Der Chat ihres Lebens von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 21: Der Taishou ----------------------- Auweia! Inu Yasha konnte sich nicht entsinnen seinen Vater schon einmal dermaßen erbost gesehen zu haben. So, als Mensch, konnte er dessen dämonische Energie nicht spüren, aber allein an dem etwas geduckten Verhalten der Krieger, die hereinkamen und nach ihm und Kagome griffen, schloss er, dass die Macht des Fürsten für Artgenossen praktisch die Luft gefrieren ließ. Was konnte er jetzt nur machen? Ungefragt reden würde seine Strafe nur erhöhen, aber … „Bitte, tun Sie ihr nichts!“ brachte er hervor, als er hinausgeschoben wurde. Arme Kagome! Sie steckte doch so schon in der Klemme. Was konnte, sollte, er jetzt nur seinem Vater sagen? Er hatte sich das so einfach vorgestellt – sie erzählte Naraku die Wahrheit, er seinem Vater und der ließ den Mistkerl verhaften. Leider hatte er in seinem schönen Plan nicht den Haken bemerkt – er durfte nicht ungefragt sprechen, wenn er nicht mindestens einen Schweigebann aufgehalst bekommen wollte. Von anderen Dingen gar nicht zu reden. Aber Kagome und Hochverrat? Nie im Leben. Was jetzt?   Kagome zitterte am ganzen Körper, als die Krieger ihre Arme fassten. Der arme Reddemon! Er saß jetzt um ihretwillen wirklich in der Patsche. Sie musste zumindest ihn da rausholen. Und natürlich dem Fürsten sagen, dass das hier doch nie im Leben Hochverrat war! Aber wie? Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als die Dämonen sie einfach wegzogen und der Fürst keinen Blick für sie hatte, nur für das Juwel, offenbar dessen Zustand überprüfte. Verhörraum klang so schrecklich.   Inu Yasha ließ sich wortlos im Arbeitszimmer des Fürsten auf die Knie nieder, die beiden Krieger noch immer hinter sich. Wenigstens hatten sie ihn losgelassen, das wäre doch peinlich gewesen. Aber er steckte in der Klemme, natürlich die arme Kagome umso mehr. Irgendwie musste er das Vater doch erklären können.Wie kam der nur auf Hochverrat? Wieder, wie schon bei Kikyou, wegen des dämlichen Juwels? Er wollte das doch gar nicht, hatte da nie einen Sinn drin gesehen, sich so ein Teil um den Hals zu hängen. Und Kagome wollte es doch auch nicht. Naraku war gierig danach – aber um das erklären zu können, müsste er reden dürfen. Nun ja, irgendwann wohl schon, hoffte er. Schließlich hörte sich Vater Beschuldigte doch an. Aber, was passierte bis dahin mit Kagome? Verhörraum klang gar nicht gut. Er war nie dort gewesen, aber er wusste, dass dort Dämonen verhört und auch bestraft wurden. Arme Juwel! Er senkte den Kopf zeremoniell, als er hörte, dass die Tür beiseitegeschoben wurde, sicher, dass der Fürst eintrat, ebenso sicher, dass nur dessen Handbewegung die Krieger den Raum verlassen ließ. Schwarze Schuhe gelangten in sein Blickfeld. „Hat sie dich gezwungen, mit ihr dort hinunter zu gehen?“ „Nein, mein Herr und Vater.“ Oh, oh. Der Junge kannte seinen Vater seit Jahrhunderten, aber nur selten hatte dessen Stimme dermaßen eisig geklungen. Wieso sollte ihn Juwel, Kagome, denn zwingen wollen, ja, auch nur können... – ach du je, diese Bannkette, die er trug, weil sie sie ihm geschenkt hatte. Was dachte Vater denn nur von dem Mädchen? „Du hast sie freiwillig begleitet und alle Türen geöffnet.