Schwarzer Drache: Manticor von abranka (Schwarzer Drache II) ================================================================================ Kapitel 36: 36. Besiegter Drache -------------------------------- "Wir müssen jemanden finden, der sie heilen kann," brummte Allen. "Aber wer?!" stieß Merle hervor. Händeringend rannte sie über das Plateau der Steinsäule. Das Katzenmädchen machte sich große Vorwürfe und war mit den Nerven völlig am Ende. "Ich weiß es nicht." Allen schüttelte den Kopf und bedeutete Louvain mit einer Hand, sich um das Katzenmädchen zu kümmern. Der Löwenjunge legte ihr liebevoll den Arm um die Schulter und hielt sie fest. "Das ist alles nur meine Schuld!" heulte Merle auf. "Ganz allein meine Schuld!" Schluchzend sank sie in Louvains Armen zusammen. Ratlos blickte der Löwenjunge hoch und sah, dass es den anderen ähnlich erging. "Hey!" Van sprang auf und starrte in den Himmel. "Wo bist du, schwarzer Drache?! Du bist doch sonst immer da! Warum nicht jetzt?! Komm her und hilf uns! Verdammt noch mal! Wir brauchen dich!" Van suchte mit den Augen den strahlendblauen Himmel ab. Nirgends war ein schwarzer Schatten zu entdecken, der seine Ankunft hätte ankündigen können. "Lass uns hier weggehen," sagte Hitomi langsam und blickte traurig auf die Statuen. Dann sah sie den Manticor vertrauensvoll an. "Ich will hier weg." Er nickte verständnisvoll und richtete sich auf. "Steig auf meinen Rücken. Ich trage dich fort..." Langsam schritt Hitomi auf ihn zu. Einen Moment lang hatte sie den Eindruck, als wenn sie wieder jemand rufen würde. Diesmal war es eine andere Stimme. Kraftvoll und leuchtend. Sie erinnerte sich... Die Stimme des schwarzen Drachen. Er rief sie. Oder bildete sie sich das nur ein? Hitomi hielt inne und sah sich noch einmal um. Dann ist es zu spät... Traue ihm nicht, wisperte die Stimme in ihren Gedanken. Sie sah noch einmal in die sanften Augen des Manticor, fasste ihn an der Schulter und kletterte auf seinen Rücken. Sein Fell war weich und warm. Anders, als sie es erwartet hatte. Aber was hatte sie erwartet? Sie wusste es nicht. Vorsichtig griff sie in seine Mähne und hielt sich fest. Sie bemerkte nicht, wie sich der Skorpionsschwanz ihrem Nacken näherte und sanft zustach. Erst ein leichtes Ziehen am Haaransatz machte sie darauf aufmerksam. "He!" "Entschuldige bitte," lächelte der Manticor und breitete seine Flügel aus. "Ich bin Passagiere nicht gewöhnt..." "Schon gut," murmelte Hitomi und spürte, wie sich eine angenehme Wärme in ihrem Inneren ausbreitete. Ja, dem Manticor konnte sie trauen. Ja, er war ihr Freund und jeder andere ihr Feind... Mit einem weichen Satz hob der Manticor vom Boden ab und schob sich in den bewölkten Himmel der Traumwelt. Er tanzte durch den Traumschleier und webte gleichzeitig den Traum, in den er das Mädchen bringen wollte. Hitomi sah das triumphierende Lächeln nicht, dass er zur Schau trug. Das Gift hatte sich längst in ihr ausgebreitet und den Weg geebnet. Mit einem wütenden Knurren ließ der schwarze Drache von dem Traumschleier ab, der ihn von Hitomi und seinem alten Feind trennte. Er konnte ihn nicht durchdringen. Der Drache seufzte unhörbar. Der Manticor hatte sich also doch auf seine Fähigkeiten und Stärken besonnen. Und vor allem seine gesamte Kraft wieder gefunden. Und ich werde immer schwächer... Der Drache schob den Gedanken hart bei Seite und konzentrierte sich auf anderes. Hier gab es keinen Weg zu Hitomi. Vielleicht auf der anderen Seite... Dann lauschte er und hörte den Ruf seines Sohnes. Der schwarze Drache breitete seine Schwingen aus und ließ sich in die Realität gleiten. "Da!" Shid zeigte aufgeregt in den Himmel. Schlamm tropfte von seiner Hand zu Boden. Sofort sahen alle in diese Richtung. Ein schwarzer Schatten näherte sich mit hoher Geschwindigkeit und je näher er kam, desto deutlicher war zu erkennen, dass es sich um den schwarzen Drachen handeltet. Schwungvoll landete der schuppige Riese auf dem Plateau der Säule und wandte sich Van zu. Seine gelben Augen blickten den Jungen durchdringend an. "Du hast mich gerufen," stellte er ruhig fest. "Kannst du ihr helfen?" fragte Van. Der schwarze Drache sah nachdenklich auf Hitomis Körper hinab. "Ich weiß es nicht. Ich war gerade in der Traumwelt. Der Manticor hat sie in seiner Hand. Ich konnte nicht zu ihnen durchdringen." Niedergeschlagen berührte er das Mädchen sanft mit seinem Maul. "Er hat mich besiegt. Dieses Mal hat er mich wirklich und wahrhaftig besiegt." Seine großen Augen schlossen sich. Van und die anderen sahen ihn entsetzt an. "Er ist stärker als je zuvor. Viel stärker. Ich habe gekämpft. Getan, was ich konnte, aber es war nicht genug. Ich war nicht gut genug... Ich mache mir Sorgen. Sorgen um Hitomi..." Als er seine Augen wieder öffnete, schimmerten große, perlengleiche Tränen in ihnen. Erschüttert sah Van den Drachen an. Bisher hatte er immer an die Stärke und Kraft des Drachen geglaubt. Und jetzt... Jetzt war dieser besiegt worden und Hitomi - Hitomis Geist, korrigierte er sich in Gedanken - befand sich in der Gewalt ihres Feindes. Van öffnete den Mund und wollte etwas sagen, doch er konnte nicht. Kein Ton kam ihm über die Lippen. Er wusste auch eigentlich nicht, was er sagen sollte. Langsam lief die Träne über die Wange des Drachen nach unten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)