Schwarzer Drache: Manticor von abranka (Schwarzer Drache II) ================================================================================ Kapitel 41: 41. Sandsturm ------------------------- Genau zwei Stunden später erreichten sie das Ende der Schlucht und blickten einem gigantischen Sandsturm ins Auge. "Wir bleiben erst einmal hier," sagte Van bestimmt und zog sich mit Escaflowne wieder in den Schutz der Steilwände zurück. Müde kletterten die Freunde aus den Guymelefs oder sprangen von deren Schultern. Schnell wurde ein Feuer entfacht, um das sie sich setzten. "Und was kommt jetzt?" fragte Merle leise und lauschte auf das Heulen des Windes. "Wir müssen nur noch durch die kalte Wüste zu den Ruinen. Da ist der Manticor," erklärte Hitomi mit einem Lächeln und nippte an ihrem Tee. "Mir erscheint das alles etwas zu leicht," brummte Allen nachdenklich. "Irgendetwas muss der doch noch in petto haben. Denkt nur an die Sumpfechsen. Ich wette, da hat der auch hinter gesteckt. Und hier... Das ist doch der perfekte Ort gewesen. Ein wirklich großer Steinschlag und wir hätten keine Chance gehabt. Aber: nichts ist passiert. Und das macht mir Gedanken. Ich habe das Gefühl, dass wir in eine Falle tappen." "Du beschwerst dich, dass die Dinge gut laufen?" Louvain zog eine Augenbraue hoch und schüttelte seine blonde Löwenmähne. "Ehrlich gesagt: ich bin ganz froh, dass wir noch nicht wieder angegriffen wurden." "Ich muss Allen zustimmen," meldete sich Alexander zu Wort. Folkens Sohn stand auf, goss sich etwas Tee nach und setzte sich wieder. Er nippte kurz an der Tasse und stellte sie auf dem Boden ab. Dann stützte er das Kinn in die Hände und blickte in die Runde. "Wir sollen den Manticor wirklich nicht unterschätzen. Ich wette, dass er noch irgendeine Teufelei auf Lager hat. Aber ich denke auch, dass wir es schaffen können. Und dass der Drache am Ende siegen wird." "So viel Optimismus." Lothian knurrte abfällig. "Hast du nicht gestern Abend noch die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass der Drache verliert?" "He, ich dachte, du hast geschlafen!" Alexander blickte den Wolfsjungen verblüfft an. "Zu dem Zeitpunkt noch nicht." Lothian lachte leise. "Ich habe euch noch eine Weile zugehört." "Also gut," räumte Folkens Sohn ein. "Ich ziehe nur gerne alle Möglichkeiten in Betracht. Daran ist nichts verkehrt. Es ist nur so... Ich finde, wir sollten etwas in der Hinterhand haben, falls alles schief geht." "Und was willst du gegen so jemanden, so etwas in der Hinterhand haben?" Louvain lachte auf. "Der Drache ist schon erschreckend genug. Und der Manticor... Er dürfte ihm in nichts nachstehen. Du hast ihn doch selbst gesehen. Irgendwelche Ideen?" Alexander schüttelte ratlos den Kopf. "Na bitte. Allein können wir auch nichts gegen ihn tun. Wir sind auf den Drachen angewiesen. Er ist unser einziger Trumpf..." "Was passiert eigentlich dann, wenn der Drache siegen sollte?" fragte Shid urplötzlich. Überrascht blickten ihn die anderen an. "Was ist? Das ist doch eine legitime Frage, oder nicht? Van, Hitomi, was passiert dann?" Van und Hitomi sahen sich an. Dann ergriff Hitomi das Wort. "Weißt du, Shid, es geht um den Kampf zwischen Zweien, die über Gaia herrschen wollen. Auf der einen Seite steht der Tyrann, der Manticor, und auf der anderen Seite steht ein Herrscher, der diese Bezeichnung nicht wirklich verdient, weil er gar nicht herrschen will. Das ist der schwarze Drache. Und wenn der Drache gewinnt, dann wird sich wohl nichts an der ,normalen' Lage ändern. Zumindest hat er gesagt, dass er sich nicht einmischen will." "Aha. Und wenn der Manticor gewinnt?" hakte der Herzog von Freyd nach. "Das will ich mir gar nicht ausmalen... Sagen wir es so, er ist der geborene Tyrann. Reicht dir das?" Shid nickte stumm. "Also, fassen wir einmal zusammen," sagte Van, "Wir gehen da raus, finden den Manticor, rufen den Drachen und lassen die beiden miteinander kämpfen. Toller Plan. Für mich klingt das auch viel zu einfach. Aber andererseits gibt es auch nichts anderes, was wir tun könnten." "Um auf unser Ausgangsthema zurückzukommen: Ich frage mich nur, warum wir bisher kommen konnten. Warum hat uns der Manticor bis hierher kommen lassen? Er hat uns doch schon mit dem Crusado bewiesen, dass er tun und lassen kann, was er will. Zumindest dann, wenn der Drache sich nicht einmischt." Merle spielte gedankenverloren an einer ihrer rosafarbenen Haarsträhnen herum. Ihre babyblauen Augen blickten fragend in die Runde. "Vielleicht ist das alles nur ein Spiel," sagte Van urplötzlich. "Vielleicht sind wir schon längst Teil irgendeines grausamen Spiels, das er mit uns treibt." "Ja, vielleicht." Allen nickte zustimmend und legte noch etwas Holz für das Feuer nach. "Das würde zu ihm passen..." In den Ruinen musste der Manticor lachen. Sein Grollen erfüllte die ganze Ruine und ließ den Boden beben. "Ihr seid wirklich unterhaltsam. Eine gute Wahl das Mädchen zu benutzen..." Er lachte erneut auf. "Und ich verspreche euch: es wird alles noch viel unterhaltsamer und interessanter werden..." Die Freunde beschlossen, diese Nacht die Wachen zu verstärken. Allen, Shid und Louvain blieben am Feuer sitzen, während sich die anderen zum Schlafen legten. Hitomi kuschelte sich eng an Vans Schulter und lauschte dem Heulen des Sturmes und Vans Atem. "Van, was auch immer passieren mag, vergiss nie, dass ich dich liebe. Ich liebe dich über alles," flüsterte sie einer plötzlichen Eingebung folgend. "Warum... warum sagst du das jetzt?" fragte Van verstört. "Ich habe das so eine Ahnung," murmelte sie leise und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange. "Ich kann sie aber nicht präzisieren. Ich glaube, dass etwas geschehen wird..." Ihre Stimme wurde leiser und sie schlief ein. Van blickte auf ihr schlafendes Gesicht hinab und strich ihr zärtlich eine hellbraune Haarsträhne aus den Augen. Er seufzte leise und blickte zu der Felswand, die sich über ihnen erstreckte. Er wünschte sich, dass der nächste Morgen niemals kommen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)