Blind! von Shirokko (HP:DM) ================================================================================ Von Lehrern und Feen -------------------- Titel: Von Lehrern und Feen Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 8: Von Lehrern und Feen Ron erwachte am nächsten Morgen urplötzlich durch einen dumpfen, unerwarteten Stoß an der Schulter. Es war ein Schuh, der ihn da getroffen hatte. „Bring ihn zum Schweigen, Ron!“, murrte der Besitzer des Turnschuhs, Dean Thomas. „Das ist ja nicht auszuhalten!“ Der Rotschopf blinzelte verschlafen, wusste zuerst nicht, was er meinte, und vernahm im nächsten Moment ein gequältes Stöhnen. Sofort war er hellwach und aus dem Bett. Das kannte er, das war Harry! Er riss die Vorhänge des Himmelbettes auseinander und blickte auf den sich windenden Jungen hinab. Immer wieder schlug er nach der Narbe auf seiner Stirn, wälzte sich herum und stöhnte. Ein Alptraum. Einer von der Sorte, in der der dunkle Lord eine tragende Rolle spielte. Das war nicht gut! „Harry!“, rief er leise, um die anderen nicht auch noch zu wecken, packte dann die Schultern seines Freundes und schüttelte ihn sacht. „Wach auf!“ Eine Faust traf ihn an der Brust. Tolle Antwort. Das war ja wohl nicht wahr! „Wach auf oder ich werf dich aus dem Fenster!“, drohte er und erntete ein Kichern von Dean, der diese Aktion mit schwach wütender Neugier verfolgte. Inzwischen war auch Seamus wach, stieg aus seinem Bett und kam grinsend zu ihm herüber, um besser sehen zu können. „Ist gar nicht so einfach, nicht?“ Er hatte es in dieser Nacht auch schon versucht, Harry zu wecken, war aber gescheitert. Er hatte sich schließlich Ohropax aus seinem Koffer geholt, um wieder einschlafen zu können, eine nette, durchaus nützliche Muggelerfindung. Ron schnaubte nur, seine Version eines Lachens. Er fühlte sich verarscht. Plötzlich, ohne Vorwarnung, bäumte sich Harry auf, so dass Ron erschrocken zurückzuckte, kannte er doch Harrys Unberechenbarkeit im Schlaf, und saß im nächsten Moment senkrecht im Bett. Tränen standen in seinen Augen, die weit aufgerissen ins Leere blickten, seine Hände krallten sich in die Bettdecke und strapazierten den Stoff aufs Äußerste. Er keuchte, atmete schwer und ungleichmäßig. Der Rothaarige war besorgt. „Was hast du?“, fragte er vorsichtig, legte eine Hand auf Harrys Schulter und drückte sie sanft. Er wollte ihm mitteilen, dass er da war, dass er nicht allein war. Er wusste aus Erfahrung, dass er das in solchen Momenten brauchte. Irritiert ruckte Harrys Kopf zu ihm herum, dann lächelte er plötzlich erkennend. „Ich habe… schlecht geträumt.“, antwortete er und rieb sich mit den Händen über das Gesicht. „Kein Grund, besorgt zu sein.“ Es war ein halbherziger Versuch, die Aufmerksamkeit von sich abzulenken. Ron war skeptisch. „Hast du von ihm geträumt?“ Oha, Treffer. Er hatte tatsächlich wieder von ihm, von Voldemort, geträumt. Von ihm und davon, wie er Diggory killte. Aber das musste Ron ja nicht wissen. Er schlug die Decke zurück und rutschte zum Rand hin. „Ich weiß es nicht mehr. Ich kann mich nicht erinnern.“ Er griff nach seinem Zauberstab, der auf dem Nachttisch lag. „Wie spät ist es?“ „Kurz vor Sechs.“ Immer noch bedachte Ron ihn mit einem skeptischen Blick. „Und dank dir sind wir nun alle wach.“ „Ja, Harry, du bist zu laut, wenn du träumst!“, stimmte Dean halb ernst, halb spaßig zu. Er begann sich seines Schlafanzuges zu entledigen, um unter die Dusche zu gehen. Wenn er schon mal so früh wach war, dann konnte er die Zeit auch sinnvoll nutzen. Harry nickte wissend. Er wollte es ja nicht, aber er konnte auch nichts dagegen tun. Er konnte nur dafür sorgen, dass sie es nicht mehr hörten. Er würde Hermione nach einem Spruch in diese Richtung fragen. Seine Version eines solchen Zaubers war mehr als lächerlich, das hatte er letztens festgestellt. Vielleicht konnte sie ihm da helfen. Dann erklang plötzlich glockenhelles Lachen. Es war so hell und klingend, dass es gerade noch so an ihre Ohren drang, aber es war dennoch in der stillen Atmosphäre gut zu hören. Alle vier Jungen sahen auf. „Was ist das?“, fragte Dean befangen. Seamus sah ihn an. „Du hörst es auch?“ Ron nickte. „Klingt, als würde ein Mädchen vor der Tür sitzen und sich vorstellen, wie sich einer von uns auszieht.“ „Das wird dann wohl Harry betreffen. Welches Mädchen interessiert sich schon für einen von uns anderen.“ Wieder erklang das Lachen. „Ich finde, es klingt irgendwie schön.“, bemerkte der Braunhaarige sinnierend. „Wo kommt es her?“ Sie lauschten kurz, dann zeigte Seamus nach oben in die Kuppel von Harrys Himmelbett. „Von da! Irgendwo aus den Stofffalten da oben!“ Und wieder dieses Lachen. Harry begann freudig zu lächeln. „Kikuileh? Bist du das?“ Und im nächsten Moment schwirrte aus dem Zwielicht der Kuppel die bläuliche Fee herab, landete federleicht und anmutig auf Harrys Willkommen heißender, ausgestreckter Handfläche. „Was machst du denn hier? Wie hast du mich überhaupt gefunden?“ „Was ist das denn?