“ Das klang wie zersplittertes Glas. „Ich wollte ihr helfen ...“ begann Inu Yasha, aber der Fürst unterbrach ihn. „Ich meine mich zu entsinnen, dir befohlen zu haben, dass du weg von ihr bleiben sollst. Statt dessen triffst du dich mit der Hexe in deiner Menschenform und hilfst ihr beim Einbruch, ja, bei Hochverrat! - Du solltest dankbar sein, dass in einer Stunde die Sonne aufgeht und ich erst die Higurashi verhören will. Würde ich dich momentan behandeln, wie ich Lust darauf verspüre, wäre das als Mensch dein Ende. Und ich will nicht das Erzeugnis meiner Lenden zerstören. - Warte hier.“   Das tat so weh, dachte Inu Yasha nur. Weniger die angekündigte Strafe, die unter Garantie erfolgen würde, sondern diese Anrede. Nicht, mein Kind, mein Sohn – das Erzeugnis seiner Lenden. Das war fast so etwas wie ein Schlussstrich. Was konnte, sollte, er nur tun? Vielleicht durfte Kagome etwas mehr erklären? Vater war so wütend, so aufgebracht. Was glaubte der denn nur, was hier passiert wäre?   Kagome hatte fast aufgeatmet, als sie allein in eine dunkle Kammer geschubst wurde, sich dann abgefangen und umgesehen. Soweit sie es mit dem Tränenschleier vor ihren Augen erkennen konnte, handelte es sich um einen leeren, mit schwarzen Matten ausgekleideten, Raum, aus dessen Wänden ungewisses Licht drang. Immerhin war er leer, dachte sie fast erleichtert, da ihre Phantasie ihr schon einige unheilvolle Geräte vorgespiegelt hatte, zog sich aber instinktiv an die Wand zurück. Ihre Beine wollten sie nicht mehr tragen und so ließ sie sich nieder, jetzt erst in ihrer Handtasche nach Taschentüchern kramend. Zum Glück hatte sie sie sich quer über die Schulter gehängt, sonst hätte sie sie bestimmt verloren. Ach du liebe Güte! In was war sie jetzt nur geraten! Hochverrat, hatte der Fürst gesagt. Und das bedeutete die Todesstrafe! Dabei wusste der ja noch nicht einmal alles, und wenn Naraku ihm die Fotos gab … oh, nicht daran zu denken. Immerhin sollte es sie trösten, dass man nur einmal sterben konnte, oder? Aber Mama, Souta, Opa … sie würden alle das Dach über dem Kopf verlieren. Und Reddemon, der ihr doch nur hatte helfen wollen, wäre bestimmt auch mindestens seinen Job los, vermutlich dessen Vater und Bruder auch. Was konnte sie nur tun? Was würde jetzt passieren? Ihr würde doch niemand glauben! Dieser Naraku war schuld an allem, aber … würde sie überhaupt jemand danach fragen? Würde sie gleich umgebracht? Sie musste irgendwie mit dem Fürsten sprechen, aber sie vermutete schwer, dass der einer Verräterin kaum zuhören würde. Und Reddemon, was war mit dem? Das Letzte, was sie gehört hatte war, dass er den Fürsten noch für sie gebeten hatte, das konnte sie ihm kaum vergelten. Er hatte ihr immer helfen wollen, ja. Und dafür wurde er jetzt bestimmt schrecklich bestraft. Ach, was war sie nur leichtfertig gewesen, sich auf Naraku einzulassen. Aber der war doch so nett erschienen! „Zur Hölle mit ihm!“ flüsterte sie und putzte sich noch einmal die Nase, ehe ihr eiskalt wurde. Direkt vor ihr befanden sich schwarze Schuhe, eine weiße, seidene Hose, und, als sie vorsichtig etwas aufsah, erkannte sie die beiden weißen Fellteile und die Rüstung des Fürsten. Entsetzt rang sie förmlich nach Luft. Wie war er hereingekommen und das auch noch so lautlos?   „Was hast du mit meinem Sohn gemacht?“ fragte der Taishou eisig. Zur Hölle mit ihm, ja? Mit ihm oder Inu Yasha? Kagome schluckte. Sein Sohn? Welcher denn? Was meinte er? Sie hatte doch nie … oh, die Kette. Das musste er erwarten. „Die ... die Kette? Ich habe sie.... Inu Yasha … als Glücksbringer gegeben, weil er doch für Opa ...“ „Wer hat dir gesagt, dass du diese Kette nehmen sollst?“ „Niemand, also ...“ War ihm die Kette wichtiger als der Einbruch? Aber, warum? „Opa sagte, ich solle Inu Yasha, also, dem Prinzen, doch etwas schenken, als Dankeschön, und ich solle es aus dem Schuppen nehmen, wo er so etwas aufhebt.“ Sie versuchte aufzusehen, musste jedoch dazu den Kopf in den Nacken legen. Hastig senkte sie den Blick lieber wieder. Selbst für ein unerfahrenes Menschenmädchen lag ein gefährlicher, roter, Schimmer in den Augen des Hundedämons vor ihr. Und so naiv war sie denn doch nicht, dass sie nicht gehört hatte, das sei ein mehr als bedrohliches Anzeichen. „Da sie aufleuchtete, als ich sie nahm, dachte ich, sie ist etwas Besonderes. Und, na ja, sie ist eines Prinzen würdig … War das falsch?“ Warum nur war er dermaßen wütend? „Oh, bitte, tun Sie Reddemon nichts, er wollte mir nur helfen.“ „Wer ist Reddemon?“ erkundigte sich der Taishou, jetzt doch irritiert. „Der Junge, der … der bei mir war. Ich weiß seinen Namen nicht, wir haben uns im Internet getroffen“ Sie musste sich zusammennehmen, um ihn wenigstens aus der Patsche zu holen. Alles, was ihm und seiner Familie zustieß, war schließlich ihre Schuld. Sie wischte sich erneut die Tränen ab, um zu entdecken, dass der Fürst sich von ihr entfernt hatte und an der gegenüberliegenden Wand lehnte, die Arme verschränkte. Immerhin war er aus ihrer direkten Nähe gegangen und sie atmete zitternd etwas tiefer ein. Es hieß, dass Dämonen Menschen in Stücke reißen konnten, wenn sie wollten. Reddemon? Internet? Die stärkste Bannkette der letzten Jahrzehnte ein Glücksbringer? Der Inu no Taishou gab zu etwas zu stutzen. Sie log nicht, das wusste er aus langer Erfahrung. Nur, wie passte das dann mit den Drachen zusammen? Waren seine Vermutungen nur aufgrund einer, wenngleich verbotenen, Romanze seines Jüngsten mit einer Angestellten in die Irre geleitet worden? Nein, irgendetwas stimmte da nicht, das verriet ihm sein Instinkt und die in Jahrhunderten Krieg erworbene Erfahrung. „Was wolltest du mit dem Juwel der vier Seelen?“ „Ich, nichts, wirklich nicht. Ich ... ich sollte es nur finden.“ Aha. Also doch. „Für die Drachen.“ „Äh, nein, wieso die Drachen?“ Kagome machte eilig den Mund zu. In ihrer Lage sollte sie nicht widersprechen, schon gleich gar nicht dem Mann, dessen Urteil über sie unverzüglich vollstreckt werden würde. „Für wen dann?“ Sie senkte den Kopf. Opa war noch immer in einer Klinik des Gumo-Konzerns, Reha hin oder her. Was, wenn Naraku herausfand, dass sie verhaftet worden war, und ihren Großvater umbringen ließ? Nein, das würde schneller gehen als sie aussagen konnte. Oh, vermutlich wusste doch Naraku schon, dass sie hier war. Opa! Mama! Souta!   