ONLY- the lost world (chapter 6) von Aerith ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Chapter 6 Ist es Liebe? Schon bald erreichte die Gruppe die Tore von HandCoast. Außer Silver, sah man allen die Enttäuschung an. Ihre Erwartungen hatten sich nicht erfüllt. Sie hatten an etwas Prächtigeres gedacht, und die primitive Kleinstadt mit seinen Fachwerkhäusern, in der rauhe Seemannssitten herrschten, fast nur ein Dorf, hatte nichts von dem Ort, den man sich vorstellte, wenn man vom Goldenen Hafen sprach gemeinsam. Dazu kam, dass keine Menschenseele zu entdecken war. Die kopfsteingepflasterte Hauptstraße war wie leergefegt. Von Osten wehte ein kräftiger Wind, der nach Meer roch und eine alte Zeitung durch die Luft wehen ließ. "Und wo ist der Goldene Hafen?" Rahel schaute verunsichert. Silver ignorierte ihre Frage. "Es dämmert, lasst uns nach einer Herberge suchen." Aerith fror, ihre Zähne klapperten. Rainbow hatte sich auf ihrer Schulter niedergelassen und sich in Aerith' wuschelige nussbraune Mähne gekuschelt. Sie lächelten einander an. "Mir ist das Gefühl Kälte fremd.", kicherte die Eiselfe, "Aber wenn ich dich so frieren seh' , muss ich auch zittern." Silver führte die jungen Abenteurer durch ein paar verlassene Gassen und erreichte eine Gaststätte. "Zur singenden Sirene", las Uranus leise und öffnete die Tür. Ein erdrückender Gestank von Alkohol und Rauch kam ihnen entgegen. "Da geh ich nicht rein!" protestierte Rahel augenblicklich und setzte sich stur auf die Steinstufe vor dem Eingang. "Dann bleib' draußen, Prinzesschen!" entgegnete Aerith verächtlich und folgte Uranus, Silver und Rainbow. Eine Zeit lang blieb Rahel bockig, mit verschränkten Armen draußen hocken, doch allmählich wurde ihr kalt. Sie hielt sich ihre Stupsnase zu und rannte in die warme Herberge. Die Prinzessin humpelte an der Theke vorbei. Unwillig sah sie sich um. Eine kleine verräucherte Kneipe, in der eine Treppe in den zweiten Stock führte. Außer dem Barmann, einem fetten bärtigen Kerl, der auf einer Zigarette zwischen seinen Wulstlippen herumkaute, war niemand da. Er trocknete einige Biergläser und äugte die 16-Jährige misstrauisch an. Langsam gewöhnte sich Rahels feine Nase an den üblen Geruch. Sie ließ ihre Blicke herumschweifen, doch entdeckte ihre Begleiter nicht. Der Wirt spuckte seinen Zigarettenstummel auf den Boden und wies ihr nickend Richtung Treppe. Schnell humpelte sie die Stufen hinauf. Aerith, Silver, Rainbow und Uranus hatten bereits angefangen sich in die drei gemieteten Zimmer einzuquartieren, als die smaragdhaarige Prinzessin am Treppenaufgang erschien. Der Junge hatte sich für das Einzelzimmer entschieden, was Rahel zutiefst betrübte. Aerith teilte sich den Raum mit der Elfe Rainbow. Diese war überglücklich, denn sie hatte ein großes Bett für sich allein und kein Puppenbett wie sie zuerst vermutet hatte. Rahel zog für die Nacht mit zu Silver. "Ein anstrengender Tag ..." seufzte Aerith und ließ sich auf ihr hartes, mit Stroh gefülltes Bett fallen, "Ich hoffe Will geht es gut." Sie erhielt keine Antwort. Aerith sah auf. "Rainbow?" Sie lächelte, als sie bemerkte, dass sich die Kleine auf dem anderen Bett zusammengerollt hatte und schlief. Aerith pustete die Kerze aus, die auf dem Fußboden stand, da es außer den zwei Betten an jedem weiteren Möbelstück mangelte. Sie legte sich auf den Rücken, zog sich die viel zu kurze kratzige Wolldecke bis unters Kinn, so dass ihre Füße der Kälte ausgesetzt waren und starrte die dunkelgraue Zimmerdecke an. Im Nebenzimmer, dem