Kopfüber von abgemeldet (Das 10. ist daaa bitte lesen ^^) ================================================================================ Kapitel 8: Ein Wiedersehen und ein Todesfall -------------------------------------------- So hier ist es nun, das achte Kapitel. Ich widme es hiermit Raziel, die dieses wundervolle Bild gemalt hat, dann Black_Taipan aka Mi-chan und Draganis. Danke, dass ihr so fleissig lest. Viel spass. Kapitel 8 Ein Wiedersehen und ein Todesfall Als ich am nächsten Tag von diesem Traume erwachte, verspürte ich den Drang, spazieren zu gehen. Und so ging ich, es war mir egal, wie spät es war, ich ging einfach. Und Engel hinterher. Sie war schon vor meiner Türe gestanden, bevor ich herausgetreten war, vielleicht hatten sie Geräusche - ob nun von mir oder nicht - aufgeweckt. Ich fragte sie nicht danach, ich ging einfach. Ein unbehagliches Drücken auf meine Brust suchte mich heim, sowie ich die Wohnung verlassen hatte, es wollte mich zum Weinen zwingen, doch mein Stolz und meine Vernunft hielten erbittert dagegen. Nicht noch einmal eine Schwäche zeigen wollte ich vor meinem Gast und sofort ergriff mich eine unerklärliche Wut auf Engel. Ich hätte nicht in Worte fassen können, was mich so wütend machte an ihr, ich hätte es nicht beschreiben und in bestimmten Momenten nicht erkennen können. Es war alles verschwommen, nur das Gefühl selber schien mir klar und deutlich, es machte mich seltsam schreckhaft gegen irgendwelche Einflüsse von aussen und Engel... bekam davon nichts mit. So dachte ich jedenfalls, als wir da so schlenderten, immer weiter aus den Wirren der Stadt zu den Feldern, welche plötzlich näher waren als zuvor vermutet. Wenn ich nun so darüber nachsinne, denke ich, dass Engel es doch wusste, meinen Groll vernahm, sie entwickelte damals ein unglaubliches Einschätzungsvermögen meiner Gefühle und meiner Stimmung. Doch ich selbst konnte oder wollte dies nicht sehen, damals noch nicht. Ich kichere. Schnell laufe ich über ein Feld, in Richtung des Sees. Und der Hund hinterher, lautlos, freudig wedelnd. Meine Mutter hiess mich zuvor, nicht zu weit weg zu gehen und nicht zu sehr zu rennen, man solle den Hund nicht übermütig werden lassen. Doch das Tier macht keines Falls den Anschein, von einer Sekunde zur nächsten seine Stimmung zu wechseln fähig zu sein. Der See ist in Sichtweite, ich laufe schneller, er wirft mir ein Bellen hinterher, ehe er zu mir trottet und meine Hand mit seiner Schnauze anstubst. "Hihi, das macht spass, nicht wahr?" Ich knie mich nieder zu ihm, der Weg ist nicht weit. Plötzlich beginnt er, laut zu knurren, kurz darauf setzt das drohende Bellen ein, ich schrecke zurück und schnaube ihm ein "Aus!", zu, "Lass das Kläffen sein!" "Wie? Heisst, das du hörst mir nicht zu?!" Ein ironisch verwundertes Gesicht streckte sich mir entgegen. Hatte ich etwas gesagt? Hatte ich es laut gesagt? Wie es sich herausstellte, hatte Engel mit allen Mitteln versucht, mich in ein Gespräch zu verwickeln, hatte gedrängt, ich solle mit ihr reden, ehe ich sie dann so schroff zurückgewiesen hatte. Schon wieder waren Erinnerungen aus weiter Ferne in mein Bewusstsein zurückgekehrt, so dass ich dies nun noch stärker mit Engels Gegenwart in Verbindung brachte, auch wenn ich es mir nicht erklären konnte. Auf jeden Fall war ich genau zur richtigen Zeit aus meiner Tagträumerei erwacht, eine Minute mehr und ich hätte nasse Füsse bekommen. Und das im wörtlichen Sinne, der See war näher gerückt als es mir lieb war, ich wollte da eigentlich