Verfluchte Liebe von KimRay ================================================================================ Kapitel 38: Schatten der Vergangenheit -------------------------------------- Titel: Verfluchte Liebe (38/circa 38?) Autor: KimRay e-mail: KimRay@gmx.de Kategorie: ?? Unterkategorie: Drama Inhalt: Voldemort ist besiegt, Lucius Malfoy ein Held und Harry zerbrochen, doch noch ist das Spiel nicht beendet und noch immer mischt Albus Dumbledore die Karten. DISCLAIMER: Alle urheberrechtlich geschützten Figuren in dieser Story gehören natürlich den jeweiligen Eigentümern. Ich habe sie mir nur ausgeliehen. Einzig die Idee und neue Charaktere sind komplett von mir. Beta: fiZi – big thanks. Kapitel 38 Schatten der Vergangenheit „Harry…Haaar-ryyyy! Verdammt noch mal wach auf.“ Harrys Kopf schnippte nach oben und er brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. „HARRY!“, kam es von der zweiten Tür zu seinem Zimmer und an beiden Türen wurde laut geklopft. Harry hatte das Bedürfnis, das Kissen über den Kopf zu zerren, doch er wusste, dass ihm das weder bei Hermione noch bei Ron wirklich helfen würde. „Jaaaaaaa…jaaaa ich bin wach…“, stöhnte er und hatte das Gefühl als müsse ihm dabei der Kopf platzen. „Mach die Türen auf.“, ließ Hermione sich daraufhin energisch vernehmen, während von der Tür hinauf in den Jungeschlafsaal Gekicher zu hören war. Warum hatte er die Türen überhaupt verriegelt? Harry wusste es nicht. Er wusste nur, dass er einen mörderischen Kater hatte. Blind fummelte er auf dem Nachttisch nach seinem Zauberstab, richtete ihn nacheinander auf die Türen und entriegelte sie, bevor er sich doch noch das Kissen über den Kopf zerrte, um sein gemartertes Hirn vor Licht und Lärm zu schützen. Augenblicke später konnte er Ron neben dem Bett haltlos lachen hören. „Ich hab dir gesagt, du sollst die Finger von dem Butterbier mit Wodka lassen, das Fred und George für unseren Sieg gesponsert haben, aber du wolltest nicht hören.“ Harry hatte das Bedürfnis ihm den Mund zu verschließen, doch in Anbetracht seines Zustandes ließ er lieber die Finger von seinem Zauberstab. „Wieso hab ich die Türen verriegelt?“, fragte er mit rauer Stimme unter dem Kopfkissen hervor. „Das ist eine längere Geschichte!“, antwortete Hermione, bevor sie das Kissen wegzerrte, und ihm ein Glas unter die Nase hielt, das sie zuvor aus dem Bad geholt hatte. Harry warf einen Blick auf den blubbernden Inhalt und blinzelte sie an. „Was ist das? „Aspirin!“ „Aspirin?“, kam es gleichzeitig fragend von ihm und Ron, von Harry, weil er sich fragte, wieso sie Aspirin hatte und von Ron, weil er keine Ahnung hatte, was Aspirin war. Hermione hob nur die Brauen, während Harry den Inhalt des Glases hinunterstürzte. Solange er sein Kopfweh los wurde war ihm alles gleich. „Ich hab keinen Katerkiller-Trank in Reserve…Ich hab noch nie einen gebraucht.“, erklärte sie leicht vorwurfsvoll. Harry wechselte die Farbe, Ron zeigte Verständnis. „Harry, hast du auch nur den Hauch einer Ahnung, was du gestern nach dem Spiel alles getrieben hast?“ Das wirkte beinahe ernüchternder, als das Kopfweh zuvor. „Bis zu einem gewissen Punkt schon.“ Alles, was Hermione daraufhin von sich gab war ein abfälliges Schnauben, bevor sie ihm auch noch die Bettdecke wegzog und eine nicht misszuverstehende Kopfbewegung in Richtung Badezimmer sehen ließ. Harry krabbelte aus dem Bett und verschwand unter der Dusche. Ohne jeden Zweifel waren Miones Hemmungen ihm gegenüber seit ihrer letzten Aussprache vollkommen verschwunden. Als er zehn Minuten später wieder auftauchte fühlte er sich um einiges besser. Zweifellos begann das Aspirin seinem Kopfschmerz den Gar aus zu machen. „Okay…Warum also hab ich beide Türen noch mal verriegelt?“ Er stellte fest, dass ihm der Blickwechsel zwischen Ron und Hermione bei dieser Frage gar nicht gefiel. Es war Ron, der ihn einen Moment später mit Rosa angehauchten Wangen fragte: „Harry…kann es wohl sein, dass du eine leichte Besessenheit mit blonden Haaren hast?“ Harry konnte regelrecht spüren, wie ihm der Magen in die Kniekehlen rutschte. Eine weitere halbe Stunde später, hockte Harry mit gesenktem Kopf am Gryffindortisch, hatte nicht den geringsten Appetit und verspürte den dringenden Wunsch, im Boden zu versinken, doch Ron und Hermione hatten ihm nicht die Chance gegeben, sich in seinem Zimmer zu verbarrikadieren. Es sah ganz so aus, als habe die Siegerparty ihm gestern wirklich einen üblen Streich gespielt. Michael war schon beleidigt verschwunden, bevor es überhaupt richtig losgegangen war, obwohl Harry sich inzwischen klar war, dass er da schon betrunken gewesen war. Zweifellos vertrug er gar nichts mehr, denn er war sich relativ sicher, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als zwei Flaschen von dem Butterbier mit Wodka gehabt hatte. Zum Glück hatten ihm seine Freunde wenigstens versichert, dass Michaels Verschwinden nicht wirklich etwas mit ihm zu tun gehabt hatte, wenn man mal davon absah, dass er nicht zur Verteidigung von Ravenclaw in die Bresche gesprungen war. Sein Freund war von den Gryffindors vergrault worden, die nichts Besseres zu tun gehabt hatten, als über die Ravens zu lästern, wo es nur ging. Deswegen war aber trotzdem fraglich, ob er Michael noch als seinen Freund einstufen durfte, denn inzwischen hatte die Sache mit Lavender die Runde gemacht – und Harry war sich darüber klar geworden, dass er eine wirklich fatale Obsession mit blonden Haaren hatte, denn wenn er dafür unter Alkoholeinfluss das Geschlecht ignorierte, konnte es nur richtig schlimm sein. Lavender war die einzige unter seinen Hauskameraden, deren blond beinahe an Dracos herankam. Sie war der Grund dafür, dass seine Türen verriegelt gewesen waren, denn nachdem sie einmal den Eindruck gehabt hatte, dass sie eine Chance bei ihm hatte, hatte sie nicht mehr locker gelassen, bis er geflüchtet war. //Wirklich wunderbar, Harry, die erste Chance, eine Party zu genießen und du hast nichts Besseres zu tun, als dein Leben schon wieder in einen Riesenkatastrophe zu verwandeln.