Son of Ra von Autumn (YamixBakura) ================================================================================ Kapitel 13: Die Pyramide von Pharao Atemu (Teil 1) -------------------------------------------------- Sodala, der neue Teil ist da!^^ Hm, danach noch Kapitel 14 und 15 und der Epilog, und dann ist es vorbei! *schnüff* Es ist immer komisch, eine FF zu beenden...und der Augenblick naht nun auch hier auf animexx. *seufz* Aber ich verspreche Euch ein spannendes Finale! Nun aber erstmal zu Kapitel 13 - viel Spaß! Kapitel 13: Die Pyramide von Pharao Atemu (Teil 1) Im Pantheon der ägyptischen Gottheiten sass Maat in trauter Runde zusammen mit Horus in seiner Falkengestalt, seiner Mutter Isis und Hathor, der Göttin der Liebe. Ra war nicht anwesend, er traf Vorbereitungen für die Zeremonie der „Göttlichen Verschmelzung". ~~ Ich sage: Es ist zu riskant. Wenn es Apophis gelingt, sich die Macht von Ras irdischem Sohn einzuverleiben, kann er ihn angreifen....und ihn besiegen. Was danach mit der Welt der Menschen und unserer eigenen passiert, brauche ich wohl nicht zu erläutern. ~~ ~~ Wie gewöhnlich bist du viel zu pessimistisch, Isis. ~~ entgegnete Hathor und strich sich einmal durch ihr herrliches schwarzes Haar, das mindestens zehn Zentimeter länger war als sie selbst. Auf ihrem Kopf thronte eine Sonnenscheibe mit Kuhhörnern. ~~ Ich halte mich eher für realistisch. Und außerdem bin ich nur vorsichtig. Man kann dem Schlangendämon nicht trauen. Ich habe bereits schlechte Erfahrungen mit Seth gemacht, der zwar ein Gott ist, aber trotzdem keinerlei Skrupel hatte, meinen Ehemann umzubringen und ihn anschließend in Stücken über die Erde zu verteilen! ~~ ~~ Ich habe Vater doch längst gerächt, Mutter. ~~ ~~ Ist das vielleicht eine Entschuldigung, Horus? ~~ Der Falke antwortete nicht, sondern fuhr fort, sein Gefieder zu putzen. Plötzlich ließ er einen Warnschrei hören und die Unsterblichen sprangen auf. Maat kannte diese Aura, die sie gerade wahrnahm, und hätte am liebsten ihre magischen Kräfte dazu benutzt, um den Eindringling loszuwerden, doch im Pantheon galt das Gesetz der Gewaltlosigkeit. Apophis in seiner halb humanoiden, halb reptilienartigen Form, erschien vor dem illustren Kreis und verbeugte sich mit einem heuchlerischen Grinsen. „Was für eine edle Versammlung von Unsterblichen. Ich muss mich ja beinahe geehrt fühlen. Und euer Herr, mein hochgeschätzter Erzfeind, ist nicht hier? Er denkt also, dass er die Göttliche Verschmelzung einleiten kann, die mein Ende bedeuten könnte? Wie rührend! Der Sohn des Ra und der Krieger der Maat haben bisher nur das Sonnenschwert in ihren Besitz gebracht und ich halte es für mehr als unwahrscheinlich, dass sie das Mondschwert finden werden, bevor die Zeremonie vollendet ist." ~~ Du vergisst, dass sie über ihre Vergangenheit und deine Einmischung damals Bescheid wissen. Sie betrachten es als persönliches Ziel, dich zu vernichten! ~~ erklärte die Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit und bedachte das Ungeheuer mit einem verächtlichen Blick. „An deiner Stelle wäre ich nicht so selbstsicher! Es wird mir ein Leichtes sein, den Pharao zu töten und mir danach den Teil der göttlichen Macht zu holen, die in ihm schlummert. Und er wird sich mir selbst in die Hände geben, verlass dich darauf!" ~~ Das ist doch nicht dein Ernst! Atemu wird