren blickten zu ihm hinunter. Integra mit hochgezogener Augenbraue, der schwarzhaarige Vampir mit schadenfrohem Grinsen. " Wie ist ihm das bloß passiert." Seras war immer noch fassungslos. " Ich meine Pater Anderson ist doch sonst viel.," sie blickte zu ihrem Meister hinüber "wehrhafter." "Jeder kann mal einen schlechten Tag haben." Er tippte Anderson mit der Schuhspitze in die Seite, doch noch immer ging keine Regung von ihm aus. " So wie der aussah wird er auch noch eine weile brauchen um sich zu regenerieren. Vielleicht erzählt er uns ja von seiner Begegnung der Dritten Art, wenn er dazu wieder in der Lage ist." Integra wandte sich plötzlich ab und ging zum Fenster hinüber. Sie sah hinaus in die sich langsam lichtende Dunkelheit. " Hört ihr das?" fragte sie auf einmal und Seras, die verträumt vor sich hin gestarrt hatte, legte den Kopf schief. " Nein, was denn?" " Das ist es ja. Er hat aufgehört zu schreien." Sie sah immer noch hinaus, als Alucard hinter sie trat. " Vielleicht ist er müde geworden." Murmelte er über ihre Schulter in ihr Ohr. " Vielleicht," flüsterte Integra zurück um dann noch leiste hinzuzufügen. "Vielleicht hat sein Meister ihn aber auch erhört." Damit ließ sie Alucard am Fenster stehen, der darauf hin mit leerem Blick aus dem Fenster sah. Am nächsten Abend fanden die drei Vampire Pater Anderson immer noch blas aber wenigstens auf einer der Kisten sitzend vor. "Na von den Toten auferstanden Hochwürden? Wollen sie uns nicht erzählen was ihnen gestern Nacht passiert ist" begrüßte ihn Migel, aber Anderson war anscheinend nicht zum Erzählen zu mute. Mit ernster Mine sah er sie alle der Reihe nach an. " Wir sollten so schnell wie möglich nach Frankreich kommen. Er griff in die Innenseite seines Mantels und holte ein zusammengefaltetes Pergament hervor. Er hielt es Integra entgegen die beim Anblick der lateinischen Buchstaben stutzte. Dann überflog sie rasch den Text, als sie fertig war reichte sie ihn an Alucard weiter. " Wo haben sie das her?" Anderson zog mit zufriedenen Grinsen die Schultern hoch. " Tja anstatt die Zeit damit zu verbringen gottesfürchtige Seelen den Körper zu rauben, habe ich versucht herauszufinden was uns hier überhaupt hergeführt hat und das habe ich in Cambridge gefunden." Migel, der mittlerweile auch das alte Stück Papier in den Händen hielt, sah ihn skeptisch an. " Wenn ich diese Zeilen richtig interpretiere sollten wir wirklich keine Zeit mehr verlieren, aber wir brauchen erst mal eine Möglichkeit um zu." "Keine Sorge den Transport werde ich heute noch organisieren." Unterbrach ihn Alucard und wandte sich an Integra. " Nun, darf ich dich dafür um deine Begleitung bitten, während ihr hier zusammenpackt." Seras sah sich ungläubig um. "Was sollen wir den packen, Meister?" Der Vampir deutete lachend auf die Kisten voller Erde. " Na unser Gepäck natürlich." Damit faste er Integra an den Schultern und schob sie sanft nach draußen. " Wir werden euch wissen lassen, wann wir abreisen können." Als sie wenig später Seite an Seite durch die Nacht glitten fühlte Integra das sie nicht viel länger ihre Gedanken vor ihm verstecken konnte. Zu groß war dieses Erlebnis und zu schwer es in ihren Erinnerungen vergraben zu können. Der kühle Wind blies an ihrem geschmeidigen Körper entlang und hob sie auf und nieder durch die Luft. Von all ihren Gestalten in die sie sich verwandeln konnten, war ihr diese die Liebste. Sie wusste auch nicht woran es genau lag, ob es die Flügel waren, die sie ohne Mühe in den Himmel brachten und damit weg von der Erde die unter ihr zu verblasen schien oder die kleine wendige Gestalt, die völlig lautlos sein konnte. Sie warf einen raschen Blick nach unten, auf die wenigen hellen Punkte, die sie daran erinnerten was eigentlich um sie herum geschah. Die Welt die sie kannten wurde langsam ausgelöscht, doch was sollte folgen? Eine Welt ohne Glauben, war das nicht eine Welt ohne Sinn ohne Zusammenhalt? Und wer wollte dieses Jahrtausendalte Gerüst was die Menschen miteinander verband zerstören? Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. " Wir sind da" Damit verschwand er von ihrer Seite und sie folgte ihm rasch nach. Kurzer Zeit später standen sie an einem abgelegenen Schiffsanleger, an dem die dunkle Seite eines alten Kahns vor ihnen aufragte. Integra lief musternd an dem heruntergekommenen Schiff entlang, dessen morsche Planken beim auf und ab der Wellen leise knarrten. " Was ist das denn für eine alte Fregatte?" Alucard lachte leise. " Oh, dafür das es so lange ohne Steuermann auf See war, sieht es doch noch ganz gut aus finde ich." Damit sprang er wie eine Katze mühelos über die Rehling auf das Vorderdeck. Integra zögerte noch. " Hast du dieses Ding etwa gestern besorgt?" rief sie zu ihm hinauf. Wieder lachte er " Oh nein, dieses hübsche Schlachtschiff findet sich schon ein bisschen länger in meinem Besitz." Plötzlich fiel es Integra wieder ein und auch sie setzte zum Sprung an. " Richtig, du musstest ja damals das Wasser überwinden um hier zu kommen." Damit konnte sie es nicht länger in ihrem Kopf behalten. " Ich war gestern Nacht nicht mit Seras in irgendwelchen Kirchen." Alucard ging langsam zur Spitze des Bugs hinüber. " Sondern?" Integras Augen wurden schmal. " Wir sind durch Zufall jemandem begegnet, der dein Leben entscheidend beeinflusst hat. Sir Abraham van Hellsing." Sie wartet auf eine Reaktion die jedoch nicht kam. Nach ein paar Sekunden sprach sie weiter. "Wir sind bis zu seinem Haus gefolgt und da habe ich gesehen, mit eigenen Augen gesehen, wie du mit ihm diesen Packt geschlossen hast. Ich habe auch deine Absichten gehört warum du es getan hast." Sie standen sich jetzt gegenüber. Er sagte immer noch nichts, scheinbar wusste er das sie noch etwas viel bedeutenderes fragen wollte, das sie noch etwas größeres quälte. " Aber waren das wirklich deine Absichten?" Seine Silhouette zeichnete sich scharf gegen das Licht des Mondes ab und der Wind der nun aufkam zerrte gespenstisch an seinen Haaren. Integra zog die Luft ein als seine dunkle Stimme zu ihr hinüber drang. " Meine wahren Absichten?" Sein Umhang bauschte sich zu zwei riesigen Flügel hinter seinem Rücken auf, als er weiter sprach "Einst kam ein Vampir nach England um eine Frau zu bekommen nach dem ihm gelüstete. Das Schiff mit dem er kam raste durch den Nebel und brach Welle um Welle während der Vampire alle Passagiere tötete. Schließlich erreichte das Schiff voller Leichen und Särge den Londonerhafen." "Und hat er bekommen wonach ihm gelüstete?" Ihre Stimme war rau wie Sandpapier. Doch er schüttelte langsam den Kopf. " Nicht sofort, seine Suche sollte lange dauern, bis er sie endlich fand und sie ihn endlich erhörte." Er kam nun langsam auf sie zu, aber sie rührte sich nicht. " Er musste so gar seine eigenen Flügel fressen, damit er ihr nah sein konnte." Jetzt hatte er sie erreicht und langsam, ganz langsam fasste er nach ihrem Gesicht, doch sie fuhr zurück. " Aber wie konntest du wissen das dieses Frau die du suchtest, einmal hier in England existieren würde?" Seine Augen begannen zu glühen. " Ich wusste es nicht, doch die Zeichen ließen mich hoffen." Integra riss die Augen auf " Was für Zeichen? Es war doch ein Feind, der dich für sich gewinnen wollte." Wieder griffen seine Finge nach ihrer Wange und dieses mal ließ sie ihn gewähren. Sanft strich er über ihre Haut. "Glaube mir Integra, in all den Jahren meiner langen Reise wusste ich nicht immer was einmal mein Ziel sein sollte. Doch als ich mich das Schicksal mit dem Mann zusammen führte, der einmal dir das Leben schenken sollte, da wusste ich es. Da kannte ich das Ziel, für das ich einst sterben musste und für das ich mich selbst aufzugeben hatte um es zu erreichen." Integra senkte den Blick. " Die Vollkommenheit" Plötzlich bekam seine Worte einen merkwürdigen Klang. " Ich bin nur mit dir vollkommen, aber unsere Reise ist immer noch nicht zu Ende und es scheint," Sie sah ihn an und zum ersten mal sah Integra etwas in seinen Augen, was ihr vollkommen fremd war. Die rotglühenden Augen des Monsters waren fort und an ihrer Stelle trat eine tiefe Wahrheit, die seine Augen schwarz zu färben schien. "das sogar der mächtige Fluss der Zeit für ein einziges Ziel verändert werden kann." Nach dem ihr Meister ihr auf gedanklichem Wege mitgeteilt hatte wohin sie fahren sollten hatte Seras den anderen beiden Bescheid gegeben und währen Migel versuchte eine Kutsche aufzutreiben, die sie mit samt ihrem sperrigen Gepäck transportieren konnten, hievten Seras und Anderson die vier Kisten nach draußen. Dabei hatte Seras ab und an die Befürchtung das ihr der Priester bei der Anstrengung, doch noch mal zusammenklappte. Dicke Schweißperlen standen auf seiner Stirn als er einen der mächtig schweren Holzbretter abstellte. "Verdammt noch mal, könnt ihr denn nicht ohne diese scheiß Erde verschwinden!" fluchte er und die Vampirin zog schuldbewusst den Kopf ein. " Sorry aber Meister Alucard hat ausdrücklich gesagt das.." " Hör mir mit diesem elenden Blutsauger auf!" unterbrach er sie schnaubend und ließ sich ächzend neben der Fracht im Gras nieder. " und wo bleibt eigentlich dieser Casanovaverschnitt mit der Kutsche?" Seras hielt es für klüger, sich noch einmal ins Haus zurück zu ziehen. Besser sie verschwand aus dem Gesichtsfeld dieses Mannes, bevor sie ihn durch ihre bloße Anwesenheit noch mehr reizte. Er schien zwar von der letzten Nacht immer noch geschwächt aber man konnte bei Anderson nie wissen. Sie ließ sich auf dem zerschließenden Teppich im Wohnzimmer nieder und schlang die Arme um die Knie. Jetzt wo sie alleine war, konnte sie auch viel besser über die Ereignisse der vergangenen Tage nachdenken. Sie seufzte, wo waren sie da nur wieder hineingeraten? Dabei sollte das doch nur eine Urlaubsreise werden, aber nun veränderten sich Zeit und Raum um sie herum und das alles wegen einem Sandkorn. Sie sah sich um. Wer immer es nun in den Händen hielt, hatte sie hier her gebracht aber warum? Anscheinend stand die Antwort auf diesem Pergament das der Priester ihnen heute Morgen gezeigt hatte, doch leider gehörte Latein nicht zu ihren Stärken, aber sie wollte ihren Meister so schnell wie möglich fragen worum es ging, wenn sich heute noch eine Gelegenheit bot. Ihr Meister. Das erinnerte sie wieder an das Erlebnis mit Integra. Nach dem diese ohne ein Wort verschwunden war, hatte sie sich selbst auf die Terrasse geschlichen und mit eigenen Augen gesehen, was die Lady wohl so erschreckt hatte. Im ersten Moment hatte sie gedacht das es der heutige Alucard war, der dort im Sessel saß, doch nach dem ihn der vermeintliche Sir Hellsing nur mit Graf ansprach war ihr bewusst geworden, von was sie da gerade Zeuge wurde. Die beiden Männer schlossen eine Vereinbarung und kurz darauf verließ der Vampir das Zimmer. Zurück blieb Sir Hellsing, der mit zufriedenen Gesicht eine Zigarre ansteckte. Dann öffnete sich die Tür und der Diener des Hauses betrat den Raum, in den Händen ein Tablett mit einem in Leder eingeschlagenen Buch darauf. Er stellte sich kerzengerade neben den Sessel aus dem ihn Sir Hellsing fragend ansah. "Was ist das Walter?" Der Angesprochene räusperte sich kurz bevor er antwortete. "Mit Verlaub Sir, ich hielt es für das Beste gleich nach diesem Werk Ausschau zu halten, nach dem ich sie von ihrem Endschluss bezüglich dieses," er zögerte kurz " Mannes nicht abringen konnte." Hellsing griff nach dem Buch und schlug interessiert die erste Seite auf. " Mein Gott Walter, woher haben sie das?" rief er überrascht aus, als er die ersten Zeilen überflogen hatte. Der Diener lächelte nun kurz. "Nun ein guter Butler weiß wie er an die wichtigen Dinge kommt, die sein Haus und seine Bewohner vor allem Bösen das sie bedroht zu schützen vermögen unnd wenn sie mir gestatten meine Meinung offen kund zu tun, dann sollten sie so schnell wie möglich von diesen Formeln gebrauchen machen." Er schlug die Augen nieder "Wenn sie immer noch gedenken, ihn in diesen Mauern aufzunehmen." Der bärtige Mann schmunzelte und legte beschwichtigend seine Hand auf den Arm seines Dieners. " Ich weiß ihre Meinung zu schätzen Walter und ich verspreche ihnen, bei meiner Arbeit jede erdenkliche Vorsicht einzuhalten." Walters Augen huschten für einen kurzen Moment zu der geschlossenen Tür hinüber. " Daran habe ich keinen Zweifel Sir, vor allem wo sich ihre Frau Gemahlin jetzt in diesen Umständen befindet." Seufzend ließ verglühte die Zigarre im Feuer des Kamins als sich Sir Hellsing aus dem Sessel erhob. " Ja, Nigreta sollte von all diesen Dingen vorerst nichts erfahren. Meine Besuche in dieser Irrenanstalt haben sie schon genug geängstigt und das hier übertrifft das doch noch um einiges" Seufzend stand er auf " Aber sie werden mir zustimmen das unsere Pflicht dieses Risiko abverlangt, wenn wir wirklich erfolgreich sein wollen. Die Vergangenheit hat uns zu oft unsere Schwächen aufgezeigt." Er war schon fast an de Tür als ihm noch etwas einzufallen schien, denn er wandte sich noch einmal rasch um. " und eins noch Walter, können sie dafür Sorgen, das die Kisten so schnell wie möglich aus den Häusern hier her gebracht werden? Ich wäre ihnen überdies sehr verbunden, wenn das mit dem kleinst möglichsten Maß an Auffälligkeit vonstatten gehen könnte. Danke sehr." Damit verschwand er. Der zurückgelassene Diener strich sich nach dem er sicher war das er allein war mit verzehrter Mine über die Augen. Dann konnte Seras ihn leise murmeln hören. " Möge Gott uns beistehen." "Seras!" Migel kam laut stampfend durch die Tür. "Komm wir müssen gehen. Die Kutsche ist so weit. Hochwürden bemüht sich so gar schon mit dem Einpacken." Damit rappelte sie sich auf uns verließ zusammen mit dem Vampir die Villa. Kapitel 28: Enigma ------------------ The Path of excess leads to the tower of wisdom W. Black Die zwei Matrosen steckten tuscheln die Köpfe zusammen, als sie die fünf merkwürdigen Gestalten zu dem alten Schiffswrack laufen sahen. Zwei von ihnen trugen jeweils eine große Holzkiste zwischen sich, während die erste ihnen den Weg mit einer kleinen Laterne wies. "Was zum Teufel suchen die bloß bei dem verfluchten Seelenverkäufer?" fragte der eine und zog seine alte Strickmütze noch tiefer ins Gesicht, um seine zusammengekniffenen Augen vor dem feinen Nieselregen zu schützen, der plötzlich ein setzte. "Keine Ahnung, aber ich weiß wohl das mich keine zehn Pferde zu diesem Wrack bringen würden. Dieses Schiff ist verflucht, denk nur an die ganzen Leichen die sie aus dem Holz gezogen haben und an den Kapitän!!" erwiderte der andere und spuckte aus. " Hat sich selbst ans Ruder gekettet, das arme Schwein und sein Gesicht soll vor Angst zu einer grässlichen Fratze verzogen gewesen sein." "Wer sagt das?" "Der alte Piet, der hat ihn selbst mit von Bord getragen und die anderen sollen ähnlich ausgesehen haben, aber weißt du was das schlimmste war? Kein Tropfen Blut soll mehr in ihren Körpern gewesen sein. Kein einziger! Kalkweiße Leiber die völlig zerfetzt waren!" Plötzlich zuckte ein greller Blitz über den pechschwarzen Himmel und erhellte für einige Sekunden den Bootssteg. Wie zwei spitze Hörner ragten die zersplitterten Masten auf einmal vor ihnen auf und die beiden Männer wichen entsetzt zurück. Dann wurde es wieder finster und ein dunkles Grollen erfüllte die Nacht. Der erste riss sich seine Mütze vom Kopf und bekreuzigte sich rasch. " Ich sage dir Mann, der Teufel selbst ist mit diesem Schiff aus der Hölle zu uns gefahren und wer weiß, wo hin Satan seine Schritte gesetzt hat." Dann drehten sie sich um und verschwanden mit eiligen Schritten Richtung Stadt ohne sich noch einmal umzusehen. " Das war die Letzte!" rief Seras und stemmte mit verbissener Miene noch einmal die Arme hoch. Migel, der von oben die Kiste entgegen nahm nickte zu Alucard hinüber. " Damit sind wir komplett und können ablegen." "Ablegen?" lachte Anderson laut auf. Er hatte sich auf das Steuerradhäuschen geschwungen und den Vampiren bei ihrer Verladetechnik zu gesehen. Übermenschliche Kräfte waren in manchen Situationen wirklich nicht zu verachten, das musste er wohl oder übel zugeben und nicht nur das. Es fuhr ihm kalt den Rücken runter und er biss wütend die Lippen zusammen. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er Integra die jetzt aus dem Niedergang heraufkam. " Mich würde nur mal interessieren, wie du mit diesem Ding überhaupt irgendwo hin kommen willst, dieses Teil ist doch völliger Schrott und überhaupt ist es ein Wunder, das es nicht schon längst am Grunde des Hafenbeckens liegt." Alucard sah den Priester mit schiefgelegtem Kopf an. " Dabei solltest doch gerade du an Wunder glauben, aber lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen mein Lieber, ich weiß schon wie man diesen Karren steuert." Damit ging er zum Bug des Schiffes hinüber und stellte sich wortlos an dessen Spitze. Zu erst geschah nichts, doch dann spürten die anderen wie das Holz unter ihren Füssen anfing zu beben und das ganze Schiff sich langsam in Bewegung setzte. Seras schaute ungläubig zu ihrem Meister hinüber, der wie eine versteinerte Statue dastand und auf den Horizont starrte. " Wie macht er das bloß?" "Er hat viele Talente." Antworte Migel trocken und schwang sich den Niedergang hinunter. "Dann wollen wir mal unsere Kojen klar machen." Seras folgte ihm nur Integra blieb zurück, die sich nun zu Anderson wandte, der immer noch auf dem Runder saß. Er musterte sie mit einem durchdringenden Blick, der ihr trotz der Gewissheit Alucard in der Nähe zu haben Unbehagen bereitete. Doch sie hielt den grünen Augen stand. " Es gibt zwei Dinge die mich interessieren, erstens was hat sie in diese Lage gestern Nacht gebracht und das zweitens woher habe sie dieses Schriftstück?" Der blonde Priester lächelte breit. " Ihre erste Frage Lady Hellsing ist ganz einfach zu beantworten. Ich bin durch Zufall auf einen Zeitungsartikel gestoßen, der von seltsamen Ereignissen in London berichtete, genauer gesagt von geheimnisvollen Vorfällen in Hampstead bei dem zahlreiche kleine Kinder auf rätselhafter Weise verschwanden und mit merkwürdigen Verletzungen an ihren Hälsen erschöpft und schwach wieder gefunden wurden." Integra merkte wie ihre ein kalter Stich in die Magengrube fuhr. Anderson redete indessen weiter. " Sie können sich bestimmt vorstellen Verehrteste das, dass meine Neugierde geweckte hat und nach dem ich mich entsprechend vorbereitet hatte, bin ich mit der erst besten Kutsche nach London geeilt, um meine eigentliche Aufgabe nach den Wünschen des Herrn zu erfüllen und die Seelen dieser armen Kinder zu schützen." Er sah sie jetzt belustigt über den Rand seiner Brille hin weg an. " Das war doch bestimmt ganz in ihrem Sinne nicht war? Ihre werte Familie hätte bestimmt genauso gehandelt." Die Absicht seiner Worte war ihm wohl bewusst, doch ahnte er nicht wie sehr sie Integra trafen. Sie versuchte immer noch ihre Fassung zu waren und Anderson nicht merken zu lassen. Sie biss die Zähne zusammen. " Tja aber meine Familie konnte es sich nicht leisten bei der Erledigung ihrer Aufgabe so stümperhaft vorzugehen, wir Hellsings hatten nur ein Leben und konnten uns nicht regenerieren." Die Parade saß. Das Gesicht des Priesters verzehrte sich vor Wut. " Ihr gottlosen Protestanten scheut euch aber auch nicht davor eure Seele dem Teufel zu verkaufen, wenn er euch dafür seine Dienste anbietet." Damit schwang er sich von dem Holzverschlag hinunter und schritt an ihr vorbei. Bevor er im Niedergang verschwand ruckte er noch einmal mit dem Kopf zu dem schwarzhaarigen Vampir hinüber, der immer noch zur Salzsäule erstarrt auf das nun vor ihnen offene Meer sah. " Ein hoher Preis für das Leben an der Seite eines Monsters." Dann tauchte sein Kopf unter und die Hafenmauern Londons blieben hinter ihnen zurück zusammen mit dem blassen Licht der Leuchttürme das noch schemenhaft über sie hinweg glitt. " Meine Güte hier unten sieht es ja aus wie in einem Schweinestall!" kopfschütteln schubste Alexander die lose herumliegenden Bretter, Eimer und Scherben die den ganzen Boden bedeckten beiseite. Seras die ebenfalls dabei war, sich einen Weg durch das Chaos um sie herum zu bahnen musste ihm zustimmen. Im ganzen Unterdeck sah es aus, als wenn ein Sturm gewütet hätte. Sie dachte kurz an ihren Meister. Na ja so etwas wie ein Sturm war es ja auch wohl gewesen. Ein Sturm mit Klauen und Zähnen die alles Menschliche zerrissen hatten was sich ihnen in den Weg stellte. Wie viele es wohl gewesen waren und von wo aus hatte ihre schicksalhafte Reise überhaupt ursprünglich nach England begonnen? Diese Frage stellte sich wohl auch noch jemand anderes. Anderson war in die Knie gegangen und zog nun ein kleines, silbernes Kreuz unter einem durchlöcherten Segeltuch hervor. "Wenigsten sind sie als anständige Christen gestorben." Er stand auf und ließ das Kreuz in der Innenseite seines Talars verschwinden. Migel schaute ein wenig verdrießlich drein, sagt aber nichts, sondern wandte sich den Kisten zu, die er jetzt säuberlich neben einander schob. " Wie gemütlich!" spottete der Priester " Wollt ihr vielleicht noch einen kleinen Nachtschrank daneben stellen, dann sieht es noch mehr wie ein Schlafzimmer aus." "Ich an ihrer Stelle würde mich mal um eine eigene Übernachtungsmöglichkeit kümmern oder ziehen sie es nach ihrem gestrigen Abenteuer jetzt auch lieber vor in feuchter Erde zu schlafen?" Anderson erwiderte darauf hin nichts, sondern verschwand wortlos in den hinteren Teil des Schiffes. Seras konnte das laute Poltern seine Schritte hören. " Am liebsten würde ich ihn mit einem verdammt schweren Stein um den Hals über die Reling schmeißen, aber dummerweise werden wir ihn wohl noch brauchen." Das brachte Seras wieder zu dem Pergament zurück, das Anderson ihnen gezeigt hatte. "Was stand eigentlich auf dem Stück Papier, das er bei sich trägt?" fragte sie und Migel setzte sich seufzend auf eine Kiste. Nachdenklich begann er seine Stirn zu massieren. " Ich habe keine Ahnung woher er diese Abschrift hat und vor allem weiß ich nicht warum er sie uns jetzt erst präsentiert, aber eines weiß ich, dass diese Zeilen das Schicksal der Welt einst eingeleitet haben." Seras hob erstaunt die Brauen " Wie das Schicksal der Welt eingeleitet? Ich dachte das haben wir alles diesem Sandkorn zu verdanken." Migel nickte und sah dabei konzentriert auf die dreckverschmierten Planken zu seinen Füssen. " Das schon aber auch hier steht es wie mit allen Dingen. Keine Reaktion ohne Auslöser. Kein Beginn ohne Anfang." Seras merkte mal wieder das sie überhaupt nichts verstand. " Geht es vielleicht ein klein bisschen deutlicher?" Der Vampir lächelte entschuldigend. " Verzeih mir meine Gedankensprünge, aber das alles ist auch für mich verwirrend." Er räusperte sich kurz. " Nun die Geschichte mit dem Korn ist dir ja bekannt? Gut und die Geschichte über unsere Entstehung? Seras nickte schwach. " Dann ist es einfach zu erklären. Der Weg des Korns in die Hände der Kirche ist es, der auf diesem Pergament steht und der ist weiß Gott überraschend." Leise rollten die Wellen gegen die Wand und ließen das Holz schmerzhaft aufheulen, doch Migel fuhr unbeirrt vor. " Als Gott Kain wegen seiner Todsünde bestrafte, hatte er doch letzten Enden Erbarmen und überließ Kain noch ein Stück Erde, das unter ihm gedeihen sollte, wenn ihm einst Vergeben wird." "Wenn ihm einst Vergeben wird?" hauchte die Vampirin. "Ja" nickte Migel " Aber ist das denn möglich?" "Nun, ich bin nicht sicher aber," plötzlich krachte es fürchterlich und dann hörten sie Anderson wütende Stimme. " Verdammte Ratten, sind diese Viecher denn überall hier?" Mit einem eleganten Schwung stieß sich Migel von der Kiste ab. "Ich glaub ich halte mal unseren Priester davon ab voeilig unsere Vorräte zu erschlagen." Damit ging er in Richtung des Gepolters und Seras blieb allein zurück. Nachdenklich über Migels Worte begann sie den Deckel der ersten Kiste zu öffnen, als sie das braune Buch erblickte, fiel ihr auf, das es Integra Kiste war, die sie aus versehen geöffnet hatte. Eigentlich wollte sie gleich wieder den Deckel schließen, aber plötzlich packte sie die Neugier und sie warf rasch einen Blick über die Schulter. Integra und ihr Meister waren immer noch oben und es sah nicht so aus, als wenn die beiden gleich nach unten kämen. Vielleicht konnte sie ja mal einen kleinen Blick hinein werfen nur einen klitzekleinen. Sie griff nach dem geschmeidigen Leder und lugte zwischen die Seiten. London der 13 Dezember 2002 Ich befürchte das die Eintragungen dieses Tages meinen Gemütszustand nicht annähernd wiederspiegeln. Heute wurde mir nur allzu deutlich vor Augen gefügt, dass ich meiner Aufgabe die ich einst bei meinen Leben versprach nicht erfüllen kann, so sehr ich dieses auch bedaure. Aber ich sollte von vorne Beginnen. Heute, am frühen Nachmittag bat mich Lady Integra nach ein paar Unterlagen die ihr Vater über die Organisation einst anfertigen ließ zu schauen und ich glaubte mich daran zu erinnern, das diese sich in den Gewölben des Anwesens befanden. So machte ich mich nach dem Tee daran nach diesen Akten zu suchen. Dabei traf ich durch Zufall auf einen Raum, der mir bis dato aus der Vergangenheit nicht bekannt war. Er war hinter ein paar Regalen verborgen gewesen, die ich bei meiner Suche umstellen musste. Die Tür war unverschlossen und nach dem ich mit einer Taschenlampe bewaffnet die vermeintlich leeren Wände abstrahlte, traf mich das Unvermutete wie ein Schlag. Es war unglaublich, um mich herum waren Abbilder der Lady des Hauses. Jemand hatte sie in künstlerischer Vollkommenheit an den Steinen verewigt. Dabei war es, als ob man eine Reise durch die Zeit bewunderte. Die junge Integra als Kind auf dem Arm ihres Vaters, als vierzehjähriges Mädchen und als starke und unbeugsame Frau in der Mitte ihrer unterstellten Truppe. Ich muss gestehen das mir bei diesem Anblick ein eisiger Schauer den Rücken hinunter lief, wusste ich doch im gleichen Moment wer allein für diese seltsame Sammlung verantwortlich war. Ich verließ den Raum so schnell wie möglich und verdeckte den Eingang rasch wieder mit den Regalen. Ich begann zu zittern als mir klar wurde, was meine Entdeckung bedeutete und was für eine alleinige Konsequents sie forderte. Ich war hin und her gerissen und konnte ich mich nicht zu einer entgültigen Entscheidung durch ringen. Zu erst wollte ich ganz im Sinne meiner versprochenen Pflicht handeln. So ging ich zu seinem Raum hinüber, in dem Meister Alucard bei Tage zu ruhen gedachte. Bewaffnet mit der Pistole, die mir einst Sir Hellsing selbst überließ um das zu tun was nötig sei um ihr Leben und die Organisation zu bewahren. Doch als ich über ihm stand, über seinem vermeintlichen Sarg in dem sein lebloser Körper lag, überkam mich erneut eine Welle des Zweifelns. Was, wenn meine Handlung zu voreilig war, wenn der Grund dieser Bilder ein anderer war, als ich in meiner überhasteten Überlegung vermutete? Dann würde ich dem Hause Hellsing die einzige Waffe nehmen, die ihren Erfolg garantierte und Lady Integra den einzigen wahren Schutz der sie umgab. Ich musste fast lachen als mir die aussichtslose Situation bewusst wurde in der ich mich befand. Ich konnte keine Entscheidung fällen ohne sicher zu sein. Zögern verließ ich daraufhin das Schlafgemach des Untoten, dessen Absichten mir nicht klar genug waren um ihn zu verurteilen, doch ich wusste das ich ab heute vorsichtig sein musste. Kapitel 29: Snagov ------------------ Über ihnen schien sich der Himmel immer dichter zusammen zu brauen. Das klare Licht der Sterne war seit einer Weile durch eine Wand aus finsteren Wolken verdeckt, die bedrohlich zu Grollen begannen. Integra sah über die peitschende See, deren Wellen ineinander fielen und dabei ihre weißen Kronen in die wirbelnde Luft schickten. Das Meer schien ihre Reise vereiteln zu wollen und kämpfte verbissen an den Planken, doch der spitze Rumpf behielt unbeirrbar seinen Kurs und durchschnitt das wütende Element wie ein Schwert die Brust eines Gegners. Alucard war immer noch eine Galionsfigur die dieses Treiben seine Kraft zu geben schien. Seine Haare wehten im Sturm und wurden mit jeder Sekunde länger und länger. Wie riesige dicke Schlangen krochen die Strähnen über das Deck und fingen an sich um die kaputten Masten zu ranken. Mit fasziniertem Blick beobachtete Integra wie einige sich ihren Weg zu ihr bahnten und dann spürte sie wie etwas ihre Arme herunter glitt. Erschrocken wandte sie sich um, es war ihr eigenes Haar das selbst anfing zu wachsen. Ein gleißendes Weiß, das wie flüssiges Mondlicht in die Dunkelheit drängte und sich in einer Art spielerischen Tanz mit dem Alucards verband. Sie schnappte aufgeregt nach Luft aber bevor sie etwas sagen oder tun konnte durchströmte sie eine Hitze, als wenn ein Feuer sie verbrennen würde. Entgeistert streckte sie die Hände aus, doch die gewaltige Wärme blieb und dann war da wieder das Gefühl das sie schon einmal erfasst hatte. In einer Nacht, in der ihr ein Anderer Erlebnisse einflösste, die sie davon spülten und genauso war es jetzt wieder. Der Strom riss sie mit sich fort und alles um sie herum löste sich auf. Der Morgen schenkte dem Tag sein schönstes Licht und lies die Wolken am Horizont in einem unbeschreiblichen Rot erstrahlen. Integra zwinkerte, wie oft hatte sie Nacht über auf diese Farben gewartet und war deswegen noch wach geblieben um sie nicht zu verpassen. "Gott lässt uns für einige Minuten sein wahres Antlitz sehen" hatte Walter diesen Augenblick immer genannt und sie konnte ihm dazu nur beipflichten. Doch er dauerte nie lange und so war es auch dieses mal. Das Rot verblasste immer schneller und machte dem hellen Licht Platz das nun über die kantigen Zinnen, einer Burg schien, die auf der Spitze einer gewaltigen Anhöhe thronte. Die schwarzen Granitmauern wirkten wie ein dunkles Loch, das in die Helligkeit des Tages stach und die bizarren Wasserspeier an den Türmen taten das übrige dazu bei dem monströsen Bau etwas böses zu verleihen. Die kleinen Dämonen ragten überall zwischen den Steinen hervor und ihre dämonischen Fratzen schrieen stumm in das satte Tal hinunter das sich zu den Füssen der Burg ausbreitete. An den Seiten eines riesigen, aus harten Eisen geschmiedeten Falltors standen zwei bewaffnete Wachen Spalier. Plötzlich erklang der dumpfe Klang eines Horns und wenige Sekunden später wurden die schweren Stäbe ächzend nach oben gerissen. Die Wachen erwachten schlagartig aus ihrer Starre und wandten sich nun zum offenen Eingang, aus dem ein schwarzes Pferd hervorpreschte. Als das heißblütige Tier an ihnen vorbei raste griffen die Männer reflexartig nach ihren Helmen " Es lebe der König der Walachei!" aber die Gestalt die auf dem Pferd saß, nahm keine Notiz von ihnen sondern wirbelte nur den Staub ins Gesicht, der ihn selbst in eine undurchsichtige Wolke hüllte, dann war er schon um die erste Wiegbiegung verschwunden. Im Inneren der Burg war lautes Stimmengewirr zu hören, deren Ursache eine kleine Menschenansammlung war, die laut miteinander zu diskutieren schienen. Drei in Rüstungen gehüllte Männer stritten heftig miteinander während ein junger Mann mit einem älteren Mönch an seiner Seite stumm daneben standen. " Ein Irrsinn jetzt auf die Idee zu kommen diese Schergen anzugreifen!" bellte einer der Männer, dessen bullige Gestalt in einer rotschimmernden Rüstung steckte. Sein aufgequollenes Gesicht war puterrot angelaufen und sein buschiger, rotblonder Bart zitterte wie ein Busch im Wind. " Er wird uns alle in den Tod reißen, es sind einfach zu viele für einen Frontalangriff!" "Ganz meiner Meinung, aber das will seine Hoheit nicht wahrhaben! Er ist ein gottverdammter Narr wenn er," "Wie könnte ihr es wagen so von meinem Vater zu sprechen Unwürdiger!" Der schwarzhaarige Busche hatte plötzlich nach seinem Schwert gegriffen, das an einem Halfter an seiner Hüfte baumelte und hielt die scharfe Klinge nun auf den Ritter gerichtet der seinen Satz bei der unerwarteten Reaktion nicht beendet hatte. Stumm blickte er jetzt in das vor Wut verzehrte Gesicht. " Ruhig Blut Prinz, ruhig Blut. Zügelt euer Temperament und ihr Lord Galvizx eure Zunge!" fuhr nun der kleine Mönch dazwischen. Seine mahnende Hand legte sich bestimmend auf die Klinge und zwang den heißblütigen Jungen dazu seine Waffe sinken zu lassen. Der zuvor Bedrohte verzog seine Lippen zu einen abschätzigen Lächeln. " Ja, man merkt welches Blut in euren Adern fließt Prinz, das gleiche Feuer und der gleiche Wahnsinn, der auch euren Vater zu seinen unüberlegten Handlungen treibt!" Wieder riss dieser seine Schwert hoch. Seine Augen schienen Funken zu sprühen als er sich jetzt nach vorne warf. " Entschuldigt euch gefälligst für eure Worte bevor ich meinem Vater von euren verachtenden Sätzen berichte oder euch gleich selbst den Kopf für diesen Verrat