Sie wollte auf stur machen? Der Taishou hatte schon vor tausend Jahren Verhöre geführt, als er sich zum Herrn der Hunde empor gekämpft hatte, und kannte die Anzeichen. Nun, nicht, dass es ihr viel helfen würde. Es gab Grenzen, was ein Menschen, allerdings auch ein Dämon, verschweigen konnte. Was zu einer anderen Überlegung führte. Die Higurashis hatten genug Grund ihn und Inu Yasha zu hassen. Da war der vorgebliche Mord an Kikyou, aber auch der tödliche Unfall des Vaters dieser kleinen Hexe durch einen fürstlichen Boten. Genug Motive. Mittel, klar. Sie war vermutlich die einzige lebende Person, die das Juwel der vier Seelen spüren und sogar bedingt kontrollieren konnte. Und die Gelegenheit hatten ihr die Drachen verschafft, in dem sie ihr Hinweise darauf gegeben hatten, ihr oder ihrem Großvater, wie man an Inu Yasha herankommen konnte. Der Junge war verdammt töricht gewesen, aber er war in eine überaus kunstfertig gestellte Falle getappt. Wer rechnete in diesem Internet mit einem Hochverräter, der noch dazu so hilfsbedürftig schien. Inu Yasha hatte seinen eigenen Beschützerinstinkt geerbt. Was prompt zu einer anderen Frage führte. Wie geschickt war dieses Mädchen? Er hatte angenommen, sie könne ihn nicht anlügen. Aber sie besaß einige Fähigkeiten, die auch einen Hundedämon an der Nase herumführen konnten. War es das, warum man sie und nicht ihren Bruder genommen hatte? Sie konnte sehr gut lügen? Dann musste er selbst vorsichtiger sein. Man kam oft bei einem Verhör weiter, wenn man scheinbar harmlose Fragen stellte, die nichts mit dem zu tun hatten, was der Andere verschweigen wollte. Und, das gab der Taishou sich ehrlich zu, was ihn persönlich auch interessierte. „Reddemon. Du sagst, ihr habt euch im Internet kennen gelernt. Heute erschient ihr mir beide recht persönlich anwesend.“ „Ja, wir … wir waren zusammen essen. Es war erst unser zweites Treffen,“ versuchte sie zu erklären, erleichtert, dass er nicht wieder nach dem Juwel fragte. Vielleicht konnte sie wenigstens dem armen Reddemon doch helfen? „Ich habe ihn getroffen, als ...“ Ach du je. Sollte sie den Fürsten an die mehr als ungeschickte Bewerberin erinnern? Aber immerhin war sie ja im Kendama eingestellt worden. So erzählte sie von ihrem Bewerbungsgespräch und dem zufälligen Treffen im Café, dann, dass sie gechattet hatten. Mehr musste der Fürst ja nicht wissen, oder? „Gestern waren wir zum ersten Mal zusammen essen, da er in der Stadt war, das ist er ja nur selten ...“ Immerhin hatte Inu Yasha den Verstand besessen sich mit ihr nur als Mensch zu treffen, ja, hatte offenbar eine Doppelrolle gespielt. Oder hatte sie das gewusst? Kagome schluckte und sah etwas auf. Noch immer lehnte der Fürst an der Wand, die Arme verschränkt, wie immer unbestreitbar elegant, aber sie wusste nur zu gut, dass er die Macht und das Recht hatte über sie zu urteilen. Über sie und Reddemon. „Ich … ich erzählte ihm etwas und er wollte mir helfen.“ „Jetzt kommen wir zu dem Punkt, der mich am meisten interessiert, Kagome.“ Der Taishou richtete sich auf. „WAS hast du ihm erzählt, dass er dir helfen wollte?