Schwarzer Drache: Silberschwingen von abranka (Schwarzer Drache III) ================================================================================ Kapitel 5: 5. Auf dem Balkon ---------------------------- "So ist es also passiert," sagte Ivory nachdenklich, als Alexander geendet hatte, und stützte ihre Hände auf die Balkonbrüstung. Ihr weißes Fell schimmerte hell im Licht der beiden Monde. "Warum warst du nicht bei seiner Beerdigung?" fragte Alexander langsam und lehnte sich neben ihr gegen die Brüstung. Er betrachte das Wolfsmädchen von der Seite. "Es waren so viele Leute da, aber du nicht. Ich hätte dich bemerkt." "Scharfer Beobachter," erwiderte Ivory spöttisch und funkelte den schwarzhaarigen Jungen aus roten Augen an. "Ich wollte dort nicht hinkommen, nicht solange sein Mörder da war. Sein bester Freund. Louvain..." Sie spuckte den Namen des Löwenjungen angewidert aus. Dann blickte sie zu dem klaren Sternenhimmel empor. "Verstehst du immer noch nicht, warum er es getan hat?" "Doch, ich verstehe es. Aber das lindert meinen Schmerz nicht. Und meinen Zorn lässt es auch nicht verschwinden." Stolz war das Wolfsmädchen die langen, weißen Haare zurück. "Weißt du, die Dinge sind einfach passiert. Ich glaube nicht, dass irgendjemand Schuld daran hat. Wenn man es aufrollt, dann... Nun, Hitomi wurde von dem Manticor manipuliert. Sie konnte nichts für ihre Handlungen. Und sie hat uns verraten, was bei Lothian nun einmal seine... Reaktion ausgelöst hat. Er hat getan, was er tun musste. Und Louvain hat wiederum getan, was er tun musste. Er hat unsere einzige Chance verteidigt. Kannst du ihm daraus einen Vorwurf machen? Lothian wollte Hitomi töten. Und er hat keinerlei Rücksicht auf Merle genommen, Louvains Freundin. Unser aller Freundin..." Eindringlich sah Alexander die weiße Wölfin an. "Am Ende war es aber ausgerechnet Lothian, der Hitomi irgendwie von diesem Bann befreit hat. Fast scheint es, dass die Dinge so geschehen mussten. Es war vielleicht die einzige Möglichkeit. Dein Bruder hat uns mit seinem letzten Atemzug die Möglichkeit zur Rettung gegeben. Wenn du es so willst, ist er als Held gestorben." Ivory starrte stumm weiter zu den Sternen. Der Wind fuhr ihr durch das Haar und bauschte ihr schwarzes Kleid. Alexander sah sie noch einen Moment lang an, dann wandte er sich ab und wollte sie allein lassen. Abrupt drehte sie sich um und fasste ihn am Arm. Überrascht blickte Alexander in ihre lodernden Augen. "Du magst vielleicht Recht haben. Vielleicht. Aber es ändert die Tatsachen nicht. Lothian ist tot. Daran ändert auch kein Sinn nichts. Gar nichts wird das jemals ändern können," knurrte sie. "Habe ich das etwa behauptet?" Alexander riss sich los und funkelte das Wolfsmädchen aus seinen dunklen Augen wütend an. "Er war mein Freund - Hast du das schon vergessen? Auch mir war er wichtig! Und auch mir fehlt er! Du warst nicht da! Du hast nicht gesehen, wie sehr Louvain das alles geschmerzt hat. Du hast nicht gesehen, wie Lothian gestorben ist. Du hast den Schmerz nicht für dich allein gepachtet! Wir alle leiden! Nicht nur du! Du musst mit dem Schmerz nicht allein sein, aber du sorgst dafür, dass du es bist. Du tust mir Leid." Mitleidig sah er sie an. Erneut drehte er sich um und stieß die Balkontür auf, doch etwas ließ ihn mitten in der Tür innehalten. Langsam drehte er sich um. Ivory war zu Boden gesunken und hatte den Rücken gegen die Balkonbrüstung gelehnt. Sie hatte sich eng zusammengekauert und die Arme um die Knie geschlungen. Sie schluchzte leise. Folkens Sohn zögerte noch einen Moment, doch dann trat er zu ihr und ging neben dem Wolfsmädchen in die Hocke. Zögerlich legte er die Arme um sie und zog sie schließlich sanft an seine Brust. Leise fiel die Balkontür wieder ins Schloss. Farla war neugierig geworden. So nett die Menschen in diesem Saal auch alle waren und sie bewunderten und bestaunten, so sehr wollte sich doch nur Alexander sehen. Er war schließlich der Grund dafür, dass sie ihr Dorf verlassen hatte. Und dann verschwand er einfach so mit diesem weißhaarigen Mädchen. Irgendwann hatte sie sich aus dem Gedränge gelöst und sich in die Nähe des Balkons begeben. Jetzt hockte sie hinter einem Pflanzekübel und beobachtete, wie Alexander das fremde Mädchen, das offenbar Lothians Schwester war, wie sie gehört hatte, tröstete. Enttäuscht seufzte das kleine Elfenmädchen auf. Sie hatte sich anderes erhofft. "Schau mal, wir können Hitomi und Van endlich gratulieren!" Merle deutete auf den leeren roten Teppich vor den Thronsesseln. Die Menge hat sich langsam aufgelöst. Energisch zerrte das Katzenmädchen Louvain mit sich. Gemeinsam schritten sie die paar Treppen zu dem Brautpaar empor und verneigten sich formell. "Jetzt fangt nicht auch noch damit an!" stöhnte Van auf. "Das haben sich Allen und Milerna auch gerade erlaubt." Hitomi kicherte und auch Merle konnte sich nur mit Mühe zusammenreißen. Louvain jedoch brachte seine Verbeugung formvollendet zu Ende und sagte schließlich gestelzt: "Wir gratulieren Euch." Danach brach auch er in Gelächter aus. "Als angehender Ritter muss ich die Form doch wahren können." Er grinste breit. "Daran musst du dann aber noch arbeiten," lachte nun auch Van. "Wir wünschen euch beiden aber trotzdem alles Gute," meldete sich Merle zu Wort und umarmte Hitomi und Van liebevoll. Louvain tat es ihr nach. "Danke. Das sind so ziemlich die schönsten Glückwünsche, die ich heute Abend gehört habe," bedankte sich Hitomi. "Tanzt ihr heute Abend eigentlich noch mal?" erkundigte sich Louvain mit einem schelmischen Lachen. "Keine schlechte Idee," erwiderte Van, stand auf und reichte Hitomi seine Hand. "Darf ich bitten, meine Königin?" "Ihr dürft, mein König," kicherte Hitomi und nahm seine Hand. Würdevoll schritten beide zur Tanzfläche und begannen ihrer zweiten Tanz. "Die beiden sind so ein schönes Paar," seufzte Merle und schaute ihnen schwärmerisch nach. "Nicht so schön wie wir," entgegnete Louvain und gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. In einander versunken tanzten Laures und Lauria. Der Junge mit den schwarzen Haaren konnte seinen Blick nicht mehr von Lauria nehmen. Lauria erging es ähnlich. Auch das blonde Mädchen war völlig von ihrem Gegenüber fasziniert. Sie lächelte sanft und sofort wurde ihr Lächeln von Laures erwidert. Vielleicht gibt es ja doch einen Gott, dachte Laures lächelnd. Auch wenn ich bisher immer daran gezweifelt habe. Vor allem nach den Dingen, die mir geschehen sind... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)