“, unterbrach Ron das Willkommensgespräch zwischen Gast und Gastgeber. Er beugte sich nach vorne und begutachtete neugierig das kleine Wesen. „Sieht aus wie eine Fee.“, murmelte Dean dazwischen. Nur mit einem Handtuch um die Hüfte stand er neben Harrys Bett. „So ähnlich sehen die Bilder in unserem Buch aus.“ „Eine Fee?“ Ron wandte ihm den Blick zu, eindeutig ungläubig. „Die ist so winzig. Gar nicht so weiblich, wie ich sie mir immer vorgestellt habe.“ „Du verwechselst das, glaube ich, mit den Nymphen.“, warf Seamus ein. Er klang, als würde er neben sich stehen, als wäre er sich nicht bewusst, dass er überhaupt etwas sagte. „Ehrlich?“ Kikuileh stemmte plötzlich die Hände in die Seiten und funkelte den Rotschopf wütend an, während Harry zu lachen begann. „Starr sie nicht so an, Ron! Sie mag das nicht!“ „Sie mag das nicht?!“, echote Ron perplex. „Woher willst du das wissen?“ „Ihre Reaktion ist eindeutig!“, murmelte Seamus und verpasste seinem Freund eine Kopfnuss. „Tu nicht so dämlich!“ „Sie hat es gesagt.“ „Sie hat…“ Unglaube sprach aus ihren Blicken, als die Fee heftig zu nicken begann. „Sie hat es gesagt?“ „Du verstehst das Vieh?“ Wieder tobte die Fee auf Harrys Hand, schüttelte, wie als hätte man einen Schalter betätigt, wütend ihre winzigen Fäuste in seine Richtung, während sie in rasendem Tempo unglaublich hohe Töne ausstieß. Harry legte ihr einen Finger auf den Kopf und sie verstummte, wandte jedoch nicht den zornigen Blick von dem für sie riesenhaften Rotschopf. „Besser, du nennst sie nicht mehr Vieh.“, erklärte er den Wutausbruch. „Sie kann das nicht leiden. Dean hat schon Recht. Kikuileh ist eine Fee.“ „Eine echte Fee in diesem Zimmer…“, murmelte Seamus fassungslos. Dann meldete sich plötzlich eine verschlafene Stimme von ganz hinten im Zimmer. „Was ist denn da los bei euch? Ist es nicht etwas früh für einen derartigen Tumult?“ Neville war aufgewacht. Und während die drei Jungen ihren Zimmergenossen über den unerwarteten Besuch aufklärten, zog sich Harry an, wie immer auf magische Weise. Dean klappte der Mund auf. „Mensch, Neville, du hattest Recht. Der Kerl…“ Er verstummte, denn keiner hörte ihm zu. Gegen Kikuileh war Harrys kleiner Trick einfach nicht der Rede wert. „Ich dachte, Feen würden die Menschen meiden.“, sagte der schwarzhaarige Junge verwundert. „Gut aufgepasst.“, lobte Harry. „Aber ich weiß auch nicht, warum sie hier ist. Sie will es mir nicht sagen.“ „Du hast sie danach gefragt?“, hakte Dean nach. „Wann?“ „Gestern.“ „Gestern?“ „Also wirklich, Ron. Hat dich ihr Anblick so sehr verwirrt, dass du nur noch wiederholen kannst, was ich sage?“ Ron starrte ihn wütend an, verschränkte dann beleidigt die Arme vor der Brust. „Du lernst Feen kennen und hältst es nicht für nötig, mir das zu erzählen?“, moserte er. „Das ist wirklich nicht nett.“ Harry legte ihm eine Hand auf die Schulter und tätschelte sie leicht. „Es war Miones Vorschlag, dass ich euch erst heute berichte, was ich gestern erlebt habe. Ich kann nichts dafür.“ Es war eine Ausrede und jeder wusste das. Er war gestern einfach fertig gewesen und hatte die Sache mit Malfoy erst mal verarbeiten müssen. Ron murrte unfreundlich. „Ja, ja. Und du hattest natürlich auch vor, es zu erzählen!“ Harry grinste ertappt. Eigentlich hatte er vorgehabt, diesen Teil mitsamt Malfoys ungewöhnlichem Verhalten wegzulassen. „Aber natürlich. Ich würde es euch doch niemals verschweigen. Was denkst du von mir?“ Der Rotschopf schnaubte, nicht auf seine gespielt gekränkte Miene eingehend. „Ich denke, dass du ein verdammt schlechter Lügner bist!“ „Glaub das bloß nicht!“, lächelte Harry plötzlich ernst. „Glaub das bloß nicht!“ „Oh oh, Streit unter Freunden! Geht in Deckung, Leute!“, lachte Dean und ging zu seinem Bett, um aus dem Nachttisch sein Waschzeug zu holen. „Besser, wir lassen unsere zwei Turteltauben alleine, damit…“ Weiter kam er nicht. „TURTELTAUBEN???“, riefen Ron und Harry unisono. Plötzlich waren sie sich wieder einig. „Was soll diese Bezeichnung?“, fauchte Ron und ging bedrohlich auf den braunhaarigen Freund zu. „Willst du mir etwas mitteilen, was ich bisher noch nicht weiß?“ Seamus lachte. „Und schon ist er wieder der alte Hitzkopf. Weißt du, Ron, ich hatte schon begonnen, mir Sorgen zu machen, weil du plötzlich so ernst warst. Aber jetzt…“ Er entfernte sich Richtung Badezimmer, immer noch lachend. Dean, sich das Grinsen nicht verkneifen könnend, folgte ihm, genau wie Ron. „Ich bin nicht hitzköpfig!“ „Aber nicht doch, Ron, du…“ Die Stimmen verklangen und Harry grinste bis über beide Ohren. Das war ein klasse Hörspiel! Besser als jede Komödie in Dudleys Fernseher. „Harry?“ Der Schwarzhaarige richtete seine Aufmerksamkeit auf Neville, der schüchtern vor ihm stand. „Ja?“ Der rundliche Junge mit dem Mondgesicht schluckte. „Weiß Dumbledore davon, dass du eine Fee mit ins Schloss gebracht hast?“ Er klang wirklich besorgt, fast ängstlich. Harry lächelte beruhigend. „Keine Sorge. Ich werde dafür sorgen, dass sie niemandem was tut. Nicht wahr, Kikuileh, du tust niemandem etwas!