Blind! von Shirokko (HP:DM) ================================================================================ Ausflug nach Muggellondon ------------------------- Titel: Ausflug nach Muggellondon Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Ich hoffe auf viele Kommentare! Sie helfen mir, meine Fehler und Macken auszubügeln! Und sie machen mich glücklich. ^^ Kapitel 44: Ausflug nach Muggellondon Doch bis Weihnachten ins Haus stand, wurde es eine lange Zeit. Er durfte nicht aufstehen und nicht fliegen, er musste Tee über Tee trinken und Sirius und Remus probierten alle nur erdenklichen Arten von Suppe aus, als sie erkannt hatten, dass ihm das weniger Probleme beim Schlucken bereitete. Zaubern durfte er gar nicht, weil es angeblich zu anstrengend war, doch das stellte sich schon bald als ein wirklich großes Problem heraus, denn seit er bettlägerig war, schien seine Magie überzulaufen. Die zauberstablose Magie machte, was sie wollte. Sie entzündete das Feuer, löschte es wieder, wenn es Harry zu warm wurde, öffnete die Vorhänge oder die Fenster, zumal sich Harry auch nicht daran halten wollte. Er suchte Ablenkung und so nutzte er jede unbeaufsichtigte Minute, bis Remus einsichtig wurde und das Training wieder einführte – eingeschränkt natürlich. Erfreulicherweise stellte sich heraus, dass jene Zauber zwar noch immer kraft- und machtvoll waren, doch dass sie kontrollierter waren. Irgendwie hatte Harry begonnen, die Auswirkungen seiner Zauber räumlich zu begrenzen. Nach vier Tagen allerdings konnten sie ihn nicht mehr im Bett halten. Tonks, die Aufsicht hatte und ihn beschäftigen sollte, damit er sich nicht langweilte, war außer sich, als er nach mehrfachem Bitten einfach aufstand, um hinunterzugehen. „Du, ich hex dir Elefantenohren, wenn du nicht gleich zurückgehst!“, rief sie ärgerlich, als sie die große Halle betraten, tippte ihm immer wieder auf die Schulter, ohne dass er reagierte. „Ich warne dich! Treib es nicht zu weit, oder…“ Im nächsten Moment rasselte es laut und durchdringend und die schwarzen Vorhänge vor dem Bild von Sirius’ Mutter schlugen zur Seite. Tonks zuckte zusammen, verstummte und duckte sich instinktiv weg, aber es kam keine der erwarteten Schimpfpredigten. Kikuileh beachtete die gestikulierende alte Frau nicht einmal. Harry lachte leise. „Vergiss sie, Tonks. Sie tut dir nichts mehr.“ Sanft strich er Kikuileh über das weiche Köpfchen, weil sie glücklich zustimmte. „Ich habe ihr die Stimme genommen.“ Das giftgrün gefärbte Fräulein starrte ihn entgeistert an. „Stimme… genommen?“ „Sie ist stumm.“ Mit einer Handbewegung verschloss er die zerrissenen Vorhänge, so dass auch das Bild nicht mehr zu sehen war. „Ich war der Meinung, sie würde zu viel Mist reden. Das tut Sirius nicht gut.“ Tonks brauchte noch einige Zeit, bis sie sich wieder gefangen und die Nachricht verdaut hatte, doch dann begann sie zu strahlen. Sie fiel Harry von hinten um den Hals und knuddelte ihn überglücklich. „Danke!“, rief sie. „Danke, danke, danke, danke! Du bist toll!“ Leichte Röte überzog Harrys Wangen wegen des Kompliments, doch das beachtete sie gar nicht. Sie ließ ihn los und rannte ihm voran die Treppe hinunter in die Küche, in der Sirius und Remus miteinander sprachen. Die beiden Köpfe schossen sofort alarmiert in die Höhe, doch ihr Strahlen passte nicht zu der Nachricht, die sie irgendwie erwarteten. Stattdessen jubelte sie und drückte Remus fast die Luft ab, als sie ihn umarmte. „Er hat sie zum Schweigen gebracht!“, wiederholte sie unentwegt und hopste zu Sirius, um auch ihm die obligatorische Umarmung angedeihen zu lassen. Kikuileh hatte sich ihr spontan angeschlossen und ditschte nun durch die Küche, so dass Harry stehen bleiben musste, weil er die Orientierung verlor. Er lächelte über die Freude der beiden weiblichen Wesen. Sirius verlor letztendlich die Geduld. „Harry, was ist mit ihr los? Hat sie irgendwas genommen? Und was zum Teufel tust du hier? Du solltest im Bett liegen!