“ Und er würde auf einer Antwort bestehen, erkannte das Mädchen entsetzt. Opa! Reddemon! Musste sie sich etwa zwischen den Beiden entscheiden? War nur einer zu retten? Oh, was hatte sie nur mit ihrer Arglosigkeit angerichtet! Sie brach erneut in Tränen aus. Dass der Fürst zwei Schritte auf sie zumachte, konnte sie nur als Drohung empfinden. Panisch keuchte sie auf: „Oh, bitte, ich darf doch nichts sagen! Oder … können Sie sie retten, wenn er sie umbringen lassen will?!“   Der Taishou blieb stehen. Nein, sie log nicht. Die körperlichen Anzeichen verrieten es ihm. Kein Mensch log in diesem Zustand. Er wusste nicht, was es war, aber irgendetwas hatte das Mädchen vor ihm schrecklich gepackt. Sie hatte furchtbare Angst – nicht nur vor ihm, womöglich eher sogar weniger, denn immerhin hatte sie gerade an seinen Schutz appelliert. Für wen, eigentlich? „Wen soll ich vor wem retten?“ „Opa, Mama, meinen Bruder. Und, auch Reddemon.“ „Um Reddemon brauchst du dir keine allzu großen Sorgen zu machen.“ Sein unbändiger Zorn auf seinen leichtfertigen Sprössling war langsam der dämonisch-sachlichen Erkenntnis gewichen, dass hier etwas ganz eigen lief. Natürlich würde Inu Yasha es zu spüren bekommen, dass er gegen das Verbot mit einer Angestellten herum getändelt hatte, aber, wenn diese Kagome sich bei dem ebenso benommen hatte, wie jetzt hier, war es kein Wunder, dass der Junge sie beschützen wollte. Zumindest bei diesem konnte er bewussten Hochverrat ausschließen. Immerhin etwas. Und die kleine Priesterin? „Danke.“ Etwas erleichtert putzte sich Kagome die Nase und wischte die Tränen ab. Wenigstens schien der Fürst jetzt ruhiger. „Ich habe doch solche Angst“, gestand sie, ehe sie erzählte, wie sie zu dem persönlichen Bewerbungsgespräch bei Naraku gekommen war, das Geld genommen hatte, um ihren Großvater zu schützen, die Andeutungen, die Beschattung, die immer stärker werdenden Drohungen, doch unglaublich froh, dass der Dämon vor ihr kein Wort dazu sagte, sie nicht unterbrach. Ein zweites Mal hätte sie kaum den Mut aufgebracht das zu beichten.   Naraku. Der Taishou dachte nach. Der hatte bei den Wirtschaftsverhandlungen gefehlt, was Inu Yasha aufgefallen war. Der Spinnendämon, oder gar Halbdämon, also hatte das Mädchen erpresst, sicher, um an das Versteck des Juwels der vier Seelen zu gelangen. Was ein Dämon damit anstellen wollte, war ihm selbst nur zu klar. Das Juwel versprach ungeheure Macht. Nur, was hatten die Drachen damit zu tun? Hatte der Herr des Gumo es etwa nicht nur auf das Juwel abgesehen, sondern sich gleichzeitig auch noch Verbündete beschafft? Gefährliche Verbündete, aber der hoffte wohl mit dem Juwel auch mit Ryuukossusei fertig zu werden. Oder gar mit ihm selbst. Natürlich, das musste der Plan sein. Über Kagome das Juwel, mit dem Juwel, ihn, den Fürsten, ausschalten, an das Höllenschwert gelangen und dann die Drachen schlagen. Nur, wozu waren die Drachen notwendig? Er sah keinen Grund daran zu zweifeln, dass Ryuukossusei, als er sich vorgeblich auf einer Insel im Westen erholt hatte, sich in Wahrheit mit einem Hochverräter getroffen hatte. Und jetzt konnte er dem auch einen Namen geben. „Was weißt du über die Drachen?