Bin ich eine Elbe oder was?! von Channah ================================================================================ Epilog: Epilog -------------- Disclaimer: Tolkien gehört alles und mir nichts, ich verdiene kein Geld mit der Story und die Handlungen sind frei erfunden. Alle Referenzen zu Filmen oder berühmten Figuren sind bloß geliehen und gehören ebenfalls nicht mir. Epilog Es war der schrecklichste Abend meines Lebens. Wenn mir eine noch schlimmere Steigerung einfallen würde, ich würde sie benutzen. Vielleicht war der Schock noch zu groß, als dass mein Gehirn mit einem besseren Vergleich aufwarten konnte. Oder vielleicht war es die „Die blonde Armada der steifen Etikette“ um mich herum. Oder die Tatsache, dass man mich dazu genötigt hatte, ein Kleid zu tragen. Mich, genötigt! Diese Welt war so gemein. Und als wäre es noch nicht schlimm genug, dass ich wie die intelligentere Version von Barbie herumstöckeln musste, musste ich auch noch tanzen (natürlich immer nur ein Tanz pro Partner; ich kam mir vor wie ein besonders delikates Stück Fleisch, das herumgereicht wurde) und dabei die ganze Zeit über lächeln! Lächeln?! In einem so lächerlichen Aufzug?! Am besten sollte ich meine Mundwinkel wohl in einem unnatürlichen Winkel nach oben in eine Art Dauer-Grimassen-Schrägstrich-Grinsen tackern lassen. Es war zum Heulen. Oder noch besser: Zum in Ohnmacht fallen – dann hätte ich wenigstens einen legitimen Grund, mein prinzessliches Gemüt in meinem Gemach ruhen lassen zu können. Ich musste meiner Oma echt einen Preis überreichen. Sie hatte tatsächlich etwas Außergewöhnliches geschafft: nämlich meine Geburtstagsparty im lorischen Palast in eine Staatsversammlung zu verwandeln. Alles war so förmlich, so steif und streng nach Etikette. Dass ausgerechnet Haldir gerade in meiner schwer erkämpften Verschnaufpause neben mir stand und mich vollquasselte, äh, darüber informierte, welcher hochwohlgeborene (oder nicht) Schnösel wer war, war natürlich nur die Spitze des Eisberges. Als er dann den bestimmt hundertsten Namen mitsamt Lebensgeschichte und Stammbaum heruntergerasselt hatte, platzte mir der Kragen. „Haldir, was soll das?“, blaffte ich ihn aus meinem linken Mundwinkel, der sich dadurch leicht nach unten verzog und mein „Miss Universum“-Lächeln sicherlich in eine „Vize-Miss Universum“-Grimasse verwandelte, her an. Haldir lächelte mich gelassen an, obwohl mir das heimtückische Funkeln in seinen Augen ganz und gar nicht gefiel. „Ihr seid Thronfolgerin des Landes Lothlórien. Ihr werdet viele hundert Jahre, vielleicht sogar bis in das nächste Zeitalter hinein, mit diesen Elben Seite an Seite leben. Ich halte es daher für angebracht, dass Ihr Euer Volk etwas näher kennen lernt.“ Ich war gerade mal 18 geworden und er sprach von den nächsten paar Jahrhunderten?! Hallo?! Ich schüttelte angewidert den Kopf. „Ihr haltet es für angebracht?“, fragte ich drohend. „Lady Galadriel hielt es für angebracht, dass ich Euch helfe, Eure Rolle als Thronerbin angemessen auszufüllen.“ Ich stieß ungläubig die Luft aus. „Ihr sollt meine männliche Anstandsdame spielen?“ Haldir lachte amüsiert. „Ich würde gerne mehr als Euer Berater und“, er zögerte und wirkte doch tatsächlich ein wenig unsicher, „Freund dienen.“ Okay, war ich endlich reif für die Männer mit den weißen Kitteln oder hatte mir Haldir gerade ernsthaft ein Freundschaftsangebot gemacht? Wie sollte ich darauf denn jetzt reagieren? Ich hatte keine Erfahrung mit dem Umgang von gut verschleierten Freundschaftsangeboten von kryptisch-redenden Hippies. Sollte ich ihm eine verschlüsselte Nachricht als Antwort geben oder reichte das Peace-Zeichen?! Wollte ich überhaupt die Freundschaft eines Kerls, der mich schon nach den ersten beiden Sätzen aus seinem Mund in tiefste Verwirrung und zwangsläufig auch Verzweiflung stürzte? Ich verstand ja meistens noch nicht mal die Hälfte von dem, was er eigentlich sagte! Indirekt hatte er gesagt, dass ich die nächsten hundert Jahre hier in Lothlórien mit ihm und dem Rest der „Blonden Armada“ würde auskommen müssen. Es war ihm – und den anderen offenbar auch nicht – noch nicht mal in den Sinn gekommen, dass ich womöglich überhaupt nicht in Mittelerde bleiben wollte... Trotzig starrte ich in mein Weinglas. Ich hasse es, wenn man mir meine Entscheidung ohne zu fragen einfach abnimmt. „Darf ich um diesen Tanz bitten, meine Dame?“ Ich hob den Kopf und Bens schüchternes Lächeln sorgte für eine willkommene Ablenkung. „Natürlich, mein Herr“, erwiderte ich und ergriff seine ausgestreckte Hand. „Obwohl ich dabei wahrscheinlich sämtliche wichtige Regeln der Etikette breche“, fügte ich augenrollend hinzu. „Immerhin ist das jetzt schon unser zweiter Tanz an diesem Abend. Die Leute könnten reden“, erklärte ich verschwörerisch flüsternd. Bens Wangen färbten sich leicht rosa. „Oh! Soll ich dich statt zur Tanzfläche lieber zu den Buffet-Tischen bringen? Ich möchte dir an deiner Geburtstagsparty keinen Ärger machen.“ Innerlich seufzte ich erleichtert. Zum Glück war Ben wenigstens wieder der Ben, den ich kannte und mochte. Vor acht Tagen bei unserem denkwürdigen Wiedersehen zusammen mit Lephisto und Legolas war er mir wie sein böser Zwilling vorgekommen. Aber jetzt war er ja wieder ganz der Alte. „Ach, Unsinn! Wie du schon sagst, das hier ist meine Geburtstagsparty, und als das Geburtstagskind wünsche ich mir noch einen Tanz mit dir.“ Ben lächelte erfreut und machte keinen weiteren Versuch, mir zu widersprechen. Als wir uns unseren Weg durch die Elbenmenge zur Tanzfläche bahnten, wurde ich zu beiden Seiten ehrfurchtsvoll mit Hofknicksen und Verbeugungen begrüßt. Es war fast so, als würden mich die lórischen Elben seit der Gefangennahme von Lephisto als vollwertige Prinzessin anerkennen. Als würden sie mich jetzt voll und ganz akzeptieren: als eine von ihnen und als künftige Herrscherin. Es war ein seltsames Gefühl auf der einen Seite. Andererseits machte es mich wahnsinnig wütend wie oberflächlich selbst die Elben waren. Musste ich erst den Weltfrieden herbeizaubern, um respektiert zu werden?! Blöde Hippie Bande. „Cala, ich wollte mich noch mal für die ganzen... Dinge, die in der Vergangenheit geschehen sind, entschuldigen“, sprach Ben vorsichtig das Thema an, das ihm offenbar seit acht Tagen besonders schwer im Magen lag. Die sechstägige Rückreise nach Lothlórien hatte er zumeist schweigend verbracht und die zwei Tage nach unserer Ankunft hatte ich ihn kaum gesehen aufgrund der Vorbereitungen für meine nachträgliche Geburtstagsfeier. „Es tut mir wirklich sehr leid. Alles tut mir-“ „Leid, ja, ja, ich weiß“, unterbrach ich ihn einfach. „Hör endlich auf, dich deswegen so herunterzuziehen, okay? Auch wenn du Saurons Sohn und Lephistos Bruder bist, du hast nie aktiv in den hinterhältigen Plänen deiner Familie mitgemacht.“ Er wirkte leicht betreten. „Außer als ich hierher kam, um zu spionieren...“ „...was jedoch kläglich gescheitert ist, da du nichts Wichtiges herausgefunden hast, und somit nicht zählt. Zudem hast du deinen Auftrag freiwillig abgebrochen und hast dich letztendlich sogar gegen deinen eigenen Bruder gestellt.“ In Gedanken klopfte ich mir auf die Schulter. Nicht mal Arwen hätte vernünftiger und anwaltsmäßiger daherschwafeln können. „Danke, Cala“, sagte Ben gerührt. „Okay, genug davon, Softie. Sag mir lieber wieso du dich so komisch benommen hast vor acht Tagen, bei unserer Begegnung.“ Ben grinste verlegen. „Das war das erste Mal, dass du mich wütend und berechnend gesehen hast, oder?“ „Ha!“, rief ich triumphierend aus. „Du hast doch ein zweites Böses Ich!“ Ben wusste, dass es nur ein Scherz war und verdrehte gutmütig die Augen. „Sag mir lieber, warum mich alle hier so anstarren, als würde ich gerade wirklich mein zweites Böses Ich herauskehren?“ Stirnrunzelnd sah ich mich um und tatsächlich zog Ben viele, nicht gerade einladende, Blicke auf sich. „Ich dachte, du hättest dich mit Glowy, Arwen und den anderen auf einen Neuanfang geeinigt, nachdem sie deine komplette Lebensgeschichte aus dir herausgepresst haben?“, fragte ich abwesend. Glowy hatte mir erzählt, dass Ben nach unserer Ankunft in Caras Galadhon von mehreren Würdenträgern Mittelerdes verhört worden war. Danach war beschlossen worden, ihm eine zweite Chance zu geben. Ben lachte kurz und bitter auf. „Das dachte ich auch.“ Ich lächelte verschmitzt. „Wahrscheinlich sind sie alle nur beleidigt, weil du zwei Tänze mit mir bekommst und sie nicht.“ „Ja, wahrscheinlich“, stimmte mir Ben nicht ganz überzeugt zu. Der Tanz endete und wir lösten uns voneinander. „Eins noch bevor wir das alles als ‚vergeben und vergessen’ abstempeln: Wie genau seid ihr denn nun von Edoras zur Erde gereist?“, fragte ich neugierig. Jetzt grinste auch Ben wieder. „Ganz einfach. Es steht ein riesiger Spiegel versteckt in den königlichen Pferdeställen.“ Ich stöhnte. Das durfte doch nicht wahr sein! Diese verdammten Pferdenarren... „Ich habe König Eomer von dem Spiegel erzählt. Er wollte sich in einer Ratsversammlung mit den anderen Herrschern der Völker darüber beraten, was mit ihm geschehen soll.“ Ich nickte. Dann klatschte ich unternehmungslustig in die Hände. „Asterix, ich könnt’ ein ganzes Wildschwein verdrücken.“ Ben lachte und reichte mir ganz der Gentleman den Arm. „Na dann, Obelix, auf zum Buffet.“ ~~~~~ „Sag mal, Haldir, bist du es nicht langsam mal leid, meine männliche Anstandsdame zu spielen? Du dackelst mir schon seit Stunden hinterher. Das hier ist eine Party, meine Party, um genau zu sein, und ich befehle dir, dich zu amüsieren.“ Haldir schenkte mir ein kleines Lächeln. „Es ist meine Pflicht an Eurer Seite zu bleiben.“ „Ach, vergiss doch wenigstens für heute mal die blöde Pflicht.“ Ich klopfte ihm ermutigend auf den Rücken, sodass er überrascht einen Schritt nach vorne stolperte. „Ich tu das schließlich auch.“ Ich versuchte unschuldig auszusehen, als er mich schief von der Seite her ansah. Gespielt schmollend verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Schau nicht so! Es ist gar nicht so einfach, Prinzessin zu sein!“ Diesmal war sein Lächeln herzhafter. „Ihr seid betrunken“, stellte er leider viel zu nüchtern fest. „Nur ein wenig“, verbesserte ich ihn. „Cala!