Josephine - Der Traum vom Fliegen (Teil 1) von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Josephine Der Traum vom fliegen By Sarina Diese Geschichte will ich meiner Schwester Viviane widmen. Gute Besserung, kleine Maus! Vorwort Zuvor noch ein paar Klarstellungen Ein Elfenjahr entsprich ziemlich genau zwei Menschenjahren. Diese Tatsache, und die sehr viel besseren umweltlichen Verhältnisse in Eternitas (lat.: Ewigkeit) führen dazu, das Elfen mehr als doppelt so alt wie Menschen werden. D.h. eine Elfengeneration entspricht ca. 2 bis 3 Menschengenerationen. Jenni wird am Anfang dieser Geschichte 13 Jahre alt. Jedoch muss man sie sich eher wie eine 15jährige vorstellen, zumindest was ihre Intelligenz und ihre Gedankengänge angeht. Vom Körperbau ist sie zwar großgewachsen (in Elfenverhältnissen gemessen ;-)), doch was die Entwicklung desselben angeht ist so doch eher auf dem Standart einer menschlichen 13jährigen. Chapter I Jenni ist eine Elfe. Sie hat zwei längliche, spitze Ohren, rotbraunes, glattes Haar, weiße, ja beinahe transparente Haut und einen kleinen zierlichen Körper. Normalerweise trägt sie ein Blattgrünes Kleid, das kurz über ihren Knien endet, doch heute nicht. Denn heute ist ein besonderer Tag: Jenni wird 13, und 13 ist eine magische Zahl bei den Elfen. Ihre Mutter und ihre Großmutter haben sie in aller Herrgottsfrühe geweckt, und ausnahmsweise hat es ihr nichts ausgemacht. Sie haben sie in duftendem Wasser gebadet, ihr das Haar gebürstet und ihr in ihr neues Kleid geholfen. Es ist aus einem kräftigerem Grün, als ihr Kinderkleidchen, so ein Grün, wie es die erwachsenen Frauen tragen. Es geht fast bis zum Boden, und verdeckt ihre Füße die ihn ebenfalls grünen Schuhen stecken. An ihre schmalen Handgelenke werden ihr silberne Armreifen umgelegt und um ihren Hals legt ihre Mutter ihr eine dünne silberne Kette, mit einem wunderschönem Anhänger. Zu guter letzt wird ihr noch etwas grüner Staub auf die Augenlider, und etwas roter Blütenstaub auf die Lippen und Wangen gepustet, und schon ist sie fertig für die Zeremonie. Sie wird von ihrer Mutter und ihrer Großmutter, wie es die Tradition verlangt, vor Marvin, den ältesten Elfen in der Ebene von Eternitas, in welcher sie leben, geführt. Sie grüßt ihn mit einer zeremoniellen Geste, und er grüßt sie ebenso zurück. Dann kniet sie vor ihm nieder. Marvin hebt die Hände, hält sie über Jennis Kopf und murmelt einen Spruch auf der alten Sprache. Jenni fühlt ein Kribbeln, das ihren ganzen Körper erfüllt, und schließlich auf ihrem Rücken verharrt. Dann hört sie ein Summen. Nein! Kein Summen, es ist eher wie ein heller Glockenklang, und jetzt weiß sie es mit ganzer Sicherheit: Sie ist eine wahre Elfe, kein Halbling, wie diese armen Kinder, die bei dieser Zeremonie ,versagen' und keine Flügel bekommen, denn jetzt hat sie ihre Flügel, ihre eigenen Flügel! "Erhebe dich Jenni." Spricht Marvin und sie gehorcht ihm. "Da uns die Götter nun bewiesen haben, das du eine der unsrigen bist, will es der Brauch, dass du deinen Kindernamen ablegst, und einen neuen annimmst, um zu symbolisieren, dass du nun nicht länger als Kind, sondern als vollwertiges Mitglied unserer Gesellschaft giltst. Der Wunsch deiner Vormütter ist es, dass du von nun an den Namen Josephine trägst. Willst du das, als den letzten Befehl, den sie dir geben können, annehmen, und diesen Namen in Ehre führen und ihm niemals Schande bereiten?" Jenni hebt den Kopf, und mit ehrfürchtig flüsternder Stimme sagt sie: "Ja, das wünsche ich aus vollem Herzen und aus tiefster Seele." "Nun gut. Hiermit bist du, Josephine de Montfort, aufgenommen in unsere Gesellschaft. Mögen die Götter dir immer wohlgesonnen sein, mein Kind." Er verbeugt sich vor ihr, und reicht ihr im Aufrichten einen kleinen Dolch, der in einer mit Smaragden besetzten Scheide steckt. "Nimm diesen Dolch als Zeichen unseres Vertrauen. Mögest du auch ihm nie