“ Ein kurzer heller Laut und Harry lachte erneut, diesmal richtiggehend liebevoll. „Genau, warum solltest du?“ Eine Stunde später waren sie mit Hermione zusammen auf dem Weg in die große Halle zum Frühstück. Harry erzählte vom gestrigen Tag, wie er bei Snape mit seiner Bitte gescheitert war und sich verlaufen hatte. Und ab diesem Zeitpunkt verbog er die Geschichte so, dass weder Malfoy noch der Geheimgang erwähnt werden mussten. Er wusste nicht, wieso er den Turm geheim halten wollte, er hatte einfach das Bedürfnis dazu. Und so verschwieg er es ihnen, umging die Wahrheit geschickt mit Halbwahrheiten und kleinen Lügen. Er hatte das noch nie getan und fast bedauerte er, dass er jetzt damit begann, doch leider war es nötig, wenn er sich an seine sich gesetzten Präferenzen halten wollte. Er endete mit seiner Geschichte punktgenau, als sie die große Halle betraten, und Harry fühlte sofort massenhaft Blicke auf sich ruhen, genau wie die Tage zuvor. Eine Mischung aus Neugier, Hass, Misstrauen und Verachtung. „Schaut, da kommt Cedrics Mörder!“, stach Chos Stimme aus dem ganzen Gemurmel heraus. Sie versuchte nicht einmal, ihre Abneigung gegenüber Harry zu verhehlen. Harry tat, als hätte er es nicht gehört, doch es hatte ihn wirklich getroffen. Es tat weh, zumal er diese Nacht davon geträumt hatte. Alles hatte er noch einmal vor sich gesehen; den Feuerkelch, die Momente, wo er und Diggory miteinander geredet hatten, wo sie gemeinsam Voldemort gegenüberstanden. Und seinen Tod. Der stumme Schrei hallte immer noch in seinen Ohren wider, die anklagenden, leblosen Augen verfolgten ihn wie das Mal auf seiner Stirn… Harry schüttelte den Kopf, um die Erinnerung daran loszuwerden. Er wollte nichts davon wissen. Er wollte nicht daran denken! So verdrängte er auch die Stimmen seiner Mitschüler aus seinen Gedanken. „Hey, alles okay?“, fragte Ron besorgt und Harry nickte. „Alles okay.“ Doch er rührte trotzdem keinen Bissen an. Chos Anschuldigung und die Erinnerung an diesen unangenehmen Tag hatten ihm den Appetit gründlich verdorben. Pünktlich um acht Uhr saßen die drei Freunde im Klassenzimmer für Verteidigung gegen die dunklen Künste und Harry war erstaunt, als sich ihr neuer Lehrer vorstellte. Er hieß Professor Raindoom und war laut Hermione ein mittelgroßer, durchschnittlich aussehender Mensch mit Schnurrbart und Hornbrille. Er trug einen samtgrauen Umhang mit schwarzem Saum, darunter einen gediegenen, perlgrauen Muggelanzug. Alles in allem wirkte er wie der verkappte Graf vom Dienst, aber er war ganz und gar nicht wie ihre letzten Lehrer; kein stotternder Irrer, kein Hochstapler, kein Werwolf und kein paranoider Auror. Ob das ihnen nun zum Vorteil gereichte, blieb vorerst offen. Professor Raindoom begann seinen Unterricht mit einer kurzen Einleitung. Er ließ sich sagen, was sie bisher behandelt hatten, bevor er verkündete, dass in diesem fünften Schuljahr Duelle auf dem Lehrplan standen und er ihnen zu diesem Zweck einige durchaus nützliche Zauber beibringen wollte, die sie dabei unterstützen würden. Der erste war ein Warnzauber. „Sehen Sie her!“, rief er in die Klasse und schwang den Zauberstab in einem bestimmten Interwall. „So sieht die Bewegung aus, mit der Sie den Zauber wirken. Und der Spruch heißt Praemonere. Ich werde es Ihnen vormachen!“ Und damit schwang er den Zauberstab erneut, rief den Spruch und die Schüler taten im nächsten Moment lauthals ihr Erstaunen kund. Um den Lehrer war eine rötlich schimmernde Kugel erschienen, die gleichmäßig langsam pulsierte. „Miss Patil. Würden Sie wohl bitte einen Expelliarmus gegen mich sprechen?“ Das Slytherinmädchen nickte eifrig und sprang auf. „Expelliarmus!“, rief sie und sofort zuckte ein gleißender, lilafarbener Blitz über die rötliche Kugel, während der Lehrer den Entwaffnungszauber problemlos abwehrte. Begeisterungsrufe wurden laut. Das war mal ein Zauber mit Stil! Sie erhielten sogleich die Aufgabe, selbst zu probieren, wie weit sie mit dem Zauber zurecht kamen, und schon hörte man ein vielstimmiges, ohrenbetäubendes Rufen und Fluchen und Lachen und Schreien im Klassenzimmer. Es herrschte absolutes Chaos. Harry murrte und hielt sich zurück. Er wollte nicht, dass Hermione wieder beleidigt war und hatte Angst, dass sie überreagieren könnte, wenn er es vor ihr schaffte. Dass er es schaffte, war nicht das Problem. Er hatte schon seit einiger Zeit die Gewissheit, dass ihm neue Zauber nicht schwer fielen. Selbst die ganz schweren hatte er nach spätestens drei Versuchen drauf, was ein Test mit Charly bewiesen hatte. Doch das Mädchen selbst war der Meinung, Harry sollte es auf jeden Fall versuchen. „Na los! Das musst du schaffen! In Verteidigung gegen die dunklen Künste warst du immer der Beste!“, versuchte sie ihn zu motivieren, stieß ihm freundschaftlich in die Seite. Der Schwarzhaarige seufzte. Wenn sie unbedingt wollte… Er schwang den Zauberstab auf die Art, wie er es von Hermione gezeigt bekommen hatte, und sagte den Spruch. Augenblicklich spannte sich eine hellrot schimmernde Kuppel über ihn, auf der ein wahres Gewitter an rotlila Blitzen herrschte. Man konnte Harry kaum noch sehen. „Hervorragend!