Einst traf ich ein Engel von Wo_Anders ================================================================================ Einst traf ich ein Engel. Haben sie schon mal ein Engel gesehen? Nun ja, man hört ja viel über sie. So handelt zum Beispiel ein Viertel aller Lieder von ihnen! Aber ich wollte ihnen ja von meiner Begegnung erzählen. Wie gesagt, man hört viel über sie, doch entweder tanzt mein Engel aus der Reihe, oder unsere Vorstellung von ihnen ist falsch. Wie auch immer. Habe ich wirklich "mein Engel" gesagt? Das stimmt so nicht richtig, sie gehören sich selbst, sagte er. Aber ich sage es schon wieder falsch. Engel sind ungeschlechtlich, also dürfte ich nicht "er" sagen, es wäre verstimmt. Überhaupt sind Engel was Gefühle angeht recht eigensinnig. Als das Engel einmal wütend war (ja, das gibt es!) wurde alles um ihn herum bedrohlich! Irgendwie war alles um es gefährlicher, Dornen waren spitzer, Tiere bissiger, Menschen wankelmütiger. Irgendwie betraf mich das aber nicht. Vielleicht lag es daran, dass ich es überhaupt traf. Denn eigentlich dürfen sich Engel den Menschen nicht zeigen. Sie sagen, wir würden uns sonderbar benehmen, wenn sie in unserer Nähe wären. Sie begründeten das irgendwie mit Empathie oder so. Naja, auch egal. Aber wo war ich, ach genau. Engel haben keine Flügel! Anscheinend hatte da so ein Bibelschreiber seiner kreativen Ader freien Lauf gelassen, denn sie sind uns Menschen ziemlich ähnlich. Bis halt auf das mit den Gefühlen, aber das kann man ja auch unter den Tisch fallen lassen. Sie haben auch keine "leuchtende Erscheinung", soll heißen, sie haben keine strahlende Aura, keinen Heiligenschein oder sonstiges. Wie ich schon sagte, sie sehen recht menschlich aus; vielleicht sind sie ja schon einem auf der Straße begegnet, ohne das sie es bemerkt haben! Da fällt mir ein, habe ich ihnen gesagt, wie ich zu das Engel gekommen bin? Nein? Na gut, dann erzähle ich es halt jetzt. Es geschah durch eine Kette glücklicher, oder je nach Betrachtungsweise, unglücklicher Zufälle. Wie sie ja wissen, sehen Menschen Engel im Allgemeinen nicht, aber an dem Abend war es anders, denn Engel sind äußerst gesellige Wesen, so treffen sie sich halt an entlegenen Orten, an denen sie nicht gestört werden. Nur ist es äußerst schwierig, die Anwesenheit von so vielen Geschöpfen an einem Ort geheim zu halten. Die Ältesten von ihnen beherschen zwar einige Techniken, um dies zu gewährleisten, aber sicherheitshalber besitzen nur wenige vertrauenswürdige Engel dieses Wissen, denn man kann damit auch Unrecht tun und Dinge verschleieren, derer es nicht bedarf. Und "mein" Engel ist einer dieser Vertrauenswürdigen. Nur erfordert das Anwenden solcher Dinge viel Kraft, so dass sie selber einige Zeit auffindbar sind, bis sie sich erholt haben. Und ich fand das Engel. Nun gut, fand ist nicht richtig ausgedrückt, wie sie wissen komme ich vom Dorf und von daher unternehme ich auch viel und an diesem Tag fuhr ich mit Rad durch die Gegend. Es wurde langsam dunkel, was mich jedoch nicht störte, denn ich mag die Nacht; man sieht die Sterne so wunderschön leuchten. Also als ich so mit meinem Fahrrad am besagten Tag, oder besser in besagter Nacht, den Weg entlangfuhr, sah ich das Engel. Natürlich war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, dass es ein Engel war, mich wunderte bloß, dass soweit von jeder Ortschaft ein Mensch alleine am Wegesrand lag. Aus reiner Sorge hielt ich an. Ich war zwar etwas davon irritiert, dass es sehr androgyn aussah, aber wer ist schon immer auf der neusten Mode. Ich fragte, ob ich "ihm" (mir erschien es zu dem Zeitpunkt mehr Männlein denn Weiblein zu sein) helfen könne, doch er wiegelte mit der Begründung, dass er nur etwas aus der Puste seie ab. Meine Frage, was er hier draußen mache, erwiderte er erst nach einiger Zeit, indem er sagte, er jogge. Ich lächelte, denn anscheinend hatte sich der "junge Mann" etwas zuviel vorgenommen. Ich schlug