Der Chat ihres Lebens von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 14: Naraku ------------------ Naraku sah fast nachdenklich hinunter, wo sich in einer kleinen, provisorisch zu nennenden, Arena im Felsgestein des Berges unter seiner Ferienvilla zwei Dämonen auf Leben und Tod bekämpften. Sie vermuteten, der Sieger dürfe endlich aus dem magischen Bann gehen – wie naiv. Er würde den Gewinner des Turniers anders benötigen. Und natürlich sollte es keine Zeugen dieses kleinen Abenteuers geben. Der gute Taishou konnte ziemlich unangenehm werden, wenn er mitbekam, dass man Leben nicht schätzte. Eigenartig für einen Heerführer und Fürsten. Aber das war wohl wieder das Hundeblut. Nun gut. Er sah auf, als er einen Schatten hinter sich bemerkte. „Bankotsu?“ Der Söldner strich unwillkürlich seinen Zopf zurecht. „Zwei Dinge. Mukotsu sagt, er könnte die Dämonenjäger ein für alle mal erledigen – wenn sie sich zufällig alle gemeinsam im Innenhof befinden. Der dortige Brunnen scheint ideal für seine Bedürfnisse zu liegen. Zweitens: sie scheinen sich dort nur gemeinsam zu besonderen Anlässen zu versammeln. Beerdigungen, Hochzeiten und solche Dinge.“ „Nun, für eine Beerdigung sollte sich sorgen lassen, nicht wahr?“ Naraku blickte in den matt erleuchteten Grund, verschränkte jedoch vielsagend seine Finger. Bankotsu hätte um ein Haar die Schultern gezuckt. „Wie Sie wünschen. - Oh, und die Kleine war heute bei Sango.“ „Kagome. Was wollte sie da?“ „Sie und ein Mönch. Soweit ich informiert wurde, ist das Miroku, der ebenso wie Sango im Vorzimmer Inu Yashas sitzt. Ein Weiberheld. Kagome und Sango sind wohl befreundet, sie ist jetzt jeden Sonntag dort.“ „Ja.“ Und, das, gab Naraku zu, gefiel ihm nicht sonderlich. Er hatte der kleinen Higurashi die Daumenschrauben angesetzt, damit sie für ihn das Juwel der vier Seelen finden sollte – nicht ihre Priesterausbildung beginnen. Andererseits, sie hatte ja gesagt, dass der dämliche Halbdämon ihr quasi befohlen hatte sich um diese Magie zu kümmern. Und sie wagte es gewiss nicht einem Mitglied der Fürstenfamilie den Gehorsam zu verweigern. Ja, das musste daher kommen, zumal sie ihm gegenüber nicht den Eindruck gemacht hatte, vom Leben einer Schreinjungfrau begeistert zu sein. Sie war ein modernes Mädchen. Der Herr von Gumo-Enterprises lächelte flüchtig, als er sah, dass in der Arena nur noch ein Dämon stand. „Du kannst gehen, Bankotsu. Falls sich Neues ergibt, halte mich auf dem Laufenden.“ Er erhob sich und zog ein wenig seinen grauen Fellmantel enger um sich. „Du hast gewonnen!“ rief er dem Dämon zu, wartete jedoch, bis sich sein Sicherheitsexperte entfernt hatte. „Darum sollst du auch die versprochene Belohnung bekommen.“ Noch ehe der grobschlächtige Dämon unten begriffen hatte, schossen unter dem Fell lange Fangarme hervor, die ihn packten und trotz aller schreienden Gegenwehr unwiderstehlich emporzogen, auf Naraku zu, der sich die zusätzliche Lebenskraft mit einem hauchdünnen Lächeln einverleibte. Nie Zeugen hinterlassen, war ein Motto, mit dem er in den letzten Jahrhunderten gut gefahren war.   Seine gute Laune verschwand erst, als er sich in seinem Arbeitszimmer hier in seinem Ferienhaus in den Bergen von Hakurei niederließ, und sein Handy klingelte. Es war ein Kartentelefon, dessen Nummer nur eine einzige Person besaß. Bald würde er es weg werfen. Vorsicht war stets der bessere Teil der Tapferkeit. Um so überraschender war der Anruf statt seines erwarteten Besuchers. „Mein Prinz?