Angst von Kawari ================================================================================ Kapitel 2: Nächtliche Gedanken ------------------------------ Kapitel 2 Ich wachte abrupt auf. Meine Augen suchten hektisch das Schlafzimmer ab, während ich gleichzeitig mit höchster Konzentration lauschte. Irgendetwas hatte mich geweckt (obwohl dies nicht sonderlich schwer war, da ich beim kleinsten Geräusch wach wurde) und nach wenigen Sekunden hörte ich erneut das Geräusch, welches für mein Aufwachen verantwortlich war. Es kam von draußen, ein paar Betrunkene gröhlten irgendetwas unverständliches während sie an unserem kleinen Reihenhaus vorbei gingen. Mein Blick wanderte zu Zorro, der neben mir immer noch friedlich schlief, scheinbar hatte er nichts von den Geräuschen draußen mitgekriegt. Ich beruhigte mich wieder und ließ mich tiefer ins Kissen zurück sinken, zur Decke starrend. Ich dachte an den Vorfall von gestern Nachmittag. An den Grund, warum er mich daraufhin, sobald wir zu Hause waren, verprügelt hatte. Es war tatsächlich eine junge Frau gewesen. Aber nicht in dem Sinne, wie Zorro es auf gefasst hatte. Nein, nicht in dem Sinne. Abgesehen davon, war sie vielleicht gerade 16 oder 17 Jahre alt gewesen, also viel zu jung für mich, da ich schließlich schon 24 war. Zorro und ich waren einkaufen gegangen, Essen für die nächste Woche. Als mein Blick auf dieses Mädchen fiel, welches auf einer Bank saß und sich die Augen ausweinte. Zorro war nur wenige Minuten zuvor in einen Waffenladen gegangen und hatte mir gesagt, dass ich hier warten solle, wenn ich nicht mit rein gehen wollte. Er war also nicht da und würde vermutlich auch noch eine Weile weg bleiben. So ging ich auf die Bank und das Mädchen zu. "Hey, wozu die Tränen?", mit diesen Worten hielt ich ihr lächelnd ein Taschentuch entgegen. Sie schaute mit, vom Weinen rot gewordenen Augen, auf. Leichte Überraschung in ihren Gesichtszügen lesbar. Dann erblickte sie das Taschentuch und nahm es mit einem Nicken und einem gemurmelten "Danke" entgegen. Sie putzte sich die Nase und ich setzte mich derweil neben sie auf die Bank. Nachdem sie sich die Nase geputzt hatte, saßen wir für eine kleine Weile still nebeneinander. Irgendwann schaute ich zu ihr. "Alles wieder in Ordnung? Oder willst du drüber reden?" Sie antwortete eine ganze Weile nicht, doch dann hörte ich sie mit immer noch leicht zitternder Stimme sprechen. "Es... es geht um meinen Ex-Freund und meine Eltern. Josh, mein Ex... er... er hat Vorgestern Schluss gemacht... oder ich mit ihm, wie man's sehen will. Wir... wir haben uns gestritten, ganz fürchterlich... so einen heftigen Streit hatte ich bisher noch nie mit ihm. Und da... da haben wir uns Sachen an den Kopf geworfen und...", sie holte einmal tief Luft. Vermutlich um ihre Nerven zu beruhigen und nicht wieder in Tränen ausbrechen zu müssen, "meine Eltern haben dazu einfach nur gesagt ,Schön, dass du ihn endlich in den Wind geschossen hast.'