Blind! von Shirokko (HP:DM) ================================================================================ Stille ------ Titel: Stille Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 31: Stille Im Nachhinein konnte keiner mehr sagen, was passiert war. Entsetzen und Schrecken war unter den Schaulustigen, als sie beobachteten, wie Draco dem Jungen, der lebt, hinterher schoss, sich mit wahnsinniger Geschwindigkeit dem Boden näherte. Niemand konnte sagen, woher Snape plötzlich kam, der den Jungen, der lebt, auffing, wie Draco es schaffte, noch rechtzeitig abzubremsen, bevor er im Boden stecken blieb, was mit Harry jetzt war, da der schwarzhaarige Lehrer ihn wortlos auf eine aus dem Nichts kommende Trage verfrachtete, auf der er sich wie unter Schmerzen zusammenkauerte. Man war sich nicht sicher, ob der Blonde an Snapes Seite war, weil dieser ihn zu sich befahl, oder ob er von alleine kam. Man wusste nicht, woher das blaue Leuchten kam, das den schwarzhaarigen Jungen erfasste, wohin die drei plötzlich verschwanden, als sie sich vor aller Augen einfach in Luft auflösten, aber der Kampf und der Sturz waren in aller Munde. Innerhalb einer halben Stunde wusste das ganze Schloss bescheid und überall gab es nur noch dieses Thema… Draco saß in einem Raum im Krankenflügel. Ganz allein. Seine Hände kneteten den grünen Stoff seines Quidditchumhangs, malträtierten die Nähte und Knöpfe. Sein Zauberstab lag unbeachtet auf dem Stuhl neben ihm. Seine Lippen zitterten, während seine Augen unstet umherhuschten und nirgends Halt fanden. „Wollen Sie ihm nicht sagen, dass Harry in Ordnung ist?“ Mme Pomfrey betrachtete den Jungen durch die kleine Kugel auf ihrem Tisch mitleidig. „Er macht sich schreckliche Sorgen.“ Snape nickte nur, rührte sich aber nicht. Auch er sah in die Kugel, beobachtete Dracos Hände, die sich rastlos bewegten. Auf dem Rückweg zum Schloss hatte er mit ihm gesprochen, hatte ihn gefragt, was passiert war, warum er zugelassen hatte, dass Harry flog, obwohl er wusste, dass seine Augen nicht lange sehfähig blieben. Und er wusste auch, dass er nicht besonders freundlich gewesen war. Er wusste ja auch, dass Draco nicht wirklich etwas dafür konnte, denn Harry ließ sich von niemandem sagen, was er zu tun und zu lassen hatte. In dieser Hinsicht war er wirklich wie James. „Severus, gehen Sie zu ihm und erlösen Sie ihn.“ Mme Pomfrey blickte zu ihm hin. „Lassen Sie ihn zu Harry.“ Die schwarzen Augen waren unergründlich und sie lächelte. „Harry wird nicht mit Ihnen reden.“, sagte sie und stellte damit fest, was Harry deutlich klar gemacht hatte. Nicht einmal auf Professor Dumbledore hatte er reagiert und selbst sie hatte er nicht an sich heran gelassen, damit sie ihn untersuchen konnte… Harry hatte sich abgeschottet. „Vielleicht kann Mr Malfoy etwas erreichen…“ Die schwarzen Augen bekamen einen leicht besorgten Blick, als Snape aufstand und sich in Bewegung setzte. Sie wusste nichts von seiner Befürchtung, Harrys Haltung könnte Draco mehr wehtun als die Unwissenheit, aber sie hatte Recht, dass er vielleicht mehr erreichen konnte. Niemand stand Harry näher. Niemandem traute er im Moment mehr zu, auch nur einen Fuß in diesen Raum setzen zu können. Leise öffnete er die Tür und trat lautlos ein. Dracos Kopf schoss augenblicklich hoch, sein Blick aus sturmgrauen Augen war hoffnungsvoll und ängstlich. Wie die aufgewühlte See… Snape seufzte unhörbar und blieb stehen. „Er spricht nicht mit uns.“, sagte er, legte ihm die Fakten offen dar. „Er lässt uns auch nicht in seine Nähe.