// „Lass den Kopf nicht hängen, Kumpel!“ Rons Hand landete auf seiner Schulter und sein Freund grinste ihn ermutigend an, als er den Blick hob und ihn ansah. „Das ist einfacher gesagt, als getan.“ „Hey…Lavender hat Mione schon den Kopf gewaschen, also brauchst du dir darum keine Gedanken zu machen…und das mit Corner kannst du nur selber klären. Er ist übrigens grad gekommen.“ Harrys Kopf ruckte zum Tisch der Ravenclaws herum. Sie waren wirklich spät, doch offensichtlich waren sie nicht die einzigen. Michael sah irgendwie nicht viel besser aus, als er selbst. Harry zögerte nicht einen Augenblick, bevor er aufstand und zum Tisch der Ravens hinüberging. Er würde sich nicht vor der Verantwortung drücken. „Hi.“ Harry schob sich auf die Bank neben Michael. Es waren noch einige Ravenclaws beim späten sonntäglichen Frühstück, doch von seinem Jahrgang war er der Einzige. „Hi.“, antwortete er leise, ohne Harry jedoch anzusehen. Es sah nicht gut aus und Harry starrte ins Leere, als er zu einer Entschuldigung ansetzte. „Es tut mir Leid, was gestern vorgefallen ist, Michael.“ Ein wenig amüsiertes Lachen war Michaels erste Entgegnung. „Weißt du, das Schlimme an der Sache ist, dass ich selber Schuld bin. Hätte ich mich nicht wie eine Mimose aufgeführt und wäre abgehauen, wäre es nicht so weit gekommen.“ Harry hätte ihm nicht sagen können, ob er damit richtig lag oder nicht, aber das tat nichts zur Sache. Er hatte Mist gebaut. „Ich denke nicht, dass du das so sehen solltest. Ich war nicht bei klarem Verstand.“ Michael sah auf und Harry machte sich augenblicklich Hoffnung, dass er die Lage doch noch wieder in den Griff bekam. Es wurde jedoch schlimmer statt besser. „Die Sache mit Malfoy…ist da irgendetwas Wahres dran, Harry?“ Das war das Letzte, womit Harry gerechnet hatte. Sein versteinertes Gesicht sagte ohne jeden Zweifel alles, denn Michael sprach weiter. „Weißt du, ich wollte es eigentlich nicht glauben, obwohl ich genau wie jeder andere in Hogwarts die Gerüchte über ihn gehört habe…Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, dass diese ganze Geschichte über dich im sechsten Schuljahr stimmt. Aber jetzt…Lavender…mit ihren blonden Haaren und …und Malfoy…mit Ray…“ Harry hatte nicht die Absicht weiter zuzuhören. Er schoss regelrecht von der Bank, wandte sich ab und stürmte auf die Tür der großen Halle zu. Er konnte Michael nach sich rufen hören, doch das interessierte ihn nicht. Er war nicht daran interessiert, sein kaputtes Seelenleben analysieren zu lassen, schon gar nicht von einem Ravenclaw. Es war ein wirklich unglücklicher Zufall, der dafür sorgte, dass das Portal der Großen Halle in dem Moment aufging, als Harry es gerade erreichte und halb blind vor Zorn und Verzweiflung hindurchstürmen wollte. So kam es, dass er mit voller Wucht in Draco hineinrannte. Ihrer beider erster Reflex war, das überraschende Hindernis am fallen zu hindern und gleichzeitig sich selbst zu stabilisieren. So kam es, dass Harrys Hände Dracos Schultern umklammerten und dessen Finger sich in seine Taille krallten, bevor auch nur einer von ihnen begriff, mit wem er da zusammen gerannt war. Harry empfand es als den lächerlichsten, kosmischen Scherz überhaupt, als er den Blick hob und in Dracos graue Augen blickte, während dieser das entsetzliche Gefühl hatte, lichterloh in Flammen zu stehen. Er bekam jedoch keine Gelegenheit das genauer zu analysieren, denn Harry stieß ihn mit so viel Wut von sich, dass er nur mühsam die Balance behielt, obwohl er einen halben Kopf größer war als der Gryffindor. Der Schwarzhaarige stürmte durch die Eingangshalle davon ohne zurückzublicken, doch Draco hatte auch nicht wirklich das Bedürfnis, noch einmal einem seiner wuterfüllten Blicke zu begegnen. Harry tobte vor Zorn und was auch immer sich in seinem Bewusstsein verändert hatte, der blonde Slytherin war in keiner Position, darauf irgendeinen Einfluss zu nehmen. Das konnten getrost Granger und Weasley übernehmen, die einen Moment später kommentarlos an ihm vorbei hetzten und ihn nicht mal eines Blickes würdigten. Draco konnte sich nicht helfen, als sich zu fragen, was vorgefallen war. Er musste jedoch nicht lange auf die Antwort warten. Während er zu seinem Platz am Tisch der Slytherins ging, an dem zum Glück außer Goyle niemand mehr aus seinem Jahrgang saß, durchbohrte Corner ihn mit Blicken. Er hätte zu gern gewusst, was Harry angestellt hatte. Seine nächtlichen Selbstanalysen hatten zwei Dinge grundsätzlich verändert. Er hatte aufgehört, mit der Vergangenheit zu hadern und er hatte beschlossen, seine Grundhaltung gegenüber Harry zu ändern. Es stand natürlich fest, dass sie beide zu viele Probleme zwischen sich angehäuft hatten und bei allem, was geschehen war, war das nicht wirklich verwunderlich. Egal, was Draco vielleicht wollte. Er wusste, dass er nicht einfach auf Harry zugehen konnte, um das, was immer noch zwischen ihnen war, in Ordnung zu bringen, selbst dann nicht, wenn Harry es selbst vielleicht genauso wollte. Deswegen war er jedoch trotzdem entschlossen, es zu versuchen, obwohl ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Draco hatte leider keine Zweifel daran, dass Harry sich ihm in dem Moment vollkommen entziehen würde, wenn sie Hogwarts hinter sich hatten. „Hab ich was verpasst?