“, kam von vorne ein Jubelruf. „Harry Potter hat es als Erster geschafft! Ein wahrhaft perfektes Werk! Seht euch die Zeichnung der Blitze an. Wunderbar!“ Die Schüler hatten ob der Lobeshymne ihre Zauberversuche eingestellt und nach wenigen Sekunden lag Harrys Kugel ruhig wie ein unterirdischer See. „Ich bin stolz auf Sie, Mr Potter!“ „Ihr Zauber ist nutzlos.“ Wie ein Donnerschlag schnitt Harrys Erwiderung durch die Stille des Raumes. Entsetzt starrten alle zu ihm, während er die Arme vor der Brust verschränkte und trotzig in Richtung Lehrer blickte. Wie konnte er..? Seit wann war Harry Potter so kritisch, was Sprüche in Verteidigung gegen die dunklen Künste betraf? Normalerweise war er doch der Erste, der sie über alle Maßen lobte. Doch diesmal drückte sein Gesicht deutliches Missfallen aus. Was hatte sich geändert? „Würden Sie das bitte noch einmal wiederholen, Mr Potter?“, bat Professor Raindoom mit beherrschter Stimme. Fassungslos ließ er den Jungen, der lebt, nicht aus seinen hellblauen, hinter dicken Gläsern verborgenen Augen. Hatte er etwas nicht mitbekommen? Hatte er ihn nicht gerade gelobt? Wieso war er so unverschämt frech? Harry unterdessen verdrehte respektlos die Augen. War der Kerl etwa schwerhörig, dass er es wiederholen musste? „Ihr Zauber ist sinnlos für mich!“, tat er, was der Lehrer verlangte. Raindoom war jetzt an dem Punkt, an dem er langsam fassen konnte, welch eine Frechheit sich hier gerade ereignet hatte. „Zehn Punkte Abzug für Gryffindor!“, presste er heraus. Im Grunde konnte er es immer noch nicht glauben. Seit wann durften Schüler ihre Lehrer so unflätig beleidigen? Das war ein Angriff auf seine Kompetenz! Und Harry konnte nicht glauben, was er soeben gehört hatte. Punktabzug für eine Sache, wo er seine Meinung gesagt hatte? War denn das zu fassen? Sie lebten doch wohl in einem freien Land, wo jeder seine Meinung sagen konnte, wie er letztes Jahr von Rita Kimmkorn in jener harten Lektion gelernt hatte. Was erdreistete sich dieser Kerl, ihm dieses Recht zu nehmen? Er stand auf. „Was bitte soll ich mit einem Zauber, der mich vor anderer Leute Magie warnt, wenn ich nicht weiß, woher der Fluch kommt und um welche Art von Zauber es sich handelt? Ich gebe zu, letzteres ist nicht so wichtig, aber doch wenigstens die Richtung wäre schon einmal nützlich! Und dann wäre es praktisch, wenn der Schild noch zwischen gefährlichen und ungefährlichen Sprüchen unterscheiden könnte. Ich meine, was bringt es, wenn ich im Krieg sitze und mein Warnzauber meldet sich, weil hinter mir jemand Lumos zaubert, um besser sehen zu können, oder ebenfalls einen Warnzauber spricht? Noch dazu kann jeder hier die Kugel leuchten sehen, hat mir Hermione erzählt. Und das verschafft dem Feind einen eindeutigen Vorteil, denn nun muss er nur noch auf den Mittelpunkt der Kugel zielen, dann trifft er. Er hätte ein wirklich leichtes Spiel! Und wenn wir uns in einem Zweikampf befinden, was ein Duell ja eigentlich ist, wissen wir eh, dass unser Gegenüber zaubert, dann braucht keiner von uns einen aufwändigen Warnzauber, der nutzlos ist!“ Danach musste er erst mal Luft holen, um nicht zu ersticken. Er hatte alle seine Argumente in einem Atemzug hervorgebracht. Ans Luftholen hatte er durch seinen Ärger nicht einmal gedacht. Es herrschte Stille, in der man die berühmte Nadel zu Boden fallen hören könnte. Die Luft war zum Zerreißen gespannt, sie vibrierte förmlich. Harry bebte. Er wusste, er hatte etwas außergewöhnlich Dummes getan, aber er hatte sich nicht zügeln können. Der Frust über seine Unfähigkeit, die witzlose Hilfe durch diesen Zauber und die Unfähigkeit, sehen zu können, hatten die Reaktion ausgelöst und er hatte sich gehen lassen. Verteidigung gegen die dunklen Künste war sein absolutes Lieblingsfach, aber wenn plötzlich jemand auftauchte, der einen solch selten dämlichen Spruch lehrte, und diesen auch noch für duellnützlich hielt, war doch alles verloren! Nicht nur, dass er für andere Fächer nicht mehr zu gebrauchen war, die Fächer, die ihm etwas bedeuteten und ihm Spaß machten, wurden von innen heraus durch Scharlatanerie zerstört. Sie nahmen ihm sein Fundament, seine Lebensgrundlage. Sie nahmen ihm den Spaß an der Magie… „Mr Potter!“ Professor Raindooms Stimme war gezwungen ruhig und jagte Harry einen eisigen Schauer über den Rücken. Hätte er geschrieen, wäre die Wirkung nicht halb so intensiv gewesen, aber so… „Wenn Sie soviel an meinem Vorschlag eines Warnzaubers auszusetzen haben, schlage ich vor, Sie liefern mir eine bessere Version!“ Der hagere Mann rückte seine Brille zurecht und blickte Harry direkt an. Ihre Augen trafen sich und augenblicklich war das Unbehagen des Mannes für den schwarzhaarigen Jungen deutlich spürbar. Sein Fluch wirkte also auch bei ihm. Raindoom war es, der den Blickkontakt schließlich löste. Es war wie eine verlorene Schlacht und das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. „Sie haben bis Halloween Zeit, um mir den Beweis zu liefern, dass Sie einen besseren Spruch kennen!