One Wing von black_rain ================================================================================ ACT SEVEN --------- Kommentar: Dieses Kapitel widme ich all meinen "Haustieren", aber besonders dem Chibiwölfchen (LM3 ist soo schön und das süße Kätzchen sitzt jetzt auf meinem Monitor damit ich es immer sehe - danke!!! *.*), meinem Flatterkätzchen (*flausch* danke für die CD - das Zwei-Seiten-Bild hängt leider noch nicht... begleitet mich aber jeden Tag in meiner Zeichenmappe ^^) und auch dem Baumwollschäfchen ^^ Ihr wart sooo süß >.< Außerdem meinem Hofzeichna Leza (*flausch* hoffe, es ist wieder schön in Japan - aber komm bald zurück), Musics (du wirst Kay mit deinem Geknipse irgendwann noch Konkurrenz machen *auf ihre Fotos starr und sie schnell wegsperr*) und last but NOT least: meinen Betas Netti, Loony und Nele ^^ BGM war Ellegarden, X-Japan, Creed, Nightwish, Rosenstolz, Alanis Morissette (alles abgespielt mit einem wunderschönen Shounen-Ai-Winamp-Skin von Yami no Matsuei *schwärm* wer von euch ebenfalls winamp hat und benutzt, muss sich den unbedingt mal anschauen! Er heißt "YnM - Toxic Romance", aber ich hab auch noch einundreißig andere ^^° sehr schön finde ich da auch "Desert_of_the_GAARA", "QUINCY_ARCHER" und "Last_Scene". Die findet man alle bei den Skins im Ordner "Animation" oder so ähnlich) "Gesprochen" /Gedacht/ (Im Zwiegespräch mit sich, kennzeichnet das "-" die Sätze der "inneren Stimme") _betontes Wort_ ACT VII Volume I "Lass uns gehen... Das ist nicht der richtige Ort für kleine süße Engelchen wie dich!" Lächelnd strich er einige der silberweißen Strähnen aus Nicomes Gesicht und stand dann langsam auf. "Sonst erkältest du dich wirklich noch..." Aber der hatte in jenem Augenblick ganz andere Sorgen. "Wa-was hast du... gesagt?" Der Jüngere spürte, wie seine Wange gestreichelt wurde, der irritierte Hisashi ihn dann langsam auf die Beine zog, nur um Nico gleich darauf in seine starken Arme zu ziehen und sanft an sich zu drücken. "Was meinst du?", fragte er leise und hörbar ahnungslos. "Nichts!" Seufzend schüttelte er den weißen Schopf und testete etwas unsicher, ob seine Beine ihn auch ohne Shis Hilfe trugen. /Du solltest aufhören, an jeder Ecke Gespenster zu sehen! Er nennt dich doch ständig seinen Engel und außerdem kann er Gott weiß warum den Flügel sehen!/, schallte er sich, rief damit jedoch nur eine Stimme in seinem Hinterkopf auf den Plan: /Ach, und Yutonee war auch bloß ein böser Geist, oder wie?/ Störrisch schüttelte er den Kopf um die Stimme zu vertreiben und sich wieder auf seinen Geliebten konzentrieren zu können. "Wohi-", mit einem entsetzten Keuchen prallte er zurück. "Nein... Da-das... kann doch nicht-" Seine Stimme versagte, panisch krallte er seine Finger in Hisashis Arm fest. "Nicome?", sofort sah der Schwarzhaarige ihn scharf und besorgt an, berührte seine Hand. "Was ist mit dir?" Als sein Geliebter nicht reagierte, folgte er dessen Blick - rein theoretisch eine völlig unsinnige Handlung bei einem Blinden, nur _praktisch_ eben nicht... Denn zielsicher hatte der Weißhaarige den erbärmlichen Anblick des besinnungslosen Bündels gefunden, das fast von der teils rot[1], teils schwarz gefärbten Haarpracht begraben wurde wie von einer schweren Decke - jedenfalls nahm Hisashi an, dass es gefärbt war, denn, so natürlich die Farben auch wirkten, wer hätte je von einem Mensch mit solcher Naturhaarfarbe gehört? "Oh", machte der Ältere nur, gestand dann beschämt: "Er war schon so als ich ihn gefunden habe - ich dachte, er könnte vielleicht ein Freund von dir sein, weil er auch Flügel hat und... jetzt hab ich ihn tatsächlich vergessen vor lauter Sorge um dich." Denn ohne sagen zu können, warum, war er sich sicher, dass sein Schatz dieses menschenähnliche Wesen wenn nicht mit den Augen, so doch auf irgendeine andere Art wahrnehmen konnte. Es hätte ihn kaum noch gewundert, nachdem der Jüngere von einem Schutzbann gesprochen und Hisashi selbst eine Art kleine Supernova erzeugt hatte, ohne je gewusst zu haben, dass er so etwas überhaupt konnte. Und schließlich war der Kleine auf dem Boden schon der zweite, bei dem Hisashi Flügel wahrnahm. Dennoch schwieg Nicome noch immer, was Hisashi nun doch zu beunruhigen begann, machte nur einen einzelnen Schritt auf das bewusstlose Geschöpf zu. "Du kennst ihn wirklich?", vermutete der Anwalt mit scharfem Blick. Erst jetzt reagierte sein persönlicher Engel, wandte den Kopf leicht, wenn auch nicht vollends in seine Richtung, nickte in genau jenem Moment schwach, als ein leises Stöhnen den zitternden Lippen entfuhr. - - - - - - [1] Mir ist in Act VI ein Fehler unterlaufen *schäm* Yutonee hat natürlich rot-schwarzes und nicht schwarz-weißes Haar... *noch mehr schäm* das kommt davon, wenn man x Stories mit unzähligen Engeln drin schreibt... man bringt sie ganz ungewollt durcheinander, besonders wenn sie sich ähnlich sind... Volume II Ängstlich zuckte Nicome zusammen, fuhr keine Sekunde zu früh herum. Er hörte nur noch ein leises Wimmern, dann spürte er die Druckwelle auf sich und Hisashi zurasen. Ohne nachzudenken warf er sich vor seinen Liebling und wehrte den Angriff ab. Es gelang ihm mühelos, denn auch wenn es ihn überraschte, dass Yutonee mit gebrochenen Flügeln überhaupt noch zu ein wenig Magie fähig war, war diese doch nur noch ein sehr schwacher Abglanz von jener Macht, die sich der Zweiflügelige angeeignet hatte, um so schnell ein guter Racheengel und Offizier der Himmelsarmee zu werden. Hisashi jedoch keuchte erschrocken auf, während der schwarzäugige Engel bereits wieder in Ohnmacht fiel. Die Anstrengung war einfach zuviel für ihn gewesen. Heftig wurde er von Hisashi zurückgerissen, als er einen weiteren Schritt auf Yutonee zu machen wollte. "Warte, Nicome! Wer ist er? Dein Feind?", rief der Grünäugige entgeistert. Verwundert hob der Angesprochene den Kopf. Wie sehr wünschte er sich in diesem Moment, er könnte Shis Augen sehen, um dessen Gefühle in ihnen zu lesen. Das Gefragte konnte doch nicht alles sein, was er wissen wollte! Nicome hatte alle Vorsicht in den Wind geschrieben, um Hisashi zu schützen und seine verbliebene Magie zu nutzen. Wenn Hisashi den Schutzbann und die Flügel sah, dann _musste_ er auch die beiden unterschiedlich gefärbten Druckwellen gesehen haben, die Nico nur noch spüren konnte. Und doch... er stellte keine Fragen. "Ich sage es gern noch einmal, Nicome: Ich liebe dich. - Und das ist alles was ich wissen muss", hatte Shi gesagt - und er schien es wirklich ernst zu meinen. Eine ungeahnte Wärme durchströmte ihn in jenem Augenblick. Zum ersten Mal konnte er bewusst fühlen, dass er anders war als die anderen Engel, die er kannte und - heftig drehte er sich um, lief zu Yutonee und besah sich sein Blut. Es war fast golden, das Nachtblau, welches normalerweise überwog, allenfalls zu erahnen, auch wenn es langsam wieder zurückzukehren schien. /Also haben Uriel und Raphael die Wahrheit gesagt.../ Dann atmete er tief