sich dir niemals ausliefern! Er ist ein ausgezeichneter Kämpfer und hat keinerlei Schwächen! ~~ „Oh doch, hat er, Maat - daran habe ich keine Zweifel!" Bakura hatte inzwischen den Tempel verlassen und fand Yami in den Beduinenmantel gewickelt vor, um sich vor der Kälte der Nacht zu schützen. Er war eingeschlafen und träumte selig, das Sonnenschwert lag neben ihm. Nun fehlte ihnen nur noch das Mondschwert, um Apophis zu besiegen und dann würde ihre verwünschte Zusammenarbeit endlich zu Ende sein....Er hockte sich im Schneidersitz vor den Pharao und fragte sich, ob es das war, was er wollte. Der Kuss ließ ihn noch immer nicht los. Er hatte ihn genossen, ohne Zweifel....wer würde es nicht genießen, wenn sich solch sinnliche, verführerische Lippen gegen die eigenen drängten? Was wäre geschehen, wenn er seinem Verlangen gänzlich nachgegeben hätte? Vor ihm erschien das Bild einer gemeinsamen Nacht, ihre schlanken und doch muskulösen Körper ineinander verschlungen, vom Schweiß benetzt, Hände, die heißes Fleisch erkundeten, heftiges Stöhnen, Blicke, die glühende Lust verrieten....Der Grabräuber schüttelte wild den Kopf. Verdammt, allein die bloße Vorstellung erregte ihn über die Maßen! Sein Herz schien zu schreien - nach Berührung, Halt, Geborgenheit....nach Yami. »NEIN!!! Ich akzeptiere das nicht!! Ich kann nicht!! Diese Gefühle sind falsch!! Er ist mein Feind!! Ich hasse ihn....ich hasse ihn schon seit fünftausend Jahren!!« Er sah auf die anmutigen Gestalt des Königs hinunter und wusste im gleichen Moment, dass das eine Lüge war. Er hatte ihn gehasst, oh ja....aber von diesem einstmals echten, rachsüchtigen Hass war beinahe nichts mehr übrig. Durch diese Mission hatte er einen Mann kennen gelernt, der ihm in vielerlei Hinsicht ebenbürtig war. Und außerdem begehrte man doch nicht jemanden, den man verabscheute! Man verzehrte sich nicht nach ihm! Missmutig krabbelte er zu dem ehemaligen Monarchen hinüber und schlüpfte unter die Decke. Ihm war kalt und Atemu versprach die Wärme, auf die er so lange schon hatte verzichten müssen. Atemu....das war eigentlich....ein hübscher Name.... ~~ Sohn des Ra!!! ~~ Maat hatte die seltene Eigenschaft, genau dann aufzutauchen, wenn ein gewisser Dieb sie absolut nicht zu sehen wünschte, zumal sie den Bunthaarigen durch ihren eindringlichen Ruf aufweckte. Dieser registrierte beiläufig, dass sein Begleiter sich zu ihm gelegt hatte, sagte aber nichts, denn das Gesicht der Göttin war sehr ernst. „Ehrenwerte Maat....was kann ich für Euch tun?" ~~ Apophis hat den ägyptischen Pantheon aufgesucht, um uns auf den finalen Kampf vorzubereiten. Seine Tötungskommandos waren erfolglos, daher hat er beschlossen, euch selbst zu erledigen. Am östlichen Ende des Tals befindet sich eine Pyramide. Dort wartet er auf euch, um eine Entscheidung dieser jahrtausendealten Fehde herbeizuführen. ~~ „Aber das geht nicht! Wir sind erst im Besitz des Sonnenschwertes und um ihn zu vernichten, benötigen wir auch das Mondschwert, dessen Verwahrungsort niemand kennt, seit es aus dem Schatz der königlichen Familie gestohlen wurde! Welchen Sinn hätte dieser Kampf, wenn wir noch nicht ausreichend ausgerüstet sind?" ~~ Ich verstehe Eure Zweifel, mein Bruder auf Erden, aber die Zeit läuft uns davon. Der Moment der Göttlichen Verschmelzung naht! ~~ „Die ‚Göttliche Verschmelzung‘? Ich erinnere