“, knurrte eine Stimme, die sich verdächtig nach Glowy anhörte, und wenig später traten sie und Arwen auch tatsächlich aus der Elbenmenge hervor. Beide bauten sich direkt vor meiner Nase auf wie zwei Racheengel. Oha. „Hey Leute“, sagte ich vorsichtig. „Man redet“, bemerkte Glowy vorwurfsvoll, als müssten mir diese zwei Worte unglaublich viel sagen. Was sie aber nicht taten. „Und?“, fragte ich deshalb verständnislos. „Ist doch prima, dass mein Volk der Sprache mächtig ist. Macht das Regieren gleich viel einfacher. Ein Hoch auf mein Volk!“ Ich hob mein Glas Wein und trank einen großen Schluck. „Das ist nicht lustig“, mischte sich Arwen ein und warf misstrauische Blicke zu den Personen in unserer unmittelbaren Nähe. Anscheinend versuchte sie immer noch in die Berufsschnüffler-Branche einzusteigen. Paranoid genug kam sie jedenfalls rüber... „Aasgeier“, schimpfte Glowy. „Was ist denn los?“, fragte ich verwirrt. „Sagte ich doch“, erwiderte Glowy. „Es wird über dich, Ben, Legolas und Lady B geredet. Offenbar gibt es unter den Hochwohlgeborenen gerade keinen spannenderen Klatsch als ihr vier.“ Ich kratzte mir nachdenklich den Nacken. „Warum würden sie über uns reden wollen?“ „Heiratsgerüchte“, sagte Arwen nüchtern. Ich konnte förmlich fühlen wie das Blut aus meinem Gesicht wich. „H-Heiratsgerüchte?“ „Ach, du weißt schon“, winkte Glowy aufgebracht ab. „Anscheinend sind sich alle Anwesenden hier einig, dass Legolas am besten zu dir passen würde, doch sie befürchten, dass du dich mit Ben verloben wirst und Legolas mit Lady B.“ „Lady B ist nicht gerade beliebt unter den Elben“, erläuterte Arwen verächtlich. „Und Ben gegenüber hegen die meisten noch Vorurteile aufgrund seiner Herkunft.“ Meine Augenbrauen zogen sich bedrohlich zusammen. „Wärt ihr auch gegen eine Verbindung zwischen Ben und mir?“ „Ja!“, kam es dreistimmig. Wütend sah ich sie an. „Weder ihr noch sonst jemand hat das Recht, mir vorzuschreiben, mit wem ich zusammen sein soll!“ Haldirs Augen funkelten zaunpfahlwinkend. „König Thranduil war auch nicht glücklich über die Andeutungen über Legolas und Lady Berethniben.“ „Oh.“ Meine Augen studierten eingehend den Boden von meinem Weinglas. „Es war in der Tat ungewöhnlich König und Prinz des Düsterwaldes in der Öffentlichkeit streiten zu sehen“, sagte Beau, als er unserer kleinen, fröhlichen Runde beitrat und Glowy zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange gab. Meine beste Freundin wurde feuerrot im Gesicht, strahlte dafür aber heller als die glatt geschliffenen Steine auf ihrem Kleid. „Siehst du, selbst König Thranduil will, dass ihr ein Paar werdet! Und das will was heißen“, murmelte Glowy. „Also hört auf, euch aus dem Weg zu gehen und redet endlich wieder miteinander!“ „Ich geh’ ihm nicht aus dem Weg!“, verteidigte ich mich. „Er geht mir aus dem Weg!“ „Dazu hat er auch allen Grund!“, konterte Elladan und er und sein Bruder fixierten mich aus zusammengekniffenen Augen. Huh, wo kamen die denn auf einmal her? „Was denkst du dir nur dabei, Saurons Sohn Legolas vorzuziehen?“ Ich stemmte die Hände in die Hüften. „Erstens: Nenn ihn nicht so! Und zweitens: DAS GEHT EUCH ALLE ÜBERHAUPT NICHTS AN!“ „Doch“, grinste Arwen fies. „Schließlich sind wir alle doch eine große Familie.“ GRR! „Nur weil wir Freunde sind, heißt das noch lange nicht, dass ihr das Recht habt, euch in alles einzumischen!“ „Ich bin nicht Euer Freund“, meldete sich Haldir gespielt hochnäsig zu Wort. „Ich bin nur die männliche Anstandsdame.“ Alle starrten ihn an. Ich fing zu kichern an. Die hatten sie ja nicht mehr alle. Während Haldir sich nun dem spottenden „Tratschtantenclub Mittelerdes“ stellen musste, stahl ich mich klammheimlich davon. Der Weg der Freiheit von all diesen Verrückten leuchtete hell vor mir – bis er von meinem Opi versperrt wurde. „Wie mir scheint hatte bereits jeder andere das Vergnügen eines Tanzes mit dir außer deinem Großvater. Manche sogar zweimal.“ Meine Augen wurden schmal. „Was im Angesicht deines Ehrentages an Bedeutung verliert“, fügte er mit einem warmen Lächeln hinzu. Er reichte mir seine Hand. „Du gestattest?“ Während wir tanzten, erwischte ich Omi dabei, wie sie uns glücklich lächelnd beobachtete. „Weißt du, Opi“, begann ich nachdenklich, „ich kann mich nicht daran erinnern, Oma jemals so... sorgenfrei gesehen zu haben wie in den letzten zwei Tagen. Sie scheint glücklich zu sein.“ Oder vielmehr bekifft. Und das war ein schauriger Gedanke in Bezug auf meine eigene Großmutter... Wieso wirkten eigentlich alle Elben bekifft, wenn sie glücklich waren? Mmh, vielleicht, weil sie sonst immer viel zu zugeknöpft waren, um Emotionen zu zeigen? Mmmmh, ich sollte mal darüber sinnieren... „Wir alle sind froh darüber, endlich unsere langjährigen Sorgen hinter uns lassen zu können.“ „Huh? Oh, du meinst wegen Lephisto und der Bedrohung für Mittelerde.“ Ich nickte verstehend. „Nein, wegen dir“, widersprach Opi. „Wegen mir?