durch und stand auf, trat zu Hisashi, der ihm sofort gefolgt war, legte seine Hand beruhigend auf Hisashi Brust, spürend wie schnell jenes wundervolle Herz schlug, das er liebte. "Nein...", antwortete er langsam auf die Frage des Grünäugigen, schüttelte bedächtig den Kopf. "Aber er...", begann Shi hilflos und ungläubig zu protestieren, doch Nicome unterbrach ihn sanft, indem er seine Finger auf die weichen Lippen legte, dann ernst erwiderte: "Er ist nicht _mein_ Feind... Er ist sein eigener..." "Wie?" Sein Geliebter schwieg völlig ratlos. "Können wir ihn mitnehmen... bitte? Nur für einen Tag? Es passiert auch bestimmt nichts mehr - ich verspreche es dir! Er wird die ganze Zeit nur schlafen und-" Nicome hörte wie Hisashi seufzte, fühlte kaum eine Sekunde später dessen weichen Mund. "Schon gut", murmelte der Schwarzhaarige an seine Lippen, dann verfolgte der ehemalige Engel mithilfe seines sechsten Sinnes wie sich sein Mensch den bewusstlosen Yutonee auf die Arme lud. "Komm...", sagte er einfach und setzte sich daraufhin langsam in Bewegung. Fassungslos lief Nicome ihm hinterher, bekam kein Wort heraus vor Überraschung. /Er hat gar nichts dazu gesagt. Schon wieder nicht!/ "Warum... warum fragst du nicht?", sprach er seinen Gedanken schließlich unsicher aus, als er endlich auf gleicher Höhe mit seinem Geliebten lief. "Weshalb sollte ich?", kam prompt die Gegenfrage. Hilflos zuckte der Weißhaarige mit den Schultern. "Na, weil... das alles...", versuchte er auszudrücken, was er meinte, stockte aber gleich wieder. "...ist so wie es ist und ich kann es nicht ändern", führte Hisashi seinen Satz weiter. "Was ich jedoch ändern kann, ist, dich von hier wegzubringen und dich dahin zu stecken, wo du hingehörst - in ein schönes warmes Bett!" Volume III Angestrengt versuchte Yutonee jeden Schmerzenslaut zu unterdrücken, doch es gelang ihm nicht. Der Schmerz, der ihn erfüllte, war so unerträglich, dass man ihn beim besten Willen nicht verdrängen, geschweige denn ignorieren konnte. "Gott, hilf mir", flüsterte er leise und versuchte die bleischweren Lider zu heben, um zu sehen, wo er war. "Der Herr ist nicht bei uns, Yutonee. Nicht mehr...", sagte eine ihm seltsam vertraute Stimme leise. "Der, den du nun Gott nennst, ist nicht mehr der, dem du deine ewige Treue und Liebe geschworen hast..." Entgeistert schlug der Engel mit den gebrochenen Flügeln die Augen auf. "Nicome!", rief er erstickt, als er den Weißhaarigen erblickte, der mit seinen blinden Augen auf ihn hinabsah, während er mit einem feuchten Lappen über Yutonees Stirn strich. Der Ältere nickte leicht, befeuchtete behutsam seine Wangen. "Ja", wisperte er schließlich und ließ seine Hand sinken, vergrub die Finger tief in dem feuchten Stoff. Der Schwarzäugige schluckte mühsam, hielt verstört den Atem an. Es war als hätte man ihm das Herz herausgerissen und ein neues eingesetzt, er verstand sich selbst nicht mehr. Warum traf es ihn auf einmal, als der leere Blick dieser milchigweißen Perlen unstet umherirrte? Warum zuckte er zusammen, wann immer er von ihm gestreift wurde, als hätte man ihm einen Speer aus reinem Feuer in die Brust gerammt?? ...was war es, was ihm den Atem nahm, hektisch doch erfolglos um Luft ringen ließ, als ihm klar wurde, dass sich Nicome um ihn, ausgerechnet um _ihn_ kümmerte? Nein, nicht Nicome - _Sanami_! Der Engel, der zusammen mit ihm gelernt, mit ihm gelacht und manchmal auch geweint hatte. Sein Freund. Der einzige, den er je gehabt hatte... Yutonee begann zu zittern. /Nein, dass... er ist ein Verräter, er... er.../ Bebend versuchte er sich hochzustemmen, um von Sanami wegkriechen zu können, wollte einfach nur weg von dem Kurzhaarigen - egal wie, solange er nur _jetzt sofort_ von hier wegkam. Doch mit seinen Flügeln war auch jegliche Kraft in ihm gebrochen, jeglicher _Wille_. So brach er wimmernd zusammen, die Finger lagen zuckend auf dem weichen Bett, als eine Welle heißen Schmerzes über ihm zusammenschlug, ihn mit sich in die Tiefen der Unendlichkeit riss. Er wollte schreien, weinen, irgendetwas, doch nicht einmal dazu hatte er noch Kraft. So schloss er die Augen, versuchte den letzten Ausweg zu nehmen, den er sah, versuchte sich in die hintersten Winkel seiner Selbst zu verkriechen. Niemals! Niemals würde er sich von Sanami- Und plötzlich schien die Zeit von vorne anzufangen, das Meer des Vergessens begann sich vor ihm zu teilen, bis er an das andere Ufer blicken konnte und auf einmal Jahrhunderte ungeschehen waren, vor ihm die Bilder seiner Vergangenheit erschienen. - _Ihrer_ Vergangenheit. "NEIN! FINEE, DU DARFST DICH NICHT BEWEGEN!!", hörte er Sanami erschrocken rufen, spürte wie er mit sanfter Gewalt hektisch wieder auf dem Bett zurecht gerückt wurde. Willenlos ließ er es geschehen, gleich einer Puppe, nur noch eine Hülle und vollkommen leer, seine Augen wurden stumpf. Er hatte es gehört, hatte gehört, wie etwas in ihm zerbrochen war, als Sanami seinen alten Rufnamen ausgesprochen hatte. Der Weißhaarige selbst hatte ihn einst gewählt, da er der Meinung gewesen war, dass "kleine Narzisse" besser zu dem Rotschwarzhaarigen passte, als "schwarze Narzisse", die Bedeutung seines wahren Namens. Yutonee hatte sich damals nicht einmal an dem "klein" gestört, obwohl er nur geringfügig jünger war, körperlich sogar größer. Er hatte ja gewusst, dass Sanami ihn so nannte, weil er ihn einfach gern hatte. Doch diesen Namen nun wieder zu hören, ausgerechnet jetzt... "_Warum_?", fragte er leise und zitternd. "Warum tust du das? Wieso wachst du über mich, statt mich umzubringen?" Scharf sog der andere die Luft ein, griff nach seiner Hand. "FINEE! Wie kannst du so etwas sagen!?", rief Sanami entsetzt, schien völlig schockiert. "Ich- ich würde dich doch niemals töten! Das- nein, selbst aus Notwehr nicht! Ich wollte dich nicht einmal _verletzen_, bis du mich angegriffen hast! Ich... ich könnte doch nicht... nicht..." Er schüttelte heftig den Kopf, der ganze schmale Körper verkrampfte sich, ebenso wie die Finger um Yutonees Hand. "Ich würde... könnte... nie..." "WARUM??? WEGEN MIR HAST DU EINEN FLÜGEL VERLOREN UND ICH HABE NUN SCHON SO OFT VERSUCHT, DICH UMZUBRINGEN! WIE KANNST DU DA NOCH MITLEID MIT MIR HABEN, wie? ICH verstehe ES NICHT!!", schrie der Jüngere ihn wütend an. Wie konnte Sanami ihm das je verzeihen? Er sollte ihn auf der Stelle ersticken, erstechen, erwürgen, Yutonee vollständig auslöschen, und was tat der Weißhaarige? Er kühlte ihm die Stirn! Das Ziel all seines Hasses, von dem er sich _sicher_ gewesen war, dass es kein Gewissen haben konnte, geschweige denn, dass es so etwas wie Barmherzigkeit kannte! Von allen gottlosen Sündern dieser Welt musste ausgerechnet Sanami es sein, der den Racheengel so gründlich aus der Bahn warf, nur indem er ihm sanft und tröstend über die Wange streichelte. Alles, an das er geglaubt hatte, selbst das fundamentalste Wissen schien auf einmal unter ihm wegzubrechen und in ein tiefes Loch ohne Boden zu fallen - und der, der ihn davor bewahrte, ebenfalls hineinzufallen, war Sanami und nur Sanami allein. "Ich habe kein Mitleid", flüsterte der Kleinere plötzlich. "Ich möchte dir helfen, ja - aber nicht aus Mitleid, sondern weil es mir ein inneres Bedürfnis ist und weil... weil ich nicht mit ansehen kann, wie du leidest..." "Ja... Das konntest du nie...", erinnerte sich auch "Finee" schmerzlich. Damals hatte er geglaubt, dies sei eine Schwäche seines Freundes und immer hatte er darauf achten müssen, dass Sanami nicht deswegen ausgenutzt wurde - schließlich war nicht jeder Engel wirklich ein Engel in jenem grundguten Sinne, in dem die Menschen von ihnen dachten... Aber ganz bestimmt hätte der Schwarzäugige niemals geglaubt, dass diese "Schwäche" ihm einmal das Leben retten würde - und dass er aufgrund dieser Schwäche beginnen würde zu zweifeln... Volume IV Die Ziffern auf Hisashis Funkwecker schalteten gerade auf sechzehn Uhr fünfzehn um, als sich in den geschmackvoll aber überraschenderweise nicht sehr prunkvoll eingerichteten Gemächern des Engels Anael [1] plötzlich einige Erzengel manifestierten: Gabriel, Michael, Raphael und Uriel. Nun, da sie höchstwahrscheinlich wussten, wer der Schlüssel war, hatten sie ihren Verbündeten um ein Treffen gebeten, das ihnen praktisch sofort gewährt worden war, obwohl der andere im Moment eine Menge zu tun hatte. "Ah, pünktlich wie immer!", rief Anael fröhlich, begrüßte dann jeden einzeln. "Schön, dass du wieder da bist, Gabriel", lächelte Anael schließlich. "Michael hat dich sehr vermisst..." Während der Feuerengel rot wurde, lächelte Gabriel nur und umarmte den Gastgeber kurz, dann zog er Michael zu ihrem Prinzen. Der Engel mit dem langen Haar so blütenweiß wie seine Flügel, und den Augen, die wie flüssiges Silber in dem bronzefarbenen Gesicht schimmerten, umarmte auch ihn vorsichtig, flüsterte ihm dabei leise ins Ohr: "Es ist gut, dass du aufgehört hast zu trauern, Michael... Ich bin mir sicher, dass Sanami sich richtig entschieden hat und seinen Weg gehen wird... Außerdem hat mein Kleiner sich schon Sorgen um Shiyunoue gemacht - und ich mir um dich..." Der Braunhaarige nickte leicht und dankbar, sah auch freundlich zu Anaels "Kleinem" hinüber, der schnell die Augen niederschlug, bevor das rothaarige Engelchen hastig das Zimmer verließ, kaum verständlich etwas von Getränken murmelnd[2]. Mizaya[3] war also noch immer so schüchtern wie damals, als Anael ihn bei sich aufgenommen hatte. Was ihr Prinz jedoch offenbar nur getan hatte, um sich Hals über Kopf in den jungen Engel zu verlieben, wie Michael und seine Brüder wussten...[4] Aber man konnte dem Jüngsten seine Scheu wohl nicht verdenken. Aus einer seltsamen Laune heraus hatte er von jeher nur einen reinweißen Flügel gehabt - denn der andere war so rabenschwarz wie seine hübschen Knopfaugen und hatte ihm viele Hänseleien unter den jüngeren Engeln eingebracht. Allein Michaels kleiner Shiyunoue, mit dem der Rothaarige lernte und für Prüfungen übte, war ihm immer ein gleichaltriger unvoreingenommener Freund gewesen... Jäh wurde der Feuerengel aus seinen Gedanken gerissen, als er ein schweres Seufzen seitens seines Prinzen hörte. Aufrecht und anmutig stand er da, jeder Zentimeter voller Würde, verhüllt in ein langes in viele Falten gelegtes Gewand von strahlend saphirfarbener Seide, das seine schlanke aber kraftvolle Statur, seine Unbeugsamkeit, seine Ausstrahlung hervorhob. Auch seine markanten Gesichtszüge wirkten gefasst - aber sie vermochten es nicht, auch den goldäugigen Elementarengel zu täuschen. Jener sah die Gram, die in den silbernen Tiefen lag, spürte die Hoffnungslosigkeit, die Michael bis vor kurzer Zeit selbst verspürt hatte, wenn auch aus einem anderen Grund. "Er wird seine Scheu schon noch überwinden. Mach dir keine Sorgen darum", befand Raphael mit einem Mal sanft lächelnd und legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter, meinte dabei wohl vor allem die Scheu Mizayas vor dem wirklich beeindruckenden Weißhaarigen. Doch der schüttelte nur leicht den Kopf. "Ich hoffe es... aber... trotzdem, ich..." "Sei unbesorgt...", mischte sich nun auch Michael ein. "Ich spüre, dass er dich nicht wirklich hasst... im Gegenteil: er mag dich, Anael..." Als ein Engel der Liebe und Leidenschaft vernahm er tatsächlich sehr deutlich die zart-freundlichen Schwingungen des Kleineren, wenn dieser seinen "Herrn" ansah, und fast konnte er spüren wie der kleine Engel vorsichtig seine Fühler nach dem dunklen, schön geformten Gesicht ausstreckte, es vorsichtig betastete, wie um herauszufinden, ob der wohlgeformte Mund ihn anlächelte oder verkniffen war vor Verachtung. "Ich kann dir zwar nicht sagen, _wie_ sehr er dich mag, und dennoch...", sinnierte er weiter. "Weißt du, ich glaube, es ist wie bei mir als ich erkennen musste, dass Gott nicht mehr der ist, der er einmal war... er ist schlicht und einfach verwirrt... er weiß nicht, was er darf und was er nicht darf, weiß nicht, dass er sich manchmal einfach über Gottes Gebote hinwegsetzen kann, wenn ihm das gut tut und niemand darüber Schaden nimmt... Außerdem weiß Mizaya nicht das, was wir wissen, und auch nichts von unseren Plänen... Aus seiner Sicht wäre diese Art der vollkommenen, hingebungsvollen Liebe, zu der du ihn verführen willst, eine große Sünde... Und ich nehme an, dass man es ihm daher nicht verdenken kann, wenn er Angst hat..." Auf einmal, ganz unerwartet, konnte man Anael ansehen, wie alt er tatsächlich war: Wirkte er sonst wie ein Sechsundzwanzigjähriger, spürte man nun ganz deutlich die Äonen, die auf seinen Schultern lasteten, sie sichtbar niederdrückten. "Ich weiß", flüsterte ihr Prinz leise und strich mit undeutbarem Blick über die Kante seines hölzernen Schreibtisches. "Und manchmal denke ich, dass es tatsächlich eine Sünde wäre..." Verzweifelt sah er auf, die Finger hilflos geballt. "Er ist doch viel zu jung!!" "Sprecht Ihr von mir, Herr?", erkundigte sich plötzlich eine leise, sanfte Stimme fast zaghaft, während Mizaya mit dem Fuß vorsichtig die schwere aber gut in den Angeln liegende Holztür aufstupste und dann das Tablett hereintrug. Michael jedoch war nicht entgangen, wie der Kleinste in ihrer Runde für wenige Sekundenbruchteile unsicher zu Anael hoch gelinst hatte, bevor er den Blick hastig senkte, sich ein rosener Schleier auf seine Wangen legte. Ja, er war sich ganz sicher, dass Anael dem Kleineren etwas bedeutete... Der Älteste jedoch wirbelte im selben Moment unangenehm überrascht herum, schien sich ertappt zu fühlen. "Mizaya!", rief er - und ehe sich dieser versah, waren die ausladenden weißen Schwingen auch schon gegen die Kristallkanne und die passenden Gläser gerauscht, sodass Mizaya erschrocken das Tablett losließ, die Augen fest zusammengekniffen. Dass letztendlich trotzdem nichts zerbrach oder verschüttet wurde, hatten sie allein der schnellen Reaktion von Michaels Brüdern zu verdanken: Während Gabriel auf das Getränk achtete, lenkte