“, fragte er Goyle beiläufig, als er nach dem Toast und der Marmelade langte. Greg sah ihn an, als könne er nicht fassen, dass Draco diese Frage stellte. Es war jedoch nicht er, der antwortete. Zwei kichernde Fünftklässlerinnen klärten Draco begierig über die neusten Gerüchte auf. „Hast du es wirklich noch nicht gehört, Draco?“, fragte die Erste. Er erinnerte sich düster, dass sie Kathryn hieß. „Er war betrunken.“, warf die Zweite ein und beide kicherten albern. „Gott, er ist so süß, wenn er verkatert ist.“ Das Gekicher hinderte sie am weiterreden und Nr. Eins fuhr fort: „Es hat auf jeden Fall ordentlich gekracht zwischen den Turteltäubchen. Ich frag mich wirklich, was Michael zu ihm gesagt hat, dass er so ausgetickt ist. Eigentlich müsste doch Michael austicken.“ Was zur Hölle war hier passiert? Zwischen Dracos Brauen hatte sich eine steile Falte gebildet. Sein Blick wechselte zwischen den beiden Mädchen hin und her und er hoffte, dass sie ihr Gekicher bald in den Griff bekamen. Er wollte wissen, was vorgefallen war und versuchte gleichzeitig nicht zu interessiert dreinzuschauen. „Sieht aus…sieht aus, als habe er gestern…“ Nr. Zwei war die erste, die ihre Beherrschung wieder fand, wenn auch mühsam. „Potter hat gestern auf der Siegerparty Lavender angebaggert“, fiel ihr Nr. Eins ins Wort. „…Sieht aus, als wäre er nicht ganz so schwul, wie alle denken.“ Dracos Miene wurde ohne dass er es verhindern konnte grimmig, während er die beiden kichernden Mädchen abfällig maß. Ohne Zweifel amüsierten sie sich bestens. Er hatte keine Ahnung, was er von dem Ganzen halten sollte. Harry und Lavender Brown? Nicht, dass er was dagegen hatte, dass Corner offenbar beleidigt war, aber deswegen gefiel ihm diese Entwicklung trotzdem nicht. Die beiden Mädchen wandten sich wieder ihren eigenen Klassenkameraden zu und Draco zerlegte unwissendlich den Toast auf seinem Teller. Er war sich gar nicht bewusst, dass Greg ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte. Erst als er etwas sagte, riss das Draco aus seinen Gedanken. „Ist doch seltsam, diese offensichtliche Besessenheit mit Blonden, oder?“ Dracos Kopf schnippte zu Greg und er fand sich dessen intensivem Blick ausgesetzt. „WAS?“ Er war es nicht gewöhnt, dass einer seiner früheren Bodyguards seine Meinung zum Ausdruck brachte, doch Greg Goyle war nicht mehr sein Bodyguard. Crabbe mochte sich in den Hintergrund verzogen haben und Draco, den ‚Verräter’ ignorieren. Goyle tat das nicht. Die scheinbar so enge Freundschaft der beiden Gorillas war offensichtlich nicht wirklich so eng gewesen. Er hielt sich eher an seine Kameraden aus dem Quidditchteam, mit denen er recht gut klar kam. Draco brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass Greg sich damit im Grunde noch immer an ihn hielt, auch wenn die Gründe dafür zweifellos andere waren als früher. Offenbar deckte sich seine Meinung nicht mit der der meisten anderen Ex-Todesser. Es überraschte ihn ein wenig, doch was Greg als nächstes sagte, schockierte ihn regelrecht. „Wann wirst du endlich aufgeben, Draco?“, fragte er gelassen. „Wie bitte?“ „Es ist egal, was du versuchst aller Welt vorzumachen. Mir machst du nichts vor. Egal, was die anderen glauben, mit wie vielen Typen du dich letztes Jahr getroffen hat. Ich weiß, dass es nur einer war. Was auch immer passiert ist…nimm endlich deinen Kopf aus dem Sand und werde dir klar, was du wirklich willst!“ Und damit stand er auf und ließ Draco fassungslos allein am Tisch zurück. ~ Harry starrte auf den See hinaus und versuchte sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er wusste, dass seine Freunde noch immer nach ihm suchten, doch das war ihm gleichgültig. Er wollte nicht gefunden werden und offensichtlich hatte Lucius noch immer nicht dafür gesorgt, dass Draco die beiden letzten Zauber, die noch von ihrer bitteren Vergangenheit übrig waren zurück genommen hatte. Im Moment war er dankbar dafür, denn mit Hilfe des Obscurus konnte er auch ohne seinen Tarnumhang für seine Umgebung unsichtbar werden, wenn er es wollte. Was Michael zu ihm gesagt hatte, erschütterte ihn bis in die Grundfesten. Es hatte die Realität mit aller Gewalt auf ihn einstürzen lassen und begann zu ahnen, dass er der Vergangenheit hier in Hogwarts nicht entkommen würde. Nicht, nachdem er sich unter Alkoholeinfluss an die erstbeste Person herangemacht hatte, die beinahe genauso blond war, wie Draco. Harry konnte noch immer nicht fassen, was sein Unterbewusstsein offenbar mit ihm treiben konnte. //Ausgerechnet Lavender…das kann einfach nicht wahr sein.