von den Schultern trenne." Jetzt lachte der Rotbärtige plötzlich und schlug dem rasenden Burschen besänftigend auf die Schulter. " Wirklich! Ihr seid ein durch und durch wahrer Dracul junger Vlad und ihr werdet einmal dem Erbe eures Vaters alle Ehre machen, wenn ihr seinen Platz im Orden einnehmen werdet. Stolz und Mut das ist es wovon eure Familie mehr als genug hat." Der Mönch nickte dem Mann dankbar zu und zog den immer noch wütend dreinschauenden Burschen mit sich. " Habt dank für eure Worte Lord Kolem und ihr Prinz werdet jetzt mit mir kommen und diese Männer mit ihrer Aufgabe alleine lassen, bis der Tag gekommen ist wo es an euch liegt wichtige Entscheidungen zu fällen und auszuführen." Damit verschwanden sie und die drei Ritter blieben zurück. " Wenn sein Vater so weiter macht, wird er schneller vor seinen Aufgaben stehen als ihm vielleicht lieb ist." Murmelte der Dritte der bis dahin nichts gesagt hatte. " Ja und wer weiß ob dieser Tappins nicht noch schlimmer ist als der jetzige. Ich habe ihn selbst schon im Zweikampf trainiert und glaubt mir ich habe noch nie einen so besessenen Kämpfer erlebt. Es ist als wenn es ihn berauschen würde, so bald seine Finger sich um den Griff einer Klinge legen." "Aber solche Männer brauchen wir, wenn wir die heiligen Schriften vor diesen stinkenden Teufeln beschützen wollen!" erwiderte Lord Kolem und wandte sich zum gehen. " Wir sollten uns jetzt aufmachen. Die Truppen werden nach einer Führung verlangen." Damit wandte er sich um und ging in Richtung der angebundenen Pferde. Mit leichtem Zögern folgten die andern nach. " Und ich schwöre dir Alkam. Ich weiß nicht, wen ich mehr fürchten soll, die ungläubigen Türken oder ihn." Zischte der eine noch zwischen den Zähnen hervor. " Du hast ihn schon zu fürchten, weil er selbst keine Furcht kennt, nicht einmal die Furcht vor dem Tod." Sagte der andere noch bevor sie die Tiere erreicht hatten. Der Wind riss noch stärker an den zerstörten Segeln und Integra griff haltsuchend nach dem Steuerrad, als die nächste Welle der Erinnerung sie fortspülte. Zu erst glaubte sie in mitten eines Waldes zu stehen, dessen mächtige Baustämme um sie herum aufragten, doch schon in der nächsten Sekunde zeigte ihr das schimmernde Blut, das die Rinde der Pfähle glitzernd hinab rannte, wo sie sich wirklich befand. Dann drang ein Geräusch an ihre Ohren das über ihrem Kopf zu ihr hinunter stieß. Ein schauriges Gemisch aus Schreien und Wimmern, aus Qual und Schmerz, das sich wie ein erdrückender, wabernder Teppich vor dem Himmel zog und alles darunter vor Schreck und Furcht erstarren ließ. Sie schluckte vor Ekel, als plötzlich mit einem saugenden Geräusch ein nackter Körper den Stamm neben ihr hinunter glitt und die weit aufgerissenen Augen des Mannes sie wie flehend ansahen, während die Spitze des Holzes die aus seinem Mund ragte seinen Unterkiefer zeriss. Keuchend wandte sie sich ab und erblickte vor sich eine gedeckte Tafel deren einladende Speisen wie ein Paradoxon zu dem unglaublichen Massaker um sie herum stand. Dann erkannte sie, dass tatsächlich jemand an diesem Tisch saß und aß und ein weiterer Blick genügte um zu erkennen wer es war. Wieder dieses Kribbeln auf der Haut gefolgt von einer unbekannten Furcht. Mit stolzer Haltung saß er vor seinem reich gefüllten Teller und steckte sich gerade ein Stück Fleisch in den Mund, als ein Soldat durch die Baumreihe kam und vor seinem Tisch salutierte. Doch er ließ sich nicht von seiner Mahlzeit abhalten. Trotz der bizarren Situation wurde Integra plötzlich bewusst, das sie ihn zum ersten als Mensch speisen sah und das löste in ihr eine merkwürdige Rührung aus. Der Soldat war merklich nervös, seine immer noch an den Helm gesetzte Hand zitterte, als er auf eine Regung seines Herren wartete. Dieser sah nach dem letzten Bissen fast schon gelangweilt auf. " Sagte ich nicht das ich beim Essen nicht gestört werden will?" Der ruhige Tonfall seiner Stimme strahlte mehr Schrecken aus, als es ein Schreien hätte tun können. Das dachte wohl auch der Soldat, dessen Stimme zunächst nur ein heißeres Krächzen war. " Ich bitte vielmals um Vergebung eure Majestät, doch euer Hauptmann schickt mich dringlich und befahl mir unter Androhung des Todes sofort zu euch zu gehen um euch von der Lage am Fluss Molya in Kenntnis zu setzten. Dort tobt seit drei Tagen eine Schlacht gegen eine Truppe ungläubigen Diener des Sultans von ...." "Das ist mir bekannt!" unterbrach er ihn schroff und Integra sah ein gefährliches Glitzern in seine Augen treten, das sie nur allzu gut kannte. " Was ist das Problem?" "Unsere Männer scheinen nicht stark genug Herr, es droht eine Niederlage und ..." "Eine Niederlage!!" schrie es ihm entgegen und der Tisch drohte bei dem heftigen Aufsprunge den er jetzt machte umzukippen. Nacktes Entsetzten entstellte das junge Gesicht des Soldaten der einen Satz nach Hinten machte. " Es gibt keine Niederlagen in meinem Land, solange das Feuer des Drachen in ihm brennt merke er sich das und jetzt will ich mein Pferd sofort!" Damit stieß er die Tafel entgültig um und die üppigen Speisen spritzten wild umher und verteilten sich zwischen den Blutlachen. Der Soldat schloss betend die Augen, als er an ihm vorbei schritt, doch es folgte keine weitere Reaktion und nachdem sein Herr zwischen den Pfählen verschwunden war atmete er hörbar aus. Langsam traute er sich ihm zu folgen. Nebel stieg plötzlich auf und hüllte Integra ein. Die Baumstämme verblassen und eine Stimme erklang, die in einer Sprache sang, die Integra nie zuvor gehört hatte und doch verstand sie jedes Wort, als ob die Worte in ihrem Kopf ihre Bedeutung entfalteten. Der Drache kam über unser Tal. Verbrannte die Erde und stahl unsere Mädchen. Schreckte die türkischen Ungläubigen, schützte unsere Dörfer. Sein Atem trocknete die Flüsse und wir gingen hindurch. Sie schwebte über eine Gebirgslandschaft die sich unter ihr wie ein zerklüfteter Krater ausbreitete um dann einer Ebene Platz zu machen in deren Mitte sich ein gewaltiger See ausbreitete. Wie ein riesiger Spiegel schimmerte die glatte Oberfläche des Wassers zu ihr hinauf und dann sah sie die Umrisse einer Insel die sich wie eine ausgestreckte Hand aus dem Spiegel erhob. Etwas zog sie zu dieser Insel, deren Konturen immer klarer und klarer wurden, bis sich auf einmal schwarze Mauern vor ihr erhoben an deren Spitze ein kleiner Glockenturm saß. Der leise Glockenschlag bestätigte ihre Vermutung das es sich um ein kleines Kloster handeln musste, dessen Bewohner jetzt eiligst aus einer kleinen Seitentür hinaus ins Freie kamen. Den Grund für ihr Auftauchen zeigte sich genauso schnell wie sie. Ein kleines Boot steuerte aus der Dunkelheit auf einen kleinen Anleger zu dem die Mönche nun geschwind liefen um die Taue festzumachen, die ihnen vom Boot aus zu geworfen wurden. Zwischen den einzelnen alle in braunen Kutten gekleideten Männern konnte Integra eine im Gegensatz dazu in schwarz gekleidete Gestalt ausmachen, die auf einem goldglänzenden Stab gestützt dastand und auf die vermeintlichen Besucher zu warten schien, die jetzt über den Anleger zu ihnen gelaufen kamen. Integra spürte wieder den eisigen Schauer, als sie erkannte wer in der rotschimmernden, schweren Lederrüstung, flankiert von zwei Soldaten auf den Abt zusteuerte, dessen Gesicht bei seinem Anblick freudig zu leuchten schien. Als die drei Männer ihn erreicht hatten warf sich ihr roter Anführer vor dem Heiligen auf die Knie und küsste dessen ausgestreckte Hand. " Euer demütiger Sünder ist euer ergebenster Diener" der alte Abt lächelte nun und sein runzeliges Gesicht schien sich noch mehr zu verziehen. " Nicht mein Diener Fürst nur seiner" Etwa an dieser Szene ließ Integra erschaudern und die Erinnerung an ihre erste Begegnung mit dem Fürsten drängte sich kurz vor ihre Augen. "Euer ergebenster Diener!" Dann stand der Graf wieder auf und wandte sich seinen Begleitern zu. " Bleibt bei dem Boot und gibt acht, ob uns jemand gefolgt ist!" bellte er dem nächststehenden zu und dieser nickte. Bevor er sich abwandte konnte Integra sein Gesicht im vollen Licht den Mondes sehen und erstarrte. Dieses markante Gesicht mit der spitzen Nase und den hohen Wangenknochen war ihr nur allzu bekannt, auch wenn sie ich schon lang nicht mehr gesehen hatte und der buschige Schnurrbart den er jetzt trug weit mehr von seinem Gesicht verdeckte als der gepflegte Spitzbart den er sonst hatte. Kalham! Er ging nun mit dem anderen Soldanten zurück zum Anleger und verschwand in der Dunkelheit. Die anderen Mönche zogen sich auf einen Wink ihres Meisters hin ebenfalls zurück und der Abt und der Fürst gingen nun gemeinsam langsam in Richtung des Kirchturms davon. Integra folgte ihnen und schlüpfte hinter ihnen durch die schmale Eingangstür in den Innenraum einer winzigen Kapelle, deren Beleuchtung aus vier massiven, eisernen Kerzenleuchtern bestand die, trotz der Wärme die sie verströmten eine gespenstige Atmosphäre erzeugten. Die beiden Männer hatten nun den schlichten Altar erreicht auf dem als einzigstes ein goldenes Kreuz stand. Nun wahres es beide die sich hinknieten und ein Kreuz schlugen. Danach begann der Abt die unheimliche Stille zu durchbrechen. " Und Vlad wie steht es mit dem heiligen Krieg da draußen?" trotz seines fortgeschrittenen Alters, war die Stimme des runzeligen Gottesmannes erstaunlich fest und klar und Integra erkannte die Stimme des Mönchs wieder der den Streit in ihrer ersten Vision geschlichtet hatte. Der angesprochene strich sich seine langen schwarzen Haare aus dem Gesicht bevor er antwortete. " Die Ungläubigen Teufel sind ebenso schlau wie sie zäh sind Eupraxios, doch die Hand des Herrn selbst ist es die uns führt und deshalb ist ihr Schicksal schon besiegelt, wenn sie ihren dreckigen Fuß in unser Land setzen." Ein breites Grinsen zog über das faltige Gesicht. " Der Allmächtige ist froh einen Diener wie dich zu haben Vlad. Kein anderer Herrscher vermag mehr Mut und Tapferkeit aufzubringen um sein eigenes Land vor den osmanischen Heuschrecken zu schützen wie du. Dein Vater wusste was er tat als dich in seinem Sinne aufzog." Jetzt war es der Fürst der grinste. " Wie war nirgendwo kann man seinen Feind besser studieren als in seinem eigenen Schos. Die Folterkammer des Sultans war ein Lehrreicher Ort um seinen eigenen Scharen das zu kommen zu lassen was sie verdienen." Doch plötzlich wurde er erst und ein beunruhigender Schatten zog über seine funkelnden tief braunen Augen. "Doch es ist auch nicht die Furcht vor dem Feind der mich zu euch treibt Eupraxios, sondern der Geruch des Verrats der seit einiger Zeit durch mein Lager streicht." Der Abt sah nun überrascht aus " Verrat, aus euren eigenen Reihen? Wer sollte euch stürzen wollen? Den Sohn des Drachen, den König der Walachei?" Der schwarzhaarige König legte den Kopf schief und zog die Augenbrauen zusammen. "Die Gleichen die schon einmal meinen Sturz heraufbeschworen haben, sie scheiterten kläglich, doch nun fürchte ich das bald der Zeitpunkt gekommen ist, wo man selbst vor der Verbrüderung mit dem Feind nicht mehr zurückschreckt um mich zu zerstören. Ihr wisst das der Sultan einen hohen Preis auf meinen Kopf ausgesetzt hat und die Seher prophezeien mir schon den baldigen Tod." Der alte Mann wollte dazwischen fahren, doch die abwehrende Hand des Fürsten hinderte ihn daran. " Ich weiß ihr haltet nichts von diesem abergläubischen Gerede, doch ich kenne meinen Stand in meinem eigenen Land, den Hass und den Neid den ich erzeugt habe, deshalb wünsche ich nur eines. Wenn mein Körper gefallen ist und mein Kopf vor den Toren Konstantinopels baumelt verlange ich von euch das ihr ihn und den Rest meiner Gebeine hierher bringt um sie beide wieder zu vereinigen. Schwört ihr mir das Ehrwürdiger?" Es schien, als wenn der Abt noch etwas einwenden wollte doch er entschied sich dagegen und nickte statt dessen zögerlich. " Natürlich Majestät, ich werde alles mir mögliche tun, um euren Wunsch zu erfüllen, auch wenn ich dafür bete das eure Befürchtungen nicht wahr werden mögen." Daraufhin senkte sich wieder ein Schatten über Integras Augen und die Stimme begann erneut zu singen: Der Held lag sterbend oben auf dem grünen Berg. Der Held lag sterbend mit neun Wunden in der Seite. Oh, du Falke, flieg zu ihm, seine Männer sind sicher, Sicher in den Bergen, alle seine Männer. Der Held hat neun Wunden in der Seite, doch die zehnte war es die ihn tötete. Der eisige Wind des Meeres öffnete ihre Augen und sie sah ihn erneut an der Bug stehen, sah seinen Stolz und seine Kraft, die das Boot nach vorne Trieb und die Gezeiten beherrschte. Plötzlich war es ihr Mund der anfing zu sprechen und sie hörte erstaunt die fremden Wörter die er formte. Jetzt müssen wir uns verteidigen, der Drache war unser Schutzherr, aber jetzt verteidigen wir uns gegen ihn. Kapitel 30: Sabbath ------------------- Noch einmal kehrte der Donner zurück. Sein tiefer Bass dröhnte in Integras Ohren als sie spürte wie der Bann sich von ihr löste, wie seine Haare, die nun zurück zu ihrem Herrn krochen. Sie atmete tief ein und versuchte so die letzten Bilder vor ihren Augen zu verjagen, doch sie klebten wie Pech in ihrem Kopf. Sie sah immer noch den Wald der Pfähle vor sich als sie seine Hände auf ihren Schultern spürte. "Meine Leidenschaft ist keine Krankheit sondern eine Lebensart. Sie ist kein Tumor, der meinen Charakter zerstört hat, sondern das eigentliche Wesen meines Seins. Ich bin kein Monstrum sondern der Inbegriff des Menschlichen und des Bösen. Ich bin, der ich bin." Unter Deck entbrannte währenddessen eine hitzige Diskussion. " Und ich sage egal wie viele Ratten sich hier tummeln sie werden keine von ihnen mit ihren Rasierklinken niedermetzeln, wenn sie nicht wollen, dass wir uns an ihnen gütig tun." Seras steckte hastig das Buch zurück in die Kiste als sie hörte das Migel und Anderson zurück kamen. Beide funkelten sich beim rein kommen wütend an. " Ich weigere mich mit diesen verlausten Drecksviechern mein Lager zu teilen, die fressen einen doch beim schlafen auf!" " Na so was, so groß und Angst vor ein paar fetten Mäusen?" fragte Alucard mit einem schiefen Grinsen als er nun mit Integra dazu kam. Anderson musterte ihn mit einem durchdringenden Blick. " Was hat euch denn so plötzlich nach unten getrieben? Der Hunger?" "Der auch" mit einer blitzartigen Bewegung schnellte plötzlich Alucards Arm durch den Raum und dann hielt er auch schon einen laut quiekenden und zappelnden Pelzhaufen in der Faust. " Nicht gerade ein vier Sterne Gericht aber immer hin besser als nichts." Und damit warf er den Kopf in den Nacken und presste die Ratte über seinem Mund wie eine überreife Zitrone aus. Das Geräusch der krachenden Knochen ließ Seras das Gesicht verziehen. Mit einem zufriedenen Schmatzen warf Alucard die Reste des Körpers über die Schulter. "Die Sonne geht gleich auf, die ersten Streifen zeigen sich am Horizont, Zeit sich ein bisschen auszuruhen." Anderson wandte sich ab und ging wieder in Richtung Kabinen davon. Bevor er verschwand warf er Integra noch ein vielsagenden Blick zu. " An seinen Tischmanieren können sie aber noch arbeiten." Migel hob den Deckel von seiner Kiste. " Wie weit ist es noch bevor wir die Küste Frankreichs erreichen?" Alucard zuckte mit den Schultern. " Vermutlich drei Tage, dann müssten wir eigentlich Land sehen, wenn wir das Tempo einhalten und das dürfte kein Problem sein." Er öffnete nun ebenfalls eine Kiste. Dann half er Integra hinein zu steigen. Seras bemerkte wie erschöpft die Lady war. Ihre so wie so schon Porzellan weiße Haut schien fast durch sichtig zu sein, als ob sie seit Nächten nicht getrunken hätte. Dabei war es doch gar nicht so lange her das sie.... Plötzlich musste sie an Walters Tagebucheintragungen denken und ein eisiger Schauer rannte ihr über den Rücken. Walter hatte es also damals schon geahnt welches Schicksal ihr Meister für seine Herrin auserkoren hatte und er war völlig machtlos gewesen. Wie verzweifelt musste er gewesen sein, wenn er die Beiden zusammen gesehen hatte, mit der Gewissheit das sie nicht wirklich die Herrin dieses Monsters war und er sie nicht schützen konnte. Schnell wandte sie sich ab. Besser sie hörte auf solche Gedanken zu haben, bevor ihr Meister sie in ihrem Kopf lesen konnte. Es war ihr selbst gar nicht bewusst, aber zum ersten mal wünschte sie sich, er hätte nicht diese Macht über sie. Einige Nächte später.... Mit einem lauten Poltern setzte der Rumpf des Schiffes in den weichen Sand auf. Seras spürte in ihrer Erstarrung eine leichte Vibration, bevor das Leben in ihre Glieder zurück kehrte. Sie schlug zwinkernd die Augen auf. Von Draußen drangen leise Stimmen zu ihr hinein. Schnell erkannte sie wer da mit einander sprach. " Du bist sicher, dass das der Richtige Weg ist?" hörte sie Migel flüstern. " Glaub mir mein Freund, ich habe lange, sehr lange darüber nach gedacht bevor ich zu diesem Schluss gekommen bin." Antwortete die dunkle Stimme Alucards. Migel ließ einen tiefen Seufzer vernehmen. " Im Grunde ist es eh egal wie es ausgeht und wenn die Prophezeiung wirklich stimmt dann..." Das Geräusch von klappernden Holz unterbrach das Gespräch. Seras konnte jetzt Integra hören, die sich zu strecken schien. Es war wohl besser ebenfalls aufzustehen. Mit zerwühlter Mähne lugte sie über den Holzrand hinweg zu den zwei Männern und ihrer ehemaligen Herrin hinüber, die dabei war sich einen schwarzen Kapuzenmantel überzuziehen. Seras rieb sich verblüfft die Augen. Woher kamen denn diese Mönchsgewänder , in die sich ihr Meister und Migel ebenfalls gehüllt hatten. "Wo kommen die denn her?" Migel grinste bis über beide Ohren. "Eine großzügige Spende von unserem gütigen Bruder schneidige Klinge. Er meinte diese Kleidung wäre zwar nicht ganz passend für uns, aber wohl die beste Tarnung." Alucard kratzte sich verbissen am Hals. " Für meinen Geschmack jucken diese verdammten Wollkutten ein bisschen zu doll, mir völlig unverständlich wie man freiwillig sein ganzes Leben da drin verbringen kann." Jetzt war es Integra die grinste. " Wenn man für dieses weltliche Leiden die ewige Vergebung bekommt, ist das vielleicht ein Anreiz" Darauf sagte der Vampir nichts mehr, sondern zog stumm die Kapuze ins Gesicht. " Wie geht es denn jetzt weiter? Sind wir schon da?" Seras steckte kurz mit dem widerspenstigen Haarschopf im engen Halsteil der Mönchkutte fest und Integra half ihr unter heftigem Lachen den Kopf frei zu bekommen. " Wir liegen ca. eine halbe Meile vor der französischen Küste. Wenn wir den Strand erreicht haben müssen wir uns östlich halten. Ich schätze wir brauchen dann noch drei vier Stunden bis wir in Paris sind." Integra sah ihn überrascht an " Wieso Paris sollten wir nicht schnellst möglich zur Kirche?" Alucard zog die Stirn kraus. " In Anbetracht dieser Raum Zeit Verschiebung bin ich mir nicht sicher was uns dort genau erwartet darum halte ich es für klüger erst einen Abstecher in die Hauptstadt zu machen." Er wandte sich an Seras " Geh und weck unseren Pfaffen, wir bereiten schon mal seine Reisemöglichkeit vor." Die kleine Vampirin nickte und machte sich dann auf den Weg zu den Kabinen. Dabei überlegte sie an was für eine Reismöglichkeit ihr Meister wohl gedacht haben könnte. Für sie und die anderen stellten Entfernungen ja kein allzu großes Problem da. Ob zu Lande zu Wasser oder in der Luft, dank ihrer Fähigkeit zur Metamorphose war es ein leichtes schnell nach Paris zu kommen, aber für Anderson mussten sie sich wirklich was einfallen lassen, da er.. Ein lautes Stöhnen unterbrach ihre Gedanken. Es kam aus der hintersten Kabine, dessen Tür als einzigste geschlossen war. Seras blieb stehen und horchte. Seit sie auf diesem Schiff waren hatte sie den Priester nicht mehr gesehen. Er schien tagsüber aktiv zu sein und nachts zu schlafen. Wobei ihr der Gedanke ihm völlig schutzlos ausgeliefert zu sein gar nicht gefallen hatte. Wieder drang das Stöhnen durch die Tür gefolgt von einem zischenden Laut. Plötzlich drang ein scharfer Geruch in Seras empfindliche Nase und sie verzog angeekelt das Gesicht. Es roch nach verbranntem Fleisch. Vorsichtig schlich sie näher zu Tür, lautlos wie eine Katze. Als sie direkt vor der Kabine stand fiel ihr Blick auf das kleine Schlüsselloch, aus dem ein winziger Lichtstrahl zu ihr nach draußen drang. Er zitterte und schwankte als erneut Andersons Schmerzlaute erklangen. Seras konnte ihre Neugierde nicht länger beherrschen und schob ihr dunkel rotes Auge vor die Öffnung. Zu erst sah sie nur den breiten schwarzen Rücken des Priesters der ihr die Sicht versperrte, doch dann drehte sich Anderson zur Seite und der blonden Vampirin riss entsetzt die Augen auf. Der Priester kniete jetzt seitlich neben drei brennenden Kerzen, die er so dicht neben einander gestellt hatte, das ihre einzelnen Lichter zu einer Flamme verschmolzen. In die Flammen hielt er eine seiner silbernen Klingen, die das Licht zu verdoppeln schien, dabei murmelte er unentwegt lateinische Wörter vor sich her, aber das war nicht das Unheimliche. Seras blinzelte, Anderson war vollkommen nackt! Sie konnte jeden einzelnen Muskel seines durchtrainierten Körpers sehen, der über und über mit Narben gesprenkelt war. Zeichen seiner zahlreichen Kämpfe, die er bis auf einen wohl immer gewonnen hatte. Ihre Augen glitten über sein Gesicht, selbst die Brille hatte er abgelegt und von seiner Stirn perlten dicke Schweißtropfen, die wie kleine Bäche über seine Wangen liefen. Seine Augen waren fest geschlossen, als sein Gesicht sich plötzlich zu einer gequälten Maske verzog. Er biss sich heftig auf die Lippen und dann riss er die Klinge aus dem Feuer und presste sie sich in den Unterleib. Wieder erklang das gequälte stöhnen und Seras sprangt bei diesem grausamen Anblick entsetzt nach hinten, dabei verlor sie das Gleichgewicht und schlug polternd auf den Holzbrettern auf. Das Stöhnen erstarb. Mit zitternden Händen erwartete Seras das in jeder Sekunde die Tür der Kabine aufflog und Anderson sie rasend vor Wut mit der Klinge niederstreckte, aber nichts geschah. Statt dessen hörte sie ein leises Rascheln. Schnell sprang sie auf die Beine, dann klopfte sie mit schwankenden Knien an die Tür. Sie räusperte sich umständlich "Pater Anderson? Sind sie schon wach? Wir müssen gehen Meister Alucard und die anderen warten schon auf sie." Sie wartete, dann erklang Andersons Stimme. Klar und schneidend wie immer. " Sag diesem Blutsauger ich komme, wenn mein Dienst für den Allmächtigen vollbracht ist." Damit machte sich Seras auf den Weg ans Deck, wo Migel schon auf sie wartete. " Wo bleibt unser Glaubensbruder so lange?" Seras zögerte kurz " Er sagt er kommt gleich, ich glaub er betet noch." Migel hob spöttisch die Augenbrauen. " Na, wenn das man noch hilft." Bei der Mühe die er sich macht bestimmt, dachte Seras und schritt an ihm vorbei ans Ruder des Schiffs. Sie hatte immer noch den Geruch von verkohltem Fleisch in der Nase. Integra sah mit angestrengtem Blick in die Dunkelheit. " Soweit ich das sehen kann ist der Strand der vor uns liegt leer." Alucard nickte lächelnd. "Das hoffe ich doch für diese Jahreszeit." Er zog hörbar die Luft ein. " Ahh der Duft des Schnees ist herrlich, findet ihr nicht auch?" Seras blickte überrascht gen Himmel, der sich hinter einer schwarzen Wand von Wolken verbarg. "Schnee? Aber vor drei Tagen hatten wir doch noch Frühling oder nicht?" "Anscheinend schreitet die Umkehr der Zeit weiter voran." Integra zog die Kapuze auf ihrem Kopf ein Stück enger. "Wir sollten sehen das wir loskommen, mit oder ohne unseren lieben Anderson." "Sie wollen doch nicht wirklich auf meine Gesellschaft verzichten liebste Lady?" Andersons Kopf tauchte nun im Niedergang auf. Seras Augen huschten über sein Gesicht, aber anscheinend hatte sich der Priester nach seinem gespenstischen Ritual noch frisch gemacht. " Also was habt ihr euch bezüglich meines Transportmittels ausgedacht?" Migel hob ein dickes Tau in die Luft. " Wird ihnen gefallen Pater, sie werden sich vorkommen wie Jesus auf dem See Genezareth." Einige Minuten später bot sich den Möwen, die sich von den sanften Wellen gegen den Strand tragen ließen ein beeindruckendes Schauspiel. Ein Mann in einem wehenden schwarzen Mantel wurde wie von Geisterhand über das Meer gezogen. Das dunkel Wasser spritze zischen unter seinen Füssen davon, die sich zwischen den Speichen eines herausgerissenen Steuerrads festgeklemmt hatten. Mit zusammen gekniffenen Augen hielt sich Anderson an dem Tau fest das ihm Migel zugeworfen hatte. Das andere Ende des Taues steckte in der Schnauze eines pechschwarzen Hais, der schnurrgerade wie auf einer unsichtbaren Linie gezogen auf den weißen Strand zusteuerte. Über sie hin weg flogen drei schwarze Krähen die sich das Schauspiel amüsiert betrachteten. " Ich finde das sollte demnächst olympische Disziplin werden." Kicherte Seras als sie wenig später im Sand landeten. Anderson und Alucard marschierten mit dem Steuerrad in der Hand auf sie zu. " Tolle Ideen habt ihr, was kommt als nächstens? Zieht ihr mich demnächst mit einem Bettlacken als Segel hinter euch her?" Mit wütender Mine zupfte sich der Priester eine klebrige Alge von der Schulter. Migel zuckte gleichgültig mit den Schultern. " Nur nicht so viel Dankbarkeit, wir hätten sie schließlich auch schwimmen lassen können." Damit wandten sie sich den Dünen zu. " Es wäre schön zu wissen, wo wir genau sind und vor allem in welchem Zeitalter." Murmelte Integra. Mit schweren Schritten durchschritten sie den Sand. " Vielleicht haben wir Glück und finden rasch eine Straße oder so etwas ähnliches." Und tatsächlich kurz hinter dem dünnen Schilfgras schlängelte sich ein schmaler Weg in einen dichten Wald. In Alucards roter Iris erschien ein heller Glanz. "Wo ein Weg ist sind auch Menschen." Andersons Stirn kräuselte sich. "Kein unschuldiges Blutvergießen während ich dabei bin." Die Lippen des Vampirs verzogen sich zu einem erheiterten Lächeln. " Wer spricht hier den von vergießen, dazu ist dieser Trunk viel zu kostbar." Integra spürte bei seinen schwärmerischen Worten wie das Tier ihn ihr erwachte. Es war die dünne Mahlzeit die es seit Tagen bekam leid, es wollte etwas anständiges. Sie versuchte sich zu zügeln. "Vielleicht finden wir ja einen Bauernhof mit Tieren." Jetzt zogen sich Alucards Lippen soweit zurück das die strahlend weißen Fänge in der Dunkelheit leuchten sichtbar wurden. " Oh ja ein Hof mit Tieren, schönen jungen Tieren, die so wertvoll sind das der Bauer sie neben seiner Schlafkammer hält, damit selbst die Knechte nicht an sie herankommen und sie beschmutzen." Migel lachte und Seras schluckte. Das ihr Meister es aber auch nicht lassen konnte den Iscariot Kämpfers zu provozieren, dass konnte ja nur wieder auf eine handfeste Auseinandersetzung hinauslaufen, doch nicht nur zu Seras Überraschung lief Anderson ohne jedes weitere Wort auf dem ausgetretenen Pfand in Richtung Wald. Zu erst liefen sie eine Weile durch dichtes Geäst, das seine dürren, nackten Zweige nach ihnen ausstreckte, als wenn es versuchte sie am weiter gehen zu hindern. Vielleicht wusste der Wald bereits wer oder besser was da seinen Weg bahnte. Der Himmel war immer noch finster und die Luft war so kalt, das Seras den Atmen des Priesters als kleine Rauchwölkchen aufsteigen sehen konnte. Ihren eigenen jedoch sah sie nicht. Plötzlich begann es zu schneien. Erst waren es nur einzelne kleine, weiße Flocken die lautlos zu Boden segelten, doch dann wurden es immer mehr, bis eine dichte feuchte Masse sie wie eine starre Hand einhüllte. Sie versuchten sich mit den Armen vor den Gesichtern Schutz zu verschaffen, doch der Wind peitschte ihnen unablässig die gefrorenen Tropfen unter ihre schwarzen Kutten und es dauerte nicht lange bis sie vollkommen durchnässt waren. " Prima Klima." Nuschelte Migel hinter seinem Ellenbogen hervor. "Hoffentlich finden wir gleich ein nettes Plätzchen, bevor wir hier noch festfrieren." Integra versuchte im Schnee nicht die Orientierung zu verlieren, was wirklich nicht sehr einfach war. Alucards Rücken diente ihr als Schild. Der Wind war mittlerweile so stark geworden, das ihre Ohren wie taub schienen. Sie war wie in einer Blase, die sie in einer eigenen Welt festhielt. Sie lächelte matt als ihr der passende Vergleich einfiel. Wie in einer Schneekugel. Ihre Gedanken rasten zurück in ihre Vergangenheit. Stehen blieben sie in dem Arbeitszimmer ihres Vaters, in dem der riesige Schreibtisch voll gepackt mit Akten und Büchern stand, hinter dem der graue Schopf ihres Vaters auftauchte. So fand sie ihn meistens vor und jedes mal war es ihr unangenehm ihn bei seiner Arbeit zu stören, aber dieses mal hatte sie einen guten Grund. Es war sein Geburtstag und sie hatte ein Geschenk für ihn. Walter und sie waren extra dafür in die Stadt gefahren. Ihre Wangen brannten vor Stolz als sie ihm die kleine Kugel mit ihrem Bild überreichte vor dem die funkelnden Flocken wie Sterne tanzten. Er hatte sie angelächelt und ihr versichert nie ein schöneres Geschenk bekommen zu haben. Auf einmal drang eine unerwartete Empfindung in ihre scheinbar geschlossene Welt, bahnte sich seinen Weg über die sensiblen Nerven zu ihrem Gehirn und elektrisierte ihre betäubten Sinne. Der verführerische Duft, der das Tier aufschreien ließ und den Hunger weckte. Ihre Nasenflügel bebten wie bei einem Hund der die Witterung aufnahm und sie war nicht die einzigste. Auch die anderen hatten ihn bemerkt. Alucard war ruckartig stehen geblieben. "Scheinbar haben wir unser Ziel erreicht." Der Schnee versperrte ihnen immer noch die Sicht, doch hinter einer kleinen Baumgruppe tauchte wie aus dem Nichts ein heller Fleck auf, der beim näher kommen immer größer wurde und sich schließlich als kleine Holzhütte entpuppte. Aus dem Schornstein drang grauer Rauch in die Nacht hinaus. Anderson sah sich vor der Hütte um, in der kein Licht brannte. "Anscheinend schlafen die Bewohner." "Wie es sich für hart arbeitende Holzfäller gehört." Mit leicht federnden Schritten ging Alucard auf die dickwandige Eingangstür zu, die ihn mit ihren reichlich geschnitzten Verzierungen böse anzustarren schien. Doch das beeindruckte ihn nicht. Türen, egal aus was sie bestanden hatten ihn noch nie aufgehalten. Plötzlich musste er an eine andere Tür denken, hinter die er einst gelangen wollte um sich das zu holen was ihm seiner Meinung nach zu stand. Seine Hand griff nach dem dicken Knauf, als ihm eine bessere Idee kam. Seine dichten Augenbrauen zogen sich verspielt zusammen, als sein Körper sich aufzulösen begann. Vor den Augen der anderen verwandelte er sich in eine dichte rote Nebelwolke, die unter dem schmalen Spalt der Tür verschwand. " Was soll denn diese Show?" schnaubte Anderson verächtlich und rieb sich die blau angelaufenen Finger. "Vielleicht will er die Leute nicht wecken." Mutmaßte Seras doch Integra wusste es besser. Um den ungestörten Schlaf der Bewohner ging es ihm nicht, vielmehr um das lautlose Anschleichen. Sie warf Migel einen vielsagenden Blick zu und an seiner Mine konnte sie ablesen, dass er das gleiche dachte. " Am besten sie warten hier Pater, bis wir wieder da sind." Der Kopf des Priesters fuhr herum. " Wenn ihr meint ich sehe tatenlos zu wie ihr Unschuldige tötet habt ihr euch geschnitten!" giftete er den Vampir an und Seras konnte sehen wie er unter seinen Mantel griff. Integra ging dazwischen. " Keine Sorge Anderson das haben wir nicht vor. Wir wollen nur die Lage sondieren, o.k.?" Der Priester schien nicht sehr überzeugt. "Ich warne euch Lady Integra spielt keine Spielchen mit mir." Damit gingen Migel, Seras und Integra zur Hütte und wie Alucard wurden ihre Körper zu Nebel, bevor sie im Haus verschwanden. Drinnen empfing sie ein Kamin, in dem ein kleines Feuer züngelte. Davor saß Alucard der es sich auf einem Holzstuhl bequem gemacht hatte. Als grinste breit als er sie entdeckte. "Na wo bleibt ihr denn so lange? Das Essen wird doch kalt." Er deutete neben sich auf einen weiteren Stuhl auf dem ein stämmiger Mann in einem hellen Leinengewand saß. Sein Gesicht war aschfahl und sein Blick ging ins leere. Anscheinend nahm er die Gruppe um sich herum überhaupt nicht war. Seras kam vorsichtig näher. " Was ist mit ihm? Alucard legte mit amüsierter Mine den Kopf schief. "Oh, ich denke er ist noch ein bisschen verwirrt, er ist so späten Besuch bestimmt nicht gewöhnt." Integra zog spöttisch die Augenbrauen hoch. "Was hast du mit ihm gemacht?" Migel beugte sich zu dem Mann hinunter, der immer noch keine Notiz von ihm nahm. Er faste nach seinem Kopf und drehte ihn bei Seite. Das Licht des Feuers zeigte deutlich was mit ihm geschehen war. Die frisch aufgerissene Wunde klaffte wie ein Krater, wobei nur ein winziges Rinnsal von Blut über die Haut in den Kragen tropfte. Integra spürte wie es ihr bei dem Anblick die Eingeweide zusammen zog. Die