. Natürlich nicht mit den Worten, aber so in etwa." Sie zog einmal die Nase hoch und fuhr dann fort: "Und... es ist halt so... egal mit welchem Freund ich nach Hause komme, meinen Eltern scheint keiner zu gefallen. Weiterhin sagen sie mir andauernd, dass ich mehr für die Schule tun soll etc. Ich hab den Eindruck, ich kann ihnen nichts recht machen." Ich musste innerlich bitter lächeln. Oh ja, dieses Gefühl kannte ich nur zu gut. Das Gefühl es jemandem nie recht machen zu können. "Vermutlich sorgen sich deine Eltern nur. Vielleicht haben sie es noch nicht wirklich akzeptieren können, dass du nicht mehr ihr kleines Mädchen bist. Und wenn du ehrlich bist... wie gut bist du in der Schule?" Ihr Blick senkte sich. "Nun ja... nicht wirklich gut... gerade eben noch Durchschnitt", kam es gemurmelt von ihr. "Siehst du? Ich vermute, dass deine Eltern Sorge haben, dass du durch einen festen Freund deine schulischen Dinge noch mehr vernachlässigst und du weiter absackst. Das heißt, wenn du dich ein wenig mehr auf die Schule konzentrieren würdest und du deine Noten wieder auf einen guten Durchschnitt brächtest, wären deine Eltern bestimmt auch mit einem Freund einverstanden. Rede doch einfach mal mit ihnen darüber." Sie nickte, den Blick immer noch zu Boden gerichtet. "Danke für den Rat." In diesem Moment sah ich Zorro, welcher vor der Tür des Geschäfts stand und sich suchend nach mir umschaute. Ich stand sofort auf, unsere Blicke trafen sich. Ich konnte sehen, dass er es missbilligte, dass ich nicht direkt vor dem Geschäft, wie er mir gesagt hatte, gewartet hatte und er mich nun hatte suchen müssen. Ich drehte meinen Kopf noch einmal zu dem Mädchen um. "Ich hoffe es wird sich mit deinen Eltern wieder einrenken." Ohne auf eine Antwort zu warten, ging ich zu Zorro rüber. Kaum stand ich neben ihm, sprach er mich in einem ärgerlichen Tonfall an. "Wer war das?" Er machte eine Kopfbewegung zur Bank hinter mir. Ich wusste, dass er mein Verhalten nicht mehr nur einfach missbilligte. Nein, jetzt war er wirklich wütend. Er betrachtete mich schließlich als sein Eigentum und wenn sein Eigentum scheinbar nicht mehr unter seiner vollen Kontrolle stand, wurde er wütend. Ich traute mich nicht ihm in die Augen zu sehen, mir war mehr als unbehaglich und ich überlegte fieberhaft, wie ich es ihm recht machen könnte, so dass er mit mir zufrieden sein würde. Ich hatte schreckliche Angst davor, was passierte, wenn er nicht mit mir zufrieden wäre. "Ich... ich kenne sie nicht. Keine Ahnung wer sie ist", sagte ich monoton. "Du hast doch gerade mit ihr geredet", sagte er mit einer härte in der Stimme, die mich innerlich zusammen zucken ließ. Äußerlich nicht, denn ich hatte mir schon vor langer Zeit angewöhnt nach außen hin, keine Emotionen zu zeigen, um ihm nicht noch deutlicher zu machen, wo ich verletzbar war. "Ich wollte sie nur trösten. Sie saß da und weinte. Mehr nicht, ehrlich Zorro." "Du hast sie angebaggert, stimmt's? Du hast mit ihr geflirtet." Ich wusste nicht mehr was ich tun sollte, meine Angst wuchs. Er glaubte mir nicht, wie so oft. Er glaubte an das, was er glauben wollte und ließ nichts anderes zu. Ich hatte vor langer Zeit aufgegeben zu versuchen, seine vorgefertigte Meinung zu ändern. Wenn er selbst sie von sich aus nicht ändern wollte, so würde er sie nie ändern. Es war besser ihm seine Meinung zu lassen, das sparte Kraft. Kraft, die ich nur dafür verwendet hätte, gegen eine Wand an zu rennen. Kraft, die ich sonst für nichts verpulvert hätte. "Ich... hmm... vielleicht... vielleicht hast du recht", antwortete ich ihm leise und unsicher. "Also hast du mit ihr geflirtet?", kam es in einem drohenden Unterton. Ich nickte nur zaghaft, immer noch nicht dazu in der Lage ihm in die Augen zu sehen. Selbst wenn ich auf meiner Aussage bestanden hätte, dass nichts gewesen wäre, hätte er mich als Lügner betitelt und mir ebenfalls nicht geglaubt. So gesehen... der Ausgang wäre immer der gleiche, egal wie ich es drehte und