“ fragte er daher sofort. Ryuukossusei konnte bei mangelnder Höflichkeit unangenehm werden. Eine volle Minute lang lauschte er dem etwas zornigen Anrufer. „Oh, das ist in der Tat lästig und überraschend. Nein, ein Zufall, sicher. Ich werde Erkundigungen einziehen und Ihnen dann rasch schreiben. Bitte verzeihen Sie, aber ehe das Telefonat zu lang wird, muss ich auflegen.“ Zu lange Gespräche ins Ausland konnten geortet werden. Für den Fürsten arbeiteten gerade im technischen Bereich genügend Menschen und Naraku unterschätzte diese Spezies in keiner Weise. Telefonate mochten praktisch sein, konnten aber abgehört werden. So legte er auf und erhob sich. Wie ungemein ungemütlich diese Drachen werden konnten. Brauchte er Ryuukossusei wirklich? Und warum hatte er selbst nichts von diesen Neuigkeiten erfahren? Er öffnete die Zimmertür. „Bankotsu!“ Dieser kam sofort, da er bereits am Nachdruck an der Stimme seines Auftraggebers hören konnte, dass etwas nicht nach Plan gelaufen war. „Setzen wir uns“, schlug Naraku vor und nahm bereits wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. Seine Handbewegung galt dem Stuhl davor. „Was weißt du über die Pläne unseres werten Fürsten an diesem schönen Sonntag und in den nächsten Tagen?“ „Fürst Miki ist heute eingetroffen, es geht um die Wirtschaftsverhandlungen. Pressetermine, Verhandlungen und am Dienstag ein Empfang als krönender Abschluss,“ erwiderte der Sicherheitsexperte prompt, wenngleich sichtlich verwundert. „Und Sesshoumaru?“ „Der sollte wohl dabei sein. Jedenfalls bei dem Empfang. Wieso?“ „Mich rief mein Besuch gerade wütend an. Auf dem Weg hierher stolperte er förmlich über ein Dämonenheer unter dem Befehl des Erbprinzen. Es gelang ihm allerdings sowohl einem Kampf als auch einer Entdeckung auszuweichen.“ „Das Heer ist hier?“ „An der Nordgrenze.“ Bankotsu dachte nach. „Davon habe ich nichts gehört. Das muss spontan gewesen sein.“ „Mein Teurer – der Taishou ist spontan, ja. Aber bei derart wichtigen Verhandlungen ohne den Erben zu erscheinen, nur um ein Manöver abzuhalten? Und genau so und zu einem solchen Zeitpunkt, dass mein Besucher nicht kommen kann?“ „Das konnte niemand wissen. - Und auch meine Männer wussten nur, dass sie heute Abend hier sein sollten, um Sie zu schützen, aber nicht, wer der Besuch ist.“ „Ah, du verstehst durchaus.“ „Ich verstehe Ihre Bedenken, mein Auftraggeber.“ Bankotsu klang plötzlich ungewohnt scharf. „Aber ich verstehe nicht, wie Sie an meiner Ehre zweifeln können.“ Naraku hob die Hand. „Nie, darum rede ich ja auch mit dir so.“ Nun, das stimmte nicht ganz. Er vermutete, dass der Sicherheitsfachmann, was für eine nette Umschreibung für Söldner, ihm nicht aus Ehrenhaftigkeit diente – das war viel zu unwahrscheinlich, nach all seinen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte - aber der und dessen Männer Spaß an den ab und an für einen Politiker und Geschäftsmann eben unvermeidlichen Morden hatten. Und noch benötigte er die sieben, nein, sechs, Krieger. War er erst einmal der Fürst, würden ihm alle anderen Dämonen folgen – und deren erstes Opfer wären diese Söldner. „Nur, bitte, denke strategisch. War es ein Zufall? Möglich. War es jedoch ein Plan des guten Taishou, weil der irgendetwas über meine Verbindung zu den Drachen mitbekommen hat, sollte man sich vorsehen. Noch ist hier jedoch niemand aufgetaucht?