mich, dass Horus ebenfalls davon sprach, als er uns vor dem Dämon rettete. Was hat es damit auf sich?" ~~ Es handelt sich dabei um ein Ritual, das sich etwa alle 100 bis 200 Jahre wiederholt - die zwei Gefährten, der Sonnengott Ra und der Mondgott Thot, steigen vom Reich der Götter auf die Welt herab und vereinen ihre Kräfte. Dadurch beschwören sie ihre alte Freundschaft und werden außerdem symbolisch neugeboren. Dieses Ereignis äußert sich auf diesem Planeten als das, was ihr Sonnenfinsternis nennt. Während der Göttlichen Verschmelzung ist Ra jedoch angreifbar. Wenn es Apophis gelingt, Euch jener Macht zu berauben, die Ihr als sein menschlicher Sohn in Euch tragt, kann er ihn in diesem risikoreichen Augenblick attackieren und ihn sogar töten. Und dann hätte er sein Ziel erreicht. ~~ „Das....das ist ja furchtbar! Doch was können wir ohne das Mondschwert ausrichten? Ich kann ihn mit dem Sonnenschwert nicht erneut ins Reich der Schatten verbannen, er würde zurückkehren! Wie sollen wir gewinnen?" ~~ Das weiß auch ich nicht. Ich habe keine Ahnung, wo sich das Mondschwert befindet, sonst hätte ich es Euch längst verraten. Aber lasst Euch gesagt sein: Die Göttliche Verschmelzung ist wie eine zweischneidige Klinge, sie kann Apophis ebenso den Triumph kosten, wie ihn ihm verschaffen. Während der Vereinigung ist die Macht der beiden Schwerter am stärksten und dieser Macht hat Apophis nicht das geringste entgegenzusetzen, sofern die magischen Waffen benutzt werden, bevor die Zeremonie beendet ist. In der nächsten Nacht ist es soweit! ~~ „Ihr hört ihm wohl nicht zu, Eurem Bruder auf Erden!" unterbrach sie der Weißhaarige unwirsch. „Das Mondschwert fehlt uns! Gleichgültig, ob sie zusammen während der Göttlichen Verschmelzung am mächtigsten sind, wir haben nur ein Schwert! Das Schlangenmonster hat doch im Grunde schon gesiegt!" „Nein, noch nicht!" erwiderte Yami hart. „Wenn das Schicksal mit uns ist, werden wir das Mondschwert rechtzeitig finden und dieses Ungeheuer vernichten! Ich bin nicht bereit, sofort die Flinte ins Korn zu werfen, nur weil die Karten schlecht stehen! Das wäre für mich nicht das erste Mal. Ich bin nicht der Typ, der einfach aufgibt, sobald es schwierig wird. Außerdem verbieten es mir mein Stolz und mein Zorn, diese Kreatur ungestraft davonkommen zu lassen! Du kannst hier bleiben, wenn du willst. Ich werde zu dieser Pyramide reiten und mich diesem fleischgewordenen Alptraum stellen!" „Du bist ja verrückt!! Er wird dich umbringen!" „Das werden wir sehen." „Pharao....!" „Keine Diskussion. Mein Entschluss ist endgültig. Und schließlich....warum sollte es gerade dich kümmern, dass er mich töten könnte? Ist das nicht genau das, was du immer wolltest?!" Bildete er sich das ein, oder klang die Stimme des Meisterduellanten irgendwie....schmerzvoll? Die violetten Augen bohrten sich in die seinen und die Verzweiflung in diesem Blick traf Bakura wie ein gezacktes Messer. Sein Herz krampfte sich wie in einer unaussprechlichen Qual zusammen und er wich zurück, bestürzt, erschrocken und unfähig, etwas zu sagen. „Ich sehe, dass du dem nichts hinzuzufügen hast. Du kannst mich begleiten oder nicht, ich lasse dir die Wahl!" Damit stopfte er den Beduinenmantel zurück in eine der Satteltaschen, verstaute die Karaffe mit dem Heiltrank und schnallte sich das Sonnenschwert um. Er bestieg sein Pferd