The Balance of Creation von Autumn (TYKA u. a.) ================================================================================ Kapitel 28: Feuer und Eis (Teil 3) ---------------------------------- Kapitel 28: Feuer und Eis (Teil 3) „Hades ist aufgetaucht!" bemerkte Iras und Tala musste ihm stillschweigend zustimmen. Er konnte sich ungefähr ausmalen, was der Fürst der Finsternis seinen Freunden antun würde und allein der Gedanke daran erzeugte eine widerliche Übelkeit in ihm. Er fand sich zudem vor eine vollendete Tatsache gestellt, denn der Kampf gegen sein Alter Ego hatte ihm schmerzlich bewiesen, was er bereits geahnt hatte: Die Schwarze Magie hatte ihn restlos verdorben, er würde sein Herz nicht verändern können - und das bedeutete, dass es für ihn nur eine einzige Wahl gab. Entweder, er tötete Iras oder Iras tötete ihn. Aber im Grunde waren sie gleich stark, seine Chancen standen also wenig positiv. Dennoch hatten Kais Worte seine vergessene mentale Kraft zurückgerufen und wenn dieser Kampf nur mit dem Tod eines der beiden Kontrahenten enden konnte, so sollte es denn sein! „Ich kann auf das Erscheinen Seiner Majestät keine Rücksicht nehmen! Zuerst muss ich dich ein für allemal auslöschen!! Mach dich bereit!" Der Ritter der Verdammnis holte zu einem brutalen Schlag aus, den der Russe nur mit Mühe abwehren konnte, doch trotz seiner Wunden und seiner physischen Erschöpfung weigerte er sich, klein beizugeben. Er stieß seinen Gegner mit einem Hagel aus Eissplittern von sich und schrie: „Wie blind bist du?! Dass du ihn ‚Seine Majestät‘ nennen kannst, ohne dass dir schlecht wird! Ich hatte gehofft, dein Herz zum Aufwachen bringen zu können, doch das war ein Irrtum. Das Eden, das in meinen Erinnerungen lebt, ist dir vollkommen fremd. Du hast vergessen, wer du einst warst und nichts, absolut nichts, wird dich je wieder zurückbringen, das ist mir jetzt klar! Es gibt keinen anderen Weg: Ich muss dich töten!!" Die Klinge sauste durch die Luft und schlitzte das schwarze Hemd auf, das Iras trug. Auf seiner blassen Haut zeichnete sich ein dünner rötlicher Strich ab, zweifellos ein Schnitt. Offenbar war er nicht schnell genug ausgewichen. „Soso, du machst also ernst, du wertloses Häuflein Elend!? Soll mir recht sein, endlich ist Schluss mit dem freundlichen Vorgeplänkel!!" Seine dunklen Augen begannen zu glühen und um ihn herum sammelten sich wild wirbelnde Schneeflocken, die sich zu einem einzigen, tosenden Sturm vereinten. Diese magische Waffe entsandte er mit kaltblütiger Gnadenlosigkeit und sein Feind wurde von dem Eistornado frontal getroffen. Seinen Verletzungen bekam das ganz und gar nicht und Tala unterdrückte einen Schmerzenslaut. Wütend biss er sich auf die Lippen, die langsam blau anliefen. Nein, dieser.... dieser Mistkerl würde ihn nicht besiegen!! Was hatte Kai gesagt? „Was immer du tust, Tala, meine Gefühle zu dir verändern sich nicht!! Die Geschehnisse, die uns verbinden, haben uns geprägt für den Rest unseres Lebens! In meinen Augen wirst du stets der Bruder bleiben, der du für mich gewesen bist!! Du bist nicht schwach, hörst du?! Du kannst dich gegen das Schwarze Gift wehren, so wie du dich gegen die Schikane in der Abtei gewehrt hast!! Du bist stark - also KÄMPFE, verdammt nochmal!!!" Viele Angriffe blieben ihm nicht mehr, denn er war durch den bisherigen Schlagabtausch arg mitgenommen und fast am Ende seiner Kräfte. Dennoch existierte da ein Ausweg, eine letzte Möglichkeit, die ihn triumphieren lassen könnte....aber in seinem Zustand war nicht sicher, ob er diese letzte Möglichkeit riskieren durfte, denn vielleicht würde er sie nicht überleben.... Deimos war unterwegs zu seinem Gemach, wo er seinen Gefangenen zurückgelassen hatte. Er zog den Handschuh von seiner rechten Hand herunter und betrachtete die Bissspur daran. Diese Wunde stand für alles, was Hiro verkörperte: Stolz, Willensstärke, Mut. Und nun sollte er diesen Willen brechen, seine Seelenkraft zerstören und ihn töten. So lautete der Befehl von Hades - und zum ersten Mal fragte er sich, ob er diesem Befehl Folge leisten konnte. Er hätte den Japaner schon oft umbringen können, aber irgendetwas in seinem Inneren hinderte ihn daran. »Warum gelingt es mir nicht?! Er hat mich bereits mehr als einmal gereizt und herausgefordert! Jeder andere wäre längst tot! Aber bei ihm....ich vermag die Vorstellung nicht zu ertragen, ihn leblos vor mir zu sehen! Was zum Teufel ist in mich gefahren?! Weshalb sollte ich Gnade walten lassen, obwohl ich das nie zuvor getan habe!?! Noch nie haben mich meine Gefühle davon abgehalten, meinen Auftrag auszuführen! Gefühle?! Was denke ich da eigentlich?! Ich bin vollkommen immun gegen diese menschliche, ekelerregende Schwäche!! Es sollte mir gleichgültig sein, was mit diesem sturen Idioten passiert! Wenn mein Herr verlangt, dass ich ihn töte, so gehorche ich!!