“ „Nicht, dass ich wüsste, wobei Jakotsu und Suikotsu noch Kagome beschatten. Mukotsu ist praktisch schon auf dem Weg her und Ginkotsu patrouilliert mit Renkotsu hier die Umgebung. So sind sie schneller – und die Beiden arbeiten stets zusammen.“ Der Sicherheitsexperte lehnte sich etwas entspannter zurück. „Sowohl für Nachrichten, als auch mit der Überwachung. Und ich bin ja auch noch hier.“ „In der Tat. Der Prinz wird heute nicht mehr hier erscheinen, aber, wenn ich ihm den unglücklichen Zufall schildere, vielleicht in einigen Tagen. - Schön. Lasse Suikotsu noch bei Kagome. Jakotsu ist doch der fähigere Kämpfer? Gut. Dann soll er lieber herkommen. Und teile Suikotsu mit, er solle sie nur beobachten, selbst, wenn sie, nun, sagen wir, mit Inu Yasha auf einen Ball geht.“ „Dann ist es jedenfalls besser, wenn Jakotsu ihn nicht zu Gesicht bekommt. Oh, Verzeihung. Jakotsu liebt die Ohren des Halbdämons so sehr, dass er sie sich gern an die Wand hängen würde – sobald Sie es erlauben, natürlich.“ Bankotsu beschloss, dass er nichts davon erwähnen sollte, dass sein Kampfgefährte seinem letzten Opfer künstliche Hundeohren aufgesetzt hatte. Das gehörte zum Privatleben. „Weitere Anweisungen?“ „Die Telefonüberwachung von Kagome läuft?“ „Ja, aber sie telefoniert nie zuhause auf dem Festnetz, mit ihrem Handy ruft sie Freundinnen an, harmloses Gewäsch. Das Einzige, was sie verdächtig macht: sie geht jeden Abend für eineinhalb Stunden in den Chat. Dort auch noch in ein Zweiergespräch, die nochmals abgesichert sind. Der Browser gehört dem Fürsten, und wir müssen extrem vorsichtig sein, da alles extra verschlüsselt ist und von keinem Anfänger. Allerdings ähnlich gut wie alle Computer des Schlosses und natürlich des Kendama. Ich weiß nicht, was der Fürst seinen Menschen da zahlt, aber es sind sehr fähige. Nach meiner Meinung trifft sich die Kleine dort mit Sango, das würde erklären, warum diese Chats erst begannen, seit sie sich im Kendama beworben hatte und da wohl Sango kennen lernte.“ Also wohl noch vor ihrem Treffen mit ihm selbst. Das klang dann harmlos, da sie zu diesem Zeitpunkt ja noch nichts von ihm wissen konnte. „Lass ihr Handy weiter überwachen, zur Sicherheit. Deine Männer sollen alle innerhalb des Bannkreises bleiben, so dass sie auch mögliche Späher des Heeres nicht zu Gesicht bekommen.“ Manöver? Daran glaubte er keine Sekunde. Der alte Hund von Fürst war alles andere, aber kein Idiot. Es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten: entweder, der hatte doch irgendwie etwas von den Drachen in Erfahrung gebracht und wollte vorbauen – oder der Gute hatte sich etwas mit seinem Erben entzweit und schickte den bei wichtigen Verhandlungen buchstäblich in die Einöde, als Bonbon mit dem Heer, um die Demontage nicht zu öffentlich werden zu lassen. Der kleine Halbdämon durfte bestimmt bei Papi sitzen und langweiligen Verhandlungen zuhören – oder war es genau das? Baute der Taishou zweigleisig auf? Den Jüngeren für das Geschäft, den Älteren als Heerführer? Das musste gut überlegt werden. Die letzte Möglichkeit bedeutete ja leider, dass es ihm Naraku, noch einmal schwerer fallen würde, an dem jetzigen Fürsten vorbei zu kommen. Kurz, er benötigte das Juwel der vier Seelen mehr denn je. Und da war die liebe Kagome der Schlüssel. Der Einzige. Aber, er sollte nicht nachlässig werden. Wenn der Drachenprinz nicht kommen wollte, oder konnte, denn auch dieser musste sich ja unauffällig bewegen, wäre es an der Zeit Bankotsu und dessen Krieger noch einmal gründlich zu beschäftigen. Erst