“ Sekunden starrte Draco ihn an, dann sprang er auf. Seine Augen vermittelten jetzt Sorge, Wut und Angst. „Wohin?“, war die einzige Frage, die er noch sprechen konnte, aber immerhin war die Jungenstimme fest und zitterte nicht mehr. Die Unsicherheit schien von ihm abgefallen zu sein. Wortlos trat Snape zur Seite, deutete auf die Tür, die auf der anderen Seite von Poppy Pomfreys privatem Büro lag und ließ ihn vorbei. Ihm war klar, welchen Einruck er vermittelte, dass er sich Hilfe von ihm erhoffte. Es war ihm egal. Sie mussten wissen, warum Harry sich so seltsam verhielt, denn auch wenn sie aufgrund der Apathie ahnten, dass er wieder etwas von Voldemort bekommen hatte, sicher konnten sie erst sein, wenn er es bestätigte. Und Draco war derjenige, der diese Information aus ihm herausholen sollte. Mit dunklem Blick sah er ihm nach, fing noch Mme Pomfreys blaue Augen auf, vermittelte ihr die Sorge, die sie kannte: Jetzt war alles in ihm verschlossen, aber was passierte, wenn er sich gehen ließ? Explodierte seine Kraft, dass alles und jeder in Gefahr geriet? Oder konnte er sie unter Kontrolle halten? Oder hatte das auf ihn in dieser Hinsicht gar keine Auswirkungen? Letzteres wäre zu hoffen… Die Tür zu Harrys Raum, die sich zuvor nicht einmal hatte öffnen lassen, krachte ins Schloss und versagte die Sicht auf Draco. Jetzt hing alles an ihm. Harry verhinderte effektiv, dass man ihn visuell oder akustisch außerhalb oder innerhalb seines Raumes erreichen oder überwachen konnte. Stille umfing Draco. Das Geräusch der schlagenden Tür wurde einfach verschluckt. Draco blickte sich um. Es war dunkel hier drin. Das Licht war aus, die Vorhänge zu, irgendwo im Raum flackerte eine einzelne Kerze, aber das winzige Fleckchen Tisch, das sie beleuchtete, war kaum er Rede wert. Ihr Licht reichte nicht mal zehn Zentimeter in den Raum hinein. Der Blonde konnte nicht einmal sagen, woher er wusste, wo Harry genau war, aber er fand ihn zielsicher. Ganz hinten im Raum, in der letzten Ecke, zusammengekauert, die Arme um die Knie geschlungen, den Kopf irgendwo dazwischen verborgen saß er und bewegte sich nicht. Es zog Draco das Herz zusammen. Was war denn los? Das konnte doch nicht an dem Sturz liegen! Langsam ging er zu ihm, blieb vor ihm stehen. Harry verbreitete eine verlorene Stimmung… Aber gleichzeitig hatte er um sich eine massive, gläserne Wand gezogen, die verhinderte, dass er ihn einfach in die Arme nahm. Leise ließ er sich zu Boden sinken, lehnte sich neben ihm an die Wand, wie er es schon einmal getan hatte. Lange blieb es still zwischen ihnen, doch dann seufzte er. „Es liegt aber nicht daran, was ich da oben zu dir gesagt habe, oder?“ Das war die Befürchtung, die er hatte, doch seine Worte verklangen im Nichts. Wäre er nicht sicher, dass er sie gesagt hatte, wäre er wahrscheinlich davon ausgegangen, dass es sie nie gegeben hätte. Doch als nach zehn Minuten immer noch keine Antwort kam, war er fast soweit zu glauben, dass er sich eingebildet hatte, gesprochen zu haben. Wieder seufzte er. „Harry, verdammt! Rede mit mir!“ Er packte ihn an der Schulter und zog ihn herum, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Konnte er auch, denn aus dem Wust aus rabenschwarzem Haar kam Kikuileh hervor und beschien mit ihrem schwachen Leuchten sein Gesicht. Sie gestikulierte wie eine Wahnsinnige, doch hören konnte er nicht das Geringste, auch nicht das helle Zwitschern, das sie sonst von sich gab. Und plötzlich verstand er. Harry hatte den Ton abgestellt. Er hatte ihn einfach so abgeschaltet und verkroch sich hier vor allem und jedem… verkroch sich in ein Schneckenhaus und sperrte ihn aus! Es machte ihn wütend. „Jetzt reicht’!