Schande machen." Jenni nimmt den Dolch ehrfürchtig an sich, und murmelt ein paar zeremonielle Worte. Hiernach empfängt sie den Segen Marvins und wird von ihm wieder in die Hände ihrer Familie übergeben. Es wird langsam Abend über Eternitas, dem fernen Land, in dem die Elfen leben. Niemand weiß genau wo es liegt, aber wie die Zauberinsel Avalon, soll es sich irgendwo in Südengland befinden. Doch wird es wohl nie jemand so genau herausfinden, denn die Elfen, und all die anderen Wesen, die man hier nur aus Gutenachtgeschichten kennt, verstehen es, ihr Geheimnis zu wahren. Josephine, die sich zwar erwachsener fühlt, aber nicht zu sehr, das sie sich nicht noch Jenni nennen lassen würde, sitzt auf einem Hocker am Rande der Tanzfläche und beobachtet die einzelnen Paare, die über die Tanzfläche schweben. Ihre Füße schmerzen, und ihr tut der Rücken weh. Da kommt ihre Mutter auf sie zu. "Jenni, ich bin sehr stolz auf dich. Und... eigentlich ist es mir unangenehm, was ich dir jetzt sagen muss." Jennis Magen dreht sich ihr um. Doch nicht etwa... "Du weißt, wie es um unsere Rasse steht. Viele von uns gibt es nicht mehr. Die Menschen glauben nicht mehr an uns. Und die von uns, die auszogen sind um den Glauben zu schüren, auf diese törichte Reise... sind nicht zurückgekehrt." Sie schweigt betroffen. Jenni legt ihrer Mutter die Hand auf die Schulter. Ihr Vater ist auf einem dieser ,Kreuzzüge' umgekommen. Er gehörte zu denen, die daran glaubten, das sie es schaffen könnten den Menschen ihren Glauben wiederzubringen. Doch was hatte es genützt? Nichts. Das einzige Ergebnis was dabei rausgekommen war, ist das es jetzt noch weniger von ihnen gibt. Und diese Andeutung ihrer Mutter konnte nur eins bedeuten: Auch Jenni muss sich bald vermählen um Kinder zu bekommen. "Mama?" Jana, Jennis Mutter, seufzt und fährt fort: "Was ich dir damit sagen will, Jenni, ist, das auch Du dir bald einen Ehemann suchen musst, wie alle Mädchen in deinem Alter es jetzt müssen. Es ist... ich weiß, es ist nicht fair, aber es gibt auch eine gute Nachricht: Jos Eltern haben mich und Nanna um deine Hand gebeten. Ist das nicht fantastisch?" Jenni ist sprachlos. Ja, sie hatte es geahnt, aber... Sie zwingt ihren Atem, sich zu beruhigen und erhebt sich. "Ihr... ihr habt mir nach dem Gesetz nichts mehr zu sagen. Aber ihr wisst das ich nicht nur euch, sondern auch mein Volk über alles liebe, und ich mich deshalb eurer Entscheidung beugen werde. So schwer es mir auch fällt, so bin ich doch froh, das es... das es Jo ist... sein wird..." Jana atmet erleichtert aus. "Jenni, ich bin sehr stolz auf dich. Wenn du willst, werden ich und Nanna alles organisieren. Wir könnten..." Jenni hob die Hand. "Jetzt noch nicht. Bitte, ich möchte den Zeitpunkt selbst bestimmen." Flüstert sie und drückt sich an ihrer Mutter vorbei. "Jenni... warte doch, du musst doch nicht, wenn du nicht willst, das weißt du!" sie greift nach Jennis Hand, doch die entzieht sie ihr. "Lass mich alleine, Mutter." Jana schreckt zurück als Jenni losläuft, sich zwischen den tanzenden Paaren hindurchschlängelt und schließlich in der Dämmerung verschwindet. Nanna, Jennis Großmutter, tritt auf ihre Tochter zu. "Wie hat sie es aufgenommen?" "Sie wird sich uns beugen... aber nicht jetzt. Sie braucht Zeit. Das verstehe ich." Jenni bahnt sich einen Weg durch die kleine Menge der Elfen und läuft in Richtung See. Sie hüpft über Stock und Stein, und kleine Tränen laufen ihre Wangen hinunter. Atemlos kommt sie am Ufer des kleinen, glitzernden Sees Watery an. Sie streift an demselben entlang bis sie zu dem umgekippten Harzbaum kommt, der stabil bis weit in den See hinaus reicht. Als sie versucht auf den Stamm zu klettern scheitert sie kläglich. Mit dem langen Kleid und den ungewohnten hohen Schuhen ist es arg beschwerlich. Da hört sie eine Stimme und zuckt vor Schreck und Verlegenheit zusammen. "Warum fliegst du nicht einfach, kleine