Kiwi von abgemeldet (verspreche nur was du gedenkst zu halten) ================================================================================ Prolog: weg ----------- 02. April 2005, Samstag Ein Rascheln, fast schon ein Flüstern, wie wenn jemand eine Jacke anzieht. Ich sehe nur die Dunkelheit meiner geschlossenen Lider, fühle meine weiche Matratze und die Kissen unter mir. Eine Tür wird geöffnet und kurz darauf leise ins Schloss fallen gelassen. Die sich rasch entfernenden Schritte klingen dumpf durch die dünnen Wände des Mehrfamilienhauses, bis sie verhallen. Stille. Endlose, grausame Stille. Einen Augenblick noch halte ich die Augen geschlossen. Erst, wenn ich sie öffne, ist es Wahrheit, ist es unwiderruflich. Ich muss nur die Augen zu lassen... Schließlich öffne ich sie doch. Sie ist weg. Wo anders. Nicht mehr hier. Nicht bei mir. Ich bin aufgestanden. Irgendwann hätte ich es ja doch machen müssen. Irgendwann... Sie ist weg. Ich hatte es doch gewusst. Von Anfang an. Wie hatte ich etwas anderes erwarten können? Es hätte nie anders sein können. Niemals. Der Wasserkocher pfeift leise und bewegt mich dazu, vom ungemütlichen Küchenstuhl aufzustehen. Ich gieße die heiße Flüssigkeit in meine Tasse, in der bereits Zucker und zwei Teebeutel sind. Sofort färbt es sich rötlich. Mit dem langsam warm werdenden Becher kehre ich zum Tisch zurück. Ich trage nur ein bis zu den Kniekehlen reichendes T-Shirt, das ich als Nachthemd benutze. Wozu auch anziehen? Es ist doch niemand hier. Sie ist weg. Mit meinen Eiswürfeln gleichen Fingern umklammere ich die inzwischen verdammt heiße Tasse. Sie müssen längst verbrannt sein, doch ich spüre es nicht. Ich spüre überhaupt nichts mehr. Ich hab ihr zu viele Probleme gemacht. Ich war zu schwierig. Ich ziehe die Knie an meinen Körper. Meine Beine sind auch kalt, wie tief gefroren. Egal. Ich nehme einen Schluck aus der Tasse. Der heiße Tee brennt in meiner Kehle und in meinem Hals. Eigentlich sollte das fürchterlich wehtun. Mein Blick schweift zu der alten IKEA Uhr, die ich schon mein halbes Leben lang besitze. Halb 7. Wann bin ich aufgestanden? Kann keine 15 Minuten her sein. Was für ein Tag ist es? Mittwoch? Nein, kann gar nicht sein. Gestern war meine Kampfsportstunde, also muss es Freitag gewesen sein. Wenn gestern Freitag war ist heute Samstag. Gut. Dann muss ich wenigstens nicht zur Lehre. Sie ist weg. Weg. Weg. Weg. Weg, weg, weg, weg, weg, weg, weg, weg, weg, WEG!!!!!!! Ich spüre wie sich eine Träne aus meinem Augenwinkel stiehlt und die Wange hinunter gleitet. Dann noch eine. Und noch eine. Es werden immer mehr und sie wollen einfach nicht aufhören aus den Augen heraus zu quellen. Eine nach der anderen tropft von meinem Gesicht in den Becher mit dem gesüßten Tee. Ein Schluchzer, den ich nicht länger zurückhalten kann, entrinnt nun meiner Kehle und meine Nase beginnt zu laufen. Sie ist weg. Kapitel 1: new town ------------------- Disclaimer: meine idee, meine charas, das lied "stummes gebet" ist von Mantus Sonstiges: wenn die gegenseitigen fertig macher nich so rüber komm, tut mir das Leid ----------------------------------------------------------------- 15. Oktober 2003, Mittwoch -Selbst eine schwere Tür hat nur einen kleinen Schlüssel nötig.- Kristin lief durch die wenigen Straßen des Ortes, die man kaum noch als Straßen bezeichnen konnte. Warum tat ihr Dad ihr das an? Okay, vielleicht musste er wegen der Arbeit her, aber warum nicht in eine vernünftige Stadt? Von Berlin in dieses gottverdammte Kuhkaff, das war doch nicht mehr normal! Das verstieß doch sicher gegen irgendwelche Menschenrechte. Die gab es doch sowieso für jeden Scheiß. Sie spürte, dass ihr Wasser in die Augen stieg und blieb stehen. //Heul jetzt bloß nicht los. Bloß nicht!// „Kind, du mochtest diese Stadt doch sowieso nie besonders." „Kind, etwas Landluft wird uns gut tun. Wir gehen in dem Dreck hier doch nur kaputt." „Kind, sei nicht so egoistisch!" Kind, Kind, Kind! Kristins Kopf raste. Sie war kein Kind. Ihre Kindheit hatte es nie gegeben, oder zumindest war sie längst vorbei. Sobald sie glaubte, den Kampf gegen ihre Tränen gewonnen zu haben, ging sie weiter. Kind. Ha, von wegen! Kinder waren widerliche kleine Gehschöpfe die lachen und keine Ahnung von nichts hatten. Diese verdammten Viecher, die immer nur im Weg waren. Mit einem Mal blieb Kristin stehen. //Wie soll ich zurückkommen?// Mit einem Mal schien ihr dieses Kuhkaff überhaupt nicht mehr winzig zu sein. Sie war allein in einem Ort den sie nicht kannte. Einen Ort, den sie nie zuvor gesehen hatte, mit vielen Straßen und Wegen. //Wie verdammt noch mal soll ich nur zurückkommen?// Sie zwang sich zur Ruhe. Irgendjemand in diesem gottverlassenen Dorf musste ihr doch sagen können wo sie hin musste. Nur... wo musste sie überhaupt hin? Natürlich, nach Hause, aber wo war "zu Hause"? //Straße, Straße! Ähm... Bandstraße, Wandstraße, Heidwandstraße!// Das war es! Heidwandstraße. So ein bescheuerter Name. Wer sollte sich den schon merken? Gut. Der Teil wäre erledigt, nun galt es jemanden zu finden der ihr sagen konnte, wo das war. Im Prinzip konnte das ja nicht so schwer sein. Sie sah sich um. Okay, vielleicht auch doch... Na und? Jeder konnte sich mal täuschen. Kristin ging weiter. Häuser, Straßen, immer nur dasselbe. Nachdem sie um eine Ecke gebogen war, entdeckte sie endlich jemanden. Das Mädchen lehnte an einer versprühten Hauswand und rauchte. Sie war von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt. Schwarze, lange Hose, schwarze Jacke, die sie offen trug und worunter ein schwarzes T-Shirt zu sehen war, und schwarze Schuhe. An ihrer Hose hing eine Menge silber und gold glänzender Metallstücke. Reisverschlüsse, Metallschlaufen, Sicherheitsnadeln und eine silberfarbene Uhr, die dort befestigt waren, wo die Gürtelschlaufen sein mussten. Ihre ebenso schwarzen, glatten Haare trug sie halblang und sie sahen etwas ungepflegt aus. Die Augen waren geschlossen. Sie schien sich voll und ganz auf die Zigarette in ihrer Hand zu konzentrieren. Kristin kannte den Ausdruck, der auf dem Gesicht des Mädchens lag, nur allzu gut. Es war derselbe, den sie selbst immer auf ihrem hatte, wenn ihr alles zu viel wurde. Wenn sie versuchte, nur ein paar Sekunden aus der Welt, aus der Realität zu entfliehen. Sie zögerte. Wenn sie das Mädchen nun störte, würde das mit einer Sicherheit von 95% keine allzu freundliche Begegnung werden. Sie musterte die Schwarzhaarige etwas. Sie musste etwa in ihrem Alter sein. Womöglich kam sie in ihre Klasse. Nur weil das Mädchen offenbar angepisst war, hieß das noch lange nicht, dass sie keine führende Position in der Klasse hatte. Kristin wollte sich den Anfang hier nicht unnötig verderben, allerdings wusste sie auch nicht, ob es diese Rangordnung in den Klassen und Schulen hier überhaupt gab, oder ob das einfach ein typisches Grosstadtphänomen war. Aber egal, ob es nun so oder so war, der gesamte Ort schien ausgestorben. Es würde sicher ewig dauern, bis sie hier einen anderen Menschen ausfindig machen könnte. Sie hatte also keine andere Wahl, denn langsam begann ihr Magen zu knurren und sie stellte peinlicherweise fest, dass sie kein Geld bei sich trug. Außerdem hatte sie keine große Hoffnung in diesem Kaff ein Schnellrestaurant Marke McDonalds zu finden. Zögernd schritt sie auf das Mädchen in Schwarz zu. Die dunkle Erscheinung schüchterte sie nicht ein, sie mochte dunkle Farben. Zwar trug sie lieber Jeans, aber ganz schwarze Sache besaß sie auch. Vielleicht bildete sie sich das ja nur ein, aber es schien, als sei die Schwarzhaarige von einer Aura umgeben. Vielleicht war es auch einfach, weil sie in ihr eine Art Seelenverwandte sah. Das Mädchen schien sie nicht zu bemerken, auch nicht, als sie vor ihm stand. Kristin sah die dünnen Kabel die von ihren Ohren aus hin zu ihrer Jackentasche führten. Die Musik die daraus kam, war so Laut, dass sie jedes Wort verstehen konnte. _Was bleibt dir noch als laut zu schreien_ _In die Weiten des Firmaments_ _Gegen ein zu graues Schicksal_ _Das den Tod nicht kennt _ Sie tippte dem Mädchen sanft an die Schulter. „Hey!" Als sie die Augen öffnete strahlten Kristin eine Unmenge von Hass und Verachtung entgegen, sodass sie ihren Entschluss sofort bereute. Jedoch blieb dieser Blick nur kurz, offenbar hatte die Schwarzhaarige erkannt, dass eine Unbekannte vor ihr stand. Stattdessen wurden ihre Augen kalt und verschlossen. „Was?" _Augen die den Schmerz nicht spüren_ _Das Denken nicht vor Wahnsinn schützt_ _Auch sie hat dich allein gelassen_ _Die Liebe die du tot geküsst_ Ihre Stimme klang ebenso kühl. Kristin stockte einen Moment. Die Begegnung war ihr etwas zu frostig. Das bedeutete im Allgemeinen nichts Gutes. Sie kannte das von sich selbst. Wenn sie so jemandem begegnete war das kein gutes Zeichen zu Beginn einer Freundschaft. _Heldenhaft zieh’n deine Freunde_ _Lächelnd nun an dir vorbei _ _Grüssen dich auf deinem Wege_ _In die Unerträglichkeit _ "Ich wollte nur fragen ob du hier aus dem Ort bist. Ich bin hergezogen und weiß nicht mehr wie ich zurückkomme." Kristin hatte nun ebenfalls einen eisigen Tonfall angeschlagen und ließ ihre Augen das Mädchen gefühlskalt ansehen. Besser, man geht in Abwehrhaltung, bevor es zu spät ist. _Was bleibt dir noch als stumm zu beten_ _Zu einem Gott den es nicht gibt_ _Zu warten bis der stolze Mond_ _Sich vor die Sonne schiebt_ Das Mädchen sah sie einen Moment lang ausdruckslos an. Dann bildete sich ein leises Grinsen auf ihren Lippen, das Kristin einen leichten Schauer über den Rücken laufen ließ. Dennoch musste sie zugeben, dass es der Schwarzhaarigen irgendwie stand. Auf ihren weichen Lippen sah es einfach nur geil aus. Kristin schüttelte innerlich den Kopf über sich selbst. Dass sie bi war wusste sie ja, aber ausgerechnet in die hier musste sie sich nicht unbedingt verlieben. Erstens wäre das schlampenmäßig, zweitens würde sie das nur unglücklich machen. "Dann bist du wohl die Neue, ja? Kristina oder so..." "Kristin, ja, vermutlich bin ich das, aber die Frage war nicht ob du mich kennst." _Was bleibt dir noch als laut zu schreien_ _In die Weiten des Firmaments_ _Gegen ein zu graues Schicksal_ _Das den Tod nicht kennt_ Das Mädchen holte ihren Discman aus der Jackentaschen, nur um ihn auszuschalten und kurz darauf wieder hinein zu stecken. Die Kabel und Ohrstöpsel schickte sie gleich hinterher. Offenbar hatte Kristin ihr Interesse an einem Gespräch geweckt. "So, du Großstadtgöre, du bist also mein neuer Banknachbar." Kristins Herz machte innerlich einen Sprung, ihr Verstand hingegen war weniger begeistert. Am liebsten hätte sie sich geohrfeigt, und das nicht zu knapp. "Nicht, wenn ich's verhindern kann." Ihre Stimme hatte noch ein paar Grad verloren. "Kannst du aber nicht. Neben mir ist der einzige Platz frei und Frau Kittel hat mich schon beauftragt nett zu sein." Sie drückte ihre Zigarette an der Wand aus. Kristin zog die Brauen hoch. "Frau Kittel? Ihr habt eine Lehrerin die Frau Kittel heißt? Wie bescheuert ist das denn?" Über das Gesicht der Schwarzhaarigen huschte ein leichtes Lächeln, dass das Grinsen kurz verschwinden lies. Oh Gott, das sah noch viel besser aus als die Grimasse... "Ja, ja, die gute alte Mantel... die Ärmste muss wirklich viele Witze über sich ergehen lassen..." Kristin grinste leicht und hoffte, dass sie genug Schauspieltalent hatte um ihre Gedanken verbergen zu können. "Mantel? Passender Spitzname... aber mal ehrlich, ich würde nie jemanden heiraten, der so heißt. Oder schnell genug heiraten, um den Namen nicht ertragen zu müssen." Das Mädchen grinste nun auch freundlicher. "Ich auch nicht. Die ist unverheiratet. Ich würde mich nicht wundern, wenn die ’ne eiserne Jungfrau ist." Kristin lachte auf und versuchte die Frage, ob sie noch Jungfrau war, zu unterdrücken. "Yeah, das wird sicher eine spaßige Schulzeit." „Wenn du dich mit der abgibst sicherlich nicht." Kristin fuhr herum. Hinter ihr standen vier Jungs, vielleicht zwölf Jahre alt. Sie sahen allesamt beschissen aus. Marke: ‚Kleiner Junge möchte gerne cool sein, hat aber keine Ahnung wie das geht.’ Ein anderer meldete sich zu Wort. "Ja, das Monster von Loch Ness ist so was von verpennt. Die hört den ganzen Tag nur Musik und hat keine Freunde. So wie die aussieht auch kein Wunder. Gib dich lieber nicht mit der ab, die könnte ansteckend sein." Kristins Miene hatte sich wieder versteinert. Doch bevor sie dazu kam etwas zu erwidern, hatte die Schwarzhaarige schon geantwortet. Ihre Stimme schien mit einem mal wieder so eingefroren wie am Anfang. Wenn nicht noch eisiger. "Zieht Leine, Arschlöcher!" Das war schwach. Sehr schwach. Kristin wunderte das ein wenig, sie hätte mehr von dem Mädchen erwartet. ‚Zieht Leine, Arschlöcher' würde nichts bringen. Und das tat es auch nicht. Der Zwerg der gesprochen hatte, sprang einen Schritt zurück. Auf seinem Gesicht zeichnete sich schlecht geschauspielertes Entsetzen ab. Auch der vermeintliche Ohnmachtsanfall war auf spöttische Art und Weise so schlecht gespielt, dass nicht mal eine tote Maus darauf hereingefallen wäre. "Um Himmels willen, Dajan, rette mich! Wo hast du das Desinfektionsspray? Das Monster von Loch Ness hat mit mir gesprochen! Ich sterbe!" Die anderen drei Jungs lachten. Ein anderer meldete sich zu Wort. "Oh mein Gott, DAS Monster?" Wieder sprach der miserable Schauspieler. "Ja, DAS Monster. Das Monster von Loch Ness. Das so schwarz wie die Nacht und so kalt wie der tiefste arktische Ozean ist. Rettet mich!" "Oh nein, Fred! Dann bist du verloren! Wer mit dem Monster gesprochen hat ist dem Tode geweiht." "Aber Steffan!", mischte sich nun der vierte ein, "Sag so etwas doch nicht! Vielleicht gibt es ja doch noch Rettung! Gib doch die Hoffnung nicht auf!" Der erste war wieder an der Reihe. "Aber Dajan! DAS Monster hat ihn angesprochen! DAS Monster!!! Er hat doch keine Chance! Was hilft es das zu leugnen?" Fred war wieder an der Reihe. Er fasste sich mit beiden Händen theatralisch an den Hals, röchelte und ächzte jämmerlich. Taumelnd lief er ein paar Schritte, fiel schließlich auf die Knie, bis er ganz am Boden lag. Etwas zuckte er noch, bis er schlussendlich wie tot am Boden lag. Steffan, Dajan und der Zwerg, dessen Namen sie noch nicht kannten, lachten sich schief und krumm und kurz darauf konnte auch Fred am Boden sich nicht mehr halten und prustete los. Die schwarzhaarige hatte das still mit angesehen, doch ihr Blick war mit jedem Wort, mit jeder Geste der vier kälter und versteinerter geworden. Sie schien etwas sagen zu wollen, doch diesmal kam Kristin ihr zuvor. Sie klatschte in die Hände, zog positiv erstaunt die Brauen nach oben und streckte die die Hand dem am Boden liegenden Fred hin. "Wirklich eine hervorragende Vorführung, muss ich schon sagen." Fred griff nach der Hand und ließ sich hochziehen. Er grinste verschmitzt. Er schien diese respektvolle, freundliche Art älterer nicht gewohnt zu sein. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie das Entsetzen, die Enttäuschung der Schwarzhaarigen über den Verrat, durch die kalte Mauer in ihren Augen schimmern. Es gab ihr einen kleinen Stich, doch es musste sein. "Du bist wirklich ein begnadeter Schauspieler Kleiner, muss ich schon sagen." "Ach was", winkte der Junge verlegen ab, "So gut bin ich gar nicht.“ "Doch, natürlich bist du das! Ich habe noch nie jemanden mit einem solchen Talent gesehen! Und ich muss es schließlich wissen." Fred sah sie neugierig an. "Meinst du wirklich? Du bist die Neue, nicht wahr? Du kommst doch in die 9c?" Kristin strich sich eine Strähne ihrer dunkelbraunen Haare aus dem Gesicht und lächelte den Zwerg freundlich an. "Keine Ahnung, offenbar weiß hier jeder mehr von mir als ich selbst." Der Jüngling, den sie Dajan genannt hatten, mischte sich nun ein. Offenbar wollte er auch etwas von Freds Ruhm abbekommen. "In der 9c wurde bekannt gegeben, dass eine Neue kommt die Kristin Langer heißt und aus Berlin kommt. In der Schule wollen alle nach Berlin und seit sich das herumgesprochen hat sind alle ganz gespannt." Kristin hatte jedoch nicht vor ihre Aufmerksamkeit auch noch dem andern Widerling zu schenken. Sie sah weiterhin nur Fred an, ging jedoch trotzdem auf die Äußerung ein. "So? Ja, Berlin ist toll", begann sie zu schwärmen, "So viele coole Leute und so viele Läden und Jugendtreffs. Schade, dass ich dich dahin nicht mitnehmen kann. Du würdest gut nach Berlin passen, Freddy." Der namenlose Weichling gluckste etwas bei dem Spitznamen, jedoch war er der einzige. Die Ehrfurcht war zu groß. Kristins Blick wurde kühl. "Du und deine Freunde von widerlichem Kleingetier passt wunderbar zu dem Rest der Arschlöcher in Berlin. Nur würde dich da keiner beachten, denn so cool und machomäßig wie ihr gerne wärt, seid ihr bedauerlicherweise nicht. Also zieht Leine, ihr Zwerge, bevor meine Faust sich in eure Magengrube verirrt. Und ich sage das nicht zum Spaß, ja? Ich habe schon ganz andere zusammengeschlagen als euch Winzlinge vom Zwergenreich!" Langsam, ganz langsam konnte man auf den Gesichtern der vier Jungen immer deutlicher ablesen, was ihnen in ihren nicht vorhandenen Gehirnen klar wurde. Sie waren hereingelegt worden. Verarscht. Aufs Schlimmste. "Was denn noch? Verschwindet endlich." Kristin hatte so einen Blick, da hätte ein ausgewachsener Bär Angst gekriegt. Ein Blick voller Hass und Verabscheuung. Tödlich wie ein Kopfschuss. Und genau dieser Blick fand sich nun in ihren Augen wieder. "Kommt Jungs", murmelte Dajan. Sie zogen ab. Innerlich jubelte Kristin. Sie hatte das schöne schwarze Mädchen vor den Schikanen gerettet. Sie war ihr Held. Sicher würde sie sich ihr gleich um den Hals werfen und sie küssen... "Wow..." Kristins Traum zerplatzte. Wieder konnte sie nur innerlich den Kopf über sich selber schütteln. Das Mädchen sah sie an als wäre sie eine Erscheinung. "Denen hast du es aber gegeben. Respekt." Kristin lächelte sie freundlich an. "Ach was, ich habe doch fast nichts gemacht. Ich bin so was gewöhnt... aber wer waren die Widerlinge eigentlich?" "Dajan, Kai, Fred", sie grinste, "oder auch -Freddy- und Steffan. Sind in der siebten und haben es auf mich abgesehen." Kristin lächelte weiter. Sie musste aufpassen um sich nicht in den dunkelbraunen Augen des Mädchens zu verlieren. So schöne Augen... und diese wundervollen, weichen Lippen. Dieses schwarze Haar und dieser wundersam gut gebaute Körper... "Sag mal, wie heißt du eigentlich?" Das Mädchen schien selbst auch grade aus ihren Gedanken gerüttelt worden zu sein. "Laila. Aber wie du heißt weiß ich ja." Kristin blies sich eine braune Strähne aus dem Gesicht und grinste. "Und? Immer noch eine Abneigung dagegen, dass ich neben dir hocken werde?" Lailas Gesicht versteinerte sich. Als sie antwortete war auch ihre Stimme wieder kühl. "Pass auf, freunde dich ja nicht mit mir an. Wenn du das tust, bist du hier bei allen unten durch. Dann wirst du am laufenden Band fertig gemacht. Und auch sonst werde ich dir nur Probleme bereiten." Kristin lächelte sie sanft an. "Weil du depressiv bist?" Laila sah sie an. Lange und mit immer kühler werdenden Blick. "Wie kommst du auf die Scheiße, Mann?" Die Braunhaarige ließ das Lächeln nicht von ihren Lippen weichen. "Das sieht man dir auf 10 km Entfernung an." Das Mädchen versteifte sich. Der Blick wurde mit jeder Sekunde kühler und gefror sichtbar. Kristin wandte den Blick ab und schüttelte den Kopf. "Tut mir Leid. Ich habe überhaupt kein Recht darüber zu urteilen. Ich möchte nur, dass du weißt, dass es mir ziemlich Scheiße gleich ist, ob mich jemand piesackt oder nicht. Mir ist das egal. Ich bin es gewohnt." Sie drehte sich um. "Ich gehe jetzt lieber. Ich werde schon irgendwie allein zurückfinden. Bis zur Schule." Sie begann loszugehen, auch wenn es langsam und geknickt war. "Warte!" Kristin stoppte, doch sie drehte sich nicht um. "Ist noch was?" Die Schwarzhaarige seufzte. "Ist schon okay, du hast Recht. Wo musst du hin?" Kapitel 2: school time ---------------------- 16. Oktober 2003, Donnerstag -Wohin kommen wir, wenn wir uns gehen lassen?- Sie stand vor dem großen Gebäude, das von nun an ihre Schule sein sollte. Sie schien alt zu sein. Die Ziegel waren dunkel und das halbe Haus war mit Efeu überwachsen, was es noch edler erscheinen ließ. Sogar ein paar kleine Türme hatte diese Schule. Der Schulgarten schien riesig, größer als der an ihrer alten Schule und diese war immerhin um einiges größer gewesen. Viele Bäume standen einzeln und in Gruppen auf dem, durch eine alte Mauer eingegrenzten, Rasen. Durch die gut gepflegte Grünanlage führte ein breiter Kiesweg vom Tor her bis zum Gebäude. Hinter dem Bauwesen konnte sie ein zweites Haus erkennen, was vermutlich die Turnhalle war. Sie schien nicht wirklich zu der Schule zu passen, denn es war ein Neubau mit gigantischen Fenstern und hellem Holz. Sie war längst zu spät, doch von dem Anblick überwältigt ging Kristin langsam und voller Ehrfurcht den Kiesweg zur Schule entlang. Nie zuvor hatte sie so ein traumhaftes Gebäude gesehen. In einem solchen Unterricht zu haben erschien ihr nicht glaubwürdig. Schier unmöglich. So etwas war ein Museum oder das Haus einer adeligen Familie, aber kein Schulgebäude. Sie stieg die wenigen Stufen zum offenen Schultor hinauf. Innen war das Gebäude renoviert und es sah wieder aus wie eine ganz gewöhnliche Schule. Böden die leicht zu putzen waren und Türen aus hellbraunem Holz. Jedoch waren entgegen ihrer bisherigen Kenntnisse die Wände nicht weiß gestrichen, sondern in einem hellen Gelb gehalten. Bunte Bilder hingen in Glaskästen und Rahmen, nicht geordnet und Millimeter genau in Reih und Glied nebeneinander, sondern in Schlangenlinien an der Mauer. Weiter hinten konnte sie Schränke erkennen, solche, wie man sie in amerikanischen Collagefilmen zu sehen bekam, nur, dass sie nicht einheitlich grau waren, sondern in allen erdenklichen Farben leuchteten. Links gingen zwei Türen ab. An jeder hing ein dunkelblaues Schild. Auf dem linken stand ‚Sekretariat', auf dem anderen ‚Direktorenzimmer - bitte beim Sekretariat klopfen'. Dies tat Kristin. Sie klopfte an der linken Tür. Sie wusste ja nicht, wo sie hin musste. Das Klopfgeräusch hallte leise durch die Gänge, was Kristin dazu veranlasste, sonst keinen Mucks von sich zu geben. Es war diese Atmosphäre in solch großen Gebäuden, in dem keine Menschen zu sehen waren, die sie dazu veranlasste, stets still zu sein oder nur gedämpfte Töne von sich zu geben. Es schien als sähe ein strenger Vater sein kleines Kind mahnend an, um ihm mitzuteilen, dass es jetzt auf gar keinen Fall stören durfte. “Herein", ertönte eine freundliche Frauenstimme. Kristin folgte auch dieser Aufforderung. Das Sekretariat hatte ein großes Fenster, das den Raum hell und freundlich erscheinen ließ. Auch die vielen Topfpflanzen ließen das Zimmer sympathischer erscheinen. Eine Frau saß hinter einem hellblauen Schreibtisch, auf dem ein Bildschirm stand. Eine andere stand mit einer Kaffeetasse mitten im Raum. Sie hatte lange Blonde Haare und sah eigentlich recht hübsch aus. Beide sahen sie an, als Kristin den Raum betrat. Sie zögerte. "Entschuldigen Sie, ich bin Kristin Langer. Ich habe verschlafen und weiß nicht, in welches Klassenzimmer ich muss." Die Blonde mit der Kaffeetasse lächelte. "Dein erster Tag hier und schon zu spät? Kristin, ich glaube das ist Rekord. Die dritte Stunde hat schon begonnen." Kristin wusste nichts Besseres zu tun, als entschuldigend dreinzublicken. Die Frau lachte. "Komm Kind, ich bringe dich hin." Sie stellte ihre Tasse auf den Schreibtisch. "Ich bin übrigens Frau Heinrich, deine neue Direktorin." Kristin folgte ihr aus dem Zimmer und den Gang entlang. //Die Direktorin?//, dachte sie unsicher, //Wow, das ist die genialste Schule die ich je gesehen habe...// Irgendwann blieb Frau Heinrich vor einer Tür stehen und klopfte an dieser. Kurz darauf trat sie ein. "Frau Kittel, ich habe hier ihre neue Schülerin. Offenbar hat sie verschlafen." Aus dem Klassenzimmer drang unterdrücktes Kichern. Kristins Blick und ihre Haltung versteinerte sich. Sie wurde ausgelacht. Wie sie dieses Geräusch und dieses Gefühl doch hasste, das sich jetzt in ihr ausbreitete. "Oh, na endlich", erklang die Stimme der vermutlich etwas älteren Lehrerin aus dem Raum, "Ich habe mich schon gewundert wo das Mädchen bleibt. Wo ist sie denn?" Frau Heinrich drehte sich zu ihr um und Kristin trat durch die Tür. Auch das Klassenzimmer war sehr hell, wie hier alles zu sein schien. Auch hier hingen bunte Bilder an den Wänden und vor den Fenstern hingen gelbe Vorhänge mit bunten Blumen. Die Schränke, die hinten an der Wand standen, waren in einem hellen blau gehalten. Die blaugrünen Tische waren in eine Dreier- und vier Zweiergruppen im Zimmer zusammengestellt. Hinten links, an einem Vierertisch, entdecke sie Laila, die ihr leise zulächelte. Kristin lächelte zurück. "Guten Morgen Kristin, du kommst spät." Die ältere Frau mit hochgesteckten, grauen Haaren lächelte und klang nicht im mindesten verärgert. "Wir machen grade Geschichte. Wärst du vielleicht so freundlich dich neben Laila zu setzen? Dort hinten in der Ecke." Kristin fragte sich so langsam, ob hier alle Angestellten ein Diplom für Dauerlächeln haben mussten, bevor sie Arbeit bekamen. "Entschuldigen Sie die Verspätung. Unsere Möbel sind noch nicht alle da und dabei ist auch mein Wecker." Die Lehrerin winkte ab. "Schon in Ordnung, du hast nicht viel verpasst." "Ich gehe dann wieder, Kristin. Viel Spaß in deiner neuen Klasse." Sie sah die Schüler streng an. "Seid nett zu ihr, ich möchte keine Beschwerden hören." Die Kinder nickten und Frau Heinrich verließ wieder freundlich lächelnd das Zimmer. Kristin ging betont lässig zu dem leeren Platz am Ende des Raumes, hängte ihre Schultasche über die Lehne und setzte sich neben Laila. Sofort beugte sich eins der beiden anderen Mädchen zu ihr herüber. "Hi, ich bin Anica." Das strohblonde Mädchen mit kirschrot gefärbten Strähnen hielt ihre Hand quer über den Tisch hin. Kristin ignorierte sie und musterte das Mädchen abschätzend. Die Haare waren etwas länger als ihre eigenen und sehr gut gepflegt. Ihre Lippen waren mit glänzendem, hellrosa Lipgloss überzogen und ihre reine Haut schien mit Bräunungscreme bestrichen worden zu sein. "Kristin." Ihre Stimme kling leicht unterkühlt und zeigte deutlich die Ablehnung. Offenbar hatte Anica begriffen, dass ihre Hand nicht beachtet wurde und zog sie zurück. Jedoch schien sie nicht im mindesten daran interessiert aufzugeben. "Du kommst aus Berlin, nicht wahr? Vermisst du deine Freunde? Berlin ist doch sicher voll cool!" Sie sprach in einem unwahrscheinlichen Tempo, gerade noch so, dass es ohne größere Anstrengung zu verstehen war. Das andere Mädchen lachte leicht verächtlich. "Anica, du laberst jeden voll, nicht wahr?" Sie wandte sich an Kristin. "Sorry, manchmal habe ich das Gefühl ein Maulkorb wäre bei ihr die einzige Lösung." Anica warf ihr einen verhassten Blick zu, den das andere Mädchen höhnisch erwiderte. //Wenn Blicke töten könnten//, dachte Kristin leicht beeindruckt. Das Mädchen lehnte sich zurück, und wippte mit ihrem Stuhl nach hinten, so dass er nur auf zwei Beinen stand. Ihre Haare waren naturbraun, doch die untere hälfte wies auf, dass sie einmal dunkelblond gefärbt gewesen waren. Sie hatte sie im Nacken zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengebunden. Kristin musste zugeben, dass das Mädchen nicht schlecht aussah. "Ich heiße Yesim. Aber diesen Namen hab ich meinen Eltern nie verziehen. Du kannst mich Yes nennen, sonst flippe ich aus." Kristin zog eine Braue hoch. "Yesim? Das ist ein türkischer Name. Du siehst nicht türkisch aus. Du siehst überhaupt nicht so aus als wärst du aus dem Ausland." Yes lächelte. "Meine Eltern waren in der Türkei, als Mum mit mir schwanger war. Ihre Flitterwochen. Sie hatten einen Autounfall und sie hätten mich fast verloren, doch die Ärztin hat grade noch eine Notgeburt geschafft." Sie zuckte mit den Schultern. "Als sie dann das Krankenhaus verließ, wurde sie von einem Auto überfahren. Sie starb. Ihr Name war Yesim. Meine Eltern glauben es war das Schicksal." Yes verdrehte die Augen. "Ich sag, die Frau war unvorsichtig und kann froh sein, dass sie ihren Namen los ist." Kristin lachte leise auf. "Hey, nicht jeder von uns hat so einen hochdramatischen Lebenshintergrund. Da kannst du doch froh sein." Die Braunhaarige stöhnte. "Ja schon, aber warum konnte sie nicht Derja oder so heißen?" Kristin lächelte. "Derja, das bedeutet Tagtraum. Wirklich ein schöner Name. Allerdings, Yesim bedeutet, wenn ich mich recht entsinne, Jade. Aber das müsste ich nachsehen..." Das Mädchen wirkte leicht beeindruckt. "Du kennst dich ja gut aus..." Sie zuckte mit den Schultern. "Mein Hobby. Aber so viele Namen kenne ich gar nicht auswendig. Nur ein paar..." "Weißt du auch was mein Name bedeutet?", mischte sich Anica wieder ein. Yesim stöhnte genervt auf. Kristin warf ihr nur einen kühlen Blick zu. "Anmut." Sie wandte sich wieder Yesim zu. "Und was machst du so in deiner Freizeit?" Yes grinste. "Jede Menge Blödsinn, Hauptsache es nervt meine Eltern." "Hey, ihr da hinten! Ich kann ja verstehen, dass ihr viel zu reden habt, doch würde ich es sehr begrüßen, wenn ihr das in der Pause machen würdet!" In der Pause hatte sich eine große Traube um Kristin gebildet. Von allen Seiten her wurde sie dies und jenes gefragt, und es waren lange nicht nur Schüler aus ihrer Klasse. Ihr ging das ziemlich auf die Nerven und sie begegnete