und fragte: „Am östlichen Ende des Tals ist diese Pyramide?" ~~ Ja. Es ist....Eure Pyramide. ~~ „Wie bitte?!" ~~ Es ist Eure Pyramide, die Grabstätte von Pharao Atemu, der Ort, wo Euer Sarkophag ruht. Ihr müsst vorsichtig sein, wenn Ihr sie betretet, denn wie die meisten Pyramiden ist sie mit Fallen gespickt. Ich wünsche Euch viel Glück, Sohn des Ra. ~~ Sie löste sich in glitzernde Lichtfunken auf und Yami schickte sich an, einen gestreckten Galopp zu beginnen, als ihn der Grabräuber zurückhielt. „Du wirst nicht allein mit Apophis kämpfen, damit das klar ist! Ich habe genauso gute Gründe, ihm den Tod zu wünschen und auch ich hasse ihn! Unsere Chancen sind zwar katastrophal, aber da dir offensichtlich keine Vernunft einzubläuen ist, komme ich mit, damit du nicht von einer Schwierigkeit in die nächste stolperst!" Er manövrierte sein Pferd neben das des Monarchen und sah ihn herausfordernd an. Er wusste selbst nicht, weshalb er darauf bestand, den anderen zu begleiten, nachdem er ihm schon die freie Wahl angeboten hatte, aber irgendetwas in ihm sträubte sich dagegen, ihn im Stich zu lassen. Der Bunthaarige musterte ihn verblüfft. Er ahnte durchaus, dass der Bandit möglicherweise etwas für ihn empfand, aber er machte sich keinerlei Hoffnungen, dazu war er viel zu ernüchtert und zu wenig optimistisch. Der Gedanke, dass seine Liebe unerwidert blieb, bereitete ihm Kummer, doch er war zu stolz, um sich das anmerken zu lassen. So nickte er nur und sie ritten Seite an Seite in die Nacht hinaus. Nach einigen Stunden legten sie eine Rast ein. Schweigend verspeisten sie einen Teil ihres Proviants und löschten ihren Durst mit Wasser. „Wir sind hier ungeschützt und wissen nicht, welches Getier sich im Tal des Unendlichen Himmels herumtreibt. Zu allem Überfluss könnte Apophis uns seine Diener auf den Hals hetzen, falls er nicht länger auf unser Ableben warten will. Er ist unberechenbar, man kann also nie wissen." „Was schlägst du demnach vor, Grabräuber?" „Wachen. Mir ist es egal, ob ich die erste oder die zweite Wache übernehme, aber eine musst du machen, ich will nämlich auch schlafen!" „Ich habe mich bereits ein bisschen ausgeruht, ich nehme also die erste Wache." Gesagt, getan. Bakura hüllte sich in die provisorische Decke ein und war bald entschlummert, während der ehemalige Herrscher in seiner Nähe auf einem Felsen sass und die Umgebung beobachtete. Die Erkenntnis seiner Gefühle hatte ihm bisher nichts genützt, er brachte es nicht über sich, dem Dieb die Wahrheit zu gestehen. Er fürchtete sich vor einer ablehnenden Reaktion, vor seinem boshaften Spott und seinem kalten Hohn. Er konnte eine ganze Menge verkraften, aber er wollte Aton auch keine Angriffsfläche bieten. »Von allen Männern auf dieser weiten Erde musste ich mich ausgerechnet in meinen schlimmsten Feind verlieben und bin nicht einmal entsetzt darüber. Er ist mir ähnlich, viel ähnlicher, als er selbst weiß. Er mag gelernt haben, mich zu respektieren, aber ob da mehr ist, weiß ich nicht. Er ist sehr verschlossen und verbirgt starke Gefühle in der Regel. Alles, woran er sich erinnert, sind Hass, Wut, Angst und Einsamkeit. Das hat ihn zutiefst verbittert. Könnte er denn die Liebe erkennen, würde sie ihm begegnen? Vermutlich würde er sie nicht einmal begreifen. Er ist der Meinung, dass er niemanden braucht, obwohl er in seinem Innersten anders empfindet, davon bin ich überzeugt. Was kann ich tun, um die Wunden in seinem Herzen zu heilen?