Raphael einen Wind so, dass das Tablett samt Service durch die Luft schwebte und heil auf dem Tisch ankam. Uriel indes kümmerte sich nun um den leicht zitternden Jungen, beugte sich mit einem freundlichen Blick leicht zu ihm hinunter. "Komm setz dich, kleiner Engel... Es ist ja nichts passiert..." So wurde Mizaya mit sanftem Nachdruck von dem Erzengel auf einen Platz des hibiskusroten Sofas befördert, dann holte Michael tief Luft und ging vor ihm in die Hocke, damit der junge Engel nicht zu ihm aufschauen musste. "Hör mir zu, Mizaya... Ich habe auf der Erde die Spur einer meiner Schützlinge verloren und muss wissen, wer es ist und wie es dazu kommen konnte... Doch dazu brauche ich deine Gabe...", erklärte er langsam. Er wusste, wie viel er verlangte, denn den jungen, ungeübten Engeln raubte das gezielte Einsetzen ihrer Gaben eine Menge Kraft, konnte sie zuweilen sogar in eine Ohnmacht treiben. Doch bevor der Schwarzäugige sich dazu äußern konnte, war ihr Prinz auch schon entsetzt dazwischen gefahren. "MICHAEL, NEIN!!", rief der Weißhaarige heftig. "DAS GEHT NICHT!!" Und so brach Gabriel in eben jenem Moment sein Schweigen, trat mit energischer Bestimmtheit hervor, fasste seinen Prinzen bei der Schulter. "Irgendwann wird er es ohnehin erfahren, Anael...", versuchte er ihm verständlich zu machen, Uriel und sein blauhaariger Geliebter nickten nur zustimmend, während der Feuerengel abwartete, was Gabriel bewirken konnte. "Aber..." Gehetzt blickte sich der Regent des zweiten Himmels um und Michael spürte sein Mitgefühl mit diesem. Er wusste, wie sehr der stolze Anael um jedes kleine Quäntchen Zuneigung seines jungen Engelchens rang, ahnte, wie groß seine Angst war, das bisschen Vertrauen wieder zu verlieren, das er sich so hart erarbeitet hatte. Doch schon ein Satz machte all dessen Hoffnungen, ihre Revolution noch verheimlichen zu können, zunichte: "Ich... ich weiß es doch schon längst..." Michael hörte wie Anael scharf die Luft einsog, dann... beängstigende Stille. Nicht einmal die vier Brüder brachten einen Laut hervor, bis es schließlich Uriel war, der nach einer kleinen Unendlichkeit zuerst das Wort erhob, nur milde überrascht schien, geradeso als hätte er es fast geahnt. "Tatsächlich", sagte er nur mit einem leichten Lächeln. Dann fand Anael seine Stimme wieder... "Mizaya! Hast du mich... etwa belauscht??", rief er fassungslos, nein, vollkommen _erschüttert_. Endgültig hatte sich jetzt das pure Entsetzen auf sein Gesicht gemalt - eine Unbeherrschtheit, die Michael so nicht von seinem Prinzen kannte. ... und die auch Mizaya zu ängstigen schien: "Ich... nein, Herr, ich...", stammelte der kleine Rothaarige ängstlich, drückte sich tiefer in die weichen Polster. "Ich... ich habe doch nur... Ich kann nichts dafür! Es... ist einfach so-" Kraftlos ließ sich Anael auf einen nahestehenden Sessel fallen, starrte haltungslos zu Boden. "Deswegen hast du dich also so seltsam benommen", murmelte er und schüttelte ungläubig den Kopf. "Kein Wunder, wenn du es die ganze Zeit wusstest! ...Aber warum hast du uns nicht gemeldet? Immerhin sind wir Verräter und du schuldest mir nichts!" Der Kleine sprang unruhig auf. "Ich... ich weiß es noch nicht lange, Herr", versuchte Mizaya betreten zu erklären. Doch während der Prinz immer mehr an Energie und Glanz zu verlieren schien, sichtlich in sich zusammensank, fiel Michael sehr plötzlich etwas auf... Ein wenig überrascht sah er hoch, begegnete zufällig dem scharfen Adlerblick seines schwarzhaarigen Bruders Uriel. Und jener nickte leicht... Ein bitteres Lachen hallte durch den Raum. "Verstehe...", stieß der weißhaarige Erzengel hervor, dann ließ er seinen Kopf trostlos in die Hände sinken, die Ellenbogen auf den Knien abgestützt. "Nein! Herr, ich... ANAEL!!", rief Mizaya verzweifelt, überschlug sich beinahe. Und Anael... schwieg... Schwieg vor ehrlicher Verblüffung, denn alle Erzengel in diesem Raum wussten, dass es Anaels größter Wunsch gewesen war, endlich seinen Namen aus diesem kleinen Mund zu hören, statt dem zwar korrekten aber ebenso unpersönlichen "Herr". "Ich... ich hätte Euch doch nicht verraten...", flüsterte der Schwarzäugige kaum verständlich, sank mit vor Anstrengung geröteten Wangen vor dem Prinzen zu Boden, die Arme um sich geschlungen. "Nein, dass hätte ich nicht. Bestimmt nicht! Bitte... glaubt mir... Anael..." - - - - - - [1] Anael gehört zu den sieben Engeln der Schöpfung. Er ist zudem Prinz der Erzengel (normalerweise kennen wir zwar nur vier Erzengel, unter Theologen ist es aber durchaus üblich von sieben oder auch neun Erzengeln zu reden, besonders wenn es um das Judentum und die Kabbala geht. Dann wird z.B. auch Metathron, der Angel-Sanctuary-Lesern sicher ein Begriff ist, zu ihnen gezählt) und herrscht über die Engel des Freitags. Weiterhin wacht er über den Planeten Venus und ist daher auch zuständig für die menschliche Sexualität. Als Prinz der Erzengel regiert er außerdem den zweiten Himmel [Anm.: der Himmel der normalen Engel ist der erste und unterste, danach kommen die Erzengel und ganz oben - abgesehen von Gott - stehen die Seraphim] und ist dort für alle Gebete verantwortlich. Auf der Erde kontrolliert er die Königreiche und ihre Könige und last but not least wacht er über den Mond. Nja und außerdem passt sein Name doch irgendwie zu einer yaoi-story - ihr wisst schon Ana(e)l... *drop* [2] Ich weiß, dass es eher ungewöhnlich ist, Engel als fast menschenähnlich darzustellen. Also menschenähnlich insofern, dass sie auch trinken, etc. Aber mir gefiel der Gedanke einfach, weil es sie auf eine unbestimmte Art und Weise greifbarer macht, was ich persönlich sehr wichtig finde für eine Geschichte... Und irgendwie ist die Vorstellung von einem Engel mit Cola-Dose in der Hand (oder glaubt ihr, im Himmel gibt es auch Dosenpfand? ^_~) lustig... Ich erinnere mich ja nur an die alten Cola-Werbungen mit den sexy Männern, die jeweils immer die Coladosen in das Büro voller schmachtender Frauen geschleppt haben... Und jetzt stellt euch das doch mal mit Uriel vor... so oben ohne und mit ausgebreiteten Schwingen... *in Sabber zerfließ* [3] sprich: MI - sa - ja NICHT mi - SA - ja [4] Sobald ich One Wing fertig habe, wird es übrigens (jedenfalls höchstwahrscheinlich und irgendwann) noch eine Geschichte zu Anael und Mizaya geben ^__^ Außerdem wird es sicherlich auch noch kleine Sidestories Fortsetzungen geben, um die Beziehungen zwischen den Erzengeln zu beleuchten... die Pairings waren ja überraschenderweise(?) auch sehr beliebt... Volume V Gedankenverloren "sah" Nicome sich mit seinem sechsten Sinn um, betrachtete Finee und schenkte auch dem Wecker Beachtung, denn nachdem er Hisashi versprochen hatte, dass nun nichts mehr passieren konnte, war dieser widerwillig zurück zur Arbeit gegangen. Allerdings nicht ohne ihm zu schwören, dass er heute ausnahmsweise pünktlich sechzehn Uhr Schluss machen und auch keinen Papierkram mehr erledigen würde, um so schnell wie möglich