allen kühl und abweisend, doch wurde das Interesse dadurch nicht im Geringsten kleiner. Eher schien es noch zu wachsen. Auch verschiedene Jungs holten sich einen Muskelkater bei dem Versuch, ihr so zuzulächeln, dass sie sich in sie verlieben würde. Irgendwann wurde sie von Yesim und einer Gruppe von ihren Freundinnen herausgelotst, worüber sie mehr als froh war. Yesim hatte vier Freundinnen im Schlepptau. Fatima, Silvie, Ina und Sonia. Kristin verstand sich auch mit diesen sehr gut. Sie hatten einen ähnlichen Musikgeschmack und andere Gemeinsamkeiten. "Hey, Nessie! Hallo! Monster von Loch Ness, ich rede mit dir! Wo steckt denn deine Freundin? Hat sie dich allein gelassen? Oh... das tut mir aber Leid..." Kristin wandte sich von den vier Mädchen ab, was diese verwundert zu Kenntnis nahmen. "Halts Maul, das ist nicht meine Freundin!" Lailas Blick war wutentbrannt. So mochte es für andere aussehen, doch wenn Kristin eins konnte, dann war es Blicke deuten. Unter der scheinbar grenzenlosen Wut lag Verzweiflung und Enttäuschung. "Nein? Och komisch, ihr wart doch so harmonisch." "Hey Freddy! Zieh Leine, sonst könnte ich sauer werden." Die Blicke der vier Jungs und Laila trafen nun auf sie. Lailas Wut schien sich noch zu verstärken. "Verschwinde bloß zu deinen netten Freundinnen und spiel dich nicht als Retter auf. Ich brauche dich nicht du verwöhnte Stadttussi!" Die Worte trafen sie. Tief, ganz tief drinnen in Kristin stachen hunderte, tausende von Nadeln direkt in ihr Herz. Wie versteinert stand sie da. "Och, wie tragisch. Nessie, da hast du mal ne Freundin und dann weist du sie ab? Mann, kann ein Monster blöde sein..." Eine Hand legte sich auf Kristins Schulter. "Komm, lass die doch. Das ist nur Laila, die ist voll der Außenseiter. Die lässt niemanden an sich ran." Silvies Stimme klang etwas verächtlich und sie zog an ihr, doch Kristin ließ sich nicht wegdrängen. Stocksteif stand sie da und sah Laila an. - Verschwinde bloß - - Spiel dich nicht als Retter auf - - Ich brauche dich nicht - Lailas Stimme klang in ihrem Kopf nach. Immer und immer wieder. - Verschwinde bloß - Laila und die vier Jungs schrieen sich gegenseitig an. - Spiel dich nicht als Retter auf - Inzwischen zupfte auch Ina an Kristin herum. - Ich brauche dich nicht - Yesim sagte irgendetwas, doch Kristin nahm sie nicht wahr. - Ich brauche dich nicht - - Ich brauche dich nicht - - Ich brauche dich nicht - Mit einem Mal riss sich Kristin von den Händen der Mädchen los und rannte über den Schulhof. Rannte. Und rannte. Und rannte. Irgendwann blieb sie keuchend stehen. Sie befand sich unter einer der Trauerweiden, die auf der Wiese standen. Langsam ließ sie sich am Stamm herabsinken. Niemand schien auch nur irgendwo in der Nähe zu sein. - Ich brauche dich nicht - Sie war den Tränen nahe. Wie konnte das nur passieren? Wie hatte sie sich so schnell in das Mädchen verlieben können? Und dann auch noch in - das Mädchen -? Es war doch klar, dass ihr das nur wehtat. Eine Gestalt kam über den Rasen. Sie erkannte Yesim. "Hey, was ist denn? Du musst dich nicht um Laila kümmern und es ist auch nicht so, dass sie nur dich nicht ausstehen kann. Sie mag niemanden. Und sie will sich auch von niemandem helfen lassen. Sie ist ein Freak und gilt als schwer depressiv. Das sieht man ihr an." Kristin schüttelte matt den Kopf. "Nein, das ist es nicht." Jedenfalls war es das nicht direkt. "Ich bin nicht eingeschnappt oder in meinem Stolz verletzt." Yes sah sie fragend an und ließ sich neben ihr ins Gras fallen. "Was dann?" Kristin seufzte. "Nicht so wichtig..." "Nicht wichtig?", Yes lächelte, "Du bist ein verdammt schlechter Lügner, weißt du das?" //Sie sieht wirklich nicht schlecht aus//, durchfuhr es Kristin. Sie lächelte matt. "Ich weiß. Aber ich will nicht reden, akzeptier das bitte." Das Mädchen mit den bunten Haaren lächelte sie sanft an. "Wenn du das willst..." Kristin lehnte sich leicht an sie, was Yes dazu veranlasste, ihre Arme um sie zu legen. Süß war sie ja... Kristin musste der Realität ins Auge sehen. Mit Laila hatte sie es sich verspielt. Warum sollte sie sich nicht wo anders Trost hohlen? Aber was, wenn Yes das nicht wollte? Nicht jeder stand auf Gleichgeschlechtliche. Konnte sie es wagen? Würde es überhaupt etwas bringen? Könnte sie über Laila hinwegkommen, indem sie sich jemanden anderes holte? Leicht beugte sie sich zu dem anderen Mädchen hinüber. Yes zog die Brauen hoch. "Was?" Sanft berührten Kristins Lippen die Yesims. Sie spürte, wie sie sich erschrocken versteifte. Doch nicht lange und sie entspannte sich wieder. Kristin spürte wie sich Yes Hände in ihren Nacken legten und sie näher heranzogen. Das Mädchen ließ den Kuss intensiver werden, leckte mit ihrer Zunge sanft über Kristins Lippen, die darauf einging und sie öffnete. Leicht ließen sie sich sanft zur Seite fallen. Kristin verwickelte Yes in ein zärtliches Zungenspiel und rollte mit ihr etwas über den Boden, bis sie auf ihr lag. Mit den Händen fuhr sie leicht unter das Oberteil des Mädchens und streichelte ihren Bauch. Yesim lies sich das gefallen und wehrte sich auch nicht, als Kristin sanft unter den Bund ihres BHs fuhr und über ihre festen Brüste strich. Sie lösten sich von einander. Die Hände blieben wo sie waren und bewegten sich nur im Kreis. Yesim hielt genießerisch die Augen geschlossen. Sie war wirklich sehr süß. Doch nicht Laila. Oh, was gäbe sie dafür, wenn sie die Schwarzhaarige nur so anfassen könnte. Das Mädchen das nun tatsächlich unter ihr lag öffnete die Augen und hielt ihre Handgelenke fest. "Ich wusste ja gar nicht, dass du..." Kristin lächelte sie an. "Ich wusste auch nicht, dass du kein Problem mit so was hast." Yes lächelte zurück. "Tja, jeder hat seine Geheimnisse..." Sie richtete sich halb auf und stützte sich auf ihre Ellbogen. "Aber wenn du vor hast mich flachzulegen, bitte nicht hier. Wir müssen gleich wieder in die Schule. 25 Minuten sind nicht ewig." Kristin ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken. Sie ließ sich wieder auf das Mädchen zurücksinken und küsste sie erneut. Doch diesmal wurde ihr ein Strich durch die Rechnung gemacht. Die Schulglocke ertönte. Die zwei Jugendlichen richteten sich auf. Yes zögerte. "Wir... wir können uns ja heute Nachmittag treffen... natürlich nur wenn du willst..." Kristin sah sie schweigend an. Sie war nicht Laila. Nicht das Mädchen das sie wirklich liebte. Dann fasste sie sich wieder. "Klar, warum nicht?" Kapitel 3: Friendship --------------------- hey, wenn ich hier keine kommis krig berch ich des ab... ------------------------------------------------- 27. November Donnerstag -Die ausgetretenen Wege der Gewohnheiten sind mit Vorurteilen gepflastert, die einen daran hindern, neue Wege zu betreten- Laila eilte durch den Ort, in dem sie seit vier Jahren wohnte. Ihre Kippen waren alle und sie brauchte jetzt dringend neue, sonst, so wusste sie, konnte man für nichts garantieren. Sie würde nur wieder irgendeine Scheiße machen. Um das zu wissen, kannte sie sich gut genug. Der Zigarettenautomat hinter dem Schlecker, dort holte sie sich immer ihre Zigaretten. Die Verkäufer hier in den Läden nahmen es meist genau und wollten den Ausweis sehen, bevor sie auch nur daran zu denken schienen, zu dem Regal mit den Schachteln hinüber zu sehen. Sie war schwer enttäuscht. Tatsächlich hatte sie gedacht Kristin wäre in Ordnung. Gestern, als sie zusammen zu ihr Heim gegangen waren, hatte sie so einen netten Eindruck gemacht. Sie schien sie zu akzeptieren wie sie war und ließ sich durch ihre abweisende Haltung nicht im Mindesten davon abhalten, sich mit ihr zu unterhalten. Sie hatte wirklich geglaubt, sie wolle eine Freundschaft zu ihr aufbauen. Und dann hatte sie nur Interesse für diese Yese. Wie Luft war sie behandelt worden, so als hätten sie sich nie getroffen. Yese war sowieso nur eine dumme Kuh. Ständig glaubte sie die Tollste zu sein, aber vermutlich war diese Kristin keinen Deut besser. Und sie selbst war vermutlich nur da gewesen, um den Anfang zu machen. Um abgesichert zu sein, wenn keiner sie mögen würde. Mit der Ruhe im Unterricht wäre es jetzt vermutlich vorbei. Yese und Anica hatten sich zwar ab und an gezofft, doch eigentlich hatten sie sich meist eisern angeschwiegen. Ursprünglich war sie allein an dem Tisch gesessen, doch dann wurde ein Tisch in der Parallelklasse benötigt und so hatte Frau Kittel kurzerhand die beiden größten Schwätzer zusammen an ihren Tisch gesetzt. Die beiden waren wenig begeistert gewesen und im Gegenteil zu Laila hatten sie dem auch lautstark Ausdruck verliehen. Sie waren am Anfang einfach still gewesen und versuchten sich mit ihren Blicken gegenseitig umzubringen. Dann war ihnen das offenbar zu langweilig geworden und sie hatten zu streiten begonnen. Geschrieen hatten sie, durchs ganze Klassenzimmer. Nicht zum aushalten. Als ihnen auch das zu eintönig wurde hatten sie wieder geschwiegen, und irgendwann hatte Anica den Versuch gestartet ganz normal zu reden. Doch in diesem Punkt unterschieden sich die beiden Mädchen in ihren Sprechgewohnheiten ganz gewaltig. Anica redete einfach mit dem nächsten der grade in der nähe war, wohingegen Yese lieber gar nicht sprach, wenn keiner den sie mochte in der Nähe war. Schließlich hatten sie die Mitte zwischen ‚zoffen’ und ‚eisern schweigen’ gefunden. Laila hätte es nichts ausgemacht, wenn sie ständig geschwiegen hätten, aber es war immer noch besser als dieser Lärm. Sie selbst wurde sowieso nie in diese ‚Gespräche' mit einbezogen. Jetzt, wo Kristin sich so wunderbar mit Yese verstand, würde die Ruhe vorbei sein. Die zwei würden ununterbrochen reden, dass wusste Laila jetzt schon. Laila wollte schon in die Nebengasse abbiegen, die schneller zur Ortsmitte führte, als sie in dieser zwei eng umschlungene Personen sah. Bei näherem Hinsehen erkannte sie Yese und... Kristin? Laila ging einen Schritt zurück und dann gleich noch einen. Die zwei küssten sich innig und vor allem gierig und schienen so vertieft in ihr Zungenspiel, dass sie nichts um sich herum wahrnahmen. Kristin lehnte an der Wand und ihre Finger waren ganz eindeutig unter Yeses Oberteil. Sie schien ihr über den Rücken zu streicheln. Laila ging weiter zurück. Was sollte das? Wollten die zwei sie verarschen? Hatten sie sich extra hier hingestellt um sie zu schocken? Zutrauen würde sie es den beiden, aber irgendwas sagte ihr, dass sie damit falsch lag. Wie hätten sie das auch machen sollen? Laila drehte sich blitzschnell um und rannte die Hauptstraße weiter. Es war ein Umweg, aber nichts in der Welt würde sie jetzt dazu bringen an diesen beiden vorbei in die Gasse zu gehen. Nichts. Nicht einmal ein Bombenanschlag. Im Leben hätte sie nicht gedacht, dass Kristin lesbisch war. Yese war das zuzutrauen, die tat alles um etwas ‚Besonderes' zu sein. Aber Kristin? Das hätte sie wirklich nicht gedacht. Laila war so verwirrt, dass sie fast die falsche Abzweigung genommen hätte, doch dann erreichte sie den Laden. Eilig kramte sie ihr Kleingeld zusammen und fütterte den Automaten damit. Eilig zog sie eine der Kippen heraus und kramte in ihrer Tasche nach ihrem Feuerzeug. Endlich wieder Nikotin. Laila hatte diese Zigarette jetzt verdammt nötig. Der Anblick ließ sich nicht so einfach verdauen. Nicht, dass sie angewidert war weil es sich um zwei Mädchen handelte, aber wenn sie sich vorstellte Yese so zu küssen und zu berühren bekam sie das Grauen. Am liebsten hätte sie gewürgt. Gierig zog sie an der Kippe in ihrem Mund und spürte, wie mit dem Rauch die Ruhe durch sie hindurch zog. Trotzdem würde die Zigarette nicht reichen. Also galt es nun einen Penner zu finden, der ihr Alkohol verschaffen würde. Obdachlose taten alles für ein paar Cent. Laila schlurfte die Straße hinunter. Das Nikotin beruhigte zwar, doch als ruhig konnte man sie immer noch nicht bezeichnen. Ihre Kippe war zu Ende. Sie warf sie achtlos auf den Boden und trat sie aus. "Hey, Loch Ness Monster, das ist Umweltverschmutzung! Wirf deine Joints gefälligst in den Müll!" Laila drehte sich überhaupt nicht zu der Stimme um sondern ging einfach weiter. Sie hörte Lachen und wusste genau, dass über sie gelacht wurde. Sie versteifte sich, so wie es schon Gewohnheit war. Wie sie das doch hasste... Menschen waren einfach nur widerlich. Alle miteinander. Aus ihrer Tasche zog sie ihren Discman und stellte ihn etwas lauter. Die Musik dröhnte ihr auf die Ohren, bis sie schon fast den Eindruck hatte, ihr würde jede Sekunde das Trommelfell platzen. Der Lärm gab ihr wieder das Gefühl zu leben. Der leichte Schmerz der ihr leise zuflüsterte, dass die Welt zwar Scheiße war, aber das Entscheidende war, dass es sie noch gab. - Es wird die Scheinwelt zur Realität. - - Wir verdrängen, was uns nicht gefällt. - - Was nur ein paar Kilometer weit ist, - - wird zum anderen Ende der Welt. - Wizos Punkmusik konnte sie immer wieder aufbauen. Punkmusik war für so was sowieso gut. Es waren keine verturtelten Lieder die alles noch schlimmer machten, sondern sie schienen die Wut hinauszuschreien. - Und gute Gründe hat jeder von uns, - - Die Wirklichkeit zu überseh'n. - - Die kleinen Sorgen werden groß, - - wenn's darum geht für die And’ren afzusteh'n. - Laila sah sich um. Irgendwo musste doch einer von diesen zahlreichen Pennern herumlungern. Hatten die gerade Mittagspause oder was? - Es wird die Scheinwelt zur Realität. - - Wir verdrängen, was uns nicht gefällt. - - Was nur ein paar Kilometer weit ist, - - wird zum anderen Ende der Welt. - - Es wird die Scheinwelt zur Realität. - - Wir verdrängen, was uns nicht gefällt. - - Was nur ein paar Kilometer weit ist, - - wird zum anderen Ende der Welt. - Endlich. Dort an der Ecke des Schuhladens saß einer. Eine Bierflasche neben sich und ein Schäferhund der vor ihm lag. Bei näherem Hinsehen erkannte sie das Paar. Es war Heino. Sie konnte ihn eigentlich ganz gut leiden. Er hatte ihr schon öfters Alkohol besorgt und sie hatte ihm und der Hündin Bonny im Gegenzug ein anständiges Essen spendiert. - Es bleibt mal wieder nur einer Sieger. - - Am Ende lacht nur noch der Tod, der Tod, der Tod, - - der Tod... - Lächelnd ging sie auf den Typen zu. Die Hündin kam auf sie zu gerannt und begrüßte sie Schwanz wedelnd. Die Schwarzhaarige kraulte ihren Kopf. "Hey Heino, lange nicht gesehen." Der junge blonde Mann sah auf. Als er sie erkannte lächelte er sie an, während sie ihren Discman ausstellte. "Hi Laila. Lässt du dich auch mal wieder blicken? Brauchst wohl mal wieder was zu trinken, hm?" Laila lachte. "Du kennst mich halt..." Sie ließ sich neben dem Mann an der Wand hinabsinken. Bonny ließ sich neben ihr nieder um weitere Streicheleinheiten zu bekommen, was Laila ihr nur all zu gern gewährleistete. Der Blonde runzelte die Stirn. "Sag