// Er ließ den Kopf auf die Knie sinken und schlang die Arme darum. Schon als Ron und Hermione ihn geweckt hatten, hatte er geahnt, dass es besser gewesen wäre, die Türen zuzulassen. Inzwischen war er sich dessen sicher. Leider hätte das jedoch an all dem, was passiert war auch nichts mehr geändert. //Noch drei Wochen, Harry, du musst noch drei Wochen durchstehen.// Der Gedanke war nicht wirklich tröstlich, denn im Moment hatte Harry nicht mal eine Ahnung, wie er diesen Tag überstehen sollte. Im Grunde wollte er sich wieder einmal nur vor aller Welt verstecken. Es war Zeit fürs Abendessen, als er sich endlich auf den Weg zurück ins Schloss machte, doch er dachte nicht daran, in die Große Halle zum Essen zu gehen. Er würde sich von Dobby etwas bringen lassen. Harry wollte heute wirklich niemanden mehr sehen. Um genau zu sein wollte er diese letzten drei Wochen nur noch so schnell wie möglich hinter sich bringen. * * * „Harry, warte!“ Harry ließ resigniert die Schultern hängen. Er war auf dem Weg in sein Zimmer und hatte die Absicht, den Rest des Tages genau da zu verbringen. Er hatte sich entgegen seiner guten Absichten in die Wiederholungen für die Prüfungen gestürzt, denn es hielt ihn vom Denken ab. Er ging allem aus dem Weg, war der Letzte beim Frühstück, ließ alle anderen Mahlzeiten ausfallen und verzog sich in sein Zimmer sobald er Gelegenheit dazu bekam – getreu dem Plan, dass er diese letzten drei Wochen nur noch hinter sich bringen wollte. Seine Freunde hatten inzwischen eingesehen, dass es keine gute Idee war, ihm noch mehr zuzusetzen, nachdem er sie drei Mal hatte stehen lassen, als sie mit ihm über seine Probleme reden wollten. Sie hatten aufgeben und ließen ihn in Ruhe, zweifellos ahnend, dass es besser werden würde, sobald er Hogwarts hinter sich hatte. Der Einzige, der ihn nicht in Ruhe ließ war Michael. Er versuchte schon seit zwei Tagen mit ihm zu reden, doch Harry wollte nicht reden und es sah ganz so aus, als müsse er das Michael endlich begreiflich machen. Er blieb stehen und sah ihm entgegen. „Was willst du, Michael?“ „Mich entschuldigen.“ Michael starrte bei diesen Worten den Boden an und so entging ihm, dass Harry von dieser Aussage vollkommen schockiert war. „Entschuldigen? Wofür?“, fragte er ungläubig. Michael hob den Kopf und sah ihn diesmal an, als er sagte: „Ich weiß, dass du möglicherweise glaubst, du seiest derjenige, der sich entschuldigen muss. Vielleicht musst du das auch…ein bisschen. Aber ich war ein Idiot, mehr als nur einmal. Ich hätte mich nicht von deinen Hauskameraden anmachen lassen dürfen. Das ist Punkt eins. Du hast dieses Spiel mit Recht gewonnen und ich war davon vollkommen begeistert. Es hätte mich nicht stören dürfen, dass sie über die anderen abgelästert haben. Das ist Punkt eins. Punkt zwei ist…entschieden dämlicher.“ Michael ließ den Kopf wieder sinken. Harry konnte regelrecht spüren, wie peinlich ihm war, was er sagen wollte. „Michael, hör zu, es ist egal, was du denkst. Du bist nicht derjenige, der Fehler gemacht hat.“ Seine Hand landete auf Michaels Schulter, in dem Versuch Trost zu vermitteln. Das Resultat war, das Michael nach seiner Hand griff und sie regelrecht umklammerte. „Nein, lass mich ausreden. Ich…ich will nicht, dass es einfach so…vorbei ist. Ich mag dich sehr Harry, und ich hab den blödesten Fehler gemacht, den man machen kann. Ich hätte nicht nach…nach einem Ex fragen dürfen. Egal…egal, wer der Ex ist. Wie ihr…wie ihr beide dazu steht ist nicht zu übersehen. Und das hätte mir reichen müssen, Harry. Es war nur…ich konnte einfach nicht fassen, was…was passiert ist. Ich war ärgerlich. Aber ich hätte wissen müssen, dass es nicht wirklich etwas bedeutet…mir ist klar, dass es dir schwer fällt. Aber ich würde dir gern helfen, Harry. Bitte glaub mir.“ Er sah wieder auf. Erwartungsvoll. Hoffnungsvoll. Harry hatte einen Kloß im Hals. Das war sie, die Chance. Das wusste er mit absoluter Sicherheit. Michael, in all seiner Ravenclaw-Cleverness hatte begriffen, was mit ihm los war. Und er hatte zweifellos begriffen, dass er eine Chance hatte, dass Harry ihm alle Chancen geben würde, die er brauchte solange er nicht versuchte, mit der Vergangenheit und Harrys offensichtlichem Problem zu hadern. Der einzige Weg war, sie zu akzeptieren, Verständnis zu zeigen und das mit ihm gemeinsam durchzustehen. Harry war sich nicht einmal bewusst, wie fest er Michaels Finger in diesem Moment umklammerte. Die Hoffnung kam mit aller Macht zurück und ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht. Er tat nichts lieber, als Michael diese Chance zu geben. Sie mochte ihm nicht zurückgeben, was er verloren hatte, doch mit ein bisschen Glück gab er damit auch sich selbst eine Chance, selbst wenn Liebe für ihn nie wieder dasselbe sein würde. ~ Draco wusste in dem Moment, als er die Ecke umrundete, die in den Gang zum Gryffindorgemeinschaftsraum führte und er Harry mit Corner gedankenverloren vor einem Fenster stehen sah, dass seine Entscheidung, den schwarzhaarigen Gryffindor zur Rede zu stellen, nicht einen Moment später hätte fallen dürfen. Etwas ging zwischen den beiden vor sich, dessen Tragweite ihm überhaupt nicht gefiel, denn er hatte nicht erwartet, dass er Harry noch einmal mit Corner Händchen halten sehen würde, obwohl nicht zu übersehen gewesen war, dass der Ravenclaw alles versuchte, um Harrys Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Eifersucht krallte sich erneut in seine Gedanken und entschlossen ging er weiter, nicht gewillt, auch nur noch einen Moment lang zurückzustecken. „POTTER…ich muss mit dir reden.