von Rahel und Silver, ging es wesentlich unruhiger zu. 25 Rahel war sofort eingeschlafen, obwohl sie pausenlos getönt hatte, dass sie in diesem vergammelten Zimmer niemals ein Auge zutun könne. Ganz im Gegensatz zu Silver, die sich genervt auf ihrem Lager hin und her warf. Rahels unaufhörliches Schnarchen machte es ihr unmöglich einzuschlafen. Abrupt schmiss sie ihre Decke zurück, stieg aus dem Bett und ging ans Fester. Der Mond hatte die Form einer Sichel und strahlte hell ins Zimmer hinein. Das rothaarige Mädchen dachte an Will, an das breite Grinsen, das seine spitzen Eckzähne entblößte. Sie seufzte. "Sowas ist Zeitvergeudung. Ich war noch nie verliebt." sagte sie leise zu sich selbst und zog die staubigen Fenstervorhänge zu. Doch Rahels Schnarchen wollte nicht enden. Kurzerhand ergriff sich Silver ihr Kopfkissen und die Wolldecke, öffnete leise die leicht knarrende Tür und schlich auf den Flur hinaus. Es war still, nur das Schnarchen der Prinzessin drang gedämpft durch die Tür. Leichtfüßig schlich sie zu den anderen beiden Mädchen. Erleichtert stellte sie fest, dass weder Aerith noch Rainbow schnarchten. Müde legte sich Silver auf den kleinen Stofffetzen vor Aerith' Bett, der entfernt an einen Teppich erinnerte und fand endlich Schlaf. * "Guten Morgen, du Schlafmütze!" posaunte Rahel frech, bevor sie bemerkte, dass Silver nicht in ihrem Bett war und auch sonst nicht zu entdecken war. Das Mädchen stand auf, lief durch den Flur und stieß die Tür zum Nebenraum auf. Rahel wollte gerade nach Silver fragen, als sie die Rothaarige auf dem Teppichvorleger sitzen sah. "Guten Morgen, Prinzessin!" Silver lächelte matt. "Ich hab mich gefragt, wo du bist!" meinte Rahel. "Ich hoffe, ich hab dich nicht erschreckt, als du aufwachtest und keiner war da", erklärte die Rothaarige, "Aber du hast so geschnarcht, dass ich beim besten Willen nicht einschlafen konnte." Rahel entgegnete nichts und wurde rot. Aerith' Kopf kam unter der Bettdecke hervor und sie erblickte Rahel. "Guten Morgen, königliche Hoheit! Wünsche wohl geruht zu haben!", murmelte sie gähnend, "Also so schlecht hab ich schon lange nicht mehr gepennt. Ich werde noch wochenlang Rückenschmerzen haben..." Sie nahm ihr langes dunkles Lederband, wickelte es sich mehrmals um die Taille und stieg in ihre Lederstiefel. "Wir wären dann wohl soweit versammelt. Ich werde mal sehen, wo Uranus bleibt!" Sie ging über den Flur zum hintersten Zimmer. Ohne anzuklopfen öffnete sie. "Morgen Uranus, wir können..." Sie brach ab, schnellstens drehte sie sich wieder um. "Verzeihung..." stammelte Aerith verlegen. Der blonde junge Mann stand unbekleidet vor einer Schüssel Wasser mit einem Waschlappen in der Hand. Ihm schien die Situation unangenehm. Hastig setzte er sich aufs Bett und zog seine schwarze Hose über. * "Essen!" brüllte die röhrige Stimme des Wirts. Silver, Rahel und Rainbow liefen so schnell wie nur möglich die Treppe hinab. Rahel hatte seit diesem Morgen keine Schmerzen mehr in ihrem Fuß. Sie hatten einen Bärenhunger und machten sich über das halbtrockene Brot her, dass ihnen der Barkeeper auf einen der Kneipentische gestellt hatte. "Wo sind mein Uranus und die doofe Aerith?", fragte Rahel und steckte sich ein kleines Stückchen Brot in den Mund, "Ich werd' lieber hochgehen und nachschauen wo sie bleiben. Ich will ja nicht, dass die zwei sich näherkommen!" Sie schurrte ihren Stuhl zur Seite und stand auf, aber die beiden Fehlenden kamen 26 ihr entgegen. Uranus mit gesenktem Blick und leicht geröteten Wangen, Aerith mit