wieder bei ihm zu sein. Das es nun eine Viertelstunde nach Vier war, bedeutete also, dass Hisashi in wenigen Minuten die Tür aufschließen würde, wenn ihm nicht doch noch etwas seine Pläne durchkreuzte. Bei dem Gedanken an seinen besorgten Geliebten leicht lächelnd, besah er sich wieder Finee. Dessen Flügel waren nun transparent, was soviel hieß wie, dass Nico und jeder andere entsprechend Begabte sie zwar noch sehen konnte, sie jedoch materiell gesehen nicht mehr auf der Erde gegenwärtig waren, sondern in eben jener Parallelwelt, in der sich das befand, was von den Menschen gemeinhin als Himmel und Hölle bezeichnet wurde. Diese Transparenz war für Finee momentan insofern nötig, als dass er auf diese Weise nicht auf seinen gebrochenen Flügeln liegen musste - auch wenn Nicome aus eigener Erfahrung wusste, dass die mit den Schwingen verbundenen Schulterblätter Finee nicht weniger schmerzen mussten, auch wenn sie selbst nicht beschädigt waren. Doch es ging leider nicht anders, da Finee die Bauchlage im Moment verwehrt war. Denn Nicome hatte zwar nicht die geringste Ahnung _wie_ sich das alles wohl zugetragen haben mochte, aber die Vorderseite dieses schlanken aber doch kräftigen Oberkörpers war von eben jenem magischen Lichtnebel bedeckt, der von Hisashi ausgegangen war als jener in den Schutzbann eingedrungen war, welcher den Weißhaarigen auf eine seltsame Art und Weise an Michael und Gabriel erinnert hatte. Nur das Gesicht und die Beine Finees waren verschont geblieben und solange sich das Licht nicht von selbst aufgelöst hatte, war zu befürchten, dass schon eine einzige Berührung den jungen Engel vor Schmerz wahnsinnig machen könnte. Denn woher auch immer Shi diese Energie nahm, von der er vorher nicht einmal etwas _geahnt_ hatte - sie war schier unendlich stark... ... und dennoch konnte der Weißhaarige nicht sagen, dass sie ihm Angst machte. Viel mehr verwirrte sie ihn, da solch eine gewaltige Kraft nicht einmal jenem heiligen Seraphim[1] gegeben war, der Nico in ihrer Welt gejagt hatte, weil er als einer der Gottes-Nächsten die Erde nicht betreten durfte. Aber Angst... nein, nicht einmal _Furcht_ fühlte er, da die Intensität dieser Magie zwar schon irgendwie erschreckend war, die Energie selbst jedoch zugleich etwas sehr Sanftes, Beruhigendes, ja, Liebevolles ausstrahlte. "Du warst immer mein Freund, Finee - und ich weigere mich, dich jetzt als jemand anderen anzusehen", erklärte er plötzlich, richtete seine Augen fest auf das Gesicht des Engels aus, auch wenn er mit ihnen nicht mehr sehen konnte. "Wie kannst du jemanden als Freund bezeichnen, der dir soviel Schmerz und Angst bereitet hat?", hauchte der Rotschwarzhaarige erschüttert und ergriff seine Hand um ihn noch näher zu sich herunter zu ziehen. "_Wie_?" Mit einem zaghaften Lächeln und einem Herz, das sich vor Freude fast überschlug, ob dieser kleinen Geste, streichelte er sanft die etwas größere und bedeutend kräftigere Hand, die ihn so bestimmt, aber nicht schmerzend festhielt. "Ebenso wie ich Michael immer lieben werde, obwohl er mir mein Augenlicht nahm..." Seufzend nahm Nicome wahr, wie der Griff um seine Finger sich verstärkte und starr wurde, "sah" wie Finee fast noch eine Nuance blasser wurde als er durch die Schmerzen ohnehin schon war. Doch eine Antwort bekam er nicht. Kein "Es war die Entscheidung Gottes, nicht Michaels und du hast nicht das Recht, ein Urteil über den Herrn zu fällen..." oder etwas dergleichen. Rein gar nichts - außer Schweigen. "Weißt du", nahm Nico also schließlich vorsichtig den Faden wieder auf, "es ist nicht so, als hätte ich keine Angst vor dir gehabt. Im Gegenteil, ich dachte ja immer, ich müsste sterben, wenn du mich das nächste Mal fändest - und sterben wollte ich nicht... Aber gehasst... gehasst habe ich dich deswegen nie, genauso wenig wie Michael... Ich - ich _konnte_ euch einfach nicht hassen. Zuviel habt ihr mir bedeutet, als dass ich jemals dazu fähig gewesen wäre... Und das, obwohl mir erst viel später klar wurde, dass ihr beide nichts für all das konntet..." "Wie... meinst du das?", brach Finee hörbar verwirrt sein Schweigen und ließ seine Hand locker, sodass es nun Nicome war, der die schlanken Finger hielt, während er sie mit der anderen Hand weiterhin sanft liebkoste, wie er es früher getan hatte, wenn seinen Freund etwas bedrückt hatte und er ihm zeigen wollte, dass er für ihn da war. Doch der Größere sagte nichts dazu, entzog ihm auch nicht die Finger, ließ es sich still gefallen, genoss es vielleicht sogar ein wenig. Auch Nicome war einen Moment lang still, überlegte, ob er Finee davon erzählen konnte und ob der ihm überhaupt glauben würde, doch dann entschied er, dass "Yutonee" es erfahren musste. "Weißt du, was mir aufgefallen ist, nachdem du mich noch einmal angegriffen hast?", fragte er also und antwortete sich gleich selbst: "Dein Blut war fast wie reines Gold und nur ganz schwach bläulich... nach und nach verlor sich der Goldschimmer jedoch fast völlig und seit ich deine Wunden säuberte, ist es beinahe vollständig dunkelblau..." "Und?", machte Finee scheinbar verständnislos. Doch auch wenn Nico blind war, war ihm das leichte Beben nicht entgangen, das plötzlich von dem anderen Körper Besitz ergriffen hatte. "Du weißt genau, dass das Goldene im Blut von Engeln der Gottesfunke ist, Finee!", tadelte er ihn nicht ohne sanften Nachdruck. "...aber wusstest du auch, dass Michael mir nie das Augenlicht nehmen wollte? Dass er sich geweigert hat und Gott ihn dazu _zwingen_ musste? Ich weiß es nun - und deshalb bin ich mir sicher, dass er auch über dich die Kontrolle übernommen hat - in eben jenem Moment als dein Blut golden war, bis deine Flügel brachen..." Traurig fühlte er, wie ihm die Hand blitzartig entzogen wurde, als hätte Finee sich an ihm verbrannt, hörte das entsetzte Keuchen. "Wie... WIE KANNST DU SO ETWAS SAGEN!!", rief der Jüngere ängstlich und zugleich fassungslos. Schon allein die Vorstellung daran schien ihm völlig absurd. Aber konnte Nicome es ihm verübeln? Früher - das hieß, vor Hisashi - hätte er es ja selbst nie in Betracht gezogen... "Uriel und Raphael haben mich das über Michael wissen lassen...", wisperte der Eingeflügelte leise, aber hörbar sanft. "WAS???", fuhr Finee geschockt auf. "ABER IM HIMMEL HERRSCHT AUSGANZSSPERRE - UND SIE HATTEN NICHT DIE ERLAUBNIS AUF-" Ruhig redete Nicome weiter, unterbrach den anderen so. "...und ich weiß, dass du mir die Schuld an Michaels Zustand gegeben hast, gegeben haben _musst_!", erklärte er und nahm die Hand des anderen wieder auf, drückte sie fest, bevor er hinzufügte: "Aber ich weiß auch, dass du mich niemals aus freiem Willen umbringen würdest..." "Woher nimmst du diese Gewissheit? Wie kannst du so etwas _jetzt_ noch behaupten? Wer sagt dir, dass ich dich nicht im nächsten Augenblick ermorde?", hauchte Finee verzweifelt. "Du kannst doch im Moment kaum den kleinen Finger heben, Dummkopf", erwiderte er schlicht, doch mit einem sanften