Die Argoth-Chroniken: Zikél von Alaska ================================================================================ Kapitel 26 ---------- Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél Teil: 26/27 Autor: Alaska & BlueMercury (jetzt Loryas) Genre: Fantasy Warnung: Zucker Kommentar: Wie versprochen gleich das nächste Kapitel hinterher ^^ Viel Spaß beim Lesen ^^ ~26~ Der nächste Tag verlief relativ turbulent, da sie beschlossen hatten, Zikéls Familie die frohe Botschaft der Dama Liah’he zu erzählen, was Rana Freudenschreie ausstoßen ließ. Der Dunkelbraune machte großes Aufsehen darum und plapperte unaufhörlich von den Vorbereitungen, wie glücklich er sei und was alles zu bedenken war. Bis Suaresh es nicht mehr aushielt und ihn ins Schlafzimmer sperrte, unter dem Vorwand die Gewänder rauszusuchen oder besser sie zu nähen. Erstaunlicherweise klappte es, denn von dem Tama-i sah man den Rest des Tages nichts mehr. Die erfreuliche Nachricht sprach sich schnell im Dorf herum und Zikél und Mao wurden mit Glückwünschen überhäuft. Jeder bot an, einen anderen Teil der Organisation zu übernehmen, so dass bald der ganze Stamm in die Vorbereitung der Festlichkeit vertieft war. So hatten die Beiden genug Zeit, um sich um Telis zu kümmern, der durch den Albtraum noch sehr mitgenommen war. Er bekam sogar einen Wutanfall, während dessen er Zikél völlig die Arme verkratzte, so dass dieser sich dazu entschloss ein langes Hemd überzuziehen, damit man die Verbände nicht sah. Und das verblieb auch die nächsten Tage so. Manchmal musste er bis zu dreimal das Hemd wechseln, weil es entweder zerrissen oder mit Blut verschmiert war. Mao konnte nur wenig tun, außer ihn immer wieder verbinden, da Zikél jedes Mal bei einem Ausbruch versuchte den Jungen von seinem Geliebten fern zu halten. Er wollte nicht, dass es Mao ging, wie ihm. Nebenbei liefen natürlich die Festvorbereitungen. Rana sprang immer mal wieder herein und bekundete die neuesten Fortschritte und dass Ende der Woche die Zeremonie gehalten werden konnte. Zikél und Mao wurden immer wieder separat ‚entführt’, um die Liah’he-Kleidung anzuprobieren und auszubessern. Dabei verlief alles streng geheim, da Rana sie überraschen wollte. Als der Termin näher rückte, lief Zikél nur noch mit langen Hosen und Hemden herum. Zum einen, weil er Telis nicht bloß stellen wollte, zum Anderen, weil er sich auch schämte für die Kratzer und Bisse. Es war schwer für den Blauen das Kätzchen und den Zeremoniestress unter einen Hut zu bekommen, doch er hatte eine hilfreiche Stütze. Mao. Dann war der große Tag gekommen. Das Dorf war mit den prächtigsten Blumen und Palmwedeln geschmückt, überall hingen Girlanden aus Gräsern und Blüten, die einen lieblichen Duft verbreiteten. Fackeln für den Abend waren an den Bäumen angebracht und alles für das große Lagerfeuer aufgeschichtet. Für viele begann der Tag sehr früh, doch Zikél und Mao lagen noch im Bett, wobei der Blaue schon lange wach war und an die Decke starrte. Er spürte die Aufregung in seinem Magen rumoren und aus einem unbestimmten Grund fürchtete er den Moment, wenn seine Väter kamen, um sie abzuholen für die rituelle Reinigung. Sie würden sich erst auf der Zeremonie wiedersehen. Mao kuschelte sich verträumt an seinen Partner. Er war, abgesehen von Telis und den Vorbereitungen für alles, zusätzlich noch dadurch erschöpft, dass seine Hitze vorbei gegangen war und er dementsprechend auf Abstand zu seinem Geliebten gegangen und auch nervlich nicht ganz auf der Höhe war. Aber heute war das alles wie weggewischt und er hatte ein seliges Lächeln auf den Lippen, als er den Duft seines Partners einsog. Zikél stimmte ein tiefes Schnurren an und legte einen Arm um seinen Namuri, kraulte dessen Nacken. Er wollte diese wenigen Stunden, wenn nicht Minuten, noch genießen. „Bist du schon aufgeregt?