gar nicht hin. Hatte ich mich also einfach von meinen Gefühlen hier her leiten lassen? Nun denn, einmal drum herum würde nicht schaden, um wieder zu klaren Gedanken zu kommen, dachte ich und richtete meinen Weg gen Ufer. Engel hechtete mir nach, ihre Schritte knirschten auf dem Kiesboden. Ich schmunzelte und sah mich dem Scherz nahe, einen Stock zu werfen. Ob sie ihn holen würde? Bestimmt nicht, er hatte sich auch nie etwas aus solchen Spielen gemacht... Schnell schüttelte ich den Kopf ob meiner absurden Gedanken. Dass ich nun schon ganz offensichtliche Vergleiche zwischen den beiden zog, oder eher, es schon wieder tat, beunruhigte mich nicht weniger als das, was sich weiterhin ereignete. Immer wieder hörte ich das Bellen, nah oder fern, wir gingen am Ufer des Sees entlang, dessen Ende ich durch den Nebel nur spärlich erkennen konnte. Doch kein Hund weit und breit, kein Lebewesen in Sicht, ausser Engel. Ohne zurück zu schauen entfernte sie sich immer weiter von mir, ich machte keine Anstalten sie einholen zu wollen oder dergleichen. Und sie bellte. Nein, er bellte, nein sie, ach, ich war so verwirrt. Auf jeden Fall bellte irgend etwas und auf einmal verstummte es. Engel war stehen geblieben, keine Ahnung wie lange das schon so war. Mein Herz begann zu rasen, obwohl ich ganz gemütlich ging, Hitze stieg mir in den Kopf und wie von alleine trugen mich meine Füsse immer schneller. Schliesslich rannte ich, rannte immer hektischer, bis ich bei Engel anlangte. Sie stupste mit ihrem Fuss gegen etwas, das aussah, als sei es angeschwemmt worden. Ein genauerer Blick darauf liess all die Hitze aus meinem Gesicht weichen, eiskalt war der Schauer auf meinem Rücken. Es war ein Mensch, ein Körper, leblos verdeckte das schwarze Haar das Gesicht, die Kleider klebten an der Haut und gaben eine zierlich weibliche Figur preis. Sie war es! Mir stockte der Atem. Wie im Zeitraffer kamen alle Bilder vom Gerichtstermin wieder in mir hoch, doch nicht nur diese, auch Bilder aus dem Traum von letzter Nacht, ich sah, wie Eva Lang sich in den See stürzte... "Engel, nun hör schon auf sie zu treten!" Leicht verwirrt sah mich Angesprochene an, wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als plötzlich die vermeintliche Leiche ein Röcheln von sich gab. Sie lebte! Mein Herz tat einen Freudensprung, schnell kniete ich mich nieder und stützte Eva, half ihr sich hinzusetzen. Ihre grünen Augen blickten matt zu mir herüber. "Warum...? Warum bin ich nicht tot?" Hörte ich sie flüstern, als das Heulen der Sirenen schon ihre Stimme untermalte. Kein Wort wollte über meine Lippen kommen, aber ich hätte auch keines gewusst. Ich sass neben ihr im schaukelnden Krankenwagen und hielt ohne Ablehnung ihrerseits ihre Hand. Sie lag auf einer Bare, festgeschnallt und warm zugedeckt, unterkühlt und müde, resigniert. Engel zu ihrer Linken würdigte sie keines Blickes. Die Blonde schwieg ein angestrengtes Schweigen, hielt sich fest irgendwo am Wagen, um nicht allzu sehr durchgeschüttelt zu werden. Bedrängende Gedanken schlichen sich wie Nebel in meinen Kopf. War das wirklich Eva Lang? Wenn ja, wie hatte sie aus dem Jugendgefängnis entkommen können? Verwechselte ich sie etwa? War dieses Mädchen, welches nun in einem weissen Zimmer in ein weisses Bett gelegt wurde eine Fremde, eine völlig Unbekannte, die sich im See hatte das Leben nehmen wollen? Aber diese Ähnlichkeit... Innerlich gelähmt stand ich neben dem Krankenbett und starrte unentwegt auf diese schwarzhaarige, mir so bekannte und