The Balance of Creation von Autumn (TYKA u. a.) ================================================================================ Kapitel 21: Gefangennahme ------------------------- Und hier ist das neue Kapitel! Ich bin gespannt, wer von Euch schon wusste/ahnte, was wohl mit Tyson passiert ist....na? Wer es noch nicht weiß, erfährt es jetzt natürlich nicht, sondern nur, wenn er weiterliest....*zwinker* Vielen Dank für Eure Kommis! *sich verneig* Kapitel 21: Gefangennahme „Gute Arbeit, Deimos.", meinte Hades anerkennend und der Krieger des Hasses verneigte sich ehrerbietig. „Ich wusste, dass ich mich in diesem Punkt auf dich verlassen kann. Ich denke wirklich, dass du dir jetzt eine Belohnung verdient hast. Aber ich werde noch ein wenig warten, ehe ich Hiro hierherhole. Ich möchte erst sehen, wie tief du den Riss zwischen Kai und Tyson ausweiten kannst!" „Wie Ihr wünscht, mein Herr." Er verschwand in einem schwarzen Strudel und verließ den Thronsaal. Wenig später re-materialisierte er sich wieder in einem anderen Raum mit vergitterten Fenstern. Ihm gegenüber hing eine Person an schweren, eisernen Ketten an die Wand gefesselt. Er kam näher und berührte die Brust der nur schemenhaft erkennbaren Figur. „Lass mich in dein Herz sehen....Ich brauche etwas, das ich verwenden kann!" Und er stimmte ein kaltes, schauriges Gelächter an, das von den hohen Mauern des Gefängnisses widerhallte. „Noch ein bisschen früh für hysterische Anfälle, oder?" erklang eine sarkastische Stimme und Deimos wandte sich um, die Lippen verächtlich nach unten verzogen. Vor ihm stand der Soldat des Zorns. „Was willst du, Iras? Seine Majestät erwartet dich zu einer Audienz! Kannst du es dir leisten, unpünktlich zu sein?" „Kannst du es dir leisten, bereits auf deine Belohnung zu hoffen?" „Jedenfalls mehr als du. Es ist dir nicht gelungen, Boreas zu töten! Und Sol und Leviathan konntest du auch nicht aufhalten!" Bei der Erwähnung von Boreas‘ Namen fiel ein Schatten auf das Gesicht des Rothaarigen. „Und wenn schon! Ich habe ihn schwer verletzt, das sollte genügen! Was die beiden Verräter betrifft, so werde ich mich noch früh genug um sie kümmern!" „Nicht, wenn Lord Hades mir diese Aufgabe überträgt!" „Weshalb sollte er?" „Ich bin der einzige seiner Elitekämpfer, der nicht versagt!" „Das bezweifele ich! Dir geht es doch nur um diesen Hiro, den du mit deiner kranken Begierde hofierst! Die Wünsche Seiner Hoheit sind vermutlich uninteressant für dich!" „Ganz im Gegenteil, ich lebe nur, um ihm zu dienen! Und von dir muss ich mir keine kranke Begierde vorwerfen lassen, wo du doch nichts anderes tust, als Seiryuu mit deiner eigenen zu verfolgen!" „Ich liebe ihn!! Jemand wie du kann das natürlich nicht verstehen!!" „Oh, sicher, deine Gefühle sind ja ach so aufrichtig! Wer‘s glaubt!" „Ob du mir glaubst, ist mir gleichgültig!" Deimos grinste breit und umarmte seinen Kameraden von hinten. „Hm....selbst Wächter sind so töricht und einfältig in ihren Gefühlen, genau wie die Menschen. Die Liebe existiert nicht, mein fehlgeleiteter Freund. Was ist es denn, das die Menschen in dieser Zeit antreibt? Gewiss nicht die Liebe, nein. Es ist die Gier! Die Gier nach Besitz, nach Geld, Erfolg, Ruhm, einem bequemen Leben ohne finanzielle Probleme, ohne Sorgen! Für sie spielt die Liebe keine Rolle mehr, sie wird vergessen, ignoriert oder gleich als unsinnig abgetan! Die wenigsten sind zufrieden mit dem, was sie haben! Die Menschen finden niemals Worte für das, was ihnen gehört - sondern nur für das, was ihnen fehlt! Ich fürchte, du musst der Tatsache in die Augen sehen, Iras: Es ist nicht die Liebe, die diese Welt regiert, sondern