“ fragte er leise und küsste Maos Stirn zum Morgengruß. „Kein bisschen. Hab ich ja schon öfter gemacht...“ redete der Braune sich raus und rollte sich auf Zikél. Die Arme rechts und links neben dessen Kopf abgestützt, begann er, ihn sanft zu küssen. Schmunzelnd verschränkte er die Hände in Maos Kreuz und erwiderte die Zärtlichkeiten. „Dann kannst du mir ja etwas von meiner Nervosität abnehmen.“ neckte er und knabberte sacht an der Unterlippe. „Du musst es mal so sehen...wenn du heute Abend hier wieder mit mir liegst, bist du das glücklichste Kätzchen der Welt und dir steht die Nacht deines Lebens bevor...“ gurrte Mao und rieb seine Wange an der seines Partners. Zikél grinste breit und selbstzufrieden. „Das klingt wie eine Verheißung. Wie wäre es mit einem kleinen Vorgeschmack? Wenn wir ins Bett kommen, ist es schon späte Nacht und unsere Füße werden wund getanzt sein.“ Murrend begann Mao, den Blauen zu kitzeln. „Nicht gierig werden, mein Liebster!“ lachte er. Zikél zuckte zusammen und versuchte Maos Händen Einhalt zu gebieten. „Als ob dir das nicht gefallen würde! Aber du hast recht. Wenn Jaho uns dabei ertappen würde, gäbe es großen Ärger. Er nimmt die Traditionen sehr ernst. Ich wünschte nur, wir müssten nicht getrennt werden. Das fühlt sich so falsch an.“ „Es ist doch nur für einen Tag...außerdem werden dir die Augen rausfallen, wenn du mich nachher siehst...“ meinte Mao, ließ sich zur Seite fallen und zog Zikél mit sich herum. Dieser rollte natürlich gleich wieder auf Mao und sah ihn neugierig an. In den graublauen Augen glomm Aufregung, Faszination und Ungeduld auf, denn nichts hasste Zikél mehr, als auf eine Überraschung zu warten. „Wahrscheinlich werde ich neben dir albern und armselig aussehen. So wie ich Jaho kenne, bist du wunderschön und raubst allen den Atem.“ Er grinste breit und zwinkerte. „Das gibt ein lustiges Bild. Ich suche meine Augen und der Rest erstickt langsam.“ „Und alle werden dich um deinen schönen Mann beneiden.“ beendete Mao die Überlegungen seines Namuri und sah ihn spitzbübisch an. „Du solltest gut auf mich aufpassen...“ „Glaub mir, das werde ich! Du bist doch das Kostbarste, was ich habe. Ich wüsste nicht, was ich gemacht hätte, wenn du bei Leonidas geblieben wärst.“ Er küsste sanft die leicht geöffneten Lippen und schnupperte an dem dichten Haar. Später würde es ein bisschen seines natürlichen Duftes eingebüßt haben durch die Öle, also musste er es sich gut einprägen. „Ich liebe dich, Mao. Und du hast keine Ahnung davon, wie glücklich du mich heute machst.“ „Und du weißt nicht, wie glücklich ich an jedem Tag bin, an dem ich aufwache, und wie sehr du...“ Mao hielt inne und lachte. „Ach nein, das kommt ja später an diesem Tag.“ Zikél zog eine Flunsch und amte den typischen Gesichtsausdruck von Telis nach, wenn er schmollte, weil man ihm nicht noch fünf weitere Plätzchen gegeben hatte. „Na komm, mir kannst du es doch sagen. Keiner erfährt es, dass wir unsere Gelöbnisse schon vor der Zeremonie ausgetauscht haben.