“ Die Veränderung, die mit Harry vorging, war für niemanden zu übersehen. Nicht für Draco, nicht für Michael und auch nicht für Harry selbst. Er versteifte sich regelrecht. Sein Blick verschloss sich und seine ganze Haltung drückte Abwehr aus. Michael wollte seine Hand nicht freigeben, doch Harry gab ihm keine Chance dazu. „Unter vier Augen“, setzte Draco ätzend in Michaels Richtung nach, als er die beiden erreichte. „Ich wüsste nicht worüber!“, ging Harry jedoch dazwischen und Michael nahm das als Wink, dass es keinen Grund gab, Draco nachzugeben, doch dieser war zu aufgebracht, um Skrupel zu haben. „Corner, verschwinde, wenn dir dein Wohlergehen am Herzen liegt.“ „Draco…hör auf!“ Harry war alarmiert, wohl wissend, zu was der Blonde fähig war. „Es gibt zwischen uns nichts mehr zu reden.“ Draco starrte Harry unverhohlen an. Was auch immer gerade zwischen den beiden vorging. Er hatte nicht die Absicht, es weiter voran schreiten zu lassen. „Ich meine, was ich sage, Corner“, ließ er sich erneut vernehmen, ohne dem Ravenclaw auch nur einen Blick zu gönnen. „Draco, ich warne dich!“ Er war sich nicht einmal bewusst, was er tat. Er hatte schon den Zauberstab in der Hand und war zu allem entschlossen, aber die Gewohnheit konnte er nicht besiegen. Nicht mal jetzt brachte er es fertig, den vertrauten Namen zurückzuhalten. Er war viel zu aufgewühlt. So aufgewühlt, dass er es nicht einmal merkte, doch Michael bemerkte es und er begriff augenblicklich, was es bedeutete: Malfoy hatte nicht die Absicht, Harry die Chance zu geben, die er wollte – und Michael realisierte zu seinem Entsetzen, dass er nicht den Mut hatte sich hier zwischen die Fronten zu begeben. Er machte den ersten Schritt zurück, ohne, dass Harry es auch nur mitbekam, so fixiert war er auf den Slytherin. „Harry, wir wissen doch beide, dass du nicht ernst machen wirst. Das hast du schon mehr als nur einmal bewiesen“, provozierte Draco gnadenlos weiter, während er Corners Reaktionen nicht aus den Augen ließ. Der Ravenclaw hatte zweifellos begriffen, dass er hier nichts zu suchen hatte. Es beeindruckte ihn nicht wirklich als Harrys Zauberstab einen Augenblick später auf seine Brust zeigte. Corner hatte es schon fast außer Sicht geschafft. Das war das Einzige was zählte. „WAS verdammt noch mal willst du von mir. Es gibt nichts mehr zu reden.“ „Obscurus praesentia!“ Das brachte Harry aus dem Konzept und er machte einen Schritt rückwärts, nur um zu begreifen, das Draco zweifellos erreicht hatte, was er wollte. Er sah Michael gerade noch um die Ecke am Ende des Ganges verschwinden. „Du verdammte Ratte!“ Er wollte dem Ravenclaw nachlaufen, doch Draco schnappte ihn am Arm. „Harry, es ist mir ernst, ich MUSS mit dir reden. Ich weiß, dass du das nicht willst, aber ich muss ein paar Dinge klären. Unbedingt.“ //Mehr als du denkst…viel mehr als du denkst.// Draco spürte die Unsicherheit zurückkommen. Seit Samstag machte er sich Gedanken, wie er das alles wieder in den Griff bekommen sollte und jedes Mal stellte er von Neuem fest, dass er keine Ahnung hatte wie. Die Situation war ganz eindeutig zu ungewohnt für ihn. Vor ein paar Minuten, als er Harry mit Corner gesehen hatte, war klar gewesen, was er tun musste. Jetzt war er mit Harry allein und seine Gedanken gerieten ins Stolpern. Und Harry reagierte alles andere als positiv auf seine Absichten. //Was hast du erwartete, Draco?// Es war klar gewesen, dass der Gryffindor seinen Argumenten nicht gerade offen gegenüber stehen würde und er brachte das in seiner Wut klar zum Ausdruck. „WAS VERDAMMT NOCH MAL BILDEST DU DIR EIN, MALFOY!“ Harry konnte nicht fassen, was sich abspielte. Zwischen ihnen waren die Fronten geklärt. Es war vorbei. Draco hatte seine Ansichten klar geäußert. Es gab nichts mehr zu reden. „Es gibt ein paar Sachen, die ich klären muss…dringend, Harry.“ Harry brachte sich mühsam unter Knotrolle und wünschte sich eine Zigarette. Er wich Dracos Blick aus und konstatierte vollkommen beherrscht: „Es. Gibt. Zwischen. Uns. Nichts. Mehr. Zu. Klären.“ „Doch gibt es…wenn du mir nur zuhören würdest…“ der dünne Mantel von Harrys Beherrschung zerriss. „GOTT VERDAMMT NOCH MAL, HÖR AUF! Ich will dir nicht mehr zuhören. Ich habe nichts mehr mit dir zu klären. Es gibt nichts mehr zu reden. Du kennst die Wahrheit. Du kennst die Vergangenheit. DU HAST, was du willst, Draco.“ Draco starrte ihn nur an, sah, dass er von dem, was er sagte überzeugt war. Doch es war falsch. Vollkommen falsch. „Nein hab ich nicht.