« Er öffnete die Tür mit Schwung und sie fiel krachend wieder ins Schloss. Hiro lag auf dem Diwan und schlief. Nach der geistigen Anspannung der letzten Stunden hatte er dem Drang eines erholsamen Schlafes nicht mehr widerstehen können und so fand ihn der Krieger des Hasses vor, auf dem weichen Lager ausgestreckt, das Gesicht ruhig und entspannt. Er hatte seinen Zopf aufgedröselt, um sich richtig niederlegen zu können, und das lange silberne Haar ringelte sich in glänzenden Strähnen um sein Antlitz. Seine sinnlichen Lippen waren ein wenig geöffnet, als würden sie stumm darum bitten, geküsst zu werden. Deimos musterte ihn von oben bis unten und schluckte angestrengt, seltsam betroffen von so viel Schönheit. War das nicht die günstigste Gelegenheit? Er bekam nichts von dem mit, was um ihn herum vorging und würde einfach nicht mehr aufwachen....eine idealere Situation konnte er sich kaum wünschen! Sein Blick glitt zu dem Obstmesser hinüber, dem er seinen eigenen Kratzer zu verdanken hatte und er wog es prüfend in der Hand. Eine leichte, aber garantiert tödliche Waffe, wenn man das Herz damit durchbohrte. Er setzte sich am Rande des Diwans nieder und neigte sich über den anderen, das Mordinstrument griffbereit. »Wie schade, dass es so mit uns beiden enden muss....aber du wolltest ja nicht auf mich hören! Du wolltest nicht mein sein, hast mich gedemütigt und herablassend behandelt! Egal, was ich versuchte, es konnte dich nicht beeindrucken! Ich habe dir gedroht, dich verletzt, dich geschunden, und immer wieder hast du den Kopf erhoben wie eine Blume nach dem Gewitter! Damit ist jetzt Schluss! Ich werde dir dein störrisches Lebenslicht ausblasen und mich für deine Geringschätzung rächen! Ich werde....« Ein eiserner Griff packte das Gelenk seiner erhobenen Hand und presste sie schmerzhaft zusammen, sodass er die Klinge fallenlassen musste. Erschrocken starrte er zu seinem Opfer hinunter, dessen klare braune Augen ihn voller Verachtung ansahen. „Du....bist wach?!" „Nachdem man dir offensichtlich nicht beigebracht hat, Türen leise zu schließen, solltest du dich nicht wundern. Wirklich bemerkenswert - nun hast du dich auch noch als Feigling erwiesen, denn nur ein Feigling ersticht einen Schlafenden!" erwiderte der Beyblader mit kaltem Hohn in der Stimme und Deimos verspürte den brennenden Wunsch in sich, ihm dieses abfällige Lächeln aus dem Gesicht zu kratzen und ihn körperlich zu unterwerfen. „Wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden?! Ich dulde es nicht, dass man mir respektlos begegnet!!" Er riss sich los und krallte seine Finger um Hiros Hals, begann, ihn zu würgen. „Fang an, um Vergebung zu winseln, du dummer Narr!! Mach schon!! Winsele! Bettle um Gnade! Flehe mich an, dir zu verzeihen! Winde dich in deiner Angst! Mach schon!! Du sollst winseln!!!" Unter ihm bäumte sich eine energische, widerspenstige Form. „Niemals....!" presste der Kendoka hervor, obgleich ihm die Luft allmählich knapp wurde. „Einen nichtswürdigen Bastard wie dich um Gnade anflehen, das würde dir so passen! Warum sollte ich dir diese Genugtuung gönnen?! Da beiße ich mir lieber die Zunge ab, als dass du auch nur einen einzigen Ton von mir hörst!!" Der Orangehaarige ließ von ihm ab, als hätte er ihn geschlagen. Fassungslos blickte er seinen Gegenüber an, sein Atem ging schwer und heftig. „Das ist es, was du in einem solchen Moment zu sagen weißt....?!" stieß er hervor und seine Finger krampften sich in das schwarze Leder seines Mantels, genau dort, wo er sein Herz vermutete. „Kann denn nichts dich bezähmen?! Was muss ich tun, um dich unter mein Joch zu zwingen!?! Wie könnte ich deine Seelenkraft vernichten, wo ich doch mit all meinen erprobten Mitteln nichts erreiche? Welcher Dämon hat dich erschaffen, um seine Scherze mit mir zu treiben?!" Er positionierte sich über dem begehrten Körper und drückte ihn mit seinem gesamten Gewicht in die Kissen. „Es spielt keine Rolle, wie oft wir aneinander geraten, immer bist du der strahlende Sieger, nicht ich! Wie kann es sein, dass ein bemitleidenswerter, nutzloser Mensch wie du mir die Stirn bietet?! Du....machst mich rasend....!!" Damit küsste er ihn ungestüm auf den Mund und Hiro erschauerte. Dies war nicht der erste Kuss, den er von dem Ritter bekam, aber irgendetwas war anders als sonst - es war eine fordernde Berührung, doch zugleich eigentümlich sanft und....zärtlich. Wie konnte das sein? Ohne dass er sich wehren musste, wich Deimos plötzlich zurück und wischte sich mit dem Arm über seinen Mund, als widere es ihn mit einem Mal an, was er getan hatte. Seine Augen waren vor Entsetzen geweitet und es stand eine solche Furcht in seinem Gesicht, dass Hiro sich ernsthaft zu fragen begann, ob nicht etwa ein abstoßender Dämon hinter ihm aufragte. „Nein....nein!!! Was hast du....?! Wie konntest du....?! Sei verflucht!!!" Der Soldat des Hasses stürzte zur Tür und eilte hinaus, seltsam gehetzt, als wäre ein unaussprechlicher Schrecken hinter ihm her. „Aber....was hat er?" //Er hat Angst.// Der Silberhaarige wandte sich um und erkannte eine kleine vermummte Gestalt in einem weißen Gewand, die mit kindlicher Stimme zu ihm sprach. Die „Stimme aus dem Dunkeln"! Die Erscheinung kam näher und sagte freundlich: //Wie geht es dir? Ich habe euch beobachtet. Du warst sehr tapfer, obgleich deine Nerven bis zum äußersten angespannt sind, seit du hier bist. Deine Wunden sind wieder gut verheilt, ja?