“ „Da sei dir mal nicht so sicher, mein Lieber!“ ertönte es von der Tür und Zikél schreckte zusammen. Rana stand mit verschränkten Armen da, hinter ihm Suaresh, der milde lächelte. „Wag es ja nicht darauf einzugehen, Mao! Das kommt alles später! Und was macht ihr überhaupt noch im Bett? Ihr solltet schon längst aufgestanden und angezogen sein! Los, auf! Turteln könnt ihr auch noch später.“ Rana stapfte resolut auf sie zu und riss ohne Vorwarnung die Decke von ihnen. Zikél fauchte auf und verdeckte Mao mit seinem Körper. Dafür lag seine Kehrseite blank. „Muss das sein? Wir wären ja auch so gekommen.“ zischte er und funkelte seinen Kemjal an, der sich kaum das Lachen verkneifen konnte. „Das befürchte ich ja!“ gab der Dunkelbraune nur zurück und drehte sich auf dem Absatz um, mit Decke, und verließ von Suaresh gefolgt das Schlafzimmer der Beiden, damit sie sich anziehen konnten. „Ich hasse es, wenn er das tut!“ knurrte Zikél und sah seinen Gefährten entschuldigend an. Mao hatte sich eben ein Lachen verkneifen können, jetzt jedoch brach er fast zusammen. „Ich glaube, ich mag ihn...“ stammelte er dann irgendwann. „Macht er das öfter?“ Mittlerweile war er aufgestanden und in seinen Gehrock geschlüpft, die Weste ließ er liegen. „Komm!“ Er hielt Zikél die Hand hin, und zog ihn, als dieser sie ergriff, in seine Arme, um ihn zu küssen. Der Blaue schnaubte verächtlich, ließ sich dann aber von dem Kuss besänftigen. Verschmust schmiegte er seine Stirn gegen Maos und drückte ihn enger an sich. „Du wirst bald herausfinden, dass mein Mekjahor in manchen Dingen keinen Sinn für Privatsphäre oder Anstand hat. Das eben war ein passendes Beispiel.“ „Zikél! Hör endlich auf zu quatschen und komm raus!“ schallte Ranas Stimme von draußen und der Angesprochene verdrehte murrend die Augen. „Ist ja gut!“ schrie er zurück und gab Mao noch einen innigen Kuss. Nachdem er in seine Hose gestiegen war und auch das Hemd übergezogen hatte, so dass man die Verbände und Kratzer nicht mehr sah, schob er den Braunen aus der Tür, wo Rana und Suaresh bereits teils ungeduldig warteten. „Mao, du kommst mit mir.“ lächelte er liebevoll, sah dann aber seinen Sohn streng an. „Zikél, du gehst mit deinem Kemjal!“ Es klang mehr wie ein Befehl und der Blaue fauchte leise. Schief grinste Mao zu Zikél, hauchte ihm noch schnell einen Kuss auf die Lippen und hoppelte dann zu Rana. „Steht's zu Diensten, Chef!“ meinte er schmunzelnd. „Siehst du, das ist ein braver Junge. Ganz im Gegensatz zu dir! Dir muss man alles erst zweimal sagen!“ Rana drehte sich demonstrativ um und führte Mao über eine Brücke davon. Zurück blieb ein finster dreinblickender Zikél, der leise vor sich hingrummelte. „Das ist nur die Aufregung. Du glaubst gar nicht, wie sehr er sich auf diesen Tag gefreut hat. Schließlich bist du der Letzte, der seinen Namuri gefunden hat. Er ist schon heute morgen, als die Sonne noch nicht einmal aufgegangen war, durch die Hütte gelaufen und hat mich ganz wuschig gemacht.“ klagte Suaresh und deutete in die entgegengesetzte Richtung von Rana und Mao. „Das glaub ich gern, aber er könnte ruhig etwas netter zu mir sein.“ „Aber Mao ist nun mal mehr seine Kragenweite.“ grinste der Getigerte und erhielt einen misstrauischen Blick von seinem Sohn. „Was meinst du damit?“ „Na ja, Mao ist wirklich ein süßer Tama-i.