“, fragte ich verwirrt. Warum mussten mich alle eigentlich andauernd so verwirren? Konnten die nicht einfach mal, nur so zur Abwechslung, über Dinge reden, die ich auch verstand? War das denn wirklich zu viel verlangt? „Du weißt, deine Großmutter besitzt den Spiegel, welcher es ihr erlaubt, Ereignisse aus der Vergangenheit, der Gegenwart und mögliche Geschehnisse der Zukunft zu sehen.“ Na klar, wie könnte ich auch Omis tolle Spielzeuge vergessen? Tz! „Und vor vielen Jahren sah sie bereits Lephisto, Ben und... dich. Sie wusste, dass du zu Ben eine starke Bindung aufbauen würdest, und dass ihr euch Lephisto im Kampf stellen würdet. Aber der Spiegel zeigte viele Möglichkeiten und eure Schicksale blieben ungewiss. Wir fürchteten, du würdest im Kampf sterben und es war uns untersagt, in dein Schicksal einzugreifen.“ In diesem Moment wirkte mein Opa erschreckend alt. Und müde. Die Last der Jahre hatte bei ihm deutliche Spuren hinterlassen. Ich unterbrach den Tanz, stellte mich auf die Zehenspitzen und umarmte ihn impulsiv. „Ich hab’ dich lieb“, flüsterte ich und war im selben Moment über meine eigene Gefühlsduselei überrascht. Der Wein, ich kann’s nicht oft genug wiederholen, aber dieser elbische Wein... „Ich dich auch“, murmelte Opi in mein Haar und schlang fest die Arme um mich. ~~~~ Es war weit nach Mitternacht, die Party war immer noch in vollem Gange und ich fand mich selbst mal wieder an der Seitenlinie vor, ein frisches Glas Wein in der Hand und die männliche Anstandsdame pflichtbewusst an meiner Seite. Die Chaos-Truppe, auch genannt meine Freunde, hatte ich glücklicherweise erfolgreich abgehängt – bis auf besagte männliche Anstandsdame. Haldir hatte es zu meiner unendlichen Erleichterung mittlerweile aufgegeben, mich mit langweiligen Details über meine Landsleute auf die Nerven zu gehen, und begnügte sich stattdessen damit, mir wie mein zweiter Schatten an den Fersen zu kleben. Äußerst prickelnd. „Ich muss gestehen, dass er gar nicht so übel ist, wenn man seine Herkunft einmal beiseite lässt“, sagte Arwen, als sie an meiner freien Seite auftauchte. Arwen und ich hatten uns inzwischen wieder vertragen. Na ja, eigentlich hatten wir nicht mehr über unseren Streit gesprochen, aber bei meiner Rückkehr nach Lothlórien hatte sie mich umarmt und ich hatte ihre Entschuldigung auch ohne Worte angenommen. Ich warf ihr einen triumphierenden Blick zu. „Hab’ ich doch gesagt.“ „Niemand konnte wissen, dass er mehr der Wissenschaft zugetan ist als dem Streben nach Macht“, verteidigte sie sich. „Auch du hast an ihm gezweifelt.“ Ich rollte genervt die Augen. „Ja, ja, ich geb’s zu, okay? Können wir das Thema Ben dann jetzt endlich mal abschließen?“ „Nein“, sagte Elladan stur, und ich musste zu meinem Leidwesen erkennen, dass mich die Chaos-Truppe erneut umzingelt hatte. Mist, ich war nachlässig gewesen und zu lange an einem Ort gestanden, sodass sie mich hatten finden können. Mist, Mist, Mist. Ich knuffte Elladan aufmunternd in die Wange. „Wenn du so besessen bist von Ben, dann geh doch einfach rüber zu ihm und sprich ihn an. Dadurch könntest du vieles sehr viel leichter über ihn herausfinden.“ Ich zwinkerte ihm bedeutungsvoll zu, während er rote Ohren bekam vor Zorn. Arwen schmunzelte. „Ich tue das nicht für mich!“, rief Elladan empört aus. „Ich tue das für Legolas!“ Ich zog beide Augenbrauen hoch. „Aber du hasst Legolas.“ „Wir hassen Legolas nicht.“ Elrohir scharrte verlegen mit den Füßen. „Wir haben eine Art Waffenstillstand geschlossen“, erklärte Elladan etwas zögerlich. „Als ich vom Schlachtfeld zurück nach Lothlórien begleitete.“ Arwen schien diese äußerst interessante Information ebenfalls neu zu sein, denn sie verpasste den beiden Zwillingen erst mal eine Kopfnuss. „Wieso seid ihr beide so schrecklich verschwiegen, wenn es um euren mysteriösen Streit mit Legolas geht? Sonst erzählt ihr doch auch groß und breit von jedem Rock, dem ihr nachjagt!“ Ich war stolz auf Arwen. Nein, wirklich! Sie hatte mir gezeigt, dass doch noch nicht alle Elben Haldirs steifer Ausdrucksweise verfallen und somit rettungslos verloren waren. Nein, nicht meine Cousine. Ich war mir ziemlich sicher, dass, hätte sie die Wörter gewusst, sie sehr undamenhaft geflucht hätte. Ich war ja so stolz auf sie. Elrohir und Elladan schauten trotzig drein wie kleine Kinder, die sich weigerten, ins Bettchen zu gehen. Für ihr Schmollen kassierten sie gleich noch mal zwei Kopfnüsse von Arwen. Hehe. Haldirs Lippen zuckten verdächtig und es war nur allzu klar, wie sehr er die missliche Lage der beiden bedröppelten Prinzen genoss. „Es ging um Lady Berethniben“, mischte sich eine neue Stimme unerwartet ein, und ich war noch viel erstaunter zu sehen, dass es niemand anderer als Tulu war. „Tulu!“, zischte Elrohir warnend. Tulu jedoch zog lediglich eine Augenbraue in die Höhe. „Meint Ihr nicht, Prinz Elrohir, dass Eure Cousine es verdient, die Wahrheit zu erfahren? Immerhin ist sie die zukünftige Gemahlin von Prinz Legolas – sobald dieses Missgeschick aufgedeckt ist und ihre Zweifel an der Beziehung zwischen Prinz Legolas und Lady Berethniben zerstreut sind.