Eckzähne begannen sich zu regen. " Warum lebt er noch?" fragte sie heiser und wie von selbst zog es sie näher zu dem betäubten Opfer. Alucard beobachte sie mit freudiger Erregung. Er liebte diesen Anblick, wenn sie versuchte sich dem Tier in sich zu stellen. " Ich wollte nicht so gierig sein und euch auch noch was übrig lassen." "Vielen Dank." Sagte Migel trocken und seine Augen wurden hell. Er wollte gerade das Hemd weiter nach unten ziehen als die Tür mit einem lauten Knall an die Wand flog. Zusammen mit einer Ladung Schnee schoss Anderson in das kleine Zimmer und Alucard verdrehte die Augen. " Schon mal was von Anklopfen gehört Schweinepriester?" Doch Anderson antworte ihm nicht. Mit wutverzehrtem Gesicht zog er seine Klingen hervor und hielt Migel eine davon unter die Nase. " Was habe ich eben da draußen gesagt?" Seras stockte der Atem aber ihr Meister lachte schallend. " Oh man unverbesserlich, selbst wenn der Untergang der Welt droht." Blitzschnell sprang er auf und jetzt war es Anderson der die Klinge am Hals spürte. Die Augen des schwarzhaarige Vampirs glühten mit dem Feuer um die Wette. "Hör gut zu Jesusjünger, wenn du glaubst wir würden nach deiner Pfeife tanzen irrst du dich." Trotz des Waffe an seiner Kehle fauchte der Priester zurück. "Ohne mich wüsstest du doch noch immer nicht worum es hier eigentlich geht du Kainit!" Das Glühen in Alucards Augen verlosch, trotzdem hielt er immer noch das Schwert auf Andersons Kehle gerichtet. " Wir werden jetzt speisen, ob es dir gefällt oder nicht. Er wird daran nicht sterben, denn wir werden ihn Morgen auch noch brauchen. Wir werden hier bei ihm wohnen und er wird uns nicht bemerken. Das einzigste was er sehen wird ist ein heiliger Mann der in seiner Hütte eine Zuflucht gefunden hat." Er wandte sich zu Migel um. " In seinem Schlafraum ist eine Falltür unter der sich seine Vorratskammer befindet, da können wir uns zurückziehen." Seine Blick ging zu Anderson zurück "Du siehst alles eine Sache der Organisation." Damit ließ er die Klinge sinken und ging zurück zum Stuhl. " Und jetzt schlage ich vor gehst du entweder eine Runde vor die Tür oder du siehst uns beim dinieren zu." Kapitel 31: Moulin rouge ------------------------ Der Priester zog es vor noch einmal in den Schneesturm hinauszugehen, derweilen versuchten die anderen drei ihren Hunger zu stillen. Integra wischte sich, nach dem sie fertig war mit dem Handrücken den Mund ab. Sie musste sich eingestehen das es gar nicht mehr so einfach war die Gier zu beherrschen. Vielleicht hatte sie ihren Trieben einfach schon zu oft gestattet sich zu entfalten. Ihr Blick blieb auf der zart roten Spur auf ihrer Haut hängen. Dann blickte sie zu Seras hinüber die schneller als sie ihre Mahlzeit beendet hatte. " He Seras wollen wir uns mal die Falltür ansehen?" Das Mädchen nickte und beeilte sich hinter Integra zu der kleinen Schlafkammer zu laufen. Anscheinend war sie dankbar so schnell wie möglich von ihrer Nahrungsquelle weg zu kommen, die jetzt erschreckend blass geworden war. Doch Migel schien mit dieser Situation schon Erfahrung zu haben, denn er flüsterte dem geschwächten Mann leise ins Ohr und ging dann zu einem braunen Kessel hinüber, der seitlich über der Feuerstelle hing. Mit einem großen Holzlöffel förderte eine dampfende Suppe zu Tage, die er in eine Tonschale schüttete, danach aß der Mann mit zitternder Hand und immer noch starren Blick. Mittlerweile war Anderson von seinem Sparziergang zurückgekehrt. Mit beschlagender Brille zog er seinen Umhang aus und setzt sich dem Eigentümer der Hütte gegenüber. Nach dem er ihn eine weile schweigend beobachte hatte wandte er sich an Migel, der wie Alucard am Feuer saß. " Wie lange kann man einen Menschen so halten?" fragte er plötzlich und Alucard hob überrascht die Augenbrauen. Migel räusperte sich " Das kommt ganz darauf an." "Worauf?" Alucard grinste matt " Mit was für eine Art Gefäß du es zu tun hast. Stark, schwach, krank, gesund, männlich weiblich." Anderson blickte wieder zu dem jetzt zusammengesunkenen Mann hinüber, der aussah als, wenn er im Sitzen einschlafen wäre. " Ist es eine Art Hypnose oder was macht das Opfer so willenlos?" Alucard strich sich übers Kinn "Nenn es wie du willst. Für uns ist es auf jeden Fall ein Leichtes, in die Gedanken der Sterblichen vorzudringen und sie nach unserem Willen zu manipulieren. Sie merken es gar nicht, im Gegenteil es kommt ihnen so gar so vor, als wenn sie es selbst so wollten." Migel lachte " Ob sie es glauben oder nicht, auf diese Art ist schon Geschichte gemacht worden." Der blonde Priester verzog verwirrt die Stirn. Migel zwinkerte ihm verschwörerisch zu " Ich sage nur Alexander der Große kam nicht von allein auf die Idee so seine Kriege zu führen." Zum ersten mal lächelte Anderson " Unglaublich eure Geschichte ist fast so alt wie die der Menschheit und man könnte das Verhältnis zueinander mit einem Baum vergleichen, um den sich eine dünne Ranke schlingt. Für die meisten ist sie unsichtbar und doch ist diese Ranke bedeutungsvoll ernährt sie sich doch von dem süßen Saft der Rinde." Klatschend schlug Alucard in die Hände. " Bravo, das war ja richtig philosophisch." Andersons Mine verfinsterte sich wieder. " Und ich bin immer noch der Meinung das man diese Ranke ausreißen sollte." Damit stand er auf und zog den Mann in die Höhe. " Ich bringe eure Vorratskammer mal besser ins Bett, wirkt sich vielleicht ja auch positiv auf den Geschmack aus, wenn er sich vernünftig erholt." Damit verschwand er mit ihm durch die Tür. Migel lehnte sich mit verschränktem Armen auf seinem Stuhl zurück " Eins kapiere ich dabei überhaupt nicht. Wenn er uns doch so sehr hasst, warum hat er uns dann dieses Pergament gegeben?" "Das habe ich auch noch nicht so ganz verstanden, aber darüber mache ich mir keine großen Gedanken, das bekommen wir noch raus. Vielmehr machen mir die nächsten Schritte Sorgen." Er starrte in die knackenden Flammen. "Du bist dir nicht sicher ob sie dir helfen werden, wenn wir sie tatsächlich finden?" fragte Migel. " Mein Vertrauen in die Loyalität ist schon zu oft enttäuscht worden Migel, als das ich mich auf sie verlasse, darum halte ich es für geschickter sie auf einen anderen Weg für unsere Zwecke zu gewinnen. Doch das erfordert äußerstes Geschick und einen kühlen Kopf." "Na so ein Glück, das ich das alles habe." Sie grinsten sich an. " Ich denke ich sage dir jetzt, dass du der einzigste bist, den ich als meinen wahren Gefährten ansehe bevor es dafür zu spät ist." Migel nickte mit einem traurigen Blick "Ja mein Freund selbst für uns ist die Zeit jetzt wichtig geworden. Sie zerrinnt uns buchstäblich zwischen den Fingern" Integra und Seras hatten sich durch die Falltür in einen Raum unter der Hütte leiten lassen. Dieser Raum war so groß das er anscheinend unter dem gesamten Haus verlief. Selbst bis unter den Stall stellte Integra naserümpfend fest, als sie ihn neugierig erkundete. Zusammen mit Seras hatte sie ein paar Fässer und Kisten zur Seite geschoben, so das jetzt genug Platz war das sich vier Personen hinlegen konnten. "Es ist ja nur für einen Tag, dachte sie sich und hängte ein paar baumelnde Würste zur Seite. Gott sei dank hatten sie die eigenen Kisten nicht mit geschleppt, die sperrigen Dinger waren ihr schon die ganze Zeit auf die Nerven gegangen. Das einzigste was sie mit genommen hatte war Walters Buch gewesen, das sie sich zwischen Hose und Pullover gesteckt hatte. Sie konnte es einfach nicht zurück lassen. Über ihr ertönte ein lautes Poltern. Automatisch riss sie den Kopf nach oben und feiner Staub rieselte ihr in die Augen. Hastig wandte sie sich ab und wischte ihn sich aus dem Gesicht. Dann hörte sie Andersons Stimme. " Legen sie sich hin und schlafen sie. Morgen wird dieser Alptraum vorbei sein." Integras Mundwinkel zuckten müde. Ja der Alptraum dieses Mannes mochte morgen vorüber sein, doch wann sollte dieser hier endlich enden? Sie Strich mit einem Finger langsam über den ledernen Einband. Wann hatte das hier eigentlich begonnen? Erst mit dem Diebstahl in Venedig oder der lag er der Anfang wo ganz anders und wenn ja wo? Wer war für all das Verantwortlich? Sie waren noch nicht wirklich vorangekommen um dieses Rätsel zu lösen und was Integra wirklich interessierte, welche Rolle spielten sie dabei. Was war ihre Aufgabe und wie würde es enden? Sie biss sich leicht auf die Lippen. Würde es überhaupt je enden? So viele Schlachten waren schon geschlagen worden, so viele Opfer gebracht und dennoch schien kein Ende des Kampfes gegen unsichtbare Gegner in Sicht. In ihrem Kopf liefen die Ereignisse der Jahre wie Perlen auf einer Schnur vor ihren Augen entlang. Die Pseudovampire, die Werwölfe, Maxwell. Sie musste immer noch schmunzeln, wenn sie an sein entsetztes Gesicht dachte, als sie ihn mit ihrem geschickten Schachzug konfrontiert hatte und an seine verschrumpelte Gestalt, als sie sich zum letzten mal begegnet waren. Die Reste seines sterblichen Körpers ruhten nun schon sehr lange unter dem geschliffenen Marmor des Petersdoms während ihr Körper nicht ein Tag älter wurde. Sie sah auf ihre bleichen Hände. Wie hätte sie wohl im Alter ausgesehen? Wahrscheinlich wie eine verknitterte und verbitterte Vogelscheuche. Sie runzelte die Stirn, wenn sie überhaupt so viele Jahre gehabt hätte, außerdem hätte sie die dank Maxwell auch noch in einer stinkenden Zelle verbracht. Sie musste an Walter und an dessen langsamen Verfall denken. Die Erinnerung an seine von Arthritis ermüdeten Gelenke und die daraus resultierenden langsamen Bewegungen machten sie traurig. Für sie war Walter immer der stärkere von ihnen beiden gewesen. Er hatte sie beschützt, umsorgt, sie getröstet als ihr Vater starb und ihr immer zur Seite gestanden, egal welche Entscheidungen sie getroffen hatte. Selbst als sie die Seiten wechselte und zu dem wurde, was die Familie immer als ihren größten Feind ansah, aber dieser Walte verblasste mit der Zeit immer schneller. Jetzt gab es ihn und diese Familie nicht mehr und zurück blieb nur eine Integra deren Aufgabe immer noch nicht beendet schien. Kaum war die Sonne an dem darauffolgenden Tag untergegangen machten sich die fünf zum Aufbruch fertig. Zu Andersons Zufriedenheit ließen sie den Holzhacker zwar sehr geschwächt aber immer hin lebend zurück. " Wir können uns noch in Paris amüsieren." Flüsterte Alucard Integra ins Ohr bevor sie sich in die Lüfte schwangen. Für Andersons weiteren Transport war dank eines Pferdes im Stall gesorgt. Seras war zwar erstaunt darüber das der Pater reiten konnte aber in Anbetracht seiner sonstigen Talente war das wohl ein Kinderspiel für ihn. "Ich werde es ihm zurück bringen." Murmelte er noch bevor er durch den Schnee davon galoppierte. "Wer es glaubt wird seelig." War Migels einzigstes Kommentar bevor auch er davon flog. Die Reise dauerte nicht lange, schon nach wenigen Stunden erschienen die brennenden Lichter der riesige Stadt unter ihnen und bald auch deren durchdringender Gestank. Seras kam durch die unerwartete Dunstglocke die sich über den zahlreichen Dächern erhob kurz ins Trudeln. In einer Seitengasse verwandelten sie sich zurück. "Meine Güte das hält man ja nicht aus hier!" Mit angewiderter Mine hielt sie die Vampirin die Nase zu. Um sie herum herrschte reges Treiben, obwohl die wenigen Fackeln die an den Häuserfronten angebracht waren wenig Licht spendeten. Alucard hingegen schien der Geruch nichts auszumachen. "Das ist noch gar nichts im Vergleich zu einem niedergemetzelten Schlachtfeld über dem schon seit Tagen die Augustsonne scheint." Sagte er trocken und hielt nach Migel Ausschau. Integra sah sich ebenfalls um "Wo ist er?" "Vielleicht möchte er sich erst alleine umschauen. Kommt, lasst uns Paris von seiner schöneren Seite aus betrachten." Damit spazierten sie los und Integra uns Seras bekamen einen Hautnahen Einblick in die Geschichte des Mittelalters. Paris wie sie es kannten, existierte noch nicht. Anstatt prachtvoller Häuser und endlosen, verschlungenen, vollgestopften Straßen gab es ausgetretene, enge Gassen, auf denen die Bewohner der Stadt achtlos alles auskippten und hinwarfen, was sie nicht mehr in ihren kleinen Häusern gebrauchen konnten. Das ein ums andere mal mussten die beiden Frauen rasch zur Seite springen, um nicht von einer Ladung Küchenabfälle oder schlimmer noch irgendwelchen Bettpfanneninhalten getroffen zu werden. " Und das soll wirklich die Stadt der Liebe und der Kultur sein. Die muss aber verdammt spät Einzug gehalten haben." Stöhnte Seras und hüpfte über einen Haufen Pferdedung hinweg. Alucard lachte. " Tja aber du kannst sicher sein, dass heute schon Froschschenkel auf der Speisekarte stehen, vielmehr kriegen die meisten hier nicht zu fressen. Warte ab bis wir auf der anderen Seite der Seine sind. Der Fluss ist wie eine magische Grenze, der das arme Gesindel vom reichen Adel trennt." Integra sah ihn kurz von der Seite an. " Mir scheint das alles hier kommt dir sehr bekannt vor. Warst du schon mal in dieser Zeit hier?" Seine roten Augen strahlten. "Es hat Vorteile, wenn man die Vergangenheit schon kennt. Lasst euch überraschen, ich verspreche euch ihr werdet staunen." Danach sagt er nichts mehr und Integra und Seras blieb nichts anders übrig als ihm zu folgen. Ihr Weg führte noch über einige Brücken und durch schmale Gassen, bis sie endlich die große Hauptbrücke passierten, hinter der eine neue Welt anfing. Anstatt Gestank und Abfall umfing sie nun Musik und ausgelassenes Gelächter, welches aus den zahlreichen Tavernen zu ihnen hinausdrang. Seras schaute neugierig zu den Schildern hoch die über den Eingängen hin und her baumelten. "Hier scheint das Elend wohl keinen Platz zu haben was?" " Jedenfalls nicht so wie in den übrigen französischen Löchern Aber lasst euch nicht täuschen, diese Ausgelassenheit herrscht nicht überall. Wir befinden uns im Einzugsbereich den Grafen von Pest, der sich hier niedergelassen hat und sich die Gunst der Bürger mit spendablen Ausschankszeiten und gebilligten Freudenhäusern erkauft." Alucard deutete auf ein hellerleuchtetes Haus, auf dessen Balkon und Veranda sich einige Damen tummelten, die den vorüber gehenden Männern Kusshände und kesse Bemerkungen zu riefen. Integra runzelte die Stirn. " Diese Mädchen sind nicht zu beneiden. Gut das der Begriff Syphilis noch unbekannt ist." Alucard lachte. " Der Begriff vielleicht, die Krankheit jedoch nicht. Glaub mir, so gut wie jedes Blut hier ist verseucht. Auch wenn es uns nicht schadet verdirbt es doch irgendwie den Geschmack, wie Traubenfäule den Wein." Plötzlich hörten legte sich eine Hand auf Seras Schulter und sie fuhr ruckartig herum. Migel grinste ihr breit ins Gesicht. " Hallo! Ich habe es tatsächlich geschafft. Der gute, alte Remon ist bereit uns zu empfangen und das so gar noch heute Nacht." Alucard pfiff durch die Zähne " Donnerwetter, wie hast du das so schnell hinbekommen?" Migel zwinkerte verschmitzt. " Nun ja, ich gebe zu, das ich mich eines einfachen Tricks bedient habe. Ich habe einfach seine Neugierde ausgenutzt. Erst wollte er natürlich nichts von uns hören, als ich ihm jedoch sagte, das du," er warf Integra rasch einen kurzen Seitenblick zu, "in Begleitung kommst, war er doch einfach zu erpicht darauf zu erfahren, wer es denn wohl geschafft haben könnte, deine Gunst zu erwerben." Der Vampir lachte schallend. " Du bist und bleibst ein gerissener Hund Migel." "Danke ich nehme das mal als Kompliment." Damit gingen sie weiter und schon bald hatten sie ihr Ziel erreicht. Sie standen vor einem riesigen Holztor, vor dem zwei Wächter in gepanzerter Rüstung standen. Zu erst versperrten sie ihnen breitschultrig den Weg, doch nach dem Migel kurz mit ihnen ein paar Worte gewechselt hatte ließen sie, die vier durch und sie gelangten in einen kleinen Innenhof in dessen Mitte ein kleiner aus Marmor geschlagener Springbrunnen vor sich hin sprudelte. Seras beäugte fasziniert die kleinen filigran geschliffenen Figuren, die rund um das Wasserbecken angebracht waren. Vögel, Blumen sogar kleine Gesichter waren zu erkennen. Hinter dem Brunnen führte ein Aufgang zu einem mit Feuerschalen gesäumten Eingang. Integra fühlte sich an das Haus von erinnert fehlte nur noch, das ein breitgesichtiger, rothaariger Gorilla ihnen die Tür aufmachte. Doch es war kein Mann der die Tür nach ihrem Anklopfen öffnete, sondern eine junge Frau, deren durchaus attraktiver Körper in einem samtigen blauen, langen Kleid steckte. Ihre langen schwarzen Haare fielen ihr trotz eines hochgesteckten Zopfes bis auf die schmalen Hüften. Sie sagte bei ihrem Eintreten kein Wort, sondern gebot ihnen stumm ihr zu folgen. Seras fiel auf, das sie beim gehen den Blick gesenkt hielt, als ob sie den Weg durch den großen, pompösen Saal durch den die jetzt gingen, bereits so gut kannte, das sie blind die Tür fand die an der linken Seite in einen anderen Raum führte. Dort erwartete sie, in einem nicht weniger gewaltig ausgeschmückten Zimmer ein blonder Mann, dessen Gesicht an einen Adler erinnerte. Die Nase war krumm wie ein Säbel und stach markant aus seinem scharf geschnittenen Gesicht hervor. Eisblaue Augen blitzten starr und ernst unter buschigen Augenbrauen hervor, die wie ein Dach von seiner Stirn abstanden. Die zuvor heruntergezogenen Lippen bogen sich bei ihrem Eintreten wie an unsichtbaren Fäden gezogen nach oben. " Sie an welch unerwarteter Besuch mir der Ostwind ins Haus bläst. Ich hätte nicht erwartet euch so schnell wieder zu sehen Prinz Darcul." Dann deutete er eine knappe Verbeugung an. Integra schauderte. Zum ersten mal hört sie wie jemand ihn mit diesem Titel ansprach. Alucard hingegen lächelte nur und deutete dann auf Migel. " Ja mein weiß nie was das Schicksal für unerwartete Aufgaben für einen bereit hält mein lieber Pest. Auch ich habe nicht mit so einer schnellen Wiederkehr gerechnet, aber für eine ausführliche Erklärung haben wir später doch noch Zeit. Ich muss zu meiner Schande gestehen, das ich nicht in der Lage war meiner Begleitung ein guter Gastgeber zu sein." Pest hob mit lachend die Hände. " Wenn das so ist, gestattet mir euch mit dem zu versorgen wonach euer Durst verlangt." Seine blauen Augen schienen Integra förmlich zu durchbohren, als er zweimal laut in die Hände klatschte. Kurz darauf erschien wie aus dem nichts hinter einem Vorhang ein dürrer Mann an dessen Kleidung man sehen konnte das es sich wohl um einen Diener handeln musste. Er verbeugte sich tief. "Sie wünschen mein Lord" sagte er mit einer dünnen Fistel Stimme. Graf von Pest sah mit schiefverzogenem Mund zu ihm hinüber. " Gustav ich werde heute Abend in Gesellschaft speisen. Bitte sorge dafür das genügend Wein vorhanden ist. Der Beste versteht sich!" Die Betonung des Wortes Weins klang merkwürdig. Doch der Diener nickte nur kurz und verschwand dann wieder. Jetzt wandte sich der Adelige an Integra. "Nun, da ihr mein Gast seid Graf, darf ich mir vielleicht erlauben zu fragen mit wem ich das Vergnügen habe?" Er griff nach ihrer Hand. Seine Augen lösten sich nur für einen kurzen Moment von ihr als er sich galant nach vorne beugte um sanft ihren Handrücken zu küssen. Als seine Lippen ihre Haut berührte konnte Integra seine Kraft in ihren Fingerspitzen fühlen. Sie blinzelte. Anscheinend war sie einem sehr alten Schattengänger begegnet. Als er sie nun wieder aufmerksam aber freundlich musterte fiel ihr eine kleine feine Narbe auf seiner Stirn auf, die wie ein kleiner Stern zwischen seinen Brauen stand. Alucard räusperte sich "Selbstverständlich, es ist mir eine Ehre und eine besondere Freude euch Lady Integra Wingates Hellsing vorzustellen. Das kleine Fräulein neben ihr ist Seras Viktoria." Der Grauhaarige lächelte nun breit. "Euch in Begleitung einer Lady anzutreffen Graf und dazu noch so einer außergewöhnlich Bezaubernden, das ich das noch erleben darf." Die drei Männer lachten schalend, während Integra und Seras nur einen Blick wechselten. " Ich hoffe ihr verzeiht mir meine legeren Ton Lady Integra doch der Prinz überrascht mich heute einfach, nicht nur mit seinem unerwarteten Besuch. Ich heiße euch und das junge Fräulein herzlich in meinem bescheidenen Hause willkommen und hoffe ihr genießt meine Gastfreundschaft." Damit ertönte ein leises Klingeln und in die hellblauen Augen trat eine Spur Aufmerksamkeit. " Oh, anscheinend ist Gustav mit den Vorbereitungen fertig. Dann wollen wir ihn auch nicht länger warten lassen." Damit wandte er sich dem Vorhang zu, hinter dem sein Diener vor wenigen Minuten verschwunden war. Kapitel 32: Guilty ------------------ Integra ahnte das dieses Dinner es in sich haben würde, als sie dem Grafen durch einen schmalen Flur folgten, der das prachtvolle Haus ein mal ganz zu durch schneiden schien. An den dunklen Wänden hingen dicht an dicht unzählige Gemälde, dessen Portrais sie abschätzend an zu starren schienen. Als wüssten sie das wir nicht das sind, was wir zu sein scheinen dachte sie und warf Migel neben sich eine raschen Blick zu. Nicht zum ersten mal fragte sie sich wie lange schon Migel und Alucard sich kannte und wie es überhaupt zu dieser Freundschaft gekommen war aber irgendwie spürte sie das dieser Ausflug heute Nacht sie der Antwort auf diese Frage ein Stückchen näher brachte. Der breitschultrige Graf war mit beiden gut vertraut und wenn ihr Verstand nicht täuschte mussten sie sich im Paris des frühen 16 Jahrhundert befinden. Der Flur öffnete sich jetzt vor ihnen zu einem kreisrunden Saal, dessen gewaltige Kuppel sich über ihren Köpfen ausbreitete. Seras blieb vor staunen der Mund offen stehen als ihre Augen über die kunstvollen Fresken wanderten die die gesamten Wände schmückten. Es waren ohne Zweifel religiöse Abbilder ähnlich denen die sie mit ihrem Meister in den Gewölben von Venedig gesehen hatte, doch solche Darstellungen hatte sie noch nie gesehen. Da waren Szenen, in denen Engel von wilden Menschen zerrissen wurden. Die Federn ihrer Flügel wirbelten durch die Luft und ihre entsetzen Gesichter waren vor Angst und Schmerz verschwommen und grell, während die tollen Kreaturen ihnen die Leiber mit ihren Händen aufbrachen und das helle Blut wie Fontänen emporschoss. In den nächsten Reihen zeigte sich eine gekrümmte Gestalt die ihre schwarzen Arme zum Schutz vor der grellen Sonne vor sich hielt, während sie im Schatten eins großen Steines kauerte. Dann im nächsten war es in der gleichen Szene Nacht und die Gestalt nun aufrecht und mit kreidebleicher Haut streckte mit trotziger Mine eine Faust zum Himmel, während sie mit der anderen einem wild zuckenden Widder den Kopf abriss. „Kain trotzt der Strafe des Herrn und beginnt sich seiner Gabe bewusst zu werden.“ Ertönte plötzlich Pest dunkle Stimme und Seras und Integra starrten ihn an. Der Graf lief nun an den Mauern entlang und deutete abwechseln zu den Fresken die er ihnen beschrieb. „ Einst glaubte unser Ahn der Allmächtige habe ihn auf ewig für seine Greultat gegen seinen Bruder verdammt, doch schon bald wich der Verzweiflung die Erkenntnis und dann eines Nachts wurde ihm klar, das er in der Ewigkeit kein Eremit zu sein braucht.“ Seine ausgestreckte Hand deutet auf eine fast dreimeterhohe Szene, die Integra und Seras den Atem nahm. Ein Mann anscheinend Kain saß in einem kunstvollen Gewand gehüllt auf einer Art Thron und zu seinen Füssen saßen drei bildschöne junge Frauen. Eine mit roten, eine mit blonden und eine mit schwarzem Haar. Pest lächelte nun breit. „Die Wiege unserer Brut war aufgestellt und schon bald war die trostlose, fruchtlose Nacht unserer Paradies geworden.“ Seine smaraktgrünen Augen begannen zu leuchten, als er sich zu ihnen umwandte. „ Ohne es zu wollen hat der Unfehlbare Herrscher ein zweites Volk geschaffen, das seinen Kindern des Lichts weit überlegen ist.“ Sehen wir der Wahrheit ins Gesicht,“ und sein rechter Arm zeigt noch einmal zu den getöteten Engeln.“ Wir kommen ihnen doch viel näher als irgend eine reine Seele. Unsere Körper sind unsterblich, wir kennen weder der Tod noch Krankheit, weder Schmerz noch Leid. All das haben wir mit der Aufgabe unserer Menschlichkeit zurückgelassen und anstatt Schwäche erhielten wir nur Stärke.“ Integra durchfuhr ein leichter Schauer und sie sah sich wieder in ihrem alten Büro auf dem Boden sitzen und diesen Schmerz in der Schulter spüren. „ Schluss mit der Schwäche entgültig!“ Pests Stimme holte sie aus ihren Gedanken. „Der einzige Preis dafür war das Licht seiner Sonne, aber nun gut.“ Er grinste breit und gewährte ihnen damit einen Blick auf seine jetzt schon hervorstehenden Eckzähne. „ Für mich eine Sache auf die ich wohl verzichten kann.“ Sie hatten jetzt die Halle fast durchschritten, als vor ihnen eine schwere Marmorplatte auftauchte, die vom Aufbau her an einen Altar erinnerte. Vier hässlichen Gargeuls, die aus dem selben Stein gehauen waren, trugen die Platte auf ihren Schultern. Die kleinen Dämonen waren so kunstvoll gemeißelt worden, dass Seras beim näher kommen für einen Moment glaubte einer von ihnen hätte sich bewegt. Sie blinzelte kurz, doch beim zweiten Blick waren die Figuren wieder starr. Remon Pest umrundete nun die Platte und baute sich hinter ihnen mit breiten Armen auf. Er erinnerte dabei an einen Priester, der seine Gemeinde den Segen erteilen wollte. „ Ich hoffe meine Diener haben für euch die richtige Auswahl getroffen.“ Damit ertönte ein leises schabendes Geräusch und aus der Mitte der Platte, deren Oberfläche mit verschiedenen Ornamenten verziert war öffnete sich eine Schalenförmige Vertiefung. Die vier Vampire beugten sich fasziniert über den Altar, dadurch konnten sie die sechs kleinen Löcher erkennen die rund um den Rand der Schale angebracht waren und aus denen nun langsam dicke, dunkle Strahlen hervorquellten. Wie kleine Schlangen glitten sie die Wand der Schale hinunter, um sich dann in der Mitte der Vertiefung zu vereinigen. Der sich daraus gebildete See schwoll rasch an und begann rot zu schimmern. Dann erschien auch schon der unverkennbare Geruch, der verführerisch in ihre Nasen kroch. Pest wartete bis die Schale halb voll war, dann holte er einen goldenen Becher hinter einem der Steinfiguren hervor und tauchte ihn in die Flüssigkeit ein. „Auf eurer wohl und mögt ihr meine Gastfreundschaft so lange ihr wollt genießen.“ Damit reichte er Alucard den Becher, den dieser mit einem ebenso breiten Lächeln an die Lippen setzte. Er leerte ihn in einem Zug und reichte ihn dann Migel, der ihn rasch wieder in die Schale tauchte. So ging es weiter und während dessen lief das Blut immer weiter durch die Öffnungen in die Schale, so das der Kelch immer und immer wieder gefüllt werden konnte, bis alle vier ihren Hunger gestillt hatten. Seras tupfte sich mit einem anerkennenden Blick auf die merkwürdige Funktion mit der Spitze ihres kleinen Fingers die Ecken ihres Mundes ab. „Das ist ja eine beeindruckende Maschinerie.“ Pest grinste breit. „ Vielen Dank, es ist meine eigene Erfindung. Ich dachte auf diese Art und Weise bekommt die Angelegenheit ein bisschen mehr Stil und außerdem verschwendet man nichts von dem wertvollen nass.“ Seras warf einen verstohlenen Blick unter den Altar. „Von wo genau kommt äh das eigentlich?“ „Der Zulaufskanal befindet sich unmittelbar unter dem Stein. Darunter wiederum, ein Stockwerk tiefer, habe ich die eigentlich Anlage bauen lassen. Im Prinzip sehr simpel, dafür hoch effizient.“ Integra wurde jetzt langsam auch neugierig. „Eine Anlage dafür? Wie sieht so etwas denn aus?“ „Wie eine eiserne Jungfrau nur mit einem gut installierten Auffangbecken.“ Erklärte Alucard trocken. Pest lachte laut auf „Wobei ich die Idee dazu von euch hatte Graf, eure Methode aus der Schlacht am Pergus diente mir als Vorlage. Ihr wisst wo von ich spreche? Ich, glaube ihr nanntet es Türkenbad.“ Integra blickte erstaunt zu Alucard hinüber, doch der verzog keine Mine. „ Damals war mir die Blutgewinnung dabei noch nicht wichtig.“ Pest kam nun wieder zu ihnen nach vorne und gemeinsam machten sie sich daran die Kapelle wieder zu verlassen. „Ich hoffe ihr werdet noch den Tag in meinen Mauern verweilen.“ Alucard streckte sich ein wenig und sah Pest mit einem ernsten Blick an. „ Nun ich denke nicht nur den einen, da wäre noch eine Angelegenheit, die wie wir finde für euch von großem Interesse sein wird.“ Pest hob fragend die Brauen, doch Alucard sagte zu nächst nichts sondern wartete bis sie wieder in dem Raum standen, in dem ihr Gastgeber sie empfangen hatte. Dort beeilte sich Pest das Gespräch wieder auf zu nehmen „ Ihr versteht es meine Neugierde zu wecken Graf, also raus mit der Sprache, um was geht es? Eine persönliche Angelegenheit?“ Alucard kräuselte die Lippen. „ Das kommt ganz darauf an wie ihr das seht. In eurem Falle sowohl als auch. Es geht um die Iskariot.“ Wieder sahen sich Integra und Seras erstaunt an. Jetzt schaltete sich Migel ein. „ Ihr seht nun warum es uns so dringend damit war, euch zu sprechen.“ In Pests Gesicht schien sich etwas zu verändern. Integra kam es so vor als wenn seine gesamten Züge sich langsam versteiften. „Die Iskariot befindet sich doch nicht etwa hier in Paris oder?“ Migel und Alucard wechselten einen vielsagenden Blick. „Nun mein Lieber, ich fürchte schon und darum halte ich es für nicht voreilig entschlossen, wenn wir bzw. du und deine Herde sich diesem Problem annehmen bevor es sich zu einem wirklichen entwickelt.“ Der grauhaarige Vampir schien kurz nachzudenken, dann zog er erneut an der Klingel um einen seiner Diener zu schicken. „ Sag Navar bescheid, er und Damas sollen unverzüglich hier erscheinen.“ Der hagere Mann eilte davon und nun begann Pest sichtbar nervös zu werden. „ Wie habt ihr davon erfahren das sie hier sind?“ „Zufall. Wir hatten eigentlich die Absicht mit dem nächsten Schiff in Richtung Norden aufzubrechen und bei den Vorbereitungen haben wir eine Flotte von Schiffen im Hafen entdeckt die unter der päpstlichen Flagge segeln. Pest zog zweifelnd einen Mundwinkel hoch. „ Das ist alles?“ Die Augen des schwarzhaarigen Vampirs blitzen „ Oh nein, an Bord des Schiffes befanden sich ca. hundert Mann die alle dieses Zeichen bei sich trugen.“ Plötzlich griff er in die Tasche seiner Kutte und beförderte eine silberne Kette ans Licht, an der ein kleines silbernes Kreuz baumelte. Integra erkannte es wieder, es war die Kette, die sie in der abgebrannten Ruine gefunden hatte. Alucard musste sie ihr irgendwann abgenommen haben. Sie runzelte die Stirn. Sie schien demnach Anderson gehören. Aber was sollte diese Spielchen? Warum versetzten sie den Grafen mit dieser Geschichte absichtlich so in Panik? Doch die beiden schienen zu wissen was sie taten und mit welchem Erfolg. Die buschigen Augenbrauen ihres Gastgebers zogen sich augenblicklich zusammen und seine Eckzähne blitzen angriffslustig hervor, wie bei einem Hund, den man böse gereizt hatte. „Was hat Rom dazu veranlasst diese Brut hierher zu schicken.“ Bellte er und begann im Zimmer auf und ab zu gehen. Migel zuckte mit den Achseln. „ Vielleicht haben sich einige Brüder und Schwestern nicht an die Gebote gehalten und die Regeln der Maskerade zu deutlich verletzt.“ Pest funkelte ihn wütend an. „ Nicht unter meiner Führung. So etwas dulde ich nicht. Aber Navar soll uns dazu Rede und Antwort stehen.“ Bei der Erwähnung des Namens klopfte es plötzlich an die Tür und hinter dem Diener erschienen zwei hochgewachsene Männer mit ernsten Gesichtern. Beider waren in einer prachtvolle lederne Uniform gekleidet, die ihren gesamten Körper bedeckte, einschließlich den Hals. Sie salutierten vor Pest, bevor der erste von ihnen das Wort ergriff. „ Guten Abend eure Lordschaft, ihr habt nach uns verlangt.“ Das Bild von General Ferguson schoss durch Integras Gehirn. Es war die gleiche Haltung und die gleichen Worte. Auch er war immer so vor sie getreten. Sie fragte sich ob sie auch immer so ungeheuer düster dreingeschaut hatte wie Pest, der die beiden Soldaten mit blitzenden Augen ansah. „ Kommandant ist es in den vergangenen Nächten verstärkt zu widerrechtlichen Vorkommnissen gekommen, von denen ich nicht unterrichtet wurde? Der Kommandant und seine Begleitung wechselten einen fragenden Blick, bevor er antworte „ Nein, eure Lordschaft, natürlich nicht, wie komme sie darauf?“ Pest verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „ Keine außergewöhnlichen Vergehen gehen die Maskerade insbesondere vor den Augen von Gottesmännern?“ Wieder verneinte der Kommandant ungläubig. „Solch eine Tat hätten wir unverzüglichst gemeldet und den Schuldigen selbstverständlich sofort gestellt und zu euch gebracht.