Lächeln und strich über den vom Fieber schon ganz heißen Kopf. "Aber ernsthaft: Du selbst warst das. Du selbst hast mir einmal versprochen, mit all deiner Kraft auf mich aufzupassen und mein Leben zu schützen... Und ich vertraue dir." Doch Finee lachte nur sehr bitter und wenig humorvoll auf. "Ich konnte dich ja nicht einmal vor mir selbst beschützen!!" - Und bevor Nicome es verhindern konnte, hatte er sich auch schon auf die Seite gedreht, prallte sofort wieder zurück auf seine Schulterblätter, nur damit sein Leib sich reflexartig aufbäumte, während er gellend aufschrie vor Schmerz. Dann verstummte der Schrei wie abgehackt, nur ein leises Röcheln war noch zu hören, als der zuckende Körper erschlaffte. "FINEE!", rief Nicome angsterfüllt. Und ohne noch weiter darüber nachzudenken nahm er die beiden Hände, murmelte etwas in der himmlischen Sprache, immer und immer wieder, als seine Hände plötzlich in einem grünlich-silbernen Lichtdunst zu flackern begannen. Sofort lenkte Nicome seine gesamte Energie auf Finee, bis jener vollständig davon umhüllt war und sie langsam durch dessen Haut in den kraftlos-nachgiebigen Körper eindrang. Solange er nur konnte hielt der Blinde die Verbindung aufrecht, um seinem Freund den Schmerz zu nehmen und ihm von der eigenen Lebenskraft zu geben. Schließlich sank er mit einem lautlosen Seufzer zurück und Finees Hände entglitten ihm, sodass ihre Verbindung unterbrochen wurde. Er spürte kalten Schweiß auf seiner Stirn, ahnte, dass er sich übernommen hatte, doch er sagte nichts dazu, wollte er den Engel doch jetzt nicht noch mehr verschrecken. "...danke...", hörte er Finee plötzlich krächzen. Zur Antwort küsste er nur dessen heiße Stirn, sank dann erleichtert ein wenig zusammen, war froh darüber, dass er hatte helfen können. Auf einmal aber ertönte ein gedämpftes Bellen, dann hörte man wie Hisashi ihrer Hündin gut zusprach: "Ruhig, Tammy! Sonst weckst du noch Nicos Freund auf!" Erfreut fuhr der Blinde ein wenig auf. Endlich! Endlich war sein Geliebter wieder da! Jedoch... Finee schien das weniger zu freuen: Der Einflügelige konnte deutlich spüren, wie die Laune seines Freundes schlagartig sank und zugleich fast etwas wie Verzweiflung in ihm aufzukommen schien. "Es gefällt dir noch immer nicht, dass ich Hisashi liebe", stellte Nicome leise und traurig fest. Der verletzte Engel antwortete nicht darauf - aber sein Schweigen war Antwort genug... Bedrückt schloss der Kurzhaarige die Augen. /Warum? Warum kannst du mich nicht verstehen?/, dachte er leidend. Dann aber richtete er sich entschlossen auf. "Weißt du, seit ich bei Hisashi bin habe ich sehr viele menschliche Schriften gelesen...", begann er. "Aber am besten ist mir etwas im Gedächtnis geblieben, das ich im Internet von einer klugen jungen Frau gelesen habe... Es ging so: >>Neid, Zorn, Trägheit, Wollust, Habsucht, Völlerei und Hochmut. Aber gibt es eine größere Sünde, als den Verrat an sich selbst? Wenn ein höheres, vollkommenes Wesen uns mit Stolz erschaffen hat, uns als einziges Wesen mit dem Bewusstsein unserer Selbst und dem freien Willen, den selbst die hohen Engel nicht besitzen, gesegnet hat - was ist es dann, außer _der einzigen, wahrhaftigen_ Todsünde, die zum Absterben der Seele - dem kostbarsten, das wir besitzen - führt, wenn wir aus freiem Willen entscheiden, uns selbst, unser Inneres, zu verleugnen?<<[2] Und ich finde, sie hat Recht mit dem, was sie schrieb..." "Aber wir Engel _besitzen_ einen freien Willen!", protestierte der geschwächte Racheengel sofort. Nichts anderes hatte der Weißhaarige erwartet und so nickte er schnell und beruhigend. Dennoch freute er sich insgeheim sehr über die Wortwahl seines Freundes: /..."wir".../ "Natürlich haben wir den... Aber das macht dieses Zitat ja gerade erst so wahr..." Finee runzelte nur noch verwirrt die Stirn, sah ihn fragend an. "Was willst du damit sagen?" "Ich will damit sagen, dass man uns von jeher gesagt hat, wir seien dazu geschaffen worden, zu lieben... Aber wenn wir dazu geboren wurden und man uns immer wieder predigt, zu lieben... warum wird es uns dann im selben Atemzug wieder verboten? Auch Gott hat einmal geliebt, liebt Lucifer ganz sicher noch immer! Wie aber kann Liebe dann noch eine Sünde sein? Und warum, frage ich dich, darf dann nicht auch ich lieben, wieso soll ich meine Gefühle verleugnen? Warum darf ich Hisashi nicht jeden Tag meine Liebe schenken und glücklich mit ihm sein, warum?", gab Nico leise zurück und wartete angespannt auf eine Reaktion. Doch der Schwarzäugige sagte zunächst nichts, schien tatsächlich verunsichert, während er Nicome mit offenem Mund anblickte. "Vielleicht will Gott uns ja einfach vor Enttäuschungen bewahren...", antwortete er schließlich sehr leise. Überrascht "sah" Nico seinen Freund an. Er hatte weitere Proteste erwartet, nicht, dass der andere seine Worte offenbar stillschweigend annahm, ihnen vielleicht sogar innerlich Recht gab. So dauerte es einige Sekunden bis er sich wieder gefangen hatte, um zu antworten: "Aber muss denn nicht jeder seine eigenen Fehler machen? Und gibt es nicht genügend Menschen auf der Erde, die uns zeigen, dass es auch anders geht? Dass man auch einen Leben lang glücklich sein kann mit dieser Liebe, bis in den Tod hinein?" "Du hast Recht", sagte Finee. Doch dann nahm er Nicomes Hand und fügte leise hinzu: "Doch das Leben eines Menschen währt nur kurz... Das unsere aber kann für immer bestehen... Was also wirst du tun, wenn du eines Tages den alten, verbrauchten Körper deines Geliebten in den Händen hältst und zusehen musst, wie er stirbt? Du würdest auf ewig mit diesem Schmerz leben müssen... Selbst wenn er zu jenen gehören sollte, deren Seelen wiedergeboren werden, so wird der Schmerz nur noch unerträglicher werden bei jedem seiner Tode, den du nicht verhindern kannst... Und...", er stockte, senkte schluckend den Blick, "ich will nicht, dass dir das geschieht, Sanami..." Gerührt sah Nicome auf den jungen Engel, küsste ihm schnell die Wange. Jetzt wusste er, dass er Recht gehabt hatte: Finee war noch immer sein Freund - und er würde es auch bis in alle Ewigkeit bleiben. "Lieber lebe ich mit der Erinnerung an ein vergangenes Glück, als mit dem unerträglichen Gedanken, das Glück der Liebe nie erfahren zu haben, Finee...", gestand er schließlich, zögerte kurz, bevor er erklärte: "Aber mir wird das nicht geschehen... Denn ich möchte mein Leben lang glücklich sein..." Zitternd drückte der Jüngere Nicos Hand, stieß einen leisen, erstickten Laut aus, geradeso als stünde er kurz davor zu weinen. "Ich wünsche es dir so sehr, Sanami, glaub mir! Aber... das... wie kannst du dir so sicher sein? Soviel könnte passieren!" Vorsichtig beugte sich Nicome über ihn, umarmte ihn so sacht, dass er ihn kaum berührte, und wisperte ihm leise ins Ohr: "Vertrau mir einfach, Finee. Bitte glaube meinen Worten und verzeih mir, so wie ich dir verziehen habe. Ich wollte dir niemals weh tun..." "Ich weiß...", schluchzte der