“ Ich blinzelte ihn an. Er war der einzige von der ganzen Chaos-Truppe, der davon überzeugt war, dass ich Ben Legolas nicht vorzog. Aber woher wusste er bloß von der fiesen kleinen Stimme in meinem Kopf, die mir immer wieder zuflüsterte, dass Legolas Lady B nicht so rigoros abwies wie ich es gern gesehen hätte? „Euer Vater ist ebenso der Meinung, es wäre besser, Ihr würdet es ihr sagen anstatt darauf zu hoffen, dass Prinz Legolas und Prinzessin Caladeth von selbst erkennen, dass sie von falschen Tatsachen geblendet werden.“ Automatisch sahen alle hinüber zu Elrond, welcher sich gerade mit meinen Eltern, Großeltern, Gimli und anderen Adligen unterhielt. Er fing die Blicke seiner beiden Söhne auf und nickte ihnen auffordernd zu. Die Zwillinge sahen sich an und seufzten. Trommelwirbel. Die Spannung stieg. Elladan räusperte sich und versuchte vergeblich dabei sein Grinsen zu unterdrücken. „Bei einem gewissen Vorfall im Düsterwald vor ein paar Jahren glaubte Lady Berethniben, dass Legolas...“ Er räusperte sich etwas lauter dieses Mal. „... dass er unfähig sei, Nachkommen zu zeugen.“ Schweigen. Meine Schultern fingen zu zucken an. „Lady B glaubte, Legolas wäre impotent?“ Auf Elrohirs Nicken hin fing ich schallend zu lachen an. Glowy ebenfalls, doch als auch Elladans und Elrohirs Mundwinkel zuckten, kassierten beide böse Blicke von den übrigen männlichen Mitgliedern der Chaos-Truppe. Mein Mund klappte auf und zu wie ein Fisch. „Er ist wirklich impotent?!“ „NEIN!“, schrie Elrohir aufgeregt und wedelte wild mit den Händen. „Fang ja nicht an, auch an solche Dinge zu glauben.“ Ich zog eine Augenbraue hoch. Okaaay... Männer. Glowy wandte sich belustigt an die beiden Zwillinge. „Was bitte war das denn für ein Vorfall vor ein paar Jahren?“ „Nun ja“, zögerte Elladan, aber Arwens warnender Blick ließ ihn hastig fortfahren. „Vor einigen Jahren, als unsere Familie zu Besuch im Düsterwald war, fanden Elrohir und ich großen Gefallen daran, Legolas zu reizen.“ Arwen nickte grinsend und die Augen meiner beiden Cousins glitzerten. Anscheinend war das eine schöne Zeit für die Bruchtalelben gewesen. Und wahrscheinlich weniger schön für die aus Düsterwald. „Elrohir, Arwen und ich blieben für mehrere Wochen als Gäste im Palast, selbst als unser Vater zurück nach Bruchtal reiste. Schnell erkannten wir, dass die einfachste und wirksamste Methode, Legolas zu ärgern, seine zahlreichen Verehrerinnen waren, und ganz besonders Lady Berethniben.“ Elladan lächelte entrückt, als seine Gedanken zurück in die Vergangenheit wanderten. „Die Aufmerksamkeit, die er von ihnen erhielt, war ihm unangenehm und peinlich. Er versuchte sich, soweit es ihm möglich war, von den aufdringlichen Elbinnen fern zu halten, aber Lady Berethniben – die aufdringlichste und hartnäckigste von allen – vereitelte sein Vorhaben zumeist. Unglücklicherweise ist Lady Berethniben die Tochter des königlichen Beraters von Düsterwald – König Thranduils engstem Vertrauten. Legolas konnte sie nicht öffentlich demütigen indem er sie abwies, und seine subtilen Andeutungen überging sie.“ „Oh, armer Legolas“, grinste Glowy. „Er war sicher überfordert mit einer Horde machthungriger Elbinnen. Sein Vater und dessen Meinung über Frauen im Allgemeinen in der Nähe seines Sohnes haben es bestimmt auch nicht gerade leichter für ihn gemacht.“ Ich schnaubte. Oh ja, armer Legolas. Er fand es bestimmt ganz schrecklich, dass sich ihm so viele willige Frauen vor die Füße warfen. Und nein, ich bin NICHT eifersüchtig. Elrohir strich sich eine Strähne seines langen Haares aus dem Gesicht. „König Thranduil zweifelte ebenso an der Aufrichtigkeit der Gefühle der Damen und tat sein Bestes, um sie abzuschrecken“, nickte er Glowy rechtgebend zu. „Nur bei Lady Berethniben hielt er sich zurück; denn sie ist ja die Tochter seines engsten Freundes“, ergänzte Elladan. „Bis heute“, widersprach Elrohir mit einem fiesen Grinsen auf dem Gesicht. „Es scheint als wäre König Thranduil aus irgendeinem Grund der Meinung, sich nun einmischen und ihre Annäherungsversuche unterbinden zu müssen.“ Er sah mir direkt in die Augen, als er das sagte, doch ich reckte nur stur das Kinn. „Kommt endlich zur Sache, damit wir endlich aufhören können, über Legolas und seine zahlreichen Bettgeschichten zu reden“, knurrte ich ungeduldig. Das Thema ging mir auf die Nerven. Was interessierte es mich, wie viele Verehrerinnen Legolas hatte und was er mit Lady so alles angestellt hat. Igitt. Ich glaub’, mir wird schlecht. Grr, verdammte Männer... Das interessierte mich alles gar nicht. Nein, kein bisschen. Überhaupt nicht. Null. Und nein, ich bin IMMER NOCH NICHT eifersüchtig!! Argh! Tulu hob arrogant eine Augenbraue und lächelte mich spöttisch an. „Nun ja, eines Nachmittags, als Legolas sich wieder einmal zu verstecken versuchte, trafen Elrohir und ich auf Lady Berethniben, welche verzweifelt nach ihm suchte...“, fuhr Elladan unbeirrt fort. „... und hilfsbereit, wie wir nun mal sind, haben wir ihr weitergeholfen und ihr gesagt, wo Legolas sich aufhielt“, grinste Elrohir diabolisch. Ärgerlich stapfte ich laut mit dem Fuß auf. Elladan seufzte. „Kurz gesagt: Legolas reagierte nicht auf Lady Berethnibens Verführungsversuche und so kam sie eben zu dem Schluss, da es ja nicht an ihr liegen konnte, etwas mit ihm nicht stimmen konnte.