“, erklärte er nach einem Räuspern. Harry setzte an zu einem Widerspruch, der jedoch im Keim erstickt wurde. „Und sollten Sie es nicht schaffen, werde ich Ihnen weitere fünfzig Punkte abziehen!“ Das saß. Harry setzte sich, verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und starrte den Rest der Stunde vor sich hin, machte irgendwann noch seine Musik an. Das bedeutete Krieg! Raindoom war unfair. Er wusste genau, dass er das nicht schaffen würde, ohne in Büchern nachzulesen, aber genau das konnte er ja nicht! Wie fies konnte man denn sein? *Du kannst es schaffen!*, erklang es plötzlich in seinem Kopf. *Du bist besser!* Harry begann verhalten über den Aufmunterungsversuch zu lächeln und berührte das kleine Wesen in seiner Brusttasche flüchtig. Kikuileh war einfach nur lieb. Aber wenn er es realistisch betrachtete, war er, beziehungsweise waren die Punkte für Gryffindor verloren. Draco auf seinem Platz beobachtete Harry aus den Augenwinkeln. Das hatte er wirklich noch nie erlebt. Harry Potter kam mit einem Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste nicht klar. Das war eine echte Sensation! Und doch er hatte Recht. Es war ihm gar nicht aufgefallen, aber er hatte wirklich und wahrhaftig Recht. Der Zauber war sinnlos. Und als er ihn endlich gemeistert hatte, freute er sich nicht wirklich darüber. Er war der Vierte gewesen, der es schaffte, nach Harry, Granger und Pansy, doch trotz allem war keiner der Glorreichen wirklich froh darüber. Auch der Enthusiasmus der anderen war verflogen, ihre Anstrengungen hatten sich halbiert. Das war es sicher nicht, was Harry bezweckt hatte. Er hatte doch nur einen besseren Zauber erwartet, einen, der etwas taugte. Doch wie üblich waren die Ohren der Lehrer für eine solche versteckte, unbewusste Bitte taub. Raindoom war immer noch sauer. Draco konnte es sehen. Und er hatte das Gefühl, dass dieser Lehrer wirklich nachtragend war. In Zukunft würde Potter kein leichtes Spiel mehr bei ihm haben. Ob er ihm Leid tat, oder nicht, konnte er nicht sagen. Schließlich hatte er sich das selbst eingebrockt. Jetzt saß er da und schmollte. Ab und zu lächelte er, seine Lippen bewegten sich, als ob er sprechen würde. Mit wem blieb offen. Er konnte sich das nicht erklären. Ob Potter nun endgültig verrückt wurde und Selbstgespräche führte? Oder versuchte er sich selbst zu beruhigen? Er hatte immer wieder beobachtet, wie Harry sich so komische Stöpsel in die Ohren steckte. Muggelzeug. Er hatte damit nichts am Hut, aber vielleicht war das des Rätsels Lösung. Er riskierte einen weiteren Blick auf Harry. Der Schwarzhaarige funkelte zu dem Lehrer hinüber, der ebenfalls einen wütenden Blick auf ihn warf. Das war kein Streit mehr, das war Hass! Kein Vergleich zu dem Verhältnis, das Harry mit ihm oder Snape gehabt hatte. Die Zwei hassten sich wirklich! Und es kam ihm so vor, als würde Harry das regelrecht genießen. Die Stunde ging ohne große Zwischenfälle vorbei. Das einzig Nennenswerte war der Spott der Slytherins und den blendete Harry einfach aus. Er, Ron und Hermione waren die Letzten, die den Raum verließen, selbst Professor Raindoom war schon gegangen. „Das ist vielleicht ein Widerling!“, murrte Ron verstimmt. „Der weiß doch genau, dass du blind bist, und da stellt er dir so eine Aufgabe.“ Der Rotschopf war in seinem Element. Über Lehrer herzuziehen tat er gerne und ausführlich, vor allem über die, die in irgendeiner Weise ihn, Hermione oder Harry angriffen, und er tat es mit einer Leidenschaft, die ihn auszeichnete. Doch Hermione schüttelte den Kopf. „Ich kann ihn verstehen.“, meinte sie. „Harry hat seinen Unterricht kritisiert und er fühlte sich angegriffen!“ „Das rechtfertigt nicht, dass er Harry so eine Aufgabe stellt, ohne Rücklicht auf seine Gefühle!“ „Harry hat auch auf seine keine Rücksicht genommen.“ „Auf wessen Seite stehst du eigentlich?“ Hermione sah ihren Freund böse an. „Auf Harrys! Das weißt du sehr gut!“ „Das hörte sich aber gar nicht danach an!“, erwiderte Ron hitzig. Harry drehte sich um und tastete sich an der Wand entlang zur Tür. Das sollten die zwei mal ruhig unter sich ausmachen! Doch dazu kam es gar nicht. Als Ron seine heimliche Aktion bemerkte, war er sofort an seiner Seite, ließ Hermione einfach stehen. „Alles okay?“ Nicken. Im nächsten Moment wurde er von Hermione untergehakt. Erschrocken zuckte Harry zusammen. „Ist was?“, fragte sie verwirrt, bereit, wieder loszulassen. Harry schüttelte lächelnd den Kopf. „Alles okay. Ich bin nur noch… etwas… durcheinander.