// „Natürlich, du hast schließlich deine besonderen Kräfte eingesetzt, um mir zu helfen. Was meintest du eigentlich mit ‚Angst‘? Deimos ist ein Mann, dem Angst vollkommen fremd ist. Und weshalb sollte er sich auch vor mir ängstigen?" //Du irrst dich. Er weiß sehr genau, was Angst ist, denn nur wenn man die Angst kennt, kann man sie selbst erzeugen. Er fürchtet sich nicht unbedingt vor dir, sondern....sondern vor dem, was du in ihm auslöst. Wenn es eines gibt, was er wirklich abgrundtief hasst, dann ist das diese winzige Restspur jener Gefühle, die sein Wirt, Brooklyn, in sich trägt und die er bisher nicht vernichten konnte. Diese Gefühle stellen für ihn eine immense Gefahr dar.// „Was? Wieso?" //Seit er dich richtig kennen gelernt hat, ist dieses Überbleibsel stärker geworden. Es ist das, was ihn daran hindert, dich zu töten. Er erträgt die Vorstellung nicht. Zwar begehrt er dich noch immer, aber es ist nicht mehr nur die sexuelle Gier allein, die ihn zu dir treibt. Wenn ich der Krieger des Hasses wäre, hätte ich Angst vor einer solchen Entwicklung.// „Ich habe noch nie darüber nachgedacht. Es ist wahr, er hat bisweilen versucht, mich umzubringen, aber er hat es nie zu Ende geführt. Doch weshalb wollte er mich vorhin erstechen? Es hinterrücks zu tun ist normalerweise nicht seine Art, er liebt direkte Konfrontationen und Herausforderungen." //Ich war im Audienzsaal, während Hades mit ihm sprach. Er hat ihn beauftragt, dich zu töten.// Hiro schlug die Beine übereinander und verschränkte die Arme im Nacken. Eine steile Falte hatte sich in seine Stirn gegraben, denn er war bestürzt. Sein Ziel war es gewesen, zu überleben, bis die Wächter ihn befreiten. Er hegte keinen Zweifel daran, dass sie selbiges versuchen würden, doch wenn Deimos jetzt den Befehl hatte, ihn zu eliminieren, verkomplizierte sich die Lage. Und Tyson.... „Was ist mit meinem Bruder? Weißt du etwas darüber?" //Auch das war Teil des Gesprächs. Dein Bruder ist entkommen, mit Hilfe seiner magischen Kräfte. Im Moment ist er bei den Kriegern, die gekommen sind, um euch zu retten.// „Sie sind also bereits hier und Ty ist bei ihnen? Das beruhigt mich. Allerdings gibt es da noch eine Sache, die mich beschäftigt - nämlich dich. Wer bist du?" //Es ist noch nicht an der Zeit, dir das zu verraten. Aber der Moment wird kommen, wo du meine wahre Identität erfährst....und vielleicht können wir beide Brooklyn zurückholen....// Hasserfüllte Blicke ruhten auf ihm, aber Hades war davon nicht im mindesten beeindruckt. Hass war, ebenso wie alle anderen negativen Emotionen, eine unerschöpfliche Energiequelle für ihn und er verstand es hervorragend, sie sich zunutze zu machen. Ohne noch länger zu zögern, erschuf er Geschosse aus Schwarzer Magie in seinen Händen und schleuderte sie auf seine Widersacher. Julia und Raul wichen akrobatisch aus und während ihr Bruder einen Strom aus Flammen erzeugte, brachte ihr Donner die gesamte Umgebung zum erbeben. Mathilda entsandte einen Wirbel aus messerscharfen Blütenblättern und Mariam bombardierte den Feind mit mächtigen Wasserfontänen. Hades errichtete ein Schutzschild und die Attacken verpufften im Nichts, als hätten sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihre Zauberkräfte einzusetzen. Garland überschaute die Situation mit einem Blick: Die Bit Beasts konnten ihnen nicht helfen, zumindest Amphilyon und Pierce Hedgehog fielen aus, denn sie erholten sich von dem Kampf gegen die zwei Dämonen, die ihre Energie aufgezehrt hatten. Die beiden geflügelten Pferde mussten ihre Verletzungen regenerieren, demnach blieben nur sein Apollon und eventuell Shark Rash, das Geschöpf von Mariam. Man konnte von dem Hai nicht verlangen, in den schmutzigen Fluten des Lethe zu tauchen, also würde er mit einer wassergefüllten Blase über dem Kopf seiner Herrin erscheinen und sich mit Blase auf ein Gefecht einzulassen, war eine riskante Idee. Außerdem hinderte sie dieser Bastard an der Ausübung ihrer Mission! „Mein Prinz" wandte er sich daher entschlossen an Kai, „....wir müssen uns aufteilen! Die einen befreien Hiro und die anderen halten Hades in Schach! Wenn wir nicht getrennt operieren, laufen wir Gefahr, komplett zu scheitern! Die Gefängnisse sind durch einen Trakt mit dem Palast verbunden. Als ehemaliger Ritter der Verdammnis kenne ich mich dort gut genug aus, ich werde euch führen!" „Du hast recht, das ist die klügste Vorgehensweise. Ich werde mich erneut verwandeln müssen, denn in den schwerbewachten Palast einzudringen, dürfte ohne meine volle Macht fast unmöglich sein. Da es um Hiro geht, sollte Tyson uns begleiten. Was ist mit dir, Genbu?" „Wir kämpfen gegen Hades. Es ist besser, wenn einer der Prinzen hier bleibt und die übrigen Wächter unterstützt. Und nehmt Mathilda mit. Sie ist noch zu unerfahren, als dass wir sie gegen den Fürst der Unterwelt antreten lassen könnten." „Dabei ist sie genauso alt wie du!" „Ja, aber sie besitzt nicht die Erinnerungen an ein früheres Leben oder an einen grausamen Krieg. Im Grunde ihres Herzens ist sie noch weich und sanft. Ich bin härter als sie und das weißt du auch." Der Russe maß den Blondschopf einmal kurz ab und nickte schließlich. Ein schriller Pfiff ließ Apollon rasch begreifen, was sein Hüter plante und er ließ die neu gebildete Gruppe eiligst auf seinen Rücken klettern. Mathilda wurde einfach mit hinauf bugsiert und erfuhr flüsternd von dem gefassten Plan. Die riesigen Schwingen des Greifs schlugen rhythmisch auf und nieder und er erhob sich majestätisch in die Lüfte. Hades interpretierte die gesamte Aktion als Fluchtversuch und feuerte Pfeile aus dunkler Energie ab, um sie aufzuhalten, was jedoch von einem wild rotierenden Schild aus Wasser unterbunden wurde. Während die Geräusche der Flügel in der Ferne verstummten, postierte sich Genbu direkt vor Talas Körper, zog sein Schwert und zischte: „Hör zu, du wandelnder Alptraum, ich sage es nur ein einziges Mal: Ich bin als der freundlichste der vier Prinzen bekannt, aber eines kannst du mir glauben - das wird mich nicht daran hindern, meine Verbotene Gabe an dir auszuprobieren! Wenn es sein muss, presse ich jeden einzelnen Wassertropfen aus deinem Körper und lasse dich eintrocknen wie eine Mumie!! Für das, was du Eden und den Menschen angetan hast, die mir viel bedeuten, verdienst du es, langsam und qualvoll vor dich hin zu siechen!!" Mariam erstarrte beinahe. Das also war die Kehrseite des lieben, herzlichen Max! Eine gnadenlose Sturmflut, die über alles hinwegbrauste, was sich ihr in den Weg stellte! „Außerdem werde ich Tala beschützen! Ich kann nicht erlauben, dass du noch einmal deine gierigen Finger nach einem meiner treuesten Vasallen ausstreckst! Mir ist klar, dass mein Hass dich nährt, aber ich kann dir nicht vergeben!" „Eine reizende Ansprache!" bemerkte Hades geringschätzig und lachte hämisch. „Euch zu töten ist nicht mehr als eine Morgenübung! Eure Freunde können ja später versuchen, eure leblosen Überreste vom Boden zu kratzen, wenn sie zurückkommen, obwohl ich das bezweifele. Warum sonst wären sie geflohen? Ihr kämpft jetzt mit mir, meine Wächterlein, und mit allen Mächten der Hölle!!" Er schickte einen gigantischen Pfeilhagel ab, ohne darauf zu achten, was er traf. Erfüllt von seiner gestärkten Magie, waren die Barrieren von vieren der fünf Hüter bald enorm geschwächt und stürzten in sich zusammen. Genbu erweiterte sein Schutzschild, konnte aber nicht verhindern, dass Geschosse es an den Stellen durchdrangen, an denen es zu dünn war, denn ein Schild für mehrere Personen aufzubauen und es zu halten, verlangte Unmengen von Konzentration und Ausdauer und konnte sehr erschöpfend wirken. Schweiß trat ihm auf die Stirn und er biss sich wütend auf die Lippen. Solange er die anderen schützte, konnte er nicht angreifen! Enrique erkannte, dass es den Prinzen überfordern konnte, wenn Hades nicht bald mit seinen Attacken aufhörte. Er fasste einen Entschluss. Zwischen seinen Händen erschuf er einen magischen Gegenstand, der ihm schon damals in Eden hervorragende Dienste geleistet hatte: Seine Panflöte. Erstens konnte sie ihm dabei helfen, alle Tiere des Waldes zusammenzurufen und zweitens konnte sie sich in ein Schwert verwandeln, was im Moment die praktischere Eigenschaft war. Er verließ die Barriere und visierte seinen Gegner mit einem Blick an, den man von dem für gewöhnlich vor Charme sprühenden Italiener niemals erwartet hätte - es war ein kalter, bedrohlicher Blick, der offenbarte, dass Enrique es zwar vorgezogen hätte, sich nur um hübsche Mädchen und das süße Leben zu kümmern, aber niemals vor seinem Erbe oder seiner Vergangenheit davongelaufen war. Er hob die Klinge an und schob damit den hohen Kragen des Mantels zur Seite, den Hades trug. An seiner Kehle wurde eine Narbe sichtbar, die geformt war wie ein P. „Du hast die Narbe behalten. Ich habe dir doch gesagt, du würdest mein kleines Andenken niemals loswerden. Wie auch, bei einem Schwert wie diesem. Seine Schneide ist mit dem Gift der Smaragdschlange getränkt. Wird eine Wunde mit diesem Schwert geschlagen, bleibt immer eine Narbe zurück. Keine Verletzung kann heilen, kam sie einmal mit diesem Gift in Berührung. Kein Wunder, dass du mich nicht vergessen hast! Traust du es dir zu, noch einmal die Klingen mit mir zu kreuzen?" „Ob ich es mir zutraue? Du bist ganz schön frech. Scheint, als hättest du dich nicht sonderlich verändert. Ich habe dich damals getötet. Glaubst du wirklich, diesmal würdest du mir entgehen?" Ein hässliches, grausig anzusehendes Schwert manifestierte sich in seiner Hand und mit einem harten Klirren trafen die Klingen aufeinander.... Der Greif überwand die Strecke bis zum Palast in atemberaubender Geschwindigkeit, dirigiert von seinem Hüter. „Da, das ist es....‘Doloris Tenebrae‘, die Festung von Hades." (Der Name stammt aus dem Lateinischen und bedeutet ‚Schmerzen der Finsternis‘) Die düstere Trutzburg mit den hohen spitzen Wehrtürmen und den vielen Monsterfratzen an den Dächern und Mauernischen bot einen erschreckenden und furchteinflößenden Anblick. Und was sich alles auf den Schießscharten tummelte....Trolle, Kobolde und Satyrn in schweren Rüstungen und bis an die Zähne bewaffnet, dazwischen sprangen grässliche Dämonen herum und bissen unvorsichtigen Wachposten im schlimmsten Fall ein Körperteil ab. **Ui, das könnte lustig werden. Eigentlich ein Spaziergang!