Schuld von Kato_Y ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ich sah in die Nacht hinaus, fühlte den Wind auf meiner Haut, wie er jedes einzelne meiner Haare streifte, mich erschauern lies. Fast so, als würdest du mich mit deinen rauen Fingern berühren, mir über die Haut streichen bis ein angenehmer Schauer meinen ganzen Körper erfassen würde. Es war kalt hier draußen auf dem Balkon, eine gewöhnliche Herbstnacht. Aber nicht nur draußen war es kalt, nein. In mir drin war es viel kälter. Kälter, dunkler und einsamer als jede eisige Dezembernacht je sein könnte. Ich seufzte, drückte die Zigarette aus und schmiss sie auf den Boden bevor ich mich zurücklehnte bis mein Rücken die Wand berührte und ich mich langsam hinunter gleiten lies. Der Boden war eisig. Jedoch störte mich das nicht sonderlich. Alles was zählte, war die Nacht und ihre wohlige Dunkelheit. Dunkelheit, die mich umhüllte, mein Inneres nach außen kehrte. Wieso? Kaum hatte ich das Wort gedacht, zog sich auch schon alles in mir zusammen. Wie eine Faust aus Dornen, die sich erneut um mein Herz, meine Seele herum zusammendrückte, ein weiteres Stück von ihr zerstörte, eine weitere Wunde in sie hineinriss. Wieso du? Mein Blick wanderte umher, vom pechschwarzen, sternenlosen Himmel zum kalten, lieblosen Boden des Balkons. Auf einmal streifte er etwas kleines Silbernes. Meine Hand bewegte sich ohne mein Zutun, ergriff die Rasierklinge, umschloss sie mit der Faust. Fest, aber nicht fest genug. Ich hielt meine Hand vor mein Gesicht und öffnete die Faust. Die Rasierklinge hatte leichte Abdrücke hinterlassen, jedoch keine Schnitte. Meine andere Hand ergriff sie und führte sie zu meinem linken Arm, auf dem sich mittlerweile schon etliche kleine Schnitte befanden. Kleine, unwichtige Wunden, die ich mir zugefügt hatte, bevor mich dieser heiße Schmerz in Form von Tränen überkam und ich die Klinge auf den Boden geschmissen hatte. Langsam lies ich das silberne Stück Metall tiefer sinken, bis es meine Haut berührte. Wieso nicht ich? Ich starrte das Ganze eine Weile an, die Kälte um mich herum längst vergessen. Was war schon physische Kälte gegen diesen unerträglichen Schmerz in mir drin? Als hätte man mein Innerstes zusammengepresst und würde es langsam in Stücke reißen. Ein Ruck. Schnell. Eine Sekunde später schoss Blut aus der Wunde. Oh mein Gott... tief... so... tief... Der Knoten löste sich. Langsam. Aber er verschwand. Vorerst. Ich sah auf meinen Arm, beobachtete, wie sich langsam eine rote Linie abzeichnete, ein dünner Faden aus Blut. Es quoll an der Unterseite stärker hervor, formte einen Tropfen, bis es schlussendlich langsam meinen Arm herunter lief. Ich sah ihm dabei zu, bewunderte die Linie, die Beschaffenheit, zähflüssig und doch rann es immer schneller aus meinem Arm hervor, hörte nicht mehr auf damit. Immer mehr und mehr, bis mir langsam ein metallischer Geruch in die Nase stieg. Ich lies die Rasierklinge auf den Boden fallen, endgültig war alles um mich herum vergessen bis auf das Blut, nur das Blut war es, was es verschwinden lies. Dieses unerträgliche Gefühl. Dieser erstickende Schmerz. Meine rechte Hand hob sich langsam in Richtung des Schnittes. Mein Zeigefinger fuhr ihn nach, lies sich nicht vom Stechen in meinem Arm aufhalten. Ich schrieb deinen Namen auf meine Haut. Deinen Namen mit meinem Blut. "... alles... meine..." Dein Leben für meins. "Schuld." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)