“ Das Lächeln verschwand. „Keine Lust. Es reicht mir. Ich bin kein Invalide.“ „Du bist krank!“ „Und ich werde auch nicht mehr gesund, wenn das so weiter geht!“ Der schwarzhaarige Mann setzte dazu an, noch etwas dazu zu sagen, doch Remus würgte ihn ab. Der Mann stand auf und führte Harry zum Tisch, damit er sich setzen konnte. „Wie geht es dir?“ „Gut soweit. Der Husten ist fast weg.“ „Das ist gut zu hören. Möchtest du einen Tee?“ Harry runzelte die Stirn, nickte allerdings. Tee war gut, auch wenn er nicht schmeckte. „Ich werde welchen aufsetzen.“, erklärte sich der Werwolf bereit. „Und inzwischen kannst du uns sagen, was es damit auf sich hat.“ Reichlich amüsiert deutete er auf seine mit Kikuileh tanzende Freundin. Harry würde ohne es zu sehen wissen, was gemeint war. „Ich habe dem Bild von Mrs Black den Ton abgestellt. Sie ist jetzt stumm und das freut sie eben.“ „Sie ist stumm? Wie denn das?“ „Ist das wahr?“ Sirius klang nicht annähernd so rational wie sein Freund. „Sie hält wirklich die Klappe?“ „Ja. Es ist für jeden hier besser so.“ Sirius lachte. Erst fassungslos, dann unendlich glücklich. „Das ist genial! Harry, ist dir klar, dass dir das gelungen ist, was schon zwei Dutzend Zauberer versucht haben, ohne es zu schaffen?“ „Das erklärt auch, warum Kreacher in letzter Zeit so schlecht gelaunt ist und warum er so verloren aussieht. Seine Bezugsperson ist stumm.“ Remus stellte klirrend eine Tasse vor Harry auf den Tisch. „Vorsicht, heiß.“ Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn. „Warum ist Kreacher denn nicht da?“, fragte er. „Ich hab ihn noch gar nicht gesehen.“ „Das liegt in erster Linie daran, dass er sich weigert, dir zu begegnen.“ Remus verteilte nun auch Tassen an Sirius und Tonks und stellte schlussendlich eine vor sich selbst auf den Tisch, bevor er das bunte Fräulein einfing und neben sich auf einen Stuhl setzte, womit es gleich viel leiser wurde. „Er sagt, das hätte er nicht nötig.“ Nickend tastete Harry nach seinem Tee. „Warum mag er mich denn nicht? Ich habe ihm doch nichts getan.“ Noch dazu hatte er bisher keine Erfahrung mit Hauselfen gemacht, die ihn nicht als Helden und Befreier ihrer Rasse ansahen. „Seine Herrin redet ihm ein, dass du ein Halbblut und Verräter an ihrem Meister bist, Wen wundert es da?“ „Ich hätte es lieber gesehen, er würde keine Vorurteile gegen mich haben.“ Remus und Sirius lachten. „Hast du so jemanden schon mal getroffen? Du bist berühmt. Jeder kennt dich, jeder weiß, was du getan hast. Keiner wird ohne irgendetwas zu erwarten an dich herantreten, ob es nun gut oder schlecht ist.“ „Aber sie…“ „Es braucht Zeit, bis man hinter das sehen kann, was einem eingeredet wird.“, machte Remus sachte deutlich. „Hab ein wenig Geduld damit.“ Geduld haben klang nicht besonders ermutigend, fand Harry, aber er nickte. Es blieb ihm auch kaum etwas anderes übrig. „Bei dem ist eh Hopfen und Malz verloren.“, ließ sich Sirius abfällig vernehmen und kam damit wieder auf Kreacher zu sprechen. „Der ist schon immer so.“ „Sei still, du Miesmacher!“ Remus knurrte böse. „Nur weil du es nicht schaffst, Frieden mit ihm zu schließen, heißt das nicht, dass keiner das kann.“ Sirius murmelte daraufhin nur etwas Unverständliches, doch Remus beachtete ihn gar nicht. „Da du jetzt schon mal da bist, was möchtest du essen, Harry?“, fragte er und wiederholte seine Worte geduldig, als der Junge aufgrund eines Hustenanfalls nicht hatte hören können. Der Schwarzhaarige begann zu strahlen. Er durfte wählen? „Schokopudding!