Junge erstickt - und dann kamen ihm wirklich die Tränen... - - - - - - [1] Ein Herr namens Pseudodionysius hat die Engel irgendwann mal in eine Hierarchie aus neun Chören eingeteilt, die da wären (von den "höchsten", Gott-Nächsten und stärksten zu den "niedrigsten" und schwächsten): Seraphim, Cherubim, Throne, Herrschaften, Mächte, Gewalten, Fürstentümer, Erzengel und Engel [2] (c) by Crave *flausch dir* Volume VI Angestrengt atmend starrte er auf seinen goldäugigen Bruder und den kleinen Liebling ihres Prinzen. Mit ineinander verschränkten Fingern standen sich ihre Körper gegenüber und die Augen waren geschlossen, doch ihre Seelen waren nun an einem weit entfernten Ort, unerreichbar für Raphael und die anderen drei Erzengel. Da Mizaya dem Feuer zugeordnet war, konnte er Michael, der Personifikation dieses Elements, auf diese Reise in die Vergangenheit mitnehmen, um ihrem Bruder zu zeigen, was auf der Erde geschehen war. Dazu war es jedoch nötig, dass die beiden Engel ihre Kräfte synchronisierten und dann in vollem Maße einsetzten, was bei einem so mächtigen Engel wie seinem Bruder nicht einmal für eine Sekunde unentdeckt geblieben wäre. Das einzige, was der Engel des Windes also im Moment tun konnte, war, den abschirmenden Bannkreis um sie herum so lange aufrecht zu erhalten, bis die beiden fertig waren, sodass sie von Gott und den anderen Engeln nicht aufgespürt wurden. Das Problem dabei war, dass Raphael außerhalb und nicht wie sonst üblich innerhalb des Bannes stand, weil er sonst von Michaels ungezügelter Energie nicht nur gestört, sondern wortwörtlich umgehauen worden wäre. Doch für einen Bannkreis von derartiger Stärke benötigte man viel Energie und das bedeutete, dass er gleichzeitig noch einen zweiten, wenn auch ungleich schwächeren, Bann aufrecht erhalten musste, damit auch _seine_ Machenschaften nicht zurückverfolgt werden konnten. Und zwei Bannkreise von einer solchen Gesamtstärke über einen Zeitraum mehrerer Minuten aufrecht zu erhalten - das war nichts, was man immer wieder und wieder tun konnte, ohne seine Energie vollends aufzubrauchen und sich damit selbst umzubringen. Daher war es auch nicht mehr weiter verwunderlich, dass seine Finger bereits stark zu zittern begonnen hatten. Und natürlich war der blauhaarige Engel dankbar dafür, dass jede Stunde, welche die beiden in der Vergangenheit miterlebten, in der Gegenwart nur etwa einen Zehntel ausmachte, in der ihre erstarrten Körper abgeschirmt werden mussten. Aber mittlerweile spürte er jede einzelne Sekunde ganz deutlich an seinen Kräften zehren und er wusste nicht, wie lange er das noch durchstehen konnte. Zwar hatte Uriel ihn geradezu darum angefleht, ihm helfen zu dürfen, aber er musste die ganze Arbeit trotzdem allein machen. Denn da die vier Brüder schließlich nicht nur in der Welt der Menschen das Machtspiel der vier Elemente regulierten, wäre es einfach zu auffällig gewesen. Fehlten nämlich mehr als zwei Elementarengel, geriet auch im Himmel das Gefüge durcheinander. Zwar setzten dann automatisch die Kräfte jener Engel ein, die unter dem Zeichen des jeweiligen Elements geboren worden waren, um das besagte Gefüge zumindest für eine Weile wieder zu stabilisieren, aber dasselbe war es deswegen noch lange nicht und somit wurden alle möglichen magischen Vorgänge gestört - auch die wirklich wichtigen. Einmal, kurz bevor Lucifer gefallen war, war dadurch der schlimmste Fall überhaupt eingetreten: das totale Chaos. - Ein Zustand, von dem sich selbst Gottes Reich nicht von einem Tag auf den anderen wieder erholt hatte. Seitdem waren Raphael und seine Brüder im Normalfall dazu verpflichtet, sich unter Angabe des Grundes eine Erlaubnis dafür einzuholen und es auch den restlichen Himmelsbewohnern anzukündigen, wenn sie zu dritt oder zu viert die Erde oder einen Bannkreis betraten. Taten sie dies nicht, weil sie aus irgendeinem Grund dazu gezwungen waren, sofort zu handeln, wurden ihnen sofort eine Art himmlische Suchhunde hinterhergeschickt, um herauszufinden, was geschehen war, und wie lange der Himmel versuchen musste, ohne sie auszukommen. Sie konnten es sich also nicht leisten, die Bannkreise zu zweit zu erhalten, wenn sie nicht auffliegen wollten, bevor die Revolution überhaupt stattgefunden hatte. Und da Raphael mehr Erfahrung im Umgang mit Schutzmagie hatte als alle anderen in diesem Raum zusammen, war er es nun, dessen Gesicht vor Anstrengung schon ganz fahl geworden war... "Halt durch, Raphael...", hörte er Uriel besorgt außerhalb des zweiten Bannkreises rufen und musste warm lächeln, auch wenn er kaum noch die Kraft dazu hatte. Ja, allein für seine Liebe zu Uriel würde er durchhalten, auf dass er ihn eines Tages ganz einfach umarmen und küssen konnte - egal, wie viele Engel zusahen... Dann sackten die beiden Gestalten vor ihm zu Boden und er selbst brach nach einem weiteren Augenblick gleich seinen beiden Bannkreisen zusammen. Kaum Sekunden später fühlte er die vertraute Umarmung seines Geliebten, genoss leise, liebevolle Worte, die ihm ins Ohr geflüstert wurden, während er völlig geschwächt zusah, wie Gabriel mit seinem langen, wehenden Umhang gleichenden Haar zu Michael stürmte, um ihn sorgenvoll zu bemuttern, während Anael sein bewusstloses Engelchen zum Sofa trug und beunruhigt die erschreckend blassen Wangen streichelte. "Wie geht es Mizaya?", stöhnte Michael leise. Doch als der rothaarige Engel eine Sekunde später die Augen aufschlug, antwortete er nur mit einer kaum wahrnehmbaren Gegenfrage: "...war er das? ...der Schlüssel?" ...und schon konnte Raphael nicht mehr sagen, wer nun der blassere von ihnen war: Mizaya oder Anael. "Du... von ihm weißt du auch?", ächzte ihr Prinz kreideweiß und erstickt - Raphael konnte es ihm nicht verdenken. Denn selbst Uriels scheinbar unerschütterliche Gleichmut bekam plötzlich Risse: Wenn Mizaya so einfach so viel herausgefunden hatte, ohne dass sie es bisher auch nur _geahnt_ hatten, was war dann mit all den Seraphim und Cherubim, mit denen sie täglichen Umgang pflegten?? Nervös drehte sich der Blauhaarige mit den amethystfarbenen Augen in Uriels Umarmung, drängte sich näher an die Brust seines Geliebten, der selbst unter den ältesten Engeln nur als Riese bezeichnet werden konnte, sogar Gabriel noch in den Schatten stellte, welcher Michael und Raphael immerhin um einen halben Kopf überragte... Doch auch dem Kleinsten unter ihnen schien es nicht besser als Raphael zu gehen. Alles was er zur Antwort hervorbrachte war ein unverständliches Gestammel, das nur durch sein Nicken Sinn bekam. "Woher?", fragte Anael leise und der Engel des Windes war sich sicher, dass sein Prinz noch nie so schicksalsergeben und hoffnungslos geklungen hatte. Mizaya dagegen wandelte seine Nervosität in Überraschung über die Frage ab. "Wisst Ihr nicht mehr, der Abend an dem es mir plötzlich so schlecht ging, dass ich fast ohnmächtig wurde und Ihr mich zu Bett tragen musstet?", fragte er als würde das wirklich alles