“, knurrte er und wusste zugleich, dass es nichts brachte, weil er ihn nicht würde hören können. Er legte seine andere Hand auf Harrys zweite Schulter und drehte ihn endgültig zu sich herum. In Harrys Gesicht war nichts. Kein Ausdruck, kein Licht, nichts. Nicht einmal Ruhe. „Hör auf dich zu verstecken und sprich mit mir!“ Nichts. „Harry!“ Die Stille hielt an. „Verdammt!“ Draco zog ihn verzweifelt in seine Arme, drückte den schwarzen Schopf gegen seine Schulter. „Verdammter Idiot!“ Er machte sich doch Sorgen. Er hatte Angst. Es machte ihm Angst, dass er so war. Dass er sich so zurückgezogen hatte! „Komm zurück!“ Sein Innerstes krampfte sich zusammen und er drückte ihn noch enger gegen sich. Er merkte gar nicht, dass er fast all seine Kraft in die Umarmung legte, den zarten Körper über alle Maßen auslastete, hörte das leise Ächzen nicht, wie er auch Kikuileh zuvor nicht gehört hatte. Erst als Harry erbebte, ließ er erschrocken locker. Weiche Arme tasteten über seine Seiten, verirrten sich auf seinen Rücken und krallten sich dort schließlich fest, er konnte warmen Atem durch den Stoff seines Quidditchumhangs wahrnehmen, spürte das Zittern, das von Schluchzern herrührte. Kein Laut drang an seine Ohren, alles blieb still. Unheimlich still. Draco hatte den Eindruck, taub geworden zu sein. Und das alles nur durch Magie. Er konnte die Silberranke selbst in seinem Körper noch wirken spüren… Aber wenigstens hatte Harry reagiert. Ganz sachte begann er ihn zu wiegen, zu beruhigen. Immer hin und her. Ganz langsam, summte ein Lied vor sich hin. Jenes Lied, das er vor ein paar Tagen gehört hatte. Ohne es sich bewusst zu sein, wollte er ihm damit dieses weiche Gefühl vermitteln, dieses Gefühl von Geborgenheit, das er selbst empfunden hatte. Er merkte gar nicht, wie die Geräusche zurückkamen, das leise Schluchzen, seine Melodie, die Töne von Kikuileh, die auf Harrys Schulter saß, von draußen Rufen und Schreien, ganz alltägliche Geräusche eben. Stattdessen achtete er auf Harry, darauf, ob er ruhiger wurde, wie er sich bewegte, wie sich sein Körper an ihn schmiegte. Ein Hauch von Nichts, völlig kraftlos, ganz leicht… „Du solltest echt mehr essen.“, murmelte er unbewusst, was er dachte, unterbrach damit das Lied. Als die leise Antwort kam, zuckte er regelrecht erschrocken zusammen. „Ich will nichts essen.“ Harrys tränennasse Nase drückte sich noch einen Deut enger an seinen Hals. Draco lächelte weich. „Du bist unvernünftig.“, flüsterte er liebevoll und streichelte über seinen Rücken. „Essen ist wichtig, damit du nicht irgendwann an Entkräftung stirbst.“ Ein winziges Kopfschütteln war die Antwort und er lachte. „Du musst ja nicht jetzt essen.“ „Danke.“ Harry drückte ihn ein wenig fester. Mme Pomfrey hatte ihm ständig Schokolade geben wollen, immerzu darauf bestanden, dass er etwas aß. Bis er sie ‚rausgeworfen’ hatte, sie gezwungen hatte zu gehen. „Das Lied war schön.“, fügte er nach kurzem Schweigen an. „Hast du deswegen die Stille aufgehoben?“ „Weiß nicht.“ „Warum hast du es überhaupt still gemacht?“ Schweigen. „Harry?“ „Ich will darüber nicht reden.“ Draco seufzte. „Ist okay.