dem Gesicht rot wie eine Tomate. Sie setzten sich stumm an den Tisch. Der junge Mann fing an von seinem Brot zu essen. Aerith glotzte gedankenverloren auf den Tisch. "Aerith! Hast du keinen Hunger?" fragte Silver. "Ich... Doch!" antwortete das Mädchen verwirrt und begann in kleinen Bissen von ihrem Brot abzubeißen. Ab und zu warf ihr Uranus verstohlene Blicke hinüber. Silver, die die beiden aufmerksam beobachtete, meinte kauend: "Was liegt an?" Uranus, der anscheinend nur auf diese Frage gewartet hatte, um das Schweigen zu unterbrechen antwortete prompt: "Wir werden nach dem Frühstück aufbrechen und zum goldenen Hafen gehen. Der ist nur gute zehn Minuten von hier entfernt. Dort nehmen wir das erste Schiff, um nach Nordwesten zu segeln. Wir befreien Will und bringen Rahel heim." "Ich meinte eigentlich, was zwischen dir und Aerith anliegt. Ihr benehmt euch merkwürdig." kommentierte Silver. Scharfen Blickes beobachtete Rahel die beiden. Rainbow kicherte. Aerith sah auf ihr Brot, Uranus räusperte sich. "Nichts von Bedeutung... Geht nochmal in eure Zimmer und schaut nach, ob ihr nichts vergessen habt, in fünf Minuten treffen wir uns wieder hier unten." Mit diesen Worten stand er auf und ging zur Treppe, gefolgt von Rahel, Silver und Rainbow. Sie verteilten sich auf ihre Zimmer. Aerith blieb länger in der Kneipe. Sie war allein, der Wirt hatte sich in einen Hinterraum zurückgezogen, der die Küche zu sein schien. Aerith steckte einige Brote, als Proviant in Silvers Rucksack, den die Rothaarige unten stehenlassen hatte. Sie sah zur Treppe hinauf, sah Uranus' Tür. Sie schluckte und stieg hinauf, um ihren Kampfstab aus ihrem Gästezimmer zu holen. Doch ehe sie sich versah, stand sie vor der Zimmertür des blonden jungen Mannes. Sollte sie anklopfen? Sie war sich nicht sicher. Das Mädchen hob die Hand, doch bevor sie zum Klopfen kam, ging die Tür auf. Es war ihr furchtbar unangenehm und sie wich einen Schritt zurück. Rahel lugte aus dem anderen Zimmer und beobachtete die Rivalin an der Tür des Verehrten. Was wollte Aerith da? Das musste kontrolliert werden... "Komm herein.", sagte Uranus, "Ich möchte mit dir reden." "Warum?" entgegnete Aerith verunsichert. "Komm herein." wiederholte er. Sie trat ein. "Worum geht es? Um Will?" Sie versuchte zu Lächeln um ihre Unsicherheit zu überspielen. Uranus schüttelte den Kopf. "Nein... Nicht darum, Aerith." Ihr schlug das Herz bis zum Hals. In was für einer Situation war sie da? Was sollte sie tun? Erwartend schaute sie ihn an. "Aerith", sagte er sanft, "empfindest du etwas für mich?" Sie hoffte, er höre ihr Herz nicht. Soetwas hatte sie bisher nur geträumt. Er kam einen Schritt näher und strich ihr zögerlich über die Wange. "Uranus...", begann Aerith und nahm seine Hand. Ein lautes Poltern unterbrach sie. Aerith und Uranus zuckten zusammen und ließen sofort voneinander ab. Die Atmosphäre war zerstört. Das Poltern war von Rahel verursacht worden, die, da die Tür nicht verschlossen gewesen war, ins Zimmer hereinstolperte. "Du... Du hast gelauscht!" fauchte Aerith erbost und rannte aus dem Raum. "Hast du keinen Anstand!?" sagte Uranus und legte sich die Hand auf die Stirn. Die Prinzessin saß wortlos auf dem Boden und sah den jungen Mann mit funkelnden Augen an. Schnell erhob sie sich und ging festen Schrittes von dannen. Als sie an der Treppe angelangt war, sah sich das Mädchen um. "Uranus...", flüsterte sie, "dein Herz wird mir gehören..." * 27 Silver und Rainbow waren schon lange fertig und warteten ungeduldig vor dem Gasthaus. Die