Jenni?" Aus dem Schatten tritt ihr bester Freund: Jo. Vor Schreck und der bitteren Erkenntnis WER da vor ihr stand, strauchelte Jenni und wäre sicher in den Uferschlamm gefallen, wenn Jo nicht blitzschnell reagiert hätte, auf sie zuflog, sie unter den Armen packte und sie schließlich auf dem Baumstamm niederließ. Kaum hatte er sie hier abgesetzte wendet sich Jenni mit geröteten Wangen aus seinem Griff. "Du hast es also schon gehört." Stellt Jo mit leiser Stimme fest. Jenni ordnet nervös ihr Haar. "Ja" Haucht sie. "Und? Was hat du gesagt? Du weißt, du bist jetzt alt genug deine eigenen Entscheidungen zu treffen." "Ja. Ja ich weiß. Aber so wenig es mir auch gefällt, so habe ich doch eine Verpflichtung meinem Volk gegenüber, und deshalb... und deshalb..." "Du hast also eingewilligt, obwohl es dir nicht gefällt?" Sie sieht zu ihm auf, direkt in seine grünen Augen. Warum fällt ihr erst jetzt auf, wie schön sie sind? Doch jetzt blicken sie sie traurig und ernst an. "Oh, nein, nein, versteh das bitte nicht falsch! Es liegt nicht an dir. Ich bin froh das... also wenn ich mir überlege es wäre irgendein Fremder... Aber es gefällt mir nicht, weil ich mich dafür noch zu jung fühle... verstehst du?" Sein Gesicht hellt sich etwas auf. "Ich verstehe es eigentlich nicht." Fährt Jenni, jetzt die Wangen erregt gerötet, fort. "Was nützt es uns Kinder zu verloben? Ist es dafür nicht noch zu früh? Es ist töricht und dumm..." Jo lacht. "Ich verstehe was du meinst. Und auch ich bin froh, das Du es sein wirst... Obwohl es seltsam ist. Ich meine wir sind zusammen aufgewachsen, haben zusammen gespielt, von unseren Flügeln geträumt. Das letzte Jahr hast du fast vollständig auf meinen Armen verbracht und wir sind durch die Gegend geflogen wie wir es uns immer ausgemalt hatten. Und jetzt werden wir schon rot wenn ich dir nur unter die Arme greife." "Ja, ich weiß was du meinst..." Sie seufzt und lässt sich mit einer zarten Bewegung auf dem Stamm nieder, so das ihr Kleid sich rund um sie ausbreitet und ihre zarten Knöchel verbirgt. Ihr Haar ist etwas zerzaust und ihre Wangen glühen noch immer. Jo lässt sich im Schneidersitz neben sie sinken. Eine lange Pause folgt. Jo mustert sie in dieser Zeit sehr genau. Eigentlich hatte sie sich nicht sehr verändert. Ja in ihrem Weihungskleid sah sie schon etwas anders aus... Weiblicher. Erwachsener, vielleicht. Langsam begann er sie nicht mehr nur als seine Spielkameradin, sondern als Frau zu sehen. Doch das vergaß er ganz schnell wieder, als sie sich zu ihm umdrehte und ihn anlächelte. "Nun, hast du mir nicht versprochen mir Flugunterricht zu geben?" Jetzt lächelte auch Jo und streckte seine Hände nach ihr aus. Jenni ergreift sie und lässt sich von ihm auf die Beine ziehen. "Vielleicht solltest du dich umziehen... ich meine, wenn du hinfällst... ist das schöne Kleid hinüber." Jenni sieht zärtlich auf dein fließenden Stoff ihres Gewandes. "Du hast recht. Also... bringst du mich schnell nach Hause?" "Aber immer doch." Jo nimmt sie auf den Arm und fliegt mit ihr über den kleinen Wald mit Harzbäumen, über die vereinzelten Hüttchen ihres Dorfes, bis er zu dem Haus von Jennis Familie kommt, das etwas abseits liegt. Er setzt sie ab, und gemeinsam betreten sie das Haus. Es war noch niemand zu Hause. "Nimm dir was zu trinken, wenn du magst. Ich geh mich schnell umziehen." Jenni läuft in ihr kleines Zimmer und entdeckt dort drei neue Kleider. Sie alle sind in verschiedenen dunklen Grüntönen gehalten, rückenfrei wegen den Flügeln und kürzer als ihre alten. Sie wählt das schlichteste aus, beschließt aber trotzdem vorsichtig zu sein. "Also, können wir?" Jenni tritt aus ihrem Zimmer in den Wohnraum. "Wow, Jenni... Du siehst ja so.. so anders aus!" Und das stimmt. In ihrem neuen dunkelgrünem, kurzen Kleid sieht sie wirklich nicht mehr wie die kleine Jenni aus. Am rechten Oberschenkel trägt sie den Dolch, und an ihren Hand- und