“ Es war ein Sprung ins kalte Wasser. Es war unvernünftig wie selten etwas, was Draco getan hatte, wenn man einmal davon absah, dass er es riskiert hatte mit Lord Voldemort allein in einem Raum zu bleiben. Möglicherweise konnte es alles noch viel schlimmer machen, als es eh schon war, möglicherweise war es viel zu früh dafür, doch Draco konnte nicht anders. Er wollte Erklärungen abgeben, wollte Harry begreiflich machen, was ihm seit Tagen durch den Kopf ging. Er wollte ihm sagen, dass er sich über einiges klar geworden war und begriffen hatte, wie viel zwischen ihnen schief gelaufen war, aber vor allem anderen wollte er Harry begreiflich machen, was er empfand – und er war sich vollkommen klar darüber, dass er dafür keine Worte finden würde und er nur eine einzige Chance hatte. Es war das, was er von allem am meisten wollte und er wusste, wenn er Glück hatte, überrumpelte er den Schwarzhaarigen noch einmal damit und diesmal hatte er keine Ausrede mehr davon zu laufen, denn diesmal wussten sie beide, was zwischen ihnen schon alles geschehen war. Draco machten den letzten Schritt auf Harry zu, entschlossen ihm begreiflich zu machen, was er wirklich wollte. Harry war paralysiert, als er realisierte, was Draco da sagte. Deshalb reagierte er nicht, als dieser auf ihn zukam und beinahe zögerlich die Kanten seines Schulumhanges fasste, bevor er ihn langsam an sich zog. Seine Erstarrung löste sich erst, als die Lippen des Blonden seine berührten. Er wollte ihn von sich stoßen, wollte weglaufen und ohne Rücksicht auf Verluste alles hinter sich lassen, doch stattdessen krallten sich seine Finger in den Stoff von Dracos Umhang, öffneten sich seine Lippen um Draco Einlass zu gewähren. Seine Augen fielen zu, als er begriff, dass er es einfach nicht schaffte, all dem zu entkommen. Draco umschlang Harry fester, als dieser ihm keinen Widerstand entgegen brachte, küsste ihn fordernder und spürte sein Entgegenkommen. Es war euphorisch und Draco wusste warum: Es war ein Triumph über ihrer beider Vergangenheit. „Was verdammt noch mal soll das?“ Harrys Stimme war rau, voller unterdrückter Emotionen, als es ihm gelang, zu Wort zu kommen. „Was glaubst du?“, fragte Draco zurück, doch er wartete nicht auf die Antwort, sondern küsste ihn erneut. Die Vertrautheit kam zurück, so wie die Ressentiments Stück für Stück verschwanden. Draco lockerte seinen bisher eisenharten Griff, seine Finger glitten über Harrys Rücken, seine Schultern, fanden ihren Weg in sein Haar und mit jeden Sekunde die verstrich, wurde ihm klarer, dass es tatsächlich genau das war, was er wollte. Harry befand sich im freien Fall. Es war nicht mehr so schlimm, wie beim letzten Mal, denn trotz aller Probleme war er bei weitem nicht mehr so angeschlagen wie damals, doch trotzdem machte es ihm regelrecht Panik, dass Draco ihn küsste. Noch immer war er der vollen Überzeugung, dass der Blonde unmöglich gewollt haben konnte, was sich zwischen ihnen auch in diesem Schuljahr erneut entwickelt hatte und doch schien es genau so zu sein. Draco wusste, was geschehen war. Er kannte die Vergangenheit und trotzdem standen sie hier, auf dem Gang vor dem Eingang zum Gryffindorgemeinschaftsraum und küssten einander, als sei es das Einzige, was noch zählte. Konnte es wirklich sein? Konnte der verdammte Slytherin wirklich über seinen Schatten springen? Hatten sie wirklich eine Chance? Harry spürte Dracos Finger in seinen Haaren und hatte das Gefühl, als verliere er vollkommen den Boden unter den Füßen. Er konnte nicht mehr klar denken, wusste nicht, ob er stürzte, oder über den Wolken schwebte. Es war genau das, was er immer gewollt hatte und doch blieb die unerklärliche Furcht, dass das ganze nur ein Traum war. Die Theorie mit dem Traum platzte jedoch einen Moment später wie eine Seifenblase, als Stimmen zu vernehmen waren, die ganz klar auf sie beide zu kamen. Sie reagierten als wären sie eins. So schnell, wie Harry versuchte Draco um die nächste Ecke herum zu schieben, fühlte er sich von diesem in dieselbe Richtung gezogen und einen Moment später standen sie dicht aneinandergepresst an der Wand und starrten in die Richtung, aus der noch immer die Stimmen kamen, die Harry zum Glück nicht als die seiner Freunde identifizierte, denn in jedem anderen Fall war er sicher, dass niemand in ihre Richtung kam. Sie befanden sich auf dem Gang, der zu seinem Zimmer führte. Es schien eine Ewigkeit, bis die Gryffindors, die ziemlich zeitig vom Abendessen zurück kamen endlich hinter dem Portrait verschwanden. Harry war bloß froh, dass das Passwort für den Gryffindorraum nicht wirklich aus dem Gespräch herauszufiltern gewesen war. Es hätte ihn in ernste Erklärungsnöte gebracht, wenn er zwei Wochen vor Schuljahresende versuchte es noch einmal zu ändern. Er hatte sich gefangen und konnte Dracos Blick auf sich ruhen spüren, doch er wusste nicht, wie er reagieren sollte. Den Mut, den Blonden anzusehen konnte er nicht aufbringen. Es war Draco selbst, der ihm die Entscheidung abnahm, sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger seiner Rechten nahm und ihn zwang, ihm das Gesicht wieder zuzuwenden, doch selbst dann brauchte Harry noch einen Moment, bevor er ihm in die Augen sah. Er hatte keine Ahnung, was er von der ganzen Sache halten sollte und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Dracos Miene war ernst und wie üblich nicht zu entziffern, doch dieses Spiel war Harry nur allzu vertraut. Meistens war es darauf hinausgelaufen, dass der Blonde seinen Kopf durchsetzte und darum steigerte sich seine eigene Wachsamkeit ins Unendliche und zweifellos war das in seiner Körperspannung zu spüren, denn zu Harrys Überraschung erschien ein schwaches Grinsen auf Dracos Lippen. „Auf alles gefasst oder?