Stadt war immer noch menschenleer. "Meine Güte, das ist ja beinahe eine Geisterstadt..." bemerkte Rainbow. "Ich frag' mich auch, warum wir niemandem begegnen. Als ich versuchte den Wirt in ein Gespräch zu verwickeln, war er nich' sehr zuvorkommend. Die Menschen scheinen hier Fremden gegenüber sehr misstrauisch. Ist ja eigentlich auch kein Wunder, Kamikaze hat hier keinen schlechten Ruf. Es ist mir ein Rätsel wieso." Endlich tauchten Uranus, Aerith und Rahel auf. "Das hat ja mal wieder gedauert..." murrte Silver, die Verspätungen nicht ausstehen konnte. Sie machten sich auf den Weg zum Hafen, dessen Kai angeblich aus purem Gold sein sollte. Die Fünf gingen die Hauptstraße entlang und erblickten das Meer. Dutzende große Galeonen mit holzgeschnitzten Drachenköpfen lagen an einem Steg, fest vertäut. Auch kleine Segelschiffe und Ruderboote waren vor Anker. "Das soll der Hafen sein...? Und wo ist das Gold?" fragte Rahel missmutig. Silver wies sie aufs Meer. "Sieh, das Wasser scheint aus Gold, wenn die Sonne wie jetzt strahlt. Es ist wunderschön." Rainbow nickte. "Dieses Leuchten regt zum Träumen an." Rahel war durch die Antwort nicht befriedigt und warf der Sonne einen verächtlichen Blick zu. Sie kamen der Anlegestelle näher, doch mussten feststellen, dass sie eingezäunt war und es kein Durchkommen gab. "Wo zum Teufel sind die Besitzer der Schiffe und wie kommt man hier rein?" fragte Aerith. "Gar nicht." antwortete Rainbow und wies die anderen auf ein Schild hin, das am Drahtzaun befestigt war. ,Wegen Massenexekution auf dem Marktplatz bis Sonnentag geschlossen. Unterzeichnet : der Bürgermeister.' Stand dort in schwarzen Buchstaben. "Heute ist Sonnentag.", sagte Uranus, "Das bedeutet, dass wir erst morgen wieder ein Schiff nehmen können." "Massenexekution?" Rainbow lief ein Schauer über den Rücken. "Wer wird denn da umgebracht?" fragte Aerith verunsichert. Silver holte einen Stadtführer aus ihrem Rucksack, den sie in der Taverne erstanden hatte. "Wir haben noch den ganzen Tag Zeit, also können wir auch nachseh'n." meinte die Rothaarige und machte auf dem Plan den Marktplatz ausfindig. "Allerdings müss'n wir einmal durch die ganze Stadt lauf'n, um da hin zu kommen." fügte sie hinzu. Uranus nickte und sah sie erwartungsvoll an. * Nach einem etwas längeren Marsch durch mehrere Gassen und Straßen, erreichten sie das Viertel, indem sich der Platz befand. Es war nicht schwer ausfindig zu machen, da sie schon von Weitem die Rufe einer Menschenmenge aufmachen konnten. Die Straßen wurden endlich belebter. Aufgeregt wie ein Hühnerhaufen liefen die Bewohner von HandCoast hin und her. Silver versuchte einige von ihnen anzusprechen, doch sie begegneten der Rothaarigen kühl und abweisend. "Wir müss'n wohl selber herausfinden, was hier abgeht." Murmelte Silver und ging weiter dem Lärm entgegen. Die Gruppe bemerkte, dass sie sich auf dem Marktplatz befanden, als sie sich durch die Menschen drängen mussten. Uranus und Aerith, die Größten konnten das Rathaus auf der anderen Seite des großen Platzes 28 erkennen. Für gewöhnlich war hier wohl der Markt, aber manchmal musste der Marktplatz auch für Hinrichtungen herhalten. Die Menschenmasse tobte und jubelte, sie wollten eine Exekution sehen. Die Bewohner standen dicht an dicht um eine kleinere, freie Fläche herum, in deren Mitte zwei Galgen aufgebaut waren. "Wer soll hier wohl getötet werden?" fragte Aerith. Silver sah sie an. "Entweder Mörder oder Todfeinde Kamikazes." ********** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)