« Er betrachtete die schlafende Gestalt des Diebes; bewunderte das helle Haar, das im Mondlicht fast silbern wirkte, die makellose Perlenhaut und das Antlitz mit den markanten männlichen Zügen. Mit der athletischen Statur und der leidenschaftlichen Dynamik seiner geschmeidigen Bewegungen, den breiten Schultern, der elegant geschwungenen Nase und den vollen Lippen war er ein Inbegriff maskuliner Schönheit. In Ras Namen, wie sehr er ihn begehrte! „Sohn des Ra!" Er zuckte zusammen und sprang auf die Füße, die Hand am Schwertknauf. Das, was er spürte, war keine göttliche Aura, sondern eine dunkle Präsenz, die heftige Übelkeit in ihm erzeugte. Er kannte nur ein Geschöpf, dessen Erscheinen ihm dermaßen in die Glieder fahren konnte! „Apophis!" zischte er. Die Finger glitten vom Knauf herab und schlossen sich um den Griff. Der Schlangendämon betrat in einem Sandwirbel die Szene, halb Reptil, halb Mensch, und seine bösartigen Augen blitzten gefährlich. „So stehen wir uns einmal mehr gegenüber, Sohn des Ra. Maat hat wirklich keine Zeit verloren, um Euch und Euren Kameraden über die Göttliche Verschmelzung zu informieren, die zugleich Sieg und Niederlage für mich bedeuten kann, je nach dem, wie Ihr Euch im Kampf gegen mich schlagt. Nur leider sind Eure Chancen ohne das Mondschwert äußerst gering. Es spricht durchaus für Euren Mut, es trotzdem zu versuchen, aber es ist ebenso ein Beweis für Eure Dummheit. Ihr werdet alle beide sterben!" Yami wusste, dass das stimmte. Ihr Tod war näher als ihr Triumph. Und wo sollten sie das Mondschwert finden, wenn es doch praktisch verschollen war? Er wollte der Menschheit eine Tyrannei durch diese Bestie ersparen - und er wollte verhindern, dass Bakura auf dieser Mission sein Leben ließ. „Sicher wärt Ihr sehr traurig, wenn Ihr Euren Freund verlieren würdet, nicht wahr? Wie seltsam ist doch die Liebe! Sie macht einen stark und entschieden und zugleich so schwach und verletzlich. Und dennoch ist sie das wichtigste für die Menschen! Wie kann man nur so töricht sein? Hört: Ich zeige nie Gnade und werde ihn und Euch töten, denn einzig Euer Tod gibt die Macht frei, die in Euch ist. Aber Ihr seid weitaus bedeutsamer für mich als dieser nutzlose Grabräuber. Obwohl er der Krieger der Maat hätte sein können, stellt er ohne das Mondschwert keine Bedrohung dar. Ich schlage Euch also einen kleinen Handel vor...." „Ich verhandele nicht mit einer Kreatur wie dir!" „Auch nicht, um das Leben des Mannes zu schützen, den Ihr liebt?" „...." Die Fingerknöchel der Hand, die sich um den Griff krampfte, wurden fast weiß. Ein brausendes Gefühl von Hass brach in dem Pharao aus und loderte als glühende Flamme in seinen Augen auf. Apophis war skrupellos genug, um den Dieb bei der erstbesten Gelegenheit umzubringen, das war eine Tatsache. Er blickte über die Schulter zu dem Schlafenden hinüber, und biss sich verzweifelt auf die Lippen. „Was ist das für ein Handel?" „Wie schön, Ihr werdet endlich vernünftig. Mein Vorschlag ist simpel: Euer Leben für das seine. Ganz einfach." „Ganz einfach!?! Ich soll mich freiwillig von dir massakrieren lassen und dir somit meine Macht zugänglich machen, damit du Ra während der Göttlichen Verschmelzung angreifen kannst?! Niemals!!!" „Niemals? Damit habt