die Begierde!" Er löste die Umarmung, umklammerte mit der rechten Hand das Kinn des anderen und strich mit der linken über dessen Oberschenkel. Seine Zunge glitt über die Halsbeuge, bis er das Ohr erreicht hatte und sanft hineinbiss. „Lass....mich....los....!" würgte der Rothaarige hervor, doch Deimos lachte nur leise. „Warum? Bis ich Hiro bekomme, könnten wir beide uns doch eine Weile vergnügen....!" „Du bist widerlich....!" zischte Iras, aber seine Stimme kam als Keuchen heraus, da der Hüter von Zeus mit schlanken Fingern über seine Schrittgegend streichelte. „Hast du etwa Angst? Angst davor, dich von deinen lächerlichen Moralvorstellungen zu lösen und die Begierde anzunehmen? Dabei würde es deine Seelenqualen erleichtern, wenn du dich endlich von deinen nutzlosen menschlichen Empfindungen befreien würdest! Deine unerwiderte Liebe....die Schuld, deinen besten Freund verwundet zu haben....dein Hass auf Suzaku....und gleichzeitig die Freundschaft, die dein Wirt, Tala, für Kai hegt....Wie lange willst du dich noch an diese albernen Gefühle klammern, wo sie nichts als Leid für dich bedeuten?" „Ich sagte: Lass. Mich. Los!!!!" Ein Schneewirbel schleuderte Deimos nach hinten, aber das Lächeln in diesem rätselhaften Gesicht erlosch nicht. „Du bist hinreißend, wenn du dich in deinem Schmerz windest, Iras! Wirklich, ohne dich wäre es hier sehr langweilig!" Damit verschwand er. Zurück blieb nur sein herablassendes, überlegenes Gelächter. „Signore Tornatore?" Ein Butler steckte den Kopf durch eine prächtige, mit dunklem Holz vertäfelte Tür und spähte in das Arbeitszimmer seines Herrn. Dieser sass an einem imposanten Schreibtisch, damit beschäftigt, mehrere Einladungen an italienische Adelige zu verfassen. Er tippte einen Satz in den Computer, schüttelte verstimmt den Kopf und löschte die eben geschriebenen Worte. Es war das erste Mal, dass er offiziell als Kunstmäzen in Erscheinung trat und die von ihm gesponserte Opern-Gala musste einfach perfekt sein! „Was gibt es, Claudio? Weshalb stören Sie mich?", erkundigte er sich mit hochgezogenen Augenbrauen, während er vergeblich versuchte, einen neuen Anfang für die Einladung an den Grafen Cesare zu finden, der für seine hohen Ansprüche an Höflichkeit und Ehrerbietung berühmt-berüchtigt war. „Ein wichtiges Telefongespräch auf Ihrem Privatapparat, Signore. Aus Japan. Ihre Freundin." „Mariam ist nicht ‚meine‘ Freundin, Claudio! Sie ist eine gute Freundin der Familie, genau wie ihr Bruder Giuseppe! Jedenfalls danke. Stellen Sie den Anruf durch." „Sehr wohl." Er entschwand mit einer Verbeugung und wenig später klingelte das Telefon neben dem Computer. Man hob ab und eine klangvolle weibliche Stimme meldete sich. „Ciao, Mariam! Ich bin entzückt, von dir zu hören! Wie geht es dir?" „Ciao, Enrique. Ich bedaure, aber der Grund meines Anrufes ist leider nicht besonders erfreulich, scusi! Ernste Dinge sind geschehen und ich bin der Ansicht, dass du als Bluterbe darüber in Kenntnis gesetzt werden solltest!" Der 19jährige Millionär, Nachfahre einer alten römischen Aristokraten-Familie, deren wahre Wurzeln bis in die Zeit von Eden zurückreichten, mit vollem Namen Enrique Giancarlo Tornatore, lauschte den Ausführungen der jungen Frau und seine Gesichtszüge verhärteten sich. Seit er alt genug war, um die Ausbildung zum Wächter zu durchlaufen, hatte es in seinem an sich unbeschwerten Leben nur einen Tag gegeben, vor dem er sich fürchtete: Der Tag, da der Code Omega ausgerufen werden würde, um alle Mitglieder des Ordens von Eden am Ort der Entscheidung zu vereinen. Zwar mochte es noch nicht soweit sein, doch Mariams Bericht von den letzten