mal, Laila, glaubst du das bekommt dir? Vielleicht solltest du mal was andres versuchen, als dir ständig die schlechte Laune weg zu saufen..." Laila schloss die Augen und ließ ihr Gesicht von der milden Herbstsonne verwöhnen. "Ich habe schon einiges versucht und immer mache ich das auch nicht. Sonst würdest du mich öfter sehen." Sie spürte, wie Heino sie ansah, reagierte jedoch nicht weiter. "Ich werd dir da nicht reinreden können. Und das will ich auch gar nicht. Du musst deine Entscheidungen selbst fällen." Sie öffnete die Augen wieder und lächelte. "Danke, Heino." Er lächelte zurück. "Na dann. Was willst du denn?" Die Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. "Irgendein Bier... aber bitte mindestens 10%ig." In ihrer Tasche kramte sie nach ihrem Portmonee und zog zwei Zwanziger heraus, die sie dem Blonden reichte. "Pass auf, beim Metzger neben dem Getränkemarkt gibt es gute Wurstsemmeln. Bonny ist ganz verrückt nach denen. Besorg ihr doch bitte eine, ja? Und dir kauf auch was Gescheites. Du siehst hungrig aus." Er lachte. "Laila, wenn deine Eltern wüssten, was du mit ihrem Geld anfängst, würden sie durchdrehen." Das Mädchen lächelte ihn weiterhin an. "Hey, welcher vernünftige Mensch kann schon 250 Euro Taschengeld im Monat ausgeben? Ich nicht." Heino stand auf. "Also gut, dann mach ich mich mal auf die Socken." Bonny war aufgestanden und wedelte nun freudig mit dem Schwanz. "Nein, meine Süße, du musst kurz hier bleiben. Bleib bei Laila." Die Hündin schien ihn zu verstehen, denn sie legte sich wieder hin. Laila konnte nur immer wieder über die Klugheit des Tieres staunen. Sanft streichelte sie ihr weiches Fell, wahrend Heino die Straße hinunterging. Alleine ging sie wieder an den Läden entlang. Noch knapp eineinhalb Stunden hatte sie mit Heino geredet. Drei Flaschen Bier fanden sich nun in ihrem Rucksack wieder. Eine hatten sie zusammen getrunken. "Hey, Laila! Warte, ich will mit dir reden!" Laila versteifte sich sofort. Kristin. Die Bilder von ihr und Yese stiegen in dem Mädchen wieder auf. Sie ging weiter, ignorierte die Braunhaarige. "Laila, bitte! Gib mir nur diese eine Chance!" Ob sie wohl mit Yese geschlafen hatte? Sex? Ob sie tatsächlich so weit gegangen waren? "Laila! Nun bleib doch stehen!" Eine Hand fasste sie an der Schulter. Laila wand sich darunter hindurch und ging weiter. Sie hörte wie Kristin ihr folgte. "Laila! Es tut mir Leid, dass ich dich nicht beachtet habe. Aber es war doch klar, dass ich mich auch mit anderen unterhalten würde." Laila reagierte immer noch nicht. "Ich habe mich doch nur etwas mit Yes unterhalten. Ist das denn verboten?" Mit einem Mal drehte sich die Schwarzhaarige ruckartig um. "Was willst du?", fauchte sie, "Die Welt ist gegen mich und du kannst nicht beides haben. Du hast dich für die Welt entschieden, also verschwinde!" Kristin sah sie ruhig an. "Die Welt ist nicht gegen dich. Du bist gegen die Welt und die Welt akzeptiert das." Die Schwarzhaarige schnaubte. "Das sieht man an dem Kleingetier von Dajan und seiner Clique." Das Mädchen schüttelte energisch den Kopf." "Weißt du, Laila, du bist einfach eingeschränkt. Du glaubst, dass dir gleich alle etwas Böses wollen, nur weil manche dich verletzen. Das ist aber gar nicht so. Die meisten halten sich von dir fern weil du so abweisend bist." Sie klang kalt, so wie sie immer zu sein schien. Nur bei ihrem ersten treffen schien sie etwas freundlicher, jedoch war sie damals auch eher zynisch als nett gewesen. Aber auch das erst, als sie etwas aufgetaut zu sein schien. Sie machte den Eindruck wie sie selbst immer hatte sein wollen. Kalt und stark. Ihr schien nichts etwas auszumachen, wogegen man es bei ihr sofort sah, wenn etwas getroffen hatte. Und dafür hasste sie sich. Die Schwäche die sie so offen trug, das jeder sie sehen und beliebig ausnutzen konnte. "Ich hasse die Menschen." “Wieso?" Laila schwieg. Sie wusste nicht wirklich, warum sie das überhaupt gesagt hatte und ob sie weiter reden könnte. Es ging niemanden etwas an. "Menschen sind widerlich. Sie lügen wo immer sie können und sind immer mit Schmerzen verbunden." Sie sah, dass das Mädchen etwas sagen wollte, doch sie war noch nicht fertig. "Ich sage nicht, dass sie es absichtlich tun, aber sie fügen einen immer Schmerzen zu." Kristin sagte nichts. Sie kam ganz einfach nur einen Schritt auf Laila zu und umarmte sie. Ganz einfach so, ohne zu fragen... ----------------------------- mal ein etwas kürzeres kapi. ich werd in franze ständig beim schreiben erwischt-.-' Kapitel 4: Shopping ------------------- 27. November Donnerstag -------------------------------------------------- -Alles Leid ist Einsamkeit, alles Glück Gemeinsamkeits- "Hey, zieh doch das hier mal an. Das sieht bestimmt geil an dir aus!" Kristin warf der Schwarzhaarigen quer über zwei Kleiderständer ein schwarzes Stück Stoff zu, an dem, der Menge nach zu urteilen, nicht viel dran sein konnte. Laila fing das spärliche etwas auf und hielt es so, dass sie es betrachten konnte. Sie runzelte die Stirn. Es entpuppte sich als ein bauch- und schulterfreies, extrem enges Top, das auf der Brust in silberner Schnörkelschrift ,Dark Lady' stehen hatte. "Vergiss es, ich bin doch nicht die letzte Schlampe von Monte Carlo!" Sie warf es zurück, wobei es jedoch nur den Ständer ereichte. "Ach, komm schon. Du musst es ja nicht kaufen. Ich weiß, dass das nicht dein Stil ist, aber mach mir doch die Freude." Das Mädchen sah sie belustigt an. "Wieso ‚Freude’? Ich bin sowieso zu fett für dieses Stripteil. Da kann von Freude nicht die Rede sein." "Hey, du bist nicht dick!" Sie konnte Kristin nicht sehen, da sie hinter den Klamotten verborgen war, aber sie hörte ihre Stimme. "Okay, vielleicht nicht zu dick, aber es bleibt dabei. Ich zieh so etwas nicht an, da kann ich auch gleich nackt bleiben. Spart wenigstens Geld." Die andere lachte. "Wieso nicht? Sähe sicher nicht schlecht aus." Laila dachte an Yese und lief knallrot an. Sie hatte Kristin nie erzählt was sie wusste, doch ihr war aufgefallen, dass sich die beiden am folgenden Tag, nachdem sie von ihr abgefangen worden war, offensichtlich mieden. Kristin schien das nichts auszumachen, doch Yese war eindeutig sehr sauer gewesen, worüber auch immer. Laila hatte es nie erfahren, sie wusste offiziell überhaupt von nichts. Obwohl die andere hinter den Kleiderständern verborgen war, und sie somit nicht sehen konnte, drehte sie sich vorsichtshalber weg. "Du spinnst." Die Braunhaarige kam hervor und umarmte sie von hinten. Das war etwas, was sie sehr gern machte. Nicht selten fiel es etwas stürmisch aus. "Du lässt mich noch mal auf die Fresse fliegen mit deiner Umarmerei." Inzwischen hatte sie es sich abgewöhnt sich zu versteifen, wenn Kristin sie berührte. Sie hasste es, angefasst zu werden, doch bei ihr machte das nicht ganz so viel und inzwischen mochte sie es sogar irgendwie. Das Mädchen lachte und ließ sie wieder los. "Direkt und verletzend wie immer, was?" Erst jetzt bemerkte Laila, dass sie immer noch das Shirt in der Hand hielt. "Was willst du mit dem Teil noch?" Kristin sah auf den schwarzen Stofffetzen und grinste sie dann frech an. "Dich reinzwängen!" "Vergiss es!" Kristin seufzte. "Wieso denn nicht? Nur kurz, bitte!" "Nein!" Kristin setzte einen bettelnden Blick auf. Sie sah zu süß damit aus. Laila wurde unsicher. "Nein." Kristins Blick blieb wie er war. Das Mädchen geriet noch mehr ins Zögern. "N... Nein" Doch als sie wieder in Kristins Gesicht sah, seufzte sie. "Na gut, aber nur kurz." Das Mädchen grinste breit und reichte ihr das Stück Stoff. Laila seufzte erneut und zog damit in Richtung Umkleidekabine ab. Sie zog das Oberteil an und betrachtete sich im Spiegel. Sie sah tatsächlich wie die letzte Schlampe aus, auch wenn sie der Meinung war, das es ihr irgendwie doch stand, aber das hätte sie nie zugegeben. Sie streifte sich ihre Strickjacke über, schob zögernd den Vorhang zurück und trat hinaus. Kristin war wieder zwischen Kleiderständern verschwunden, deswegen rief sie ihren Namen. Laila hatte keine Lust lange so rum zu laufen. "Hey, sexy!" Kristin grinste noch breiter als vorher und Laila wurde leicht unwohl. "Mir gefällt es nicht, das ist nuttig." Laila spuckte das Wort förmlich aus. Sie fand zwar, dass es ihr stand, trotzdem sah sie es als eine unglaubliche Schande an und es verstieß gegen sämtliche ihrer Prinzipien sich in so was hineinquetschen zu lassen. War denn überhaupt nichts mehr von ihrer Würde übrig geblieben? Die Braunhaarige lachte. Es war komisch. Meist war sie kalt, überheblich und zynisch, doch ab und zu war sie, wie jetzt, einfach am Leben. Lachte und scherzte, als wäre die Welt in Ordnung. Im letzten Monat hatte sie sich immer mehr mit dem Mädchen angefreundet. Sie hätte nicht gedacht, dass sie jemals in der Lage wäre, eine wirkliche Freundschaft aufzubauen, doch Kristin schienen ihre Launen nichts auszumachen. Sie prallten ganz offensichtlich ab und später war es als wäre nichts passiert. Manchmal mochte Laila das nicht, weil sie es als wichtig fand Probleme auszudiskutieren und aus der Welt zu schaffen. Doch sie sah ein, dass das nicht möglich wäre, denn wenn es tatsächlich mal zu einer Diskussion kam, führte sie nirgendwo hin, weil sie beide starrköpfig ihre Meinungen vertraten und nichts anderes akzeptieren wollten. Laila wusste, dass viele Sachen, so wie sie sie haben wollte, einfach nicht möglich waren. Bestraft wurde das mit Enttäuschung, doch lassen konnte sie es trotzdem nicht. "Nuttig, ja, aber es sieht trotzdem geil aus. Aber zieh doch mal die Jacke aus, man sieht es ja kaum.“ Laila durchzog ein eiskalter Schauer den sie schon gewohnt war und sie schüttelte schnell den Kopf. "Ne, es ist kalt." Sie hörte, dass ihre Stimme wieder hart geworden war und verfluchte sich dafür. Bei Kristin reichte der kleinste Fehltritt und sie wusste, was Sache war. "Ach, komm schon. Nur kurz, du Frostbeule. Du wirst schon nicht erfrieren." "Na bei dem kurzen Teil wäre ich mir da nicht so sicher. Ich will nicht, okay?" Kristin blickte wieder so treudoof wie vorhin schon. "Bitte!" Laila zog seufzend die Jacke etwas weiter runter, aber nur ein Stück. "Ganz aus, du Frostbeule!" Laila fand sich in einer Zwickmühle wieder. Sie wusste, dass das Mädchen nicht aufgeben würde bis sie nachgab, doch auf keinen Fall wollte sie ihren arme offenbaren. Schon gar nicht in dem voll gestopften Laden. Jetzt brauchte sie verdammtes Glück. Sie zog die schützenden Ärmel runter, hängte die Strickjacke blitzschnell über ihren Arm und legte ihre Hand darauf, dass es aussah als würde sie frieren. Unmöglich hätte sie etwas sehen können, da war die Schwarzhaarige sich sicher, doch Kristin hatte mit einem Mal einen ernsten Blick aufgesetzt und kam auf sie zu. Laila fühlte sich völlig erstarrt, als sie die warmen Hände auf ihrem Arm Spürte, die sanft aber energisch ihre Hand wegstemmten und den schwarzen Stoff beiseite schoben. "Warum hast du mir nie davon erzählt?" Die Jacke rutschte zu Boden und gab die Narben und Schnitte frei. Kristin sah nicht auf, sondern hatte nur Augen für die Wunden. Laila hatte den letzten Widerstand aufgegeben und stand nun ruhig da, ließ das Mädchen machen was es wollte. "Es hat sich nie ergeben..." Die Braunhaarige schüttelte energisch den Kopf und hob ihren Blick, um in ihr Gesicht zu sehen. Ihr Blick war kalt wie ihre Stimme. "Lüg nicht, du hättest jede Möglichkeit gehabt. Du wolltest es mir nicht sagen. Hätte ich es jetzt nicht raus gefunden, du würdest es mir nie sagen, so sieht die Sache doch aus." Kristin hatte die Eigenart immer alles genau auf den Kopf zu treffen was man meinte. Nur gut war das nicht immer. "Hättest du es wirklich wissen wollen? Menschen sind doch alle gleich. ‚Halleluja die Welt ist schön’! es muss ja so sein, man sieht ja nichts andres." Laila zog ruckartig ihren Arm zurück und funkelte das Mädchen mit Abscheu an. In ihr war wieder einmal mehr diese unglaubliche Wut aufgestiegen, die sie alles andere vergessen ließ. Dann blieb immer nur noch das leere Gefühl der Wut zurück, unkontrollierbar kam sie aus dem Nichts und hinterließ Chaos in ihrer so leicht zerstörbaren Welt. Kristins Blick war hart, doch loderte er nicht wie Lailas, sondern blieb eiskalt. "Wenn ich für dich nur ein Mensch von vielen bin, die du anlügst und verachtest, okay. Aber ich mag dich und ich wüsste ganz gerne solche ‚Nichtigkeiten’, wie du es ansiehst." Laila fühlte wie die Wut immer schneller in ihr hochkam und immer bedrohlicher wurde. "Du kapierst überhaupt nichts! Ich hätte dich nie so nah an mich ran lassen dürfen, ich verachte mich dafür, dass ich dir so viel erzählt habe! Verdammt, würdest du das an meiner Stelle vielleicht in der Welt herumposaunen?!" Kristin grinste giftig. "Das tust du grade, Mädchen." Laila wurde schlagartig klar, dass sie Recht hatte. Schnell sah sie sich um, doch niemand schien sich für die zwei streitenden Jugendlichen zu interessieren. Sie hob ihre Jacke auf und streifte sie sich über. "Es geht dich einen feuchten Scheißdreck an was ich tue oder lasse, okay? "Nein, nicht okay. Laila, du suchst Freundschaft und bist nicht bereit etwas dafür zu geben. Weißt du wie blöd das ist? Das ist, wie wenn du mit einer leeren Streichholzschachtel versuchst eine Kerze anzuzünden!" Es klang logisch. Alles was Kristin sagte klang logisch. Sie wusste immer alles und war überheblich. Sie hasste das. Es machte sie klein, dumm und unbedeutend. "Na und? Dann ist es halt bescheuert. Muss dich doch nicht kümmern." "Muss es mich sehr wohl, ich will nämlich deine Freundschaft, wenn das in deinen zickigen Dickschädel reinpasst." Der Punkt, wo die Wut verflog und sich in Luft auflöste, kam immer. Jedes Mal war die Mauer aus Zorn verschwunden und Traurigkeit war das, was zurückblieb. Unendliche Traurigkeit die sie weich werden ließ. "Tut mir Leid." Kristin seufzte. "Warum entschuldigst du dich immer? Wer soll dir dein ‚Es tut mir Leid’ noch abkaufen, wenn du es für jeden Scheiß brauchst? Hast du wirklich so wenig Selbstvertrauen?" Sie erwartete keine Antwort, sondern zog Laila in ihre Arme. So standen sie eine Weile zwischen Kleiderständern und Umkleidekabinen. "Ich zieh mich um, bevor mich noch jemand sieht." Kristin nickte nur und verschwand wieder zwischen den bunten Klamotten, während Laila zurück in die Kabine ging und begann, sich wieder auszuziehen. Sie hatte sich grade das Schlampenoberteil über den Kopf gezogen, als der Vorhang aufging. Kristin kam mit einem langärmeligen, schwarzen Shirt herein. "Die anderen Kabinen sind voll", erklärte sie entschuldigend und begann sich umzuziehen. Laila gefiel die Situation nicht. Auf einem Quadratmeter sollten sie sich zusammen umziehen? Immerhin stand Kristin auf Mädchen... Wer wusste schon, ob sie da Hintergedanken hatte? Sie versuchte, sich nichts von ihrer Unsicherheit anmerken zu lassen und bückte sich nach ihrem T-Shirt, das zu Boden gefallen war. Doch war in der Umkleidekabine nun mal wirklich nicht mehr Platz als ein knapper Quadratmeter, wenn überhaupt. Ihre nackte Haut streifte aneinander und während Kristin das nicht mal wahrzunehmen schien, spürte Laila wie sie knallrot anlief. Schnell drehte sie sich von dem Mädchen weg und zog sich an. Wie war sie froh, als sie endlich aus dem viel zu engen Raum heraus konnte, um nicht mehr die Wärme der anderen fühlen zu müssen. Sie lehnte sich an die Holzwand, bis auch die andere fertig war. Sie gingen aus dem Laden, wo ihnen sofort Schnee ins Gesicht blies. Das es im November schon schneite war ungewöhnlich. Normalerweise fing es immer erst Mitte Dezember an, frühestens. Noch dazu, wo es Oktober noch so warm gewesen war. Eine Weile gingen sie stumm nebeneinander her. Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt und der Wind hatte nach einer Zeit aufgehört zu wehen. Dann hatte plötzlich etwas Kristins Aufmerksamkeit erweckte. "Hey, kuck mal da!" Laila wandte sich zu der Plakatsäule, die am Straßenrand stand. Dort prangte über all den alten, nie abgenommenen Papierfetzen eine nagelneue Bekanntmachung. - Großer Weihnachtsmarkt - Sie zuckte mit den Schultern. "Na und? Der ist jedes Jahr." Doch Kristin hatte leuchtende Augen bekommen. Laila hatte sie nur sehr selten so gesehen, aber sie fand, dass die Braunhaarige damit einfach nur wunderhübsch aussah. "Gehst du mit mir dahin?" Das Mädchen zögerte. Sie verabscheute Menschenmassen, und das hier roch geradezu danach. "Du weißt, dass ich nicht so gerne unter Mensche gehe..." "Ach, komm schon. Das ist doch nur ein Mal im Jahr." Kristin sah sie bittend an. Laila spürte, wie so oft in letzter Zeit, wie ihr Widerstand dahin schmolz. Wie auch immer Kristin das immer fertig brachte, die Taktik müsste sie irgendwann mal lernen. Sie seufzte. "Na, von mir aus..." Wieder einmal spürte sie die Arme, die sich von hinten um sie schlangen, die sie für ihr Nachgeben immer als Belohnung umarmten. Kristins Wange rieb sich scheinbar beiläufig an der ihren und sie konnte den Atem des Mädchens an ihrem Hals spüren. Ein leichter Schauer überfiel sie. "Ich pass auch auf dich auf." Diese Worte waren überflüssig. Laila wusste nur zu gut, dass die andere es nie zulassen würde, wenn jemand versuchen würde sie fertig zu machen. Aber das war nicht mal nötig, denn wenn sie da war, prallte eh alles an ihr ab. Wusste der Teufel, wie Kristin das immer schaffte... Kapitel 5: Kiss You ------------------- 12. Dezember 2003, Freitag -Die Himmelsleiter ist eine halbe Brücke ins Ungewisse.- "Hey, das ist ja süß..." Kristin hob die kleine Glasfigur hoch. Es war ein Pinguin, dessen durchsichtiger Körper teilweise schwarz angemalt war, abgesehen vom Schnabel, der in einem hellen Orange leuchtete. Laila stand an den Holzstand gelehnt und warf nur einen kurzen Seitenblick auf das Glastier. Sie hatte nicht viel dafür übrig. Weihnachtsmärkte waren nie ihr Ding gewesen. Es war nicht ganz so voll wie sie gedacht hatte, aber mehr Menschen als genug waren schon da. Sie lief der Braunhaarigen hinterher und redete nicht besonders viel. Sie war etwas müde und erschöpft. Kiwi, wie sie Kristin seit neustem öfters nannte, schien sich dagegen total wohl zu fühlen. Sie ging von einem Stand zum nächsten, sah sich dies und das an und unterhielt sich mit verschiedenen Leuten. Laila hatte den Eindruck, dass sie offener und freundlicher war, wenn sie bei ihr war. Sie hatte das Gefühl die Braunhaarige mochte sie wirklich, und sie selbst liebte es, in ihrer Nähe zu sein. Es ging ihr dann immer um so viel besser. "Wie viel kostet das?" Der Verkäufer, ein braunhaariger, normalgroßer Mann, nannte einen Preis, den Laila für weit überzogen hielt. Sie sagte jedoch nichts. Kristin hingegen stellte die Figur behutsam zurück. "Oje, das entzieht sich meinen finanziellen Möglichkeiten, leider..." Die Schwarzhaarige schob stumm ihre Hand in die Jackentasche und beförderte ihr schwarzes Portmonee ans schwache Abendlicht. Sie öffnete es und gab der anderen, immer noch schweigend, einen Zwanzigeuroschein. Diese sah sie erstaunt an. "Was soll das? Du brauchst dein Geld doch selbst." Laila schüttelte nur den Kopf. "Ich gebe das Geld meiner Eltern nur für Sachen aus, die sie nicht gutheißen würden. Da kann ich es genauso gut verschenken. Nimm es ruhig, ich brauche es wirklich nicht. Sieh es als Weihnachtsgeschenk an." Kiwi machte immer noch keinerlei Anstalten das Geld zu nehmen. "Haben deine Eltern so viel Geld?" Das Mädchen zuckte nur abweisend mit den Schultern, was der anderen klar machen sollte, das dieses Thema im Tabubereich war. Sie schien es zu verstehen, denn sie nahm den Schein und bezahlte damit den kleinen Glaspinguin. Es war der letzte Stand gewesen, und so gingen sie nun wieder die Straße zurück, die sie gekommen waren. Es war beschlossene Sache, dass Laila heute bei der anderen übernachten würde, und sie wollten nun zu ihr nach Hause gehen. Der ganze Weihnachtsmarkt roch nach Zuckerwatte, Glühwein und gebrannten Mandeln. Laila wusste nicht, warum es immer ausgerechnet nach Mandeln roch, wo doch an diesen Ständen ebenso Erdnüsse oder ähnliches verkauft wurde. Vielleicht bildete man sich es auch nur ein und in Wirklichkeit roch es nach all dem, oder die verschiedenen Nusssorten rochen, auf diese Weise verarbeitet, einfach alle gleich. "Warum gibst du mir Geld?" Laila hatte gewusst, dass diese Frage kommen würde, doch Hoffen war ja wohl noch erlaubt. "Ich habe genug, ich brauche es nun mal nicht." Ihre Stimme war kühl und abweisend, ein erneuter Hinweis, dass Kristin es besser nicht darauf anlegen sollte weiter nachzubohren. Doch wie so oft kümmerte es das Mädchen nicht im Geringsten. "Wie sind deine Eltern eigentlich so? Mir fällt gerade auf, dass ich sie nie gesehen habe. Du erzählst auch nie etwas von ihnen." Sie wussten beide, dass das Mädchen nicht so ahnungslos war wie es tat. Sie wusste genau, dass etwas nicht stimmte, wenn Laila über ein Thema nicht reden wollte. Doch diesmal würde die Schwarzhaarige nicht nachgeben. Es ging niemanden an, was bei ihr zu Hause los war. Niemanden! Auch Kiwi nicht. "Wie alle anderen auch. Sieh mal, an dem Stand waren wir noch gar nicht." Schlechtes Ablenkungsmanöver, denn das Laila den Weihnachtsmarkt nicht mochte und so schnell wie nur möglich hier weg wollte, war klar. Es war genauso ein Schauspiel wie es das Gespräch zuvor auch schon war. Kristin seufzte leise und ging mit ihr zu dem Stand, den sie vorher übersehen hatten. Auf der Theke lagen viele verschiedene Räucherstäbchenpackungen und -ständer. Der typische Weihnachtsmarktgeruch vermischte sich mit einem Hauch, was Laila als Opium erkannte. Ihre Laune besserte sich etwas. Was diese Duftstäbe anging war sie ein wahrer Fanatiker. Sie selbst besaß einen einfachen Holzständer auf dem die Asche der Länge nach hinab fiel und eine große Schublade, bei der einem, wenn man sie öffnete, verschiedenste Aromen entgegenströmten. Es mussten an die 50 Päckchen sein, die im vollen Zustand entweder 10, 20 oder 50 dieser wohlriechenden Hölzchen umfassten. "Räucherstäbchen, oh, das ist doch mal etwas Tolles..." Kristin stand neben ihr und sah ein Körbchen mit verschiedenen Gerüchen durch. Laila nahm sich selbst auch eines vor. Es waren nicht die üblichen Sandholz- oder Lavendelaromen, sondern solche, die etwas seltener zu finden waren. Laila holte sich eine Bananen- und ein Tomatenpackung raus. Banane war ihr ja noch ein Begriff, aber das es so etwas wie Tomatenräucherstäbchen gab entzog sich dann doch ihren Kenntnissen. Neben ihr lachte Kiwi auf. "Erotik? Wie das wohl riecht." Die Schwarzhaarige warf einen Blick in den Korb, den die andere sich vorgenommen hatte. Tatsächlich waren die Stäbchen nicht nach dem wirklichen Geruch benannt, sondern trugen Namen wie ‚Liebe’, ‚Regen’ und ‚Feuer’. Der Verkäufer lächelte freundlich. "Ich mache die Räucherstäbchen selbst. Das hier-“ Er deutete auf den Korb. "-sind einfach Zusammenstellungen, die mich an gewisse Sachen erinnern." Er zwinkerte. "Und mir wurde oft gesagt, dass die Bezeichnungen sehr gut zutreffen." Laila musterte den Mann etwas. "Sie machen Räucherstäbchen selbst? Geile Sache." Der Mann lächelte nur über Lailas Ausdrucksweise. "So schwer ist es nicht. Es ist ein Hobby von mir. Eigentlich habe ich einen Blumenladen." "Und wonach riecht ‚Erotik' nun?" Kristin sah den Mann nicht weniger aufmerksam an. Dieser zuckte mit den Schultern. "Nach Erotik eben. Die genaue Zusammenstellung ist geheim." Das Mädchen jedoch schien noch nicht zufrieden mit der Antwort. "Und wie riecht Sex?" Er lachte etwas. "Nicht Sex. Erotik, Kleine. Aber probier es doch einfach." Laila grinste ihn frech an. "Ach? Ist das denn Jugendfrei?" Wieder ein Lachen. "Bis jetzt hat sich keiner beschwert." Laila durchsuchte nun auch den anderen Korb und zog sich verschiedene Aromen heraus. Schließlich hatte sie fünf Päckchen, zu je 20 Stäbchen. Sie zahlte und drehte sich um, um mit Kiwi endgültig zurückzugehen. "Halt mal ihr beiden. Habt ihr nicht etwas vergessen?" Erstaunt drehten sie sich wieder um. Der Mann deutete nach oben. Dort an der dunklen Holzfassade hing ein Mistelzweig. Ein leichter Schauer lief Laila über den Rücken. Wenn jetzt das kam was sie befürchtete, dann... "Ja und?" Ihre Stimme klang etwas zittrig und unsicher. Der Verkäufer lachte. "Ich kenne die Sage ja nicht wortwörtlich, aber meines Wissens nach, müssen sich die beiden, die unter einem Mistelzweig stehen, küssen. Egal ob Junge und Mädchen, oder Mädchen und Mädchen." Die Schwarzhaarige fühlte sich mit jeder Sekunde unbehaglicher. Kiwi hingegen lachte auf. "Also von mir aus..." Das war ja klar gewesen. Kristin hatte kein Problem damit ein Mädchen zu küssen. Sie hatte auch schon mit Yese geknutscht, und was noch, das wollte Laila gar nicht wissen. Aber sie war nun mal niemand der auf Mädchen stand! Im Leben nicht! "Aber-", versuchte sie zu widersprechen, aber die andere unterbrach sie: "Ach, komm schon. Tut doch nicht weh. Sei kein Spielverderber!" Und ehe Laila noch etwas hätte sagen können, spürte sie schon die Lippen der anderen auf den ihren. Mit einem Mal schien es, als würde sie samt Kiwi von der im Halbdunkel liegenden Straße hinweg gerissen, und sie fand sich irgendwo zwischen Wolken wieder, die seltsam zu schimmern schienen. Der Boden war weit unter ihnen, wenn er überhaupt noch da war, und sie spürte die Nähe der anderen. So schnell der Kuss gekommen war, genauso schnell war er auch wieder vorbei. Laila wurde bewusst, dass sie immer noch auf der mit Matschschnee überzogenen Straße, zwischen den mit grässlichem Weihnachtsschmuck überhäuften Ständen stand, und dass zwischen Kiwi und ihr etwa ein halber Meter abstand war. Das Mädchen grinste sie an. "Und? Irgendwelche Prellungen davongetragen? War es sehr schlimm?" Als schlimm empfand die andere nur, dass es schon vorbei war. Ihre Knie schienen irgendwie aufgeweicht und dieses seltsame Schwebegefühl hätte sie gerne länger behalten. Sie kapierte nicht ganz was grade passiert war, hatte sie eben das Mädchen das da vor ihr stand geküsst? Oder besser gesagt war sie von diesem Mädchen geküsst worden? Ihr Kopf musste noch irgendwo zwischen den Wolken hängen. Kiwi zog sie am Arm. "Nun komm schon, mir wird kalt." Die Leuchtanzeige des Digitalweckers sprang auf 0:23. Laila sah wieder zur Decke hoch und betrachtete die Maserung, die im schwachen Mondlicht merkwürdige Schatten warf und grau zu sein schien. Was an diesem Abend passiert war wollte und wollte ihr nicht aus dem Kopf. Dieser Kuss spukte durch ihre Gedanken und wollte sie schier nicht schlafen lassen. War es möglich, dass sie sich vielleicht doch verliebt hatte? Sie dachte nach, darüber, was Kiwi ihr wirklich bedeutete. Sie war ihr so nah wie ihr nie jemand anderes gekommen war. Sie war ihr wichtig. Sehr sogar. Und irgendetwas sagte ihr, dass dieses seltsam schöne Gefühl in ihrem Magen Liebe sein musste. Das Gefühl, das sie in letzter Zeit immer wieder so viel glücklicher als sonst sein ließ. Dieses wundersame Schwebegefühl steckte ihr immer noch in den Gliedern, doch schien es nur noch ein entferntes Flüstern zu sein, das ihr sagte, wie es gewesen war. Wie gern hätte sie es noch einmal gespürt, hätte sie das Mädchen geküsst. Aber auf einen One-night stand hatte sie keine Lust. Das würde die Freundschaft zwischen ihnen völlig zerstören und die Möglichkeit, dass Kiwi sie liebte, war null zu dreihundertsiebenundvierzigtausend. Wer verliebte sich schon in jemanden, der die ganze Zeit nur rumheult, weil's ihm doch so schlecht geht und der immer nur Probleme macht? Niemand. Es war schon seltsam genug, dass das Mädchen sich überhaupt mit ihr abgab. Wenn Kiwi irgendetwas von ihr wollte, dann wäre es Sex. Nicht mehr. Sie drehte sich zur Seite und sah das Mädchen, das neben ihr lag, von der Seite her an. Wie gern würde sie Kiwi jetzt küssen und sie ganz nah an sich spüren. Ob in sich, darüber war sie noch etwas unschlüssig. Noch hatte sie nie mit jemandem geschlafen, egal ob Mädchen oder Junge. Auch war sie nie auf die Idee gekommen, selbst an sich rumzuspielen. Kurz, sie war vollkommen unerfahren, hatte ihr Wissen aus im Internet nicht ausreichend vor Minderjährigen geschützten Geschichten und von anderen Jugendlichen. Vermutlich hätte Kiwi nicht mal mit ihr geschlafen. Langsam beugte sie sich, ganz von selbst, über die andere, die friedlich schlief. So etwas wie Liebe würde sie von ihr nicht bekommen können. Das Mädchen war viel zu kalt, als dass es sich verlieben würde. Ihr Kopf senkte sich etwas nach unten, ihre Lippen zielten die anderen an. Es würde alles kaputt machen. Sie würde fallen gelassen werden wie Yese, wenn nicht sofort ausgelacht werden würde. Auf einmal, ohne, dass Laila hätte sagen können wie es passiert war, ob sie jetzt tatsächlich unten angekommen war oder ob Kiwi den Kopf hochgehoben hatte, lagen ihre Lippen aufeinander und sie spürte die Hände der anderen in ihrem Nacken, die sie sanft hinab zogen. Das Schwebegefühl war zurückgekommen, war noch schöner als am Abend zuvor. Sie fühlte, wie die feuchte Zunge des Mädchens an ihren Lippen leckte und um Einlass bat, den sie nur zu gern gebot. Die Zunge drang in ihren Mund, fuhr die Zahnreihen entlang und stupste die andere sanft an, die dies zuerst vorsichtig, aber dann immer bereitwilliger und leidenschaftlicher erwiderte. Immer stärker wurde sie auf die andere gezogen. Sie wehrte sich nicht, ließ es sich gefallen. Die Hände in ihrem Nacken begannen herumzustreicheln, fuhren sanft in den Kragen des