“ Auch wenn es schade war, dass er ihm nicht genug vertraute, um es ihm zu sagen. Harry regte sich leicht in seinen Armen, seine Hände suchten sich ihren Weg über die Brust zu seinem Nacken, wo er begann, ihn zu kraulen. Ganz sacht. Draco erschauderte, ließ es aber geschehen, blickte nur weiter auf die schwarze Seide hinab. Bis ihn die Zärtlichkeit überwältigte. Wie konnte das sein? Es ging diesem Jungen so schlecht und dennoch gab er ihm das, was er eigentlich selbst hätte empfangen sollen: Wärme. „Du bist einfach zu lieb.“, murmelte er und ließ seinen Kopf auf Harrys Schulter fallen. „Viel zu lieb.“ „Ich bin ein Monster.“ Erschrocken schoss des Blonden Kopf wieder in die Höhe. „Was?“ Harry lachte freudlos. „Die Lehrer halten mich für ein Monster. Ich habe sie es sagen gehört.“ „Das ist Blödsinn!“, rief Draco entrüstet. „Nein, sie haben Recht.“ Harrys Lippen bewegten sich in leichtem Lächeln dicht an seinem Ohr. „Ich kann Dinge bewirken, indem ich sie mir wünsche. Einfach so. Feuer, Wasser, Licht, Wind. Alles gehorcht meinen Gedanken. Selbst die Menschen. Ich muss es mir nur stark genug wünschen…“ Wieder lachte er. Trocken, hohl, freudlos. „Jetzt fällt es mir nicht einmal schwer, Voldemort zu besiegen. Er hat keine Chance mehr…“ „Glaubst du das wirklich?“ Diese selbstverachtenden Worte erschreckten Draco. Harry so reden zu hören, so hasserfüllt gegenüber sch selbst, das brannte in der Seele. Es war so falsch, dass es schon gar nicht mehr feierlich war. „Gibt es Zweifel?“ „Könntest du ihn wirklich töten?“ Harrys Hände in seinen Haaren hielten still. „Ob ich…“ Die Frage schien ihn zu schocken. Ganz erstarrt war er. „Ob ich ihn… töten kann?“ Draco konnte das leichte Beben seiner Lippen an den feinen Härchen an seinem Ohr spüren. Angst? „Ich zweifle nicht daran, dass deine neuen Kräfte es können.“, erklärte er sanft. „Davon gehe ich aus, schließlich hast du ihn schon einmal besiegt. Nein, ich… Willst du wirklich seinen Tod? Könntest du ihn umbringen, wenn du vor ihm stehst?“ Sacht drückte er ihn etwas von sich weg, um sehen zu können, was er dachte, doch Harry registrierte das gar nicht. Seine Gedanken fuhren Achterbahn. Wie war das gewesen? Im ersten Jahr, da hatte er den Stein vor ihm schützen wollen, hatte fliehen wollen. Sein einziger Angriff war Verteidigung gewesen, als sein Leben bedroht war, was zufällig geholfen hatte und dem Bösen schreckliche Verbrennungen zugefügt hatte. Im zweiten Jahr, unten in den Hallen des Basiliken… Er hatte Ginny gerettet, indem er ihn getötet hatte. Aber… war ER denn da gewesen? Ein Buch. Er hatte ihn nicht getötet. Er hatte das Buch zerstört, das Ginnys Leben aufsaugte… Und letztes Jahr? Da hatte er den Expelliarmus gezaubert. Nicht den Todesfluch. Kein Angriff. Expelliarmus. Entwaffnung! War er denn wirklich unfähig, jemanden zu töten? War er wirklich unfähig, diesen jemand zu töten? „Dray?“ Der Junge, der lebt, senkte seinen Kopf, so dass die langen schwarzen Haare wie Wasser über seine Schultern flossen. „Bin ich… unfähig?“ „Du bist vor allem unfassbar.“, lächelte Draco und drückte mit zwei Fingern unter Harrys Kinn den Kopf wieder hoch. „So eine Frage überhaupt zu stellen.“ Ganz sachte drückte er einen Kuss auf die blassen Lippen. „Nicht töten zu können, das ist nicht Unfähigkeit, das ist Begabung. Du hasst ihn. Er hat dir alles genommen, was dir etwas bedeutet, aber trotzdem weigerst du dich, ihn wirklich töten zu wollen.“ Auch wenn er selbst das nicht richtig nachvollziehen konnte, es passte zu Harry und zu dessen Wesen. Allein die Vorstellung, dieser Junge könnte töten, war schon falsch. „Ich will ihn töten.“ „Das sagst du.“ Harry nickte, dann holte er tief und zitternd Luft. „Du hast ja keine Ahnung, was er da draußen tut.