Ereignissen bestärkte ihn in dem Verdacht, dass das Unvermeidliche früher oder später eintreten würde, mochte er sich noch so sehr dagegen sträuben. Einen langen Moment blieb es lastend still in dem elegant eingerichteten Büro, nur das Summen des Ventilators war zu hören. „Ich muss nach Tokyo." „Ist das dein Ernst?!" „Ich habe immer versucht, mich vor meinem Schicksal zu....drücken. Mein Vater hat sich oft über mich geärgert, weil ich das Training selten ernst nahm und lieber in Rom herumzog und hübsche Mädchen becircte. Aber ich bin wie Bryan - nicht nur Abkömmling einer Wächter-Familie, sondern auch die Reinkarnation eines Hüters. Vielleicht waren meine Eltern deshalb besonders enttäuscht von meinem mangelnden Verantwortungsbewusstsein. Doch die Jahre haben mich verändert, meine Freundin. Oh, die süßen Seiten des Lebens sind mir nach wie vor die liebsten....aber jetzt, wo Bryan vorläufig außer Gefecht gesetzt worden ist, braucht ihr ein bisschen Unterstützung, meinst du nicht auch?" „Vorläufig?", wiederholte Mariam zweifelnd. „Glaubst du denn, dass er gerettet werden kann? Die Ärzte machen uns keine großen Hoffnungen." „Und Diomedes?" „Der beratschlagt sich zur Zeit mit Daichi darüber, wie man Boreas helfen könnte." „Na siehst du! Noch ist nicht alles verloren! Ich bin nicht sonderlich geschickt darin, große Worte zu machen....trotzdem: Gebt nicht auf! Hades mag ein paar Schlachten gewonnen haben, aber nicht den Krieg! Ich habe...." Die schwarzhaarige Italienerin am anderen Ende der Leitung presste ihr Ohr an die Hörmuschel, für einen Augenblick unsicher, ob Enriques Tonlage gerade eben wirklich hart und entschieden geworden war oder ob sie sich das nur einbildete. Als er endlich fortfuhr, erkannte sie jedoch, dass sie sich nicht getäuscht hatte. Aus seiner Stimme klangen eine Entschlossenheit und ein unterschwelliger Zorn, der in ihr Eindrücke des Mannes wachrief, von dem man ihr als Kind erzählt hatte, da er ein Teil der Geschichte Edens war. „....ich habe geschworen, meinen Prinzen zu beschützen und Hades zu vernichten! Ich bin im letzten großen Kampf gefallen, aber ich habe mein Leben im Dienste einer Sache geopfert, die es mir wert war! Ich werde diesen Teufel in Menschengestalt nicht siegen lassen! Niemals!!!" „Ja. Ich glaube dir. Und ich danke dir, dass du uns beistehen willst. Ich werde dich am Flughafen abholen....Pan." Der Hüter von Amphilyon legte auf und schwieg, ehe er seinen Butler hereinrief und einen Flug nach Japan in seinem Privat-Jet befahl. „Pan" - wie lange war es her, dass er mit diesem Namen angesprochen worden war? Wie Sol, Leviathan und Boreas war er einst die rechte Hand eines Prinzen gewesen, in seinem Fall die von Byakko. Der Herrscher des Elements Erde war ihm stets ein ehrlicher Kamerad und Freund gewesen und seine Treue ihm gegenüber war unerschütterlich, denn er hatte ihn auch als seinen Gebieter respektiert und geschätzt. »Hades....du hast meine Heimat in den Untergang getrieben und diejenigen in Gefahr gebracht, die mir wichtig waren. Ich frage mich....ob du dich noch an die Wunde erinnerst, die ich dir verpasst habe? Doch selbst wenn du sie vergessen haben solltest, dürftest du über meine Rückkehr wenig erfreut sein. Hm....« „Signore Tornatore, Ihr Privat-Jet wird in Kürze bereit sein. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass Sie heute noch die Post durchgehen wollten. Der Brief eines gewissen Signore McGregor ist darunter." „Ich nehme den Brief mit und lese ihn während des Fluges. Hoffentlich ist es nichts ernstes...." Suzaku betrachtete stumm und unglücklich Kais zitternde Gestalt. Schluchzer würgten sich mühsam seine Kehle hinauf und sein Gesicht war noch immer in seinen Knien verborgen. „Siehst du es jetzt ein?", erkundigte er sich sanft. Der Russe hob den Kopf, die roten Augen glänzten von Tränen. „Was meinst du?" „Deine Gefühle. Warum macht es dir so viel aus, dass Tyson so hart zu dir war? Wenn er dir nichts bedeuten würde, wäre dir seine Meinung gleichgültig." „Du....glaubst also immer noch, dass ich....ihn liebe?" „Ich glaube es nicht. Ich weiß es." Kai war unfähig, etwas darauf zu erwidern. Die Bemerkung war sachlich und für den Beyblader fast niederschmetternd in ihrer klaren, eindeutigen Aussage. Er berührte sein Gesicht, wischte unbeholfen darüber hinweg. Hatte er das nicht verlernt? Zu weinen? Sein Blick glitt zu dem Bild zurück, dass er nach wie vor in der Hand hielt. Seine Finger fuhren die Konturen von Tysons Antlitz nach, bis hin zu der Hand, die der Japaner vertrauensvoll auf der Schulter des Graublauhaarigen abgelegt hatte. „Ich....will diese Gefühle nicht....", flüsterte er und Suzaku kam zu ihm herüber und umarmte ihn vorsichtig. Kai stieß ihn nicht weg und sein Alter Ego sagte leise: „Du hast Angst davor, nicht wahr? Du fürchtest dich vor Dingen, die du nicht begreifen kannst. Aber die Liebe kann dir niemand erklären, mein Freund. Sie entzieht sich der Logik und der Vernunft. Die Wissenschaft mag von ihr als chemische Reaktion sprechen und vielleicht ist sie nicht mehr als das....aber das, was sie auslöst, was sie zu erschaffen befähigt ist, ist ungleich größer als alles, was die Menschheit je erforschen könnte. Wenn dein Herz sich für einen Menschen entschieden hat, wird es diesen Menschen als Ganzes annehmen, mit seinen Stärken und seinen Schwächen, seinen schönen wie hässlichen Seiten. Äußerlichkeiten treten in den Hintergrund, wenn die Empfindungen aufrichtig sind. Nicht die Schönheit bestimmt, wen wir lieben, sondern die Liebe bestimmt, wen wir schön finden. Aber es wäre falsch, einfach auf die Liebe zu warten. Sie ist nicht etwas, das wir bekommen, sondern etwas, das wir tun müssen. Du zeigst in deinem Handeln, was du fühlst, viel mehr noch als in deinen Worten. Tyson ist wütend und wegen der vergangenen Ereignisse arg mitgenommen. Dennoch wird er sich mit dir aussprechen, da bin ich sicher. Nur musst du ihm zeigen, dass du bereit bist, dass du die Verbindung zu ihm suchst. Ich kann dich zum Anfang des Weges führen, Kai - gehen musst du ihn selbst." Der Russe stand auf und stellte das Foto auf seinem Nachtkästchen ab, anstatt es wieder unter den Wäschestapel zu schieben. Danach wandte er sich zu dem Prinzen des Feuers um und musterte ihn mit neuentdecktem Respekt. „Du scheinst voller Rätsel zu sein, Suzaku. Wenn man dich oberflächlich kennt, hält man dich für einen hitzigen, ein wenig kindischen Playboy, aber das ist lediglich eine Seite von dir. Warum verbirgst du dein Verständnis, dein Einfühlungsvermögen, die Zuversicht, die du anderen vermitteln kannst?" „Ich verberge sie nicht. Ich setze sie ein, wenn es nötig ist. Man schreibt jedem der vier Elemente gute wie schlechte Eigenschaften zu und sie spiegeln sich wider in den widersprüchlichen Charakteren ihrer Prinzen. Das Feuer ist heiß und ungebändigt, es kann gefährlich sein und entzieht sich einer direkten Kontrolle. Die Flamme der Liebe kann ewig und leidenschaftlich brennen, aber auch sehr unbeständig sein. Versteht man es, das Feuer nutzbringend einzusetzen, spendet es Wärme, Licht und Geborgenheit und hält Bedrohungen von einem fern. All diese Aspekte bilden meine Persönlichkeit und halten sich in mir die Waage, erzeugen ein Gleichgewicht in mir selbst. Die vier Kräfte und ihre Wechselwirkungen