“ Zikél fauchte und stürzte sich auf den Rücken seines Kemjals, der gar nicht versuchte sich zu wehren, dafür musste er viel zu sehr lachen. Auf der anderen Seite hatte Rana den Braunen in eine väterliche Umarmung genommen und führte ihn von den Bäumen herunter auf den Boden. „Sag mal, was hat dir Zikél eigentlich über die Zeremonie erzählt?“ Mao stutzte. „Nicht viel. Wir werden getrennt, sehen uns erst heute Abend wieder...rituelle Reinigung...“ Mao dachte nach. Da waren noch ein, zwei Sachen, aber irgendwie war sein Kopf plötzlich wie leergefegt und sein Bauch kribbelte. „Unsere Liebesschwüre...“ Der Braune legte den Kopf schief. „Warum?“ „Ach, nur so. Es gibt einige Dinge, die du bald erfahren wirst, andere...darf ich dir leider nicht verraten. Zikél wird es wissen, er war bei Sumas Dama Liah’he dabei, aber auch schon vorher bei anderen. Aber du...ich glaube nicht, dass es eine große Schwierigkeit wird. Hör einfach immer auf dein Herz und was es dir sagt, ja? Denk daran!“ Diese mysteriöse Andeutung weckte nicht unbedingt Vertrauen, aber Ranas Lächeln war beruhigend. „Zuerst gehen wir zum Waschhaus. Es liegt etwas außerhalb am Fluss, damit man das Wasser nicht so weit tragen muss. Dort ist schon alles bereit für deine rituelle Reinigung.“ Er wies Mao den Weg durch das umliegende Unterholz, man hörte selbst hier noch das aufgeregte Schwatzen der Dorfbewohner, die die Vorbereitungen für die Feierlichkeit trafen. Schweigend und nachdenklich...und zum Bersten neugierig folgte Mao, immer dicht hinter Rana. Es war ihm zwar etwas zuwider, dass so viele da waren - zu viele für seinen Geschmack, aber daran konnte er wohl nichts ändern. Als sie beim Waschhaus ankamen, drang bereits ein süßlicher Duft aus der Tür, dazu dichter Dampf, der sich schnell verflüchtigte. „Du brauchst keine Angst zu haben, es sind nur zwei weitere Tama-i hier und du wirst auch nicht völlig nackt baden müssen.“ Sie traten in die Wolke aus heißer Luft und der schwere Geruch aus entspannenden Kräutern und Blüten gemischt mit einem speziellen Öl tat sofort ihre Wirkung. Die Hütte war spärlich eingerichtet. Zur Linken befand sich ein Paravent, hinter dem ein Hocker stand, auf dem Kleidung für Mao bereitgelegt war. Auf der anderen Seite, von Nebelschwaden umwunden, stand der große Zuber, aus dem es verheißungsvoll dampfte. Ansonsten war nur noch ein kleines Tischchen daneben und drei Hocker. „So, du kannst dich hinter der Wand umziehen, deine Sachen werden gewaschen und in eure Hütte zurückgebracht. Am besten öffnest du gleich dein Haar und kämmst es etwas durch, damit es nicht verknotet.“ Mao verschwand hinter die Wand und hob eine Augenbraue. Was auch immer dieses Kleidungsstück darstellen sollte...nackt war wirklich in Ordnung. Jedenfalls, wenn er sich den Fetzen so ansah. Also schlüpfte er aus seinem Rock und legte ihn zusammen. Bevor er jedoch zu den anderen trat, schloss er für einen Moment die Augen und schnüffelte, versuchte, die Gerüche auseinander zu halten, gab schnell auf und atmete noch einmal tief den zarten Nebel ein. Dann trat er zu den Anderen und schob sein Kinn Richtung Zuber. „Soll ich?