“ Diese Wortwahl war ihm schwer gefallen. Er hätte das auch ganz anders sagen können. Er war richtiggehend durch den Wind. Dieser Raindoom regte ihn auf. Sie erwiderte nichts und so gingen sie zum nächsten Unterricht: Zauberkunde bei Professor Flitwick. Schon als Harry eintrat, hörte er das erste Kichern. Es war wirklich erschreckend, wie schnell solche unangenehmen Dinge die Runde machten. Flitwick kam und sie setzten sich auf ihre Plätze ganz nach hinten. Harry hatte Kikuileh auf der Hand sitzen und stich ihr gedankenverloren über den Kopf, immer wieder, während sie leise und beruhigend auf ihn einredete. Sie konnte seine Gefühle erspüren und war nicht darauf angewiesen, dass er sie ihr zeigte, und wusste daher, dass er immer noch aufgewühlt war. Harry bekam nicht mit, was um ihn herum geschah. Er bemerkte nicht, wie Ron ihn ansprach und Hermione versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen, und er bekam nicht mit, wie der Unterricht begann, nicht, dass zu zaubern begonnen wurde. Das Einzige, das er wahrnahm, war das kühle Gefühl, das entstand, wenn er über Kikuilehs glatte, schillernde Haut strich, und ihre Stimme. Selbst dass Flitwick ihn ansprach, bekam er nicht mit. Bis der kleine Mann plötzlich, wütend über die Missachtung seiner Anwesenheit, einen Bambusstock, den er normal als Zeigestock gebrauchte, magisch auf die Tischplatte vor ihm schlagen ließ. Harry fuhr erschrocken zusammen und Kikuileh verschwand nicht minder erschrocken unter dem Schulterschutz seines Umhangs. Und genau diese Fluchtaktion machte Flitwick auf sie aufmerksam. „Mr Potter…“, sagte er verwundert, von seiner ursprünglichen Wut war nichts mehr zu hören, als er von seinem Bücherstapel herunterstieg, der dafür sorgte, dass er besser gesehen wurde. „War das eben eine… Fee?“ Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Ich denke schon.“ Und Ron fügte hinzu: „Das war Kikuileh. Sie ist seit heute Morgen bei Harry!“ Stolz schwang in seiner Stimme mit. Wer konnte schon von sich behaupten, dass er eine Fee mit Namen kannte? Professor Flitwick wurde ganz aufgeregt, als er weiter sprach. „Tatsächlich eine Fee? Seien Sie so gut und zeigen Sie sie mir!“ Wieder zuckte Harry mit den Schultern und richtete das Wort an seine kleine Freundin: „Möchtest du nicht rauskommen?“ Zuerst geschah gar nichts und Harry fiel plötzlich auf, dass es in dem Klassenzimmer schon wieder totenstill war und dass wieder aller Augen auf ihm ruhten. Er schluckte befangen. Wie er das hasste. Da spürte er Bewegung an seiner Schulter, als die Fee unter dem Stoff hervor kroch und sich auf seine Schulter stellte. „Sie ist… wundervoll!“, flüsterte der Lehrer ergriffen. „Und so lebendig!“ „Natürlich ist sie lebendig!“, erwiderte Harry entrüstet. Wieso sollte sie auch nicht? Doch der kleine Mann reagierte gar nicht darauf. „Kommen Sie bitte alle mal her und sehen Sie sich dieses kleine Wunder an!“, forderte er seine Schüler auf. Stühlerücken folgte, mehrfaches Getrampel, als die Jungen und Mädchen näher kamen. Noch immer gab niemand einen Ton von sich. Dann: „Ich dachte immer, Feen hätten Flügel!“ Harry merkte auf. „Können sie sie nicht sehen?“, fragte er seine Freundin. „Nein, Mr Potter, können wir nicht, wir…“ Der weißbärtige Halbglatzkopf hatte es falsch aufgefasst und gedacht, er würde mit ihm reden, doch Harry hörte ihm gar nicht zu, denn Kikuileh war viel interessanter. *Ich habe sie eingezogen, damit sie nicht zerknittern. Wenn das passiert, kann ich nicht mehr fliegen!* Er nickte verstehend. „Würdest du sie vielleicht zeigen? Ich glaube, sie würden sie gerne sehen.“ Kommentarlos tat Kikuileh, worum er sie bat. Sie schloss die schwarzen Augen und im nächsten Moment löste sich die Haut um ihren Rücken und Bauch und erschrockenes Keuchen wurde laut, bevor es in Bewunderungsrufe umschlug, denn aus der vermeintlich abgestoßenen Haut wurden hauchzarte, filigrane, durchsichtige Flügel, fast doppelt so groß wie sie selbst. „Das ist ja…“ Selbst Hermione, die Kikuileh schon kannte, war hin und weg von diesem zauberhaften Anblick. „Wie schön!“, kam auch ein Kommentar von einem der Ravenclawmädchen, doch es gab auch Schüler, die nicht ganz so begeistert waren. Neville gehörte dazu. „Kann sie uns nicht gefährlich werden, Professor?“, fragte der mondgesichtige Junge unsicher. Flitwick räusperte sich. „Ja, Sie haben Recht, Mr Longbottom. Setzen Sie sich bitte alle wieder!“, rief er und watschelte vor zum Lehrertisch, während alle auf ihre Plätze wanderten. Mit einer Geste unterbrach er ihr Gemurmel. „Ich möchte die Gelegenheit nutzen und Ihnen über diese Wesen berichten. Es kann nicht schaden, wenn Sie über sie Bescheid wissen, zumal eines von ihnen unter Ihnen ist. … Wer kann mir etwas über Feen sagen?“ Neben ihm schoss Hermiones Hand in die Luft und Harry war sich sicher, dass sie alles über sie nachgelesen hatte. Fast alle meldeten sich, selbst Ron. Harry nicht. Es kam ihm anmaßend vor, über Kikuileh zu spekulieren, wo er sich doch nicht sicher sein konnte mit seinem Wissen. Schließlich war sie hier unter Menschen, obwohl sie angeblich doch sehr menschenscheu sein sollte. Flitwick nahm Cho Chang dran. „Bitte sehr, Miss Chang, teilen Sie uns Ihr Wissen mit!