symbolisieren dieses Gleichgewicht, von dem die gesamte Welt erfüllt....war", fügte er schließlich schweren Herzens hinzu, denn seit Hades Eden vernichtet hatte, war auch das Gleichgewicht der Schöpfung zugrunde gegangen. „Das Feuer wird von der Erde erstickt, vom Wasser gelöscht und kann ohne Sauerstoff, ohne Luft, nicht existieren. Die Erde wird vom Feuer ausgedörrt, das Holz und die Pflanzen verbrannt; das Feuer bringt das Wasser zum Kochen und verdampft es; das Feuer entzündet die Luft und nimmt einem den Atem (Euch ist bestimmt schon mal aufgefallen, dass man bei flirrender Hitze und schwüler Luft kaum atmen kann?)....Keines der Elemente kann ohne die anderen sein. Deshalb ist die Einigkeit der vier Prinzen unabdingbar für den Sieg über Hades. Eure volle Macht könnt ihr nur entfesseln, wenn ihr in Freundschaft oder Liebe miteinander verbunden seid, denn Zauberkräfte werden mit dem Herzen gebraucht. Vergiss das nicht." Ein Lächeln zum Abschied und Suzaku verschwand in Kais Bewusstsein. Er fragte sich, was er als nächstes tun sollte, als er die Stimmen von Hiro, Kenny und Max vernahm. Sie waren also aus dem Krankenhaus zurück. Der Computerfreak zog sich in sein Zimmer zurück, um Dizzy ein neues Anti-Virenprogramm zu verpassen, Hiro gesellte sich zu seinem Bruder in die Trainingshalle und der Amerikaner sprang in die Küche, um einen Kuchen zu backen, anlässlich der Tatsache, dass er nun mit Ray zusammengekommen war. Er wusste zwar, dass dies nicht unbedingt zu ihrer momentanen Situation passte, aber er würde wegen der Bedrohung, die sie umgab und der Verantwortung, die auf ihren Schultern lastete, nicht in Trübsal versinken oder seinen Optimismus verlieren. Max war von seiner Natur her ein fröhlicher und heiterer Mensch, der allem noch etwas Positives abzugewinnen versuchte, und war nicht bereit, sein Leben von negativen Gedanken oder düsteren Grübeleien betäuben zu lassen. Ob Ray Apfelkuchen mochte? Er würde ihm morgen ein Stück mitbringen, wenn er ihn wieder besuchte! Die Kinomiya-Geschwister waren indessen mit Kendo-Übungen beschäftigt. Der 24jährige hatte sich kurzerhand in den Kampfdress geworfen und lieferte sich mit seinem Ototo ein paar geschickte Schlagwechsel. Nach zwanzig Minuten wischte sich der Silberhaarige den Schweiß von der Stirn und warf die feucht gewordene haori (das Oberteil) achtlos auf die Bretter, wobei er seinen kraftvollen Oberkörper entblößte. (Hiro-Fanservice....ich kann‘s einfach nicht lassen....) Dann hockte er sich im Schneidersitz hin und betrachtete seinen Gegenüber mit strengem Ernst. „Was ist?!" stieß Tyson hervor, offenbar genervt. „Das frage ich dich! Warum hast du Kai so abgekanzelt, noch dazu vor allen Leuten? Ich schätze seine Haltung auch nicht, aber der Ton macht die Musik, wie man so schön sagt. Und ich bin der Ansicht, dass du dich sehr im Ton vergriffen hast. Ty-chan....wir sind beide keine Engel und jeder von uns hat seine Fehler. Das ist normal und nur allzu menschlich. Deshalb solltest du Kai nicht so demütigen." „Hast du nicht gerade gesagt, dass dir seine Einstellung genauso stinkt wie mir?!" „Ja, das ist richtig, aber deine Einstellung gefällt mir ebensowenig. Du hast bisher immer versucht, Kais Vergangenheit und die seelischen Verletzungen zu verstehen, die ihn zu dem Mann haben werden lassen, der er heute ist. Ansatzweise mag dir das gelungen sein, doch wirkliches Verständnis wirst du für sein Leid und seinen Hass nie aufbringen können. Du hast auch gelitten, ich weiß es. Aber auf andere Weise als er. Und du hast niemals wahrhaft gehasst. Du hast Boris alias Hades verabscheut und möglicherweise hasst