erklären. Doch Raphael für seinen Teil verstand kein Wort... Und Anael schien es ähnlich zu gehen, denn er sah sich unsicher nach den vier Brüdern um, bevor er stirnrunzelnd antwortete: "_Natürlich_ weiß ich das noch! Schließlich habe ich mir große Sorgen um dich gemacht! Aber was hat das damit zu tun?" "Ich hatte Euch zuvor am Unterarm berührt um Eure Aufmerksamkeit zu erlangen... und dabei ganz plötzlich eine Vision...", war die leise Erwiderung. Stille trat ein zwischen den verdatterten Erzengeln. Natürlich! Wie hatten sie so unvorsichtig sein können? Ein Engel der in die Vergangenheit zurückblicken konnte, war logischer Weise fähig, einfach _alles_ zu erfahren, was er über ihre Pläne wissen wollte! Gabriel schien Raphaels Gedankengänge zu teilen: "...in der du alles gesehen hast", führte er vermutend weiter. Doch dieses Mal schüttelte Mizaya den Kopf, sah unsicher zu Anael, der nunmehr die Augen geschlossen hatte und sich ausschwieg. "Nein", sagte er dann. "Ich glaube nicht, dass ich _alles_ gesehen habe... Aber es war genug um zu verstehen..." "Was zu verstehen?", wandte Michael verwirrt ein, während er sich vor Anstrengung zitternd von Gabriel aufhelfen ließ. Mizaya schlang die Arme um sich, als wäre ihm kalt, rückte offenbar unwillkürlich näher zu Anael. "Dass Gott uns verlassen hat...", sagte er mit erschreckend leerem Blick. Aber Michael schüttelte nur sanft den Kopf. "Er hat uns nicht verlassen, Mizaya", versuchte er zu erklären. "Er hat sich nur in sein Innerstes zurückgezogen..." "...und sich hoffnungslos darin verlaufen", ergänzte Anael leise.... Volume VII Lautlos schwang die Schlafzimmertür auf und Sanamis Geliebter betrat leise das Zimmer. "Ist er wach?", hörte Yutonee diesen Hisashi fragen und sah wie sich der Einflügelige nach ihm umdrehte, langsam nickte. "Ja, dass ist er. Es geht ihm sogar ganz gut für seinen Zustand..." /Nur, weil du mir deine Energie gegeben hast/, dachte Yutonee, sprach es aber nicht aus, weil es seinem älteren Freund wohl peinlich gewesen wäre. Außerdem traute er diesem Hisashi nicht, denn auch wenn er die Aura eines normalen jungen Menschen ausstrahlte, war er ganz sicher alles andere als _normal_ - oder seit wann hatte ein einfacher Mensch plötzlich eine derartige Kraft, so mächtig wie alle Seraphim und Cherubim zusammen? Erleichtert - erleichtert? - lächelnd kam der Mensch heran, stellte sein Tablett mit Verbandsmaterialien sowie Salben, aber auch etwas zu trinken auf den Nachttisch und beugte sich zu Sanami hinab. Ganz zart nur küsste der Schwarzhaarige die Lippen seines Lieblings, streichelte ihm unglaublich liebevoll durch das weiße Haar und über die Wangen. Schlagartig wurde Yutonee rot, als er sah wie sich Sanami instinktiv streckte und näher an die liebkosende Hand schmiegte. Er erinnerte sich, dass sein Freund schon immer sehr verschmust gewesen war, und dennoch rutschte er ein wenig von den beiden weg, erschrocken über die Natürlichkeit, mit der sie miteinander umgingen, obwohl das was sie taten doch eine Sünde war. Trotzdem sagte er nichts dazu, konnte nur schweigen, denn ganz unerwartet hatte er an Sanamis Worte denken müssen: /Ja... wie kann Liebe eine Sünde sein...?/ So registrierte der Engel kaum, dass Sanamis Blindenhündin zögerlich eine Pfote vor die andere setzend das Zimmer betrat und aufmerksam schnüffelnd auf sie zutapste. "Dann lass mich jetzt auf ihn aufpassen und ruh dich endlich selbst ein wenig aus, Schatz!", bat Hisashi seinen Liebling, während er sich neben ihn auf das große Bett setzte. Doch wie nicht anders zu erwarten schüttelte Sanami nur dankbar lächelnd den Kopf: "Nicht nötig, Shi, mir geht es gut... Außerdem bist du doch selber müde von deiner Arbeit..." Ein hörbares Seufzen hallte durch das Zimmer als der Grünäugige die Hände des Kleineren nahm und in der seinen barg, sanft zudrückte. "Nico, bitte! Mach mir keine Sorgen! Du bist ja schon ganz blass und ein wenig Ruhe kann dir ganz sicher nicht schaden, selbst _wenn_ es dir tatsächlich gut gehen sollte!" Doch bevor Sanami etwas antworten konnte, erregte die Hündin ihre Aufmerksamkeit. Sich mehr als unwohl fühlend dachte Yutonee daran, wie oft er die Hündin, die Sanami praktisch nie von der Seite wich, verwünscht hatte. Denn wie alle Tiere war sie fähig, auch Engel, die sich verbargen, wenn nicht zu sehen so doch wenigstens viel leichter zu erspüren, als es einem Menschen möglich war. Und außerdem konnte man die Sinne eines Blindenhundes nun einmal auch nicht gerade als "abgestumpft" bezeichnen... Sanft stupste das Tier Sanamis Hand mit seiner Nase an, welche sogleich begann die Hündin sanft hinter den Ohren zu kraulen. Doch "Tammy", wie der einflügelige Engel sie immer rief, winselte nur und tappte mit einer Pfote nach ihrem Herrchen. Überrascht blinzelnd wollte sich dieser zu der Hündin hinunterbeugen - und sackte auf einmal in sich zusammen, sodass Hisashi ihn nur noch knapp erwischte und den Sturz bloß teilweise abfangen konnte: Sanami war einfach bewusstlos geworden. "Was hat Nami?", rief Yutonee, benutzte dabei unwillkürlich den Spitznamen des Weißhaarigen, so sehr hatte es ihn erschreckt. Er versuchte sogar sich aufzurichten, um seinen ohnmächtigen Freund besser sehen zu können, sank jedoch mit einem schmerzverzerrten Stöhnen ganz schnell wieder zurück auf das Laken. "Eine Menge Schlaf nötig, das hat er", seufzte Hisashi, lächelte ihm jedoch dabei zu und ohne dass Yutonee sagen konnte warum, fühlte er sich beruhigt. "So wie du auch - also leg dich bitte wieder hin, sonst macht sich Nico nachher nur wieder Sorgen..." Dann legte er seinen ganz persönlichen Engel vorsichtig und liebevoll neben Yutonee auf das große Bett, deckte sie beide sorgfältig zu. "Du... du liebst ihn wirklich, oder?", fragte Yutonee langsam. Plötzlich war ihm klar geworden, dass sein Freund Recht gehabt hatte: Niemals hätte er Sanami aus freiem Willen getötet - nicht einmal als der Schmerz um ihren gemeinsamen Lehrer am größten gewesen war und Yutonee fast seines Verstandes beraubt hatte. Natürlich hatte er wirklich geglaubt, was er Sanami an den Kopf geworfen hatte - doch selbst dann hätte er nicht die Hand gegen einen alten und so treuen Freund erheben können, auch wenn er manchmal tatsächlich eifersüchtig auf ihn gewesen war. "Ja. Und ich glaube nicht, dass ich mir vorstellen kann, wie man etwas anderes tun könnte...", erwiderte der Größere schlicht, lächelte sanft dabei, wiederholte dann noch einmal: "Ja, ich liebe ihn! Von ganzem Herzen..." "Aber das darfst du nicht!", rief Yutonee unwillkürlich, bevor er sich davon abhalten konnte. Doch Hisashi nahm es ihm nicht übel, schüttelte nur verständnislos den Kopf: "Warum sollte ich Nicome nicht lieben dürfen? Er ist der wundervollste Mensch, den ich kenne... Und darf wahre Liebe nicht alles?" Yutonee antwortete nicht, keuchte nur und riss die Augen auf. /"MENSCH"? HAT NAMI ES IHM ETWA NICHT GESAGT??/ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)