** „Über deine merkwürdige Art von Humor unterhalten wir uns später, Apollon. Kai, kannst du im Innenhof ein kleines Freudenfeuerchen entzünden? Dann haben sie was zu tun!" Der Russe nickte und formte einen Feuerball in seiner Hand, den er mit einem gezielten Wurf in den unter ihnen befindlichen Hof schleuderte und prompt eines der Strohdächer traf. Die Flammen griffen rasch auf die Umgebung über und die Soldaten entdeckten sie. Einige versuchten, das Feuer zu löschen, während ein paar Bogenschützen Aufstellung nahmen und den Greif und seine Passagiere in einen Pfeilhagel einhüllten. Die Lichtmesser von Garland jedoch schlugen sie in der Mitte entzwei und die Windböen von Tyson fegten sie durcheinander, sodass der Beschuss letztendlich wenig nützte. Apollon landete auf dem Dach des Überganges, der in den Gefängnistrakt hinüberführte und hackte mit seinem Schnabel ein Loch hinein, durch das die Gruppe ins Innere schlüpfte. „Dieser Korridor wird selten bewacht, da nur sehr wenige die Erlaubnis besitzen, das Verlies zu betreten, daher hält Hades es nicht für nötig. Aber da uns die Truppen bereits gesehen haben, dürfte es nicht mehr lange dauern, bis sie Alarm schlagen. Wir müssen uns beeilen!" Kaum hatte er das gesagt, als auch schon der Klang eines lauten Horns ertönte, der die Felswände erbeben ließ, die „Doloris Tenebrae" umsäumten. Der 23jährige Wächter hielt sich nicht weiter mit Verzögerungen auf, sondern stürmte in die Vorhalle des Kerkerkomplexes und hielt dem diensthabenden Pförtner sein Schwert unter die warzige Nase. Der Kobold, wie alle Mitglieder seiner Rasse ein fürchterlicher Feigling, begann zu wimmern und versprach, ihnen alles zu erzählen, was er über die Gefangenen wusste. Tyson schob sich in den Vordergrund des Geschehens und zischte: „In welcher Zelle befindet sich Hiro Kinomiya?" „Der menschliche Sklave von Sir Deimos? Er ist nicht mehr hier, der Herr hat ihn in sein Gemach bringen lassen." Der Japaner fluchte und murmelte etwas, das sich so ähnlich anhörte wie: „Na super, unser übliches Glück!" Dann wandte er sich an den ehemaligen Ritter der Verdammnis und fragte scharf: „Weißt du, wo sein Zimmer ist? Wir müssen meinen Bruder sofort finden! Ich bin nicht in dieses Rattenloch zurückgekehrt, um ohne ihn nach Hause zu kommen! Außerdem will ich wissen, wie es Tala geht und ob er es geschafft hat, sein Alter Ego zu besiegen." „Ich kann euch hinbringen, ich kenne einen Geheimgang, der die einzelnen Räume der Ritter miteinander verbindet. Folgt mir!" Er drehte sich um und der Kobold, hinterrücks von Natur aus, zückte einen Dolch, um sich auf ihn zu stürzen. Er kam jedoch nicht dazu, denn ein Hagel aus messerscharfen Blütenblättern ergoss sich über ihn und fügte ihm blutende Verletzungen zu. Die drei jungen Männer waren verblüfft und warfen Mathilda einen überraschten und zugleich bewundernden Blick zu. Sie wirkte scheu und erschreckt nach ihrer Tat, aber ihre Hand, mit der sie die Attacke geleitet hatte, zitterte nicht. Man hatte sie zur Kämpferin erzogen, das war nicht zu übersehen. Tyson bedankte sich überschwänglich bei ihr und sie wagte ein schmales Lächeln. Gemeinsam eilten sie in das Hauptgebäude und verschwanden hinter einem Wandteppich, der mit einer scheußlichen Schlachtenszene bestickt war. Sie stiegen mehrere steile Treppen hinauf, wanderten um Kurven und Biegungen und gelangten hinter einem Spiegel aufatmend wieder ins Freie, denn der Geheimgang war im Grunde nicht mehr als eine finstere Röhre, stickig und eng. „Deimos‘ Gemach liegt am Ende des Flurs. Ich kann nur hoffen, dass er keinen Posten davor aufgebaut hat...." Garlands Hoffnung wurde enttäuscht, denn vor der Tür stand ein Koloss von einem Troll, mit einer riesigen Keule in Händen und einem bösartigen Ausdruck in den Augen. »Den solltest du mir überlassen!« meldete sich Suzaku in Kais Gedanken und der Graublauhaarige überlegte eine Weile. »Du glaubst nicht, dass ich eine Chance habe?« »Nein, das ist es nicht. Das Problem ist, das ihr nicht viel Zeit zur Verfügung habt. Trolle sind furchtlose Krieger, aber nicht übermäßig intelligent. Auch ihre Reaktionen sind eher schwerfällig....aber sie sind physisch wahnsinnig stark. Das beste wäre, ihn in einem einzigen Schlag umzunieten und dafür reicht deine Kraft nicht aus.« »Ich verstehe.« Er holte sein Beyblade aus der Tasche und flüsterte die Zauberformel, damit das Wesen nicht auf sie aufmerksam wurde und er verwandelte sich in den Prinzen des Feuers. Suzaku schüttelte sein langes Haar, schenkte Tyson einen glutvollen Blick, den dieser jedoch nicht erwiderte und trat lässig vor den Hünen, der ihn misstrauisch anstierte. „Na, du potthässlicher Vogel? Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du eine absolut widerliche Visage hast?" Der Troll ging ohne zögern auf diese Provokation ein und entfernte sich langsam von seinem Posten. Mit einem unheilvollen Knurren hob er seine mächtige Keule, um den Feind damit zu zerschmettern, doch der Hüter von Dranzer schloss ihn in einen Flammenkreis ein, den er mit einem Schnippen in eine Feuersäule umwandelte. Die Kreatur heulte auf vor Schmerz und verbrannte in Sekundenbruchteilen zu einem Häuflein Asche. „Für einen gewöhnlichen Wächter ein komplizierterer und weitaus schwierigerer Gegner, aber nicht für einen Prinzen. Die Tür ist nicht abgeschlossen, wie eigenartig. Es scheint, als wäre Deimos ein wenig überstürzt aufgebrochen....Hiro?" Sie betraten den Raum und fanden den Gesuchten vor, vertieft in ein Gespräch mit einem geisterhaften Wesen. „Onii-san!" rief der Japaner überglücklich und der Kendoka bemerkte sie. Sein Gesicht hellte sich auf und er umarmte seinen Bruder, der ihm mit einem erleichterten Lachen um den Hals fiel. Er drückte den Jüngeren fest an sich und wuschelte ihm durch die Haare. „Ich bin so froh, dich zu sehen, Ty! Und es geht dir gut! Ich danke euch, dass ihr gekommen seid, um mich zu befreien. Meine Gefangenschaft war eine ziemliche Zerreißprobe für meine Nerven. Was wird nun mit dir geschehen, Stimme aus dem Dunkeln?" //Ich werde hier bleiben, denn ich bin an Deimos gebunden.// „Du bist....an ihn gebunden? Was heißt das? Willst du mir wirklich nicht sagen, wer du bist? Du hast mir geholfen und warst für mich da. Ich danke dir sehr." //Ich kann mich dir noch nicht mitteilen. Aber der Tag wird kommen, mein Freund, an dem du ihm erneut gegenüberstehen wirst....als Würdenträger. Und das wird der Tag der Entscheidung sein....für euch beide!// Damit löste sich die Erscheinung auf und Suzaku drängte zur Eile. Sein Erster Vasall zerschlug mit einem Lichtgeschoss eine der Fensterscheiben und pfiff auf zwei Fingern, einen schrillen, warnenden Ton. Apollon gehorchte dem Befehl, flog zu ihnen herüber und ließ sie aufsteigen. Wie alle Greife besass er ein ausgezeichnetes Gehör und reagierte auf jeden Laut, besonders natürlich auf jene, die ihm vertraut waren und von seinem Hüter stammten. Das Feuer im Innenhof wütete mit ungeminderter Intensität, denn magische Flammen wie die von Suzaku bzw. Kai konnten, sofern ihr Erschaffer es darauf anlegte, ungeheuer resistent gegen Löschversuche sein. In dem allgemeinen Chaos war es keinem der missgestalteten Soldaten eingefallen, dem Ruf des Horns und der darin enthaltenden Anordnung („Alarm! Eindringlinge sofort festnehmen!") Folge zu leisten, was für die Gegenspieler Seiner Majestät ein Glück war. „Du bist gesund und munter und dir fehlt nichts!" meinte Dragoons Wächter soeben, als könne er es gar nicht fassen, dass sein Bruder wohlauf war. „Ich wünschte, bei Tala verhielte es sich ähnlich. Ich mache mir Sorgen um ihn. Der Kampf gegen Iras ist sicher sehr gefährlich. Wäre ich doch bei ihm, um ihm zu helfen....!" „Du kannst zuversichtlich sein, Sei. Kai hat Tala neuen Mut verliehen und seine Seele gestärkt. Ich bin davon überzeugt, dass er gewinnen kann. Er ist der wahre Iras, derjenige, der für Eden gekämpft hat und treu an Genbus Seite stand. Der Iras, den ihr kennen gelernt habt, hat nichts mit dem Mann zu tun, der einst mein Freund war, er ist nichts weiter als eine Schöpfung von Hades. Er wird es schaffen." „Ich zweifele nicht daran. Es ist unnötig, dass du mich darauf hinweist - außerdem habe ich dich nicht um deine Meinung gebeten, Suzaku!" ließ Tyson herablassend verlauten, als hätte er nicht seinen Geliebten, sondern einen Rivalen vor sich. Er übersah gekonnt das Aufblitzen von Schmerz in den rubinfarbenen Augen ob seiner unangebrachten Unfreundlichkeit und schwieg für den Rest des Fluges. Er wusste selbst nicht genau, weshalb er so unleidlich war, aber seine Zunge schien sich einfach verselbständigt zu haben. Darüber hinaus war ihm abscheulich kalt und seine Brust fühlte sich an wie ein Stück Eis. Ob er krank wurde? Raul schickte Flammenströme ab, wurde aber von einem Energiepfeil am linken Oberarm getroffen und spürte, wie warmes Blut über seine Haut rann. Julia hatte sich vor ihm aufgebaut und ließ einen grollenden Donner nach dem anderen abrollen, jedoch ohne Erfolg, denn Hades war gegen die Wucht ihrer Angriffe offenbar immun. Er zeigte sich von ihren Bemühungen nicht im mindesten beeindruckt und ließ sein Schwert gnadenlos auf Enrique herab sausen, der sich gegen Hiebe zur Wehr setzen musste, die einen Dämon hätten aufschlitzen können. Dass er noch lebte, verdankte er seiner Kampfkunst und seiner Ausdauer, denn wie die meisten Erdwächter war er äußerst genügsam. Mariam vereinte ihre Wasserfontänen mit denen des Prinzen, aber der Herr der Unterwelt blockte sie mit einem mächtigen Schutzschild ab. Genbu keuchte, erschöpft von der Anstrengung und erinnerte sich mit Schrecken an den Bericht des Italieners über den Dimensionsriss in Stonehenge, der ein untrügliches Zeichen für die Zunahme der Schwarzen Magie war. Hades war um vieles stärker geworden und selbst die Attacken eines Elementeprinzen richteten viel weniger Schaden an als früher. Wie lange konnten sie die Entscheidungsschlacht noch hinauszögern, ohne auf gänzlich verlorenem Posten zu stehen? Solange Hades existierte, konnte das Gleichgewicht der Schöpfung nicht wiederhergestellt werden, und ohne dieses Gleichgewicht würde die Erde ihre natürliche Barriere gegen schädliche Einflüsse nie regenerieren können. „Du bist nach wie vor ein guter Krieger, Pan. Aber das wird dir gegen mich leider wenig