Schwarzer Drache: Silberschwingen von abranka (Schwarzer Drache III) ================================================================================ Kapitel 16: 16. Drachenstatue ----------------------------- "Wir sind da," sagte das Einhorn, als sie einen riesigen Hohlraum erreicht hatten. Staunend blieben Merle und Hitomi stehen. Die Felsdecke befand sich irgendwo weit außerhalb des sanften Lichtschimmers, der von dem Einhorn ausging. "Kommt." Das Einhorn warf seine silbrigweiße Mähne stolz zurück und betrat die Felskapelle. Die beiden Mädchen folgten ihm, vorbei an hohen schwarzen Säulen und über einen schwarz-weiß gefliesten, glatten Boden. Die weißen Fliesen reflektierten den Lichtschein des Einhorn und erleuchteten langsam aber sicher die ganze Halle. Nun konnten Merle und Hitomi auch die Decke in etwa fünfzig Meter Höhe entdecken. Langsam aber sicher begannen auch die Verzierungen an den Säulen zu leuchten und Bilder wurden erkennbar. Sie zeigten alle den schwarzen Drachen. Mal flog er ruhig über den Wolken, mal kämpfte er mit dem Manticor und immer wieder war ein Einhorn an seiner Seite zu sehen. Überwältigt blieb Merle schließlich vor eine Säule stehen, die den schwarzen Drachen in einer Ruine im Kampf gegen den Manticor zeigte. Das Bild kam ihr seltsam bekannt vor. "Hitomi!" Sie winkte die Freundin zu sich. "Das haben wir doch erlebt, nicht wahr?" Hitomi starrte das Bild fasziniert an. Auch sie erkannte den Schauplatz wieder. Das war unzweifelhaft der Kampf, den sie vor zwei Monaten selbst miterlebt hatten. "Was sind das für Bilder?" fragte sie schließlich das Einhorn. "Dinge, die geschehen sind. Dinge, die gewesen sind," kam seine Antwort. "Und wer macht diese Bilder?" hakte Merle neugierig nach. "Kobolde," antwortete das Einhorn einsilbig. Dann blieb es stehen. "Dort ist er. Der schwarze Drache." Ehrfurchtsvoll sah es zu der schwarzen Basaltstatue empor. Ausdruckslos blickte der schwarze Drache mit leeren Augen durch die Kapelle. Seine Flügel waren leicht angewinkelt und es sah aus, als wenn er jeden Moment losfliegen würde. Doch tat er nicht. Auch Hitomi und Merle fanden sich nun neben ihm ein. Sie blickten die schwarze Statue an, die königlich über ihnen thronte. "Er ist so wunderschön," murmelte Merle leise. "Immer noch..." Langsam fing sich Ivory wieder. Sie hörte auf zu schluchzen und atmete tief durch. Dann löste sie sich langsam von Alexander und lächelte vorsichtig. Sie hatte das Gefühl, dass all ihr Zorn und Hass von ihr abgefallen waren. Sie spürte noch immer Lothians sanft Berührung auf ihrer Wange. Sie berührte die Stelle und ihr Lächeln vertiefte sich noch mehr. "Ist alles in Ordnung?" fragte Alexander vorsichtig und strich Ivory sanft eine weiße Haarsträhne aus dem Gesicht. "Lothian hat mit mir gesprochen," sagte sie schließlich langsam. "Er hat mich gebeten, Louvain zu verzeihen." Sie starrte auf das Wasser hinaus. "Und ich habe es getan," fügte sie hinzu. "Ich habe ihm wirklich verziehen..." "Dann sag es ihm," murmelte Alexander. "Sag es ihm. Er muss wissen, dass du so weit bist." "Weißt du, der Schmerz und die Traurigkeit über den Tod meines Bruders werden nicht vergehen. Aber dennoch will ich in Liebe zurückdenken. Und nicht geblendet von Hass..." Sie sah Alexander aus ihren roten Augen an und Folkens Sohn erkannte in ihnen eine Größe, von der er nur träumen konnte, sie jemals zu erreichen. "Ruf die Herrin vom See," sagte das Einhorn sanft und blickte Hitomi aus seinen dunklen Augen sanft an. "Sie wird