T-Shirts, das als Nachthemd diente. Nach einer Ewigkeit, und viel zu früh, lösten sich die beiden Mädchen voneinander. Laila sah die andere nur an, denn in diesem Moment fiel ihr wieder ein, was sie während dieser wundervollen Sekunden vergessen hatte. Sie rollte sich von dem Mädchen runter und drehte sich zur Wand. Ein leise gemurmeltes ‚Tut mir Leid' war noch zu hören. Sie spürte eine Hand, die sich auf ihre Seite legte, und zwei weiche Lippen, die ihren Nacken küssten. "Warum hast du mich geküsst?" Laila schloss die Augen und versuchte krampfhaft, die Tränen zu unterdrücken. "Was weiß ich..." Ihre Stimme zitterte leicht, war dennoch kühl. Die Hand strich sanft und beruhigend über ihre Hüfte, den Punkt, wo sie immer gerne jemanden gehabt hätte, der sie dort hält, ihr zeigte, dass sie in Sicherheit war. Die Stimme war ruhig und ganz dicht bei ihrem Ohr. Sie konnte den Körper der anderen fühlen, wie er sich sanft an sie schmiegte. "Ich glaube schon, dass du eine Ahnung hast." Laila richtete sich ruckartig auf. Bilder schossen ihr in den Kopf. Kiwi, wie sie mit Yese rumachte, sie küsste und ihr über den Rücken strich. Ihr war kotzübel. "Ich bin nicht scharf auf einen One-night stand, okay? Wenn du ’ne Nutte oder ’ne Lolita brauchst, dann geh zu Yese! Das hast du schließlich schon mal gemacht!" Ihre Augen funkelten das Mädchen böse an. Abscheu stand ihr in das mondbeschienene Gesicht geschrieben. Sie fühlte, wie nach und nach die Wut in ihr hochstieg und langsam wieder ein Mal mehr die Kontrolle über sie an sich riss. Auf Kiwis Gesicht hingegen machte sich nun Traurigkeit und Erkenntnis breit. "Hat sie es dir erzählt?" Laila schnaubte verächtich. "Erzählt? Zumindest denken solltest du können. Yese hasst mich. Die redet doch nicht mit mir! Nein, gesehen habe ich euch! Wild knutschend. Und ich verwette meinen Kopf darauf, dass du sie flachgelegt hast, genau wie du das jetzt mit mir vorhast. Und dann fallen lassen wie ein Stück Dreck, einen gebrauchten Lappen!" Kristin schüttelte leicht den Kopf. "Laila, bitte, lass mich erklären, ja?" Die angesprochene schnaubte nur verächtlich, gab sonst jedoch keine Antwort. "Ja, es stimmt, ich habe mit Yes geschlafen. Aber das hatte seinen Grund. Laila, ich liebe dich, verstehst du? Ich habe dich von Anfang an geliebt und als du mich so stur abgewiesen hattest, da wusste ich einfach nicht was ich tun sollte. Ich weiß nicht warum, ich musste irgendwie versuchen mir dich aus dem Kopf zu schlagen." Die Wut war schon wieder abgeflaut. Die Erklärung hatte sie kaum war genommen, die Worte klangen in ihrem Kopf nach. ‚Ich liebe dich' Ob sie das ernst meinte? ‚Ich liebe dich' War das vielleicht nur eine Masche, um sie doch noch flachlegen zu können? ‚Ich liebe dich' ‚Ich liebe dich' ‚Ich liebe dich' "Meinst... meinst du das ernst? Dass du mich liebst? Du sagst das nicht nur, um zu deinem Fick zu kommen?" Kiwi zuckte mit den Schultern. Auch sie saß nun. "Wenn du einen Beweis brauchst: Es geht mir nicht darum mit dir zu schlafen, Laila. Wenn du es so willst, werde ich dich nicht anrühren." Die Schwarzhaarige schüttelte lächelnd den Kopf. Genau das hatte sie hören wollen. Sie zog das Mädchen wieder zu sich und küsste sie, worauf diese ohne zögern einging. Ihre Zungen spielten zusammen, liebkosten sich und erkundeten das Revier der anderen. "Du brauchst mir nichts zu beweisen. Ich liebe dich doch auch." Die Worte waren nur gehaucht, doch verfehlten sie ihre Wirkung nicht. Vorsichtig wurde sie von Kiwi in die Kissen zurückgedrückt. Ihr Hals wurde sanft von den Lippen der anderen liebkost und erkundet. Die Hände suchten unterdessen nach dem Saum des Nachthemdes und begannen, darunter spazieren zu gehen. Sie strichen das Hemd nach oben und Laila hob etwas ihren Oberkörper, woraufhin das Stück Stoff seinen Weg gen Boden fand. Auch der BH brauchte nicht lange um in den Tiefen jenseits des Bettes zu verschwinden. Die andere begann nun mit beiden Händen die Brüste zu massieren, woraufhin die Schwarzhaarige ein Keuchen nicht unterdrücken konnte. Sie genoss die Berührungen und spürte, wie sie untenherum langsam immer feuchter wurde. Dennoch fand sie die Zeit, dem Mädchen ebenfalls das T-Shirt über den Kopf zu ziehen und sie der Unterwäsche zu entledigen. Die Decke war längst am Fußende des Bettes verschollen, als sie beide nun splitternackt dalagen und sich wieder küssten. Kiwi strich sanft über ihren Körper und schien jeden Zentimeter entdecken zu wollen. Dann jedoch stemmte sie die Hände rechts und links neben Lailas Gesicht ab und sah sie ernst an. "Wenn du irgendetwas nicht willst musst du es sagen. Ich will nicht, dass du bereust, was gerade passiert." Die Schwarzhaarige hielt überhaupt nichts von der Unterbrechung, denn inzwischen zog sich irgendetwas zwischen ihren Beinen immer wieder zusammen. Die Beine der anderen lagen zwischen ihren, was das nicht gerade vereinfachte. Sie gab nur ein gequältes ,Ja' von sich, doch damit schien es offenbar nicht getan. "Du bist noch Jungfrau, nicht wahr?" Das reichte. Laila drehte sich ruckartig mit der anderen herum und nagelte sie fest. Wieder funkelte ihr Blick. Ihre Stimme schien leicht hysterisch, leise und eindringlich. "Pass auf, Süße, ich weiß genau was ich will, okay? Ich will dich, und zwar nur dich, jetzt sofort in mir drinnen spüren. Ich liebe dich und ich werde nichts, rein gar nichts bereuen. Ich will dich vögeln, von dir flachgelegt werden, mit dir schlafen, pennen, fick-" Ihr wären sicher noch andere Begriffe eingefallen, doch sie kam nicht dazu sie auszusprechen, da Kiwi sie mit einem Kuss unterbrach. Sie lächelte und zog ihre Handgelenke aus dem Griff der Schwarzhaarigen. "Ich habe schon verstanden..." Sie führte ihre Finger sanft an den Rücken des Mädchens und streichelte darüber. Laila entspannte sich etwas und ließ sich auf die andere zurücksinken. Sie genoss die Berührungen der weichen, angenehm warmen Finger, die sich wie warmes Wasser anfühlten, wenn man im Schnee gelegen hatte. Die Finger strichen zu ihrem Hals, wo sich kurz darauf auch zärtlich die Lippen niederließen und einen Kuss hinhauchten. Die Hände schlossen sich um ihre Hüfte und sie wurde von dem Mädchen herunter und wieder in die Kissen geschoben. Danach strichen die Finger wieder zart über ihre weiche Haut, so als hätte es keine Unterbrechung gegeben. Wie warme Sonnenstrahlen glitten sie über ihren Bauch, ihre Brust und ihren Hals und hinterließen überall ein angenehmes Gefühl des Wohlbefindens. Zusätzlich wurden die verschieden Stellen ihres Körpers mit den Lippen der anderen liebkost. Kiwi küsste ihre Brustwarze, die längst hart geworden war. Laila stöhnte leicht auf, als das Mädchen auch noch vorsichtig daran zu saugen begann, den Nippel mit der Zunge umrundete und darüber leckte. Zur selben Zeit wurde ihre andere Brust massiert. Laila genoss es in vollen Zügen, nie hatte sie sich so glücklich gefühlt. Die Lippen lösten sich von ihrer Brust und küssten sich ihren Weg über die Höhen und Tiefen ihres Körpers hinab. Die Finger strichen nun hauchzart an ihren Seiten entlang, was in der Schwarzhaarigen ein seltsam schönes Gefühl auslöste. Vorsichtig, jedoch nicht im Geringsten zurückhaltend, wanderten die Hände hinab zu ihren Beckenknochen, bis zu den Oberschenkeln. Die Lippen waren nun auf selber Höhe und hauchten verspielt weitere Küsse auf die nackte Haut. Sie fühlten sich ganz weich und warm an, was Laila wohl bald um den Verstand bringen würde. Inzwischen war sie so erregt, dass es schon fast wehtat. Endlich spürte sie, wie die zarten Hände ihre Beine sanft auseinander schoben und ihre Oberschenkel wieder hochfuhren. Das Mädchen war der Aufforderung ohne Umschweife nachgekommen und hatte ihre Beine gespreizt. Sie fühlte die Finger, die nun vorsichtig über ihre Schamlippen glitten. Laila keuchte etwas, während sich dort immer mehr Feuchtigkeit auszubreiten schien. Endlich glitt eine der Fingerspitzen langsam zwischen die Lippen und begann vorsichtig, das Revier zu erkunden. Laila stöhnte, als der Finger immer tiefer in sie eindrang und sie von innen sanft zu massieren schien. Wenn sie vorher dachte, wahnsinnig zu werden, war das nichts im Vergleich zu dem, was sie jetzt durchmachte. Kiwi hatte angefangen sanft zuzustoßen und jedes Mal, wenn sie erneut in das Mädchen eindrang, glaubte diese, Sterne zu sehen. Auf gar keinen Fall durfte das jetzt aufhören. Immer wieder drang der Finger in sie ein, kam jedes Mal schnell genug wieder, um kein Gefühl der Leere zu hinterlassen. Dann jedoch hielt er inne. Laila wollte schon murren, doch dann nahmen zwei Finger auf einmal den Platz von einem ein. Sie stöhnte laut auf. Langsam suchten sich die Finger ihren Weg tief in sie hinein, bis sie auch zu zweit zuzustoßen begannen. Laila wand sich etwas, stöhnte, keuchte. Sie hatte das Gefühl gleich explodieren zu müssen. Eine andere Hand legte sich nun beruhigend auf ihren Bauch und begann, sie dort sanft zu streicheln. Jedoch dachte Laila nicht im Mindesten daran, sich beruhigen zu lassen. Sie konnte sowieso nicht mehr richtig denken, spürte nur noch die Finger die immer und immer wieder in sie gestoßen wurden. Mit einem Mal verwandelten sich die Sterne in Feuerwerke. Sie stöhnte noch lauter als vorher, schrie schon fast, und irgendwo in ihrem Unterleib musste sich irgendetwas stark zusammenziehen. Als es vorbei war blieb sie schwer atmend in den Kissen liegen. Kiwi zog die Finger aus ihr heraus und lächelte sie schwach an. Sie spürte, dass ihr Schweißperlen auf der Stirn und auch zwischen den Brüsten standen. Sie stemmte sich mit den Armen leicht hoch und sah der anderen in die Augen. Ihr Gesicht war vom schwachen Mondlicht beschienen und die weiche Haut schien silbern zu glänzen. Das Mädchen zu ihren Füßen regte sich etwas. "Und? Hat es dir gefallen?" Laila fiel es immer noch schwer zu atmen und sie dachte eigentlich, dass dies Antwort genug sein sollte. "Wenn du mich so direkt fragst", sie ließ sich zurück aufs Bett fallen, "Es war der absolute Hammer." Kristin lachte leise, kroch von ihrem Platz und legte sich neben das Mädchen. "Dann ist es ja gut." Die Schwarzhaarige drehte ihren Kopf zu ihr und sah sie eine Weile an. Dann küsste sie sie zärtlich und legte ihr eine Hand in den Nacken, zog sie zu sich heran, leckte sanft an den Lippen und erbat sich den Eintritt, der ihr fast sofort gewährt wurde. Sie spürte, wie sich eine Hand unter ihren Rücken schob und sich zeitgleich eine andere an ihren Bauch legte. Sie wurde auf die Seite gezogen und an die andere gedrückt, fühlte wieder die nackte, weiche Haut an der ihren. Die Arme schlangen sich enger um ihre Hüfte, gaben ihr Halt. Der Wunsch, dem Mädchen zurückzugeben was sie selbst von ihr bekommen hatte, wuchs in ihr. Sie strich ihr über den Rücken, fuhr ihre Wirbelsäule hinab und streichelte ihr die Seiten. Laila fühlte, wie sich die Andere entspannte und sich in ihre Arme sinken lies. Sie strich weiter runter, hin zum Po, massiert ihn leicht. Sie löste den Kuss, ließ ihre Lippen weiter runter wandern, liebkoste die zarte Haut des Mädchens und küsste ihren Hals, leckte an ihm und saugte leicht daran. Sie bahnte sich den Weg weiter runter, ließ ihre Hände über die weiche Haut streifen und streichelte sie behutsam. Das Mädchen sollte dasselbe fühlen, wie sie es eben auch getan hatte. Doch mit einem Mal spürte sie, wie die andere ihre Handgelenke leicht energisch umschloss und sie am weiteren Tun hinderte. Überrascht sah sie zu Kiwi hoch. "Ich weiß, wie sehr ich dich liebe kann ich dir gar nicht beweisen, aber zumindest versuchen kann ich es. Ich will nichts zurück Laila. Für dich war es heut genug Neues. Lass uns Schlafen." Damit hatte diese jedoch überhaupt nicht gerechnet, entsprechend intelligent musste sie jetzt auch dreinschauen. Die Braunhaarige lachte leise und sanft, dann wurde das Mädchen nach oben gezogen und geküsst. Erst dann fand sie die Worte mehr oder weniger wieder: "Muss ich das jetzt verstehen?" Lachend schüttelte Kiwi den Kopf. "Ich liebe dich, das ist alles, was du verstehen musst." --------------------------------------- so, und jetzt werd ich vermutlich von 2 personen gruppen umgebracht. diejenigen die mich lynchen wolln weil ich mit sowas die sowieso hinrissige story mit einem so grässlichen adult kapi versau, und die notgeilen denen es föllig gleich is wie grässlich sex beschrieben is und einfach alles lesen und die mich lynchan weil ich praktisch nur die hälfte geschrieben hab. *vor ara wegduck* Kapitel 6: The day after ------------------------ 13. Dezember Samstag -Keine Panik, es bleibt so, wie es wird.- Am Morgen wurde Laila von den Sonnenstrahlen geweckt, die ihr unbarmherzig auf die geschlossenen Lider schien. Aber jetzt wollte sie noch nicht aufwachen. Noch nicht. Sie drehte sich etwas zur Seite, um der vorwitzigen Sonne auszuweichen, und kuschelte sich enger an die Wärmequelle die neben ihr lag. Es war so angenehm in dem schönen, weichen Bett zu liegen. Sie musste irgendetwas sehr Schönes geträumt haben, doch sie konnte sich nicht richtig erinnern was es gewesen war. Irgendetwas im Sommer... Langsam kamen ihr wieder Bilder in den Sinn. Eine grüne, saftige Wiese in einem Talkessel. Die Berge waren weit, weit weg gewesen, und trotzdem irgendwie in der Nähe. Große, starke Bäume, die volle Kronen hatten, und auf den Wiesen waren einige Pferdeweiden gewesen. Ohne jede Anordnung. Und ein altes, riesiges Bauernhaus stand einfach so dazwischen. Der Hof gepflastert und überall liefen Hühner, Katzen oder Gänse umher. Auch einen Teich hatte es, wo sich eine Entenfamilie wusch. Weiter hinten im Garten waren ein Kaninchenstall und ein Meerschweinchengehege. Das Haus selbst war in einem romantischen Stil gebaut und hatte an der Wand entlang Rosenbeete und einen schmalen Kiesweg. Es hatte mindestens drei Stockwerke mit vielen Fenstern, vor denen immer hübsche, bunte Vorhänge waren. Hinten hatte es noch eine Scheune, in der es wunderbar nach Heu duftete und gegenüber war ein riesiger Stall, worin neben den Pferden auch noch Kühe untergebracht waren. Laila hatte sich auf Anhieb in diesen Ort verliebt. Er war voller Leben und trotzdem war keine Menschenseele weit und breit. Mit Liebe gepflegt und in Ordnung gehalten, so dass man es spüren und sehen konnte. //So will ich später mal leben//, dachte sie sich still. //Ein einsamer Ort, den ich mit Liebe bewirtschafte. Es muss nichts Großes sein, nur diese romantische Aura beherbergen...