“, antwortete er überzeugt, was Tonks, die immer noch mit Kikuileh spielte, aufsehen ließ. „Es gibt Schokopudding?“ „Aber sicherlich nicht zur Hauptmahlzeit.“, schmetterte Remus diesen Vorschlag ab. „Zum Nachtisch gerne.“ Harry seufzte. Und er hatte schon gedacht… Von den Erwachsenen bemerkte letztendlich keiner, dass Harry nach dem Essen eine Schüssel Pudding entführte. Der Raum mit dem riesigen Wassertank war dunkel, aber für Kikuileh war das kein Problem. Sicher führte sie ihn zu der Nische, in der Kreacher lebte und die gerade leer war. Kreacher war wieder einmal nicht am selben Ort wie er. Aber das machte nichts. Harry stellte die Schüssel auf den Boden vor den Schrank, in dem der Hauself schlief, und ging anschließend wieder. Wollte er doch mal sehen, was Freundlichkeit in diesem Fall brachte. Am nächsten Tag ging es Harry so gut, dass keiner der Erwachsenen noch verlangen konnte, dass er im Bett blieb. Stattdessen überredete Harry Remus dazu, ihn beim Einkaufen begleiten zu dürfen, um mal wieder etwas anderes zu sehen als die langweilige Wohnung, wie er es ausdrückte. Als Remus leicht verwundert nachfragte, wie um Himmelswillen man das Black-Haus langweilig finden konnte, lachte Harry nur und erklärte, dass er das nur so gesagt hätte. Die Untermieter und magische Ausstattung des Hauses hätten ihren ganz eigenen Charme. Er wurde eingepackt, bildlich gesprochen. Da es draußen schneite und kalt war, bekam er einen dicken Wintermantel von Sirius und einen roten Schal von Tonks. Dazu passend eine Mütze, die seine Stirn verdeckte, und Handschuhe. Den Zauberstab sollte er vorsorglich in Reichweite dabei haben. Letztendlich zogen sie zu viert los. Harry war aufgeregt. Seine Augen hinter den Brillengläsern flackerten und er klammerte sich beinahe an Sirius’ Arm fest, um nicht plötzlich orientierungslos zu sein, denn Kikuileh musste bis zu einem ganz akuten Notfall in seiner Brusttasche bleiben und durfte sich nicht zeigen. Feen waren nicht so häufig in London und sie würde zu schnell auffallen. Die Straße war tief verscheit und jeder Schritt machte ein knirschendes Geräusch. Harry war begeistert und freute sich wie ein kleiner Junge, als er gegen den Schnee trat und dieser aufflog. Er hatte das Gefühl seit Ewigkeiten keinen Schnee mehr gesehen zu haben. Die Helligkeit ließ ihn in Verzückung geraten. Weihnachten sollte es auch weiß werden, damit er mit Draco eine Schneeballschlacht machen konnte! Doch schon an der nächsten Ecke änderte sich das Bild des Wintermärchens. Der frisch über Nacht gefallene Schnee wurde grau und matschig und stellenweise war er rötlich oder schwarz. Unwillkürlich verkrampften sich Harrys Hände in Sirius’ Ärmel, denn das Bild, das sich ihm bot, war grauenhaft. Menschen zogen die Straße entlang, schleppten sich vorwärts, sahen sich immer wieder gehetzt und versichernd um. Manchmal beeilten sie sich, einem Menschen in schwarzer Kutte und Kapuze Platz zu machen, schlugen dann einen großen Bogen um den Ort, an dem dieser wandelte. Angst und Grauen stand in den Gesichtern geschrieben. Den Grund dafür erlebte Harry nur eine halbe Stunde später, als sie gerade aus dem Supermarkt kamen, in dem sie einkaufen waren. Es gab Geschrei, erschrockene Rufe und eine empörte Stimme wurde laut, dann schoss ein gleißendes Licht auf einen Muggel zu. Im nächsten Augenblick krümmte sich der Mann unter Höllenqualen auf dem Boden und Gelächter hallte durch die Straße. Um sie herum war erschrockenes Gemurmel zu hören, aber keiner half. Die Menschen sahen beiseite und hasteten an der schrecklichen Szene vorbei. Nur ein kleines Mädchen kniete zitternd neben dem Mann im Matsch und weinte vor Angst. Ihre Stimme, die leise und verängstigt nach ihrem Vater rief, klang gellend in Harrys Ohren. Er wollte das nicht. Er konnte… Er wollte das nicht erleben! Er konnte nicht verstehen, warum das geschah. Der Muggel konnte sich doch nicht wehren! Was hatte er dem Todesser denn getan? Seine Sicht verdunkelte sich, flackerte wieder auf. Er wollte nicht sehen, wie dieser Mann starb. Er würde es nicht ertragen können. Er könnte damit niemals leben! Wie konnte man nur so grausam sein? „So ist es schon lange.