Rêve Noir and Blue Fake von black_rain ================================================================================ I/13 ---- ~ 13 ~ /Ich hasse es, wenn du mich nur auf Sex reduzierst/, dachte Rei verbittert. Natürlich trat er immer so auf und liebte es auch, mit seiner Sexualität, seinem Körper und seiner Wirkung auf andere zu spielen, aber letztendlich blieb es doch nur (s)ein Image - und gerade Ayumi hätte dies doch nur zu genau wissen sollen... Wütend und traurig zugleich folgte er ihrem neuen Stylisten, war bemüht, Abstand zu seinem geliebten Kollegen zu wahren, um sich nicht zu verraten, während er mit seinem aufgesetzten Standardlächeln - "zauberhaft" und doch immer ein wenig aufreizend - elegant durch den Gang schwebte. Manchmal fragte er sich wirklich, warum und für wen er das eigentlich tat, wenn man ihn einmal wieder wie eine hübsche Puppe ohne jegliche Gefühle behandelte. Warum? Weil er sich im Grunde genommen schwach und angreifbar fühlte und dies überspielen musste, damit potentielle Widersacher es nicht bemerkten und ihn in Ruhe ließen. Und... für wen? Für die Fans? Für sich? ...für Ayumi...? Er wusste es nicht mehr. "Setzen Sie sich", bot Shigeharu zuvorkommend an, sobald sie angekommen waren, und Rei nickte dankbar. Plötzlich aber sah der Stylist ihn sehr genau an. "Sie haben wirklich schöne Haare... Yokomitsu sagte mir bereits, dass Sie sehr stolz auf sie sind... Soll ich sie Ihnen frisieren oder möchten Sie sie Ihnen lieber selbst machen?" Überrascht blinzelte Rei ihn an. "Seit wann fragt ein Stylist, ob er stylen darf? Dafür wurden Sie doch schließlich eingestellt!" "Natürlich. Aber wenn Menschen auf etwas sehr stolz sind und sich ein anderer einfach einmischt und damit macht was er will, dann reagieren sie im Allgemeinen nicht sehr kooperativ. Außerdem habe ich gehört, dass Sie ein guter Selbst-Styler sind und wir haben wegen des Staus vorhin nicht mehr so viel Zeit..." Nereis nickte erleichtert, wenn auch immer noch ein wenig verblüfft. Er mochte Shigeharu-san irgendwie und bei ihm war es tatsächlich ungewöhnlich, dass er sofort auf jemanden ein- und zuging. Trotzdem... wenn er ehrlich war, hegte er seit dem letzten Stylisten einen großen Unmut gegen Leute, die in _seinem_ Haar herumfummelten und gerade heute war ein Tag, an dem er sich dabei _wirklich_ sehr unwohl gefühlt hätte... Ja, hätte Shigeharu heute damit begonnen, ihm die Haare zu machen, wäre es für Rei gewesen, als hätte er auch an den Haaren seiner Mutter gearbeitet, und da er tatsächlich ihre glatten seidigen Haare geerbt hatte, wäre es für ihn wohl fast einer Leichenschändung gleichgekommen, nach der Szene vor einer Stunde... Natürlich wusste Rei, dass das alles großer Unsinn war, dass er sich am Tod seiner Eltern festbiss, statt ihn zu akzeptieren, aber... er konnte einfach nicht anders. "Nehmen Sie sich, was Sie brauchen, und gehen Sie dann am besten ins Bad! Dort haben Sie einen schönen großen Spiegel." Rei tat wie geheißen, brauchte allerdings ein paar Minuten, um unter all den Dingen, die Shigeharu hierher mitgebracht hatte, das Richtige zu finden. Der Stylist schien wirklich mit einem halben Kosmetiksalon herumzureisen! Dann, nachdem der Größere ihm nur schnell das Gesicht grundiert hatte, was mit fertiger Frisur schließlich ziemlich umständlich geworden wäre, huschte er ins Bad und machte sich an die Arbeit. Er brauchte tatsächlich nicht sehr lange. Mit etwas Gel sowie silberfarbenem und violettem Haarspray fixierte er die Frisur, die er aus seinen Haaren geformt hatte, und war schon nach einer guten Viertelstunde wieder fertig. Kritisch betrachtete er sich im Spiegel und nickte dann zufrieden, packte alles wieder zusammen, um zurück in das Hauptzimmer zu gehen. "Schon fertig?", fragte der Schwarzhaarige, der mit dem Rücken zu ihm gewandt vor Shay stand und ihn vermutlich gerade schminkte - sehen konnte er das ja nicht. "Schon? Bei unserer kleinen Lieblingskröte heißt das ,erst'! Was ist, Darling, hast du dich aus Versehen in dein eigenes Spiegelbild verliebt, dass du so lange