wendete. Und kaum waren wir zu Hause gewesen, hatte er angefangen mich als Hure zu beschimpfen und auf mich ein zu schlagen. Und ich hatte alles still über mich ergehen lassen, bis er endlich mit dem Satz "Mach mir was zu Essen Weib!" von mir abgelassen hatte. Nun lag ich hier und dachte darüber nach was geschehen war. Wenn ich ehrlich war, so musste ich sagen, dass ich dieses Mädchen beneidete. Sie konnte ihren Schmerz in Form von Tränen raus lassen. Sie war in der Lage zu weinen, ich nicht. Wenn ich traurig war so spürte ich zwar die Trauer in mir. Ja, ich war dann tatsächlich traurig. Aber keine einzige Träne verließ meine Augen. Meine Augen wurden noch nicht einmal feucht. Ich konnte nicht mehr weinen. Meine Augen zeigten anderen Menschen dann noch nicht einmal die Trauer, die ich empfand. Es heißt doch "Die Augen sind der Spiegel der Seele". Aber in meinen Augen, konnten meine Mitmenschen nichts lesen. Wenn ich traurig war, so sah nur ich dies in meinen Augen. Die anderen sahen keine Emotionen. Wenn ich betroffen war, ich innerlich zustimmte einen Fehler gemacht zu haben, so sahen andere, dass ich beleidigt sei. Entweder sahen andere keine Emotionen in meinen Augen oder sie sahen Dinge, die ich nicht empfand. Ich schaute auf die Uhr, die auf meiner Nachtkonsole stand, 05.34 Uhr. Es lohnte sich für mich nicht mehr, mich wieder hin zu legen und zu versuchen wieder einzuschlafen. Ich müsste in knapp einer halben Stunde sowieso aufstehen und das Frühstück fertig machen. Um halb 7 würde Zorro dann runter kommen und mit mir frühstücken. Dann würde er sich fertig machen und um spätestens halb 8 das Haus verlassen, um sich mit seinem "Zwischenhändler" zu treffen. Zorro arbeitete wieder als Kopfgeldjäger. Da er allerdings immer noch selbst mit einem Kopfgeld von 60 Millionen Berry gesucht wurde, konnte er schlecht zur Marine gehen, um sich dort die Steckbriefe ab zu holen oder die gefangenen Piraten ab zu liefern. Auf Grund dessen gab es den "Zwischenhändler". Dieser heimste die Lorbeeren für die getane Arbeit ein, da er so tat, als hätte er die Piraten zur Strecke gebracht. Mittlerweile wurde er überall "Jagdhund Joe" genannt. Bei den Piraten ging die Kunde, dass er nie die Spur seiner Beute verlieren würde, hätte er einmal Lunte gerochen. Er würde dich so lange jagen, bis er dich hätte. Kurz: Wenn dich Jagdhund Joe als Ziel hat, dann bringt fliehen oder kämpfen nichts. Du kannst dann gleich dein Testament machen. In Wahrheit war es natürlich Zorro, der die Piraten jagte und erledigte. Zorro traf sich morgens mit Joe, wo weiß ich nicht, dieser gab ihm die Steckbriefe der neuen gesuchten Piraten und Zorro erledigte den Job. Nachdem er den Piraten gefangen hatte, lieferte er diesen bei Joe ab, welcher den Piraten bei der Marine ablieferte und das Kopfgeld kassierte. Dann trafen sie sich erneut und Joe gab Zorro seinen Anteil. Meine Gedanken wanderten weiter zu Nami, welche ich heute heimlich treffen wollte. Es lief nichts zwischen Nami und mir, ganz sicher nicht. Es war einfach nur ein Treffen zwischen alten Freunden. Doch wenn Zorro davon erführe, würde er mich blind schlagen. Dies hatte er mir angedroht, sollte ich jemals wieder einen von der alten Crew treffen. Ich zitterte innerlich bei dem Gedanken, dass er es herausfinden könnte, da ich keine Zweifel hatte, dass er seine Drohung wahr machen würde. Schließlich... wozu brauchte ich meine Augen schon? Wenn er meine zweite Hand verletzten würde, könnte