du den Dunklen Fürsten, als der er nun in Erscheinung tritt....allerdings genügt das nicht. Boris bedeutet für Kai mehr an Hass und Zorn, als wir ermessen können. Du solltest dich nicht für allwissend halten, nur weil du über seine Vergangenheit Bescheid weißt oder ihn ein wenig besser kennst als deine übrigen Teammitglieder. Tatsächlich verstehen können Kai einzig diejenigen, die das Leben in der Abtei mit ihm gemeinsam ertragen mussten: Die Blitzkrieg-Boys, Tala im Besonderen. Er war Kais bester Freund, ehe dieser mit dir zusammentraf und einer der Bladebreakers wurde. Denkst du, so etwas wäre bedeutungslos? Ich bin enttäuscht, dass du das nicht von selbst sehen konntest oder wolltest, Ty. Wenn du ihn liebst, solltest du ihn so nehmen wie er ist, mit allen Ecken und Kanten. Du musst akzeptieren, dass er ein Leben vor dir geführt hat, in dem er Erfahrungen gemacht hat, die ihn für immer geprägt haben und die man nicht einfach vergessen kann, selbst wenn es notwendig oder angebracht wäre. Menschen ändern sich nicht von einem Tag auf den anderen. Gib ihm etwas mehr Zeit." „Bist du fertig mit deiner Predigt?!" „Ja." Von beiden unbemerkt, linste der Gegenstand ihres Gesprächs durch einen Spalt in die Halle. Er hatte sein Zimmer verlassen und wollte sich im Bezug auf Tyson einen Rat von Hiro erbitten, als er die vulgäre Schärfe in der Stimme des Blauhaarigen heraushörte und unweigerlich von der Tür zurückwich. „Dann verrate mir, was du mit diesem verdammten Geschwätz bezweckst, außer mich zu langweilen! Ich hätte von dir erwartet, dass du zu mir hältst! Auf welcher Seite stehst du eigentlich?!" „Auf meiner eigenen.", erklärte der Ältere kühl und verschränkte die Arme. „Ich würde mir wünschen, dass du über das nachdenkst, was wir besprochen haben. In deiner Weigerung, von deinem Standpunkt abzuweichen, beweist du einmal mehr, dass du nicht weniger arrogant sein kannst als Kai!" Nach einem kurzen Schweigen fuhr er fort: „Hör zu: Ich würde mit dir nicht so hart ins Gericht gehen, wenn ich wüsste, dass du diese bösen Worte im ersten Zorn gesagt hast. Das ist nicht der Fall. Offenbar ging es dir darum, Kai willentlich zu verletzen und leider bist du dazu durchaus in der Lage, unüberlegt und wenig taktvoll, wie du nun mal bist. Warum tust du das, wenn du ihn liebst?" „Wer hat gesagt, dass ich ihn liebe?! Nur weil das vor zehntausend Jahren so war? Mach dich bitte nicht lächerlich! Ich glaubte lange Zeit, es wäre Liebe....aber mittlerweile bin ich zu der Einsicht gelangt, dass es wohl doch nur Mitleid war. Wie könnte ich einen solchen Eisklotz jemals lieben?!" Kai drückte sich an die Wand, aschfahl im Gesicht. Die Woge des Schmerzes, durch Suzakus Hilfe und Trost abgeebbt und gelindert, kehrte mit unvorstellbarer Wucht zurück. Eine scheußliche kalte Hand packte nach seinem Herzen und presste es gewaltsam zusammen. Als sich Tyson mit großen Schritten der Tür näherte, bevor Hiro zu einer Antwort ansetzen konnte, krampften sich seine Hände zu Fäusten und er stürmte die Treppe hinauf. Das Blut rauschte ihm in den Ohren und das dumpfe, schmerzhafte Pochen in seinem Brustkasten wollte schier kein Ende nehmen. Der Japaner bemerkte ihn und seine Lippen verzogen sich zu einem maliziösen Lächeln. Lässig wandte er sich zu seinem Bruder um. „Ich fürchte, Kai hat unser Gespräch belauscht. Wie tragisch, jetzt habe ich ihm das Herz gebrochen! Das ist ja traurig!" „Wie....wie kannst du dich erdreisten, darüber zu spotten?!", entrüstete sich der Silberhaarige, ernsthaft erschrocken über die Boshaftigkeit, die dieser Hohn verriet. Der Jüngere grinste hämisch. „Hast du es noch nicht