“, rief er mit seiner Fistelstimme dem Mädchen zu, das erfreut aufsprang. Sie schickte einen hasserfüllten Blick zu Harry, begann dann lächelnd zu erzählen. „Feen sind Wesen mit gigantischen Zauberkräften. Sie sind friedliebend und meiden die Menschen. Es kam aber schon ein paar Mal vor, dass ein ausgesetztes Baby von Feen gefunden und ein paar Jahre lang versorgt wurde. Allerdings ist von diesen Menschen bekannt, dass sie exzentrisch sind, auch wenn sie über ein hohes Maß an Magie verfügen. Zurzeit lebt nur ein bekanntes Feenkind: Tara Kobayashi, eine japanische Hexe.“ Der Lehrer nickte ernst. „Das mit den Feenkindern war wirklich gut erklärt.“, lobte er. „Weiß uns jemand noch mehr zu berichten? … Ja, Mr Boot?“ Der Ravenclawjunge erhob sich. „Feen stehen auf der Liste der bedrohten Arten der Zaubererwelt. Wegen ihrer extremen Scheu vor den Menschen wurden sie bis an die Existenzgrenze gebracht. Sie leben nur in einwandfreien Ökosystemen und sind absolut pazifistisch.“ „Wirklich gut, Mr Boot… Ja, Miss Granger?“ Hermione stand auf und holte tief Luft. „Feen sind zudem äußerst genügsam. Außer Wasser, Nektar, Milch und Honig nehmen sie keine Nahrung zu sich. Sie sorgen für ein funktionstüchtiges Ökosystem um ihren Wohnort und leben sehr zurückgezogen. Umweltverschmutzung und unnatürlicher Lärm machen sie nervös und drängten sie immer weiter ab, fort von Dörfern und Städten. Inzwischen stehen hohe Strafen darauf, wenn man die Feen in ihrem Lebensraum stört.“, ratterte sie wie auswendig gelernt herunter, dass dem Lehrer der Mund offen stand. Er hatte gedacht, dass sie lernte, was im Unterricht gefordert wurde und deshalb immer alles wusste, aber das schien überhaupt nicht so zu sein. Sie schien wirklich Freude am Lernen zu haben! „Allerdings sind sie nicht so friedliebend, wie allgemein angenommen wird. Sie besitzen die Macht, Seelen zu fangen und zu bewahren oder zu zerstören. Sie können Seelenspiegel herstellen, durch die sie den Betroffenen höllische Schmerzen bereiten. Und sie spielen gerne Streiche, die Menschenherzen bluten lassen.“ Harry lauschte ihr wie vernagelt. Er hatte das alles gar nicht gewusst. Und er konnte oder wollte es auch nicht glauben. Kikuileh und ihre Leute waren nicht böse. Die Fee schwieg. Noch. „In Gefangenschaft gehen sie schnell zu Grunde. Man vermutet daher, dass ihre Lebenserwartungen gering sind…“ „Sie sagt, sie existiert schon seit 956 Jahren.“, warf der Schwarzhaarige plötzlich tonlos ein, die Augen unter dem dichten Pony verborgen. Er hatte Hermione nicht unterbrechen wollen, doch Kikuileh hatte diese Unterstellung plötzlich mit einer Heftigkeit bereinigt sehen wollen, die ihm in ihrer hellen Penetranz Kopfschmerzen verursachte. Kikuileh war außer sich. „Ihr zufolge sind die gefangenen Feen gestorben, weil sie außer von Milch und Honig auch von Freiheit und Sonnenlicht leben.“ Und wieder herrschte absolute Stille in dem Klassenzimmer, welche nur durch das überhelle Piepsen Kikuilehs durchbrochen wurde. Hermione starrte Harry an, doch von ihm kam nichts mehr, kein weiteres Kommentar und auch keine sonstige Reaktion. So sprach sie weiter: „Feen können Menschen auch mit ihren Gedanken lenken. Sie klinken sich in ihr motorisches Nervensystem ein und bringen sie dazu, Dinge zu tun, die sie von sich aus nie machen würden. Sie…“ „Sie können sie nicht lenken.“, widersprach Harry erneut, ebenso tonlos, wiederum auf Kikuilehs verletztes Ehrgefühl reagierend. „Wenn die Menschen es nicht wollen, können sie das nicht. Die meisten Menschen können sie nicht einmal verstehen, was das Befehlen und Marionettendasein von vornherein ausschließt. Und falls du das denken solltest: Sie verfüttern auch niemanden an Spinnen.“ Hermione starrte ihn an. Wieso tat er das? Warum widersprach er ihr, stellte sie so bloß? Ihr Blick fiel auf die Fee, die mit vor Wut verzerrtem Gesicht die Hände zu Fäusten ballte und in ihre Richtung starrte. War sie es, die da durch Harry sprach? War sie vielleicht eine Gefahr für ihn? Lenkte sie ihn und widerlegte es nur, damit niemand ihre wahren Absichten erkannte? Versuchte sie, sie alle zu täuschen, um sich weiterhin in der Schule einnisten zu können? „Feen sind auch nicht unbedingt von intakten Ökosystemen abhängig.“, fuhr der Schwarzhaarige fort. Dann hob er plötzlich die Hand und strich der Fee lächelnd über den Kopf. Hermione beobachtete dies mit Verwirrung. Tat Harry das etwa in vollem Bewusstsein? Tat er es freiwillig? Sprach er… für sie? Um ihr zu helfen, sich verständlich zu machen? Weil sie es nicht konnte? „Es ist bloß so, dass die Menschen unermüdlich Jagd auf sie gemacht haben, um an die für sie kostbaren Augen und Flügel zu kommen, weshalb sie sich an Orte zurückziehen mussten, wo es keine Menschen gab.“ Das braunhaarige Mädchen sog die Luft ein. „Das hab ich ja noch nie gehört. Wozu braucht man diese Dinge?“ Harry zuckte mit den Schultern, was Kikuileh aus dem Gleichgewicht brachte. Empört stieg sie in die Luft und man konnte ihr helles Schimpfen in der klirrenden Stille hören. „Ist ja gut. Entschuldige.