dir sagen, was du tun musst, damit der Drache aufwachen wird." Hitomi nickte zustimmend, schloss die Augen und konzentrierte sich. Sie rief in Gedanken immer wieder den Namen der Herrin vom See. Und dann spürte sie, wie sie eine Antwort auf ihr Rufen bekam. Louvain beruhigte sich allmählich wieder. Das Zittern ließ nach und schließlich drehte er sich um und sah Van und Allen an. Auf ihren Gesichtern spiegelte sich die Sorge um den Löwenjungen wieder. "Mir geht es gut," lächelte Louvain und fuhr sich durch seine blonde Mähne. "Und wisst ihr was: Ich werde mir jetzt erst einmal ein Bad gönnen. Im See des Schlossparks kann man doch baden, oder nicht?" Er zwinkerte den Beiden vergnügt zu. "Eine gute Idee," meinte Allen und auch Van nickte zustimmend. "Nimmst du uns mit?" "Aber immer doch." Louvain grinste breit. Zur dritt verließen sie die Arena und begaben sich ins Schloss, um ihre Badesachen zu holen. Anschließend machten sie sich auf zum See des Schlossparks. Nahe des Irrgartens ließen sich Lauria und Farla auf einer Bank in der Sonne nieder. "Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt." Lauria lächelte verlegen. "Mein Name ist Lauria von Lethe." "Ich bin Farla." Das Elfenmädchen grinste. Sie fand es angenehm, dass zur Abwechslung mal jemand unsicherer war als sie selbst. Vor allem in dieser fremden Welt. "Also, was beschäftigt dich?" fragte Farla mit einem gütigen Lächeln. Ihr gefiel das warmherzige Leuchten, das von Lauria ausging. Das fünfzehnjährige Mädchen hatte etwas an sich, das sie mochte und das vertraut wirkte. Auch, wenn sie immer noch nicht den Finger darauf legen konnte, an wen oder was sie diese Aura erinnerte. "Ich habe gestern auf dem Ball einen Jungen kennen gelernt. Laures von Styx. Mir ist so etwas noch nie passiert: Von Anfang an war ein richtiges Band zwischen uns, so als wenn wir uns hätten begegnen müssen, verstehst du? Ich habe in seine Augen geblickt und gefühlt, dass ich ihn schon ewig kenne. Und liebe. Dass wir für einander geschaffen sind. Und ich bin mir sicher, dass er auch das Gleiche gefühlt hat. Ich habe es in seinen Augen gesehen." "Das klingt doch wundervoll," meinte Farla. "Wo ist der Haken?" "Meine Mutter will nicht, dass ich ihn wiedersehe. Sie sagt, dass das besser sei. Ich verstehe nicht warum. Und... Da war noch etwas anderes. Er hat eine unglaubliche... Schwärze ausgestrahlt. Noch dunkler als die tiefste Finsternis. Das hat mich erschreckt. Doch neben dieser Angst spüre ich auch, wie meine Seele zu ihm drängt..." Lauria seufzte auf. "Und jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll..." Farla stimmte in ihr Seufzen ein. "Ich weiß nicht, was ich dir raten soll, aber ich kann dir sagen, was die Elfenpriesterin Faisala sagen würde. Willst du es hören?" "Warum nicht? Wenn es mir helfen kann..." Lauria zuckte mit den Schultern. "Höre auf dein Herz, Mädchen, würde sie sagen. Lausche, was dir deine Seele sagt, und dann tue es. Das ist das einzig Richtige." Farla musste bei der Erinnerung an ihre Lehrmeisterin hart schlucken. Sie vermisste sie. Sie vermisste ihr zu Hause. Die anderen Elfen und ihr Dorf, den See und die ganzen alltäglichen Rituale. Sie spürte, wie sich die Tränen in ihren Augen sammelten. Einen Moment lang konnte sie sie noch zurückhalten, doch dann begann das Elfenmädchen hemmungslos zu weinen. Bestürzt blickte Lauria sie an, dann zog sie Farla sanft in ihre Arme und streichelte ihr tröstend über den Rücken. 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