“, fragte er und spürte seine eigene Anspannung in seinen Worten. Harry versuchte jedoch nicht die Flucht zu ergreifen, entschlossen abzuwarten, worauf das ganze zusteuerte. Er wusste, dass es eh kein zurück mehr gab. Er hatte viel zu viel von sich offenbart, doch bis jetzt war er nicht sicher, wie er Draco deuten sollte. „Schlechte Erfahrungen…“, entgegnete er nur vage auf dessen Anspielung. Das Vertrieb das Grinsen aus Dracos Gesicht. „Ich verzeihe dir, wenn du mir verzeihst…“ Es sprudelte regelrecht aus ihm heraus und die Wirkung war unübersehbar. Der wachsame Ausdruck verschwand aus Harrys Zügen, seine Lippen öffneten sich und in seinen Augen spiegelte sich vollkommene Fassungslosigkeit. Er konnte nicht glauben, was er hörte. „Das ist nicht dein ernst, oder?“ Draco trat einen Schritt zurück. Alle Zweifel waren wieder da. Es war viel zu früh und im Grunde viel zu wenig. Sie waren beide Dank des jeweils anderen durch die Hölle gegangen und für Harry waren diese Wunden viel zu frisch und möglicherweise auch zu tief. ER trug Schuld an dem, was er Harry angetan hatte, während dieser das Opfer von Voldemorts Machenschaften gewesen war und nicht einmal geahnt hatte, was er Draco antat. Wie konnte er erwarten, dass es für all das wirklich Vergebung gab? Die Chance darauf war viel zu gering und Harrys Frage kam nicht wirklich überraschend, doch Draco wollte klar stellen, dass er bereit war, all das hinter sich zu lassen. „Es ist mir ernst.“ Harry konnte ihn nur anstarren. Ungläubig. Fassungslos. Überwältigt. Das war die Chance, von der er nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Er war versucht sich zu kneifen und ließ Draco nicht aus den Augen, so, als fürchte er, dass er sich wie eine Fata Morgana jeden Moment in Luft auflösen könnte. Draco wurde nervös. Harrys Schweigen machte ihn nervös. Er war sich klar, dass das der entscheidende Moment war. Wenn er den Schwarzhaarigen jetzt nicht überzeugte, würde er niemals mehr eine Chance dazu bekommen. //Gott verdammt, ich bin zu neu auf diesem Gebiet.// Das Letzte, was er wollte, war irgendwelche Parallelen zur Vergangenheit ziehen. Darum stand er hier, versuchte ehrlich zu sein und Harry nicht zu drängen und hatte keine Ahnung, wie er es anstellen sollte. „Harry…ich weiß, dass dir das alles vollkommen abwegig vorkommt. Um ehrlich zu sein…ich kann selber nicht ganz begreifen, was ich mir verspreche…es…das Problem…wenn…Merlin und Morgana…“ Unwirsch fuhr er sich mit der linken durchs Haar und das war der Moment, als Harrys Finger sein anderes Handgelenk umklammerten und er ihn ans sich zog, um ihn zu küssen. Draco hinderte ihn nicht daran. Er wusste nicht, was er richtig gemacht hatte, doch er war sich drüber im Klaren, dass etwas davon Harry überzeugt hatte, dass er meinte, was er sagt. Was das war, war ihm im Moment vollkommen gleich. Hätte er gewusst, dass es seine hoffnungslose Unartikuliertheit angesichts der Tatsache, dass er versuchte ehrlich zu sein gewesen war, wäre er vermutlich vor Peinlichkeit vorzugsweise im Boden versunken. So ließ er sich einfach nur fallen, in diesen Kuss und in die Hoffnung, die ihm Harrys Reaktion machte. „Sahnekaramell…“ „Wie bitte?“ Draco kämpfte sich durch den Nebel seiner Verzückung angesichts der Zusammenhanglosigkeit von Harrys halb gestöhntem Statement. Die Sache zwischen ihnen geriet schneller außer Kontrolle, als Draco es für möglich gehalten hätte. Der derangierte Zustand ihrer Kleidung bewies ganz klar, dass Geduld nicht zu ihren Stärken gehörte. „Sahnekaramell…“ wiederholte Harry noch einmal und seine Linke fummelte dabei vollkommen abwegiger Weise an der Wand entlang. „Das ist das Passwort.“ „Welches Passwort?“ Der Nebel verzog sich, obwohl Draco davon gar nicht begeistert war. Grüne Augen sahen ihn unter halb gesenkten Lidern hervor an. „Das für die Tür neben dir.“ Er wandte den Kopf und begriff, was Harry meinte, nur um einen Moment später in den Raum hinter dieser Tür geschoben zu werden. Draco brauchte nicht lange, um zu begreifen, dass Harry offensichtlich sein eigenes Zimmer hatte, er machte sich jedoch keine weiteren Gedanken darüber, denn es machte alles viel einfacher. Er würde Harry Potter nicht so schnell wieder aus seinen Fingern lassen und ihm das auch nachdrücklich klar machen. Kaum, dass Harry die beiden Türen verriegelt hatte, die zweifellos von außen in den Raum führten, zog er ihn erneut energisch an sich. „Nur noch mal rein rhetorisch…Du hast mir vorhin nicht wirklich geantwortet.“ Harry sah ihn an. „Hab ich das nicht?“, fragte er zurück. „Ich dachte, es wäre eindeutig.“ Er war sich sofort klar, was Draco meinte. „In gewisser Weise ist es das auch…aber…“ „…du willst es hören.“, beendete er Dracos Satz. Es war einer der wenigen Momente, wo es unmöglich war in Harrys Blick zu lesen. Die Unsicherheit war noch immer da und er hatte keine Ahnung, was aus all dem hier werden sollte, doch er wusste, dass er nichts mehr wollte, als Draco wieder an seiner Seite zu haben. Zaghaft hob er die Hand und strich ihm zärtlich über die Wange. „Ich verzeihe dir.