“ Remus’ leise Stimme drang durch das verzweifelte Weinen. Seine kräftige Hand landete auf Harrys schmaler Schulter und drückte sie beruhigend. „Sie üben Selbstjustiz, aber meistens ist es nur Spaß.“ Harry erzitterte bei diesen Worten. Die Erinnerung an die Lust, die er in seinen Tagträumen immer wieder gespürt hatte, kehrte wieder, ließ sein Innerstes sich zusammenziehen. Grüne Blitze, Chaos, Tod… „Du solltest besser nicht mehr hinsehen.“, murmelte Tonks unwohl, doch das brachte kein Einsehen. Nicht Hinsehen bedeutete Wegsehen, bedeutete Ignoranz. Er konnte nicht einfach wegsehen! Der Mann litt Höllenqualen! Das Mädchen fürchtete sich zu Tode! „Wenn wir uns einmischen, sind beide tot. Darauf wartet er nur. Dass einer kommt, um ihnen beizustehen.“, ließ sich Remus wieder vernehmen. „Und selbst wenn… Sobald wir angreifen, kommen mehr von ihnen. Wir hätten keine Chance.“ „Damit haben wir schon genügend Erfahrung gemacht. Wir können ihnen nicht helfen. Wir können nur hoffen, dass sie Glück haben und es überleben.“ Doch Harry hörte gar nicht richtig zu. Seine Fingerkuppen schmerzten inzwischen, wo sie auf das feste Leder drückten, das Knirschen seiner Zähne würde man hören, wäre da nicht der Straßenlärm. Er kämpfte mit seinem Augenlicht, wollte den Blick nicht abwenden, nicht zulassen, dass er sich diesem Bild verschloss. Er musste helfen! Er musste doch wenigstens versuchen, diesem Mann zu helfen! Er konnte das doch nicht einfach zulassen! Er fühlte sich so hilflos, spürte Magie fließen, fühlte, wie sie um sich griff und wirkte, aber die Schmerzensschreie verebbten nicht. Es war noch immer zu hören, das Flehen nach dem Tod. Er wurde weiter geschoben, die Szene geriet aus seinem Blickfeld. Es hatte wieder begonnen zu schneien. Dicht fielen die Flocken, deckten alles zu mit einer dicken Schicht aus unbeflecktem Schnee. Die Kälte nahm noch zu und die fallenden Flocken wurden immer mehr, bis man kaum noch etwas sah oder hörte. „Harry. Hör auf!“ Sirius’ klang rau und beherrscht. „Das bringt doch nichts!“ „Es funktioniert nicht mehr.“ Harry weinte. Man konnte es hören. „Ich kann die Magie nicht mehr abschalten. Ich kann die Zauber nicht mehr blockieren…“ Sirius blieb stehen. Seine Tüten fielen zu Boden und er zog den Jungen in die Arme, drückte ihn an sich. Er wusste nichts darauf zu sagen. Es gab keine Worte, die Trost oder Zuversicht spenden konnten. Es gab nichts, was Harrys Tränen trockenen konnte oder auch nur einen kleinen Teil der unsäglichen Hilflosigkeit aus seiner Brust zu löschen vermochte. „Es ist okay. Ich verstehe dich.“, murmelte er nur. „Ich kann es so gut verstehen…“ Er ließ Harry weinen. Remus und Tonks verschwanden in der weißen Wand des Schneesturms, so dass nur noch sie auf der Straße waren, allein in ihrer kleinen Welt. Es war egal. Selbst als der Wind stärker wurde, war es egal. Er zerrte an ihren Kleinern und Haaren und Sirius versuchte, Harry vor dem Schlimmsten zu schützen. Kälte, Schnee und Wind… Das alles wurde zu einem schrecklichen Strudel aus Angst, Gewalt und bodenloser Hilflosigkeit. Selbst in seinem Herzen wurde es kalt. „Harry, es ist besser, wenn wir reingehen.“ Sirius klopfte seinem Schützling sachte auf den Rücken, als dieser wieder zu husten begann. „Du musst ins Warme.“ „Niemand ist in Sicherheit. Niemand.