“, brach es aus ihm heraus, doch er verstummte sofort wieder, als Entsetzen sich in sein Gesicht schlich. Draco stich ihm über die Wange, wischte die widerspenstigen Haare aus dem angespannten Gesicht. „Erzählst du es mir?“ Irgendwie war er davon überzeugt, dass Harry es wusste, auch wenn er nicht sagen konnte, woher. Harry war erstaunlich, voller unentdeckter Facetten, die nach und nach ans Licht kamen. Und Draco war inzwischen bereit, daran zu glauben, was auch immer es war. Es fiel ihm zwar auch nicht leicht, diese neue Stärke seines einstigen Rivalen einfach zu akzeptieren, aber was anderes blieb ihm wohl kaum übrig. Ein wenig fehlte sie ihm, die Herausforderung, die Hoffnung, ihn doch noch überflügeln zu können. Sein Traum von Anerkennung, den er sich durch den Sieg über Harry Potter hatte erfüllen wollen, aber das war jetzt anders. Er hatte eine andere Aufgabe gefunden, eine die wichtiger war, eine, die sich mit der alten nicht vertrug: Er wollte Harry schützen. Es war ihm damals aufgefallen, als Harry sich im Labyrinth mit Cedric zusammengetan hatte. Harry war nicht so stark, wie er dachte. Wie er immer gedacht hatte. Wie man ihm hatte glauben machen wollen. In Wirklichkeit, da war er eher schwach. Oder friedlich. Nur weil er ihn immer dazu getrieben hatte, war er stark. Weil er stark hatte sein müssen. Draco war sich sicher; hätte man Harry Potter ein normales Leben führen lassen, eines ohne Ruhm und ohne Erwartungen, die ihn erdrückten, dann wäre er ein durchschnittlicher, freundlicher, lieber Junge geworden, der seine Umgebung mit harmlosen Flausen auf Trab gehalten hätte. Das zumindest hatten diese grünen Augen einst ausgedrückt. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, dann waren diese faszinierenden Augen jedes Jahr ein bisschen dunkler geworden. Nur beim Quidditch, wenn er auf einem Besen saß, da waren sie noch immer wie damals, als er ihn das erste Mal bei Mme Malkin getroffen hatte: aufgeweckt, frech, fröhlich, voller Leben… ein Junge mit einem Traum… „Das willst du gar nicht wissen.“, riss ihn Harrys Antwort aus den Gedanken. Der Schwarzhaarige klang verbittert, verzweifelt und tonlos. Draco stellte fest, dass es auch seine Art war, die sich verändert hatte. Früher war seine Stimme kraftvoller gewesen. Überzeugender, wenn er etwas wirklich meinte. „Doch.“, antwortete er leise, versuchend sich seine Wehmut nicht anmerken zu lassen. „Es tut dir weh. Ich will es wissen, damit du es nicht mehr alleine tragen musst.“ Er lehnte sich gegen die Wand und zog Harry auf seinen Schoß. „Verstehst du? Ich bin dafür da, dass du nicht ganz alleine bist.“ Sekundenlang war Harrys Gesicht reglos und Draco fürchtete schon, dass er jetzt etwas Falsches getan oder gesagt hatte, da verzogen sich die blassen Lippen zu einem breiten Lächeln, die blinden Augen schlossen sich und er lehnte sich zufrieden gegen ihn. Harry schmiegte sich ganz eng gegen ihn, kauerte sich so zusammen, dass seine Arme ihn problemlos umfangen konnten, und kuschelte sich an ihn. „Ist gut. Ich sag’s dir.“, erklärte er sich bereit. „Aber du darfst nicht böse sein.“ „Böse? Ich dir?“, gab Draco belustigt zurück. „Weil du mir Vertrauen schenkst?“ „Weil ich dir den Horror auf Erden schildern werde.“ Draco war vollkommen erleichtert. Nicht nur wegen des Vertrauens. „Danke für die Warnung.“, lächelte er und drückte einen sanften Kuss auf die schwarze Mähne. „Aber ich kenne horrorartige Szenen zu Genüge. Vergiss nicht, wer mein Vater ist. Erzähl einfach.