ihm also vor, ihn auf meinem Gepäckträger bis zur nächsten Ortschaft mitzunehmen. Er willigte ein. Daraufhin trat ich in die Pedale, und, wie ich später erfuhr, war er nur mitgekommen, damit ich nicht so dicht bei seinen Engelsfreunden war. Die Fahrt war recht schweigsam, aber er fing ein Gespräch an, wohl bloß um sich von dem harten Gepäckträger abzulenken. Diesmal fragte er. Seine Frage war recht merkwürdig, zumindest aus meiner Sicht, denn er sah nicht nach spirituellen Fragen aus. Sie lautete "Was meinen sie, gibt es Engel?". Im ersten Augenblick war ich verwirrt, dann dachte ich, er wolle mich auf die Schippe nehmen. Ich wollte dies nachprüfen, aber leider sind meine Knochen nicht mehr die besten, so dass, hätte ich mich umgedreht, ich einen sicherlich schmerzvollen Krampf gehabt hätte. Aber ich schweife ab. Ich anwortete wahrheitsgetreu. "Das ist eine schwierige Frage. Philosophen zerbrachen sich jahrhundertelang den Kopf über diese Frage, aber ich glaube, ich will es gar nicht wissen. Vielleicht fehlt mir ja der nötige Ehrgeiz, um diese Frage zu beantworten, aber ich bin auch so glücklich, ohne die Antwort zu wissen. Ich will nicht in Was-Wäre-Wenn-Spielchen verfallen. Entweder es gibt sie, oder nicht, und damit hat es sich. " Dies schien er nicht erwartet zu haben, denn er überlegte wieder. Einige hundert Meter vor der Ortschaft fragte er mich abermals etwas. "Was ist ihr persönlich größter Wunsch?" Ich seufzte. "Ich weiss nicht, ich habe keinen. Ich bin wunschlos glücklich." Wieder etwas, was er nicht erwartet hatte. Ich konnte ja nicht wissen, wie oft es diese Fragen schon anderen, wesentlich klügeren Menschen gestellt hat! Er sagte nur noch "Falls sie jemals einen Wunsch haben, einen der ihr ganzes Herz erfüllt, komme ich wieder und zahle ihnen den Gefallen zurück!" Danach stieg er ab und verschwand in einem Waldweg, kurz vor dem Dorf. Ich dachte einige Tage über seine Worte nach, vergaß ihn jedoch bald darauf wieder. Dies alles geschah vor, bitte Gedächtnis, lass mich nicht im Stich, ahh, fast genau drei Jahren. Gestern fiel mir ein Wunsch ein, den ich mir nicht selbst erfüllen konnte. Und gestern tauchte das Engel wieder auf, es klingelte einfach an meiner Tür und kam herein. Ich führte ein langes Gespräch mit es, aber anscheinend war es klar, dass es es mich nicht von meiner Meinung abbringen konnte. Ansonsten hätte es wohl kaum so viele Dinge über sich preisgegeben. Das ich heute noch hier bin, liegt einfach daran, dass man mir einen kleinen Aufschub gewährte, um den ich bat. Ich wollte nur noch dieses hier niederschreiben, denn wann kriegt man schon so etwas zu lesen? Wie auch immer, danke dass du dir mein Schriftstück gelesen hast, du hast mir damit einen Gefallen getan. Ich verabschiede mich jetzt, denn es wartet schon jemand an der Tür, der jedem mal einen Besuch abstattet, aber nur einmal. Ich gehe jetzt nämlich auf eine grosse Reise, die einzige, bei der man alles zurücklässt. Und mit allem meine ich auch alles, nämlich Freunde, Bekannte, Verwandte und alle Menschen die man kennt, denn ich überlasse meinen Platz in der Welt den jungen, lebendigen Leuten und schenke ihnen mein Leben als Mensch, denn jetzt, da ihr das hier lest, bin ich ein Engel. Widmung: Katrin, selbst wenn du es nicht wirklich verstehst Dank: siehe oben;Ionis, eine seiner Stories hat mich hierzu inspiriert und Depeche Mode mit ihrem Lied "Dream On", dass meines Erachtens nach super zur Stimmung passt Disclaimer: Alle vorkommenden Personen sind nach Beendigung dieser Geschichte, was hiermit der Fall ist, nach geltendem deutschen Recht, mein geistiges Eigentum und dürfen nur mit der Erlaubnis meinerseits auf anderen Internetseiten bzw. in anderer Medien veröffentlicht werden, sofern ich sie dort nicht bereit veröffentlicht habe. Verständlich ausgedrückt, (O-Ton) "ALLES MEINS, MUAHAHAHAHAHA!!!!" (C) Arne Beutell Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)