Schwarzer Drache: Manticor von abranka (Schwarzer Drache II) ================================================================================ Kapitel 16: 16. Unterwegs ------------------------- In der Ruine auf der Rückseite Gaias wachte der Manticor langsam auf. Nun wurde es auch hier hell und das Morgenlicht blinzelte scheu durch den ewigen Sturm. Nachdenklich wetzte der Manticor seine Krallen an einem teuren Wandteppich. "Was ist, Herr?" fragte Auriana vorsichtig. "Ich frage mich, warum das Mädchen heute Nacht hier war. Was hat sie nur hergeführt?" "Sie war hier?" Auriana war entsetzt. "Was kann sie uns schon tun? Auf der Traumebene spielt sie keine Rolle. Was mir Gedanken macht, ist, dass meine Warnung sie nicht abgeschreckt, sondern nur bestätigt hat. In was auch immer sie tut..." Der Manticor schüttelte seine Mähne und blinzelte Auriana aus seinen schwarzen Augen an. Überrascht sah sie, dass er verwirrt war. "Wir müssen uns um sie kümmern. Um sie und den kleinen Drachen. Sobald wie möglich. Nur die beiden können die Zukunft gefährden. Das neue Volk..." Hitomi machte es sich auf Escaflownes Schulter gemütlich. Vor ihnen stapfte Castillo durch den Wald und hinter ihnen Lavender und Scheherazade. "Sag mal, Van," begann Hitomi nachdenklich. "Ja?" "Wann sollen wir den anderen eigentlich von unsere Verlobung erzählen? Ich meine, im Moment ist es doch irgendwie ungünstig." Van überlegte. "Du hast Recht. Am besten behalten wir es erst einmal für uns und erzählen es, sobald sich der Zeitpunkt richtig anfühlt. Außerdem hast du ja auch noch keinen Ring," gab Van beschämt zu. "Ich hatte nur einfach keine Zeit dazu..." "Das macht doch nichts." Hitomi lachte. "Aber noch etwas anderes. Warum fliegen wir eigentlich nicht? Ich meine, für Escaflowne wäre es doch ein Leichtes..." Sie ließ das Ende ihres Satzes offen. Van lächelte in seinem Cockpit. "Ich weiß, was du meinst. Aber hast du die anderen vergessen? Die anderen Guymelefs können schließlich nicht fliegen. Und ehrlich gesagt, ist es mir ganz Recht, unsere Freunde dabei zu haben. Ich meine, wir dringen in das Unbekannte vor. In unerforschte Gebiete. Wer weiß, was uns da erwartet." Nachdem sie einige Stunden unterwegs waren, zog sich der Himmel langsam zu. Merle spähte unruhig durch die Bäume zu den Wolken. Diese hingen bleigrau und schwer über dem Wald. "Oh nein," murmelte das Katzenmädchen. "Bitte nicht..." Ihr Gebet wurde nicht erhört. Wenige Minuten später brach der Wolkenbruch los. Das Wasser strömte in Sturzbächen aus den Wolken. Das Blätterdach konnte den Regen nur kurzzeitig aufhalten und sekundenschnell prasselte er auf die Reisenden nieder. "Spring auf Escaflownes Hand," kommandierte Van. Achselzuckend sprang Hitomi in die rechte Hand des Guymelefs. Als Van die linke darüber hielt, begriff sie, was er geplant hatte. Mit der anderen Hand des Guymelefs konnte er sie von dem größten Teil des Wassers abschirmen. Sobald Hitomi im halbwegs Trockenen saß, rief Van seine Idee den anderen zu und wenig später hielten alle Guymelefs mit den Händen das Wasser von ihren Passagieren ab. Es regnete noch bis zur Abenddämmerung. Keiner sprach mehr ein Wort, denn das schlechte Wetter hatte allen auf die Stimmung geschlagen. Selbst Merle wusste irgendwann nicht mehr, was sie Louvain noch erzählen sollte und schwieg. Mit dem Sonnenuntergang hörte auch der Regen auf. Auf einer kleinen Lichtung fanden sie beinahe zur selben Zeit einen guten Lagerplatz. Die Guymelefs setzten ihre Passagiere ab, danach sprangen die Piloten aus den Cockpits. Sie waren um einiges trockener geblieben. "Oh Mann," knurrte Merle. "Beim nächsten Regen will ich auch einen Guymelef steuern." Das Katzenmädchen fuhr sich durch die feuchten Haare. "Lasst uns trockenes Holz suchen und dann Feuer machen," meinte Alexander und war schon auf dem