“ „Was nicht bedeutet, dass du es nicht sein darfst. Harry, du änderst nichts, wenn du hier draußen an einer Lungenentzündung stirbst.“ Zaghaftes Nicken war die einzige Antwort, die er bekam. Harry rührte sich nicht, stand einfach unbeweglich gegen ihn gelehnt da, bis Sirius ihn von sich schob. „Stell den Schnee ab. Du erfrierst.“ „Es ist leise…“ „Zweifelsohne. Der Schnee erstickt alle Geräusche. Aber was bringt dir das? Es ist genauso sinnlos wie deine Erblindung. Sie sterben trotzdem. Das wird sich nicht ändern, nur weil du es nicht hörst.“ „Ich weiß.“ Und trotzdem hatte er offenbar das Bedürfnis danach, zu glauben, es wäre doch so. Sirius drückte Harry erneut fest an sich. Diese komplette Niedergeschlagenheit tat ihm in der Seele weh. Und das Schlimmste war, dass er nichts dagegen tun konnte. Letztendlich schob er den Jungen vor sich her durch den immer lichter werdenden Schneefall nach Hause, wo Remus ihn erstmal in die Badewanne schickte, nachdem Sirius Harry den Trank gegeben hatte, den Poppy ihm für Magie-Overruns dagelassen hatte. Als Harry endlich schlief, war Sirius mit den Nerven fertig. „Wir hätten ihn nie rauslassen dürfen.“, murmelte er, als er den von Remus angebotenen Feuerwhiskey runterstürzte. „Er verzweifelt daran, dass er machtlos ist.“ „Er wird es überstehen.“ Remus setzte sich neben ihn und stützte den Kopf in die Hände. Es klang, als wolle er sich selbst Mut machen. „Es zerstört ihn.“ „Ich weiß.“ Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, bis Remus wieder das Wort ergriff. Diesmal wirkte seine ganze Haltung düster. „Wir haben uns in Albus geirrt.“, erklärte er. „Wir dachten, er würde nie zulassen, dass Harry sich diesem Monster stellt, allerdings… Er war es, der mich darum bat, Harry zu zeigen, was in der Welt vor sich geht.“ Seine Hände krallten sich um die Flasche, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. „Er sagte, es würde ihn stärker machen…“ Er brauchte nicht aufsehen, um von Sirius’ fassungslosem Blick zu wissen. Er brannte sich auf seine Haut und fraß sich schnell tiefer. Sein Freund war ehrlich entsetzt über diese Eröffnung. „Alles, was passiert ist, alles war von Anfang an geplant. Er glaubt, dass Harry gehen wird, um all das zu beenden.“ „Er weiß, dass es so ist. Von glauben kann keine Rede sein!“ Sirius klang bitter. Er hatte wirklich geglaubt, Harry wäre bei ihnen, damit er eben nicht die Chance bekam, sich Voldemort zu stellen. Stattdessen schien Dumbledore davon auszugehen, dass sie am besten dafür geeignet wären, ihn für diese Begegnung vorzubereiten. Das war hart. „Harry hat es oft genug bewiesen. Er scheut keine Gefahr…“ „Albus drängt auf den Apparationsunterricht.“, erwiderte Remus leise. „Er will ihm alle Möglichkeiten geben, seinen Weg zu gehen.“ „Und wenn wir es ihm nicht zeigen?“ „Harry wird darauf bestehen…“ Es war eine Tatsache, die sie beide wussten. Harry hatte oft genug nachgefragt. Sirius biss die Zähne zusammen. „Ich lasse ihn nicht alleine. Niemals! Ich könnte es nicht ertragen, wenn er…“ „Das ist mir klar. Das werde ich auch nicht tun. Wir werden ihn beschützen…“ „Glaubst du… Glaubst du denn auch, dass er der einzige ist, der den Unnennbaren besiegen kann?“ Remus sah ernst aus, als er ihn endlich ansah, dann nickte er. „Keiner sonst. Sonst hätte Albus längst gehandelt.“ Sirius nickte nur und starrte auf sein Glas. Drei Minuten später schob er es Remus auffordernd zu, damit dieser es nachfüllen konnte. Harry war wirklich um nichts zu beneiden. Als Harry am nächsten Tag in die Küche kam, waren sie alle schon wach. Tonks blickte abwartend zu ihm, versuchte seine Augen einzufangen, doch was sie hoffte, blieb aus: Der Junge konnte nichts sehen. Er verließ sich wieder auf seine Fee. Ein wenig unsicher richtete er sich auf Remus aus, der genau wie sie nichts gesagt hatte. Nur Sirius hatte seinen Patensohn begrüßt und umarmte ihn jetzt, als er ihm seine üblichen Cornflakes hinstellte. Und Harrys dankendes Lächeln überraschte sie wirklich. „Hast du gut geschlafen?