“, ermunterte er ihn. Einen Moment schien Harry noch zu überlegen, doch dann seufzte er und entließ auch das letzte bisschen Spannung aus seinem Körper. „Voldemort verbreitet Terror.“, begann er mit leiser Stimme. „London steht in Flammen. Ich habe gesehen, was sie tun. Ihre Zauberstäbe sprühen grüne Funken, spucken Feuer und Tod, verbreiten Leid und Schmerz und Angst. Sie lachen dabei. Sie schließen Wetten ab. Wer mehr Muggel töten kann. Sie erfreuen sich an Folter und Schaukämpfen. Sie zwingen andere dazu, ihre Geliebten zu töten oder zu verraten. Dabei zuzusehen, wie ihre Kinder in Flammen aufgehen und schreien… Ich habe ihre Gesichter hinter den Masken gesehen. Die verzerrten Fratzen. Ich konnte die…“ Er erschauderte und kuschelte sich noch ein wenig tiefer in die warmen Arme. „Ich konnte ihre Erregung spüren. Ihre Lust und das Feuer, das ihren Geist frisst. Sie handeln nach Befehl. Und sie handeln nach eigenem Willen, denn er lässt ihnen freie Hand…“ Als er verstummte, begann Draco damit, ihn sachte zu streicheln. Immer wieder fuhr seine Hand über den Rücken. Er wartete, ob noch etwas kommen würde, aber im Grunde hoffte er, dass nicht. Auch wenn Harry nur oberflächlich berichtet hatte, es machte es nicht weniger furchtbar. Es ließ im Gegensatz der Fantasie mehr Raum. Und dennoch… „Woher weißt du das?“ Leise, ruhig. Und darunter verborgen die Hoffnung, es möge Einbildung sein. „Ich habe Träume.“ Draco wartete angespannt. Träume waren häufig nur Ausgeburten der Fantasie. Er jedenfalls hatte noch nie von Träumen gehört, die wahr werden konnten. Jedenfalls nicht in der Wirklichkeit, auch wenn ein paar Bücher von diesem Phänomen berichteten. Und Wahrsagerei funktionierte anders. Man brauchte ein Medium… falls es überhaupt stimmte und nicht alles nur Humbug war, was er eigentlich annahm. Andererseits… Er hatte ja schon ein paar Mal festgestellt, dass Harry unglaublich war. „Ich habe die Träume schon lange. Sie zeigen mir, was er tut, wo er ist, was er plant… Es ist fast, als wolle er mich warnen. Oder als hätte jemand beschlossen mir diese Bilder zu zeigen, damit ich irgendetwas dagegen tue. Damit ich ihn aufhalte. Oder damit ich meine Eltern rächen kann…“ Warnende Träume also. „Du hast es nicht leicht.“, murmelte Draco kaum hörbar. „Nie hast du mal Ruhe. Da sorgt Dumbledore extra dafür, dass niemand hereinkommt und du siehst trotzdem noch etwas von dem Schrecken da draußen.“ Harry lachte leise. „Es war schon immer so…“ „Warum wolltest du es nicht Snape erzählen?“ Harry schwieg. Seufzend drückte Draco ihn ein wenig fester. „Warum durfte Mme Pomfrey nicht zu dir?“ Wieder kam keine Antwort. „Aber mich hast du akzeptiert.“ Noch immer nichts. Und Draco erwartete schon keine Antwort mehr, da kam sie doch noch: „Ich liebe dich.“ Draco lachte leise. „Na, wenn nicht aus diesem Grund, dann aus keinem.“ Glücklich gab er Harrys Haaren wieder einen Kuss. „Ich vertraue dir.“ Oh? Draco hob erstaunt eine Augenbraue. Wurde das etwa was Längeres? Harry bewegte sich doch noch immer nicht. Völlig entspannt lag er in seinen Armen und er wusste einfach, dass die Augen noch geschlossen waren. Oder? „Du hast gesagt, ich soll es dir erzählen. Du… bist wie Licht. Warm. Hell… Du verlangst nichts. Die anderen wollen immer, dass ich irgendetwas tue. Reden. Essen…“ Der Klang der Stimme veränderte sich zu einem Lächeln. „Bei dir wirkt ja auch die Magie nicht. Du hast mich nicht vergessen. Du siehst mich noch, obwohl ich unsichtbar sein sollte. Du kannst hier rein, obwohl die Dunkelheit die Tür blockiert. Du hast sogar den Ton zurückgeholt.“ „Den hast du wiedergebracht.