“, lächelte er und bot ihr seine Hand als Ruheort an, die sie ohne zu zögern annahm. Ihre Flügel verschwanden wieder, schmiegten sich an ihren Körper, verschmolzen mit diesem. „Streiche und Strafen werden nur über die verhängt, die es verdienen, ansonsten dient ihre Magie dafür, denen zu helfen, die würdig genug sind, die Mühe auch wert zu sein.“, sagte er, ohne auf Hermiones Frage einzugehen. Flitwick kam wieder zu ihm herüber. „Hat sie Ihnen das gerade gesagt?“ Harry nickte. „Dann frage ich mich, warum sie ihr vertrauen. Sie könnte lügen, um…“ „Warum sollte sie lügen?“, erwiderte Harry bissig, seine Augen waren plötzlich nichts weiter als schmale Schlitze. Er konnte dieses Misstrauen nicht verstehen, nicht akzeptieren! „Sie ist kein Mensch! Sie kennt keine Lügen! Sie kennt sie ebenso wenig wie die Elfen oder Tiere! Es sind ehrliche Wesen!“ Er erhob sich und wirkte plötzlich wie ein Riese gegen den zwergenhaften Zauberer. Um ihn herum waberte eine für jeden fühlbare Aura, die ihn beinahe unantastbar erscheinen ließ, dunkel und unergründlich. Noch nie hatte man etwas dergleichen bei Harry Potter erlebt. „Aber so etwas können wir Menschen wohl nicht verstehen. Dazu fehlt es uns an Fantasie!“` *Nach rechts ist frei.* Harry schloss die Augen und seufzte. „Es tut mir Leid, Professor, aber ich werde jetzt gehen. Sie können gerne weiter über meine Freundin reden und den anderen unnötige Ängste einjagen. Erzählen Sie meinetwegen, was Sie wollen, aber ich versichere Ihnen, dass Kikuileh niemandem etwas tun wird. Sie ist dazu ebenso wenig in der Lage wie die Hauselfen!“ Damit wandte er sich um und ging. Er folgte Kikuilehs Anweisungen, fand so sicher die Tür und verließ grußlos den Klassenraum. Zurück ließ er einen Lehrer und massig Schüler, die ihm perplex hinterher sahen, unfähig etwas dagegen zu tun. Nach endlosen Sekunden, in der keiner wagte, etwas zu sagen, fuhr der Lehrer sich räuspernd fort: „Jedenfalls denke ich, dass es besser wäre, wenn Sie diese Fee --- und auch ihren… Erwählten --- nicht verärgern. Ein einmal von einer Fee verhängter Fluch ist nicht durch Zauberermagie zu brechen.“ Ängstliches Gemurmel setzte ein, scheue Blicke gewechselt. Und Ron wusste schon jetzt, dass es für Harry womöglich noch schwerer werden würde, sich zu behaupten als ohnehin schon. Zu den bereits vorhandenen Vorwürfen, sprich Diggorys Tod und Unfähigkeit, würde noch ein weiterer kommen. Sie würden behaupten, dass er ihr Leben gefährdete, nur um mit einer Fee befreundet sein zu können, um seiner Einzigartigkeit Ausdruck zu verleihen. Sie würden ihn einen verantwortungslosen Angeber schimpfen. Er kannte das schon, teils aus eigener Erfahrung. Solche Fähigkeiten erzeugten viel Neid, was wiederum schnell in Abneigung und Mobbing ausartete. Da konnte sich Harry wirklich auf etwas gefasst machen. Harry war wütend. Er war so wütend über die Arroganz Flitwicks, Kikuileh dermaßen runter zu machen, über seine Uneinsichtigkeit und festgefahrene Meinung, dass er, wäre er nicht geflohen, ihm mit Sicherheit an die Gurgel gegangen wäre. Noch jetzt war er bis zum Äußersten geladen, hatte das dringende Bedürfnis, irgendwas zu zerstören. Nur gab es da ein kleines Problem. Er würde nicht schnell genug aus dem Schloss herauskommen, um einen größeren Schaden zu verhindern, ohne Hilfe von Ron. Das Einzige, das ihm einfiel, war Serpensortia. Er hob den Zauberstab, wollte gerade den Spruch sagen, als er wieder Kikuilehs Stimme in seinem Kopf hörte. *Warum bist du gegangen?* Harry schnaubte. „Der Kerl regt mich auf mit seinen Vorurteilen!“ *Und was machst du jetzt?* „Ich gehe raus.“ *Dann musst du nach rechts.* „Rechts?“ *Ja, da geht es zum Ausgang!* Harry beschloss, ihr zu vertrauen, sonst hätte seine Rede von eben ja nur aus leeren Worten bestanden. Er konnte schlecht von Vertrauen reden und sich anschließend selbigem verschließen. Er wandte sich nach rechts und schritt vorwärts. Nach knapp zwölf Schritten kam wieder Kikuilehs Hinweis, er müsse nach links abbiegen. Und so leitete sie ihn bis hinaus auf die Hogwartsgründe. Harry atmete befreit auf, kaum dass er die laue Luft und die befreiende Weite erahnte, begann zu laufen. Wie lange war er schon nicht mehr gerannt? Wie lange hatte er es sich nicht mehr getraut, aus Angst irgendwo dagegen zu laufen? Doch Kikuileh vertraute er. Sie warnte ihn vor möglichen Gefahren wie Stolpersteinen oder Erdlöcher und sie beschrieb ihm die Umgebung so schnell und präzise, dass Harry beinahe das Gefühl hatte, er könne sehen. Irgendwann ging ihm die Puste aus, er wurde langsamer, hielt aber nicht an. Der innere Druck, den er unbewusst seit Tagen verspürte, war wie weggeblasen. Er fühlte sich gut, entspannt und ein Spaziergang war jetzt genau das Richtige, um dieses Gefühl tief in sich zu verankern. ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Puahhhhhhhhhhhhhhh! Dämliches Kapitel, total anstrengend! Dabei wollte ich doch nur die Fee einführen! Woher sollte ich denn auch wissen, dass das so ausartet… Hoffentlich hat’s euch wenigstens gefallen, dann war’s nicht ganz so umsonst! BANZAI! Ran an den Feind!!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)