Schwarzer Drache: Silberschwingen von abranka (Schwarzer Drache III) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Kleine Elfe ------------------------- "Langsam wird es Zeit, Hitomi." Milerna lächelte die Freundin fröhlich an. "Ich habe Angst, Milerna," murmelte das Mädchen vom Mond der Illusionen und drehte sich noch einmal vor dem Spiegel. Ihr weißes Seidenkleid hatte einen leichten V-Ausschnitt und bauschte sich elegant um ihre Taille. Es glänzte hell wie das Mondlicht und kleine Diamantsplitter brachten es zum Glitzern. Der lange Schleier glitt hinter ihr über den Boden, als sich Hitomi wieder zu Milerna umdrehte. "Hitomi, du siehst wunderschön aus. Wirklich. Und es ist normal, wenn du nervös bist. Das hier ist deine Hochzeit! Du darfst nervös sein." Milerna lachte auf und fasste Hitomi liebevoll an den Schultern. "Du machst das schon. Das hier wird der schönste Tag in deinem Leben werden. Glaub es mir, Hitomi." "Ja, du hast Recht." Hitomi lächelte erleichtert. "Es ist doch schließlich das, was ich mir gewünscht habe." "Na also, es geht doch..." Milerna grinste schelmisch. "Wo bleibst du denn, Hitomi?" Merle stieß die Tür zu dem Ankleidezimmer ungestüm auf und funkelte Hitomi ungehalten an. "Die Kutsche wartet. Alle warten. Und zwar nur auf dich. Also komm endlich!" "Beruhige dich, Merle. Ich komme ja schon." Hitomi lachte, raffte ihr Kleid zusammen und folgte dem ungeduldigen Katzenmädchen. Alexander schlenderte durch die Stadt. Es dauerte noch etwas, bis die Hochzeitszeremonie vor dem Tempel anfangen würde. Als Trauzeuge würde er natürlich pünktlich sein, aber er hatte einfach keine Lust dort die nächste halbe Stunde einfach nur rumzustehen. Er lächelte leicht, während er weiterging. Van und Hitomi hatten wirklich einen wunderschönen Tag für ihre Hochzeit erwischt. Die Sonne schien und an dem strahlendblauen Himmel war keine einzige Wolke zu sehen. Ja, das Glück hatten sie wirklich verdient. Alexander musste laut lachen, als er daran dachte, wie nervös Van vorhin gewesen war. Der König von Farnelia hatte es kaum geschafft, seine Galauniform anzuziehen. Jetzt stand er schon mit Louvain und all den wichtigen Repräsentanten der anderen Länder vor dem Tempel und wartete auf seine Braut. Eine volle halbe Stunde... Ich möchte wirklich nicht mit ihm tauschen, dachte Alexander mit einem breiten Grinsen. "Komm, Mama! Der Mann da hinten hat eine echte Elfe!" rief auf einmal ein Kind neben ihm. Alexander hob den Kopf und sah ein kleines, blondes Mädchen, das übermütig an der Hand seiner Mutter zerrte. Es deutete auf einen der Schaustellerwagen auf dem Marktplatz. Ein großes Plakat wies daraufhin, dass es angeblich eine echte Elfe zu sehen geben würde. Eine echte Elfe, dachte Alexander spöttisch. Wenn du wüsstest, wie schön, lieb und reizend Elfen sind. Dann würdest du sie nicht einsperren. Sicher nicht... Er blieb stehen und sah nachdenklich zu dem Holzwagen hinüber. Es war einer von der Sorte, in der oft wilde Tiere dargeboten wurde. Dieser war mit einem schäbigen Vorhang zugehängt. Sollte er dort hinüber gehen? Es konnte doch keine echte Elfe sein. Niemals. Sie lebten doch so weit weg von Farnelia. Wie sollte es eine Elfe hierhin verschlagen? Alexander schüttelte den Kopf und wollte schon weitergehen, als der Mann, dem der Holzwagen offenbar gehörte, den Vorhang öffnete und er auf die silberne Gestalt hinter den Gittern blicken konnte. Verblüfft hielt Alexander inne. Farla? Wie kann das sein? Folkens Sohn rannte los und schob sich energisch durch die Menschenmenge, die sich augenblicklich vor dem Käfig gebildet hatte. Ja, sie war es wirklich. Zusammengekauert hockte das Elfenmädchen in der Ecke. Sie hatte viel von ihrem silbernen Glanz eingebüßt. Alexander vermisste die Lebensfreude, die sie