“ Pest schien immer noch nicht überzeugt zu sein. „ Ich will das sie und ihre Männer noch heute Nacht die Gemeinde informieren. Alle haben sich die nächsten Monde still zu verhalten. Es herrscht Ausgangssperre, die Versorgung wird auf dem dafür üblichen Weg erfolgen und machen sie deutlich das bei einer Zuwiderhandlung gegen meinen Befehl die sofortige Illumination folgt“ Die beiden Männer nickten und verschwanden. Sie hatte die Tür kaum hinter sich geschlossen, als es auch schon wieder klopfte. Herrein kam dieses mal die junge hübsche Frau, die sie am Anfang in das Anwesen eingelassen hatte. Bei ihrem Anblick entspannte sich Pests verkniffene Mine ein wenig. „Damas, meine Liebe, es ist wichtig das du unverzüglich deine Schwestern benachrichtigst, sie sollen unverzüglich nach Hause zurück kehren und in der nächsten Nacht werde ich ihre Dienste brauchen.“ Damas nickte ergeben, sagte aber kein Wort sondern verschwand danach augenblicklich. Pest wandte sich an Alucard. „ Meine Diener wurden angewiesen euch eine Unterkunft herzurichten. Der Morgen ist nicht mehr fern und für heute Nacht haben wir unser Möglichstes getan. Ich hoffe euch schon bei der nächsten Dämmerung mit Neuigkeiten versorgen zu können.“ Damit brachte sie ein weiterer Diener des Grafen zu ihren vorbereiten Gemächern, die zu Integras Freunde mit Betten der bequemsten Art ausgestattet waren. Sie ließ sich mit einem tiefen Seufzer auf die dicke Matratze nieder, die unter ihr sanft nachgab. Alucard grinste sie breit an und kam dann langsam, wie eine anschleichende Katze auf sie zu. Integra konnte das Glühen in seinen Augen sehen. Doch sie wollte erst noch ein paar Antworten auf ihre unbeantworteten Fragen haben. „ Woher kennt ihr zwei diesen Grafen?“ Alucard stockte kurz, dann kam er weiter auf sie zu geschlichen. „ Migel und ich haben ihn in dieser Zeit in Paris kennen gelernt, genauer gesagt trafen wir ihn zum aller ersten mal am Hofe von Ludwig dem 16.“ Integra riss erstaunt die Augen auf. Derweil war der Vampir bei ihr angekommen mit immer noch glühenden Augen betrachtete er ihre schwarze Kutte über der sich ihr strahlend blondes Haar ergoss, bis sein Blick auf der goldenen Kordel hängen blieb, mit der sie zugeschnürt war. Integra war jetzt erst recht neugierig geworden und schenke seinem Blick zunächst keine Beachtung. „ Was habt ihr zwei beiden denn am Hofe des Königs gemacht.“ Wider grinste der Vampir „ Uns amüsiert, was sonst. Die Aristokraten dieser Zeit lechzen nach Unterhaltung und die konnten wir ihnen geben.“ Er beugte sich nun langsam über sie und seine rechte Hand wanderte zielstrebig zu der Kordel hinauf. Doch Integra hielt blitzschnell seine Hand fest. „Sah die etwa so aus?“ fragte sie mit blitzenden Augen. „ Das Grinsen wurde breiter. „ Nicht ganz, aber wenn du meine Hand los lässt zeige ich dir eine andere Art der Unterhaltung.“ Damit ließ sie ihn los und er öffnete den Knoten des Bandes. Der wollende Stoff glitt langsam von ihr ab und er zog hörbar die Luft ein. Dieser Anblick war immer und immer wieder ein Erlebnis. Ihr nackter Körper breitete sich vor ihm aus, wie eine sich öffnende Blume, deren berauschender Duft ihn wahnsinnig machte. Gierig begann er ihre weiße Haut Stück für Stück mit den Lippen zu erforschen, während sie sich unter seinen Berührungen entspannte und gleichzeitig schaudernd zusammen zog. Perfektion schoss es ihm durch den Kopf als er in sie hineinglitt. Sie war das Sinnbild seiner Perfektion, machte ihn vollkommen, gehörte zu ihm und dennoch. Seine Zähne gruben sich in das zitternde Fleisch ihres Halses, als das Tier danach verlangte. Fühlte er manchmal so etwas wie Schuld in sich. Kapitel 33: Angelblood ---------------------- London 1980 Die kleine Wiege schaukelte in der leichten Briese hin und her, die durch das geöffnete Balkonzimmer hineindrang. Ein kleiner weißer Schmetterling flog ins Zimmer und flatterte aufgeregt durch den hellen Raum, bis er, die Beine gespreizt zur Ladung auf dem zart rosa Stoff der Bettdecke ansetzte, die in dem kleinen Bettchen wie eine dicke Wolke hervorquoll. Ein freudiges Glucksen ertönte aus der Wiege. „Was hat den mein kleiner Engel, was macht ihn so fröhlich?“ erklang eine lachende Stimme aus einer Ecke des Zimmers und eine große, schlanke blonde Frau schritt zu der Wiege in der immer noch das fröhliche Quietschen zuhören war. „ Na, was ist das denn? Hast du einen Freund gefunden Integra Schatz, der dir Gesellschaft leistet?“ Vorsichtig streckte die Frau ihre Hand in die Wiege und das Quietschen wurde lauter. „Ja Spatz ein hübscher Schmetterling, der dir ein Schlaflied singt.“ Die Frau richtet sich wieder auf und ging zum Fenster um es rasch zu schließen. Die Sonne hinter den Scheiben verschwand gerade hinter den Bäumen des ausladenden Gartens und die Schatten der dichten Kronen kamen wie bizarre Figuren auf das Haus zugekrochen. Die junge Frau schien plötzlich zu frösteln. Ihre Hände an den verschränkten Armen reibend wandte sie sich wider der Wiege zu, in der es mittlerweile still geworden war. „Gute Nacht mein Engel“ flüsterte sie und ihr Blick wurde weich. Noch einmal beugte sie sich in die Wiege und ihre Lippen berührten die kleine rosa Stirn die darin lag. „ Der Schmetterling bewacht deinen Schlaf“ Kurze Zeit später schloss sie die Tür hinter sich und die Schatten des Gartens krochen unaufhaltsam durch das Fenster ins Zimmer hinein. Sie krabbelten am Fuße des kleinen Bettes zusammen, wurden eins. Ein einziger dunkler Strahl, der sich ungestört seinen Weg weiter bahnte, am geschnitzten Holz hinauf, wie eine dicke Schlange um auf der Bettdecke für einen Moment zu verhaaren. Der Schmetterling bewegte alarmiert seine Fühler hin und her. Seine großen Fassettenaugen starrten wie hypnotisiert auf den Schatten dessen spitzes Ende wie ein Finger auf der kleinen rosa Stirn ruhte. Plötzlich erklang ein leises Summen, eine Melodie die den Schmetterling hin und her wippen ließ. Er hatte diese Melodie für sie komponiert. In der Dunkelheit seines Gefängnisses, hatte er an der Zusammenfügung der einzelnen Noten gefeilt bis er sie für vollkommen genug hielt, vollkommen genug um sie ihr zu präsentieren. Sie sollten wie sie sein, doch er wusste in dem Moment wo er sie sang, dass sie es nicht waren. Aber das war nicht so schlimm, denn auch sie war noch nicht perfekt. Auch sie musste noch reifen, ihr Potenzial musste sich erst zusammenfügen um ihre Form zu finden, doch er würde dafür sorgen, dass das geschah, das es vor allem nach seinem Willen geschah. Zärtlich glitt der Schatten über sie hinweg. Die Zeit des Wartens hatte sich gelohnt, seine Intuition hatte ihn nicht betrogen, das hatte sie nie. Noch immer saß der Schmetterling regungslos auf seinem Platz. Nur seine Flügel zitterten leicht, als wenn sie seine Anwesenheit spürten. Das Zittern machte ihn wütend. Sie störten die Harmonie, den Frieden der sie umgab. Lautlos warf er sich über den Falter, der im selben Augenblick erstarrte. Die Flügel kippten zur Seite und die dünnen Beinchen knickten ein. Die kleinen Fassettenaugen wurden dunkel, wie das Zimmer, das nun in vollkommener Schwärze lag. Niemand sollte seine Symphonie zerstören, es war sein Werk, seine Bestimmung und deshalb musste alles was diese Entwicklung diese Evolution behindern konnte beseitigt werden. Integra wurde von einem gänzlich unerwarteten Geräusch geweckt. Zu erst konnte sie es nicht einordnen, doch dann erkannte sie was es war. Gesang. Eine helle Stimme drang durch das Holz der Tür in ihren Raum und kroch bis zu ihr und Alucard ins Bett. Dieser jedoch schien noch fest in seinen Träumen versunken, den seine Gesichtszüge waren vollkommen entspannt. Integra beobachtete ihn still, während sie der Musik lauschte. Er wirkte so ruhig und zufrieden wenn er schlief, auf eine so menschliche Art und Weise, dass es ihr manchmal unheimlich wurde. Verwandelten sie sich vielleicht ein Stück weit zurück, wenn das Monster in ihnen erstarrt war? Sie verzog zweifelnd über ihre Gedanken die Stirn. Das war wohl nur Wunschdenken. Sie waren was sie waren und keine Menschen mehr. Der Gesang wurde jetzt eine Spur lauter, auch wenn er für menschliche Ohren immer noch sehr gedämpft war und Integra riss sich von Alucards Anblick los und glitt aus dem Bett. Ihre Neugierde woher diese schöne Musik wohl herrühren mochte ließ sie in die wollige Kutte zurück schlüpfen. Sie öffnete kurz darauf leise die Tür und folgte den hellen Tönen den Flur hinunter. Ihre Füße setzten lautlos auf dem roten Teppich auf, der sich wie eine dicke Zunge vor ihr ausstreckte und sie immer weiter in das Innere des Hauses brachte. Immer lauter und lauter wurde der Klang, bis Integra an einer Tür halt machte hinter der sich eindeutig die singende Stimme verbarg. Integra überlegte kurz ob sie einfach anklopfen sollte, entschied sich dann aber anders, als sie einen freien Streifen unter der Tür bemerkte. Vielleicht war es besser, wenn sie erst mal unentdeckt blieb, wenn sie das Zimmer betrat und dann begann sich ihr Körper in einen feinen weißen Nebel aufzulösen, der wie von einer Kraft angesaugt unter der Tür verschwand. Hinter der Tür empfing sie ein Raum, der keinen Zweifel aufkommen ließ, das er von einem weiblichen Wesen bewohnt wurde. Überall, auf dem Fenstersims, auf einem kunstvoll geschnitzten Tisch, sowie in jeder Ecke prangten üppige Blumenbiokais, in allen erdenklichen Farben. Integra durchströmte ein warmes Gefühl beim Anblick der Rosen, Tulpen und Margariten deren süßer Duft die Luft des Zimmers schwängerte und ihm damit etwas liebliches verlieh. Sie sah sich um, denn ihr fiel auf das der Gesang mit ihrem Eintreten verstummt war. Jetzt war ein dunkles Glucksen zu hören, es kam von dem Bett, das wie ein riesiges Schiff von der Wand in den Raum hineinstach. Auf ihm räkelten sich drei Frauen, von denen Integra die Schwarzhaarige widererkannte. Die anderen zwei, eine blond die andere rothaarig waren ebenfalls außergewöhnlich hübsch. Sie lachten leise und waren über etwas gebeugt, das Integra nicht sofort erkannte. Erst als sich die Rote zur Seite drehte sah sie einen kleinen dicken Fuß, der lebhaft hin und her wippte. Integra erstarrte. Zwischen den drei Vampirinnen quietschte ein unschuldiges Kind, ein Säugling, der nicht wusste in welcher Schlangengrube er lag. Einer der Schlangen begann nun kichernd die Zähne zu blecken und ihre schneeweiße Hand griff nach der zarten Haut. „ Ihr Blut ist doch das Beste.“ Die Blonde lachte hell „ Ja rein und süß, wie frisch gefallender Schnee.“ Auch ihre Zähne stachen nun hervor. Aufgerichtet und bereit sich zu holen was sie wollten. „Engelsblut!“ Dieses Wort riss Integra aus ihrer Trance, als die Tür plötzlich aufgerissen wurde. Mit einem wütenden Zischen sahen die drei Frauen auf. Navar marschierte mit zorniger Mine durch die Tür und riss eine der Frauen heftig am Arm vom Bett hoch. „ Es herrscht Ausgangsspeere und absolutes Jagdverbot!“ schrie er sie an, während sie versuchte aus seinem Griff zu befreien. „ Ihr bekommt aus dem Brunnen zu trinken, wie alle anderen auch!“ „Wir sind aber nicht wie die Anderen Scherge!“ keifte Damas zurück, wobei sie wie die Rothaarige vom Bett aufsprang. Der Kommandant warf ihr einen drohenden Blick zu. „ Tatsächlich? Nun ich an eurer Stelle wäre nicht so hochtrabend, eure Stellung ist wackliger als ihr annehmt. Unsere Regeln sind eindeutig und wer sie bricht bekommt unseren Zorn zu spüren, egal wo er oder sie stehen mag!“ Anscheinend hatten diese Worte Wirkung, denn Damas erwidertet nichts. Sie und die andern Frauen warfen einen letzten bedauernden Blick in das Bett hinein und verließen dann den Raum. Hinter ihnen zog der Kommandant die Tür zu. Zurück blieb der Säugling der trotz des heftigen Wortwechsels um ihn herum eingeschlafen war. Integra horchte, doch als es Still blieb materialisierte sie sich zurück und ging dann zum Bett hinüber. Der kleine rosa Körper hob und senkte sich. Ein unerwartetes und völlig neues Gefühl durchflutete Integra bei diesem Anblick. Ein Gefühl das sie nicht einordnen konnte aber das sie veranlasste, das Baby vorsichtig hoch zu nehmen. In ihren Armen fühlte es sich warm und weich an und die Kälte ihres eigenen Körpers trat auf einmal deutlich hervor. Vorsichtig ließ sie ihre Finger über die kleine Stirn gleiten. Das Gefühl, was immer es auch war wurde stärker und rührte an ihr. Wie konnten sie so etwas nur tun? Sie streichelte es weiter. So einem kleinen Körper so etwas antun. Sie wandte den Kopf und sah zur Tür. Was würde jetzt mit ihm geschehen und wo war die Mutter? Dieses Baby musste doch eine Mutter haben. Ein leiser Seufzer entwich dem zarten Mund und Integra wusste was sie tun musste. Ausgangsspeere hin oder her. Sie würde es nicht diesen Wölfen überlassen. Ihr Blick fiel auf das Fenster das auf einen kleinen Innenhof hinausführte, der von einer Ziegelmauer umgeben war. Was hinter den Mauern lag verbarg sich in der Dunkelheit. Doch das war Integra egal. Ihr Entschluss das Kind z u retten stand fest und so hob sie es hastig vom Bett auf. Ein leises Quietschen war alles was es von sich gab. Integras Befürchtung es würde sofort anfangen zu schreien erfüllten sich nicht im Gegenteil. Ihre Nähe schien eine tiefe Beruhigung auf den kleinen Menschen auszustrahlen, denn kaum das er seinen winzigen Kopf an ihre Brust geschmiegt hatte schlief es augenblicklich wieder ein. Da überkam Integra erneut dieses eigenartige Gefühl und sie beeilte sich das Fenster zu öffnen. Ein leichter Wind blies ihre Haare nach hinten. Mit einer Hand presste sie das junge Leben an sich mit der anderen schwang sie sich mit einem Ruck in die Nacht hinaus. Alucard öffnete langsam die Augen. Die Erinnerung eines Traumes hing noch in seinem Kopf, als es leise aber bestimmt an die Tür klopfte. Er richtete sich auf. „ Migel?“ Der blond gelockte Vampir kam hastig herein und beeilte sich sofort wieder die Tür hinter sich zu schließen. „ Du hast ja Nerven immer noch in den Federn zu liegen.“ Alucard lächelte und strich dann mit suchendem Blick über die zerwühlten, leeren Laken neben sich. „ Ich scheine wohl der Einzige zu sein, der keine Veranlassung sieht nervös zu sein.“ „Ja das sehe ich auch so.“ Migel wischte sich mit fahrigen Bewegungen übers Kinn. Lachend schwang sich Alucard aus dem Bett. „ Was ist los mit dir Migel? Es läuft doch alles nach Plan, oder?“ Migel seufzte „Das schon, aber ich weiß nicht ob dir auch schon bewusst ist, das wir die gesamte Pariser Brut in Aufruhe versetzt haben.“ „Hervorragend“ Murmelte Alucard und ging dann leise vor sich hinsummend zu einem der Kleiderschränke. „Hervorragend“ wiederholte Migel, bei ihm klang es weniger überzeugend. Der schwarzhaarige Vampir öffnete einer der Türen und griff zielstrebig hinein. „ Worüber machst du dir Sorgen? Genau das war doch unsere Absicht.“ Migel wirkte immer noch nicht überzeugt. „ Vielleicht, auch wenn ich dachte das es länger dauern würde, bis wir Remon aus der Reserve locken aber der alte Halunke hat anscheinendend mehr Dreck am Stecken als ich dachte und die Iscariot müssen es ganz schön auf ihn abgesehen haben.“ Jetzt breitete sich ein schadenfrohes Grinsen auf Alucards Gesicht aus. „ Kein Wunder das, dass schwarze Schaf die Wut seines ehemaligen Schäfers fürchtet.“ „Bitte?“ Alucard war jetzt bester Laune bei der Bemühung seine Weste zu zuknöpfen.. „ Tja hatte ich etwa versäumt dir je etwas aus Pests Vergangenheit zu erzählen? Nun, wie dumm von mir, dabei ist diese Geschichte wirklich gut. Unser guter Herr Graf war nämlich nicht immer blaublütig. Er war in seiner menschlichen Existenz sogar arm wie eine Kirchenmaus.“ „Kirchenmaus?“ „Eine benediktinische Kirchenmaus um genau zu sein. Seine Karriere begann als Novize in einem polnischen Kloster, in dem er dank seines nicht wenigen Verstandes und seiner noch ausgeprägteren Gerissenheit schnell den Platz des Abtes einnahm. Doch sein Ergeiz trieb ihn noch weiter, bis vor die Tore Roms sogar bis in die geheimen Kammern des Vatikans und jetzt rate mal an welcher Stelle seine steile Laufbahn endete.“ Alucard war während seiner Erzählung mit seiner Kleidung fertig geworden und stand nun in einer tadellosen Ausgehuniform vor Migel, der ähnlich gekleidet war. „War er etwa der persönliche Fußkratzer vom heiligen Vater?“ „Fast, man kann sagen er und unser blonder Schweinepriester sind praktisch auf allen Ebenen Berufskollegen.“ Migel riss ungläubig die Augen auf. „Sag bloß nicht er war ein...“ „Ein Iscariotkrieger, jawohl und dazu noch einer von hohem Rang, doch die Verlockungen des Teufels waren einfach größer als die Berufung zum Rächer Gottes.“ „Remon Pest ein geächteter Engel“ lachte Migel und schüttelte fassungslos den Kopf. Alucard breitete theatralisch die Arme aus „ Sind wir das nicht alle? Aber jetzt ist wohl klar warum das vermeintliche Auftauchen seiner ehemaligen Kollegen ihn so in Hektik versetzt mmh?“ „Na dann wollen wir ihn mal bei Laune halten, was?“ Auf dem Flur drehte er sich noch mal zum Zimmer um „Wo ist denn eigentlich Integra?“ Alucard strich sich die Haare aus dem Gesicht „ Ich vermute sie erkundet ein bisschen das Haus, vielleicht mit Seras zusammen?“ Migel runzelte die Stirn. „Wohl nicht, ich habe der Kleinen gesagt wir holen sie gleich ab, aber vermutlich warten beide in ihrem Zimmer auf uns.“ Noch immer schlief das Kind in ihrem Arm, während sie sich an schwatzenden Marktweibern vorbei in Richtung Innenstadt drängelte. Die schwarze Kapuze tief ins Gesicht gezogen, damit niemand ihr Gesicht sah. Hinter der Mauer war sie auf eine kleine Gasse gestoßen, die nach einigen Windungen auf eine Hauptstrasse führte. Auf dieser herrschte wie in der Nacht zuvor emsiger Betrieb. Schwatzende Marktweiber, Gaukler, ab und zu eine Truppe Soldaten, die ihr den Weg versperrten, doch wendig wie eine Schlange huschte Integra an ihnen vorbei ohne dass man sie überhaupt zu bemerken schien. Dabei wusste sie immer noch nicht wohin ihr Weg sie eigentlich führte. Nach dem sie ihre erste Aufgabe erfolgreich erfüllt hatte, nämlich das Kind aus dem Hause zu bringen stellte sich ihr nun eine Neue. Wohin das Baby bringen? Gab es hier überhaupt so etwas wie ein Weisenhaus und wenn ja, wo konnte es sein? Plötzlich ertönte der dunkle Klang von Kirchenglocken und Integra riss den Kopf hoch. Natürlich! Ihr Arm schlang sich noch eine Spur fester um ihr Bündel als sie dem Ruf der Kirche folgte. Seras strich über das feste rote Leder ihrer Weste, die ihr wie eine zweite Haut passte. Migel hatte ihr die Uniform gebracht und ihr gesagt was es mit dieser kunstvollen Garnitur auf sich hatte. Die Hekaten, wie die Armee sich nannte hatte ihren Namen von der griechischen Göttin Hekate, die Herrin der Geister und Gespenster. „Wörtlich übersetzt bedeutet ihr Name die ihren Willen tut “ hatte Migel grinsend erklärt. „Hat der Graf sich einfach so eine Privatarmee aus Vampiren zusammen gerafft?“ „ Na ja nicht ganz. Es ist nicht seine Armee, sondern sie gehört als Exekutivegewalt zum festen Regelwerk die das Zusammenleben zwischen den Kindern der Nacht durchsetzt. Hier in Paris allerdings bietet Pest ihnen Unterschlupf und erhält von ihnen dafür besondere Vergünstigungen. Sprich er darf dafür ein bisschen nach seinen Willen schalten und walten.“ Es klopfte und Seras wandte sich zur Tür als ihr Meister und Migel eintraten. Alucard musterte sie mit anerkennendem Blick „ Und wie fühlst du dich Fräulein Polizistin, wie in den guten alten Zeiten?“ Seras spürte das alte Kribbeln in ihrem Magen, als Alucard sich suchend umsah. „ Wo ist Integra?“ Seras runzelte verwirrt die Stirn. „Wieso fragt ihr mich das? Ich dachte sie ist bei euch?“ Für einen Moment sahen sich die drei nur stumm an, dann fluchte Migel leise. „Sie hat doch nicht etwa das Haus verlassen oder?“ Nur die starren Augen der bizarren Figuren von Notre-Dame folgten dem schwarzen Schatten, der wie eine verirrte Nebelschwade auf das Haupttor der Kathedrale zu steuerte. Sie hatte fast die Tür erreicht als ihr jemand wie aus dem Nichts kommend den Weg versperrte. „Wohin so eilig Bruder.“ Integra erkannte die Stimme augenblicklich. „ Anderson, wo kommen sie denn her?“ Der Priester war für einen Moment ehrlich verdutzt als er das Gesicht unter der Kapuze erkannte. „ Lady Integra? Was im Himmel wollen sie hier auf diesem heiligen Platz?“ Da begann sich der kleine Körper an ihrer Seite zu regen. Die grünen Augen von Anderson wurden schlagartig dunkel vor Zorn. „ Was habt ihr da? Etwa ein Kind ein unschuldiges Kind, an dem ihr euren dämonischen Hunger stillen wollt?!“ Sein Arm schnellte vor doch Integra war schneller und wich ihm nach hinten aus. „ Seid ihr verrückt? Es ist ganz anders als ihr denkt!“ Doch Anderson schäumte bereiz vor Wut. „ Tatsächlich? Ihr seid ein Monster Lady Integra sein Monster. Sein verdammtes Blut kriecht durch eure Adern und macht euch zu einem unberechenbaren Tier, das keine Gnade mit seinen Opfern kennt!“ Integra verzog das Gesicht „Ihr habt doch überhaupt keine Ahnung ihr verbohrter, katholischer Bauerntrampel!“ Andersons Kinn begann zu zittern als er hörbar mit den Zähnen knirschte. „Es wird Zeit es endlich zu beenden. Bevor,“ Da fing das Kind leise zu weinen an. Mit bestürzter Mine sah Integra zu ihm hinunter. „ Nein, nein nicht weinen, was ist denn? Was ist denn los?“ Ihre Arme wiegten es sanft hin und her. Anderson, der von der unerwarteten Unterbrechung überrascht war, beugte sich nach ein paar Sekunden zögern nach vorn. „ Was hat es denn auf einmal?“ Integra sah in spöttisch an „ Na ich schätze mal es ist der Hunger oder eine volle Windel. Was meinen sie, kann man da drinnen was dagegen unternehmen?“ Sie deutete mit dem Kinn über seine Schulter zur Kirche. „Äh, ich weiß nicht ob eine Schwester da ist um, eh Moment mal!“ Integra hatte ihm blitzartig das Kind in die Arme gedrückt. „ Sie wissen schon wie man mit armen verirrten Seelen am besten umgeht nicht war? Also kümmern sie sich bitte um den armen Wurm. Wir sprechen uns morgen Nacht wieder, an der gleichen Stelle zur selben Zeit verstanden? Ich muss jetzt zurück, bis dann!“ Anderson hatte keine Chance mehr ihr zu antworten. Die Nacht hatte sie nach diesen Worten augenblicklich verschluckt. Kapitel 34: Fire ---------------- „Wir können nur hoffen das sie sich hier nur ein bisschen umgesehen hat und es nicht wirklich gewagt hat raus zugehen.“ Alucard fluchte leise vor sich hin. „ Was könnte Lady Integra denn schlimmstenfalls passieren?“ Seras beeilte sich mit den beiden Männern Schritt zu halten. Migel verzog das Gesicht. „ Wer gegen die Ausgangssperre verstößt ist in dieser Nacht ein Anarch und wird, wenn er von den Soldaten erwischt wird auf der Stelle exekutiert.“ Seras schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. Sie gingen nun eine steile Wendeltreppe hinunter von deren Fuß hinauf lautes Stimmengemurmel zu hören war. Auf Alucards Mine zeigte sich eine leichte Anspannung. „Vielleicht ist sie nur schon unten und wir regen uns hier gerade um sonst auf.“ Doch sie konnten Integra zwischen all den Vampiren, die sie nun im Flur vorfanden, nicht ausmachen. Seras hatte noch nie so viele ihrer Art gesehen. Da waren Männer deren Kleidung auf adelige Herkunft deutete, mit weißen gelockten Perücken und brokatverzierten Gehröcken. Frauen die dazu passten und Frauen den man sofort ansah, das sie aus einem ganz anderen Kreis der Gesellschaft stammten. Sie trugen hauptsächlich enge, abgewetzten Korsagen und ebenso zerschlissenen Röcken. Es war sogar ein alter Mann ohne Beine dazwischen, der sie beim vorübergehen böse aus seinen gelben Augen anstarrte. Sie alle warteten vor einer reichverzierten Flügeltür, vor denen zwei Soldaten Wache hielten. „Worauf warten die denn?“ fragte Seras stumm ihren Meister. „Auf die Raubtierfütterung.“ Kam es zurück und plötzlich erklang ein lauter Gong. Alle Köpfe schossen daraufhin zur Tür die jetzt von den beiden Männern geöffnet wurde und wie eine Flutwelle drängten sich die Vampire zischend und fauchend durch den Eingang. Migel schüttelte bei diesem Anblick nur den Kopf. „Wie hirnlose Tiere.“ „Das sind sie doch auch.“ Hinter den Letzten schloss sich die Tür wieder und Pest kam aus einem der Seitengänge auf sie zu. „Guten Abend meine Freunde.“ Er sah suchend hinter Alucard „Aber Graf,wo habt ihr denn eure entzückende Begleitung gelassen?“ Alucard wollte schon den Mund aufmache als Intergas Stimme ihn unterbrach. „Entschuldigung sie bitte, aber ich bin einfach ein bisschen langsam.“ Wie aus dem nichts tauchte sie hinter Alucard auf, der sie für ein paar Sekunden ungläubig ansah. Pest bemerkte aber davon nichts, er lacht nur und beeilte sich erneut Integras Hand zu küssen. Dann wandte er sich der verschlossenen Tür zu „ Das ging schneller als ich erwartet hatte, aber um so besser. Ich hoffe nur das die Vorräte reichen.“ Migel grinste „ Damit sollte doch ein Osiris wie ihr es seit keine Probleme haben.“ Pest seufzte, schmunzelte dabei aber ein wenig. „ Stellt euch das bloß nicht so einfach vor, auch meine Mittel sind begrenzt.“ Integra uns Seras sahen fragend zu Migel hinüber. Der bedeutete ihnen sich zu gedulden und gemeinsam betraten sie nun ein Zimmer in dessen Mitte ein langer Tisch stand an dem bereits sechs Vampire Platz genommen hatten. „ Die Versammlung der Ahnen?“ flüsterte Integra und Alucard nickte „Nur in dieser Zeit nannten sie sich Conscienta das Gewissen und es waren auch nicht durchweg die Ältesten die das Privileg hatten ihm anzugehören. Es gab viele faule Früchte in unseren Reihen und die Selektion auf Besonderheit setzte erst später ein. Er lächelte jetzt in die Runde „Guten Abend Es freut mich das sie Zeit gefunden haben uns mit ihrer Anwesenheit zu beglücken.“ Die Vampire bestehend aus zwei Weiblichen und vier Männlichen Vertretern, nickten verhaltend. Sie schiene weniger erfreut zu sein. Eine der Frauen, ein dünnes Gestell mit feuerroten Haaren und dunkelgrünen Augen funkelte sie wütend an „Ich hoffe, dass das kein übler Scherz von euch ist und wir nicht umsonst hier schmoren.“ Pest hob besänftigend die Hände „ Seid in dieser Hinsicht unbesorgt, Graf Dracul macht bei solchen Angelegenheiten gewiss keine Scherze.“ Alucard bemühte sich ein ernstes Gesicht zu machen. „ In der Tat, würde ich gewiss nicht die gesamten Nachtfalter Paris in Aufruhe versetzten, wenn ich nicht sicher wäre, das Hexenjäger vor den Toren der Stadt lauern.“ Dieser Satz sorgte für entsetzte Gesichter und einer der Männer schlug nun heftig auf den Tisch. „Wie kann es sein das wir erst jetzt davon erfahren, wo diese Gottesrächer schon vor unserer Tür stehen?“ „Ich kann es mir auch nicht erklären“ verteidigte sich Pest „Keiner meiner Vertrauten hat mich gewarnt.“ „Dabei seid ihr doch so Stolz auf eure Beziehungen zu den heiligen Männern dieser Stadt.“ Spottete ein vollbärtiger Mann dessen linkes Auge fehlte. Das andere schimmerte in einem Azurblau. Pest vermied es den Mann anzusehen. „Bis jetzt konnte ich mich über mangelhafte Auskünfte auch nicht beklagen, doch nun sieht es anders aus. Aus diesem Grund habe ich diese Versammlung einberufen, wir müssen so schnell wie möglich handeln um einen Angriff zu vor zu kommen.“ „Wer sagt denn das sie wegen uns hier sind?“ fragte nun die andere Frau. Sie hätte die Zwillingsschwester der anderen sein können. „Vielleicht ist es nun eine Garde des Papstes?“ Alucard lachte laut auf. „Wohl kaum, diese Männer gehören nicht zu den Gefolgsleuten mit denen sich der heilige Vater öffentlich umgibt. Diese Bluthunde werden nur auf eine Art von Beute losgelassen.“ „Und nur wenn sie auch sicher sind, dass sie sie auch wittern.“ Ergänzte Migel. „Also sollten wir rasch handelt!“ wiederholte Pest und deutete auf die Tür hinter sich. „ Ich habe für heute Nacht die Ausgangsspeere verhängt und wenn es sein muss habe ich Mittel und Wege sie auch gegen den Willen der Gemeinde zu verlängern.“ Der Bärtige grinste breit „ Ihr könnt froh sein das ihr auf die Garde zählen könnt, ohne sie wäre das wohl eine undurchführbare Aufgabe.“ Plötzlich hörte man einen Aufschrei, der von den schweren Mauern gedämpft, von unten zu ihnen hinaufdrang. Seras blickte zu ihren Füssen und schauderte bei dem Gedanken, was dort unten wohl vor sich gehen musste. Ihr Blick glitt kurz zu ihrem Meisten hinüber. Was verbarg sich wohl hinter der Bezeichnung Türkenbad und was war ein Osiris? Jetzt sprach wieder einer der Frauen. „ Es ist deine Aufgabe Remon, in dieser Stadt für Ordnung und Sicherheit zu sorgen, also wirst du dich auch um dieses Problem kümmern und wer weiß, vielleicht haben diese Männer auch nur mit einem eine offene Rechnung zu begleichen.“ Darauf schwieg Pest und Integra konnte erkennen das Alucard ganz offensichtlich damit kämpfte nicht in lautes Gelächter auszubrechen. Migel schien es auch zu bemerken und beeilte sich rasch die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte, so würden der Graf und ich gerne zur Lösung des Problems beitragen.“ Die Vampire am Tisch schienen alle gleichzeitig die Stirn zu runzeln. „Und woher rührt eure Hilfsbereitschaft, wenn man fragen darf?“ Migel legte die Arme auf den Rücken und beugte sich mit einem charmanten Lächeln nach vorne „ Nun, ich hoffe es genügt euch, wenn wir sagen, das uns persönliche Gründe dazu zwingen.“ Auf dem Gesicht des Bärtigen spiegelte sich immer noch leichtes Misstrauen, doch die Frauen schien Migels Charme überzeugt zu haben. Sie lächelten ihn verschmitzt an und eine strich sich verlegen eine Strähne aus dem Gesicht. „ Von wie vielen Iscariotkriegern gehen wir eigentlich aus?“ meldete sich Pest zurück. „Um das herauszufinden bieten wir auch an uns ein bisschen um zu sehen.“ „ Und wo?“ Alucard legte den Kopf schief. „ Dort wo man angeblich alle Antworten finden kann im Rosen Garten.“ Als sie wenig später zu viert den Gang zu ihren Zimmern entlang liefen, konnte Seras ihre Neugierde kaum noch zügeln und kaum hatten sie die Tür hinter sich zu gemacht platzte es auch schon aus ihr heraus. „ Warum sind denen denn bei dem Rosen Garten fast die Augen rausgefallen und was ist ein Osiris und“ „Langsam, langsam und vor allem leise. Hier haben die Wände Ohren.“ Unterbrach Migel sie und nachdem er sich mit dem Kopf an der Wand versichert hatte, das sie keine unerwünschten Zuhörer hatten begann er Seras zu erklären. „Also zu deiner ersten Frage ein Osiris ist im alten Sprachgebrauch ein Vampir, der eine Art Sekte oder Orden um sich hält, die aus Ghulen und anderen Vampiren besteht um leichter an Nahrung heranzukommen. Unser lieber Pest versteht sein Geschäft auf diesem Gebiet.“ „Aber man kann doch nicht einfach so Menschen verschwinden lassen.“ Warf Integra jetzt fassungslos ein. „Jedenfalls nicht so viele, als das es nicht auffallen würde.“ „Du vergisst in welcher Zeit wir uns befinden meine Liebe. Was in den Slums der Stadt geschieht interessiert die Obrigkeit nicht und je weniger Gesindel sich auf den Straßen tummelt um so besser.“ „Und was hat es jetzt mit dem Rosengarten auf sich?“ hackte Seras noch mal nach „ Es handelt sich dabei um ein Wortspiel, es geht genauer gesagt um einen Orden der Rosenkreuzern die sich der Erforschung der Magie verschrieben haben.“ Integra zog überrascht die Augenbrauen hoch. „ Du sprichst von Mönchen? Mönche die sich mit solchen Gotteslästerlichen Themen beschäftigt haben?“ Alucard grinste „ Nun du solltest doch am besten Wissen, das Gott und der Teufel durch aus eine einvernehmliche Symbiose bilden können.“ Integra grinste zurück „Wohl war“ „Also um mit der Erklärung fortzufahren,“ räusperte sich Migel „ dieser Orden besteht aus einem Kern der sich selbst weiße Mönche nennt. Der Orden selbst nennt sich Arcanum und ihr besonderes Augenmerk gilt der Erforschung unserer Art. Sie haben aber nichts mit der Iscariot zu tun. Es geht ihnen nicht um unsere Vernichtung, sondern um das Verstehen. Man vermutet nur, das der Orden einmal durch sie von uns erfahren hat. Seit dem stehen sie mit uns, man kann nicht sagen in Verbindung, aber es verhält sich so das wir ihre Forschung gewähren und sie uns im Gegenzug mit Informationen aus den heiligen Reihen versorgen, wenn es nötig ist.“ „Eine Hand wäscht die andere“ bemerkte Seras und Alucard nickte „ Genau, darum ist der Orden auch wichtig für unsere weiteres Vorgehen. Wir müssen nur schauen wo unser lieber Anderson abgeblieben ist um.“ „Den finden wir in Notre- Dame.“ Platzte Integra heraus und sechs fragende Augen sahen sie an „ Woher weißt du das?“ „Nun ich musste, also ich habe.“ Stotterte Integra leicht verlegen, doch ein plötzliches Klopfen an der Tür rettete sie aus ihrer Erklärungsnot. General Navar betrat nach Aufforderung eilig das Zimmer. „ Pest bat mich ihnen eine Gruppe meiner Männer zur Verfügung zu stellen. Da die Angelegenheit sehr wichtig ist, stelle ich mich selbst und vier meiner besten Männer an ihre Seite um die Gefahr die uns bedroht zu beseitigen.“ Migel und Alucard wechselten einen vielsagenden Blick. „Nun General das ist sehr nett von ihnen aber wir denken, dass das nicht nötig ist.“ Doch Navar schüttelte schon den Kopf. „ Wir kennen das Gelände und wenn es sich tatsächlich um eine ganze Armee handeln sollte werden sie jede helfende Hand nötig haben.