doch so fremde Person. Ich bemerkte nicht, wie Engel das Zimmer verliess, meine Gedanken standen kopfüber. Mir wurde schwindlig, zaghaft setzte ich mich auf die Bettkante. Dann durchzuckte mich ein Blitz, die Schwarzhaarige hatte nach meinem Arm gegriffen. Ich sah in ihren grün-blauen Augen einen flehenden Blick, welcher jedoch einen kleinen - vielleicht den letzten - Funken Stolz nicht verdecken konnte. Sie bewegte ihre Lippen, Töne entwichen ihnen, bildeten Worte, welche sich in meinem Kopf dreimal überschlugen ehe sie einen Sinn ergaben: "Bitte lass Eva Lang tot sein... lass sie sterben." Ein lauter Knall erweckte mich aus meiner Hypnose, ein Arzt stand vor mir, sich stetig räuspernd. Ich erschrak. Hatte er etwas gehört von dem, was eben gesprochen worden war? Nein, er fragte mich lediglich, ob ich die Patientin zufällig kannte und ob ich Angaben zu ihrer Person machen könne. Es sähe nämlich ganz so aus, als ob die junge Frau durch den Schock eine Amnesie erlitten hätte, aber das würde man noch genauer abklären. Lass sie tot sein... Ich wusste sofort, was zu tun war. Justitia, du wachst über mich... "Ja, das ist Justine Sinclair, meine Cousine." Der braunhaarige Doktor nickte verstehend und liess mich den Namen buchstabieren, notierte alles, was ich ihm vordichtete, Geburtsdatum, Adresse, alles. Ich gab an "Justine" sei nach einem heftigen Streit mit ihren Eltern von zu Hause weg gelaufen bei Nacht und das ich sie nun bei mir wohnen liesse, bis sich alles wieder beruhigt hätte. "Sollte man nicht ihre Eltern verständigen?", fragte er. Mir stockte der Atem. Eine seltsame Macht zwang mich zu nicken und die Telefonnummer meines Onkels herauszugeben. Der Arzt nickte abermals und bat mich aus dem Zimmer, um mich den Anruf selbst tätigen zu lassen. Die Patientin war mittlerweile eingeschlafen. Ich schluckte. Wie sollte ich meinem Onkel, meinem Vorgesetzten, dem Richter der Stadt, diese Geschichte vermitteln? Abermals wurde mir ganz schwummerig und ich taumelte kurz. Die Frage nach meinem Wohlbefinden bejahend wählte ich die Nummer. Er ging ran. Ich stammelte etwas wie: "Ich habe Justine gefunden, sie ist im Krankenhaus, hat wahrscheinlich Amnesie, werde sie bei mir unterbringen, wen das in Ordnung ist." Seinerseits kam zuerst nur ein Schweigen. Mein Herz pochte bis zum Hals. Und dann: "Ja, ich bin froh, dass du ihr beistehst. Melde dich doch später bei mir." Die Worte hallten durch meinen Kopf, ich konnte es kaum fassen. Er spielte mit. Hielt er es vielleicht für einen Scherz? Egal, in diesem Moment zählte nur, dass sie gerettet war. Ich legte auf und nickte dem besorgt und neugierig blickenden Arzt lächelnd zu. Dieser nahm mich dann etwas zur Seite und sagte jede erschütternden Worte, welche für mich im Auftrag der Gerechtigkeit so wichtig waren. "Passen sie gut auf die Kleine auf, sie ist meiner Meinung nach stark suizidgefährdet. An ihrem Handgelenk sind Überbleibsel eines sehr tiefen Einschnittes, vielleicht ein paar Monate alt." Ein Einschnitt... die Pulsadern aufschneiden... Keine Leiche... Die Pulsadern... "Unschuldig!" Sogleich traf mich ein verwirrter Blick, ich winkte ab. Plötzlich stand Engel hinter mir und forderte mich zum Gehen auf. Sie langweile sich, knurrte sie nicht ohne einen leicht eifersüchtigen Unterton in der Stimme. Ich seufzte, bedankte mich beim Doktor und meldete mich für den nächsten Tag an, um allenfalls die Kleine mitzunehmen. Und so ging ich. Und Engel hinterher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)