recht, wenn Kagome versagte und es nicht in das fürstliche Schloss schaffen sollte. Hm. Die Dämonenjäger und ihr Grundstück waren zweitrangig. Zuerst kam das Juwel, die Drachen und die Beseitigung aller Zeugen und Beweise. Falls es notwendig werden sollte das Land zu verlassen – er besaß noch immer einen Flugschein aus einem Menschenkrieg. Damit konnte er sich jederzeit ein kleines Flugzeug für einen Rundflug mieten – und irgendwo auf dem Festland auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Da hatte er vor langer Zeit einmal Kontakte mit einem sehr für Schmeichelei empfänglichen Mottenherrn geknüpft. Galt sein Flugschein eigentlich noch oder musste er den irgendwie erneuern lassen? Eine Nachfrage wäre kaum auffällig, das sollte er am Montag gleich telefonisch erledigen. Und eine Bitte an seine Banken, natürlich wegen etwas vollkommen anderem, wie man Gelder auf das Festland oder besser noch ganz woanders hin transferieren konnte, ohne das das Geld beschlagnahmt werden konnte. Weiter. Reisepass besaß er keinen, war so aber auch nicht notwendig. Aber er sollte sich auf jeden Fall nicht mehr ohne Geld bewegen. Irgendetwas sagte ihm, dass der Taishou da buchstäblich einen Floh im Ohr hatte – und dieser Myouga, der so nebenbei den geheimen Teil der Polizeioperationen leitete, war trotz seiner Größe ein schlaues Kerlchen. Um so wichtiger war es vorausschauender zu sein. Eine Flucht ohne Geld wäre unmöglich – Geld oder irgendetwas dergleichen. Ah. Er griff zum Telefon. Natürlich war besetzt, aber er kannte das Spiel. Erst nach dem neunzehnten Klingeln, kurz bevor die Automatik unterbrach, wurde abgehoben. „Ah, meine Teure, schön, dass ich Sie erreiche.“ „Wer spricht?“ „Am Telefon, Namen? Sind Sie so unvorsichtig geworden? Ich würde ein Treffen zwischen uns vorschlagen, morgen Abend am alten Schrein des Ryuu Nishi. Ich denke, wir werden uns sofort erkennen, wir waren doch schon einmal Partner.“ Er wartete neugierig. Wenn die mehr als apothekenkundige, ehemalige, Priesterin zustimmte, bestanden gute Chancen von ihr Dinge zu bekommen, die ihm zwar auch Mukotsu besorgen konnte – aber Bankotsu würde daraus schließen, dass er eine Flucht vorbereitete. Unnütz zu sagen, dass er das nicht wollte. Wenn alles nach Plan lief, war das hier auch nicht notwendig. Sie zögerte, ehe sie meinte: „Ich werde nichts dabei haben.“ „Natürlich nicht. Ich bin nur sicher, ich werde Ihnen ... zu Ihrer Zufriedenheit dienlich sein können, danach sehen wir weiter.“ Tsubaki war hässlich seit eines misslungenen Zaubers, zumindest fühlte sie sich so, und es war eine Kleinigkeit gewesen ihr gewisse Zuneigung vorzuspielen. Schwierig war es nur danach geworden, sie höflich wieder los zu werden. Naraku wusste, dass man sich immer zwei Mal im Leben traf, und hätte jemandem mit dem Wissen über ihn, aber auch diesen Fähigkeiten, nie im Zorn scheiden lassen. Eine Vorsicht, die sich nun wieder einmal als mehr als sinnvoll erwies. „Ah, ich entsinne mich. Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich … mit meinem Haustier komme?“ „Aber nein.“ Dieser Schlangendämon begleitete die alte Hexe überall hin – bei ihren Geschäften kein Wunder. Aber eine Million in Drogen war deutlich kleiner und leichter zu transportieren als eine in bar oder Gold – und genauso international gültig zu verkaufen. Falls der eine Notfall eintreten sollte, wäre er auf ihn gern vorbereitet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)