kapiert, ‚Bruderherz‘? Schade! Du bist doch sonst so ein kluger Junge!" „Was....?!" Der 19jährige schnippte mit dem Finger und ein schwarzer Wirbel legte sich um den jungen Mann. Hiro wand sich hin und her, konnte sich aber nicht befreien. Er wollte um Hilfe rufen, doch eine der magischen Schlingen verschloss ihm den Mund. Als er gefesselt war, wurde er von einem finsteren Dimensionsloch eingesogen, das hinter ihm erschien. Ein, zwei Blitze durchzuckten den Raum, dann war alles still und der Kendoka verschwunden. Es wurde Abend über dem Kinomiya-Dojo. Max brachte dem Russen, der nicht zum Essen heruntergekommen war, ein Tablett mit einer Schale Curryreis, einer Tasse Milch und als Nachtisch ein Stück von seinem Apfelkuchen. „Hier, für dich, du hast bestimmt Hunger." „Ich will nichts." „Na, na, na. Jeder muss einmal essen. Und nachdem ich mich stundenlang für euch in die Küche gestellt habe, verlange ich, dass jeder brav seine Portion aufisst!", befahl er schelmisch. Kai seufzte, gehorchte aber. „Wann hast du übrigens Hiro zuletzt gesehen?" erkundigte sich der Blondschopf, während der andere einen Schluck trank. „Vor drei Stunden ungefähr, in der Trainingshalle. Wieso?" „Das ist aber merkwürdig. Er war nicht beim Essen. Tyson hat gesagt, er wäre auf seinem Zimmer geblieben, weil er sich nicht wohl fühle. Dabei ist Curry seine Lieblingsspeise! Vielleicht bringe ich ihm nachher doch was vorbei, ich will ja nicht, dass mir hier wer vom Fleisch fällt!" meinte er lachend. Tyson, der sich soeben im Garten aufhielt, lauschte diesem Lachen, denn er stand genau unter dem geöffneten Fenster. „Lacht, solange ihr noch könnt, ihr Narren. Ich habe jedenfalls, was ich wollte." Wieder ein Schnippen, und ein zweites Dimensionstor tat sich auf. Er schritt gemächlich hindurch, erreichte einen Korridor, der mit grässlichen Fresken und Statuen geschmückt war und klopfte schließlich dreimal an eine hohe, weit ausladende Tür, die mit Eisen beschlagen war. Ein grobschlächtiger Wächter mit Dämonenfratze winkte ihn herein und führte ihn zu einer der Zellen. Er betrat den dunklen Raum und musterte mit diabolischem Vergnügen die Person, die dort an die Wand gekettet war. Vor ihr erhob sich ein magischer Spiegel zur Außenwelt, mit dem man jeden beobachten konnte, den man wollte. Der Blauhaarige fragte fast wie beiläufig: „Und, hast du auch schön zugesehen, wie ich deine Liebe in den Schmutz gezerrt habe? Oh, und es dürfte dich sicher begeistern, dass dein hochgeschätzter Bruder endlich mein ist!" Die Person hob die braunen Augen und starrte ihren Gegenüber wütend an. „Das tollste an der Sache ist, dass ich kaum etwas dazu tun musste. Es hat vollauf genügt, ein wenig in deinem Herzen zu forschen und deine verborgenen, schlechten Eigenschaften hervorzuholen, um den Bruch herbeizuführen! Ich habe mich selten so fabelhaft amüsiert. Na....?" Er neigte sich vor und ein schemenhafter Lichtstrahl von draußen erhellte für eine Sekunde Tysons Antlitz und einen Teil der Ketten, die ihn festhielten. Sein Doppelgänger schnippte erneut, und seine Gestalt begann sich zu wandeln. „....bin ich nicht ein guter Schauspieler, Ty-chan?" grinste Deimos hinterhältig und brach in sein boshaftes Gelächter aus, dessen abscheuliches Echo weithin zu hören war.... Na, wer wusste, dass es in Wirklichkeit Deimos war? Und nun ist endlich auch Pan alias Enrique aufgetreten. Bevor Ihr Euch über den Namen wundert: Im Deutschen heißt er Enrice Giancarlo, in der jap. Originalfassung lautet sein voller Name Enrique Giancarlo Tornatore. Ich benutze diese Namen, weil er mir besser gefällt!^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)