“ wollte er wissen, während er seine Haare öffnete und leicht schüttelte. Sie fielen ihm offen fast bis in die Knie und kitzelten ihn überall. Rana hatte in der kurzen Zeit noch einmal alles kontrollierte, ob auch nichts fehlte und teste die Wassertemperatur. Sie war heiß, aber erträglich, genau richtig, um einen ein wenig einschlummern zu lassen. Als Mao nun hinter der Abtrennung hervor trat, breitete sich ein liebevolles Lächeln auf den Zügen des Dunkelbraunen aus. Er kam zwei Schritte auf ihn zu und streckte eine Hand nach ihm aus, strich die schwere Mähne über die Schultern. „Du hast so schönes Haar. Schneid es nie ab, ja? Es wäre eine Verschwendung.“ Dann trat er beiseite und ließ Mao in den Zuber steigen. „Mach es dir erst bequem, entspann dich und lös dich von allen Gedanken, die dich möglicherweise bedrücken. Alle Last soll von dir gewaschen werden...“ Ein schelmisches Grinsen. „Und die Spuren der letzten Nacht.“ Maos Ohren sanken ein Stück und sein ganzer Körper tauchte tiefer in das warme Wasser. Und plötzlich grinste er. „Um Zikél in so ein Ding zu bekommen, braucht es drei starke Kerle und feste Seile, nicht wahr?“ Gleichzeitig stellte er sich vor, wie er in etlichen Jahren jeden Morgen aufstand und sich erst einmal die Haare um den Körper wickelte, um nicht ständig darüber zu stolpern. Seine Gedanken purzelten wild durcheinander und ihm kam eine Unsinnigkeit nach der anderen in den Kopf - ein sicheres Zeichen dafür, dass er aufgeregt war. Ohne zu fragen tauchte er einmal unter, verblieb einen Moment unter Wasser, so dass er alle Geräusche der Anderen wie durch Watte mitbekam, und als er wieder auftauchte, strich er sich das Wasser aus dem Gesicht und schloss die Augen. Wenn er Zikél nachher wiedersah, wenn sie wieder unter sich wären, dann würden alle wissen, dass sie zusammen gehörten. Und keine Macht der Welt würde sie auseinander bringen. Eine leise, sanfte Melodie ertönte, denn Mao begann bei dieser Vorstellung unbewusst zu summen. Rana stimmte mitein, selbst wenn er das Lied nicht kannte. Doch ihre Stimmen harmonierten vollkommen miteinander, als wenn sie beide das Gleiche sangen. Nun traten auch die anderen beiden Tama-i heran. Sie waren jünger als Rana, wirkten aber nicht minder sanft. Jeder von ihnen hatte eine Feile in der Hand und sie hoben zart Maos Hände aus dem Wasser und manikürten seine Krallen. „Was glaubst du, warum Suaresh mit ihm geht und nicht ich? Es ist üblich, dass das Oberhaupt der Familie auch seinen Sohn begleitet auf dem Weg zur Einigkeit, doch in diesem Falle geht es gar nicht anders. Auch die beiden anderen Tama-i sind eher kräftig. Du kannst dir allerdings sicher sein, dass es nicht kampflos von Statten geht, geschweige denn, dass Zikél der Einzige ist, der nass wird.“ Rana lächelte amüsiert und begann nun Maos dickes Haar einzuseifen. Er begann direkt am Kopf und massierte die Haut dort, schnurrte leise. Es war eine friedliche und entspannte Atmosphäre, so wie es sein sollte. Dabei summte Mao die ganze Zeit dieses Lied...es stimmte ihn gleichzeitig froh und schwermütig, denn es war das Lied, dass sein Kemjal ihm immer vorgesungen hatte, wenn er nicht schlafen konnte. Den Text kannte er lange nicht mehr, nur noch die Melodie, und während er vor sich hinsang, hatte er das Gefühl, dass auch seine Eltern heute bei ihm sein würden, so nahe bei ihm wie nie. Lautlos formten seine Lippen ihre Namen, die er seit Jahren hütete, wie einen kostbaren Schatz. Rana war mittlerweile wieder verstummt und massierte schweigend Maos Kopf und Ohren, bei denen er zeitweise an bestimmten Punkten leichten Druck ausübte. Das hatte seine Kätzchen auch immer beruhigt und das war es auch, was Mao jetzt tun sollte. Er sollte sich von