“ Damit war jeder weitere Einwand zwecklos. Alucard hob die Hände. „Also gut dann schlage ich vor wir machen uns so schnell wie möglich auf den Weg nach Saint- Sulpice.“ Der General nickte. „Ich werde zusätzlich ein paar Spähtrupps durch die Straßen schicken. Sollte sich auch nur eine weiße Robe zeigen, sind wir gewarnt.“ „Gut im Gegenzug schlage ich vor das wir auf getrennten Wegen die Kirche erreichen. Somit müssen wir uns weniger Mühe mit der Tarnung machen.“ Dieses mal nickte Navar „Einverstanden dann treffen wir uns in einer Stunde am Südturm.“ Damit verschwand er. Migel ließ einen lauten Seufzer vernehmen. „Das hat uns gerade noch gefehlt. Jetzt haben wir Pests Hampelmänner an den Fersen. Wenn die spitzkriegen, das gar keine Krieger hier sind, ist unsere gesamte Planung zum Teufel.“ Integra horchte auf „Was für eine Planung?“ Doch Alucard winkte ab. „ Das erklären wir euch später, jetzt müssen wir erst mal dafür sorgen das uns die Garde nicht in die Quere kommt. Los auf nach Saint- Sulpice, aber vorher schauen wir noch rasch bei Notre Dame vorbei.“ Er ging zum Fenster und öffnete ist. „Nach euch Prinzessin.“ Murmelte er und reichte Integra den Arm um galant auf den Fenstersims zu steigen. „Wie bitte?“ Doch Migel drängte von hinten. „Schnell wir haben nur eine Stunde.“ So schwang sie sich innerhalb weniger Sekunden erneut als schwarzer Rabe in die sternenlose Nacht. Hinter ihr folgten lautlos die anderen. Das kleine Bündel auf seinen Knien war einfach nicht zu beruhigen. Es schrie und jammerte seit die Lady es ihm ohne viele Worte in die Arme gedrückt hatte und egal was er probierte, nichts schien diesem Kind zu gefallen. Zu erst hatte er vermutet das eine frische Windel fällig sei, doch auch nach dem er es trocken gelegt hatte, war keine Stille eingetreten. Danach versuchte er es mit Singen und Schaukeln doch auch damit blieb der Erfolg aus. Langsam ging ihm das Geweine auf die Nerven. Nervös sah er zur schmalen Tür des kleinen Zimmers das sich hinter dem Nordflügel versteckt in einem abgelegenen Winkel der gewaltigen Kirche verbarg. Er wusste aus alten Studienzeiten das die katholische Kirche in jedem großen Gotteshaus eine Unterkunft für ihre Hirten bereit hielt. Gott sei dank hatten sie damit nicht erst viel später angefangen. Er sah sich in dem spartanisch eingerichteten Raum um. Bis auf ein einfaches Holzbett, einem Stuhl, einer Waschschüssel und einem schlichten Holzkreuz an der Wand, war es vollkommen leer. Plötzlich hörte er schlurfende Schritte, dann klopfte es. „Herrein!“ bellte er gegen das Geschrei und eine kleine buckelige Nonne betrat das Zimmer. Ihr völlig von Runzeln entstelltes Gesicht erinnerte an eine vertrocknete Pflaume. Dafür war ihre Stimme von erstaunlicher Klarheit und Kraft. „ Ich bringe die von ihnen gewünschte Milch. Ich bitte um Entschuldigung für das lange Warten, doch es ist jetzt nicht die richtige Zeit um noch Einkäufe zu machen, von daher.“ Sie kam auf ihn zu und ihr Mund verzog sich zu einem zahnlosen Lächeln. Anderson gruselte sich insgeheim bei dem Anblick doch dem Kind schien es zu gefallen, den es hörte schlagartig auf zu jammern. Stattdessen ließ es nun ein freudiges Glucksen vernehmen. „Ei, ei wenn haben wir denn da? Ein kleines hungriges Bübchen?“ fistelte die Nonne und nahm Anderson das Kind aus dem Arm. Der schickte ein rasches Dankesgebet zur Decke, während die Alte wieder zur Tür zurück ging. „Ich nehme den Kleinen am besten mit in meine Kammer, dort habe ich auch noch frische Kleider und ein sauberes Lacken.“ Anderson musste sich zusammen reißen um keinen erleichterten Seufzer auszustoßen. „ Ja Schwester Magdalena das halte ich auch für das Beste. Vielen Dank für ihre Mühe, Gott der Herr weiß um ihre Treue zur Nächstenliebe.“ Sie nickte nur ohne sich umzudrehen und schon bald war er allein. Darauf hatte er gewartet. Schnell griff er in die Innenseite seines Talars und zog das Pergament heraus, das er den Vampiren zuvor gezeigt hatte. Er begann noch einmal die Zeilen zu lesen. Noch immer versuchte er sich einen genauen Reim auf die Prophezeiung zu machen. Die Botschaft an sich war klar zu verstehen, doch wie passte sie zu den Geschehnissen die vor sich gingen? Warum änderte sie der Lauf der Geschichte oder besser warum nur ein Teil von ihr? Zu erst hatte er angenommen, das die gesamte Religion auf dem Spiel zu stehen schien, doch nun kam es ihm so vor, als ob nur bestimmte Fragmente verschwanden. Hier in Paris des 16 Jahrhunderts z.B. schien alles beim Alten zu sein. Keine einzige Kirche fehlte. Plötzlich Krachte es neben ihm und er warf sich Reflexartig zur Seite. Verdutzt sah er darauf zum Fenster vor dem ein großer schwarzer Vogel hockte und mit den Flügeln schlug. Die Fensterläden zitterten unter seiner Anstrengung. Mit zusammen gekniffenen Augen ging Anderson langsam zum Fenster hinüber. Der Vogel sah ihn nun aus seinen schwarzen Augen an, den Kopf leicht zur Seite geneigt. Anderson runzelte die Stirn. War das nur ein Vogel oder war das womöglich? „Hey Schweinepriester wo bleiben deinen guten Manieren.“ Anderson wirbelte herum. Hinter ihm lässig in der Tür gelehnt, stand Alucard, das Gesicht zu einem amüsierten Grinsen verzogen. Wieder begann der Vogel gegen das Glas zu schlagen, dieses mal mit dem Schnabel. Fluchend begann er das Fenster zu öffnen. Alucard lachte „ Na bitte geht doch, ich dachte schon du willst uns nicht reinbitten.“ „Und wie bist du hier eingedrungen, wenn man fragen darf?“ „Wie es sich für einen guten Bürger gehört durch den Haupteingang. Eine freundliche Nonne hat mir den Weg zu dir gewiesen.“ Mittlerweile war das Fenster offen und alle Raben flogen herein. „Hey was soll das, das ist doch hier kein Vogelhort!“ Die Vampire wechselten ihre Gestalt. „Reg dich ab Hochwürden, wir hatten nicht vor hier irgendwelchen Unrat fallen zu lassen.“ Migel sah sich mit skeptischer Mine um „Hübsch hässlich hast du es hier, von gemütlicher Inneneinrichtung hat der Papst wohl nie viel gehalten.“ „Man soll sich hier ja auch nicht wohl fühlen, sondern sich auf das Wesentliche konzentrieren.“ Fauchte Anderson. Migel hob in gespielter Überraschung die Brauen „So und was wäre das bitte?“ „Die Liebe zu Gott und die Pflicht in seinem Namen die Erde von den Dämonen der Hölle zu befreien.“ Alucard faste sich ans Kinn. „Aperobst wo du schon gerade auf deinen Beruf zu sprechen kommst. Vielleicht würde es dich interessieren, das bereits die gesamte Pariser Vampirwelt wegen dir in Aufruhe ist.“ Ein verständnisloser Blick war alles was der Priester im darauf erwiderte. Migel musste sich darauf hin ein Lachen verbeißen. „Oh vielleicht sollten wir dazu noch sagen, dass sie eher mit einer Armee, anstatt mit nur einem Krieger rechnen.“ „Wo von sprecht ihr überhaupt?“ „Na ja vielleicht wird es Zeit dich aufzuklären.“ „Oh vielleicht solltet ihr auch uns endlich mal einweihen.“ Integra verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir sind nämlich auch wahnsinnig neugierig.“ Alucards Augen blitzten amüsiert. „Natürlich, entschuldigt bitte unsere Verschwiegenheit aber wir hielten es für klüger erst mal abzuwarten, ob unsere ersten Schritte erfolgreich sind, bevor wir euch über unseren ganzen Plan in Kenntnis setzten. Also Migel und ich haben vor uns mit einem Rosenmönche ein bisschen näher über die Ereignisse die uns hier her geführt haben zu unterhalten. Sie sind Meister auf dem Gebiet der Erforschung spiritueller und mystischer Geschehnisse und ihrer Geschichte und das schon seit Anbeginn der Zeit. Wenn sie uns nicht weiterhelfen können, wer dann.“ Integra starrte vor sich auf den Boden. „ Du meinst sie kennen vielleicht den Grund für all das was mit der Welt geschieht, aber wie kann das sein? Wir kommen doch aus der Zukunft.“ „Mag sein, doch alles hat einen Ursprung und ich fürchte dieser hier liegt noch viel, viel weiter in der Vergangenheit als wir ahnen.“ „Von welchen Mönchen sprecht hier überhaupt?“ schaltete sich nun Anderson wieder ein, der misstrauisch zwischen Migel und Alucard hin und her sah. Seras beeilte sich es ihm erklärte. Schweigend lauschte der Priester ihrem Bericht. „ Und jetzt kommen wir zu deiner Rolle bei unserem Stück. Da die anderen Nachtkinder es erstens nicht sehr gerne sehen, wenn man sich mit den Spähern unterhält und zweitens wir nicht wissen wie sie reagieren, wenn rausbekommen warum wir eigentlich hier sind, ist es besser, wenn wir sie mit einem geschickten Manöver ablenken.“ Alucard deutet auf die Rückseite des Pergaments, das auf Andersons Bett lag. „Hier, schreib auf ich nenne die ein paar der Zufluchtsorte, die bei Sonnenaufgang zur Verfügung stehen. Sorge einfach dafür das ein paar von denen innerhalb der nächsten Stunden in Flammen aufgehen, das wird die Horde ein bisschen beschäftigen.“ Zögernd notierte sich Anderson die Namen auf dem Papier. „ Nette Idee Fangzahn, nur wie soll ich das alleine anstellen? Ich kann mich schließlich nicht vierteilen.“ „Keine Sorge Seras wird dir dabei hilfreich zur Seite stehen.“ Der Vampirin klappte überrascht der Mund auf. „Was, ich aber?“ „Was soll das? Was geschieht, wenn sie jemand sieht?“ warf Integra aufgebracht ein. „Das ist viel zu riskant!“ „Danke Gnädigste das sie sich auch um mich Sorgen.“ Bemerkte Anderson trocken. „Mal eine andere Frage. Womit sollen wir das Feuer denn legen? Ich nehme an es soll ordentlich brennen.“ Alucard der Intergas Einwand einfach überhört hatte, ließ seine Fangzähne aufblitzen „ Benutzte deinen messerscharfen Verstand Einstein. Dir wird schon was einfallen, aber hier noch ein kleiner Tipp. In der Nähe des ersten Unterschlupfs befindet sich ein Waffenlager der städtischen Garde, vielleicht findest du da etwas, was dir weiter hilft. Wir machen uns jetzt auf den Weg nach Saint- Sulpice.“ Damit warf er Integra einen verschwörerisch Blick zu und zu Seras gewandt sagte er stumm. „ Mach deine Sache gut Fräulein Polizistin. Ich weiß das ich dir mit diesem Schweinepriester einen gefürchteten Feind zur Seite stelle aber sei dir gewiss. Der Schoßhund des Vatikans ist nicht mehr so scharf wie er mal war. Er blutet aus einer tiefen Wunde, mach dir das zur nutzte.“ Dann verschwand er mit Migel durchs Fenster. Integra griff noch mal nach ihrer Schulter. „Sei vorsichtig Seras“ dann war auch sie verschwunden. Zurück blieb Anderson der sie aus merkwürdig glasigen Augen anstarrte. „ Da dann wollen wir der Stadt mal einheizen Herzchen.“ Kapitel 35: Captivitas ---------------------- London 1981 „Es tut mir leid Sir Hellsing aber ich fürchte,wir können für ihre Frau nichts mehr tun.“ Der kleine Arzt mit der kreisrunden Nickelbrille im Gesicht senkte bedauernd den Kopf. Er und seine Kollegen hatten die letzten achtundvierzig Stunden kein Auge zu getan, doch all ihre Bemühungen, das Leben der jungen Frau zu retten, waren vergeblich gewesen. Ihr Körper hatte, dem in ihm wuchernden Krebs, einfach nicht mehr stand halten können. Wenn man es genau betrachtete, wäre ein rascher Tod ein Segen für sie. So etwas konnte man jedoch ihrem Mann nicht sagen, der mit aschfahlem Gesicht und blutunterlaufenden Augen vor dem Fenster des Besucherzimmers stand und mit glasigem Blick in die aufgehende Sonne blinzelte.„Wird sie lange leiden müssen?“ fragte er plötzlich mit heiser Stimme und der Arzt musste sich anstrengen um ihn überhaupt zu verstehen.„Nein, Sir. Das Morphium wird ihr die Qualen der Schmerzen ersparen. Ihr Herz wird einfach aufhören zu schlagen. Sie wird nichts spüren, da bin ich mir sicher.“ Er wandte sich vom Fenster ab. „Gut.Ich möchte sie noch einmal sehen, wenn sie erlauben.“ „Natürlich Sir,ich bringe sie zu ihr.“ Damit verließen sie den Raum. Einige Stunden später hörte Walter, wie die weiße Limousine auf den Hof fuhr. Schnell beeilte er sich zur Tür zu kommen,doch bevor er sie erreichen konnte, trat Sir Hellsing schon ein und Walter erstarrte augenblicklich bei dessen Mine. „Herr im Himmel“ murmelte er leise und senkte das Haupt. Sir Hellsing hob nur müde die Hand „Schon gut Walte, es ist vorbei.“ Sagte er tonlos und ging langsam zur Treppe, die in den ersten Stock führte. „Ich möchte jetzt ein wenig alleine sein. Ich bitte dich kümmere dich um Integra ja?“ Der Diener des Hauses nickte matt und sah stumm zu, wie sein Herr mit gebeugtem Rücken in seinem Büro verschwand. Die Tür war noch nicht ganz geschlossen, als ein roter Schatten hinter einem der schweren Samtvorhänge hervorglitt. Sir Hellsing setzte sich langsam hinter seinen breiten Schreibtisch und stütze das Kinn auf seine gefalteten Händen. Das Blau seiner Augen schimmerte hell, als er regungslos in das Kaminfeuer starrte, das auf der gegenüberliegenden Seite eifrig vor sich hin loderte. So verging eine weitere Stunde, bis er plötzlich eine Bewegung im Raum war nahm. Aus den Augenwinkeln sah er eine hochgewachsene Gestalt in einem roten Ledermantel lautlos durch die Wand gleiten. Sie blieb stumm in einer Ecke stehen, bis er sich seufzend zu ihr umwandte. „Es tut mir sehr leid, was heute mit eurer Gattin passiert ist Herr“ sagte die Gestalt rasch, bevor er etwas sagen konnte. Er zögerte kurz dann räusperte er sich. „Gottes Wege sind unergründlich, so auch dieser.Ich hoffe der Herr wird mir eines Tages zeigen, warum er so entschieden hat.“ Alucard trat nun vor. Seine schwarzen Haare, fielen ihm wie ein Vorhang vor sein Gesicht, so das nur seine Lippen zu erkennen waren. „Nun wir wissen doch, dass denen, die Gott lieben alle Dinge zum Besten dienen,die ihnen durch ihn wiederfahren.“ Georg Hellsing erwiderte darauf hin nichts. Alucard hatte nun den Schreibtisch erreicht, vor dem er kerzengerade stehen blieb. „Wie lautet euer Befehl für den heutigen Abend Sir Hellsing?“ Dieser ließ nach einer weiteren Pause langsam die Hände auf die Tischplatte sinken. Dann hob er auf einmal den Blick. „Der Befehl den du heute erfüllen wirst, ist nicht meiner, sondern der letzte Wunsch von Lea. Sie hat mir vor ihrem Tod das Versprechen abgenommen alles dafür zu tun um unser Kind vor dem Bösen zu beschützen. In ihren Augen auch vor dir.“ Alucard verhaarte weiterhin regungslos. Georg Hellsing erhob sich jetzt. „Darum wirst du ab heute Nacht, das Labor nicht mehr verlassen. Ich befehle dir dort zu verweilen, bis der nächste Hellsing dieser Familie dich erneut um deine Dienste ersucht.“ Der Vampir war mit einem Ruck den Kopf zurück und in seinen, jetzt sichtbaren, rot glühenden Augen lag ein merkwürdiger Ausdruck. „Ist das euer letztes Wort Herr?“ Der alte Hellsing nickte. „ Verstehe mich nicht falsch Graf, aber ich habe den Willen meiner Frau zu respektieren. Daher gilt der Befehl. Das ist die letzte Order die du von mir erhältst und nun füge dich.“ „Ich befolge all eure Befehle, so auch diesen. Ich wünsche euch Alles Gute Sir Hellsing und eurer Tochter ein angenehmes und vor allem sicheres Leben.“ Damit verschwand er augenblicklich und zurück blieb ein einsamer Mann, der mit einem unterdrückten Schluchzer die Hände vors Gesicht schlug. Es dauerte nicht lange und Seras und Anderson standen vor den Toren der Kathedrale. Die Vampirin wandte suchend den Kopf nach rechts und links „Nun denn, wo sollen wir anfangen?“ Anderson las noch einmal die Namen die Alucard ihm aufgeschrieben hatte. „Tja ich denke,wir gehen praktisch vor. Hier,in der Rue de la Pompe soll sich ein Nest befinden. Das ist nicht weit von hier,da fangen wir mit unserem kleinen Feuerwerk an.“ Er winkte nach einer der zahlreichen Kutschen, die am Rande des Platzes auf zahlende Kunden warteten. Ein Kutscher nickte ihnen zu und öffnete ihnen dann, unter einer leichten Verbeugung die Tür. Als sie wenig später durch die engen Gassen fuhren, versuchte Seras so gut wie möglich entspannt zu wirken, doch es gelang ihr nicht wirklich. Dazu war der Raum, den sie gezwungenermaßen mit dem Priester teilen musste, einfach zu eng. Sie spürte wie sie bei dem Anblick seiner funkelnden Augen eine Gänsehaut bekam und ohne es zu wollen, musste sie an das Erlebnis auf dem Schiff denken. Plötzlich beugte er sich nach vorn und sie zuckte zusammen „Oh das hätte ich ja fast vergessen, wir brauchen ja noch ein bisschen Zündstoff, nicht war?“ Er neigte sich aus einem der Seitenfenster. „Hey Kutscher! Fahren sie erst über die Rue de Se und schnell wenn’s geht, wir haben noch etwas zu erledigen heute Nacht!“ Zur Antwort hörte Seras die Peitsche knallen und mit einem heftigen Ruck beschleunigten die Räder über dem holprigen Pflaster. Sie hatte Mühe sich auf den ausgebeulten Sitzen zu halten. „Hey! Verdammt! Da wird einem ja schlecht, bei der Schaukelei! Außerdem hätte ich mal eine kleine, bescheidene Frage. Ich nehme mal an, dass dieses Waffenlager nicht ohne Bewachung da steht. Haben sie schon eine Idee, wie wir an die Sachen ran kommen, die wir haben wollen?“ Anderson grinste wie ein Honigkuchenpferd „Klar habe ich eine Idee Schätzchen. Ich habe so gar eine hervorragende Idee und du spielst dabei die Hauptrolle!“ Seras Augen wurden groß. „Wasss? Was meinen sie damit?“ Doch bevor sie weiter fragen konnte, hielt die Kutsche mit einem heftigen Ruck und jemand schrie „Wir sind da!“ Währendessen erreichten Alucard, Integra und Migel die Kathedrale am Place Saint-Sulpice. Sie hatten kaum den Boden berührt, als sich schon eine Scharr Raten aus dem Schatten eines Tores löste. Integra kniff die Augen zusammen. „ Sind das etwa?“ Alucard kicherte amüsiert „Eine wirklich hübsche Tarnung nicht war? Und so passend wie ich finde.“Die Ratten kamen nun schnurstracks auf sie zu. Im fahlen Licht des Mondes wirkten ihre kleinen, runden Körper wie riesige Spinnen, doch sie hatten noch nicht einmal die Hälfte des Wegs zu ihnen erreicht, als sich ihre Körper langsam verformten und schon wenige Sekunden später, standen fünf uniformierte Vampire und ihr Hauptmann vor ihnen. Navar salutierte vor Alucard und dieser nickte. „Wie ich sehe, versteht ihr es pünktlich zu sein. Dann wollen wir mal. Eins noch vorweg Hauptmann. Ich möchte euch bitten euch und eure Männer um das Gebäude herum zu postieren. Es geht mir darum, bei unserem Besuch nicht überraschend von irgendwelchen Glaubenskriegern überfallen zu werden. Außerdem,“ er sah zu den weißen Türmen hinauf. „könnte eine solche Anzahl von Untoten sie ein bisschen überfordern, glaubt ihr nicht auch?“ Navar zögerte kurz. „Ich habe eindeutige Befehle Graf.“ „Aber ihr müsst ihm recht geben.“ Warf Integra entschlossen ein. „Wir wollen ihnen schließlich ein paar Informationen entlocken und sie nicht verschrecken. Dafür ist die Angelegenheit zu wichtig.“ Das schien den Soldaten zu überzeugen. Mit ein paar Handzeichen machte er seinen Männern klar, wo sie sich hin bewegen sollten. Er selbst drehte sich noch einmal zu den Dreien um. „Ich werde euch sofort melden, falls sich hier Draußen etwas tun sollte. Ich hoffe eure Mission wird erfolgreich sein.“ Damit wandte er sich um und verschwand ebenfalls im Schatten des gewaltigen Gebäudes. Migel ließ einen leisen Seufzer los. „Die wären wir erst mal los. Kommt verlieren wir nicht noch mehr Zeit.“ Damit gingen sie zum Eingang der Kirche und Alucard schlug den geschmiedeten Ring, der als Klopfer angebacht war, heftig gegen das Holz der Tür. Integra verzog die Stirn „Wir wollen doch friedlich um Einlass bitten und nicht gleich die Tür einschlagen oder?“ Der schwarzhaarige Vampir zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Pardon, ich unterschätze meine Kräfte manchmal ein wenig.“ In diesem Moment hörten sie, wie sich etwas hinter der Tür bewegte und mit einem leisen, klirrenden Schaben näher kam. „Das ist jetzt nicht ihr ernst Hochwürden!“ Seras sah den Priester mit ungläubigen Augen an. Doch dieser spitzte süffisant die Lippen. „Hast du einen besseren Vorschlag?“ Sie stöhnte „Nein, nicht wirklich, aber ich kann doch nicht so mir nichts dir nichts einfach die Waffen, die wir brauchen da raus tragen. Auffälliger geht es ja nicht mehr.“ Sie nickte mit dem Kopf zu der kleinen Festung hinüber, die in der Mitte eines kleinen Platzes stand. Um die schweren Mauern herum, standen in nur wenige Fußschritte von einander entfernt jeweils zwei Wachposten. Alle, bis unter ihrem stählenden Helm bewaffnet. Seras und Anderson beobachten sie unauffällig von der gegenüberliegenden Straßenecke. Zwischen all den Menschen, die trotz der späten Stunde noch unterwegs waren, fielen sie kaum auf. „Aber du kannst zu mindestens schon einmal unerkannt reingehen und dich umschauen. Vielleicht ergibt sich da drin ja eine Möglichkeit. Na los Fangzahn, zeig mir mal, was dein Gebieter dir beigebracht hat.“ Anderson deutete auf das vergitterte Eingangstor. „Das sollte doch wohl ein Kinderspiel für dich sein.“ Wütend über seinen abfälligen Ton zogen sich Seras Augenbrauen zusammen und ihre rote Iris fing an zu glühen. „Ach, das wäre ja mal was ganz Neues, mich zu meinen gottlosen Fähigkeiten anzustacheln, anstatt mich unentwegt dafür zu verfluchen. Aber wenn sie unbedingt darauf bestehen. Bitte schön, das ist wirklich kein Problem.“ Damit marschierte sie festen Schrittes auf das Waffenlager zu. Währen sie sich zwischen den vielen Menschen hindurch drängte, überlegte sie wie sie es am besten anstellen konnte. Sie wollte sich um keinen Preis vor Anderson lächerlich machen. Ein Schlüssel wurde mühsam im Schloss herum gedreht, dann öffnete sich ächzend die schwere Holztür der Kirche. Im Schatten des schmalen Spaltes, der sich jetzt vor ihnen auftat, erschien ein kleiner kahler Kopf, aus dem eine spitze Nase, wie ein Stachel hervor sprang. „Gott zum Gruße edle Leut, was treibt euch zu dieser späten Stunde an die Mauern des Hauses unseres Herrn?“ wisperte eine dünne Stimme. Alucard setzte eine gewichtige Mine auf „Verzeiht unser spätes Endringen Bruder, doch ein wichtiges Anliegen ist es, was uns zu euch führt. Um nicht zu sagen ein weltbewegendes. Darum lasst uns ein, damit wir mit eurem Abbe sprechen können.“ Doch die spitze Nase rührte sich nicht. Statt dessen „Unserer Vorsteher hat sich leider schon zu Ruhe begeben. Darum möchte ich euch bitten es am morgigen Tage noch einmal zu versuchen, dann wird er euch bestimmt empfangen können.“ Alucard lächelte dünn „Morgen wird es dafür zu spät sein fürchte ich, aber vielleicht verdeutlicht euch das hier, die Wichtigkeit unsers Erscheinens.“ Damit entblößte er seine ausgefahrenen Fangzähne. Für einen Moment schien die Tür wieder zufallen zu wollen, aber dann wurde sie ganz aufgestoßen. „Tretet ein. Es wird einen Augenblick dauern.“ In Seras Kopf hatte sich ein Plan manifestiert, aber es galt noch ein paar Punkte abzuchecken. Ihre Augen huschten zu den Gruppen der Wachmänner hin und her. Wenn auf der anderen Seite des Gebäudes genauso viele wahren, hatten sie es insgesamt hier draußen mit zwanzig Mann zu tun. Na bravo. Es war so gut wie unmöglich, sie alle ohne Aufsehen zu umgehen. Ihre Augen richten sich wieder auf das Eisentor. Es musste also da drin eine Lösung für ihr Problem geben. Damit duckte sie sich ein wenig hinter einer korpulenten Dame, die ihre gerade erstandenen Kohlköpfe vor sich her trug und nicht bemerkte, wie sich Seras Körper in einen kleinen rotschimmernden Käfer verwandelte. Auf flinken, dürren Beinen krabbelte er auf dem Pflaster umher, an den schweren Stiefeln der Wachen vorbei, um anschließend durch einen schmalen Spalt unter dem Gitter, in das Gebäude hinein zu schlüpfen. Anderson hatte sich inzwischen an einen kleinen Stand gesellt, bei dem er dankend einen Becher Honigwein bestellte. Er ließ den Becher zwischen seinen Händen kreisen, als er wieder das Pochen zwischen seinen Beinen spürte. Leise fluchend biss er sich auf die Unterlippe. Nicht ausgerechnet jetzt. Schnell trank er einen tiefen Schluck. Das Pochen wurde ein klein wenig besser. Doch er wusste, dass es mit jeder weiteren Sekunde stärker werden würde und er konnte jetzt nichts dagegen tun. Integra sah zu der imposanten Decke empor, die sich über ihre Köpfe ausbreite. Die kunstvoll geschlagenen Mauern schienen sie einzukreisen und die Blicke der umherstehenden Figuren wirkten bedauernd und anklagend zu gleich. Schnell lenkte sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den kleinen Mönch vor ihnen. „Ich werde mich bemühen Pater Colle so schnell wie möglich zu ihnen zu bringen. Bitte warten sie hier so lange merci.“ Damit verschwand er lautlos in einem der Seitenschiffe und die drei Vampire sahen sich verstohlen um. „Ein wirklich schönes Gotteshaus.“ Migel schritt die drei Stufen zum Altar hinauf. „Ja das stimmt, man mag gar nicht vermuten, dass die Bewohner der angrenzenden Mauern sich mit so teuflischen Dingen befassen.“ Alucard machte Integra ein Zeichen ihm zu folgen. Er führte sie in eine der zahlreichen Kapellen an dessen Wand ein Bildnis von Adam und Eva hing. Beide wie Gott sie schuf unter dem Baum der Erkenntnis, aus der sich gerade die Schlange abseilte, um Eva zu verführen. „ Was wäre wohl passiert, wenn sie den Apfel ausgeschlagen hätte? Währen wir dann jetzt alle im Paradies oder kann man seinem Schicksal nicht entrinnen?“ Integra wusste keine Antwort. Alucard wischte sich gedankenverloren übers Kinn„ Vielleicht, kann das Gute aber auch einfach nicht ohne dem Bösen existieren und das ist letzten Endes unsere Daseinsberechtigung.“ „Ein guter Gedanke, den man nicht außer acht lassen sollte.“ Ertönte eine kratzige Stimme hinter ihnen und beide wirbelten erschrocken herum. Integra musterte überrascht den alten weißhaarigen Mann dessen zahnloses Lächeln fast in seinem buschigen Bart unterging. Auf Alucard hingegen hatte der Anblick des Priesters eine ganz andere Wirkung. Ihm klappte vor Erstaunen der Unterkiefer runter. „ Das ist doch nicht möglich!“ entfuhr es ihm. Anscheinend belustigte sein Gefühlsausbruch den Abbe, denn jetzt fing dieser leise an zu lachen. „ Anscheinend versetzt euch mein Anblick in grenzenloses Erstaunen edler Herr. Oh verzeiht mir Madam.“ Er kam nun zu ihnen hinüber und griff sanft nach Integras Hand. „Wie unhöflich von mir mein Name ist Colle , Alber Colle. Ich bin der Vorsteher dieser kleinen Gruppe von gottesfürchtigen Männern.“ „und sie sind nicht auch zufällig in Italien tätig Hochwürden?“ fragte Alucard mit leiser Stimme, doch Colle schüttelte verwundert den Kopf. „Wie kommen sie darauf?“ In diesem Moment unterbrach Migel ihre Konversation. „ Hey schaut euch das mal an da drüben hängt ein Bild von.....“ Er ließ den Satz unvollendete, als er die beiden mit dem Abbe zusammen stehen sah. Wieder lächelte Colle „Oh, unfassbar noch ein Kind der Dunkelheit. Ich hätte niemals geglaubt eines Tages o pardon eines Nachts so einer Anzahl von Nosferati von Angesicht zu Angesicht gegen über zu stehen, ohne um mein Leben fürchten zu müssen. Ich hoffe doch das ich mit diesem Gedanken richtig liege oder?“ In seiner Stimme schwang keine Spur von Furcht. „Aber ich muss ihnen ehrlich gestehen, dass ich vor Neugierde umkomme, seit mich Per aus meiner Kammer geholt hat. Was hat sie heute Nacht hier her geführt?“ Der Käfer huschte unermüdlich zwischen den Ritzen der Steine voran, immer weiter in die Dunkelheit, doch seine Augen sahen messerscharf, was vor ihm passierte. Die Mauern beherbergten eine Reihe von Kammern, vor deren Türen jeweils ein Wachposten stramm stand. Seras marschierte unentdeckt am ersten vorbei unter der Tür hindurch in die erste Kammer. „Es geht um eine sehr wichtige Angelegenheit Hochwürden,“ Integra fand das keine Zeit zu verlieren war, „wir wissen, dass euer Streben nach Wissen weit über das Übersetzen und Interpretieren von Evangelien hinausgeht.“ Sie wartete einen Moment, bevor sie weitersprach um die Reaktion des Abtes ab zu warten, aber der Nönch nickte nur, ohne die runzelige Miene zu verziehen. „Es geht um einen folgenschweren Diebstahl, der die Geschichte des Glaubens bedroht. Auch wenn das sich jetzt in ihren Ohren vollkommen absurd anhören muss, aber wir kommen eigentlich aus der Zukunft und..“ Jetzt zeigte sich ein merkwürdiger Ausdruck auf Colles Gesicht. Eine Mischung aus Erstaunen und etwas das man nicht richtig deuten konnte. „Das erste Granum Pater. Um die Repetere der Welt,“ fuhr Alucard fort „jemand hat es gefunden und ist dabei die alte Welt und ihre Ordnung zu zerstören.“ Colle sah ihn an und seine glasigen blauen Augen schimmerten im Licht er brennenden Kerzen, die auf dem Altar hinter ihm brannten. Seras Körper formte sich mit einem Schlag zurück. Sie war den Kopf in den Nacken um das Bild vor ihren Augen ganz zu erfassen. Ihr kleiner Chitineinpanzer hatte sie in eine Art Kornkammer geführt, doch anstatt einer reichhaltigen Ernte aus geschroteten Kernen war der riesige Raum bis unter das kuppelförmige Dach mit schwarzen Sand gefüllt. Staunend ging Seras näher an den ersten schwarzen Haufen heran und griff hinein. Als der feine Staub zwischen ihren Fingern auf den Boden rieselte, erkannte sie es plötzlich. Das war kein Sand! Das war Pulver Schießpulver! Sie sah sich fieberhaft umher. Genau das was sie brauchten, doch wie sollte sie das Zeug unentdeckt hier raus und zu Anderson bringen? Kapitel 36: Inflamare --------------------- Die Sonne wurde vom Mond verdunkelt Der Engel hat seine Flügel ausgebreitet Die Zeit für Schmerzliches ist gekommen Anderson stöhnte leise. Das anfängliche Pochen in seinem Unterleib war mittlerweile zu einem nicht mehr zu ignorierenden, beißenden Schmerz geworden. Er knirschte hörbar mit den Zähnen, als er den leeren Krug an den runden, schwitzenden Wirt zurück gab. „Alles in Ordnung mit ihnen Hochwürden?“ fragte dieser besorgt. Anderson versuchte zu lächeln. „Es ist nichts, danke für den Wein.“ Er sah zu der Festung hinüber, die immer noch ruhig vor ihm lag. Hoffentlich machte diese verdammte Seele ihre Sache gut, ansonsten.... Plötzlich ertönte ein heller Klang. Der Priester fuhr herum und sein Blick glitt in die rabenschwarze Dunkelheit, die über den Dächern der Häuser um sie herum lag. Ihnen blieb nicht mehr fiel Zeit. Seras kratzte sich zum wiederholten male am Kopf. Sie hatte die Kammer zwei mal durchschritten, um die Menge an Pulver, die diese faste, ungefähr abzuschätzen zu können. Sie war sich sicher, dass allein die Hälfte genügte um für ein bisschen Brennholz zu sorgen. Doch noch immer war ihr keine Idee gekommen, wie sie das Zeug hier unbemerkt rausbringen konnte. Ihr Blick glitt zur Tür. Vielleicht sollte sie noch mal die anderen Kammern inspizieren. Sie wollte schon zur Tür huschen, als sie es sich anders überlegte. Anstatt zur Tür ging sie zur Wand, hinter der, der nächste Pulverspeicher liegen musste. Ihre Finger glitten über die kahlen Steine. Ihr Meister konnte doch auch durch Wände gehen. Sie konzentrierte sich kurz, dann verschwand der Wiederstand unter ihre Hand und sie stolperte einen Schritt nach vorn. Sie drehte sich um. Keinerlei Gefühl, als wenn dort gar keine Wand gewesen war. Doch die Steine vor ihrem Gesicht waren real, auch wenn sie jetzt auf der anderen Seite der Mauer stand. „Jemand will also den Lauf der Welt verändern?“ Colles Bart zitterte als er langsam mit den Vampiren im Schlepptau zum Altar der Kirche schritt. Integra wechselte kurz einen Blick mit Alucard. „So sieht es aus, nur wie genau das geschehen soll ist uns nichts klar“ Der Priester nickte „Vielleicht liegt die Antwort zu ihren Füssen:“ Die drei Vampire blieben erstaunt stehen. Colle lächelte „ Kommen sie mit. Ich möchte ihnen etwas zeigen.“ Damit ging er zu einer kleinen Holztür, die halbverborgen, hinter einem großen Kerzenleuchter lag. Er drückte die Klinke, doch bevor er die Tür öffnete drehte er sich noch einmal zu ihnen um. „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass einmal der Moment kommen würde, an dem das Schicksal eine Begegnung zwischen unserem Bund und den Kindern der Nacht für mich bereit hält.“ Die zweite Kammer war, wie die erste, voll mit Pulver. Doch hier, lag der schwarze Stoff nicht lose auf der Erde, sondern jemand hatte ihn bereits ordentlich in braune Jutesäcke gefüllt, die wie dicke Würste aufeinander gestapelt waren. Das war schon praktischer dachte Seras. Sie zählte im Kopf die Namen auf der Liste von Anderson. Sechs Namen, sechs Verstecke. Wenn man für jeden Unterschlupf einen Sack bräuchte, vorrausgesetzt es gab genügend anderes, brennbares Material vor Ort, wäre die Sache schon einfacher zu regeln. Plötzlich hörte sie leise Stimmen durch die Tür neben sich. Anscheinend wurde da draußen gerade ein Wachwechsel vollzogen. Sie seufzte, wie praktisch wäre es, wenn die Männer vor der Tür einfach rein kämen und die Säcke für sie raustragen würden. „Warum zwingst du sie nicht einfach dazu?“ erklang auf einmal Alucards Stimme in ihrem Kopf. Sie verzog überrascht die Brauen. „Wie soll ich das denn machen? Ich kann doch nicht sechs erwachsene Männer hypnotisieren“. Er lachte, das ihr die Ohren dröhnten. „Nein das kannst du nicht, aber du kannst sechs erwachsene Männer zu deinen Sklaven machen, wenn dir der Sinn danach steht!