nützen!" Sein Mund verzog sich zu einem grausamen Grinsen und er holte zu einem gigantischen Schlag aus, der auf Amphilyons Hüter zu raste wie ein Blitz. Enrique schickte sich an, zur Seite zu springen, doch er knickte mit dem Fuß um und die gezackte Klinge bohrte sich in seine rechte Schulter. Er schrie gepeinigt auf, während sich die Zacken noch tiefer in die Wunde gruben. Durch einen Nebel von Schmerzen hörte er Mariams Stimme, die seinen Namen rief. Er sah hoch in das hämische Gesicht seines Kontrahenten und schwang seine Waffe in einem wütenden Schlag. Er brachte Hades einen üblen Schnitt an der Brust bei und Blut quoll unter dem schwarzen Stoff seines Gewands hervor. „Das wird die zweite Narbe, die du mir verdankst", würgte er hervor, doch er erntete dafür nur ein boshaft-amüsiertes Gelächter. „Glaubst du, das kümmert mich? Meine Kräfte nehmen zu und bald wird der gesamte Planet von meiner Finsternis verschluckt worden sein. Ich werde die Menschheit versklaven und mein eigenes, weltumspannendes Königreich errichten! Was dich betrifft, so wirst du bedauerlicherweise nicht mehr lange genug leben, um meinen Triumph zu feiern. Auch ich duelliere mich nicht mit einem beliebigen Schwert. Das hier ist eine Klinge aus Malitia-Metall, das mit Schwarzer Magie geradezu durchtränkt ist. Mein Gift steckt in deiner Verletzung und wird sich von dort in deinem gesamten Körper ausbreiten....und dann....dann gehörst du mir!!" Er zog das Schwert aus der blutenden Schulter und Enrique sackte in die Knie, unfähig, sich noch länger aufrecht zu halten. Die Qual in seinem ganzen Organismus raubte ihm schier den Atem und ein unerträgliches Brennen schien über seine Gliedmaßen zu kriechen. Hades, zufrieden mit dem Ergebnis des Gefechts, marschierte mit ausgreifenden Schritten zu dem reglosen Körper seines Gefolgsmannes hinüber und legte zwei Finger auf seine Stirn, um in seinen Geist einzudringen und Talas Chance auf Rückkehr ein für allemal zunichte zu machen. Genbu starrte ihn an, wie er dort kniete, ein eiskaltes Lächeln auf den Lippen, und es war ihm, als breche in seinem Inneren endgültig ein Damm. Er dachte an seine damalige Existenz, an die aufrichtigen Gefühle der Freundschaft und des gegenseitigen Respekts, die ihn mit Iras verbunden hatten, und seine Finger krampften sich um den Griff seines Schwertes. Der Herrscher der Unterwelt war gerade damit beschäftigt, sich in seine Trance zu versenken, als eine Flutwelle ihn frontal traf und nach hinten schleuderte. Der Prinz des Wassers erhob sich vor ihm, und seine blauen Augen, sonst so herzlich, warm und liebevoll, glichen im Moment eher dem Grund des Meeres - kalt, rau und bedrohlich. „Genug ist genug!" presste er hervor, die Wut ließ seine Stimme beben. „Ich habe dich gewarnt, Hades!! Aber wer nicht hören will, muss fühlen!!" Er erschuf unzählige scharfe Eissplitter und begann, seinen Widersacher damit zu bombardieren. Hades baute ein Schutzschild auf und ließ durchblicken, dass ihn der Zornesausbruch von Draciels Hüter nicht im geringsten bekümmerte. Als jedoch die Eisspieße die Barriere durchdrangen und ihm tiefe Schnitte an Armen und Beinen und schließlich sogar im Gesicht zufügten, erkannte er seinen Fehler. »Hinter diesem Angriff steckt viel mehr Macht....Ich hatte vergessen, dass Wächter ihre Zauberkräfte mit dem Herzen gebrauchen, anstatt mit dem Verstand. Ihre Gefühle können die Stärke ihrer Magie beeinflussen....und mit einem wütenden Wasserwächter ist nicht zu spaßen, schon gar nicht, wenn er einer der Prinzen ist!« In der Zwischenzeit lief noch ein weiterer Kampf auf mentaler Ebene ab. Iras hatte Tala mittlerweile bis zur Hälfte in einen Eisblock eingefroren und schritt siegessicher vor ihm auf und ab. „Es ist fast schade, einen so geschickten Soldaten und Magier zu töten, aber Lord Hades hat nun mal nur für einen von uns Verwendung. Ich kann nicht umhin, deinen Mut zu bewundern, wirklich. Unglücklicherweise wird ihn außer mir niemand mehr würdigen können, wenn ich dich erst einmal eliminiert habe! Der Eis-Kuss dürfte unlängst damit begonnen haben, seine Wirkung zu entfalten....Seiryuu wird mein sein, jetzt und für immer!!" „Liebe ist kein Würfelspiel für Kinder und Seiryuu bzw. Tyson ist kein Preis, den jemand ausgesetzt hat! Er liebt Kai! Solche Empfindungen kann man nicht erzwingen!" „Oh doch, man kann, zum Beispiel mit dem Eis-Kuss, das habe ich dir bereits gesagt. Wenn der unbezähmbare Drache mein Geliebter geworden ist, werde ich Suzaku in den Staub treten und ihn leiden lassen, so wie ich litt!" Der Russe musterte ihn verächtlich und entgegnete: „Du hast gelitten? Mir scheint, du verwechselst die Rollen! Wenn einer von uns beiden das Recht hat, sich als den wahren Iras zu betrachten, dann bin ich das! Ich leugne nicht, dass unerwiderte Liebe schmerzt und Eifersucht mich gemartert hat....ich leugne nicht, dass ich in dieser Zeit über die Maßen verletzbar war....und ich leugne auch nicht, dass ich vor der Konfrontation davongelaufen bin. Ich hätte Seiryuu meine Gefühle gestehen sollen....ich hätte mit Suzaku darüber sprechen sollen....Sie vertrauten mir und hätten mir dabei geholfen, meinen