Schwarzer Drache: Silberschwingen von abranka (Schwarzer Drache III) ================================================================================ Kapitel 21: 21. Über Einhörner ------------------------------ Lauria und Farla hatten ihren Spaziergang durch den Schlossgarten wieder aufgenommen und langsam kamen sie in die Nähe des Übungsplatzes, der am Rand zwischen Stadt und Garten lag. Das Geklirre der Schwerter machte die beiden Mädchen neugierig und daher blieben sie am Rand des Platzes stehen und sahen den Soldaten zu. Inmitten der Truppe bewegte sich Van auf und ab und kommentierte immer wieder den Kampfstil der Soldaten, die einander im Zweikampf gegenüber standen. Gerade besiegte Laures von Styx seinen Partner zum fünften Mal. "Das reicht jetzt," kommandierte Van. "Komm her." Er deutete auf den blonden Mann, gegen den als Erstes gekämpft hatte, und führte mit ihm die nächste Übung vor. Diesmal ging es nicht um Schwertkampf, sondern um die Situation einem bewaffneten selbst völlig unbewaffnet gegenüber zu treten. "Das ist der König, nicht wahr?" murmelte Lauria leise zu Farla. Das Elfenmädchen nickte. "Und da ist Laures," fuhr das Mädchen mit den goldenen Haaren fort. Laurias Blick blieb an Laures haften und verfolgte aufmerksam die geschmeidigen Bewegungen, mit denen er dem Schwert seines Partners auswich. Ein leiser Seufzer entfuhr ihr. "Geh doch nachher zu ihm hin," meinte Farla und lächelte. "Deine Mutter ist im Moment ja nicht hier..." Lauria musste lachen. "Ja, da hast du recht..." Allen und Louvain wanderten durch die Stille der Katakomben. An jeder Kreuzung fanden sie die Markierungen, die Merle und Hitomi hinterlassen hatten und folgten ihnen. Schließlich erreichten sie den Vulkankrater und blickten hinunter. Unter ihnen lag ein einsamer See, an dessen Ufer ein toter Wald stand. Louvain sog argwöhnisch die Luft ein. "Es riecht hier nach Tod," murmelte er leise. Allen nickte. Sie machten sich auf den Abstieg und der blonde Ritter meinte schließlich: "Das ist genau wie in den Erzählungen über die Einhörner. Wenn ein Einhorn stirbt, dann stirbt auch sein Wald und zurück bleibt ein toter Geisterwald..." Unbehaglich zog er die Schultern hoch. "Dieser Ort macht mich traurig, denn ich kann spüren, dass... dass etwas Wundervolles unwiederbringlich verschwunden ist..." Louvain seufzte leise auf. Schweigend erreichten sie den See und folgten einem schmalen Pfad, auf dem die Fußabdrücke von Menschen sichtbar waren. "Hitomi." Das Mädchen vom Mond der Illusionen hob überrascht den Kopf. Bisher hatte der Drache sie noch nie bei ihrem Namen genannt. "Du denkst an das Einhorn," stellte der Drache fest. Er atmete noch immer flach und blinzelte sie müde an. "Ja. Ich... Ich mache mir Gedanken. Es war nicht richtig es zu töten..." sagte Hitomi langsam. Das Gefühl eines unvorhersehbaren und abwendbaren Damoklesschwertes, das sie mit dem Tod des Einhorns heraufbeschworen hatte, belastete sie immer noch. "Du hast es nicht getötet. Du hast nur sein Schicksal erfüllt. Deine Seele ist noch immer rein, Hitomi, denn schließlich hat die Herrin vom See deine Hand geführt. Außerdem... Das Einhorn war einverstanden. Wenn es das nicht gewesen wäre, dann hätte es nichts auf der Welt töten können. Einhörner sind unsterblich. Es sei denn, sie wollen sterben." Und dennoch werde ich dafür zahlen müssen... dachte Hitomi. Als wenn er ihre Gedanken lesen könnte, nickte der Drache