“ Sie verstand erst nicht was er meinte, doch dann traf die Erkenntnis sie mit voller Wucht. Sie schlug erschrocken die Hand vor den Mund. „Aber, das könnt ihr nicht wirklich von mir verlangen, dass kann ich nicht Meister. Ich...“ Seine vor Wut bebende Stimme ließ sie verstummen. „Wir haben keine Zeit mehr, deiner verlorenen Menschlichkeit nachzutrauern Seras. Du wirst mir gehorchen und in meinem Namen die Befehle ausführen, die ich dir auftrage!“ Sie zitterte „Bitte Meister. Verlangt von mir sie zu töten aber nicht ihnen dieses Schicksal anzutun!“ Wieder lachte er „Ob du sie tötest oder ihnen erst später die Gnade des Himmels zu teil werden lässt, wenn sie ihre Aufgabe erledigt haben, wird keinen Unterschied machen, darum Seras Viktoria befolge meinen Befehl!“ Ein schwerer Fels schien sich auf ihre Schulter zu legen und ihre Knie gaben langsam nach, bis sie den Boden berührten. „Gehorche mir!!!!!“ Seras Wiederstand brach wie ein dürrer Ast in einem Wirbelsturm. Ohne das sie es steuern konnte öffnete sich ihre Mund und zwischen ihren wachsenden Eckzähnen spürte sie ihre Zunge sprechen. „Jawohl Herr!“ Migel, Integra und Alucard folgten dem Abt eine schmale Wendeltreppe hinunter, die hinter der Tür in die Tiefe führte. Bis auf das Geräusch ihre Schritte war es totenstill. Colle, der vor ihnen ging, beleuchtete die Dunkelheit mit einer dünnen Kerze, deren kleines Licht bedrohlich zitterte und schwankte, aber es erlosch nicht, bis sie den Fuß der Stufen erreicht hatten. Hier empfing sie ein flacher Gang, in dessen Wände, in regelmäßigen Abständen Kammern eingelassen waren. Integras Augen fingen in der Schwärze einen skelettierten Leichnam ein, dessen gefaltete Hände ein goldenes Kreuz umklammert hielten. Selbst im Tod ließ man vom Glauben nicht ab, schoss es ihr durch den Kopf. Colle führte sie weiter an den toten Mönchen vorbei, immer tiefer in das Herz der Krypta. Dann, nach weiteren endlos scheinenden Minuten, tat sich vor ihnen eine Wand auf, in der ein Rundbogen eingehauen war. Über dem Scheitel des Bogens ragten zwei in Stein gefasste Engel hervor, die eine Rose zwischen ihren ausgestreckten Händen hielten. „ Die Ruhe der Toten ist unsere Wacht.“ Der Geistliche zog einen geschliffenen Rosenquarz unter seiner Kutte hervor, der wie ein Schlüssel in eine kleine Vertiefung in der Wand passte. Erst geschah nichts, dann ertönte auf einmal ein knirschendes Geräusch und die Steine begannen sich langsam zur Seite zu schieben. Seras Körper funktionierte wie ein Roboter, als sie wie ein Geist durch die Tür glitt und den Wachmann von hinten überraschte. Seine Augen weiteten sich vor Schmerz, als sie seinen Kopf herum riss. Seras hörte sein Herz schlagen. Schnell und kraftvoll wie ein Hammer. Die Gier drohte sie zu übermannen, doch der Wille ihres Meisters war stärker. Sie streckte zitternd den Arm aus, biss sich ins Handgelenk und zwang ihn die hervorquellenden Tropfen herunter zu würgen. Es dauerte nur wenige Minuten, dann vollzog sich die Verwandlung. Das Gesicht des Wachmanns schien sich zu verformen, die Pupillen wurden grau wie Stein und sein Körper glitt in eine Art Starre. „Gehorche meinem Willen“ flüstere sie leise und zur Antwort nickte der Kopf, wie eine Marionette. „Hole die Anderen fünf deiner Kameraden her, sie sollen werden was du jetzt bist!“ Integra verschlug es bei dem Anblick der sich ihr bot der Atem. Vor ihnen tat sich eine riesige Bibliothek auf. Unendliche Reihen von Regalen überspannten die Wände, die in Form eines Kegels weiter in die Tiefe führten. Auf den verschiedenen Etagen wuselten, wie Ameisen Mönche umher, die auf kleinen Leitern zwischen den Regalen standen. Auf ihren Köpfen waren, wie Helme kleine Laternen befestig, um ihnen die Hände bei ihren Studien frei zu halten. Staunend gingen sie die Stufen, die, die einzelnen Etagen mit einander verbanden hinunter. Alucards Kopf schwang abwechselnd von rechts nach links. „Unglaublich, was ihr unter euren Häusern vor den Augen der Normalsterblichen verbirgt.“ Colle lächelte „Unsere Wissenschaft ist selbst unseren eigenen Glaubensbrüdern ein Dorn im Auge. Darum ist dieser Ort ein wirklich sehr geheimer Platz.“ Der Vampir grinste „Wenn man es genau nimmt, sind wir uns näher, als ihr und die italienische Fraktion.“ Colle erwiderte nichts. Anderson sah überrascht auf, als sich plötzlich hinter den Mauern der Munitionsstätte etwas tat. Man hörte leises Rufen, Pferdewiehern und dann öffnete sich das Tor. Die Fußgänger, die in diesem Moment davor lang liefen, beeilten sich ehrfürchtig zur Seite zu treten, als ein Zweispänner aus dem Hof auf die Straße bog. Erst dachte er, er würde sich täuschen, doch dann war er sich sicher, dass der Kutscher mit dem Winken ihn meinte. Langsam marschierte er zu dem Gefährt hinüber und staunte nicht schlecht, als Seras schneeweißes Gesicht unter einem Helm der städtischen Wachmannschaft hervor kam. „Wie zum Teufel hast du das hinbekommen?“ Ihre Mine verfinsterte sich „Fragen sie nicht, sondern steigen sie auf.“ Sie rutschte auf dem Bock ein Stück zur Seite und ließ den Priester neben sich Platz neben. Er schaute über die Schulter auf die Plane, die, die Ladefläche verdeckte. „Sag mir nicht, dass du, was immer du gefunden hast, so einfach hier raus fahren kannst, ohne das einer dieser Schießhunde Einwände erhebt.“ Seras vermied es ihm in die Augen zu sehen und konzentrierte sich darauf, die Pferde durch die engen Gassen zu lenken. „Von nichts kommt nichts Hochwürden, das sollten sie wissen.“ Seine grünen Augen verengten sich zu engen Schlitzen. „Hast du etwa die gesamte Kohorte vernichtet?“ Sie schnalzte mit der Zunge „Sie überschätzen mich und meine Fähigkeiten. Ich bin nur ein Diener einer höheren Macht, genau so wie sie.“ Der Priester musterte sie mit einem durchdringenden Blick. Sie nutzte den Moment um seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. „Also, wo sollen wir zu erst zu schlagen?“ Er wies mit der Hand gerade aus. „Hier sind wir richtig. Die dritte Querstraße links und dann müsste es irgend wann auftauchen.“ „Wie viele Jahre Wissen mögen sich in alle diesen Büchern und Schriften verbergen?“ Migels Augen leuchten voller Erfurcht. Integra erging es nicht besser. „Sind sie denn überhaupt in der Lage, all diese Sprachen übersetzten? Ich nehme doch an, dass sich hier auch viele verlorene Kulturen wiederfinden?“ „Das ist in der Tat ein nicht zu verkennendes Problem, mit dem wir uns ständig auseinander setzten müssen.“ Colle seufzte „Ich befürchte das uns viele Geheimnisse für immer verborgen bleiben werden.“ In Migels Augen erschien ein spöttischer Ausdruck. „Vielleicht ist das alles bald nicht mehr wichtig, wenn ein neues Zeitalter anbricht.“ Colle wandte sich zu ihnen um „Sie meinen, ein Zeitalter ohne jeglichen Glauben?“ Migel nickte. „Was wäre das für eine Welt?“ fragte Integra leise. „Eine ohne Hoffnung“ antwortete Alucard. Die Pferde blieben mit einem empörten Wiehern stehen, als Seras an den Zügeln zog. Sie waren an einem verdunkelten Haus stehen geblieben, vor dem nicht einmal eine Laterne brannte oder Fackel brannte. Anderson sprang vom Bock „Scheint, als wären alle Vögel ausgeflogen.“ Seras Augen suchten die verrammelte Fensterfront ab, doch es gab keinerlei Hinweise, dass sich im Haus jemand befand. „Sind sie sicher, dass wir hier richtig sind? Nicht das wir aus versehen jemanden die Hütte unterm Hintern wegbrennen.“ Der Priester lachte. „Du sorgst dich um Unschuldige? Wir sind hier richtig, aber ich zeige dir etwas was alle Zweifel auslöscht.“ Er trat auf den Hauseingang zu und griff dann an unter seinen Talar. Seras sah zwischen seinen Fingern ein kleines Säckchen. „Was ist das?“ Er grinste und öffnete es. Der Inhalt fiel langsam in seine Handfläche. Es sah aus, wie weißer Staub, den er nun vor die Haustür streute und der, kaum hatte er den Boden berührt, wie von einem unfühlbaren Wind zu einem umgekehrten Kreuz geformt wurde. Anderson wandte sich mit einem zufriedenen Lächeln zu ihr um „ Das ist gesegneter Elfenbein. Hervorragend einsetzbar um alles Gottlose und Verdammte aufzuspüren, das sich versucht vor den reinigenden Klingen der Kirche zu verbergen.“ Er verstaute den Beutel wieder unter seiner Robe und ging nun zu der Ladefläche der Kutsche. „Jetzt wollen wir doch mal sehen, was du so mitgebracht hast.“ Er schlug die Plane zu Seite und verzog dann beim Anblick der toten Wachmänner die Stirn. „Wo gehobelt wird, da fallen Späne“ Seras schlug auf die Säcke, die neben den Leichen lagen. „Ansonsten wäre an das Zeug ohne Theater nicht ranzukommen gewesen.“ Der Priester sagte nichts, sondern packte den ersten Sack. „Was ist da drin?“ „Schießpulver“ Die Falten auf seiner Stirn verschwanden. „Die perfekte Grundlage für unsere Mission, die jetzt ihren Anfang nimmt.“ Er schulterte den Sack und ging an Seras, die immer noch auf der Kutsche saß, vorbei zur Tür. „Was haben sie denn vor?“ „Folge mir, dann wirst du es sehen.“ Nach dem sie einige Etagen, der geheimen Bibliothek passiert hatten, führte sie der Abt tiefer zwischen die Reihen der Regale. In den letzten freien Nischen standen hölzerne Schreibpulte. An einem saß ein Mönch, der emsig dabei war in einem dicken Lederband zu blättern. „Das ist Bruder Linus“ stellte Colle ihn seinen Begleitern vor und der Mönch nickte ihnen, mit einem freundlichen Lächeln, zu. Als seine Augen, die von Integra einfingen, wich das Lächeln einem eher fassungslosen Staunen. „Ist das möglich? Sind sie tatsächlich ein?“ „Ja, Bruder, eure Sinne täuschen euch nicht. Es ist tatsächlich eingetroffen, wonach wir uns schon seit so vielen Jahren sehnen. Endlich einmal den Wesen von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu treten, deren Geschichte wir so emsig studieren.“ Colle deutete auf die drei Vampire. „Eine Chance, die uns vielleicht nur ein einziges mal zu Teil wird.“ Pater Linus graublauen Augen huschten rasch über die drei Personen vor ihm, als wenn er versuchte jedes Detail von ihnen in seinen Kopf zu bannen. „Verzeihen sie mir meine Aufregung, aber sie können sich nicht vorstellen, was es für mich bedeutet. Mein ganzes Leben habe ich der Erforschung ihrer Art gewidmet.“ Alucard lächelte dünn. „Reicht denn dafür ein Menschenleben aus?“ Colle lachte „Oh nein, gewiss nicht. Doch Bruder Linus hat sich durch eine besondere Hingabe zu der Geschichte der Verdammten verdient gemacht. Ich denke das ich nicht übertreibe, wenn ich behaupte, dass es keinen besseren Historiker auf diesem Gebiet gibt.“ Der Mönch errötete bei diesem Lob und murmelte so etwa wie danke. „Verzeihen sie mir Pater, wenn ich unhöflich erscheine, doch was hat das mit dem Grund unseres Besuchs zu tun?“ Integra wurde trotz der interessanten Dinge um sie herum langsam ungeduldig. Colle wechselte rasch einen blick mit Bruder Linus. „Nun, ich denke, dass das Ereignis, was sie zu uns gebracht hat, viel mehr mit ihrer Geschichte zusammen hängt, als sie ahnen.“ In das Innere des Hauses zu gelangen, war leichter, als sie gedacht hatten. Anderson hatte kurz überlegt durch eines der hinteren Fenster einzusteigen, aber dann entschied er sich noch einmal um. Mit dem Sack auf der Schulter klopfte er donnernd an die Vordertür, während Seras überlegte ob das eine wirklich gute Idee war. Auf das herzliche Anklopfen, folgte zu nächst nur Stille, doch dann öffnete sich langsam die Tür. Ein ausgemergelter, junger Mann stand dem Priester gegenüber und Seras brauchte nur einen Blick in seine Augen zu werfen um zu wissen, dass sein Körper im Dienste eines anderen stand. Anderson jedoch schien sie grauen Linsen nicht aufzufallen. „Gott zum Gruße junger Herr, darf ich im Namen des Herren um eine milde Gabe bitten?“ er schlug mit der einen Hand auf den Sack. „Die anderen guten Seelen der Stadt haben ihren Obolus bereits gegeben um den armen dieser Stadt Gnade zu kommen zu lassen.“ Der Mann schwieg, doch dann breitetet sich ein Lächeln auf seinen hohlen Wangen aus. „ Selbstverständlich, tretet ein, damit wir euch unsere Gabe überlassen können.“ Er trat zur Seite und Anderson verschwand im Dunkeln des Hauses. Der Diener warf Seras noch einen raschen Blick zu, doch diese hatte den Helm auf ihrem Kopf tief ins Gesicht gezogen und tat als ob sie schliefe. Als sie hörte das er die Tür verriegelte, hob sie den Kopf. Anscheinend hatten die Vampire, die sich dort drinnen aufhielten, die Gelegenheit beim Schopf ergriffen. Wenn sie heute Abend schon nicht raus durften, dann wollten sie sich auf keinen Fall die Freihauslieferung entgehen lassen. Sie verzog das Gesicht. Wenn die wüssten, wen sie da gerade reingeben hatten. Sie musterte noch einmal die Fassade, als sie die dünne, schwarze Spur bemerkte, die sich wie eine lange Schlange, von der Kutsche bis zur Haustür zog. Seras überlegte kurz, dann fiel es ihr ein. Das Schießpulver! Der Sack auf Andersons Schulter schien nicht ganz dicht zu sein und nun rieselte es wie eine Zündschur hinter ihm her. Wider ein Gedankenblitz. Es könnte funktionieren, wenn er den Sack da drinnen irgendwo abgestellt hatte! Seras sah zu dem gegenüberliegenden Haus hinüber, an dem eine brennende Fackel angebracht war. Sie führte die Pferde erst ein Stück weiter die Straße hinauf, dann sprang sie von der Kutsche ging zurück und zog die Fackel aus der Halterung. Eigentlich, war das doch ganz im Sinne der Sache, was sie jetzt vorhatte oder? Gut, vielleicht könnte eine verflucht große Explosion entstehen, bei der auch der Priester in die Luft flog, aber was war schon ohne Risiko? Sie hielt die rotglühende Flamme auf den Anfang der Spur gerichtet. Funken flogen zur allen Seiten, die sich rasant nach vorne zur Tür bewegten. Als sie unter dem Holz hindurch verschwanden fing Seras leise an zu zählen. Bei Zwölf hörte man lautes Fußgetrappel, bei sechszehn einen lauten Schrei und als Seras gerade bei neunzehn angelangt war, geschah es. Mit einem Ohrenbetäubenden Knall schossen die Tür und die Klappen der Fenster aus den Rahmen und wirbelten wie loses Herbstlaub durch die Luft. Aus den offenen Höllen schossen gelbe Flammen empor, die gierig nach Luft schnappten. Nur wenige Sekunden später krachte es erneut und das Dach, das noch eben völlig bewegungslos da gestanden hatte fiel wie ein umgeblasenes Kartenhaus in sich zusammen. Seras sah mit offenem Mund zu wie auch die Seitenwände langsam nachgaben und nach vorne stürzten. Sie hörte die Pferde hinter sich voller Angst wiehern und rannte zu ihnen zurück um sie am Weglaufen zu hindern, als sie plötzlich einen beißenden Schmerz im Hals spürte. Bevor sie wusste was passiert war, stach eine silberne Klinge unter ihrem Kinn hervor. Kapitel 37: Veritas ------------------- London 1992 Er konnte sie hören, wie sie barfuss über den weichen Teppich ihres Zimmers ging. Leise vor sich hin summend. Wie ihre Mutter, dachte er. Die hatte auch immer gesungen, als wenn ihre eigene, melodische Stimme, die Stille aus den dunklen Zimmern vertreiben konnte. Sie ging jetzt zu ihrem Kleiderschrank hinüber um sich einen neuen Rock und eine gestärkte Bluse zu holen, die ihren noch immer kindhaften Körper verhüllen sollten. Er zog die Luft ein. Kein Parfüm, nur der süße Duft der Seife, mit der sie geduscht hatte. Sie war fast fertig mit ihrer Garderobe, es fehlte nur noch die Schleife, die sie mühsam um ihren schlanken Hals knotete. Sie sah dabei in den Spiegel, der vor ihr auf der Kommode stand, sah ihm direkt in die Augen, ohne zu wissen das er da war. Als sie die Brille auf die Nase setzte und sich noch einmal vom tadellosen Sitz ihrer Kleider überzeugt hatte, drehte sie sich um und verließ den Raum. Ließ ihn im Spiegel zurück. „Beeil dich!“ flüsterte er ohne Stimme. „Er hasst es, wenn du zu spät kommst. Du sollst doch lernen dich gegen mich zu verteidigen. Sollst alles lernen, was nötig ist um gegen mich zu bestehen.“ Paris Seras Finger versuchten vergeblich die Schneide aus ihrem Hals zu ziehen. Sie röchelte und schmeckte Blut in ihrem Mund, das sie vor sich auf das Pflaster spie. Hinter ihr loderten die Flammen und das Geräusch von brechendem Holz vermischte sich mit dem Geschrei von herbei eilenden Menschen. Jemand packte sie auf einmal von hinten, hob sie hoch und warf sie auf die Ladefläche der Kutsche. Noch bevor Seras sich von der Überraschung erholen konnte preschten die Pferde davon und sie wurde hart gegen die Planken der Kuschte geschleudert. Noch immer brannte die Klinge in ihrem Fleisch, wie Feuer. Mühsam hob sie den Kopf und erkannte Anderson breiten Rücken auf dem Bock. Seine schwarze Robe war zum größten Teil zerlöchert und wehte wie die Flügel einer riesigen Fledermaus hinter ihm her, während sie durch die Nacht fuhren. Colle bedeutete den Vampiren ihm weiter durch die Gänge zwischen den Regalen zu folgen, bis sie auf eine gemütlich wirkende Sitzgruppe aus rotledernden Stühlen stießen auf die er deutete. „Bitte nehmen sie Platz, das was wir ihnen zu erzählen haben, wird eine Weile dauern.“ Migel wechselte einen raschen Blick mit Alucard. „Verzeihen sie uns unsere Unhöflichkeit Pater, aber unsere Zeit ist begrenzt, deshalb...“ „Ich werde so schnell wie möglich zum Punkt kommen.“ Versprach der Geistliche. Er winkte dem kleinen Mönch, der sie begleitet hatte heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Die Augen des alten Mannes weitet sich erstaunt, bevor er mit eiligen Schritten verschwand. Colle ließ sich danach ebenfalls mit einem leisen Seufzer auf einen der Stühle nieder. „Ich habe Pater Linus gebeten rasch die Schriftstücke zusammen zu tragen, die wie ich finde, Antworten auf ihre Fragen geben werden.“ Sie brauchten nicht lange zu warten, bis der kahle Kopf des Mönchs wieder hinter den Büchern auftauchte. Unter seinen Armen waren ein paar Rollen Pergament geklemmt, die er vorsichtig vor ihnen entrollte. Alucard und Integra beugten sich neugierig nach vorn. Vor Seras Augen begannen bunte Sterne zu tanzen und sie merkte wie ihr langsam die Kräfte ausgingen. Wieder hielt die Kutsche und Anderson drehte sich langsam zu ihr um. In den Gläsern seiner Brille spiegelte sich der Mond, so das sie seine Augen nicht erkennen konnte. „ „Gar nicht schlecht von dir Miststück, aber vielleicht hättest du mir vorher erzählen sollen, was du vorhast.“ Seras schüttelte ein Hustenkrampf „Das war eine spontane Idee“ presste sie hervor. Anderson schwieg und beugte sich dann zu ihr hinunter. Mit einem schnellen Ruck riss er die Klinge nach hinten und Seras schrie auf. „Du musst dir schon mehr einfallen lassen um mich los zu werden.“ Integras Augen erkannten Zeilen die aus lateinischen und griechischen Wörtern bestanden. Mühsam versuchte ihr Gehirn die Sätze zu Sinnvollem Inhalt zu formen. „Am Anfang war nur die Stille und die Dunkelheit aus der es kein Entrinnen gab,“ las sie leise, „ der Hunger schien ihn zu zerreißen, doch er wusste das kein Saat und kein Vieh ihn jemals stillen konnten. Nur der reine Quell des Lebens vermochte sein seelenloses Fleisch noch zu erfüllen, doch dafür musste er seine Sünde immer und immer wieder erneut begehen, auf das es niemals Gnade für ihn gebe.“ Sie sah Colle an. „Was, ist das etwa...?“ „Die Geschichte unseres Schöpfers.“ Antwortete Alucard mit schneidender Stimme. „Nur aus einer anderen Perspektive.“ In seinem Gesicht war ein Ausdruck getreten, den Integra noch nie bei ihm gesehen hatte. „Lesen sie weiter.“ Hörte sie Colle sagen und nach einem Moment des Zögerns, richtete sie ihren Blick wieder auf das vergilbte Papier. „So begann er die Nächte wie ein wildes Tier zu durchstreifen, auf der suche nach der Beute, die seine Gier stillen konnte. Doch schlimmer als der Hunger war die Einsamkeit, die ihn wie eine Welle überrollte, sobald er die Augen aufschlug.“ Sie sah noch einmal hoch. „Das ist wirklich interessant, wenn man die Geschichte schon einmal aus einer anderen Sichtweise erzählt bekommen hat.“ Colle lächelte wieder. „Geschichte wird nicht von den Ereignissen gemacht, sondern von denen die sie aufschreiben. Aber sie haben auf der zweiten Seite angefangen, dass worum es mir geht, steht auf der anderen. Und er langte nach unten um das Blatt umzudrehen. Seine knubbeligen Finger deuteten auf den dritten Absatz. „Hier lesen sie uns das vor.“ „Das können wir uns sparen Hochwürden, ich glaube den Inhalt kennen wir schon.“ Alucard lehnte sich zurück und sagte noch einmal den Text auf, den Anderson in einst im Schiff präsentiert hatte. Colle zog überrascht die Augenbrauen hoch. "Deshalb verfolgen wir diese Spur Pater. Wir glauben das in der Welt der Dunkelheit die Rettung Sterblichen liegt.“ Integra sah Alucard an „Wir?“ Doch Colles ruckhaftes Aufstehen lenkte sie ab. Der Abt schien auf einmal nervös. „Ich verstehe nicht ganz..“ Plötzlich schien sich die Atmosphäre schlagartig zu verändern. Jabsend stütze sich Seras auf ihren Unterarmen ab, der Schwindel wurde nun immer stärker, obwohl die gesegnete Klinge ihren Körper nicht mehr quälte. Der Oberkörper des Priesters tauchte vor ihr auf. „Na was ist? Fehlt es dir an etwa an Kraft um dich von der kleinen Stichverletzung zu erholen?“ Etwas an seiner Stimme ließ sie hellhörig werden. Blinzelnd sah sie ihn an. Jetzt konnte sie seine grünen Augen sehen, in der ein merkwürdiger Glanz getreten war. Er hob die Klinge „Wäre es nicht schön, wenn diese gottlose Schwäche endlich vorbei wäre?“ Seras spürte wie die Angst in ihr hoch kroch. Sie war außerstande sich zu bewegen und rechnete jede Sekunde damit das Anderson sie mit einem Schlag in die Hölle beförderte. Doch er ließ das Silber nicht auf sie nieder fahren, sonder zog sich die Scheide mit einer einzigen Bewegung durch die Innenfläche der anderen Hand. Es gab ein schmatzendes Geräusch, als das Metal das Fleisch aufschlitzte. Seras konnte nicht glauben was sie sah. Der Priester streckte ihr nun die blutende Handfläche entgegen und das Tier in ihr lechzte nach den roten Tropfen. Sie hörte seine raue Stimme in ihren Ohren, als sie zitternd nach seinem Handgelenk griff und ihre Lippen die Flüssigkeit auffingen „Nichts ist so beschämend wie das Eingeständnis das eine niedrige Sehnsucht wie die Fleischeslust einen beherrscht.“ Murmelte er und stöhnte dann leise, als Seras immer heftiger anfing zu saugen. Als die Schwäche langsam von den roten Strahlen davon gespült wurde, blinzelte die Vampirin unter ihren Haaren hervor. Anderson hatte mit einem verzückten Gesichtsausdruck die Augen geschlossen. Er genoss es! Er genoss es in vollen Zügen, dass sie von ihm trank. Integra sah aus den Augenwinkeln, wie Alucard die Fingerspitzen aneinander legte. „Oh doch, sie wissen was ich meine. Schließlich ist doch dieses Schriftstück und ihr Orden der Grund dafür warum uns die Iscariot überhaupt jagt, nicht war?“ Colles Gesicht war wie versteinert, während Alucard ungerührt weiter sprach „Ich muss zu geben, dass ich am Anfang das gesamte Netz nicht durch schaut habe, dass sie in all den Jahrhunderten gesponnen haben bzw. noch spinnen werden, aber als ich sie heute Abend sah, wusste ich es. Hier liegt der Anfang der Geschehnisse, welche die alte Welt zu zerstören drohen.“ Integra sah zu Migel hinüber, der seinen alten Freund mit ebenso vielen Erstaunen anstarrte wie sie und Colle. „Wovon redest du da?“ Der Vampir grinste amüsiert. „Die Rose der Weisheit, hat durch ihre Forschung schon früh erkannt, das die alte Religion die Welt nicht vor der Habgier der Menschen retten kann und das ihre Fessel des Glaubens nicht ewig die Menschen bannen kann. Darum hat sie beschlossen einen Neuanfang zu planen, nach ihren eigenen Vorstellungen und ihren eigenen Regeln.“ „Aber was hat die Iscariot mit all dem zu tun? Ich denke sie sind selbst gegen diesen Bund hier?“ ereiferte sich Integra fassungslos. „Oh sicher, doch sie arbeiten genau aus diesem Grund für die Rose. Sie hat die 13 Inquisition absichtlich auf sich selbst und uns aufmerksam gemacht und dafür gesorgt, dass sie wissen wie man uns beseitigt. Das sie dafür selbst im Verborgenen leben müssen, ist ein Preis den man für das große Ziel in Kauf nehmen muss.“ „Genug jetzt!“ Anderson versuchte seinen Arm zurück zu ziehen, doch Seras Fangzähne ließen ihre Beute nicht los. Erst als er mit der freien Hand ihren Kopf unsanft nach oben drückte ließ die Vampirin mit einem giftigen Knurren von ihm ab. Von ihren Lippen perlte ein letzter Tropfen Blut. Der Priester schaute sie eine Sekunde mit einem unergründbaren Blick an, dann wischte er ihn mit einer ungewohnt sanften Geste fort. Noch immer sagte keiner von ihnen ein Wort, bis ein lauter Schuss aus der Ferne, sie aus ihrer Erstarrung riss. Sie wandten sich dem Gebäude zu, vor dem die Kutsche stand. Anderson nickte zu dem rot Gemauerten Gebäude hinüber, dass wie ein Fels in der Brandung zwischen den spärlichen Häusern vor ihnen aufragte. „Los wir müssen uns beeilen!“ Colle starrte Alucard immer noch bewegungslos an. Dann hörten sie ihn leise murmeln. „Was für eine wundervolle Sache die Menschheit ist. Leidenschaft, Intelligenz, voller Hoffnung und Genialität, sprühender Geister und...“ „Schrecklich köstlich im Geschmack“ Alucard stand auf. „ Im Grunde kann man ihn ihren Gedanken nicht verübeln. Die Menschen sind tatsächlich nicht in der Lage sich selbst in Frieden zu verwalten. Doch glauben sie wirklich, dass ihre Welt es besser kann?“ „Eines verstehe ich dabei immer noch nicht? Wenn er doch alle Fäden in der Hand hat, warum hat er es zugelassen, dass wir bis hier her gekommen sind?“ fragte Migel, der wie Integra immer noch völlig verwirrt auf dem Stuhl saß. „Tja das war ein Fehler im großen Plan des erhabenen Meisters. Eigentlich sollten wir alle schon eingeäschert sein. Das war auf jeden Fall der Auftrag unseres Schweinepriesters, doch leider ist der Gute auf der Reise durch die Zeit vom rechten Weg abgekommen.“ Die Augen des schwarzhaarigen Vampirs blitzen amüsiert. „Ich war selbst überrascht, aber manchmal sind die einfachsten Leidenschaften die effektivsten.“ „Genug jetzt!“ die Heftigkeit der alten Stimme ließ die drei Vampire kurz zusammen fahren. In das Gesicht des Abts war bei Alucards Worten ein neuer Ausdruck getreten. Seine hellen Augen verfinsterten sich vor Zorn. „Ihr habt keine Ahnung um was es hier geht. Wie großartig und bedeutend unsere Aufgabe ist, die wir zu erfüllen haben. Gewiss, ihr habt recht. Es wird eine neue Welt mit einer neuen Ordnung entstehen. Die reiner und herrlicher sein wird, als es diese alte je war. Begreift ihr nicht die Chance die sich auch euch dadurch bietet? Ihr werdet erlöst sein. Es wird in unserer neuen Welt keine Verdammnis mehr geben. Kein Leid, kein Schmerz.“ Integra stand nun ebenfalls auf und stellte sich neben Alucard „Erst durch die Kälte, weiß ich was Wärme ist. Erst durch die Dunkelheit weiß ich was Licht ist. Erst durch die Armut, weiß ich was Wohlstand ist. Erst durch die Traurigkeit, weiß ich was Freude ist.“ Sie schüttelte langsam den Kopf „Keine noch so schöne Welt kann ohne Gegensätze leben Pater. Auch ihre nicht!“ Auf Colles Gesicht breitete sich ein merkwürdiges Lächeln aus. „Ihr irrt euch Madam, ihr irrt euch und ich werde es euch beweisen!“ Damit drehte er sich plötzlich um und verschwand hinter einem der Regale. „Hey Moment mal!“ rief Migel und sprang auf um ihn nach zu setzten, als Bruder Linus wie aus dem Nichts auftauchte und sich ihm mit einer brennenden Kerze in den Weg stellte. Migel wollte ihn bei Seite schubsen, als er unerwartet gegen eine unsichtbare Wand prallte, die ihn zurück warf. Alucard sah den Mönch verblüfft an. „Was zum Teufel?“ Bruder Linus deutete auf den Boden zu seinen Füßen. „Ein Kreis aus gesegnetem Weihwasser. Ich habe ihn nach dem sie ihn betreten haben unbemerkt verschlossen.Verzeihen sie mir, ich hätte gern die Gunst der Stunde genutzt um an ihnen meine Neugierde zu stillen, doch die Zeit lässt es nicht zu. Darum....“ Er wollte noch etwas sagen, doch plötzlich fingen die Wände um sie herum an zu zittern, der Boden unter ihren Füssen schwankte und bevor der Mönch wusste was geschah, stürzten die beiden Regale neben ihm, wie gefällte Bäume auf ihn nieder. Anderson uns Seras wollten gerade den nächsten Sack abladen, als die Stimme Alucards in Seras Ohren dröhnte. „Schnell kommt sofort zur Saint- Sulpice!! Ihr dürft keine Zeit verlieren!!!“ Kapitel 38: Strategema ---------------------- London 1994, im Schlafzimmer der Hellsings Walter öffnete die Fenster und ließ den Wind hereinkommen, nachdem er die Uhren zu stehen gebracht hatte, dann ließ er Integra mit ihrem Vater allein um Abschied zu nehmen. Weit unter ihnen, in der Schwärze dunkler Mauern, begann sich indessen etwas auf seine Ankunft vorzubereiten.... Der alte Mann war tot! Er konnte fühlen wie seine Seele den leblosen Körper verließ. Wie sein Herz aufhörte gegen die Schmerzen in seiner Brust zu kämpfen und sich ruhig entspannte. Everybody’s got a hunger, No matter where they are, Everybody clings to their own fear Everybody hides some scare… Und sie kniete neben ihm, hielt seine Hand, krallte sich an seinen Finger fest, als wenn sie ihn damit hätte halten können. Dabei war er schon längst fort. Hatte sie, gegen all seine Versprechen alleine gelassen, denn was konnte ein schwacher menschlicher Körper schon gegen die Zeit ausrichten, die ihn zersetzte und einstürzen ließ, wie ein mürbes, altes Haus. Sein Leben und seine Aufgabe hier auf Erden war vorbei. Doch die seine würde ab dieser Nacht erst beginnen... Precious pain Empty and cold but it keeps me alive I gave it my soul so that I could survive Keeping me safe in these chains Precious pain Paris “Wir müssen zur Kirche sofort!“ Seras sprang wie eine Katze herum und landete direkt auf dem Bock. Anderson blieb nichts anderes übrig als sich mit einem schnellen Hechtsprung auf die Ladefläche zu werfen. „Was soll das denn jetzt? Warum?“ Doch Seras trieb die Pferde an und jetzt war es der Priester, der hilflos auf den glatten Holzplanken hin und her geschleudert wurde. „Was passiert hier?“ Schrie Integra gegen den donnernden Lärm an. Um sie herum fielen die Regale wie Kartenhäuser in sich zusammen. „Scheinbar hat Hochwürden bereits alle Vorbereitungen abgeschlossen.“ Murmelte Alucard während seine Augen den Boden um sie herum absuchten. „Ein wirklich perfekter Kreis, sie arbeiten gründlich, dass muss der Neid ihnen lassen.“ „Schön das sie dich mit ihrem Arbeitseifer beeindrucken können, aber das hilft uns hier nicht wirklich weiter.“ Stöhnte Migel. „Ich persönlich habe keine Lust, hier von Tonnen aus Stein lebendig begraben zu werden.“ Integra schluckte, die Vorstellung gefiel ihr ebenso wenig. „Was machen wir jetzt?“ Doch ein lautes Kreischen unter ihren Füßen ließ sie alle erschrocken nach unten blicken. Ein mächtiger Riss bahnte sich seinen Weg durch das Holz und bevor sie auch nur mit der Wimper zucken konnten, brach der Boden unter ihnen weg. Die Augen des Hauptmanns Navar weiteten sich ungläubig, als er sah, wie die alten, massiven Mauern vor ihm anfingen zu zittern. “Was zum Teufel geht da vor?“ Integra drehte sich in der Luft und schaffte es somit annährend auf den Füßen zu landen. Migel, der neben ihr landete, schüttelte sich den Staub aus den Haaren, doch bevor sie weiter überlegen konnte, fühlte sie wie jemand am Arm packte und nach vorne riss. „Los weg hier, das war unser Glück!“ Alucards Körper tauchte neben ihr auf und sie beeilte sich ihm zu folgen. Alle drei erreichten den Rand der Wendeltreppe, die immer weiter einstürzte. Alucard warf den Kopf in den Nacken und starrte den Trichter hinauf aus dem immer mehr Steine, Holz und Bücher zu ihnen hinunter fielen. „ Es gibt nur diesen einen Weg! Wir müssen wieder hoch!“ Damit sprang er über das Geländer, im nächsten Moment war sein Körper wieder der einer Krähe, die im Zickzack nach oben flog. Integra und Migel sahen sich kurz an, dann machten sie es ihm nach. Die herunterfallenden Gegenstände ließen den Flug zu einem irren Hindernisspiel werden, bei dem sie das eins um andere mal fast getroffen worden wären. Nur mit Mühe schafften sie es bis zu dem verborgenen Eingang, der verschlossen vor ihnen lag. Migel verzog bei dem Anblick der heiligen Schriftrollen, die jetzt an den Steinen klebten und ihnen den Weg versperrten, wütend das Gesicht. „Wir sind diesem verdammten Scheißkerl voll in die Falle gelaufen!“ Wieder zitterte der Boden unter ihnen. Integra keuchte. „Es wird nicht mehr lange dauern, dann bricht hier alles ein. Verflucht noch mal! Gibt es denn keine Möglichkeit diese Bannschriften zu umgehen?“ Alucard zuckte hilflos mit den Achseln. „Das ist ja das Problem mit diesen Mistdingern, genau zu diesem Zweck sind sie ja da.