sonst ausgestrahlt hatte. "Farla?" murmelte er leise und blickte sie traurig an. Das Elfenmädchen hob den Kopf. Ihre Augen glänzten, als sie ihn erkannte. Sie sprang auf und schwirrte zu den Gitterstäben. "Alexander!" Farla schloss ihre Hände um die Stäbe. "Alexander..." Tränen rannen aus ihren Augen und über ihre Wangen. Wütend drehte sich Alexander zu dem Wagenbesitzer um. "Lasst sie raus! Sofort!" fauchte der schwarzhaarige Junge wütend. "Und mit welchem Recht verlangt Ihr das?" Der dickliche Mann mit den schäbigen Kleidern sah Alexander spöttisch. "Ich verlange es im Namen des Königs!" Alexander schlug seinen langen Umhang zurück und ließ den Mann das Siegel Farnelias auf seiner Jacke sehen. "Verzeiht, mein Herr." Sofort gab der Händler mit bleichem Gesicht nach. Mit zitternden Fingern nestelte er an dem Schlüsselbund an seinem Gürtel herum, fand endlich den richtigen Schlüssel und schloss schließlich das Gitter auf. "Farla!" Die kleine Elfe flog Alexander in die ausgebreiteten Arme. "Alexander!" Das Mädchen presste sein verweintes Gesicht in den teuren Umhang und schluchzte erleichtert auf. "Alles ist gut..." murmelte Alexander leise und streichelte ihr liebevoll über den Rücken. "Und Ihr, präsentiert nie wieder irgendetwas in Eurem Käfig. Nicht hier! Habt Ihr mich verstanden?" knurrte Alexander den Schausteller an. Dieser nickte ängstlich. "Gut..." Farla immer noch im Arm haltend ging Alexander langsam weg. "Und jetzt erzähl mir, wie du hierher kommst, Mädchen," lächelte Folkens Sohn sanft und strich Farla über ihr silbernes Haar. Van stand neben dem Altar vor dem Hohen Tempel. Nachdenklich beobachtete er die Menschen, die sich auf dem Tempelplatz eingefunden hatten. Die Repräsentanten der anderen Länder unterhielten sich miteinander und hier und da konnte er vertraute Gesichter erkennen. Man sollte eigentlich meinen, dass ich sie als König alle kenne... Van musste bei diesem Gedanken breit grinsen. Dann sah er Allen, der neben Herzog Shid von Freyd und Königin Eries von Asturia stand und Milernas Sohn Drayos an der Hand hielt. Lächelnd winkte er den Vieren zu. Allen winkte zurück und vertiefte sich dann wieder in das Gespräch mit Eries. Milerna würde noch nachkommen. Sie hatte sich entschlossen, Hitomi beizustehen, bis es Zeit war, zum Tempelplatz zu fahren. Die kleine Ayres hatte sie bei ihrem Kindermädchen gelassen. Für das Kleinkind war die Zeremonie noch zu anstrengend. Vans Blick streifte weiter und blieb schließlich an Louvain hängen. Louvain... Van lächelte sanft. Seit Allen zu seinem Sohn nach Freyd gegangen war und seine Familie mitgenommen hatte, hatte sich Louvain entschlossen, seine Ausbildung zum Ritter bei Van abzuschließen. Er mochte einfach nicht aus Farnelia weggehen. Vor allem wegen Merle nicht. Gerade eilte der Löwenjunge die Treppenstufen empor und blieb schließlich neben Van stehen. Er keuchte leicht. "Entschuldige die Verspätung. Aber ich war noch bei Lothians Grab..." "Ich verstehe." Van lächelte verständnisvoll. Keiner von ihnen hatte es bisher geschafft den Tod des Wolfsjungen vor zwei Monaten zu verarbeiten. Er fehlte ihnen allen. Leise seufzte der König von Farnelia. Die Dinge hatten sich damals einfach überschlagen. Und wenn er ehrlich war, musste er sich eingestehen, dass er nicht gerne an diese Zeit zurückdachte. Mit Sicherheit nicht. Nicht nur Lothian war gestorben. Auch der schwarze Drache war zusammen mit dem Manticor verschwunden. Um den Manticor tat es Van wenig Leid, aber er vermisste den Drachen. Er sah wieder zu dem Platz hinunter und erkannte Alexander, der gerade die Treppen hochstieg. An seiner Seite flog eine kleine silberne Gestalt. Eine Elfe? Verwirrt und neugierig sah Van seinem Neffen entgegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)