ich nicht mehr für ihn kochen. Wenn er mein anderes Knie oder meinen anderen Fuß verletzte, könnte ich nicht mehr laufen und er müsste sich ZU SEHR um mich kümmern. Wenn er mir meine Zunge raus schneidete, wäre der Sex für ihn nur noch halb so schön und wenn er mir meine Ohrmuscheln abschnitte, könnte ich ja nicht mehr seine Worte befolgen. Doch wozu brauchte ich meine Augen? Kochen konnte ich wirklich blind, da ich dabei meistens sowieso in Gedanken versank und alles mehr automatisch machte und mir meine Nase, meine Zunge und meine Ohren sowie mein Tastsinn verrieten wie gut das Essen durch war, ob ich etwas noch mehr würzen musste oder wie stark der Ofen angestellt war bzw. wie stark das Fett in der Pfanne brutzelte oder ob ich am Fleisch noch irgendwelche Sehnen raus schneiden musste. Genauso war auch für die anderen Aktivitäten mein Augenlicht nicht erforderlich. Zurück zu Nami, sie hatte mir einen Brief geschickt indem stand, dass sie sich gerne mit mir in einem bestimmten Café treffen wolle. Das Café kannte ich, es war günstig gelegen so, dass Zorro nur sehr unwahrscheinlich dort auftauchte. Sie, genau wie die anderen aus der Crew, wusste wie... vereinnehmend Zorro war. Sie wussten wie er mich behandelte. Ich stand seit einer ganzen Weile mit Nami in heimlichen Briefkontakt und es kam mir (und kommt mir auch heute noch) wie ein Wunder vor, dass Zorro davon noch nichts erfahren hatte. Es tat unheimlich gut, mit Nami mit Hilfe der Briefe "reden" zu können. Ich konnte dann wenigstens so ein wenig meinen inneren Schmerz raus lassen. Ich erzählte ihr von den verschiedenen Vorfällen und sie hörte mir zu. Dies allein war schon Stütze genug für mich. Manchmal richtete sie mir auch Dinge von Lysop, Robin oder Ruffy aus. Insbesondere Ruffy wenn er stinksauer war, darüber was (mal wieder) bei mir vorgefallen war. Ich erinnerte mich noch gut daran, an die Antworten, die ich erhalten hatte als ich ihnen einmal von meinem kaputten Fußknöchel erzählt hatte und später als ich ihnen von meiner kaputten Hand erzählte. Die Antwortbriefe waren gut 30 Seiten lang gewesen, wobei allerdings die letzten 10 Seiten fast komplett aus Flüchen, Verwünschungen und Dingen die Ruffy Zorro antun würde, sollte dieser ihm jemals wieder unter die Augen treten, bestanden. Ich war so sehr gerührt gewesen, bei der Treue meiner Freunde, dass ich tatsächlich geweint hatte. Es waren nicht viele Tränen gewesen, aber es war trotzdem etwas... Herausragendes. ICH, der nicht mehr in der Lage war zu weinen, hatte einige wenige Tränen vergossen. Das waren allerdings auch die einzigen Male, an denen ich geweint hatte, innerhalb dieser ganzen vier Jahre, die ich mit Zorro verbrachte. Zorro... dies brachte mich zurück in die Realität, zurück zu meiner momentanen Situation, zurück zum Treffen mit Nami. Und ich bekam erneut Angst. Dieses persönliche Treffen zwischen Nami und mir... dies war ein Risiko, welches ich zuvor noch nie eingegangen war. Und ich hatte unbeschreibliche Angst, dass etwas schief gehen könnte und er davon erführe. Ich hoffte inständig, dass alles glatt liefe. Ich schaute erneut auf die Uhr, es war mittlerweile 06.01 Uhr. So stand ich leise auf und machte mich daran, die Treppe zur Küche so leise wie möglich runter zu humpeln, um das Frühstück vorzubereiten. Ich hoffte wirklich, dass Zorro nichts von meinem Treffen mit Nami mitkriegte. ------- Hoffe es hat gefallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)