“ Plötzlich ertönte ein neues Geräusch. Erst klang es wie ein Rumpeln, doch dann zeichnete sich ein deutliches Klopfen ab, das von der anderen Seite der Wand zu kommen schien. Ein zufriedenes Grinsen machte sich auf Alucards Gesicht breit. „Ich glaub wir müssen uns keine Sorgen mehr machen.“ Nach diesem Satz krachte einer der Steine vor ihnen aus seiner Verankerung und aus dem frei gewordenen Loch blinzelte ihnen ein vertrauter Strubbelkopf entgegen. „Meister, Lady Integra? Alles in Ordnung?“ „Seras! Das gibt es doch nicht!“ rief Integra und stürzte sich auf das Loch. „ Wie...“ „Für Erklärungen fehlt uns jetzt die Zeit meine Liebe, können wir das draußen erledigen?“ Migel sah gehetzt über die Schulter. „ Sonst haben wir gleich ein wirklich großes Problem!“ Integra nickte und verschwand wie Alucard als weißer Nebelstreifen durch die Öffnung. Als sie wenig später auf dem Platz vor der Kirche standen. Konnten sie mit ansehen, wie das prachtvolle Gebäude unter lautem Dröhnen in einer riesigen Staubwolke in sich zusammen brach. Um sie herum stürzten Menschen herbei, die laut Schreiend auf die Ruine deuteten. Der scharfe Klang von Jagdhörnern zeriss die Luft. Hauptmann Navar, der mit seinen Leuten auf sie zu geeilt kam, sah sich unruhig um. „Ich schlage vor wir kehren erst einmal ins Hautquartier zurück und dort erklären sie uns das da!“ Er zeigte auf die Reste der Kirche, die immer noch in einer grauen Nebelwolke eingehüllt war. Auf dem Weg zurück zu Pests Anwesen, kam es ihnen vor, als wenn ganz Paris dem Schauspiel, dass sich so eben ereignet hatte beiwohnen wollte. Die Straßen waren überfüllt mit Menschen, die wie ein zäher Strom zwischen Häusern entlang zogen um das Geschehen mit eigenen Augen zu sehen. Der Vogelschwarm über ihren Köpfen interessierte sie nicht, der als Formation im Innenhof des Grafen landete. Pest erwartete sie schon. „Wie konnte so etwas passieren?“ Mit ernster Mine reichte faste er nach Integras Hand. „Alles in Ordnung mit ihnen meine Liebe?“ Integra wiederstand dem Drang ihre Hand wegzuziehen. Statt dessen versuchte sie zu lächeln. „Ja, uns geht es gut.“ Migel verdrehte hinter ihrem Kopf die Augen, bevor sich Pest ihm zu wandte. „Was ist heute Nacht in Saint-Lupis passiert?“ Alucard der Pests Hand, die immer noch Integras hielt stirnrunzelnd betrachtet hatte, sah jetzt mit ernster Mine auf. „ Es ist viel ernster als wir befürchtet haben. Viel, viel ernster. Sie planen nicht alleine eure Auslöschung, sondern die unserer gesamten Art.“ Anderson war, nach dem Seras ihn während ihrer halsbrecherischen Fahrt über ihre Eingebung informiert hatte, vorzeitig abgestiegen, aber erst nach dem er ihr verraten hatte, wie sie durch die Seitenkapelle das Hauptgebäude gelangen konnte. Jetzt saß er wieder in seiner kleinen Kammer in Notre Dame und überlegte wie die nächsten Schritte auszusehen hatten, doch zu nächst galt es sich von den Süden dieser Nacht rein zu waschen. Alucard erklärte Pest zu Migels und Integras Überraschung, dass die Iscariot vorhatten in den nächsten Nächten systematisch gegen die Kainskinder vor zu gehen. Die Operationen beziehen sich nicht alleine auf Paris, sondern würden wohl landesweit und darüber hinaus statt finden. „Ein Großangriff, der schon von langer Hand geplant ist und wie man heute eindrucksvoll sehen konnte, gegen alle Feinde der katholischen Kirche gerichtet ist.“ Schloss Alucard seine Rede. Pest runzelte grübeln die Stirn. „Ihr meint die 13 Sektion Iscariots hat Saint- Sulpice in Schutt und Asche gelegt?“ „Ja und damit den Hauptsitz der Rose. Ein geschickter Schachzug wie ich finde. Zwei Fliegen mit einer Klappe so zu sagen.“ Der Graf fletschte die Zähne „ Also, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie hier einfallen.“ Alucard nickte „ Ich fürchte ja.“ „Dann ist rasches Handeln geboten. Wir werden noch heute die Notquartiere aufsuchen.“ Sein Blick huschte zu Integra. „ Ihr werdet die Einrichtung auf dem Cimetiere du Pere Lachais nehmen. Der ist mit einer der sichersten.“ „Bei Jim Morrison“ platzte Seras raus. „Bei wem?“ Migel warf Seras einen strafenden Blick zu „Niemand den ihr kennt, nur ein alter Barde, für den die kleine Lady eine Schwäche hatte, wie einige Sterbliche auch.“ Pest zuckte mit den Achseln. „Nun gut. Navar wird euch bis zu eurem Unterschlupf begleiteten. Ich werde für Morgen erneut eine Versammlung einberufen. Diese Aussichten verlangt ein rasches Handeln.“ Der erste Silberstreif zeigte sich am Horizont, als die Vampire ihr Lager betraten. Sie standen in einer Krypta, die in ihren Ausmaßen locker mit einer Zweizimmerwohnung mithalten konnte. Prachtvolle Särge aus geschliffenen Marmor standen aneinander gereiht wie Zähne in einem Gebiss. Auf ihren geschlossenen Deckeln verrieten goldene Buchstaben den Namen ihrer Besitzer. Seras ging neugierig und staunend von einem zum anderen. „Himmel muss diese Familie reich sein.“ Integras Neugierde konzentriert sich indessen auf etwas ganz anderes. „Warum erzählst du Pest diese Geschichte mit der Iscariot, wo du doch ganz genau weißt was wirklich passiert?“ Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass der Mann vor mehr wusste als er ihr oder den anderen verraten wollte. „Woher wusstest du, dass sie es waren, den wir den Wandel der Welt zu verdanken haben?“ „Das würde mich auch brennend interessieren.“ Meldete sich Migel und setzte sich mit verschränken Armen auf einen der Särge. „Du hast mir nur verraten, was uns da unten erwartet, der Bund mit seiner geheimen Bibliothek, aber den Rest den du vom Stapel gelassen hast. Woher hast du gewusst das sie für all das Verantwortlich sind?“ Alucard schüttelte lachend den Kopf. „Ob ihr es mir glaubt oder nicht. Das war reiner Zufall. Ein Geistesblitz und nur weil Colle Molli zum verwechseln ähnlich sieht.“ Integra verstand nur Bahnhof „Wem?“ „Dem kleinen, alten Priester aus Venedig Meister?“ Migel sah erstaunt zu Seras hinüber, die sich jetzt neben Integra gesellte. Der schwarzhaarige Vampir zwinkerte ihr verschwörerisch zu „ Genau. Da fügte sich das Puzzle mit einem mal zu ein Bild zusammen.“ Er lachte wieder. „Ansonsten würde ich immer noch im Dunkeln tappen.“ „Und was machen wir jetzt? Ich meine es wird nicht lange dauern, bis Pest merkt das hier nur ein Iscariotkrieger rumstreunt und keine Armee die ihm und dem Rest ans Leder will.“ Alucard nickte. „Wir müssen so schnell wie möglich zu..... und wenn wir, anstatt zu dritt, ein paar mehr wären, wäre das nur zu unserem Vorteil. Der Orden hat bestimmt noch ein paar miese Tricks auf Lager um uns auszubremsen.“ „Ah, verstehe, deshalb die Iscariotgeschichte. Wirklich brillant. Wenn sie den Schwindel bemerken ist es egal, dann haben sie schon in unserem Sinne funktioniert und hoffentlich zu unserem Vorteil gekämpft.“ Integra konnte nicht anders als ihm bewundernd anzulächeln. Er verbeugte sich schelmisch. „Ganz in eurem Sinne my Lady“ „ Wo wir das geklärt haben, würde ich jetzt gerne noch wissen, wie du uns so schnell gefunden hast?“ Migel schlug Seras anerkennend auf die Schulter. „ Wie hast du denn den geheimen Eingang gefunden?“ Seras sah ihn mit großen Augen an. „Ob ihrs glaubt oder nicht, aber Pater Anderson hat mir das mit dem Eingang unter dem Altar verraten und er hat mir auch gesagt wie ich durch das Seitenschiff einsteigen kann.“ „Der Priester wusste davon, aber wie?“ „Ein weiter Beweis dafür, dass das Oberhaupt der Rose eines Tages Verrat an seinen Brüdern begangen hat um sein großes Ziel zu verfolgen. Schließlich hat er in Venedig sogar auf die Hilfe der Krieger zu zurück gegriffen um an das Korn zu gelangen.“ Antwortete Alucard mit rauer Stimme. Migel lachte bitter auf „ Dann sollten wir diesen Spitzel so schnell wie möglich los werden, wahrscheinlich hat er uns in der Kirche so gar in die Falle gelockt, in dem er uns angekündigt hat.“ Integra schüttelte den Kopf „Das glaube ich nicht. Er hätte schon viele andere Gelegenheiten nutzen könne um uns auszulöschen, aber er hat seine Pläne geändert. Du hast doch Colle gegenüber schon angedeutet das irgendwas mit ihm passiert ist?“ Sie wandte sich zu Alucard, doch der lächelte nur geheimnisvoll vor sich hin. „ Ich habe da so eine Vermutung aber verzeiht mir, wenn ich euch in diese Angelegenheit noch nicht einweihe. Vielleicht wäre das für alles weitere hinderlich.“ Damit warf er Seras einen kurzen Blick zu und deutete dann auf die weißen Särge „ Ich schlage vor wir ruhen uns jetzt aus.“ Als Integra kurz darauf neben ihm lag, konnte sie fühlen wie seine Hände über ihren Rücken glitten. Sie schloss erschöpft die Augen. Wohin sollte ihr Reise nur gehen und was würde sie am Ziel wirklich erwarten? Konnten sie die Mönche überhaupt noch aufhalten und wenn nicht? Was würde dann mit ihnen geschehen? Sie hatte keine Angst vor der ewigen Verdammnis, denn er würde bei ihr sein, würde sie beschützen wie er es immer getan hatte, aber vielleicht drohte ihnen gar nicht die Hölle. Gab es die in Colles neuer Welt überhaupt, wenn es gar kein Böses mehr gab? Was würde dann wohl an ihrer Stelle kommen? Plötzlich fiel ihr wieder der Traum mit ihrem Vater ein. Wie er ihr vorwarf, dass sie nicht stark genug gewesen war, sich gegen das Böse zu behaupten, dass sie versagt hatte. Sie biss die Zähne zusammen. Wenn er geahnt hätte, dass sie die Welt, die er immer als Mensch vor den Dämonen beschützen wollte nur als Dämon vor ihrem Untergang retten konnte, was hätte er dann wohl gesagt? Mit diesem Gedanken ließ sie sich in die Ruhe des Tages gleiten. Kapitel 39: Partus ------------------ Die Sonne wurde vom Mond verdunkelt Der Engel hat seine Flügel ausgebreitet Die Zeit für Schmerzliches ist gekommen.... University Hospital London 2003 Die Geräte piepten unaufhörlich in ihrem monotonen Rhythmus. Ihr hoher Ton schmerzte in seinen Ohren, doch er hätte alles dafür gegeben damit der Klang nicht aufhörte. Sein starrer Blick verfolgte die rasende Kurve ihres Herzschlages, dir immer wieder und wieder über den Bildschirm des EKG Gerätes lief. „ Der Kreislauf ist jetzt stabil wir können anfangen!“ ertönte eine knarrende Stimme durch einen der Lautsprecher über seinem Kopf. Er und Walter standen in einem der OP- Überwachungsräume, die es Studenten und Angehörigen erlaubten eine Operation aus der Vogelperspektive zu beobachten. Sie konnten jetzt sehen wie das Team aus vermummten Chirurgen anfing sich über die regungslose Gestalt zu beugen, die vor ihnen auf dem Metalltisch lag. Wie eine Horde Geier, die sich auf ihre Beute stürzen, fuhr es ihm durch den Kopf und doch wusste er, das diese Männer und Frauen da unten alles in ihrer Macht stehende taten, um den Menschen, der hilflos unter ihren Händen lag, am Leben zu erhalten. Walter seufzte leise „Das kann eine harte Nacht für sie werden.“ Er warf dem Vampir neben sich einen kurzen Seitenblick zu „Würden sie mich für eine Weile entschuldigen, ich muss noch einige Telefonate bezüglich dieses entsetzlichen Vorfalls tätigen.“ Das Schweigen, das er als Antwort erhielt faste er als stumme Zustimmung auf und verließ kurz darauf den Raum. Alucard blieb allein zurück. Gerade setzte einer der Ärzte das Skalpell an. Aus dem Schnitt den er vollzog, quoll sofort ein dünner Strahl Blut. Die roten Pupillen des Vampirs weiteten sich bei dem Anblick. Vor ihm erschien ihr schneeweißer Arm, über dessen Haut der köstliche Saft hinunter lief, mit dem sie ihn gestern Nacht in ihr Schlafzimmer gelockt hatte. „Absaugen bitte und noch eine Konserve anhängen!“ ertönte es über ihm. Ihr bleiches Gesicht wurde von einer Maske halb verdeckt, doch er konnte jede einzelne Kontur erkennen. Die hochstehenden Wangenknochen, die fein geschnittenen Lippen, zwischen denen ein dünner Schlauch hervorstach. Selbst in diesem Zustand unsagbar schön! Wie der Rest von ihrem Körper, der seit jener Nacht immer und immer wieder in seinen Gedanken durch seine Hände glitt. Wie lange hatte er auf diesen Moment gewartet. Jahrhunderte! Er hatte Ozeane der Zeit durchschwommen um sie zu finden und dann hätte er sie fast noch verloren! Er biss zornig die Zähne zusammen bis sie leise knirschten. Durch die Hand eines Gotteskriegers fast verloren, der sie ihm im letzten Moment entreißen wollte. Wieder der Lautsprecher „Wir haben die rupturierte Arterie gefunden und klemmen jetzt ab!“ Seine Gedanken durch liefen die Vergangenheit. Ihre erste Begegnung, die für ihn längst keine erste mehr war und seine unbeschreibliche Freude, als er sich ihrer wachsenden Perfektion bewusst wurde. Intelligenz gepaart mit Schönheit und vor allem mit Stolz! Die einsamen Jahre der Gefangenschaft hatten sich gelohnt und seine Geduld war gestern Nacht entgültig belohnt worden. Er sah ihre blauen Augen vor sich, aus denen Angst und Verachtung gewichen waren, um einem neuen Ausdruck Platz zu machen. Verlangen und Hingabe. Er schloss für einen Moment die Augen als er sich an die Wärme ihres Körpers erinnerte, die ihn völlig berauscht hatte. Damit war ihr Werden fast vollbracht und es galt nur noch den letzten Schritt zu vollziehen. Sie unzerstörbar zu machen. Er genoss den Anblick ihrer nackt schimmernden Haut, die langsam unter seinem weißen Verband verschwand. Doch diese Entscheidung lag allein bei ihr. Sie allein musste sich aus freien Stücken dazu entschließen ihm zu folgen. Das Lächeln auf seinen Lippen verschwand für einen Augenblick. Er konnte nur hoffen das er sich nicht geirrt hatte. Ihr Körper wurde nun langsam unter ihm aus dem Operationssaal gefahren und verschwand entgültig hinter zuschnappenden Schwingtüren. Er musste sich noch einmal in Geduld fassen, doch darin war er geübt. Langsam drehte er sich um und ging in Richtung Ausgang. Er hatte gelernt seinem Schicksal zu vertrauen und bis her hatte es ihn nie enttäuscht. Die Sonne war kaum unter gegangen, als die schweren Marmordeckel bei Seite geschoben wurden. Migel kletterte als erstes aus seinem Sarkophag und versuchte seine wilde Lockenmähne zu ordnen. „Ich muss schon sagen Pest Zimmerservice hat schwer nachgelassen.“ Alucard, der Integra aus dem Sarg half kräuselte die Lippen. „Und dabei hat er uns noch die guten Zimmer überlassen.“ Beide lachten. Integra und Seras hingegen war, was den Verlauf des heutigen Abend betraf, nicht wirklich zum scherzen zu mute. „ Wo wird der Rat heute zusammen kommen, wenn nicht in Pests Anwesen?“ Alucard zuckte mit den Schultern, „Da bin ich genauso ahnungslos wie du, aber ich bin sicher, dass uns der gute Pest nicht lange warten lässt.“ Kaum hatte er das gesagt, öffnete sich die Tür der Gruft. „Hey Entschuldigung, schon mal was von Anklopfen gehört?“ fauchte Seras dem Soldaten der Hekaten an, der überrascht in der Tür stehen blieb. „Schon gut, die kleine Lady ist heute mit dem falschen Bein aufgestanden.“ Fuhr Migel schnell dazwischen und warf beim rausgehen Seras einen warnenden Blick zu. „Was ist den mit ihr los?“ fragte Integra mehr sich selbst als Alucard, der wiederum eine merkwürdige Antwort parat hatte. „ Wohl zufiel schlechte Kost gestern.“ Vor den Toren des Friedhofs wartete bereits eine Kutsche auf sie, in der schon zwei Passagiere saßen. Integra erkannte die rothaarige Frau und den einäugigen Vampir wieder, ihre finsteren Minen wirkten noch angespannter, als bei ihrer ersten Begegnung. Als sich der Fahrer auf den Bock schwang und die Kutsche anfuhr herrschte für einige Minuten schweigen, bis der Einäugige plötzlich das Wort an Alucard richtete. „ Wie kommt es eigentlich Graf das ihr und eurer Gefolge in dieser mysteriösen Angelegenheit verwickelt seid?“ Alucard tat überrascht „Wie soll ich eure Wort verstehen?“ Das azurblaue Auge war wie ein Scheinwerfer auf Alucards Gesicht fixiert und schien ihn durchleuchten zu wollen. Doch der Vampir spielte seine Rolle gut und verzog nicht einen Muskel. „ Ich meine,“ fuhr der Mann fort „ das es doch schon sehr merkwürdig ist. Kaum setzt ihr einen Fuß in diese Stadt, schon erscheinen unsere ärgsten Widersacher und drohen uns und unsere Brut zu überrollen.“ Er blickte kurz zu seiner Begleitung hinüber, deren katzenhafte Augen ebenfalls lauernd ihre Gesichter studierten. „Glaubt ihr wir hätten die Iscariot hier her gelockt um euch zu vernichten?“ fragte Migel aufgebracht. „Was für einen Grund hätten wir dazu?“ „Keine Ahnung.“ Erwiderte die Frau kalt „ aber vielleicht verratet ihr uns den ja noch.“ Integra spürte wie ein Kribbeln ihren Rücken hinunter lief. In diesem Moment hielt die Kutsche. Die Tür wurde geöffnet und sie stiegen wortlos aus. Die Pferde hatten vor einem schmalen Haus gehalten, vor dessen geöffneten Flügeltüren eine Reihe jünger hübscher Mädchen in weit geöffneten Röcken lachend hin und her stolzierten. Die rot schimmernden Laternen die sie beleuchteten ließen keinen weiteren Zweifel aufkommen, um was für eine Art Etablissement es sich hierbei handelte. Integra versuchte so schnell wie möglich dem Soldaten vor ihr zu folgen. Er führte sie durch die angrenzende Bar in einen Hinterraum, in dem sie Pest bereits ungeduldig erwartete. „Da seid ihr ja endlich.“ Er nickte den anderen beiden Mitgliedern der Conscienta zu, die seinen Gruß erwiderten und sich dann stumm an den großen Tisch im Raum setzten. Drei der Stühle waren damit noch frei. Pest runzelte verärgert die Stirn. „Wo bleibt denn Archemedis? Ich sagte doch das wie wichtig diesen Treffen heute Abend ist und er...“ Mit einem lauten Ruck wurde die Tür aufgerissen und Kapitän Navar stolperte aufgebracht herein. „ Es hat zwei weitere Angriffe gegeben gestern Nacht. In der Rue de la Croix Nivert und in der Rue de Grenelle. Die zwei Notlager sind regelrecht in Flammen aufgegangen!“ Pests bleiches Gesicht wurde noch eine Spur farbloser. „Merde!“ Er wirbelte zu Alucard und Migel herum, die ebenfalls eine erschütterte Mine aufgesetzt hatten. Die übrigen Vampire am Tisch redeten aufgebracht durcheinander „Es ist bereits so weit! Sie greifen schon an. Wir haben keine Zeit mehr, jetzt ist rasches Handeln gefragt!“ Rief die Rothaarige. Pest fuhr sich nervös durch seine grauen Haare „Kapitän Navar! Sagen sie ihren Männer Bescheid und treffen sie die nötigen Vorbereitungen! Noch heute Nacht werden Truppen durch die Stadt geschickt um diesen verdammten Kuttenträgern Einhalt zu gebieten.“ „Ich würde Vorschlagen, dass die Herren mit von der Partie sein sollten.“ Meldete sich der einäugige auf einmal zu Wort. Alles verstummte, als er unbeirrt weiter sprach „Schließlich wissen sie, wo die Schiffe dieser Gottesfürchtigen liegen.“ Pest zögerte kurz, bevor er sich an Alucard wandte „ Ich muss Victor recht geben. Ihr wisst am besten über die Lage der Krieger Bescheid. Ich weiß das ich viel von euch verlange Graf, aber es geht um das Wohl unserer Gemeinschaft und.“ „Das ist doch selbst verständlich. Wir werden unser Bestes tun um euch in diesem Kampf zu unterstützen.“ Alucard grinste schief, als er den Einäugigen ansah. „ Ich möchte ja auch nicht den Gedanken in euch aufkommen lassen, wir hätten mit dem unerwarteten Auftauchen der 13 Inquisition etwas zu schaffen um euch zu schaden.“ Damit drehte er ich zu Integra um „Aber bitte erlaubt mir für heute Nacht meine reizende Begleitung in eurer Obhut zu belassen.“ Integra wollte etwas erwidern, doch Alucard Blick gebot ihr still zu sein. Pests strahlte trotz der ernsten Lage wie ein Honigkuchenpferd „Natürlich Graf. Ich werde mein Bestes tun, um sie vor Schaden zu bewahren.“ Zur gleichen Zeit in Notre Dame Das Pochen war schlimmer als je zu vor und es hatte ihn mit einer Heftigkeit durch den Tag getrieben, das er fast Wahnsinnig wurde. Kein Gebet hatte ihm Linderung verschaffen können, nichts konnte es besser machen außer.... Mit zitternden Fingern hielt er die silberne Klinge in das prasselnde Feuer des Kamins. Er hatte sorgsam die Tür verschlossen, bevor er sich seiner Kleider entledigt und vor den Kamin niedergekniet war. Die Klinge begann langsam zu glühen. Bei dem Gedanken was gleich kommen würde, begann er zu schwitzen und feine durchsichtige Perlen bildeten sich auf seiner Haut, die langsam seinen gebeugten Rücken hinunter liefen. Er musste es tun, es gab nur diesen einen Weg um die Qualen los zu werden. Er musste den Schmerz ertragen um durch ihn gereinigt zu werden. Langsam zog er das Schwert zurück, dann richtete er sich auf. Sein Atem ging stoßweise und er schloss die Augen. „Vater du bist bei mir“ murmelte er und richtete die Spitze auf seinen Unterleib. Eine Sekunde zögerte er noch, dann stieß er zu. Seras schrie wie ein getroffenes Tier und sackte auf die Knie. Alucard und Migel drehten sich überrascht zu ihr um. „Seras? Was ist los mit dir?“ rief Migel entsetzt und beugte sich zu ihr hinunter. Keuchend hielt sich die Vampirin den Bauch „Keine Ahnung“ flüsterte sie. „Ein Schmerz, ganz plötzlich, ich habe keine Ahnung warum.“ Alucard war nun ebenfalls neben sie getreten. Seine roten Augen musterten sie eindringlich. „Es scheint mir unser lieber Priester, hasst sich immer mehr selbst für das, was er tut.“ Migel sah ihn fragend an, doch Seras Blick verriet, dass sie verstand, was ihr Meister damit meinte. Sie nickte schwach und schloss für einen Moment die Augen. „Pater Anderson? Alles in Ordnung bei ihnen?“ die piepsige Stimme der Nonne drang sorgevoll zu ihm hinein. Doch sein Mund war so trocken, das er zunächst schlucken musste, damit er ihr antworten konnte. „Alles in Ordnung Schwester, es ist alles in Ordnung!“ mit leisem seufzen versuchte er wieder auf die Füße zu kommen, doch seine Knie waren noch zu schwach. Das leise Schaben vor der Tür verriet ihm, das die Schwester noch immer zögerte, doch dann hörte er ihre immer leise werdenden Schritte. Langsam erhob er sich. Der beißende Geruch von seinem verschmorten Fleisch ließ ihn husten und er taumelte zum Fenster. Als er die kleinen Laden öffnete und die frische Nachtluft in seine Lungen drang, spürte er wie der Schmerz in seinem Unterleib nach ließ. Er atmete noch ein paar mal tief ein, dann festigte sich sein Blick und er stemmte sich entschlossen vom Fensterbrett ab. Es wurde Zeit seine Mission zu vollenden. Mit oder ohne diese Schwäche. Kapitel 40: Libertas -------------------- „Warum soll ich hier bleiben?“ versuchte Integra Alucard zu fragen, doch er schien ihre Frage nicht zu empfangen, oder wollte ihr darauf nicht antworten. Er, Seras und Migel verließen das Zimmer um mit Navars Männern aufzubrechen. Zurück blieb eine leicht verwirrte Integra und ein, trotz der prekären Lage, gut gelaunter Pest, der die versammelten Vampire zu beruhigen versuchte. „Auf die Hekaten können wir uns verlassen. Sie werden schon mit den Söldnern des Vatikans fertig werden. Ich schlage vor sie ziehen sich für ein paar Nächte zurück, bis diese Angelegenheit geklärt ist. Falls es doch nötig sein sollte die Umgebung zu verlassen, werde ich sie natürlich unverzüglich davon unterrichten und alles in meine Macht stehende dafür tun, um ihnen sicheres Geleit zu gewährleisten.“ Er wirkte auf einmal sehr zu Frieden. Die Mitglieder der Conscienta standen nur zögerlich auf und auf dem Gesicht des bärtige Vampirs spiegelte sich immer noch Misstrauen. „Was macht sie so sicher, dass unsere Garde mit einer ganzen Flotte von Kriegern ohne weiteres fertig wird?“ Pest grinste breit „ Nun Victor, ich weiß das mit der 13 Inquisition nicht zu Spaßen ist, aber trotz alle dem, sind es Menschen, die eine offene Konfrontation mit Unsterblichen suchen“ Er beugte sich über den Tisch „ und mit einem Mitglied des burgundischen Drachenordens sollte die Kriegslist auf unserer Seite sein.“ Navar ließ seine Männer stramm stehen. Seras war von dem Anblick der in rotem Leder gekleideten Männern fasziniert, die wie Säulen regungslos vor ihnen standen. Der Kapitän wandte sich an Alucard. „Sie sehen hier alles was die Hekaten von Paris zu bieten haben Graf Dracul.“ Alucard stand mit verschränkten Armen vor den Männern. Seras spürte wie der Anblick ihres Meisters sie erneut vor ein Rätsel stellte. Sie kannte seinen Gesichtsausdruck, wenn ein Kampf bevorstand, dessen Schlacht er kaum erwarten konnte. Eine Mischung aus Freunde und unheimlicher Ruhe. Genau wie jetzt, doch da war noch etwas anderes etwas das neu war. Er nickte Navar nun zufrieden zu. „ Gut Kapitän. Wir bilden zehner Gruppen und positionieren uns an den noch verbliebenen Tagesplätzen. Ich bin mir sicher, dass ihr Säuberungsfeldzug noch nicht beendet ist.“ Navar nickte mit ernster Mine und gab seinen Männern den Befehl sich aufzuteilen. Währendessen hatte sich Migel an Alucards Seite geschoben. „Was hast du jetzt genau vor, wenn ich fragen darf?“ Der Vampir beobachte aufmerksam die Gruppenbildung. „Ich will, dass wir ein bisschen Zeit gewinnen und das unsere Freunde hier in unserem Sinne funktionieren, wenn es drauf ankommt. Hör zu ich will das du einer der Gruppen anführst, ich kümmere mich darum das du zur gegebenen Zeit mit den Männern nach Charteres kommt.“ Migel runzelte die Stirn. „Du denkst, dass das wirklich der Ort ist, wo alles seinen Anfang genommen hat.“ Alucard nickte „ Spätestens nach unserem Erlebnis in Saint-Sulpice bin ich davon überzeugt und wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.“ Er verstummte als Navar wieder zu ihnen zurück kam. „Wir sind soweit Graf, es kann los gehen.“ Integra versuchte währen dessen, so gut es ging, dem Charme von Pest zu entgehen. Der blonde Mann kam ihr vor wie ein Wolf, der seit er den Jäger in weiter Ferne wusste ungehemmt nach der vermeintlich ungeschützten Beute lechzte. Er hatte für sie und ihn nach einer Kutsche rufen lassen, die sie beide nun wieder zu seiner prachtvollen Villa brachte. Integra sah misstrauisch aus dem Fenster, als er ihr den Arm zum Aussteigen reichte. „Fürchtet ihr nicht hier auf eure Häscher zu stoßen? Vielleicht warten sie schon auf euch?“ Pest grinste nur selbstgefällig. „Ich fürchte mich nicht vor einer Horde Katholiken, die meinen das Recht Gottes auf Erden verbreiten zu müssen.“ Er winkte zwei Soldaten zu, die als Wachen, am Tor standen. „Auf diese Männer ist verlass, bevor ein kreuztragender Krieger einen Fuß über diese Schwelle setzten kann, muss er erst mal an ihnen vorbei Verehrtste.“ Integra musste an ihr altes Herrenhaus in London denken und an die Nacht in der es von einer Armee von Gouhlen heimgesucht wurde. Ihre Männer hatten vor ihnen nach einem kurzen Kampf kapitulieren müssen und sie waren gut ausgebildet gewesen. Doch in einem waren die Hekaten ihnen natürlich voraus. Die Verdammnis brauchten sie nicht mehr fürchten. Sie betraten jetzt die stattliche Eingangshalle. Pest nahm ihr überschwänglich das Cape ab, das sie übergeworfen hatte. „Nun Lady Hellsing, wie kann ich ihnen den Abend versüßen?“ Seine eisigen Augen schienen sie hypnotisieren zu wollen, als er sie mit schief gelegten Augen musterte. „Es gibt eine Menge Möglichkeiten sich in meinem Hause zu amüsieren.“ Das glaubte sie ihm sofort. Mit Mühe beherrschte sie sich. Am liebsten hätte sie ihm ins Gesicht gesagt, was sie von seiner schleimigen Art hielt, aber sie wusste das es klüger war sich nichts anmerken zu lassen. Sie zwang sich zu einem schiefen Lächeln. „Was sie nicht sagen? Welche denn zum Beispiel?“ „Nun da wäre zum einen meine....“ Er wurde von der blonden Vampirin unterbrochen, die aus einem der Seitengänge auf ihn zu geglitten kam. Sie musterte Integra mit misstrauischem Blick, während sie Pest davon unterrichtete, dass weitere Nachtkinder eingetroffen waren, um Unterschlupf vor der drohenden Gefahr zu suchen. Mit verdrießlicher Mine entschuldigte Pest sich bei Integra und führte sie zu erst in eines der Wohnzimmer, bevor er sich unter leisem Fluchen davon machte, nicht ohne ihr zu versichern, dass er so schnell wie möglich zurück sein werde. Integra atmete im Stillen auf. Ihretwegen konnte er sich ruhig Zeit lassen Alucard wandte sich an Seras. „Ich will das du dich von der Truppe bei der sich dir erst bietenden Gelegenheit absetzt und Anderson aufsuchst. Informiere unseren Schweinepriester darüber, dass er bald unschönen Besuch erwartet.“ Seras nickte, bevor sie fragend die Stirn verzog „Aber wird Pater Anderson denn noch in Notre Dame sein? Ich meine wo soll ich nach ihm suchen wenn er..“ „Du wirst ihn schon finden“ unterbrach ihr Meister sie mit einem wissenden Ausdruck in den rotglühenden Augen. „Und jetzt geh!“ Migel sah seinen Freund mit einem leicht verwirrten Gesicht an „ Jetzt klär mich endlich auf. Was ist da zwischen Anderson und Seras?“ Alucard grinste breit. „ Oh, eigentlich eine ganz einfache Geschichte. Unser guter Freund hat sich verführen lassen und an verbotenen Früchten genascht, von denen er nun nicht mehr lassen kann und dass wiederum ist für uns sehr nützlich.“ Miegel ging langsam ein Licht auf. Fassungslos starrte er ihn an „ Sag nicht, dass dieser Kerl tatsächlich gefallen an dem gefunden hat, was ihm in London passiert ist und das Seras...“ Alucards lautes Lachen ließ den Rest des Satzes untergehen. Migel lachte jetzt ebenfalls „Unglaublich, einfach unglaublich! Damit hast du ihn in der Hand. Ich meine er ist eine Marionette und er.. „Er versucht alles um sich von seinen Fäden zu befreien, wie du vorhin gesehen hast. Darum müssen wir uns auch beeilen, so lange die Verbindung noch stark ist um ihn für uns tanzen zu lassen. Wir müssen noch heute Nacht nach zu dieser Kathedrale gelangen. Koste es was es wolle! Integra fragte sich immer noch, warum Alucard darauf bestanden hatte, sie bei Pest zu lassen. Sie kniff wütend die Lippen zusammen. Das erinnerte sie an vergangene Zeiten, wo sie als oberste Befehlshaberin des Hauses Hellsings außen vorblieb, während die Schlacht ohne sie geschlagen wurde. Gut, damals machte das ja auch durch aus Sinn. Als sterblicher Mensch, war sie dem Orden tot oder verletzt keine große Hilfe aber jetzt? Was machte es jetzt für einen Sinn hier in Pest Haus zu sitzen und Däumchen zu drehen, während draußen das Schicksal der Welt entschieden wurde? Sie verdrehte seufzend die Augen und starrte auf die Bilder an der Wand. Was ging da draußen vor sich? Plötzlich ging die Tür des Zimmers auf, in dem saß und der hagere Diener, der sie am ersten Tag ihres Besuchs zum Essen geführt hatte er schien im Türrahmen. „Ich soll fragen, ob die ehrenwerte Lady einen Wunsch hat, den man ihr erfüllen kann?“ Integra wollte schon verneinen, als ihr doch etwas einfiel. „ Würde es ihnen etwas ausmachen, wenn ich noch einmal die Kammer sehen könnte. Sie wissen schon, die mit dem eigenwilligen Brunnen.“ Der Diener hob überrascht die Brauen. „ Ich fürchte, Madam, dass wir ihnen heute Nacht nicht dieses Angebot bieten können.“ Integra schüttelte den Kopf „Nein, darum geht es mir nicht. Ich möchte nur noch mal einen längeren Blick auf die Wandgemälde werfen, wenn mir das gestattet ist.“ „Das sollte kein Problem sein my Lady. Erlauben sie mir sie selbst hin zu führen, der ehrenwerte Herr, ist zur Zeit sehr beschäftigt.“ Das kommt mir mehr als gelegen dachte Integra, während sie laut erwiderte, dass das doch überhaupt kein Problem sei. Ich bin mehr als froh, wenn ich diesen eingebildeten Vogel nicht an meinen Haken kleben habe murmelte sie im stillen vor sich hin, als sie dem Diener durch die verwinkelten Gänge folgte. Dieser öffnete ihr die schwere Tür und ließ sie dann nach einer knappen Verbeugung allein. Seras marschierte mit ihrer Truppe durch die nächtlichen Straßen. Verborgen als Schatten huschten sie unsichtbar zwischen den umhergehenden Menschen hindurch, die sie als nichts als einen leichten Windhauch wahrzunehmen schienen. Sie waren dazu eingeteilt worden, den Südlichen Ringkreis der Stadt zu durchkämmen und sie wartete nur auf eine passende Gelegenheit um sich unbemerkt absetzten zu können. Die ergab sich erstaunlich rasch, als einem der Soldaten einfiel, dass er sein Krummschwert vergessen hatte. „Kein Problem, ich hole es schnell und schließe dann wieder zu euch auf.“ Der Soldat nickte dankbar und Seras verschwand in Richtung Pont Neuf. Ganz so wie ihr Meister es ihr vorhergesagt hatte wusste sie aus ihr nicht ganz zu erklärenden Gründen, dass ihre Suche nach dem Priester von Erfolg gekrönt sein würde. Er war in Notre Dame, sie konnte es fühlen! Sie kam gerade rechtzeitig um Anderson beim Verlassen der Kirche zu entdecken. „Pater Anderson warten sie!“ Der Priester drehte sich überrascht um und funkelte ihr aus blutunterlaufenden Augen entgegen. Seras erschrak bei dem Anblick seines bleichen Gesichts, dass auf einmal ausgezehrt und mager erschien. „Alles in Ordnung mit ihnen?“ fragte sie zaghaft. „Was soll schon mit mir sein Reißzahn!“ bellte er sie an. Doch seine sonst tiefe feste Stimme klang mit einemmal leicht brüchig, als wenn er eine Erkältung hätte. Seras wich vorsichtshalber einen Schritt zurück, auch wenn es schien dass der Krieger schwächer war als sonst war sie auf der Hut. „ Ich bin hier um sie zu warnen. Sämtliche Vampire der Stadt sind unterwegs um sie zu suchen.