// Mit einem Mal regte sich neben ihr etwas. Fast schon erschrocken öffnete die Schwarzhaarige die Augen und sah Kiwi, wie sie friedlich neben ihr im Bett lag und tief und fest schlief. Aus einem reinen Impuls heraus streckte das Mädchen ihre Hand nach der anderen, wollte ihr über die weiche Haut ihrer Wange streicheln. Doch etwa zwei Zentimeter zuvor stoppte sie zögernd. Ihr fiel wieder alles ein, was gewesen war. Ein Frösteln überkam sie und sie zog ihre Hand zurück. Noch nie hatte sie sich an einen Menschen so nah heran gewagt. Sie fühlte sich nicht unbedingt unbehaglich, doch sie verspürte in diesem Moment den starken Drang alleine zu sein. Sie musste nachdenken. Einfach in Ruhe nachdenken, ob es richtig so war, oder nicht. Vorsichtig, um Kiwi nicht zu wecken, richtete sie sich auf und kroch aus dem Bett. Ihre Anziehsachen fand sie überall im Zimmer verteilt, sie zog jedoch nur kurz ihren Slip und ihr Nachthemd an. Leise schlich sie aus der Tür und schloss sie hinter sich. Ein kühler Luftzug umfing ihre nackten Beine. Laila sah sich um und entdeckte ein offenes Fenster, im Schlafzimmer von Kristins Vater. Durch den Wind war eine Vase vom Fensterbrett gefallen, jedoch auf dem weichen Teppich nicht zerschellt. Nur das Wasser hatte sich in den dunkelblauen Fasern verteilt, mitsamt einem Strauß Vergissmeinnicht, zwischen denen sich einige, was in dieser Verbindung wirklich nur noch falsch aussah, leuchtend gelbe Löwenzähne befanden. Ein Blumenstrauß den Saskia, Kiwis fünfjährige Schwester, vor einigen Tagen gepflückt hatte. Ein leises Lächeln flog über ihre Lippen. Das war typisch Kiwis Dad. Total verplant. Er war gestern Mittag nach Zürich gefahren. Sie wusste nicht, wozu er hierher gezogen war, wenn er doch die ganze Zeit unterwegs war, aber davon verstand sie wohl nichts. Sie betrat das Zimmer, schloss das Fenster und hob die Vase auf. Sie war ebenfalls ein Projekt von Saskia; die Kleine hatte ihr vor einiger Zeit erzählt, dass sie das bunte Schmuckstück im Kindergarten fabriziert hatte. Kiwi hasse das ‚Balg', wie sie es nannte. Laila hingegen zeigte zwar im Öffentlichen eine Abneigung gegen Kinder, doch in Wirklichkeit hatte sie nichts gegen sie. Sie hatte Angst mit ihnen falsch umzugehen, doch im Prinzip mochte sie sie. Kiwi nannte sie deswegen öfters Kindesmisshändlerin. Das sagte die Richtige. Sie schrie die Kleine an, unterdrückte und beschimpfte sie. Es hatte deswegen schon ab und an Streitereien zwischen ihnen gegeben, da Laila das nicht mit ansehen konnte. Sie selbst hatte einen älteren Bruder, der, als er noch im Haus der Eltern wohnte, dasselbe mit ihr angestellt hatte. Davon wusste die andere jedoch nichts. Die Schwarzhaarige ging wieder aus dem Zimmer und schlich ins Wohnzimmer, das sich im unteren Stockwerk befand. Das Sofa war alt und durchgesessen, so dass man tief einsank und kaum noch hoch kam. Sie liebte es dafür. Sanft kuschelte sie sich in den weichen Stoff. Ihr Nachthemd hatte sie über die Knie gezogen, um die Gänsehaut von ihren Beinen zu vertreiben. Sie war froh sich setzten zu können, da sie die gesamte Zeit etwas wackelig auf den Beinen gewesen war, was ausnahmsweise nicht nur auf ihren Kreislauf zurückzuführen war. Sie musste erst einmal verarbeiten, was passiert war. Hatte sie sich tatsächlich flachlegen lassen? Das seltsame Gefühl, das alles nur ein Traum war, überkam sie. Sie kannte es zu Genüge um zu wissen, dass es Wahrheit gewesen war. Sie hatte das oft. Dennoch erschien es ihr so entfernt und unwahrscheinlich. Außerdem überrasche es sie etwas, dass sie sich nicht anders fühlte wie auch vorher. Sie hatte immer im Gefühl gehabt, dass sie nach ihrem ersten Mal ein völlig anderer Mensch sein würde. Natürlich, in gewisser Weise war es lächerlich, aber was konnte man gegen solche Gefühle schon groß machen? Langsam wurde es wirklich etwas kalt. Warum gab es hier keine Decke? Langsam kamen Schritte die Treppe hinunter. Laila hörte sie ganz deutlich und sie wusste auch, was sie zu bedeuten hatten. Sie kannte sie in und auswendig. "Laila?" Kiwis Stimme klang etwas seltsam, ungewohnt ängstlich. Die Schwarzhaarige antwortete ihr nicht, was aber auch nicht nötig war, da in diesem Moment die Tür aufging und die andere sich hineinschlich. "Da bist du ja. Ich dachte, du wärst vielleicht weg..." Laila lächelte leicht. "Nein, ich brauchte nur etwas meine Ruhe." Kiwi lächelte zurück, wenn auch hoch unsicher. "Ist es wegen..." Sie brach mitten im Satz ab, schien sich nicht zu trauen es auszusprechen. Die Schwarzhaarige richtete sich leicht aus den Kissen auf und gab ihr einen Kuss. "Ja, ist aber schon in Ordnung." Jetzt wurde das Lächeln der anderen heller. "Komm, wir gehen in die Küche, frühstücken und reden ein bisschen, wenn du das willst." Das Angebot klang ganz nach ihrem Geschmack, auch wenn sie für gewöhnlich nicht frühstückte. Es stimmte also doch: Sex macht hungrig. Sie ließ sich aus dem weichen Sofa ziehen und folgte ihr in die Küche, die gleichzeitig als Essraum diente, um sich auf einen harten Holzstuhl zu setzen. Welch kläglicher Eintausch... Kiwi kramte derzeit im Kühlschrank nach ein paar Dingen, die sie zusammen mit dem Gedeck auf dem Tisch verteilte. Dann setzte sie sich ihr direkt gegenüber. Laila wusste, dass sie angesehen wurde, dennoch hielt sie den Kopf gesenkt und tat als bemerke sie es nicht. Sie griff nach Brot und Butter und schmierte sich das Gebäck mit Marmelade ein. "Willst du nicht sagen, was ist?" Mist. Kiwi musste doch immer alles wissen... "Es ist nichts... ich mache mir nur zu viele Gedanken..." "Und worüber?" Das Mädchen war wirklich stur, wenn es um so etwas ging. Aber seltsamerweise mochte, liebte sie sie trotzdem, auch wenn sie immer wieder hinter ihre Fassade blickte und alles aus ihr herauskitzelte. Vielleicht auch gerade deshalb. Wer konnte das schon so genau sagen... Laila antwortete nicht sofort. Sie schob die mit Erdbeermarmelade bestrichene Semmel von einem Tellerrand zum nächsten, wollte Zeit gewinnen um über die Antwort nachzudenken und ihre Worte abzuwiegen. Sie musste vorsichtig sein, damit Kiwi nicht zu tief in sie hineinblicken konnte, ohne sie das merken zu lassen. Nur, wenn die Braunhaarige vollkommen davon überzeugt wäre, dass sie ihr alles erzählte, würde sie Ruhe geben; doch dies war sehr selten zu schaffen. Für Kiwi war sie wie ein offenes Buch, das man ohne Brille liest und alles nur verschwommen sieht. Man weiß, dass dort etwas steht, kann es manchmal erahnen, doch wirklich einwandfrei entschlüsseln ließen sich die Wörter und Buchstaben nicht. Man musste sie sich erzählen, vorlesen lassen, doch dazu musste man jemanden fragen. "Weißt du... es ist einfach ungewohnt für mich..." Sie spürte die neugierig besorgten Augen des Mädchens auf sie ruhen. Sie wollte nicht in sie blicken und ließ die ihren somit weiter auf dem Brötchen liegen, welches weiter hin und her geschoben wurde. "Es ist einfach etwas neu für mich..." "Was?" Die Stimme war nicht kalt, nur etwas schneidend. Sie schien nicht viele Gefühle zu beinhalten, aber dennoch war sie nicht eisig. Laila fröstelte es dennoch ein wenig. Nicht, wegen dem Klang der Stimme, sondern wegen dem, was die Stimme fragte. Ihre Taktik bestand nicht darin zu lügen, sondern nicht alles zu sagen. Sie könnte Kiwi nicht anlügen, das würde sie auch nicht, da sie selbst nicht angelogen werden wollte. Sie würde sich auch nicht anlügen lassen. "Na ja, alles... letzte Nacht und so..." Sie bewegte sich auf verdammt dünnem Eis. Ein Fehltritt und Kiwi würde dahinter kommen, was ihr eigentliches Problem war. Das es nicht der Sex war, den sie nicht gewohnt war, sondern die Liebe die sie bekam. Doch wie hätte sie ihr das schon erklären sollen? Die Augen ruhten weiterhin auf ihr und durchdrangen sie. Sie schienen sie regelrecht aufzuspießen. "Bereust du es nun doch?" Offenbar war sie darauf eingegangen. "N... Nein... Es ist wie gesagt nur ungewohnt..." Kiwi erhob sich von ihrem Platz und ging um den Tisch. Von hinten legte sie ihre Arme um Lailas Hals und legte ihren Kopf auf deren Schulter. Sanft schmiegte sie ihre Wange an Lailas und umarmte sie fest. Ein leichter, angenehmer Schauer überkam die Schwarzhaarige. Sie genoss jede Berührung des Mädchens, die sie als Sonnenstrahlen beglückten. "Ich will nicht, dass es dir unangenehm ist, weißt du... wenn du willst, können wir auch einfach-" "Nein, nein, es hat mir sehr gefallen, wirklich. Ich bin es nur nicht gewohnt." Laila war durchaus bewusst, dass sie sich erneut wiederholte, doch was hätte sie auch sonst sagen sollen? Sie spürte richtig wie Kiwi nun frech zu grinsen begann, bevor sie ihr Gesicht in ihrer Halsbeuge vergrub und sie dort so zart küsste, dass es dem Mädchen eine richtige Gänsehaut über die Arme jagte. "Nun ja, was ungewohnt ist, kann man ja vertrauter werden lassen..." Nun lachte Laila. "Du sexsüchtiges, notgeiles Etwas du! Was fällt dir eigentlich ein?" Diese ließ sich davon jedoch nicht abringen, sondern ließ ihre Hände nun lieblich über die Schultern wandern, streichelte sie. "Mir fällt ein, dass ich sehr lange schon keusch leben muss... ich werd noch zur Nonne..." Jetzt sah Laila sie gespielt empört an. "Hey, du wolltest nicht! Nur so zur Erinnerung. Das ist nicht meine Schuld." Nun stießen Kiwis Finger wie Raubvögel von den Schultern zum Bauch hinunter und kitzelten den Bauch durch. "Wen interessiert das schon, wenn ich an Entzug leide?" Laila brach nun in ein helles lachen aus. Sie schüttelte sich so stark, das sie vom Stuhl herunterrutschte. Sie schien sich die Schultern dabei an den Kanten anzuschlagen, dennoch lachte sie weiter und versuchte sich verzweifelt vor den Fingern zu schützen, die erbarmungslos weiter kitzelten. Sie wälzte sich am Boden, schlug um sich, doch nichts half. "Aufhören!" Mehr brachte sie unter dem Lachen einfach nicht hervor. Kiwi schien das Ganze unendlichen Spaß zu bereiten, was durchaus verständlich war. Laila kullerte auf dem Steinboden umher und schien fast zu ersticken. "Wie heißt das Zauberwort?" Laila wusste, dass Kiwi genau wusste, dass ihr Stolz niemals zulassen würde, sie jetzt darum zu bitten aufzuhören. Sie dachte ja gar nicht daran. Jedenfalls fast nicht. Doch irgendetwas musste sie ja sagen. Die Kitzelei war blanke Folter. "Abrakadabra!" Einen Versuch war es ja wert... "Hm..." Kurz hielt Kiwi inne, schien zu überlegen, bis die Finger erneut auf sie herab stachen. "Falsche Antwort!" Laila, die schon beinahe erleichtert gewesen war, wurde nun wieder von Lachkrämpfen geschüttelt. "Willst du es noch ein Mal versuchen?" Die Schwarzhaarige jedoch konnte nicht reden. Sie verschluckte sich an ihrem Lachen und ihr schien die Stimme zu versagen. Endlich erbarmte sich Kiwi ihrem wehrlosen Opfer. Dieses blieb einfach flach am Boden liegen. Sie rang nach Luft und schien immer noch etwas lachen zu müssen. Als sie endlich damit aufhören konnte, sah sie die andere an. Immer noch hing ein Lächeln auf ihren weichen Lippen, sie schien mit jeder Faser zu lachen. "Das verzeihe ich dir nie..." Kiwi grinste nur frech weiter vor sich hin. "Och, schade, dann muss ich wohl doch Nonne werden..." Laila richtete sich auf und küsste sie. "Na gut, aber nur dieses eine Mal..." Die andere legte wieder die Arme um ihre Schultern und ihre Stirn an die der Schwarzhaarigen. Das Grinsen hatte sich in ein sanftes Lächeln verwandelt. "Zu freundlich, Miss, womit verdiene ich Ihre Gnade?" Die Nasenspitzen der beiden Mädchen berührten sich leicht und die Augen banden sie aneinander. "Mit einer herrlichen Nacht, mein Sklave..." Dies ließ sich die Brünette jedoch nicht bieten. Wieder schossen die Finger auf die Seiten der anderen los und kitzelten sie gnadenlos in Grund und Boden. Laila wurde wieder zu Boden geworfen und geschüttelt, dass ihr die Tränen kamen. Doch diesmal erbarmte sich Kiwi ihrer schneller und hörte auf. Stattdessen zog sie sie zu sich herauf und küsste sie, was sich diese nur zu gerne gefallen ließ. Die Zunge bahnte sich einen Weg durch die Lippen, strichen die Zahnreihen entlang und erkundeten das fremde Gebiet. Doch dann löste sich Laila von ihr. "Wollten wir nicht frühstücken?" Kiwi machte große Rehaugen die so überrascht blickten, dass man es ihr fast hätte abkaufen können. "Tu ich das nicht gerade? Ich vernasch dich doch gleich..." Wieder erschallte das helle Lachen Lailas. "Du versauter, kleiner Sexsüchtiger! Ich will jetzt wirklich was zwischen die Zähne kriegen. Meine Semmel liegt noch da oben." "Dann hol sie doch runter. Ich hab nichts dagegen wenn du im Bett was ist, wenn du noch solang warten kannst..." Die Schwarzhaarige lachte immer noch. Sie stand, den gespielt todtraurigen Blick der anderen ignorierend, auf und widmete sich wieder ihrem Brötchen. Kiwi blieb am Boden sitzen, sah mit ihrem Blick nach oben wie ein treudoofer Hund. Laila biss von ihrem Brötchen ab, kaute genüsslich und sah stur gerade aus, als sie weiterredete. "Nachher..." Ohne, dass sie sich hätte wehren können, wurde sie plötzlich samt Stuhl durch eine plötzliche Umarmung zu Boden gerissen und die Semmel flog in hohem Bogen gegen den Kühlschrank. ------------------------------------------ so, nach langen warten endlich da naja, vieleicht brech ich die story doch ab. ich hab keinen grund mehr zu schreiben und weh tutsauch. auserdem, vieleichts fällts auf das der schreibsyl zimlich wankt, das liegt an meiner laune, die in letzter zeit zwischen zu tode depremirt, zum heulen zu mute über stink wütend hin zu total drchgeknallt schwankt. keine gute grundlage zu schreiben. liebe is eine scheisse. ein gutgemeinter rat, schlafts nie mit wem den ihr nich liebt wenn ihr liebeskummer habt, das is einfach nur depremirend was soll der schrott eigendlich, jetzt schreibe ich hier zusamenhanglose scheisse die eh kein schwein liest geschweigeden interesirt. ach ich geh mich umbring, dann muss sich das keiner mehr antun. Kapitel 7: Parents ------------------ 25. Februar Mittwoch -Familie - jener Haufen wildfremder Leute, die sich ein Leben lang verbunden fühlen müssen- Mit einem unguten Gefühl im Magen betrachtete Kristin die riesige Villa vor der sie stand. Sie wusste ja, dass Lailas Eltern nicht gerade am Hungertuch nagten, aber das hatte sie nun wirklich nicht erwartet. Es war schon bald ein Schloss, das dort am Stadtrand in einem Nobelviertel aus dem Boden spross und alles andere, was sich ihm näherte, in den Schatten stellte. Eine prachtvolle Mauer aus roten Ziegeln umschloss den Garten und das weiss gestrichene Gebäude. Ein grosses Tor aus Eisen war der einzige Durchgang und hinter ihm ergoss sich ein Rasen, dessen Grün aussah wie in einem Malkasten zusammen gemischt. Einige Sprenkler surrten und verteilten ihr Wasser über den Blumenbeeten, dem Teich und dem beigen Kiesweg, der sich durch das Gras seinen Weg hin zur Haustür suchte. In einer kleinen Nische neben dem Tor fanden sich eine Klingel und eine Sprechanlage wieder. Kristin zögerte. Sie hatte Laila nicht gesagt, dass sie kommen würde. Es sollte eine Überraschung sein, dass sie ihre Freundin in den Zoo einlud, aber vor dem offensichtlichen Reichtum ihrer Familie schreckte sie ein wenig zurück. Sie war noch nie bei ihrer Freundin gewesen, die Adresse hatte sie von der Klassenliste. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, wenn sie klingelte und es nicht Laila war, die ihr antwortete. Würde man sie hereinlassen, so wie sie aussah? Sie musste nicht einmal hinein, es würde schon reichen, wenn das Mädchen herauskam, doch würde man ihr überhaupt ausrichten, dass jemand für sie draussen war? Einen Augenblick lang flammte in Kristin die Hoffnung auf, die Hausbesitzer könnten sie doch gar nicht sehen, doch dieser wurde sie sogleich wieder beraubt, als sie die Kamera, die am Tor angebracht war, entdeckte. Doch es half nichts. Sie würde nicht darum herum kommen es zu versuchen. Vorsichtig trat sie näher an den schwarzen Kasten heran. Sie hatte kaum den kleinen Knopf berührt, da erklang gerade noch hörbar hinten im Haus eine Art kurzes Glockenspiel. Es verstrichen einige Sekunden, dann flammte ein kleines grünes Lämpchen, neben dem ein Lautsprecher abngebracht war, auf. „Ja?“, erklang die etwas gestresste Stimme einer Frau, die sich ganz eindeutig für etwas Besseres zu halten schien. „Guten Tag, mein Name ist Kristin Langer und ich möchte bitte zu Laila.“ Innerlich zitterte sie, dennoch klang ihre Stimme fest und bestimmt. Sie hörte ein Surren, das nicht von den Sprinklern kam, und zuckte ein wenig zusammen, als sie aus den Augenwinkeln erkannte, dass die Kamera auf sie gerichtet wurde. Ihre einfache am Saum zerrissene Jeans und das um einiges zu grosse T-Shirt kamen ihr mit jeder Sekunde schäbiger und schlampiger vor. „Komm herein, aber tritt dir bitte die Füsse ab, unser Hausmädchen hat heute frei und ich möchte keinen Dreck auf dem Teppich.“ Das Naserümpfen war nahezu aus der Stimme der Frau heraus zu hören, doch das kümmerte Kiwi nicht mehr. Erneut war ein Surren zu hören und das Tor sprang auf. So langsam fragte sie sich, ob hier alles surrte was man anfassen konnte. Wenn die Insekten hier anstatt zu summen auch surrten, dann hätte das auch keine Verwunderung mehr in ihr ausgelöst. Doch so etwas wie Bienen, Wespen oder andere Kleintiere schien es in diesem Garten überhaupt nicht zu geben. Der Weg zur Tür schien sich endlos hinzuziehen, doch als sie gerade nach der Klinke greifen wollte, wurde die Tür von innen geöffnet. Die Frau, die dahinter zum Vorschein kam, sah aus, als wäre sie geradewegs einem adels Schundroman entsprungen. Sie trug ein dunkelblaues Kostüm mit einem engen, Knie langen Rock, unter dem lange, dünne Beine in Netzstrumpfhosen zum Vorschein kamen. Die braunen Haare fielen glatt auf ihre Schultern und die Schminke sah man ihr auf drei Kilometer Entfernung an, auch wenn sie nicht schlecht aufgetragen war. Kristin reichte ihr die Hand und die Frau schüttelte sie. Das Mädchen konnte es sich nicht verkneifen einen kleinen Knicks zu machen, was die Dame wiederum zu einem erfreuten Gesichtsausdruck verhalf, bevor sie zur Seite trat um sie herein zulassen. Der starke, undefinierbare Duft von einem zweifellos äusserst teurem Parfum schlug unbarmherzig in Kiwis Nase, als sie an der Frau vorbeiging. Diese deutete auf eine Tür. „Laila ist in ihrem Zimmer. Durch die Tür hier, zwei Treppen nach oben, den Gang um die Ecke bis zum Ende und dann die Tür geradeaus.“ Kristin sah die Frau ein wenig perplex an. Als ihr bewusst wurde, dass sie sie fast schon anstarrte, wand sie schnell den Blick ab. „Vielen Dank...“ Ihre Stimme war wohl nicht mehr ganz so sicher wie noch zuvor, die umfangreiche Wegbeschreibung hatte sie doch etwas irritiert. Ein freundliches, jedoch zweifellos befriedigtes Lächeln schlich sich auf die Lippen der Frau, die Kristin auf Anfang fünfzig schätzte. „Keine Sorge, du kannst es eigentlich gar nicht verfehlen. Du bist grosse Häuser nicht gerade gewohnt, nicht wahr?“ Ihre Stimme hatte einen verständnisvollen Klang angenommen, der Kiwi innerlich zur Weissglut trieb, ebenfalls wie die wohl immer vorhandene Überheblichkeit. Doch sie blieb ruhig. „Nein, nicht gerade“, gab sie zu. „Aber es ist sehr schön, Ihr Haus. Es ist doch Ihr Haus, nicht wahr? Sind Sie Lailas Mutter?“ Die Frau wahr sichtlich geschmeichelt von den Worten. Sie war zu leicht ein zu wickeln. „Oh ja, ich bin ihre Mutter und das ist auch mein Haus. Schön, wenn es dir gefällt. Ich bin froh, dass Laila sich endlich jemand anständigen als Freundin gesucht hat. Weisst du, Schätzchen, sie treibt sich immer mit so viel Gesindel herum...“ Kiwi runzelte die Stirn. Sie hatte nicht gewusst, dass sich Laila überhaupt mit jemandem herum trieb. Ihres Wissens nach war sie immer alleine unterwegs. „Gesindel? Tut mir Leid, ich verstehe nicht was Sie meinen. Lailas Freunde sind mir nicht bekannt, aber was für Gesindel wäre denn das?“ „Oh...“ Frau Hansen machte eine wegwerfende Handbewegung und verzog das Gesicht. „Nun, Freunde will ich das, mit dem man sie auf der Strasse sieht, gar nicht bezeichnen. Vor einigen Wochen hat mein Mann sie gesehen, wie sie sich mit einem von diesen asozialen Pennern herumgetrieben hat. Ich wollte es gar nicht glauben, aber na ja. Ich hoffe einmal, das ist Geschichte. Du zumindest scheinst du endlich einmal jemand anständiges zu sein. Du kannst gerne zum Abendessen bleiben, wenn du möchtest. Wir essen erst abends warm.“ Kristin strahlte die Frau schon beinahe an, doch innerlich konnte sie das Grinsen nicht unterdrücken. Laila trieb sich also mit Obdachlosen herum? „Das ist aber zu freundlich von Ihnen. Ich hatte allerdings nicht vor, mich hier so lange aufzuhalten. Ich wollte mit Laila in die Wilhelma, nach Stuttgart, und wir hatten nicht vor so früh zurückzukommen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Aber ich würde gerne einmal auf das Angebot zurückkommen, wenn ich darf.“ „Aber natürlich, Schätzchen, wann immer du möchtest. Ich freue mich, wenn du einmal wieder vorbeikommst. Aber entschuldige mich, ich habe noch etwas zu erledigen...“ Die Frau schien geradezu entzückt von Kristin und sie strahlte über das ganze Gesicht, als sie durch eine Tür aus dem Vorraum trat. Kaum, dass sie draussen war, fiel das naiv, schmeichelhafte Lächeln von Kristins Lippen und machte Platz für ein höhnisches Grinsen. „Was für eine alte Schachtel...“ Sie ging nun durch die Tür auf die Frau Hansen gezeigt hatte. Ein Wohnzimmer erstreckte sich vor ihr, das so lebendig schien wie ein toter Goldfisch. Ein Sofa und zwei Sessel um einen Tisch herum, ein grosser Fernseher und edel aussehende Teppiche die auf dem Parkett ausgebreitet lagen. An den Wänden hingen potthässliche Bilder und auf Lautsprecherboxen und Regalen standen vereinzelt Figuren. In einer Ecke führte eine hölzerne Wendeltreppe nach oben, wie nach unten. Mit schnellen Schritten durchquerte sie den Raum und stieg die Stufen hinauf. Nachdem sie die zwei Stockwerke erklommen hatte, erstreckte sich vor ihr ein Korridor, der an der Aussenwand entlang ging, bis er schliesslich am Ende nach rechts abbog. Genau wie Frau Hansen es geschildert hatte. Als sie letztlich um die Ecke gebogen war, änderte sich das Bild des trauten Heimes ein wenig. Ganz am Ende befand sich, ebenfalls wie erklärt, eine schwarz gestrichene Tür, die jedoch über und über mit den provokativsten Bildern und Sprüchen zu tapeziert war. Kristin grinste in sich hinein. Es war unverkennbar Lailas Tür. Sie trat zu ihr hin und drücke die Klinke. Es war abgeschlossen worden. Anstatt, dass jemand aufstand und öffnete, hallte lediglich Lailas Stimme äusserst laut aus dem Zimmer: „HAU AB!“ Kristin schreckte ein wenig zurück und runzelte die Stirn. Dann klopfte sie zögerlich an das Holz. „Laila? Ich bin’s, Kiwi.“ Stille. Plötzlich kam Bewegung in das Mädchen hinter der Tür. Sie schien hektisch etwas weg zu packen, denn es raschelten Kissen, Bettzeug und Plastik, dann kamen die Schritte näher, bis schliesslich aufgesperrt wurde. Die Schwarzhaarige erschien hinter der Tür. Sie blickte Kristin ungläubig aus rot verquollenen Augen heraus an. Offenbar hatte sie geweint. Als sie erkannte, dass es sich nicht um eine Halluzination handelte, umarmte sie sie stürmisch und drückte ihr schnell einen Kuss auf die Lippen. „Was tust du denn hier?“ Kristin führte sie zurück ins Zimmer und schloss die Tür wieder. Zweifelnd musterte sie das Mädchen. „Was ist los?“ Laila stand vor ihr, mitten in dem dunkel gehaltenen Raum, in einer Art grauem Hausanzug. Ihre Haare wirkten ungewohnt glanzlos. In ihren Augen, deren Blaugrün sich in Blaugrau gewandelt zu haben schien und die nun eher an Eissplitter als an Meer erinnerten, hingen vereinzelte Tränen, die es noch nicht über die rot geschwollene Haut geschafft hatten. Kiwi brach es innerlich fast das Herz, so verzweifelt und vereinsamt sah ihre Liebe aus. „Nichts ist los.“ Stirnrunzelnd mustere Kristin sie weiterhin. Aus den Augenwinkeln sah sie einen kleinen roten Fleck an Lailas Ärmel, der sich auf dem grauen Stoff zögerlich ausbreitete. „Du hast geheult, Süsse, das kannst du nicht leugnen. Rück schon raus damit.“ Laila schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Lass gut sein, bitte.“ „Okay...“ Vorsichtig trat sie einen Schritt auf das Mädchen zu. „Wenn du nicht erzählen willst, warum du geflennt hast, kann ich dich nicht zwingen.“ Sie griff ruckartig nach ihrem Arm und zog den Ärmel hoch. Über den alten Wunden prangten drei tiefe Schnitte, von denen nun eine rote Blutspur von der Reibung des Stoffes nach oben führte. Sie funkelte die andere kalt an. „Aber den Grund wirst du mir verraten müssen.“ Laila war merklich zusammen gezuckt, doch dann funkelte sie kalt zurück. „Ich sagte, lass gut sein, und ich muss überhaupt nichts.“ Es kam nur selten vor, dass Laila sich nach solchen Angriffen noch immer wehrte. Es war nur dann der Fall, wenn sie wütend war, wie es jetzt zu sein schien. An Lailas Aggressionen, Tobsuchtsanfälle und Streitsucht hatte sie sich bereits gewöhnt, es war nichts Besonderes mehr. „Gut.“ Kiwi zog ihre Brauen nach oben. „Dann geh ich wieder, wenn es der Dame besser passt.“ Sie machte einen übertriebenen Knicks und verbeugte sich tief. „Du kannst mich anrufen, wenn deine Arme wieder normal aussehen.“ Sie drehte sich um. „Warte...“ Schritt ein Stück zur Tür. „Kristin, bitte...“ Und drehte sich wieder um. Ein herausfordernder Blick lag auf ihrem Gesicht, während sie sich mit verschränkten Armen an die Tür lehnte. „Nun?“ Wieder sah Laila verloren aus. Der linke Ärmel war immer noch hoch geschoben und in den Wunden sammelten sich wieder rote Tropfen. „Es ist nur... ach, ich weiss nicht, wie ich das sagen soll...“ Kiwi sah sie weiterhin aufmerksam an. Sie beobachtete jede Regung die Laila vollzog, wohl wissend, dass sie das Mädchen dadurch nur noch mehr verunsicherte und nervös machte. „Weisst du, ich habe Stress mit meiner Familie...“ Eine Braue bewegte sich erneut nach oben. „Ich habe auch oft Stress mit Dad oder der kleinen Nervensäge, aber deswegen glaube ich nicht, an meinem Körper rumschnitzen zu müssen.“ Die Schwarzhaarige seufzte leise. Innerlich schien ein Kampf stattzufinden, der den Trojanern alle Ehre gemacht hätte. Kristin wusste, dass es nicht dasselbe war wie die Streitereien zwischen ihr und ihrer Familie, doch Laila hatte ihr die Geheimnisse über die ihre nie mitgeteilt, die Familie blieb immer aussen vor, wenn das Mädchen von ihren Problemen, ihrem Kummer sprach. Viel zu lange waren diese Dinge hinter einer Mauer aus Schweigen versteckt geblieben, als dass sie hätte Erbarmen mit ihrer Freundin haben können. Viel zu gross war ihre Neugier, was denn nur dahinter stecken könnte. Doch Laila zögerte. Um alles in der Welt, sie schien einfach nicht sagen zu wollen was es war. Innerlich schrie Kiwi vor Ungeduld. Offensichtlich brauchte es eine Planänderung. Leise seufzte sie, ging wieder auf das Mädchen zu und zog sie an sich. „Hey... Süsse... Ich mach mir doch nur Sorgen, ich will nur wissen was mit dir los ist. Weisst du, du redest nie über deine Familie, und ich hab Angst, dass sie dir irgendetwas antun oder so...“ Sie fand das Ganze etwas dick aufgetragen, dennoch schien es ihr notwendig, wenn sie endlich herausfinden wollte was los war. Sie spürte wie grosse, nasse Tränen auf ihre Schulter tropften und wie der Körper in ihren Armen von einem kräftigen Schluchzen geschüttelt wurde. Vorsichtig führte sie das Mädchen zum Bett, liess sich neben ihm nieder. Laila hatte ihre Arme um ihren Hals gelegt, weinte immer noch. Sanft strich Kiwi ihr über das dunkle Haar, das, wie sie feststelle, wohl eine Zeit lang weder Wasser noch Bürste gesehen zu haben schien. „Die beiden sind fürchterlich, ständig haben sie was zu nörgeln und zu meckern, alles ist schrecklich konservativ und überhaupt bin ich nichts als das schwarze Schaf.“ Laila schniefte, bevor sie fort fuhr: „Und jetzt haben sie gesagt, ich solle mich endlich um eine Lehrstelle kümmern, damit ich hier endlich ausziehen könne.“ Kiwi dachte an die schreckliche Frau Hansen, an den überheblichen Tonfall und das gestellte Lächeln. An der starken Geruch nach Parfum, die Schminke und die perfekt Sitzende Kleidung. Und sie bekam das Würgen. „Nun, deine Mutter hab ich ja schon kennen gelernt. Ich fand sie ziemlich verklemmt...“ Laila schnaubte. Sie liess die andere los, sah sie aus den rot verquollenen Augen an. „Sie ist nicht meine Mutter. Das ist meine Tante.“ Nun war Kiwi aufs Äusserste verwirrt. „Aber... sie hat gesagt, du wärst ihre Tochter...“ „Adoptivtochter, ja. Meine richtige Mutter wurde schwanger, natürlich nicht die geringste Ahnung von wem, keinen Penni in der Tasche, obdachlos und HIV positiv noch dazu. Mein Pech, dass man das vor meiner Geburt gemerkt hat, sonst wäre ich ebenso jämmerlich verreckt wie sie.“ „Hör auf so zu reden“. Empört sah Kiwi sie an. „Ich brauche dich doch!“ „Na ja, jedenfalls hat sie dann den Löffel abgegeben als ich sechs war. Ihr Bruder fühlte sich dann zu irgendetwas verpflichtet und hat mich adoptiert. Seit dem sitz ich hier und darf mir täglich anhören, dass Bernhard ein viel, viel besseres Kind ist als ich. Und dann will Monique auch noch, dass ich sie 'Mutter' nenne.“ „Hm... und sie wollen wirklich von dir, dass du ausziehst? Sollst du ihnen nicht auf der Tasche liegen oder was?“ Das Mädchen schüttelte sanft den Kopf. „Nein, darum geht es nicht. Sie würden sogar zahlen. Ich weiss nicht genau warum, jedenfalls soll ich hier raus.“ Nachdenklich rieb sich Kiwi den Nasenrücken. „Sag mal....“, begann sie zögerlich das Werk ihrer Gedanken. „Glaubst du, deine Tante und Onkel hätten etwas dagegen, wenn ich mit dir zusammenziehen würde...?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)