“, warf Draco ein. Irgendwie, er konnte sich nicht so ganz erklären, warum, war es ihm peinlich, Harry so über sich reden zu hören. „Damit hatte ich nichts zu tun.“ „Doch.“, lachte Harry leise und drückte seine Nase in den grünen Stoff seines Umhangs. „Ich wollte das Lied hören.“ Jetzt war Draco wirklich rot. Seine Wangen brannten, so peinlich war es ihm, dass sein scheußliches Summen Harry gefallen hatte, wo er doch völlig unmusikalisch war. „Und dann… Ganz egal, wo ich bin… irgendwie scheinst du mich zu finden. Du weißt, was mir fehlt, was du tun musst, damit es mir besser geht. Du gibst mir Mut und Kraft.“, gab der Schwarzhaarige mit einem leisen Lachen von sich, das in Dracos Magen widerhallte, dass ihm ein Schauer über den Rücken lief. „Du hast mich ja selbst jetzt noch aufgemuntert.“ Was sollte er jetzt dazu noch sagen? „Und du hast mir geholfen. Endlich… konnte ich wieder fliegen! Das habe ich mir schon so lange gewünscht…“ „Ach ja… Was… war eigentlich los?“ Diese Frage brachte Draco wieder mehr Sicherheit, denn es basierte nicht mehr auf Lobeshymnen über ihn. Klar hatte es ihm geschmeichelt, aber genau das war das Problem. Anerkennung schön und gut, aber diese… Liebeserklärung war zuviel. Zuviel für seine ohnehin verwirrten Gefühle, die dadurch erst so richtig in Fahrt kamen und in ihm ein Fest veranstalten wollten. Da war diese… rationale Art des Gespräches besser. „Warum bist du geflogen? Obwohl du blind bist. Das ist gefährlich!“ Harry seufzte. „Flucht.“, sagte er leise. Ein Eingeständnis von Schwäche, das andere so nie gehört hätten. „Auf dem Besen kann mich niemand einholen. Nur du…“ Tja… wohl auf Dauer nicht einmal er. „Vor Fred und George?“, fragte der Slytherin ruhig. Nicken. „Sie wollen wissen, wer mein Freund ist. Sie jagen dich.“ „Sollen sie doch.“ „Sie lassen mich nicht aus den Augen.“ „Schick ihnen einen Fluch auf den Hals. Einen, der sie… blind werden lässt.“ Harry lachte leise. „Das will ich niemandem antun.“, sagte er leise. „Niemandem.“ Draco zog ihn ein wenig näher. „Und wieso konnten dich die anderen sehen? Hat dein Spruch zu wirken vergessen?“ Wieder musste Harry lachen. „Ich konnte ihn nicht erneuern.“ „Warum?“ „Es tut weh.“ „Der Armreif?“ Harry nickte. „Zu viel Energie auf einmal…“ Leise knurrte Draco. Snape würde er bei Gelegenheit mal was erzählen… Wenn er sich das trauen konnte... „Was machst du nur…“, sagte er leise, als ihm klar wurde, dass er gegen den Giftmischermeister eh nichts ausrichten konnte. Der Mann würde höchstens über ihn lachen, wenn er etwas in diese Richtung sagen würde, ohne etwas Handfestes in der Hinterhand zu haben. „Ich liebe dich.“ Effektiver Themenwechsel. Draco lachte leise, als Harry seufzte und sich noch ein wenig mehr entspannte. Er konnte spüren, wie sich der Herzschlag über seinem verlangsamte und Harry nach und nach ins Reich der Träume abdriftete. Diesmal hoffentlich ohne wahrsagende Träume… _------------------------_----------------------_------------- Hayamimi! Und, war das Kapitel nach eurem Geschmack? Sehr viel Zwischenmenschlichkeiten! Ganz viel Liebe und Zärtlichkeit, Verzweiflung und Kitsch ^^ Allerdings… kommt das nur mir so vor oder mutiert Harry zur Prinzessin auf der Erbse? Vollkommen zerbrechlich und verweichlicht… nervig… Immer im Mittelpunkt, alle mögen ihn oder lieben ihn… Aber okay, dafür kann er ja nichts. Er verselbstständigt sich ja nur… *grins* Anonsten… Danke fürs Lesen und für die kommenden Kommentare! Mau! >^-^< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)