allem frei machen, Kummer, Sorge, aber auch Freude und Aufregung. Die rituelle Reinigung stellte den Moment des seligen Glücks in einer Partnerschaft dar. Die Zeit verstrich unbemerkt. Nachdem die Krallen versorgt waren, wuschen die beiden Tama-i Maos Arme und verfuhren dabei ähnlich wie Rana eher massierend. Dieser arbeitete sich nun Stück für Stück an den langen Haaren entlang, kümmerte sich scheinbar um jede einzelne Strähne. Wenn man Maos Leben früher mit diesem Moment verglich, wirkte das doch alles sehr abstrakt. Der Diener wurde nun behandelt, wie ein hoher Herr, ein König. Der Braune streckte sich leicht, dämmert etwas weg, nur noch leise summend. Kaum noch, genaugenommen, weil seine Gedanken weit weg waren, irgendwo, auf Reisen, ohne bestimmtes Ziel und ohne Sinn. Er spürte die zärtlichen Hände auf seiner Haut, das warme, duftende Wasser um seinen Körper, und ganz am Rande fiel ihm auf, dass er, wo er die Augen geschlossen hatte, weder sagen konnte, wie die anderen beiden Tama-i aussahen, noch, wie sie hießen. Er wollte sie fragen, doch der Befehl seines Kopfes kam nicht bei seinen Lippen an. Die Zeit verstrich im trägen Nebel ohne bemerkt zu werden. Maos Körper wurde nach und nach gewaschen, massiert und mit weichen Tüchern abgerieben. Sogar sein Gesicht bekam eine spezielle Behandlung durch Ranas Finger. Niemand sprach, alle genossen den Augenblick, wobei niemand seine Aufgabe vergaß. Das Wasser wurde zwischendurch aufgegossen, damit es nicht zu kühl wurde. Nachdem sie fertig waren, traten Rana und die anderen Beiden zurück und ließen Mao noch eine Weile allein. Es war ein eigentümlicher Zustand, in dem Mao sich befand. Irgendwo zwischen Schlafen und Wachen, irgendwo zwischen Realität und Traum, irgendwo zwischen überirdischer Fülle und Reichtum und abgrundtiefem Schmerz...Schmerz darüber, dass er jetzt zwar eine Familie gefunden hatte, es aber nicht seine Familie war. Zum ersten Mal seit Jahren erlaubte Mao es sich, sie zu vermissen, sich an seine Väter zu erinnern...und sie zu beweinen. Er weinte still, fühlte sich danach aber wesentlich besser, tauchte noch einmal unter und als er wieder auftauchte, war es, als wäre die Trauer von ihm gefallen, er spürte ihre Gegenwart, ihre Liebe, die Liebe der Tama-i, die ihn umgaben und jeden Moment zurückkommen würden. Und er erwartete einen Mann, einen Tama-i, für den er der Einzige sein würde und auf den er sich immer verlassen können würde. Rana wartete noch einen Augenblick, bis Mao sich beruhigt hatte, denn er hatte kurz herein geschaut und die Tränen des Braunen gesehen. Er wollte nicht wissen, was sie verursachte, noch ob er sie hätte trocknen können. Es war Maos Angelegenheit, es waren seine Gefühle und in diesem Moment gehörten sie nur ihm. „Wenn du möchtest, kannst du jetzt aus dem Wasser kommen.“ Der Dunkelbraune hielt ein Handtuch bereit, das fast die Ausmaße eines Bettlakens hatte. Die Anderen standen mit weichen Bürsten und Tüchern hinter ihm. Einen Moment dauerte es noch, dann öffnete Mao die Augen und stemmte sich aus dem großen Bottich, verließ das warme Wasser und wurde von den Anderen empfangen. Das große Tuch wurde um den Braunen gehüllt und er sanft trocken gerieben. „Komm mit nach draußen, dort trocknen deine Haare besser in der Sonne.