“ Er schielte unschuldig zu mir, als ich abrupt mit dem Fußstapfen aufhörte. „Wie genau reagierte Legolas denn nicht?“, fragte ich grummelnd. „Nun ja“, Elladans Ohren liefen erneut verdächtig rot an. „Legolas reagierte überhaupt nicht.“ Glowy fing schulmädchenhaft – oh, warte, sie war ja theoretisch ein Schulmädchen – zu kichern an und Arwen wurde rot bis in die Haarspitzen. Okay. Warum war ich die einzige, die das jetzt nicht verstand? Elrohir stöhnte, als er meine verständnislose Miene sah. „Er reagierte überhaupt nicht.“ „Sodass Lady B glaubte, er wäre impotent“, gluckste Glowy hilfreich. Oh. Ich sah zu Boden. „Also lief was zwischen den beiden“, folgerte ich. „Nein, eben nicht!“ sagte Arwen grinsend. „Es gab ein paar Zuschauer dieser... Begebenheit und es drohte das Gerücht aufzukommen, das einzige Kind, das Erbe des Düsterwaldes sei unfähig, Nachkommen zu zeugen – wäre dieses Gerücht tatsächlich bis zum Volk durchgedrungen, es wäre ein riesiger Skandal gewesen. Wer hat denn auch schon von einem zeugungsunfähigen Thronfolger gehört? Wer hätte nach ihm denn den Thron besteigen sollen? Deshalb verbot Vater uns, uns darüber lustig zu machen oder überhaupt darüber zu sprechen und Lady Berethniben wurde glaubhaft weisgemacht, er wäre an diesem Tag bloß erschöpft gewesen“, schloss Elladan. Arwen runzelte die Stirn. „Das alles erklärt aber immer noch nicht euren jahrelangen Streit mit Legolas.“ „Nun ja, die Warnung für das nicht darüber lustig machen kam etwas zu spät“, brummte Elrohir. Arwen schüttelte den Kopf. Tulu sah mich erwartungsvoll an. „Sind nun alle Zweifel beseitigt worden?“ „Ich weiß nicht“, sagte ich stur. Ich mein’, hallo?! Sollte ich jetzt bloß mit diesem neuen Wissen in Legolas’ Arme rennen, wohlwissend, dass er Lady B bis zu einem gewissen Punkt ihre Annäherungsversuche durchgehen lassen würde? Hallo, Selbstrespekt?! „Legolas hat nie wirkliches Interesse an den Frauen gezeigt. Er wartete all die Jahre auf die Eine“, sagte Haldir sanft. „Er glaubt, du bist die Eine.“ „Soll das heißen, er war nie mit einer Frau zusammen?“, fragte ich hoffnungsvoll. „Er dachte, er würde etwas für die Frauen empfinden, mit denen er zusammen war, aber dem war nicht so“, sagte er schlicht. „Oh.“ Ich setzte ein strahlendes Lächeln auf. „Schön, dass wir das jetzt alles geklärt haben! Und jetzt brauche ich frische Luft.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, machte ich auf dem Absatz kehrt und steuerte einen der kleineren Balkone an. Ich war froh, dass ich die einzige auf diesem Balkon war und genoss die sanfte Sommerbrise. Wieso mussten Männer immer so verdammt... schwierig sein? Und warum, verdammt noch mal, gab es davon so viele in Mittelerde?! Plötzlich spürte ich, wie jemand neben mich trat. „Ich glaube, ich habe es bisher versäumt, Euch zu Eurem vergangenem Geburtstag zu gratulieren“, sagte Legolas, sah mich aber nicht an. Den Blick hielt er auf den dunklen Nachthimmel gerichtet und die Hände hatte er hinter dem Rücken verschränkt. Er hätte genauso gut mit einem Neonschild herumwedeln können, das besagte: „ACHTUNG! Hier wird in wenigen Minuten ein sehr ernstes und unangenehmes Gespräch stattfinden. Wenn Sie nicht unmittelbar betroffen sind, sollten Sie sich zu Ihrer eigenen Sicherheit außer Reichweite begeben. Vielen Dank, Ihr Hippie-Gefahren-Früh-Warnsystem“. „Danke“, antwortete ich. Legolas’ Hände schienen hinter seinem Rücken einen erbitterten Kampf auszufechten. Faszinierend. „Und ich sollte Euch wohl auch zu Eurer Verlobung mit... Ben gratulieren“, fuhr er fort und seine Hände schienen sich mittlerweile gegenseitig die Blutzufuhr abzuschnüren, so verkrampft waren sie. Wieso redete an diesem Abend eigentlich jeder vom Heiraten? Uäh! „So wie ich dir zu deiner Verlobung mit Lady B gratulieren sollte?“, fragte ich spitz. Ehrlich verwundert sah er mir zum ersten Mal an diesem Abend ins Gesicht. Oh, warte, es war das erste Mal, dass ich ihn an diesem Abend überhaupt sah. „Ich bin nicht verlobt mit Lady Berethniben! Woher habt Ihr diesen Unsinn?“ Ich unterdrückte das lächerlich glückliche Lächeln, welches drohte meine kühle Fassade der Eisprinzessin gegenüber Legolas zu zerstören. „Wahrscheinlich genau daher, wo du den Mist über eine bevorstehende Heirat zwischen Ben und mir herhast.“ Ich verzog das Gesicht. „Ich bin noch zu jung zum Heiraten.“ Legolas sah mich durchdringend an. „Aber in absehbarer Zeit werdet Ihr Ben ehelichen müssen, damit ihr gemeinsam über Lothlórien herrschen könnt.“ „Woah, woah! Jetzt mal langsam! Ben und ich sind nicht zusammen, ja! Wie kommst du darauf? Und außerdem, ich lass mir doch nicht von meinem Volk vorschreiben, mit wem ich was tue! Ja, soweit kommt’s noch!“ Legolas betrachtete mich fast anklagend. „Nach dem Sieg über Lephisto in Edoras schien es deutlich zu sein, wem Eure Zuneigung wirklich gehört.“ Mein rechtes Auge fing unkontrolliert zu zucken an. „Ist das etwa der Grund, weswegen du mir seit acht Tagen aus dem Weg gegangen bist?