“ Anderson runzelte die Stirn. „Tatsächlich? Ich nehme an. Sie suchen immer noch nach einer gesamten Einheit von Iscariotkrieger nicht war? Und nicht nach einem Einzelnen?“ Seras nickte zögernd. Andersons Verhalten irritierte sie ein wenig. Er schien nicht im geringsten beunruhigt. Im Gegenteil, seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem breiten gemeinen Grinsen. „Dann sollen sie auch nicht enttäuscht werden!“ Mit einmal erklang aus der Ferne ein leises Glockenläuten, dass von den Glocken der Kathedrale beantwortet wurde. Seras riss verwundert den Kopf hoch um dann wieder Anderson anzustarren, der anfing wie ein Irrer zu kichern. „Was für ein Zufall nicht war? Da will man sich nur vorstellen, dass die Reinigung des Herrn über diese Stadt herein bricht und dann tut sie es tatsächlich!“ Seras Ohren fingen plötzlich den Klang von einheitlich marschierenden Schritten auf, die wie ein aufziehendes Gewitter näher und näher herankamen. Aber das konnte doch nicht sein. Woher sollte die 13 Inquisition Iscariot so schnell gewusst haben, was sich hier in Paris abspielte, außer! „Wie konnten sie die so schnell benachrichtigen, ich meine....“ „Du wirst lachen Kleines, das war ich gar nicht!“ Der Priester zuckte mit den Schultern. „ Ich habe auch erst gerade davon erfahren, aber ich muss sagen, es kommt mir sehr gelegen.“ Migel lauschte in die Nacht hinein, die mit einem mal wie elektrisiert zu sein schien. Etwas stimmte nicht, irgendetwas lief nicht nach Plan. Die zehnköpfige Truppe marschierte gerade für alle Augen sichtbar über den Palais de Chaillot, als der erste Angriff erfolgte. Wie aus dem nichts tauchten sie auf und ehe die Vampire reagieren konnten, hatten sie mit ihren Bannrollen einen undurchdringbaren Wall um sie herum gezogen. Migel fletschte wütend die Zähne und griff zu seinem Schwert. Die in unter weißen Kapuzen vermummten Gestalten sowie die Hekaten taten es ihm gleich und nach einer weiteren Sekunde des Belauerns fielen sie über einander her. Integra schritt langsam an den Bildern vorbei. Jetzt wo sie allein in diesem Schrein stand, erschien ihr die Geschichte die sie erzählten noch eindringlicher als beim ersten mal. Die schreienden sterbenden Engel, die von den Dämonen der Hölle zerrissen wurden, die meinten die Herrschaft auf Erden übernehmen zu können. Wie hatte Pest es ausgedrückt? Eigentlich wären die Vampire ihnen doch ähnlich, fast ebenbürtig. Integra missfiel noch immer der Vergleich, doch sie musste zugeben, wenn man es als eine Art Ying Yang betrachtete dann machte es Sinn. Der Engel als Verkörperung des Guten, der Dämon als das Böse. Sie war bei Kainsabbild angelangt. Die im Schatten kauernde Gestalt. Da fiel ihr wieder das Pergament ein, dass Anderson ihn auf dem Schiff gezeigt hatte und das Korn um das sich alles drehte, die Chance auf den vollkommenen Neuanfangs, wenn Gott Kain seine Sünde vergab. Da fiel es ihr auf und mit einem Ruck fuhr sie herum. Warum hatten sie es nicht gleich bemerkt? Sie rannte zur Tür. Sie musste zu den anderen, sofort! Seras wollte gerade etwas zu Anderson sagen, als dieser mit einem tiefen Stöhnen einknickte. Für einen Moment sah es so aus, als wenn er auf die Knie fallen würde, doch dann richtete er sich langsam wieder auf. Sein Gesicht wurde noch eine Spur blasser. „ Schluss mit diesem verdammten Mist!“ er riss den Kopf zu Seras herum und zog seine silbernen Klingen hervor. „Es wird Zeit die Mission zu beenden!“ schrie er und stürzte auf sie zu. Die Vampirin riss instinktiv den Arm hoch um sich vor dem drohenden Schlag zu schützen. Nein! Nicht! Fuhr es ihr durch den Kopf. Sie warte auf den senkenden Schmerz der Kline doch nichts passierte. Sie hörte nur wieder Andersons dumpfes Stöhnen, als über ihrem Arm blinzelte staunte sie. Der Priester stand vor ihr, die Klinge immer noch drohend über den Kopf, bereit jeden Moment zu zustoßen, doch etwas schien ihn davon abzuhalten. Sein Gesicht war vor Anspannung und Wut verzerrt und auf seiner Stirn begannen sich dicke Schweißtropfen zu bilden. Seras kniff fragend die Augen zusammen. Es schien, als wenn eine unsichtbare Kraft seinen Körper festhalten würde und er kämpfte wie ein Tier dagegen an. „Was zum Teufel machst du da?“ spie er zwischen den Zähnen hervor. Noch bevor Seras antworten konnte ertönte das dunkle Lachen ihres Meisters. „ Sieh an das Schoßhündchen des Vatikans will aber kann nicht!“ Alucard trat aus dem Schatten der Kathedrale hervor und kam mit langsam gemächlichen Schritten auf sie zu. Auf seinem Gesicht spiegelte sich die pure Schadensfreunde. Anderson verhaarte noch immer in seiner Position und beobachte ihn aus den Augenwinkeln. „Nun mein Guter, dass hat man nun davon, wenn man seine Gelüste nicht beherrschen kann.“ Er war nun bei ihnen angekommen und umrundete Anderson. Seras war immer noch fasziniert. „ Was ist denn passiert? Warum kann er sich nicht bewegen?“ Ihr Meister lachte „Weil du es nicht willst. Du hast ihm noch befohlen in dieser ungemütlichen Haltung zu verhaaren.“ Seras schüttelte den Kopf. „ Nein, das habe ich nicht. Ich meine ich wollte nicht das er mich...“ „Filetiert? Genau und da unser lieber Schweinepriester alles tun was du sagst.“ „ Das tu ich nicht, verdammter Blutsauger!“ fauchte Anderson wieder und versuchte erneut sich zu rühren, doch es war vergeblich. Keiner seiner Glieder wollte ihm gehorchen. Alucard lachte amüsiert über seine Anstrengungen „ Überansträngen dich nicht mein Bester, wir brauchen dich noch, aber lass mich bevor wir weiter machen noch rasch was erledigen.“ Er griff nach Andersons freien Arm und schob ihm langsam den Ärmel nach oben. Die Augen des Priesters wurden groß. „Nein! Lass mich sofort los du elendiges Monster!“ Doch Alucard ließ sich nicht stören. Leise summende drehte er Andersons Handgelenk nach oben. Durch die Anstrengung waren die blau schimmernden Venen deutlich hervorgetreten. Alucards rote Pupillen wurden hell und seine Eckzähne wuchsen. „ Ich bevorzuge die unversehrten Stellen. Ich mag es nicht, wenn jemand vor mir schon seine Spuren hinterlassen halt. Das nimmt einem irgendwie den Reiz.“ Er grinste noch einmal zu Anderson hoch als er sich über dessen Arm beugte. „ Genieße es einfach noch mal Judaspriesters, danach brauchst du kein brennendes Schwert mehr zu fürchten.“ Dann biss er zu und Anderson schrie gellenden auf. Migel stieß mit einem lauten Keuchen sein Schwert in die Brust seines Gegners. Die schneeweiße Kutte färbte sich binnen Sekunden dunkelrot und er stieß ihn mit einem raschen Fußtritt von sich. Um ihn herum kämpften die anderen Soldaten verbissen mit den übrigen Iscariot Mitgliedern, die sich als verdammt hartnäckig erwiesen. Von den zehn Männern waren nur noch sechs übrig geblieben. Zwar hatten sie auch einige aus der katholischen Liga dezimiert, doch sie waren deutlich in der Überzahl. Er wich geschickt einem Schwerthieb aus. Doch es war nur eine Frage der Zeit bis sich das Feld zu ihren Ungunsten verschieben würde. Er spürte wie die Reißzähne seine Haut durchbohrten und das warme Blut aus seinen Andern gepresst wurde. Er wollte sich wehren, wollte den Vampir der vor ihm stand zerreißen, ihn endlich vernichten und ihn zur Hölle schicken, doch er konnte es nicht. Statt dessen war er zum hilflosen zusehen verdammt. Musste mit ansehen, wie dieses Monster ihm nach und nach seine Kraft raubte und damit auch seinen Verstand. Seras konnte sehen wie sich ein Tropfen von Andersons Blut von seiner Haut löste und lautlos auf dem Boden schlug. Der Priester hatte die Augen zusammen gekniffen und aus dem lauten Schrei war ein gurgelndes Seufzen geworden. Sie fühlte ihre eigene Gier hochsteigen und nur mit Mühe beherrschte sie ihren Trieb sich ebenfalls auf den Priester zu stürzen. Endlich zog Alucard den Kopf zurück und ließ Andersons Arm frei. Der wie ein schweres Tau, an seiner Schulter hing. Alucard leckte sich genießerisch die Finger ab. „Gar nicht mal so schlecht, ein wirklich edler reiner Tropfen.“ Seine Zähne schimmerten immer noch rot, als er sich ebenfalls den Ärmel hoch krempelte „ Jetzt wollen wir mal so richtig die Puppen tanzen lassen was? Und er biss sich mit einer raschen Bewegung selbst, bevor er mit der anderen Hand nach Andersons Unterkiefer faste. Der Priester schien wie in Trance, als der Vampir seine Finger zusammen drückte und ihn somit zwang den Mund zu öffnen. Dann ließ Alucard das hervorquellenden Blut in seinen Mund fließen. Röchelnd schnappte Anderson nach Luft, doch die Hände des Vampirs waren unerbittlich und zwangen ihn zu trinken. „ Schön alles aufessen, so ist es recht“ Er ließ ihn kurz darauf los und wollte sich abwenden, als Seras plötzlich aufsah „ Meister Alucard!“ Er drehte sich überrascht um. Zu erst wollte Seras einen Rückzieher machen, doch dann tat sie es doch „ Darf ich auch,“ noch einmal zögerte sie „ von Ihnen trinken?“ Kapitel 41: The monster is loose -------------------------------- I'm not afraid to show you who I am and I'm not ashamed of my life. Though I've walked alone down this cold and soulless road. I've always felt you deep in my bones with every step I rise and fall with everything to gain I end up loosing it all when the darkness gets in I scream and your light sets me free.... Alucard sah sie mit ernster Mine an. Dann verzogen sich seine Lippen zu einem milden Lächeln. Seras wusste nicht, was als nächstes passieren würde, ob er sie auslachen oder vielleicht wütend werden würde über ihre Dreistigkeit, doch er tat nichts von alle dem, sondern kam auf sie zu. „Knie dich hin!“ befahl er und sie gehorchte. Mit fragendem Blick sah sie zu ihm auf. In seinen Augen spiegelte sich ihr Gesicht, sonst nichts, als er anfing zu sprechen. „Vor mehr als 50 Jahren habe ich dich vor die Wahl gestellt. Zu sterben oder mir in die Dunkelheit zu folgen. Du hast dich für die Dunkelheit entschieden.“ Sie nickte zögernd als er kurz verstummte „Du hast mein Angebot einst abgelehnt dich gehen zu lassen. Mit der Begründung du seiest noch nicht bereit für dieses Dasein und in all den Jahren an meiner Seite haben die Schatten der Unsterblichkeit dich oft an deiner Entscheidung zweifeln lassen nicht war?“. Wieder nickte sie „Doch nun erbittest du von mir die Freiheit.“ Sie spürte wie ein Schauer sie über kam. Sie wusste plötzlich selbst nicht, warum sie ihn danach gefragt hatte. Es war vielleicht doch nur ein vorschneller Entschluss gewesen. Er las ihre Gedanken, denn er antwortete „ Es war eine kluge Entscheidung, die mir zeigt, dass du endlich weißt wohin du gehörst. In welche Welt.“ Er kniete sich nun ebenfalls hin und in seinem Gesicht war immer noch das milde Lächeln, als er den immer noch blutenden Arm vor ihr Gesicht hob. „ Ab heute wirst du frei sein Seras Viktoria, du wirst nicht länger an mich gebunden sein, nicht mehr meinen Befehlen gehorchen müssen und jeden deiner Schritte selbst bestimmen können.“ Ihre Augen fixierten das schimmernde Blut vor sich, als sie langsam den Mund öffnete und ihre Zunge vorstreckte. Plötzlich wusste sie das es richtig war und als sie den Geschmack seines Körpers aufnahm hörte sie ihn leise in an ihrem Ohr „Ich werde dich vermissen mein Kind“ Integra stolperte durch den Flur und stürzte in das erste Zimmer, das sie finden konnte. Dort öffnete sie so schnell sie konnte ein Fenster und schwang sich in die Nacht hinaus. Migel versuchte gerade einem Hekaten zu helfen sich gegen drei Kuttenträgern zu wehren, als ein feuerroter Blitz durch die unsichtbare Linie krachte und dabei gleich zwei Iscariotkämpfer in der Mitte zerteilte. Dem blonden Vampir klappte der Mund auf, bei dem Anblick des Drachenkopfes, der sich aus dem Blitz formierte und dabei eine feuerzüngelnde Fontäne in die Angreifer spie. „Wie zum Teufel hat er das geschafft!“ keuchte der Soldat neben ihm. Alucard verwandelte sich jetzt zurück und die übrigen Männer konzentrierten sich nun ganz allein auf ihn. Doch all ihre Bemühungen ihn gemeinsam mit ihren Silberschwertern zu schaden schienen vergebens. Er nahm es mit ihnen allen auf, zerbrach ihre Klingen um sie in der Luft zu zerreißen und das bellende Kampfgeschrei mischte sich mit dem Wehklagen der Sterbenden und dem gellenden Lachen des burgundischen Fürsten, der sich an seinen Opfern regelrecht zu berauschen schien. Er saugte das ausströmende Blut wie ein Magnet in sich auf und mit jedem Tropfen, der sich mit ihm verband wurde er stärker. Es dauerte nicht lange und die vier übrig gebliebenen Vampire standen zwischen den Resten der katholischen Garde, von denen nichts als Lumpen und zerbrochene Schwerter übrig waren. Die Bannblätter wehten wie nutzloses Laub um ihre Füße. Migel griff sich ein Zettel und hielt ihn seinem Freund entgegen, der mit zufriedenem Grinsen zu ihnen herüber kam. „Wie hast du das gemacht!“ wiederholte er die Frage des Hekaten. Seine Mine und die der übrigen Vampire drückten eine Mischung aus Verwirrung und Erfurcht aus. Alucard sagte erst nichts, dann griff er nach dem Blatt, das Migel ihm immer noch entgegen hielt. Es zerfiel in seinen Händen augenblicklich zu Staub. Die Vampire wichen mit ungläubigen Augen zurück. Alucard lachte dunkel „ Man muss sich nicht nur in seinen Gegner hineindenken und herausfinden welche Taktik er plant, sondern auch für jede erdenkliche Situation eine passende Antwort parat haben.“ Migel war noch immer sprachlos. Dann riss er die Hände in die Luft. „ Sag mir sofort wie du das zustande gebracht hast. Woher hast du diese Macht?“ „Von mir!“ Migel drehte sich um und sah Seras, auftauchen die jemanden mit sich führte. Anderson! Migel kniff die Augen zusammen als sie näher kamen. Dann konnte er es fühlen. Er sah Alucard an „Du hast ihn?“ „Noch nicht ganz.“ Verbesserte ihn der schwarzhaarige Vampir augenzwinkernd. „Doch was unseren Einfluss auf ihn angeht,“ er zog spielerisch die Augenbraunen hoch „ bin ich schon sehr weit in ihn vorgedrungen wie du selbst sehen konntest.“ Seras und Anderson waren nun bei ihnen angekommen und Migel konnte mit eigenen Augen sehen wie weit Alucard den Geist und vor allem den Körper des Priesters beherrschte. Andersons Augen lagen tief in den Höhlen, als er sie aus stecknadelgroßen Pupillen ansah. „Auf die Knie“ zischte Alucard und Anderson knickte augenblicklich vor ihnen ein. Dabei knirschte er so laut mit den Zähnen, dass es sich anhörte, als wenn er Steine zerkauen würde. „Erinnert mich irgendwie an alte Zeiten, dich nicht auch?“ fragte der blonde Vampir und musterte den willenlosen Mann vor sich mit einem mitleidigen Blick. In Alucards Augen trat ein heller Glanz. „Oh ja, aber das ist erst der Anfang. Anscheinend hat unser kleiner Mönch noch rasch Hilfe geholt, bevor er sich nach Charteres begeben hat.“ Seras und Migel sahen ihn erstaunt an „ Ihr meint der Anführer der Rose hat die Iscariot hier her gerufen?“ schalte sich jetzt Seras ein. Alucard nickte. „Wer sonst, wenn nicht unser Freund hier, aber wenigsten kann er uns jetzt dabei helfen sie uns vom Leib zu halten.“ Er packte Anderson am Kinn und schüttelte ihn leicht. „ Wer hätte je gedacht, dass der Schoßhund des Vatikans einmal so nützlich sein würde.“ Die Augen des Priesters waren rotunterlaufen, doch der Hass der aus ihnen sprach war deutlich. „Ich werde dich vernichten Höllenfürst, dich und all die anderen.“ Alucard legte mit einem spöttischen Lächeln im Gesicht den Kopf schief. „ Aber natürlich wirst du das Engelskrieger, nur nicht mehr in diesem Leben.“ Dann versetzte er ihm einen Schlag ins Gesicht, dass Seras und Migel zusammen zuckten. Selbst die Soldaten, die immer noch stumm um sie herum standen wirkten schockiert, doch Alucard schien das alles nicht sonderlich zu interessieren. Er drehte sich zu ihnen um und baute sich vor ihnen auf. „ Es treiben sich noch genug Feinde in der Stadt herum, als das ihr hier seelenruhig herum stehen könntet. Ihr werdet euch jetzt auf die restlichen Truppen verteilen und euer unreines Leben dafür einsetzten, dass der Abschaum der christlichen Kirche die Kinder der Nacht in dieser Stadt nicht vernichtet. Das ist eure Aufgabe, eure verdammte Pflicht“ Seine Worte schienen die Männer zu elektrisieren, denn sie strafften ihre Schultern und ihr Blick wurde fest. Seras konnte regelrecht spüren, wie er ihre Ehre und vor allem ihren Hass schürte. „Wie macht er das?“ flüsterte sie leise und Migel flüsterte zurück „Er war einmal der gefürchteteste Feldherr des Ostens, vor dem das gesamte Osmanische Reich gezittert hat. Er hat es fertig gebracht eine handvoll Soldaten zu mobilisieren um sie und sich selbst in einen aussichtslosen Krieg zu führen.“ Die Soldaten salutierten und traten dann ab. Doch Seras warf Migel einen beunruhigten Blick zu „ Aber wie konnte er das tun, wenn er wusste das er verlieren würde? Ist das nicht sinnlos?“ Migel lächelte sie an „Nicht, wenn dein Glaube so stark ist, dass er dich über jeden Zweifel hinweg hebt, wenn er dich so stark macht das du jede Angst und jeden Schmerz erträgst, dann macht er dich unbesiegbar und letzten Endes sogar unsterblich“ Alucard kam zu ihnen zurück. Seine Augen, sein ganzer Körper schien jetzt regelrecht zu glühen und er griff nach dem Schwert an seiner Seite. „Es wird Zeit aufzubrechen und es endlich zu beenden!“ „Da wäre ich gerne mit dabei, wenn du nichts dagegen hast!“ Integra erschien wie aus dem Nichts. Seras machte einen überraschten Schritt zur Seite, während Alucard die Stirn runzelte. „Ich dachte wir hätten uns verstanden.“ Sie zog spöttisch eine Augenbraue nach oben. „Ach ja? Glaubst du wirklich das ich seelenruhig rumsitze und auf das Ende der Welt warte?“ Migel und Seras wechselten einen raschen Blick. „Wir machen uns schon mal auf den Weg und sondieren die Lage, zusammen mit unserem Freund hier“ sagte Migel und griff nach Anderson Arm. „Nein!“ rief Alucard und Migel ließ Anderson wieder los. „ Der Judaspriester wird sich hier nützlich machen. Er ließ Anderson aufstehen und die seine silbernen Klingen zücken. „Ich befehle dir jetzt, dich in den Kampf zu stürzten und unsere Truppen mit all deinen Kräften zu unterstützen. Mal sehen, ob du genauso effektiv deine eigenen Leute zerteilen kannst, wie unsere.“ Anderson wollte etwas erwidern, doch eine Handbewegung von Alucard ließ ihn verstummen. Sein Gesicht war eine verzehrte Fratze, die aussah, als wenn sie schreien wollte, doch kein Ton kam über seine Lippen. Dann plötzlich drehte er sich um und rannte in die Nacht hinein, die ihn nach wenigen Metern verschluckte. Sie konnten nur noch seine davon eilenden Schritte hören, die immer leiser wurden. „Na gut, hoffentlich bleibt dein neues Jagdhündchen auch schön brav.“ Sagte Migel seufzend, Wir machen uns trotzdem schon mal auf den Weg.“ Und wenig später waren Integra und Alucard allein. Integra hatte immer noch die Arme vor der Brust verschränkt. Andersons merkwürdige Verwandlung interessierte sie zwar auch brennend, aber zu erst gab es etwas anderes zu klären „ Also raus mit der Sprache, warum wolltest du das ich bei Pest bleibe? Doch nicht ernsthaft, weil du glaubst das ich da sicherer bin.“ Der schwarzhaarige Vampir kam auf sie zu „ Hier draußen tobt ein Krieg, glaubst du, ich will das du da zwischen gerätst?“ Dem Glühen in seinen Augen war ein beunruhigendes Funkeln gewichen. Er hatte sie erreicht und beide standen sich gegenüber. Integra spürte wie ihre anfängliche Wut zusammen schmolz. Als sie vorhin Hals über Kopf das Haus verlassen hatte, wollte sie ihn nur noch anschreien. Doch jetzt fühlte bei seinem Anblick wieder diese Gewissheit, die sie seit ihrem ersten Tag ihrer Begegnung erfüllte, die Gewissheit das er alles was er sagte, der Wahrheit entsprach. Das er sie niemals anlügen würde. „Was ist dein Ziel?“ flüsterte sie und er griff nach ihrem Gesicht, strich mit den Fingern über ihre Wange „ Du bist mein Ziel, du allein, bist der Grund meines Handelns, meines Daseins und meines Kampfes“ Sie schloss die Augen „Was meinst du damit?“ „Einst war es mein Glauben zu Gott der mich mit Leben erfüllte, der mich Antrieb, mich Beherrschte, mich zu dem machte der ich war.Ich dachte das er mich zur Perfektion bringen würde wenn ich ihm nur dienen würde, doch das war ein Irrtum. Meine Perfektion war nur durch ein Ziel zu erreichen. Durch dich!“ Sie öffnete die Augen wieder und griff nach seiner Hand und küsste sie. Er griff nach ihrem Gesicht „ Alles was ich tat, meine Dienste ihm Namen deiner Familie, die Gefangenschaft im Kerker deines Vaters habe ich ertragen, weil ich wusste das ich dich eines Tages finden und mich mit dir vereinigen werde, weil du zu mir gehörst. Ich wünschte mir manchmal nur, dass ich dich dafür nicht hätte zerstören müssen.“ „ Überrascht sah sie ihn an „ Du hast mich nicht zerstört.“ In seinen Augen erschien für einen winzigen Moment ein Ausdruck des Bedauerns. „Ich musste uns beide dafür zerstören.“ Dann küsste er sie noch einmal. Als sie sich von einander lösten, sah Integra ihn noch einmal an „Versprich mir, egal was heute Nacht auch geschehen mag, mich nicht allein zu lassen.“ Er lächelte. „ Ich habe dir doch geschworen dich zu beschützen.“ Sie verzog die Stirn „Auch, wenn wir heute zusammen sterben müssen?“ Er wich kurz zurück „ Wie kommst du darauf, dass wir sterben müssen?“ Doch Integra konnte ihm nicht mehr antworten. Sie hörten Schreie und das Trampeln von Stiefeln. Alucard zog sie an sich. „Besser wir verschwinden jetzt!“ damit verwandelten sich ihre Körper zu Krähen, die sich lautlos in den Himmel schwangen. Kapitel 42: Anfang und Ende --------------------------- Die Schritte hallten dunkel von den hohen Wänden wieder, die sich an der Decke zu einer prachtvollen Kuppel schloss. Eilig folgte der Abt den ausgetreten Fliessen zwischen den Bänken hinauf zu dem steinernen Altar, dessen schwarzer Marmor im Licht der Kerzen wie Tausende Diamanten funkelten. Keuchend sank er vor dem sterbenden Sohn Gottes nieder um vor sich das Kreuz zu schlagen. „Oh Herr heute Nacht wird geschehen, was dein Wille ist. Die Erde wird von der Sünde befreit und damit in deinem Namen neu geschaffen, auf das sie wunderbarer und vollkommender werde.“ Mit zitternd reckte er seine schrumpelige kleine Faust in die Höhe. „Mögen dafür deine Feinde im Glanze deines Lichtes entgültig sterben!“ Da krachte auf einmal ein gewaltiger Blitz über den nachtschwarzen Himmel und die grellbunten Glasbilder der heiligen Apostel erhellten sich, als ob ihnen Leben eingehaucht würde, um danach unter einem noch lauteren Donnergrollen erneut in Finsternis zu versinken. Unter Integras schnell dahin gleitenden Körper flog der graue Boden wie ein zäher Fluss dahin, obwohl Alucard vor ihr ein zügiges Tempo vorlegte. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken genauso wild umher, wie die dicken Wolken über ihr. Die Gemälde aus der Kammer brannten sich vor ihren Augen fest. Kain, der Böse, der Dämon, den Gott verstoßen hatte, aber ohne den die Ordnung der Welt nicht länger bestehen würde. Sie wollte es Alucard und den anderen so schnell wie möglich sagen so bald sie die Kathedrale erreichten, denn das war es worum es ging. Dieser Neuanfang von dem Colle und seine Anhänger da träumten, er konnte in ihrer Art und Weise niemals statt finden, denn es war nur einem diese Möglichkeit vergönnt und zwar Kain selbst und niemand anderen sonst. Sie wartete auf den nächsten grellen Blitz, der sich vor ein paar Sekunden vor ihnen aufgetan und sie durch sein unerwartetes Auftauchen fast ins Trudeln gebracht hatte. Doch er blieb zu nächst aus, bis die Spitze eines Kirchturms wie aus dem Nichts vor ihnen aufragte. Sie hatte keine Ahnung was für weitere schreckliche Konsequenzen ein falscher Missbrauch diese Korns mit sich bringen würde, aber ein war so gut wie sicher, überleben würde es wohl keine. Ob Mensch oder Vampir! Alucard setzte bereits zum Sinkflug an, als helles Licht Integra erneut die Sicht nahm, doch es war nicht nur ein Licht! Es durchfuhr ihren Körper wie ein glühendes Schwert und schleuderte ihn wie eine orientierungslose Kanonenkugel zu Boden. Der Schmerz war ein atemberaubendes Feuer, das ihre Sinne verbrannte. Der Aufprall auf den Stufen der Kathedrale wurde damit nur zu einem dumpfen Klatschen und das Letzte was ihre halbtauben Ohren noch wahr nahmen war sein entsetzter Schrei. Er rief ihren Namen, doch sie konnte ihm nicht mehr antworten. Seras und Migel hatten sich vor dem einschlagenden Blitz rechtzeitig zu Boden gleiten lassen, doch sie konnten sehen wie Integra vor ihnen leblos auf die Stufen flog. „Nein!“ schrie Seras panisch, doch das Brüllen was Alucard ausstieß übertönte ihre Stimme und den Donner, der immer bedrohlicher um sie herum grollte. Es gab kaum noch Pausen zwischen den grellen Lichtmomenten und sie konnte fast nicht mehr die Augen offen halten. So gut es ging schirmte sie ihr Gesicht mit den Händen ab. Schemenhaft erkannte sie ihren ehemaligen Herrn dessen breite Gestalt den von Lady Hellsing verdeckte. Er kniete vor ihr, hielt sie in seinen Armen und er schrie immer noch. Er schrie ihren Namen und etwas in einer Sprache die sie noch nie gehört hatte. „Verdammt!“ Migel der wie sie bei dem Schauspiel vollkommen erstarrt war griff nun mit wütender Miene zu seinem Schwert. „Los wir müssen es zu Ende bringen!“ „Aber Lady Integra, sie !“ Doch er rannte schon auf den Eingang der Kirche zu „Es ist zu spät und wir müssen es trotz allem verhindern!“ Aber eine riesige rote Wand ragte wie aus dem Nichts plötzlich vor ihm auf. Er hatte keine Chance mehr zu reagieren, prallte gegen sie und wurde zurück zu der kleine Vampirin geschleudert die immer noch völlig bewegungsunfähig an der alten Stelle verharrte. Migel schüttelt sich ungläubig wie ein nasser Hund „Was zum Teufel!“ Die rote Wand hüllte die Kirche nun vollkommen ein, selbst die Blitze, die immer noch vom Himmel stießen prallten wie an einer Glaswand ab und schossen zickzackartig um sie herum vorbei. Seras dämmerte es „Er will es alleine machen.“ Flüsterte sie vollkommen fassungslos „Er will nicht das mit ihm gehen, aber warum?“ Colle wusste das er am Ziel war. Er konnte es spüren, auch wenn sie versucht hatten ihn in letzter Minute aufzuhalten. Sie hatten es nicht geschafft. Er lächelte glücklich. Der Allmächtige hatte ihnen bewiesen, dass er unbezwingbar war. Der Donner um ihn herum wurde immer lauter und er wollte schon die Hand öffnen um den letzten Schritt zu tun, als die verriegelte Tür mit einem hässlich kreischenden Geräusch aus ihren geschmiedeten Angeln flog. Er brauchte sich nicht umzudrehen um zu wissen, dass sie es waren. Die Dämonen der Hölle Kains Brut, die nicht bereit waren, sich dem Willen des Herrn zu beugen. Doch es waren nur die Schritte eines Dämons zu hören. Er kämpfte nicht nur gegen seine Gegner, die er mit seiner unerwarteten Attacken mehr als nur böse überraschte, doch sie hatten nicht viel Zeit sich davon zu erholen. Die silbernen Klingen zerschlugen gnadenlos jeden und alles was eine weiße Kutane trug und das ausströmende Blut machte ihn zu seinem Entsetzen noch rasender. „Nein, Herr nein!“ schrie Anderson entsetzt, als seine gekrümmten Finger nach der offenen Kehle eines Kriegers griffen. Er war in ihm! Der Teufel selbst hatte von ihm Besitz ergriffen und verlangte nun mehr von ihm, seine Demut, seine Ergebenheit und damit die entgültige Auslöschung seiner Seele. Noch einmal bäumte er sich dagegen auf. Der ausblutende Körper flog vor ihm auf den Boden, als er mit zusammen gepressten Lidern blind davon stürmte. Weg, weg von hier, weg von dem Dämon der ihn in seinem Kopf auslachte, ihn verspottete. „Lauf, nur Judas lauf, es wird dir eh nichts nützen. Mein Blut schießt durch deine brennenden Venen und damit bist du mein! Verdammt wie ich! Getrieben vom ewigen Durst nach dem Blut der Lebenden wie ich!!“ Anderson stolperte in seiner ziellosen Flucht plötzlich über einen Haufen aus wirren Beinen, die ihn darauf hin zu Fall brachten. Mit dem Gesicht voran stürzte er in eine Lache aus geronnenem Blut und bevor er es verhindern konnte, drang es bereits über seine Zunge in seinen Hals hinab. Eingehüllt in einem dunkel roten Strom aus Blut der sich wie ein vorwärt kriechender Teppich vor seinen Füssen ausbreitete trat er durch das Portal. Ein aufrechtgehender Wolf in schimmernder Rüstung in dessen Klauen der nackte weiße reine Körper eines Engels lag. Das lange blonde Haar fiel wie ein seidiger Schleier um das zarte Gesicht und die Schultern, so das es fast den Boden berührte. Colle wandte sich nun noch zu ihm um „Du kommst zu spät Dämon. Es ist vorbei, doch der Anfang ist nah. Sie mit mir das Neue das Wunderbare! Eine Welt ohne das Böse allein bestehend aus dem Guten“ Alucard hatte nun den Altar erreicht. Die spitzohrige Maske seiner Rüstung , schien entgültig mit seinem Gesicht, mit seiner gesamten Gestalt verschmolzen zu sein. Mit glühenden Augen sah er auf den kleinen Abt hinunter, der erneut die Faust ausstreckte. „Ihr habt recht! Es ist vorbei!“ stimmt der er plötzlich zu. Seine Stimme war ein rasselndes Knurren, „Doch nicht ihr bestimmt den neu Beginn sondern wir!“ Damit hob den leblosen Körper in die Höhe um ihn zum Entsetzen des Priesters sanft auf den Altar zu legen. „Du glaubst du könntest die Welt verändern? Du irrst dich, denn du bist es nicht der Gottes Vergebung dafür erbeten muss, denn du bist ohne Sünde!“ erklärte er ungerührt weiter Colle wich mit zorngeröteten Wangen vor ihm zurück, aus seinen Augen sprach der pure Wahn „So? Aber ihr Verdammten, die ihr die Güte des Herrn verhöhnt und euch selbst über ihn stellen wollt, ihr verdient dieses Geschenk nicht!“ Der Wolf schwieg für eine Sekunde, dann lachte er, er lachte so laut dass die Halle dröhnte. „Die Verdammten vielleicht nicht, aber ich habe es längst verdient!“ dann packte er blitzartig zu. Colle schrie gellend auf, als er den schmerzhaften Ruck um sein Handgelenk verspürte, der sich in ein bestialisches Brennen verwandelte und stürzte danach vorne über. Sein rechter Arm war dabei ausgestreckt, der andere hing wie eine verformte Keule in Alucards mächtiger Klaue. Als er auf der Seite aufschlug, quoll aus der Kutte schwallartig das Blut und mischte sich mit dem bereits gebildeten See um Alucards Stiefel. Wimmernde Seufzer hallten dumpf von den Säulen wieder und verloren sich in dem weiten Raum. Der Vampir achtete nicht länger auf den Mönch sondern entriss der toten Faust ihren Inhalt um sich danach über den Engel zu beugen. „Wir haben es längst verdient!“ Bevor der erste Tropfen seine Eingeweide erreichten spürte Anderson die Verwandlung, spürte die Kraft die ihn Durchströmte, die ihn regelrecht durchtränkte. Es war entsetzlich und doch das gewaltigste Gefühl das er je erlebt hatte. Die Stimme in seinem Kopf steigerte sich in ein brüllendes Lachen „Gottes treuester Diener ist nun der meine, bis in alle Ewigkeit“ Zärtlich strichen die langen Krallendes Wolfs über die makellose Haut des Engels der still und regungslos vor ihm lag. Ihr vollkommendes Gesicht, das eben noch voller Schmerz gewesen war, hatte nun den Ausdruck vollkommenen Friedens in sich. Er lächelte hinter der Maske, diesen Ausdruck wollte er bewahren, für diesen Ausdruck hatte er gelebt und mit diesem Ausdruck würde er jetzt auch sterben. Perfektion! Aus seinen grellroten Augen quoll eine einzige Träne. Rot und schimmernd. Perfekt konnte nur sein, was nicht Zerstört war. Anderson schleppte sich auf die Knie. Sein Kopf voll mit Gier und Schwindel fiel ihm auf die Brust. Er schien entgültig geschlagen. Sein ärgster Feind hatte ihn letzten Endes besiegt, doch... Seine Hand griff nach dem Stück Pergament, dass er immer noch bei sich trug, umfassten es und dann hatte er Gewissheit. Mühsam legte er sich noch einmal über die blutverschmierten Lippen, bevor er keuchend anfing. „Gott sah an alles was er gemacht hatte und siehe es war sehr gut. Licht und Dunkelheit, Kälte und Finsternis, Hass und Liebe, Engel und Dämonen, alles ist gut, denn ohne seinen Gegensatz kann es selbst nicht existieren, darum Herr sei die Welt vollkommen, weil du sie so geschaffen hast. Du bist der Allmächtige und wir deine ergebenen Diener.“ Dann warf er sich demütig auf die Knie „Vergib mir Vater, denn ich habe meinen Bruder erschlagen mein eigen Fleisch und Blut und mich damit gegen dich versündigt. Ich habe mich gegen dich gestellt, habe deine Kinder ermordet und mich von ihrem Leben ernährt, um meinen seelenlosen Körper auf ewig in deinem Schatten wandeln zu lassen.“ Das Keuchen war einem leisen rauen Flüstern gewichen „Ich bereue meine Sünden, erbete deine Vergebung, auf das du mich wieder in deinem Schoße aufnimmst mich und alle die ich schändlich verdammt habe.“ Vergib mir Vater, vergib mir meine Schuld“ Alucard ließ das Korn in den geöffneten Mund des Engels fallen und küsste ihn. * Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein. Offenbarung 20/21 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)