gebraucht hast?" "Sehr witzig!", fuhr Nereis ihn an und brachte die Friseurutensilien wieder dorthin, wo er sie gefunden hatte. "Ich habe nur geguckt, ob ich alles richtig gemacht habe!" "Als ob er tatsächlich einen Spiegel bräuchte, um zu wissen, dass er selbst in einem Kartoffelsack noch sexy aussähe", bemerkte Ayumi an den Älteren gewandt trocken. /Und wenn schon. Was hilft dir ein schönes Gesicht, wenn deine Seele umso hässlicher ist.../, dachte Rei und hätte er in diesem Moment in den Spiegel gesehen, so wäre er wohl vermutlich selbst vor den erschreckend leer wirkenden Augen zurückgewichen. So jedoch setzte sich der Rothaarige schließlich abwartend neben die beiden anderen und sah bewundernd zu, wie Shigeharu Ayumi geschickt zurechtmachte. Er verstand sich sichtlich darauf, die Vorzüge eines Gesichtes herauszuarbeiten und dessen natürliche Schönheit zu betonen. Und obwohl er nicht mit Make-up sparte (schließlich gehörten aufsehenerregende Outfits samt entsprechender Schminke untrennbar zum Image von Tsuki Chi) wirkte es auf eine schwer beschreibbare Art und Weise ganz natürlich - geradeso als würde das Make-up zu Shays Person dazugehören. "Schließen Sie noch einmal die Augen", bat Shigeharu und ganz unvermittelt überkam ihn eine Welle derartig erstickender Trauer, dass er hastig das Gesicht abwenden musste. Nein. So wie es aussah würde er nie darüber hinwegkommen... Er würde Ayumi nie schminken können, auch wenn er es sich noch so sehr wünschte. Bedrückt nestelte er an seinem Gewand herum und tat sich selbst Leid. /Ich hasse mein Leben!/ Doch ganz plötzlich... legte sich eine große warme Männerhand auf seine Finger, ergriff diese und drückte sie fest, aber nicht schmerzhaft. Überrascht sah er zu Ayumi auf. Der ließ sich noch immer stylen... Aber er lächelte auch. Lächelte ein wenig aufmunternd und nur ganz leicht, sodass man es bloß sah, wenn man einen geübten Blick besaß. Doch - und das war für Rei das Wichtigste- nur für ihn. Dankbar erwiderte er den Druck, genoss das leichte Streicheln und entspannte sich zusehends: Wozu sich Sorgen machen und über das Leben beschweren, wenn doch Ayumi bei ihm war? Wie immer dauerte die "Maske" eine Ewigkeit. Besonders bei Rei, der, wie Shay immer behauptete, zwar so hübsch war, dass er tatsächlich nicht das geringste bisschen Make-up nötig hatte, aber gleichzeitig so schöne weiche, fast ein wenig feminine, auf jeden Fall aber androgyne Züge hatte, dass man mit ihnen praktisch alles machen konnte und die Stylisten immer wieder reihenweise in Verzückung gerieten und sich dann stundenlang daran aufhielten und alles Mögliche ausprobieren mussten. Shigeharu war zwar nicht ganz so schlimm und stand zudem ja auch unter Zeitdruck, aber auch ihm machte es ganz eindeutig viel Spaß, Rei anzupinseln und er ließ sich nicht vor den letzten Minuten davon überzeugen fertig zu werden. "Los jetzt! Die Fotografin wartet bestimmt schon!", rief Yokomitsu ungeduldig und scheuchte sie aus dem Zimmer noch einen Stock höher in die Präsidentensuite, in der das Shooting stattfinden sollte. "Die Bilder sollen Fanservice werden. Die besten werden rausgesucht und als Fotostrecke zusammen mit einem ellenlangen Bericht über euch, euer letztes Konzert und die letzten News in der Shoxx erscheinen", informierte ihr Manager sie noch zwischen Tür und Angel. "Fanservice", wiederholte Rei leise und versuchte zu verhehlen, dass ihm der Gedanke doch ein wenig unangenehm war. Nicht, dass er etwas dagegen hatte mit Shay rumzuknutschen oder ein bisschen zu fummeln, selbst wenn es vor der Kamera war. Aber wenn er daran dachte, dass es für Shay nur Show, bestenfalls ein bisschen Spaß bedeutete, hatte dieses Wort plötzlich doch einen sehr schalen Beigeschmack... Und irgendwie war er sich nicht ganz sicher, ob er es gerade heute gut vertragen konnte, nachdem Ayumi heute und gestern so süß und warmherzig zu ihm gewesen war, sogar geschworen hatte immer für ihn da zu sein - aber eben nur als _ein_ und nicht _der_ Freund... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)