Weg. "Wo willst du hier denn irgendetwas Trockenes finden?" warf Merle patzig ein. Louvain zog sie kopfschüttelnd bei Seite und gemeinsam suchten sie die Rationen für das Abendessen raus. Lothian wirbelte Alexander hinterher und gemeinsam krochen die beide unter möglichst dichte Büsche, um dort wenigstens etwas trockenes Holz aufzutreiben. Auch Hitomi, Allen und Van beteiligten sich an der wenig erfolgreichen Suche. Shid leistete Merle und Louvain Gesellschaft. Die Ausbeute der Suche war mager. Einige wenige dickere Äste und hauptsächlich Reisig hatten sie auftreiben können. "Na ja, wenn es erst einmal brennt, wird es auch mit feuchten Zweigen gehen," meinte Allen mit einem Achselzucken. "Was bleibt uns anderes übrig?" Während sich Merle, Hitomi und Alexander um das Abendessen kümmerten, stellten die anderen die Guymelefs so zusammen, dass sie einen möglichst geschützten trockenen Raum zur Verfügung stellten. "Das sollte bei einem erneuten Regenschauer erst einmal reichen," meinte Prinz Shid schließlich, der die vier Guymelefs eingewiesen hatte. Nach dem Abendessen legten sich die Reisenden schlafen. Alexander und Van übernahmen die erste Wache und kauerten sich am Feuer zusammen. Die Nacht war kalt geworden. Zitternd zog sich Alexander die Decke enger um die Schulter und stocherte mit einem Zweig im Feuer herum. "Van," fragte er schließlich leise. "Weißt du, warum noch nie jemand dieses Gebiet hier erforscht hat?" Van zuckte mit den Schultern. "Vermutlich haben es Leute versucht und sind nicht zurückgekommen." "Na, du machst mir Mut," brummte Folkens Sohn und starrte wieder ins Feuer. Plötzlich sprang er auf und streckte sich. "Hast du was gehört?" Van war sofort wie elektrisiert. "Keine Panik." Jetzt lachte Alexander. "Ich halte mich nur mit ein paar Übungen warm." Er zog sein Schwert und begann mit kompliziert anmutenden Schlagkombinationen. Van beobachtete ihn aufmerksam, hatte aber immer noch ein Auge und ein Ohr auf die Umgebung. Zwischenzeitlich glitt sein Blick auch zu den schlafenden Gestalten bei den Guymelefs rüber. Er lächelte, als er Hitomis zusammengerollte Gestalt sah. Dann blickte er wieder zu Alexander und bemerkte dessen elegante und flüssige Bewegungen. "Du bist wirklich gut," sagte er schließlich, als Alexander sich wieder neben ihm am Feuer niederließ. Mit roten Wangen lächelte ihn Folkens Sohn an. "Danke. Das haben mir noch nicht viele gesagt. Ich hatte einen harten Lehrmeister." "Wer war er?" fragte Van. "Er war ein Dieb. Ein Wegelagerer. Ein Räuber. Weißt du, nachdem meine Mutter gestorben war, bin ich in seine Hände gefallen. Er hat mich alles gelehrt, was er konnte. Seine Name war Dariusz." Alexander sah wehmütig in das Lagerfeuer und hing einen Moment der Erinnerung nach. "Hast du schon einmal vom ,Schwarzen Schatten' gehört?" erkundigte sich der Junge schließlich. Van nickte. "Ja, der Wegelagerer, der die Strecke zwischen Farnelia und Asturia unsicher macht. Er tritt immer schwarz vermummt auf. Mittlerweile überfällt er schon seit 50 Jahren die Reisenden. Aber niemand hat ihn je schnappen können." Alexander lachte auf. "Kein Wunder. Erst war Dariusz der Schatten und dann ich. Das war sein Erbe für mich. Ich sollte für ihn weiter machen. Und jetzt... Jetzt sitze ich hier im Wald von Bandura und sehe dem Unbekannten ins Augen. Wo das Leben einen hinverschlagen kann..." Er schüttelte mit einem ironischen Lächeln den Kopf. "Du bist also der ,Schwarze Schatten'." Hochachtungsvoll musterte Van ihn. "Das erklärt so einiges." Unter anderem, warum du so gut kämpfen kannst. Und immer so angespannt bist, dachte Van mit einem Lächeln. "Spielen wir Karten?" fragte Alexander schließlich und zog den Stapel aus der Tasche. "Du gibst," erwiderte Van und lehnte sich entspannt zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)