Fußgelenken blitzen silberne Reifen. "Ach, hör doch auf, Du..." Doch auch sie wird etwas rot um die Nase. "Also... los geht's" überspielt Jo die etwas peinliche Situation, und zusammen mit Jenni tritt er vor die Tür. Die Abende in Eternitas sind mild, ebenso wie die Nächte, und eigentlich das ganze Klima das ganze Jahr über. Es wird nie Kälter als 15° im Winter und selten wärmer als 30° im Sommer, obwohl es nachts meistens regnet, besonders im Sommer was immer einen wunderschönen, glitzernden Nebel raufbeschwört. Einfach zauberhaft und jedes mal anders duftend. "In Ordnung, Miss Josephine dann wollen wir mal anfangen." "Das ist gut, Mister Joseph. Ach du meine Güte das ist mir ja noch gar nicht aufgefallen! Unsere Namen kommen vom selbem Stamm." "Passt doch, findest du nicht? Wir sind halt füreinander bestimmt. Aber jetzt nicht. Jetzt seh' mir erst mal zu." Er stellt sich so, dass Jenni ihn ohne Probleme sehen kann, und schlägt mit den Flügeln. "Siehst du? So." Jenni versucht so gut es eben geht ihm nachzumachen, und nach einer kurzen Zeit klappt es schon recht gut. "Es ist ein komisches Gefühl. Irgendwie... na ja... seltsam eben." Jo lacht. "Daran gewöhnst du dich schnell. Siehst du, das machst du ja schon richtig gut. Am besten fängst du jetzt an zu laufen, ungefähr so." Er fängt an zu laufen, mit hüpfenden Schritten. Es sieht richtig komisch aus. Jenni tut es ihm wieder gleich. Und wirklich... sie hebt ein paar Zentimeter vom Boden ab. ,Ja... ich kann's...' denkt sie triumphierend, doch dann legt sie ein Bruchlandung ins weiche Gras hin. Jo hilft ihr lachend auf. "Mach dir nichts draus. Weißt du noch, wie oft ich hingefallen bin? Und ich hatte nicht so einen guten Lehrer wie du." "Angeber." Sie knufft ihn in die Seite, lächelt aber bei der Erinnerung an seine ersten Flugversuche. Sie versucht es immer und immer wieder. Jedes mal klappt es ein wenig besser, und schließlich hat Jo die Idee. "Also Jenni, pass auf. Du stellst dich jetzt vor mich. Genau so. Jetzt legst du deine Hände" Er greift nach ihren Handgelenken, "auf meine Schultern und stellst deinen Fuß hier rein." Er faltet seine Hände. Jenni tut wie ihr geheißen. "Das ist gut. Und jetzt schlag mit den Flügeln. Und stoß dich ab, wenn ich jetzt sage, okay?" "Ja" "Dann... JETZT!" Mit aller Kraft stößt er sie nach oben, und fliegt sofort hinterher, um sie zu fangen, falls sie fallen sollte. Doch das braucht er nicht, denn Jenni fliegt. Endlich fliegt sie. Ganz allein, den Wolken entgegen... Jo flattert ihr hinterher, doch kann er sie kaum einholen. Sie scheint fürs fliegen gemacht zu sein. Es sieht so aus, als ob sie nie etwas anders getan hätte. Eine Weile flogen sie schweigend nebeneinander und genossen einfach die schlafen gehende Natur. Sie überflogen das Tal der Halblinge, was nicht besonders nett war, denn schließlich waren das all die armen Elfenkinder, die nicht zu wahren Elfen geboren worden waren, und nie Flügel bekommen würden. Sie ließen sich die klare Frühlingsluft um die Nasen wehen und flogen mit den wilden Libellen um die Wette. Als sie eine ganze Weile später wieder auf dem Boden landeten, seufzte Jenni tief. "Mann, was bin ich müde..." sagte sie ganz außer Atem. "Auch daran wirst du dich schnell gewöhnen, glaub mir, das geht ganz schnell..." Er japste nach Luft. "Und das soll ich dir glauben?" Sie sah ihn skeptisch an. "So wie du aus der Puste bist, wobei du deine Flügel schon seit mehr als einem Jahr hast?" "Du fliegst wie ein alter Meister, dass muss man dir schon lassen. Aber jetzt komm. Es ist schon spät. Ich bring dich nach Hause." Er streckt seine Hand nach ihr aus, und sie ergreift sie vertrauensvoll. Vielleicht werden wir eines Tages Mann und Frau sein. Vielleicht werden wir uns streiten, doch diesen Moment, diese Erinnerung wird auf ewig unser bleiben, was auch geschehen mag. Ende Teil I Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)