“ Legolas erwiderte nichts, aber sein stoischer Gesichtsausdruck sprach dafür Bände. „Du Idiot!“, rief ich. „Warum hast du mich nicht einfach gefragt? Das hätte mir eine Menge ungesunder und zeitverschwendender Grübelei erspart!“ Mein rechtes Auge zuckte exakt im Sekundentakt. „Dieses ganze Hin und Her, deine verdammten Stimmungsschwankungen – das geht mir alles tierisch auf den Keks, Legolas! ICH BIN DIE FRAU; ICH HAB’ DIE STIMMUNGSSCHWANKUNGEN! Wenn unsere Beziehung auch so wird, solltest du dir besser jetzt schon ein Gästezimmer einrichten – UND ZWAR AM ANDEREN ENDE DES PALASTES! Oder ich kann für nichts garantieren!“ Legolas trat ganz dicht vor mich und umfasste vorsichtig mein Gesicht mit beiden Händen, so als wäre ich aus besonders leicht zerbrechlichem Glas. ICH aus GLAS! Ha! Von wegen. „Haben wir eine Beziehung?“, fragte Legolas leise. „Keine Ahnung!“, schrie ich. „Ich mein’, wenn du mich dauernd abweist, ignorierst und mit Lady B-ich-hab-nur-drei-Gehirnzellen flirtest, WOHER SOLL ICH DANN WISSEN, OB UNSER KUSS ÜBERHAUPT ETWAS BEDEUTET HAT? Ich mein’, Haldir zufolge hast du ja viel Erfahrung mit Frauen. Wer weiß, ob du dich bei all den schönen und perfekten Elbinnen überhaupt noch an mich erinnerst? Ich mein’...“ Für eine kurze Zeit lang meinte ich erst mal gar nichts mehr. Ich mein’, es ist auch etwas schwierig zu reden, wenn man gerade geküsst wird, oder? Als Legolas den Kuss unterbrach und mich anlächelte, schienen sich seine Gesichtszüge zu verändern. Auf einmal wirkte er jünger, fröhlicher, einfach glücklich. „Hast du vergessen, dass ich dich liebe, Cala? Ich meine es ernst, ich will eine Beziehung mit dir.“ Er wirkte wie ein kleiner, eifriger Junge, dem gerade sein größter Wunsch in Erfüllung geht. Ich spürte, wie ich zu lächeln anfing. Legolas lehnte seine Stirn an die meinige. „Ich war so eifersüchtig auf Ben. Du hast mir nie gesagt oder gezeigt, was du für mich empfindest, und ich fürchtete jeden Augenblick, du würdest dich letztendlich doch für ihn entscheiden und mich vergessen.“ Jetzt spürte ich, wie ich rot wurde. Mann, war Legolas immer schon so verdammt kitschig gewesen? Oder war er wirklich so erleichtert, dass zwischen Ben und mir nichts lief? Männer – zum hundertsten Mal. Wenn es um das weibliche Geschlecht geht, sind sie doch alle bloß große Softies... „Ben und ich sind nur Freunde, aber das werden wir auch immer sein“, bemerkte ich vorsichtig. „Er kehrt zwar zur Erde zurück, um die Schule zu beenden, aber er wird uns immer mal wieder besuchen kommen und ich will mich dann nicht wieder wegen deiner unangebrachten Eifersucht unnötig aufregen müssen! Verstanden?“ Legolas lächelte und küsste meine Nasenspitze. „Solange du hier bei mir bleibst und nicht mit ihm zur Erde zurückkehrst, bin ich glücklich.“ Trotzig blitzte ich ihn an. Auch Legolas hatte kein Recht, sich in die Dinge einzumischen, die ich tat. „Ach ja? Und was ist, wenn ich gar nicht in Mittelerde bleiben will? Was wenn ich in ein paar Tagen oder Wochen wieder zur Erde reise, wo ich aufgewachsen bin? Was dann?“ Legolas wirkte etwas verunsichert von dieser unerwarteten Wendung der Dinge. „Das meinst du nicht ernst.“ Wütend machte ich einen Schritt weg von ihm. „Und warum nicht? Immerhin hat mich nie jemand gefragt, ob ich in Zukunft in Mittelerde bleiben will. Alle setzen es einfach so voraus, aber niemand fragt mich.“ Aufgewühlt begann ich vor ihm auf und ab zu laufen. „Vielleicht will ich ja gar nicht Prinzessin sein – schon mal daran gedacht? Vielleicht gefällt es mir hier ja gar nicht? Vielleicht mag ich mein Volk nicht oder bin allergisch gegen... Blätter.“ Ich hielt inne und schüttelte über mich selbst den Kopf. Konnten Elben überhaupt gegen irgendetwas allergisch sein, dass mit Bäumen zu tun hat? Ich mein’, wo sie doch solche Naturfreaks sind, müsste das doch eigentlich vollkommen unmöglich sein... Elben, die nicht den Bäumen huldigen können... wer hat denn schon mal so was gehört? Ich, äh, kam vom Thema ab. Legolas beobachtete mich mit zusammengepressten Lippen. Sein Gesicht war bleich und eingefallen. Im Großen und Ganzen sah er alles andere als glücklich aus. Für einen Moment schloss er die Augen und holte tief Luft, so als wollte er sich wappnen für das, was er als nächstes sagen würde. „Dann entscheide dich. Du hast die Wahl.“ Ich hielt mitten im Laufen inne und sah ihn perplex an. „Was, du versuchst nicht, mich umzustimmen? Keine Weisheiten oder kluge, pflichtbewusste Prinzensprüche? Du hältst mir nicht meine Verpflichtungen und meine Herkunft vor?“ Er verzog keine Miene. „Du kennst deine Herkunft, Cala. Es ist deine Entscheidung und ich werde sie akzeptieren.“ Ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Okay, so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Der Trotz in mir machte Platz für Unsicherheit. „Warum?“, fragte ich. Legolas lächelte liebevoll, auch wenn es von seinem Kummer überschattet wurde. „Vater und du, ihr mögt denken, dass ich Gefühle für Lady Berethniben habe, doch das entspricht nicht der Wahrheit. Sie bedeutet mir nichts, Cala, du hingegen bedeutest mir alles. Deine Wünsche liegen mir am Herzen und wenn die Rückkehr zur Erde wirklich das ist, was du willst, so werde ich dich nicht aufhalten.