Chihiros Rückkehr ins Zauberland von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 5: Ein kleiner Diskurs über Magie ----------------------------------------- Hallo allerseits! Hab zwar einwenig lang gebraucht, bin aber endlich mit diesem Kapitel fertig und eigentlich recht zufrieden. Wie immer ein großes Danke an die Kommischreiber, ihr spornt mich wirklich an! Trotz aller Zufriedenheit hoffe ich, dass es nicht zu langweilig geworden ist (man vergrault sich ja nicht schon vorab die Leser...), aber lest und entscheidet selbst darüber. Viel Spaß! ------------------------------------------------------------------------------- Mit einem weichen Handtuch rubbelte Chihiro die letzten mit Tränen vermischten Wassertropfen aus dem Gesicht. Die kalte Gesichtswäsche hatte gut getan und sie ein bisschen beruhigt. Seit bestimmt zehn Minuten hatte sie sich schon in Zenibas Bad eingesperrt und versucht gegen die Tränen anzukämpfen. Woran sie aber kläglich gescheitert ist. Jetzt da sie sich von ihrem Schock erholt hatte, kamen sie unaufhaltsam, obwohl Chihiro nun wirklich keine Heulsuse war. Zumindest nicht mehr seit dem Umzug vor sechs Jahren. Dabei hatte sie auch ihre beste Freundin kennen gelernt, die ihr beibrachte hänselnden Mitschülern kontra zu geben. Chihiro musste bei dem Gedanken, was sie alles angestellt hatten, lächeln. Sie waren durch und durch verschwörerisch bis über beide Ohren gewesen, ein unschlagbares Team, das stets viel Spaß hatte. Ihre Erinnerungen heiterten sie einwenig auf und lenkten ihre Gedanken von ihren, sie war fest davon überzeugt, vor Sorgen verrückten Eltern ab. Sie dachte über Yukiko nach und fragte sich ob ihre Freundin sich wohl die Schuld dafür geben würde, dass sie verschwunden war. Und bestimmt suchte schon die halbe Stadt nach ihr. Sie kannte doch ihre Mutter. Chihiro musste sich eine gute Ausrede einfallen lassen. Denn wie könnte ihr jemand die Wahrheit glauben, wenn sie es selbst noch nicht so richtig fassen konnte? Aber ein Traum war es nicht, schließlich hatte sie sich oft genug in den Arm gezwickt, ohne jegliches Ergebnis. Außer dass ihr linker Arm nun voller blauer Flecken war. Behutsam riskierte sie einen Blick in den Spiegel. Und stöhnte. Ihre Augen und Wangen waren ganz rot und geschwollen. So konnte sie sich nicht wieder raustrauen. Entnervt schloss sie die brennenden Augen und da sie nicht wusste was sie sonst noch dagegen tun könnte, verweilte sie einfach so. Dabei passierte etwas völlig unerwartetes und unerklärliches. Vor ihrem geistigen Auge glitzerten silbrigweiße transparente Schuppen, die sich von etwas zu lösen begannen und ihr ins Gesicht flogen. Sie fühlte sich, als würde sie fallen, in eine unendliche Tiefe, von der Dunkelheit umgeben. Aber das Gefühl der Angst blieb aus, weil sie wusste dass ihr nichts geschehen könnte, denn da war jemand ganz in ihrer Nähe, der es nie zulassen würde… „Chihiro! Ist alles in Ordnung?“, tönte es von draußen. Es war unverkennbar Zenibas leicht raue Stimme. Die Sechzehnjährige schreckte aus ihrem Tagtraum hoch. Warum kam ihr diese Szene so vertraut vor, als hätte sie es schon mal selbst erlebt? War das womöglich ein Teil ihrer lang gesuchten Erinnerungen? „Chihiro!“ Ihr blieb keine Zeit, über diese Frage nachzusinnen. „Es ist alles in Ordnung!“, schrie sie zur Antwort und öffnete derart schwungvoll die Badezimmertür, sodass sie beim heraustreten beinahe in Zeniba gelaufen wäre, die ihre Hand gehoben hatte, um zu klopfen. „Du hast geweint.“ Das war eine Feststellung, keine Frage. Die Angesprochene nickte leicht verlegen. „Aber jetzt geht es mit wieder gut.“, versicherte sie lächelnd. Die Hexenmeisterin beäugte sie argwöhnisch und seufzte. „Ich wollte nur nach dem Rechten sehen und dich fragen, ob du etwas brauchst oder ob ich dir irgendwie helfen kann.“ Chihiro schüttelte abwehrend den Kopf. „Nein, vielen Dank. Sie helfen mir schon genug indem Sie sich meinetwegen soviel Mühe machen für mich einen Weg nach Hause zu finden. Ich danke Ihnen vielmals dafür. Sie brauchen sich wirklich nicht noch mehr Umstände zu machen. Und erst recht keine Sorgen.“ Um ihren Worten mehr Ausdruck zu verleihen, verbeugte Chihiro sich tief nach traditioneller Art. Zeniba schmunzelte insgeheim. Hatte sich dieses Kind, das äußerlich zu einer jungen Frau herangewachsen ist, überhaupt verändert in den vielen Jahren, oder nun doch nicht? „Wie dem auch sei, wenn du Probleme hast, dann scheue dich nicht und komm zu mir, ja?