A Joker's Game von abgemeldet (-A Play in three Acts-) ================================================================================ Kapitel 1: Act One - Scene 1 - Born in Hell ------------------------------------------- Nach dieser kurzen, Grundlegendes zu klären versuchenden Einleitung beginne ich nun mit der Geschichte über meine Taten, mein Wesen, mein Sein. Ich beginne am Anfang. Und der Anfang ist eine stürmische Gewitternacht, in der sich eine für diese Jahreszeit unnormale Kälte durch die Tür- und Fensterritzen schlich, mitten im Juni 1958. Mein Vater spürte wohl den eisigen Hauch, während ich aus den dunklen, schleimigen Höhlen meiner Mutter, deren Singsang aus Schmerzensschreien den Kreißsaal belebte, in das Halogenlicht hervor kroch, denn er zog sich den Krankenhauskittel enger um die Schultern und rieb sich die Hände. Woher ich das weiß? Noch Jahre später hat meine Mutter im Suff ständig meinen Vater beschimpft, er sei nie für sie da gewesen. Selbst bei der Geburt ihrer einzigen Tochter habe er nur an sich gedacht, anstatt ihr, die vor Schmerzen fast gestorben wäre, die Hand zu halten. Na ja, shit happens. Meine Mutter hat sich gefreut, dass ich endlich da war - ihr gingen der dicke Bauch und die Schwangerschaftsbeschwerden verdammt auf die Nerven. Und mein Vater... Nun, er war so stolz darauf, Vater einer Tochter geworden zu sein, dass er ihr den Namen seiner eigenen, verhassten Mutter gab: Charlotte; ein ordinärer, langweiliger Name, wenn man mich fragt. Aber man hat mich nicht gefragt. Auch später nicht. Sie haben nie danach gefragt, ob ich mit meinen sechs Jahren Lust dazu hatte, ständig die sechs Treppen unseres schäbigen Wohnhauses hinabzusteigen und mit ein wenig Kleingeld in den nächstbesten Supermarkt zu gehen, um meiner Mutter ihren Alkohol zu kaufen. Aber dazu gibt es später noch eine kleine Geschichte. Wo war ich? Immer diese Abschweifungen, ts. Ach ja: Meine Familie bewohnte also eine Drei-Zimmer-Wohnung in Berlins berühmt-berüchtigten Bezirk Kreuzberg. Ich erinnere mich natürlich nicht an meine Babyjahre. Aber als ich ungefähr fünf war, räumte meine Mutter extra für mich ihr Arbeitszimmer von all dem Müll und Gerümpel frei, der sich dort über die Jahre angesammelt hatte. Ist das nicht reizend? Tja, im Nachhinein denke ich, meinen Eltern ging mein nächtliches Geplärre in jenen Situationen auf die Nerven, die sie lieber in trauter Zweisamkeit ohne Störungen verbracht hätten. Hm, warum habe ich eigentlich geheult? Ah, ich glaube, die Geräusche machten mir tatsächlich Angst (das Bett knarrte so unheimlich und meine Mutter schrie immer so laut, dass es mir in den Ohren wehtat). Ich war ein Stubenhocker-Kind. Soweit ich mich erinnern kann, hat mein Vater einmal versucht, mich in einen Kindergarten zu stecken. Aber ich habe mich gewehrt. Ich muss zugeben, dass er stärker war als ich - schließlich musste er wohl einsehen, dass er mich mit den blauen Flecken lieber zu Hause lassen sollte, um sich unangenehme Fragen zu ersparen. In der Tat habe ich die Wohnung eigentlich nur verlassen, wenn meine Mutter ihre zwei Lieblingsdrogen brauchte. Irgendwer musste ja auf sie aufpassen. Mein Vater war den ganzen Tag auf der Arbeit und ich konnte sie ja schlecht auf dem Boden liegen lassen, in ihrem eigenen Erbrochenen qualvoll erstickt... Also habe ich sie sauber gemacht. Und Essen gekocht, wenn was da war. Na ja, mein Vater wurde immer so schrecklich ungehalten, wenn nichts fertig war und er nach Hause kam. Ich weiß noch, einmal habe ich mir ganz schön die Fingerchen verbrannt am Wasserdampf. Da war meine Mutter wirklich wütend, weil durch meine heftige Reaktion der Topf zu Boden fiel. Er hat die Fliesen kaputt gemacht. Komisch, nicht? Alles wäre gut gewesen, hätten sie mich nur ein einziges Mal in Ruhe gelassen. Aber das konnten (oder wollten?) sie nicht. Ich musste immer machen, was sie sagten. Vielleicht hätten sie mir ja ein einziges Mal nur zuhören sollen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)