Ihr das Todesurteil für Euch und für Euren Geliebten unterschrieben!" Er lachte wahnsinnig und stob in einem weiteren Sandwirbel davon. Der Meisterduellant stand da, die Hände zu Fäusten geballt, und zitterte vor Zorn. Wie konnte dieses Ungeheuer es wagen, ihm einen derartigen Handel zu unterbreiten?! Wie konnte es auch nur eine Sekunde lang glauben, er würde von sich aus aufgeben?! Natürlich wollte er Bakura schützen, aber er würde es nicht auf Kosten dieser Welt tun! Er würde das nicht....oder doch? Ein leiser Zweifel regte sich in ihm. War ihm sein Rivale wichtiger als das Wohlergehen der Menschheit? Würde er sich selbst und den Frieden dieses Planeten opfern, solange es diesem Mann das Leben sicherte? Er horchte tief in sich hinein, fand aber keine Antwort. Als die Wachablösung erfolgte, brachte er es nicht über sich, dem Weißhaarigen ins Gesicht zu sehen. Er erzählte nichts von Apophis und legte sich nieder, fiel aber erst gegen Morgen in einen bleischweren Schlaf. Wirre Träume plagten ihn Stunde um Stunde und er warf sich unruhig hin und her. Der Grabräuber beobachtete ihn irritiert, von einem eigenartigen Gefühl erfüllt, das ihn noch mehr durcheinander brachte - Besorgnis. »Die Sonne geht bald auf und er hat keine Ruhe gefunden. Er war auch so merkwürdig schweigsam bei der Wachablösung. Was mag ihn beschäftigen? Nicht, dass mich das groß interessiert, aber irgendwas stimmt da nicht. Im Grunde sollte mir das ja egal sein....blöderweise ist mir dieser arrogante Bastard nicht egal! Wenn ich‘s nicht besser wüsste, würde ich vermuten, dass ich....sozusagen....gewissermaßen....besorgt bin? Unsinn, ich doch nicht!!« Die Sonne schob sich als glutroter Ball über den Horizont und vertrieb die scheußliche Kälte der nächtlichen Wüste. Bakura kniete sich neben den ehemaligen König und weckte ihn ungewohnt sanft, worüber er sich selbst wunderte. Die herrlichen Amethyste, die ihn verzaubern konnten, öffneten sich mühsam und Seine Majestät gähne herzhaft. „He, willst du mich verschlucken, Pharao? Los, wir müssen aufbrechen, sonst kommen wir noch zu spät zu deiner Pyramide und die Göttliche Verschmelzung ist vorbei! Maat hat gesagt, dass die Zeremonie heute Nacht stattfindet! Die Zeit drängt!" „Ja. Ja, ich weiß." Sie packten ihre Habseligkeiten zusammen und schwangen sich auf die Rücken ihrer Pferde. Die erbarmungslose Hitze erschwerte ihr Vorankommen, der Schweiß rann ihnen in Strömen über den Körper und wieder und wieder holten sie ihre Wasserflaschen heraus, um ihre ausgedörrten Kehlen zu befeuchten. Am späten Nachmittag zeichnete sich endlich die imposante Silhouette einer Pyramide am Himmel ab und sie legten einen ordentlichen Galopp ein. Ein paar Palmen säumten den Weg zu dem Bauwerk, dazwischen erhoben sich halb verwitterte und zerfallene Sphinxstatuen. Vor dem Eingang stiegen sie ab und banden die Tiere an einem Stamm fest. Der Dieb war wider Willen beeindruckt von der Pyramide, die die gesamte Hoheit, den gesamten Ruhm einer alten Kultur zu symbolisieren schien. »Eine große Grabstätte für einen großen König.