“ „Okay!“, Chihiro strahlte wieder. Sie war nicht allein und das war das einzige was zählte. Hier gab es so Viele die sich um sie kümmerten. Warum also deprimiert sein? Irgendwie würde sie es schon schaffen einen Weg nach Hause zu finden. Da war sie ganz sicher. „Dieses Haus ist das reinste Labyrinth.“, stellte Chihiro fest, während sie, begleitet von Zeniba zurückging. „Von Außen sieht es gar nicht so groß aus.“ Dabei fiel ihr ein, dass sie das Haus ja mitten in der Nacht und nur dessen Umrisse gesehen hatte. Zeniba kicherte. „Natürlich ist das Haus von außen klein. Von innen jedoch ist es groß. Wo bliebe sonst der Spaß und die Überraschung?“ Chihiro blickte sie fragend an. „Das ist Magie.“, erklärte Zeniba. „Magie…Magie ist so befremdlich.“, sprach Chihiro ihre Gedanken versehentlich laut aus. „Für euch Menschen nicht nur befremdlich, sondern auch unbegreiflich.“, kommentierte Zeniba sie, „Daher wehrt ihr euch dagegen, weil es eure Phantasie und logisch konstruierte Vernunft übersteigt. Während eure angestrebte rationale Denkweise ihre Grenzen hat, ist die Magie absolut schrankenlos.“ Das gab Chihiro zu denken. „Und was muss man tun, um sie zu akzeptieren?“ „Nun, zunächst einmal muss man daran glauben. Ohne die feste Überzeugung, dass Magie ebenso real ist wie alles andere, was ihr Menschen für real haltet, wird man sie nie beherrschen können. Und sobald ihr Menschen etwas beherrscht, ist es doch akzeptabel für euch, oder etwa nicht?“ „Sobald es die Masse beherrscht. Nicht nur ein einzelner.“, bestätigte sie. „Aber kann Magie wirklich völlig uneingeschränkt sein? Das kann ich nicht so recht glauben.“ „Niemand wird wohl in der Lage sein, sie ganz zu erfassen. Dafür hat sie viel zu viele Facetten. Schon allein aus diesem Grund gibt es unendlich viele Möglichkeiten. Unendlich viele.“ „Das…ist ja wirklich interessant.“, gab Chihiro zu, nachdem sie sich Zenibas Worte durch den Kopf gehen ließ. „Geradezu…faszinierend.“ Nachdenklich blieb sie stehen. Zeniba lächelte. „Es gibt Menschen, die nichts damit zutun haben wollen, entweder, weil die Magie sie erschreckt, da sie eben über ihre Vorstellungskraft hinausgeht, sodass sie gleichzusetzen ist mit ‚nicht existent’ oder aber Menschen, die beeindruckt von ihr sind und sich vielleicht auch damit auseinandersetzen.“ „Aber kann denn auch jeder Mensch, der den Wunsch hat Magie zu beherrschen, sie erlernen?“ „Meines Wissens nach hat jeder Mensch einen Funken Magie in sich. Nur ist es dann fraglich, wie groß dieser Funke ist, und ob jener Mensch die Möglichkeit und die nötigen Mittel, wie zum Beispiel den Glauben daran, hat, ihn zu entdecken. Und ob er ihn nutzen will, nutzen kann, oder nicht.“ „Das würde ja bedeuten, dass ich auch, rein theoretisch, Magie beherrschen könnte?“ Chihiro konnte nicht verhehlen, dass dieser Gedanke eine gewisse Begeisterung in ihr weckte. „Natürlich.“, bestätigte Zeniba nickend ihre Frage. „Ihr unterhaltet euch über Magie?“ Vollkommen in Gedanken versunken, hatte Chihiro gar nicht bemerkt, dass Haku dazugekommen war. „Ich habe mich schon gefragt, wieso ihr nicht endlich kommt.“, er machte einen leicht ungeduldigen Eindruck. „ Das Frühstück ist schon lange fertig und es wird bald regnen. Wir sollten uns beeilen.“ „Wir frühstücken draußen?“ „Man muss schließlich das Wetter ausnutzen.“, meinte Haku. Dem sonnigen Himmel nach konnte man sich kaum vorstellen, dass es überhaupt in den nächsten Tagen, geschweige denn schon bald, regnen könnte. Aber Haku sollte Recht behalten. Noch ehe sie mit dem abräumen fertig waren, kündigte sich der Regen mit einem starken Wind an, der die schweren grauen Regenwolken vor die strahlende Sonne zog und sie damit verdeckte. Zufällig steifte Chihiros Blick den vermeintlichen Flussgott, dessen Haare sich von dem lockeren Band lösten und im Wind durcheinander wehten. Damit gaben sie seinen Nacken frei und Chihiro musste erstaunt blinzeln. „Was sind das für Zeichen?“, sie musste fast schreien, so laut war der Wind. Haku drehte sich verwundert zu ihr um und sie deutete mit der linken Hand auf ihren Hals. Er hatte noch gar nicht bemerkt, dass seine Haare nicht mehr festgebunden waren und fasste sie mit einer Hand zusammen, um seinen Nacken zu bedecken. Er drehte sich weg. „Es ist nichts.“ Ein ziemlich abweisender Ton. „Geh endlich rein, zu den anderen. Es hat bereits angefangen zu regnen, falls du es nicht bemerkt hast. Den Rest mache ich schon.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)