unmerklich und blickte sie traurig an. "Aber..." Jetzt mischte sich Merle ein. "Warum war es dann das letzte Einhorn? Warum gibt es dann keine Einhörner mehr?" Der Drache lachte leise und Hitomi fühlte sich ungeheuer erleichtert, als sie diesen vertrauten Laut hörte. Ihr wurde erst jetzt bewusst, wie sehr sie das Lachen des Drachen vermisst hatte. "Wer versteht schon Einhörner?" erwiderte der Drache sanft. "Einhörner sind Wesen, die anders sind, als alles, was es je gab. Sie sind etwas Besonderes. Selbst ich kann sie nicht verstehen. Sie sind das, was sie schon immer waren: ein wunderschönes Geheimnis. Mach dir keine Sorgen, Katzenkind, sie werden zurückkehren. In einem friedlichen Gaia, das seine Seele in der Menschlichkeit wieder entdeckt, werden auch die Einhörner wieder sein..." "Das verstehe ich nicht," murmelte Merle leise. "Die Einhörner sind nicht wirklich tot." Der Drache seufzte auf und drehte seinen Kopf, um das Katzenmädchen besser sehen zu können. "Einhörner sind auf eine Art und Weise unsterblich, die selbst ich nicht verstehen kann. Sie mögen aus unserer Sicht sterben, aber sie sind nicht tot. Sie gehen, damit sie am Ende wiederkommen können, wenn es wieder Zeit für Einhörner ist..." Milerna fand Drayos schließlich in dem Schutz einer Trauerweide. "Sag mal, was ist denn mit dir los?" fragte die Prinzessin und ließ sich neben ihrem Sohn im Gras nieder. Drayos sah sie aus seinen violetten Augen an und sie konnte sehen, dass er geweint hatte. "Schatz, was ist denn nur?" Zärtlich nahm Milerna ihr Kind in den Arm. Drayos schlang seinen kleinen Arme um ihren Hals und presste sein Gesicht in ihre Halsbeuge. Schließlich machte sich der kleine Junge frei und blinzelte seine Mutter keck an. "Gehen wir jetzt spielen, Mama?" Ohne eine Antwort abzuwarten, griff er nach der Hand seiner Mutter und Milerna folgte ihm schließlich kopfschüttelnd. Die Übungsstunde war vorbei und Van verließ den Übungsplatz. Er eilte zurück zum Schloss. Jetzt kann ich endlich nach Hitomi suchen... Und mit ihr reden. Über Laures. Etwas an ihm ist unheimlich... Kaum war Van jedoch durch die Tür getreten, da stand der nächste Adjutant vor ihm. "Torian dy Arkadia wünscht Euch zu sprechen, Majestät." Van stöhnte auf. Ich bin König und doch kann ich nicht tun, was ich tun will... "Wo ist er?" "Er wartet im Thronsaal auf Euch..." Van wandte sich brüsk ab und marschierte in den Thronsaal. Farla verabschiedete sich mit einem fröhlichen Zwinkern von Lauria, als sich die Truppe auf dem Übungsplatz auflöste. Der Großteil der Soldaten folgte dem König in Richtung Schloss. Einzig Laures und Leutnant Asha blieben auf dem Platz zurück. "Die Eliteeinheit trainiert morgen früh. Du solltest um acht Uhr hier sein," sagte der Leutnant. "Und in einer Stunde hast du in den Unterkünften zu sein. Du bekommst dein Zimmer zugewiesen." Damit drehte sich Asha um und ließ Laures allein zurück. Der schwarzhaarige Junge sah ihm kurz nach, dann drehte er sich um und blickte überrascht in Laurias schwarze Augen. "Was führt Euch hierher?" fragte er verblüfft. "Der Zufall." Lauria lachte auf. "Und als ich Euch sah, habe ich Euch mit Freuden beobachtet..." Sie wurde leicht rot. "Das ist doch kein Grund, verlegen zu werden." Laures grinste breit. "Habt Ihr vielleicht auch Zeit für einen kleinen Spaziergang?" Erwartungsvoll sah er das Mädchen an. "Aber sicher doch." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)