“ So wie er nicht im Weg zwischen Ben und mir hatte stehen wollen, als er glaubte, wir wären ein Paar... „Ich weiß nicht“, sagte ich schwach. Seine Worte nahmen mir den Wind aus den Segeln. Plötzlich schien so vieles auf dem Spiel zu stehen. Und ich wusste nicht, wie ich mit dieser Wendung umgehen sollte. „Ich weiß einfach nicht, ob ich wirklich hierher gehöre...“ „Du musst dich entscheiden“, sagte Legolas, nahm meine Hand und hob sie an die Lippen. „Lass dir etwas Zeit.“ Mit diesen Worten ließ er mich stehen und trat zurück in den Saal. Fassungslos sah ich ihm nach. Ich wollte nicht, dass er ging. Ich wollte ihn nicht verlassen. Ich wollte- „Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr Eure Entscheidung nicht schon längst getroffen habt?“, fragte König Thranduil und trat neben mich. Ich rieb mir missgelaunt die Stirn. „König Thranduil, habt Ihr uns etwa belauscht?“ Nicht einmal seine Ohren liefen rot an. Grr. „Was hält Euch noch auf der Erde? Eure Familie, Eure Freundin, Legolas – sie alle sind hier.“ Ich machte den Mund auf, um ihn zu fragen, was er sich einbildete, sich in meine Angelegenheiten einzumischen, als ich von einem anderen Gedanken abgelenkt wurde. „Glowy... Ich habe nie mit ihr darüber gesprochen... Sie bleibt hier?“, murmelte ich vor mich hin. König Thranduil ließ mich nicht aus den Augen. „König Eomer will um ihre Hand anhalten.“ Wie vom Donner gerührt starrte ich ihn an. Dann rannte ich los. Ich holte ihn ein, kurz bevor er den Saal verließ, und blockierte ihm den Weg. „Okay, ich habe mich entscheiden.“ Legolas sah mich verwundert an. „Cala, wenn du noch mehr Zeit brauchst-“ Ich atmete tief durch. „Ich bleibe hier.“ Legolas blinzelte. Einmal, zweimal, dann stöhnte er unelbisch auf und schlang die Arme um meine Taille, um mich zu küssen. Eine kleine große Weile später umarmten wir uns immer noch, völlig ignorant gegenüber unserer Umgebung, und Legolas strich zärtlich über mein Haar. „Du bleibst hier, bei mir?“ Ich nickte lächelnd. Er küsste mich erneut und strahlte mich an. „Gut.“ Seine Finger fuhren sanft über meine Wange. „Dann bleibt nur noch eine Frage offen: Soll unsere Hochzeit im Düsterwald oder in Lothlórien stattfinden?“ H-Hochzeit? Legolas lachte über meinen Gesichtsausdruck und küsste übermütig meine Nasenspitze. „Ich liebe dich, Cala.“ Ich seufzte, denn ich glaubte ihm. Es war ein seltsames Gefühl, sich in mehr als nur dem wörtlichen Sinne an jemanden zu lehnen, aber ich vertraute Legolas. Mir wurde klar, dass ich nie wirklich zurück zur Erde hatte reisen wollen. Mit der Zeit hatte ich mich in Mittelerde und auch in Legolas verliebt, ohne es mir eingestehen zu wollen. Aus Angst. Aber ich konnte doch nicht immer aus Angst davonlaufen, oder? Ich war 18, eine Prinzessin und besaß ein Volk. Vielleicht hatte Mittelerde mir ein wenig darin geholfen, erwachsener zu werden. Ich sah zu Legolas auf und traf seinen Blick, welcher voller Wärme auf mir ruhte. Und vielleicht war es auch gut so, erwachsen zu werden. Legolas würde mir immer zur Seite stehen, genau wie meine Freunde und Familie. Ich hatte überhaupt nichts zu fürchten. „Oh Eru, ich glaube, mir wird schlecht... Hat er sie gerade geküsst?“ „Elladan, halt die Klappe!“ „Aber Arwen, sie haben sich geküsst! Das ist... schrecklich.“ „Ich dachte, du wolltest die beiden zusammenbringen?“ „WAS?! Auf gar keinen Fall! Tulu wollte sie zusammenbringen, genau wie Haldir, Glowy, Púren, König Thranduil, Lady Galadriel... du... Warum nur? Meine arme Cousine!“ Legolas’ Gesicht versteinerte sich und ich verbiss mir ein Grinsen. Langsam stellte ich mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn flüchtig auf den Mund. „Ich glaube, ich liebe dich, Legolas.“ Und während Elrohirs Würgegeräusche flüchtig im Hintergrund zu hören waren, hob mich Legolas in die Luft und bedeckte mein Gesicht mit kleinen Küssen, sodass ich hilflos zu kichern anfing. Na ja, man musste ja nicht sofort vollkommen erwachsein sein, oder? ~~~~~ Wow. Das war’s. Nach 3 Jahren ist die Story endlich beendet. Wow. Okay, ich fühle mich gerade seltsam... Ich weiß, der Epilog ist mega schlecht, aber ich habe lange nachgedacht, wie ich die Story beenden soll und ich wollte einfach noch mal hervorheben, dass Cala sich im Laufe der Story schon etwas verändert hat, tatsächlich etwas erwachsener geworden ist, sich aber ansonsten auch wiederum nicht verändert hat. Na ja. Ich hoffe, es hat euch trotzdem einigermaßen gefallen. Na ja. An dieser Stelle möchte ich mich bei all den Leuten bedanken, die diese FF jemals gelesen oder kommentiert haben! Vielen, vielen Dank! Das hat mir wirklich viel bedeutet. Ohne eure Unterstützung wäre diese Story wahrscheinlich nie beendet worden. *euch allen einen Keks geb* Ich wünsche euch was! Vielleicht bleibt man ja trotzdem irgendwie in Kontakt. *Schultern zuck* Alles Liebe, Channah Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)