Kummer zu überwinden. Es in sich hineinzufressen, ist keine Lösung, aber vor der Alternative hatte ich Angst. Ich habe es nicht über mich gebracht, mit ihnen zu reden....und heute bereue ich es. Ich bin wiedergeboren worden und das ist meine Chance, es besser zu machen. Das Schicksal bietet einem nicht oft so eine Möglichkeit! Und ich werde....diese Chance....nutzen!!!" Ein türkisgrünes Leuchten hüllte ihn ein und in einem gewaltigen Aufgebot aus physischer Kraft und Magie gelang es ihm, den Eisblock zu zertrümmern und sich zu befreien. Er zückte sein Schwert und das ihn umgebende Licht strahlte immer stärker. Schneeflocken und Eisstückchen wirbelten in einem wilden Reigen um ihn herum und seine Aura wurde so intensiv, dass sie den Krieger des Zorns beinahe zu erdrücken drohte. Tala richtete die Klinge gen Himmel und seine Augen verengten sich zu Schlitzen eisblauen Feuers, die dem schwarzen Ritter unwillkürlich eine unbestimmbare Furcht einflößten. Er hatte begriffen. „Du planst eine Meisterattacke!? Bist du noch zu retten, du dummer Narr?! In deinem Zustand ist das verrückt! Du bist übel verwundet und extrem geschwächt! Wenn es dir mit deiner Meisterattacke ernst ist, ersparst du mir eine Menge Arbeit....denn ihr Einsatz wird dich umbringen!!" „Du vergisst, dass du dieselben Verletzungen hast wie ich, Iras!! Du hast recht, vielleicht wird mich die Meisterattacke meine letzten Reserven kosten....aber in diesem Fall werde ich dich mit in den Tod reißen!!!" Das Schwert fuhr hernieder und der Zauber brach in Gestalt eines riesigen Wolfes hervor, der sich mit weitgeöffnetem Rachen auf seinen Feind stürzte. Mörderische Kälte erfasste den Rothaarigen, ein dichter, undurchdringlicher Hagel aus Eisspeeren überwältigte ihn, während das begleitende Schneetreiben alles um ihn herum bedeckte, bis er mit seinen Füßen rettungslos steckenblieb und dem Beschuss nicht mehr ausweichen konnte. Durch das weiße Stoben warf er einen Blick auf den Mann in der Wächteruniform, der immer noch von diesem hellen Licht umrahmt war. In einer letzten, verzweifelten Anstrengung holte Tala erneut mit seiner Waffe aus und rannte auf seinen Kontrahenten zu. In einer raschen, geschmeidigen Bewegung stieß er die Klinge in dessen Brust, während das Toben der Meisterattacke allmählich nachließ. Iras murmelte: „....So also endet es....durchbohrt von einem Versager....was für eine unrühmliche Niederlage...." Ein Blutrinnsal lief aus seinem Mund. Wolborgs Wächter zog das Schwert aus der Wunde und der Ritter der Verdammnis sank zusammen, eine Hand auf seine Brust gepresst. Der Schnee färbte sich rot von seinem Blut. „....Denk nicht, dass du gewonnen hast....du magst mich besiegt haben, aber Seine Majestät wird mit dir und der restlichen Bande kurzen Prozess machen....Die Menschen haben durch ihre Dummheit und ihre Ignoranz dazu beigetragen, das Gleichgewicht der Schöpfung zu zerstören....warum willst du diese wertlose Rasse retten? Was haben sie schon für diese Welt getan, außer, sie auszunutzen?" Er hustete krampfhaft und wischte das Blut von seinem Kinn. „Glaubst du, dass es die Menschen verdienen, verteidigt zu werden? Jedes Tier auf diesem Planeten entwickelt instinktiv ein natürliches Gleichgewicht mit seiner Umgebung....die Menschen tun dies jedoch nicht. Sie ziehen in ein bestimmtes Gebiet und vermehren sich, bis alle natürlichen Ressourcen erschöpft sind....und der einzige Weg, zu überleben, ist die Ausbreitung auf ein anderes Gebiet. Es gibt noch einen Organismus, der genauso verfährt....das Virus. Der Mensch ist eine Krankheit....er vernichtet die Schöpfung mit seinen eigenen Händen. Warum sollte das Volk der Wächter sie nach zehntausend Jahren immer noch beschützen? Sie sind es nicht wert....!" Er fiel nach vorne und ein finales Zucken ging durch seinen Körper, dann lag er still. Tala schob sein Schwert in die Scheide zurück und flüsterte: „Du hast recht, Iras....es gibt viele Menschen, die kein Verantwortungsgefühl besitzen, die nur an sich denken, die stehlen, lügen, betrügen und morden, um ihren eigenen Ehrgeiz zu befriedigen....die andere willentlich verletzen, körperlich wie seelisch, und sich daran ergötzen....Solche Menschen verdienen den Tod, ja. Aber viele Menschen, die sterben, verdienen das Leben, weil sie ehrliche, tapfere Wesen sind, die für diejenigen, die sie lieben, durch die Hölle gehen würden. Niemand kann ihnen dieses Leben zurückgeben, sobald sie es verlieren. Also verdamme nicht eine ganze Rasse zum Tode....! Es ist an uns, etwas Gutes mit der Zeit anzufangen....die uns gegeben ist...." Damit wandte er sich ab. Seine Schritte waren schwankend und mühselig, bis er plötzlich zu Boden sank. Die Meisterattacke forderte ihren Tribut. Er wusste nichts mehr und eine gnädige, schmerzlose Schwärze hüllte ihn ein. Dann kam das Nichts. Die beiden letzten Zitate stammen aus "Matrix" und "Der Herr der Ringe". Sie passten so gut und sind so genial, dass ich nicht wiederstehen konnte, sie hier einzubauen. Ich würde mich wirklich freuen, mal wieder ein paar Kommis zu bekommen! Vielen Dank im Voraus! *verneig* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)