« dachte er und warf einen Seitenblick auf Atemu, der das Gestein berührte, überwältigt davon, ein greifbares Zeugnis seiner Regentschaft gefunden zu haben. Sein Lächeln wich jedoch plötzlich einer ernsten Miene und er murmelte: „Stattlich, uneinnehmbar, stolz, so ist dieses Grab. Aber wie viel Blut, wie viel Schweiß wurde vergossen, um es zu bauen? Viele Arbeiter haben die Entstehung einer Pyramide nicht überlebt und das Streben nach Größe und Pracht hat viele Opfer gefordert." „Wenn du so mitfühlend bist, erstaunt es mich, warum du dieses Ding überhaupt in Auftrag gegeben hast!" „Das habe ich nicht. Es könnte mein Onkel gewesen sein, der sich aus Prinzip gegen all meine Anordnungen stellte. Er hat mich überlebt. Ich bin verhältnismäßig jung gestorben, mit vier - oder fünfundzwanzig Jahren. Ich hege den Verdacht, dass Akunadin ein wenig nachgeholfen hat - nur genützt hat es ihm nichts, weil ich das Spiel der Schatten versiegelte, sodass er es nicht mehr für seine ehrgeizigen Träume benutzen konnte. Aber hätte er für mich ein solches Denkmal errichten lassen? Nein. Vielleicht war es Seth, mein Cousin. Wir waren gute Freunde damals und er war einer der wenigen, die mir bedingungslos treu waren, auch wenn er Akunadins Sohn war. Ich vermute, dass er nach mir regiert hat." „Ich kann mich an meinen Tod nicht mehr erinnern, vielleicht war es im Kerker, vielleicht in Freiheit, vielleicht im Bett, vielleicht während der Flucht vor der Polizei. Aber ich wurde auch nicht besonders alt. Das dreißigste Lebensjahr habe ich jedenfalls nie erreicht. Meine Besessenheit durch Zork hat mich innerlich verdorben und nach deinem Tod....fehlte irgendetwas. Es ist richtig, dass Seth nach dir geherrscht hat. Ich habe dich überlebt, aber nicht lange. Die Rache und die Vergeltung, die ich für Kul Elna hatte üben wollen, hatte ich nicht vollbracht, denn du warst nicht durch meine Hand gestorben. Aber ohne dich war mein Dasein nicht mehr dasselbe....mein Hass hatte mich aufrechterhalten und mit einem Mal war er völlig sinnlos geworden. Und heute? Heute...." Er unterbrach sich abrupt und sah Yami an, der ihn abwartend musterte. Ein warmer Wind spielte mit den goldenen Strähnen seines Haares und ein zaghaftes Lächeln huschte über das aristokratische Antlitz. Verflucht, wie schön er doch war! Er sprach den Satz nicht zu Ende. »....und heute? Ja, was ist heute? Die Vorstellung, dass Apophis ihn umbringen könnte....erschreckt mich! Ich frage mich, ob ich es ertragen könnte, ihn tot zu sehen - und das, obwohl ich seit jenen vergessenen Tagen in Ägypten nichts anderes wollte! Ich wollte ihn vernichten, ihn leiden lassen! Aber damals....begehrte ich ihn nicht! Und ich befürchte, dass es nicht nur sein Körper ist, den ich haben will....kann das sein? Begehre ich....den Mann!?« »Sein Blick ruht auf mir....seine Augen sind ganz dunkel, leidenschaftlich....und erzeugen prickelnde Schauer in mir. Liebe....Verlangen....das ist es, was ich in diesem Moment empfinde. Warum muss es ausgerechnet er sein?! Es mag uns bestimmt gewesen sein, bevor Apophis unser beider Leben manipulierte und zerstörte, aber....! Ach....was mache ich mir denn vor? Es ist passiert. Ich habe mich verliebt. Ich kann nicht zurück. Das einzige, was mir jetzt noch bleibt, ist, gegen den Dämon meiner Vergangenheit zu kämpfen und das zu verteidigen, was mir viel bedeutet. Mögen die Götter mir beistehen!« Bakura bewaffnete sich mit dem kostbaren Messer, das ihnen die Tuaregs geschenkt hatten, und entschlossen betraten sie die Pyramide, in deren Inneren ihr Feind auf sie wartete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)