“ Die kleine Gruppe verließ das Waschhaus und Mao wurde auf einen hohen, aber zum Sitzplatz abgeflachten, Stein gesetzt. Nun begannen die Drei ihn zu bürsten, das Fell zusätzlich zu pflegen, so dass es seidig weich wurde. Rana kämmte das nasse Haar trocken und brachte dabei eine unglaubliche Geduld auf. Wieder war es fast ganz still, bis auf das leise Schnurren des dunkelbraunen Katers. „Du wirst wunderschön aussehen. Wie trägst du dein Haar am liebsten? Ich kann es dir wieder flechten, wenn du möchtest oder wir experimentieren etwas.“ Kein Zögern. „Ich möchte es eindrehen. Die Haare müssen geteilt und die beiden Strähnen fest verkordelt werden, dann drehen sie sich später von selber umeinander.“ Mao hatte seine Haare noch nie so getragen. „Warte nicht, bis sie ganz trocken sind, bitte...“ Rana lachte und schüttelte den Kopf, während seine Hände bereits die Arbeit begonnen. „Kein Sorge, ich weiß, was zu tun ist.“ Der Dunkelbraune teilte die Mähne in zwei dicke Strähnen, drehte jede einzeln fest zusammen und umwickelte sie mit einem weißen und die andere mit einem blauen Band. Dann verknotete er sie unten und ließ los, so dass aus zwei ein dicker Zopf wurde, als sie sich von selbst umschlungen. Danach brachten die helfenden Tama-i Schalen mit weißen und blauen Blüten, die Rana zusätzlich ins Haar einarbeitete. Als er endlich mit seiner Arbeit zufrieden war, trat er einen Schritt zurück und gab Mao einen kleinen Handspiegel, hielt einen zweiten hinter seinen Rücken, damit er den Zopf sehen konnte. Dieser lächelte nur und deutete ein Nicken an. Von seinem Kemjal wusste er, dass sein Jaho seine Haare so getragen hatte, als sie den Bund eingegangen waren... „Hier, jetzt musst du ihn anziehen.“ lächelte Rana und hielt Mao den kurzen Lendenschurz vor die Nase, den er schon im Zuber hätte tragen können. „Für die Salbung solltest du nicht unbekleidet sein. Wir müssen allerdings noch warten, bis Suaresh kommt, denn nur er darf sie als Stammesoberhaupt vollziehen. Er gibt dadurch seinen Segen für die Dama Liah’he. Das Öl, das für die Salbung genutzt wird, ist sehr kostbar, da die Herstellung sehr aufwendig ist und der Strauch, von dem es gewonnen wird, selten. Wir versuchen ihn im kleinen Unfang anzubauen, aber es ist schwer, da er sehr empfindlich ist. Doch seine Blüten verströmen den süßesten Duft, den du jemals gerochen hast.“ schwärmte Rana und erinnerte sich an seine eigene Liah’he zurück. Wiederwillig, aber folgsam streifte Mao den Fetzen über und betrachtete Rana. „Ich bin sehr froh, deinen Sohn kennen gelernt zu haben.“ meinte er dann leise, lächelnd. „Und du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, wir alle.“ Er strich Mao liebevoll über die Wange und sein Lächeln war warm wie die Strahlen der Sonne. „Du hast ihn vorher nicht erlebt. Er hatte unglaubliche Angst, nie seinen Partner zu finden. Es hat sich langsam Verbitterung in ihm breit gemacht, was mir sehr weh tat. Er war immer ein Kämpfer, doch in diesem Punkt hatte er den Kampf aufgegeben.“ Der warme Ausdruck in Ranas Gesicht vertiefte sich noch. „Aber dann bist du gekommen. Ich glaube, ihr beiden habt euch sehr gebraucht. Du hast seine Wunden geheilt und er die deinen. Wenn ihr euch bei der Zeremonie gegenübersteht, lass dein Herz sprechen.“ Dazu war nichts mehr zu sagen. Mao lehnte sich der Hand des Älteren entgegen und schnurrte leise auf. Sein Schwanz schwang langsam hin und her und die Sonne auf seinem Rücken wärmte und streichelte ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)