“ Und in diesem Augenblick meinte er das wirklich. * * * Das Schreien riss Harry so abrupt ins Bewusstsein, dass er einen Moment lang nicht wusste, wo er war. Er begriff nur, dass er nicht allein war. Wohlvertraute Worte hallten durch seinen Kopf, sorgen dafür, dass ihm der kalte Schweiß ausbrach und Panik sein Herz abdrückte und dann wandte er den Kopf und sah Draco neben sich im Bett liegen. Er schrak so abrupt vor ihm zurück, dass er aus dem Bett fiel und hart am Boden landete. Der Blonde bekam es nicht mit. Harry versuchte tief durchzuatmen, versuchte seine Panik und Verzweiflung unter Kontrolle zu bringen, doch die Stimme in seinem Kopf hörte wieder einmal nicht auf zu schreien. ‚…DU HÄTTEST ES WISSEN MÜSSEN, POTTER! DU HÄTTEST WISSEN MÜSSEN, DASS ICH DICH NIEMALS FREIWILLIG LIEBEN KÖNNTE…’ Er wollte es unter Kontrolle bringen, wollte es abstellen, doch was war unmöglich. Immer und immer wieder kreiste diese Anklage durch seinen Kopf und paarte sich mit dem, was Voldemort gesagt hatte. Harry wusste, dass es Lügen waren und doch kam er nicht dagegen an. Zitternd sprang er auf die Beine, zog sich hastig etwas über und verließ das Zimmer, ohne dass Draco es auch nur mitbekam. Er musste seinen Kopf klar bekommen, musste mit sich ins Reine kommen – musste einen Schlussstrich ziehen unter die Vergangenheit, sonst würde er niemals wirklich eine Chance haben anzunehmen, was Draco zu geben bereit war. Draco erwachte nur wenig später Dank des Umstandes, dass Harry die Decke mit aus dem Bett gezerrt hatte. Er war irritiert, als ihm klar wurde, dass der Schwarzhaarige das Zimmer offenbar verlassen hatte. Es war früh am Morgen, noch nicht einmal sechs Uhr und es verblüffte ihn, dass Harry um diese Zeit schon auf den Beinen war. Sich vollkommen im Klaren, dass er Harry immer und überall finden würde, zog er sich an und folgte wieder einmal den Spuren des Ligamentum-Zaubers, den er ganz gewiss niemals mehr zurück nehmen würde. Es dauerte nur ein paar Minuten, bis er Harry draußen auf dem Gelände fand. Die Gesellschaft, in der dieser sich jedoch befand, behagte ihm ganz und gar nicht. Seidenschnabel war bei ihm. Der Hippogreif hatte den Kopf über Harrys Schulter gelegt und es war nicht zu übersehen, dass der Schwarzhaarige sich regelrecht an das Tier klammerte. „Harry…bist du okay?“ Harry schrak zusammen, als er Dracos Stimme hörte und stellte automatisch sicher, dass der Blonde ihm nicht ins Gesicht sehen konnte. Seine Wangen waren tränennass und seine Augen gerötet. Er war versucht sein Gesicht erneut in Seidenschnabels Gefieder zu pressen und den Rest der Welt zu ignorieren. „Harry…“ „Es tut mir leid, Draco…“ Harry wusste nicht, warum Seidenschnabel an diesem Morgen hier aufgetaucht war, doch er war unendlich dankbar dafür, dass er da war, denn er würde Draco davon abhalten ihm zu nahe zu kommen. In Dracos machte sich angesichts von Harrys Worten Kälte breit. Was tat ihm Leid? Was sollte das bedeuten? Warum war der Hippogreif hier? „Was tut dir Leid?“, fragte er unsicher und machte einen Schritt auf Harry zu, obwohl er Seidenschnabel überhaupt nicht traute. Harry hörte es und sein Unwille übertrug sich automatisch auf Seidenschnabel. Er hob drohend den Kopf. Ohne jeden Zweifel hatte er Draco nicht vergessen. Harry biss sich auf die Lippen und spürte neue Tränen über seine Wangen strömen. Noch immer hatte er Draco den Rücken zugewandt. Er verspürte den Wunsch zu dem Blonden zu gehen, sich von ihm in die Arme nehmen zu lassen und zu hören, dass alles gut war, doch etwas hinderte ihn daran und inzwischen wusste er, was es war: Angst. Die Vorstellung, sich noch einmal auf einen anderen Menschen einzulassen verursachte ihm derartige Panik, dass ihm die Luft zum Atmen wegblieb, er am ganzen Leibe zu zittern begann und das Gefühl bekam, jeden Moment das Bewusstsein zu verlieren. „Harry, WAS tut dir Leid?“ Draco machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, obwohl der Hippogreif sichtlich ungehalten darüber war. „Harry, sieh mich an. Ich weiß, dass es schwierig ist. Ich weiß…dass viel zwischen uns geschehen ist und ich erwarte nicht, dass es einfach ist. Aber ich…ich bin sicher… wir können es schaffen.“ Die Kälte verursachte ihm eine Gänsehaut. Alles in ihm steuerte auf eine Erkenntnis zu, die er nicht wollte. Er ahnte, was Harry Leid tat und er wollte es nicht hören, doch Harry tat ihm den Gefallen nicht. „Ich kann das nicht…ich dachte es sei alles, was ich will, doch ich kann das nicht…ich kann nicht, Draco!“ Es war so schmerzhaft eindeutig, was er meinte, dass es schon beinahe unreal war. Draco sah, wie Harry mühelos auf den Rücken des Hippogreifes glitt, ohne ihm auch nur für einen Augenblick das Gesicht zuzuwenden. Eng an den Hals des Tieres geschmiegt, stieß er Seidenschnabel die Hacken in die Seiten und dieser galoppierte an und erhob sich Augenblicke später in die Luft, brachte Harry weg von Hogwarts, weg von Draco. Draco stand auch noch am selben Fleck, als die beiden schon lang aus seinem Sichtfeld verschwunden waren. Die Leere war zurück und niemals war sie ihm so schmerzhaft erschienen, wie im Moment. Er hatte alles getan, um Harry von seiner Ehrlichkeit zu überzeugen, war bis zum Äußersten gegangen um zurückzubekommen, was er unbedingt wollte, doch es war nicht genug. Er wollte ärgerlich darüber werden, versuchte wütend auf den Gryffindor zu sein, doch es gelang ihm nicht, denn er musste sich fragen, ob es nicht möglicherweise das war, was er verdient hatte, nach allem, was geschehen war. tbc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)