“ Die Frage war impertinent, denn keiner von ihnen erwartete, dass Harry nach diesem Grauen wirklich geschlafen hatte. Noch unerwarteter jedoch kam Harrys Antwort: „Nicht viel, aber traumlos.“ „Harry?“ Der Junge lächelte Remus an, dessen Stimme in seinen Ohren reichlich verwirrt klang. „Ich wusste es schon vorher. Ich konnte es sehen. Lange… Den Tag, bevor ihr mich holen kamt… Ich träume davon. Oft. Gestern…“ Das Lächeln wurde dunkler, verschwand schließlich ganz, als er tief Luft holte. „Es hat mich daran erinnert, dass die Zeit davonläuft. Ich habe mich auf Unwesentliches konzentriert. Das wird mir nicht noch einmal passieren. Von jetzt an werde ich mich mehr anstrengen und das eigentliche Ziel nicht mehr aus den Augen verlieren.“ „Harry, das ist nicht…“ „Doch es ist notwendig. Ich habe es satt. Sie spielen sich auf wie die Herrscher dieser Welt. Sie verbreiten Terror, weil es ihnen Spaß macht, und tausende leiden darunter. So viele Menschen sterben und ich vernachlässige meine Aufgabe.“ „Harry, es ist nicht deine Aufgabe, den Unnennbaren zu besiegen. Deine Aufgabe ist es, zu überleben.“ Harrys mitleidvolles Gesicht, sein Lächeln und das Flackern in den grünen Augen ließen Sirius verstummen. Er wollte es nicht, aber es ging nicht anders. Harrys Haltung verschlug ihm die Sprache. „Du hast keine Ahnung.“ Der Schwarzhaarige tauchte den Löffel in die Cornflakes. „Dieser Kampf ist längst Geschichte. Es ist, als hätte das Schicksal beschlossen, mich und Voldemort so lange aufeinandertreffen zu lassen, bis es einen von uns endgültig erwischt. Es mag vielleicht nicht meine Aufgabe sein, aber wenn es nicht ich bin, der sich ihm entgegenstellt, wer dann? Wenn nicht einmal Dumbledore es schafft, ihn in Schach zu halten, dann gibt es einfach keinen anderen Weg.“ Als er aufsah, leuchteten seine Augen voller Entschlossenheit. „Remus, du hast gesagt, wenn ich sehen kann, dann darf ich das Apparieren lernen. Wie du sehen kannst, habe ich es geschafft, bringst du es mir also bei?“ Der Werwolf starrte den Jungen vollkommen perplex an. Was war das? Warum reagierte Harry genauso wie Albus es vorausgesagt hatte? Warum war er so entschlossen? Wieso wollt er nach dem gestrigen Tag noch kämpfen? Nachdem er so hilflos gewesen war, warum war er jetzt so stark? Wieso hatte Albus Recht behalten? Kannte er Harry wirklich um soviel besser als Sirius und er? „Ich…“ „Wirst du es mir beibringen?“ „Ja.“ Remus nickte entschlossen. Wenn es so war, dass Harry kämpfen wollte, dann würde er es unterstützen. Wenn Harry seine Verzweiflung damit überwand zu lernen, dann sollte er lernen, wie er die Ursache dieser Verzweiflung überwand. Außerdem… Wenn Albus in dieser Sache Recht behalten hatte, vielleicht war auch seine Einschätzung richtig, dass nur Harry es schaffen konnte, und wenn das so war, dann brauchte Harry jeden Strohhalm, den er kriegen konnte. ---------------______------------------- Was meint ihr? Schaffe ich es langsam? Ich bemühe mich wirklich, das alles endlich zu dem eigentlichen Sinn zu bringen. Harry wird stärker, die beiden Marauders haben es nicht leicht, weil sie zwischen Hoffnung und Beschützerinstinkt gefangen sind und Dumbi… ich weiß nicht. Irgendwie kann ich ihn nicht einschätzen. Freut euch auf das nächste Kap. Zwar kommt Draco noch immer nicht vor, aber es kommt etwas, was mir eine diebische Freude bereitet hat, es zu schreiben! ^^ Chu Shi Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)