“ Kagome erschrak. Sie hatte doch davon keine Ahnung. Der Fürst hatte sich gerade beruhigt, ja, schien nachdenklich – und jetzt? „Ich, ehrlich, ich weiß nichts von Drachen. Nur von Naraku.“ Nun gut, dachte der erfahrene Stratege, das war sogar glaubhaft. Man gab einem Werkzeug nicht mehr Informationen als notwendig. Es existierte jedenfalls noch eine Möglichkeit, wie er überprüfen konnte, ob das Mädchen die Wahrheit gesagt hatte oder nur eine mehr als geschickte Lügnerin war. „Die Sonne geht gleich auf. Komm.“ „Äh, ja, natürlich.“ Was sollte das? Sie hatte einmal gehört, dass Hinrichtungen gern im Morgengrauen stattfinden sollten. War es das? Aber sie hatte keine Wahl. Kagome raffte sich mühsam auf. Ihre Beine zitterten. Die Aufregungen der letzten Stunde, die durchwachte Nacht, forderten ihren Tribut. Ihre Furcht vor dem, was kommen würde, gehorchte sie nicht, war größer als die, was tatsächlich vor ihr läge. So folgte sie dem Herrn der westlichen Länder aus dem Raum, fast schwankend, aber dann doch schlicht froh, dass sie hinter ihm hergehen durfte und die dämonischen Krieger nur aus dem Weg gingen. In der großen Halle befahl der Taishou niemand Bestimmtem: „Inu Yasha in den Hof.“ Kagome sah, wie unverzüglich eine Dämonin in Rüstung wegeilte. Gab es auch weibliche Krieger? Doch, ja, davon hatte sie gehört. Aber sie war so müde, so erschöpft … Was blieb ihr anderes übrig, als dem Fürsten vor das Schloss zu folgen. Wieso Inu Yasha? Ging es wieder um diese Kette? Warum war die so wichtig?   Der junge Halbdämon gehorchte eilig. In den Hof – das klang nach Straftraining. Mindestens. Aber, was war mit der armen Juwel passiert? Fragen brauchte er nicht. Wenn Vater nicht ausdrücklich gesagt hatte, er solle es erfahren, hatte würden alle Dämonen eisern schweigen. Nicht nur aus Angst vor der Macht des Fürsten. Vater war es, wohl schon vorher, aber mindestens, seit er der Taishou, der Heerführer aller Hundeartigen geworden war, gelungen, sich den Respekt, ja, eine ungeheure Achtung zu erwerben. Leider ging es ihm selbst ja ebenso. Etwas in ihm schrie danach, von seinem Vater so anerkannt zu werden wie Sesshoumaru, wie der vollblütige Sohn, wie der Erbe. Aber, das gab Inu Yasha traurig zu, das war wohl nach den letzten Sätzen, die der Fürst zu ihm gesagt hatte, endgültig vorbei. Er musste froh sein, wenn er nicht hingerichtet wurde. Obwohl, wenn er so daran dachte, was sonst geschehen mochte, wäre der Tod einem Leben in Verbannung und Schande vielleicht vorzuziehen. Nur, was war mit Kagome? Die konnte doch nun wirklich nichts dafür, sie war das Opfer. Nur Naraku. Und er hätte diesen Mistkerl nur zu gern dieses permanente Lächeln aus dem Gesicht gewischt. Die Sonne ging auf. Und da war Vater – und Kagome. Immerhin war ihr nichts passiert. Er wollte schon aufatmen, als ihm klar wurde, dass er sich jeden Moment aus Reddemon in Inu Yasha verwandeln würde. Oh, Vater! Wusste der nicht, was er da gerade machte? Nein, vermutlich wusste es der erfahrene Heerführer nur zu gut. Wahrscheinlich war das als Strafe für ihn selbst gedacht. Immerhin war sie nicht verletzt, aber sie hatte geweint und wirkte sehr mitgenommen. Sie starrte ihn an. Warum, war ihm nur zu bewusst, denn die ersten Strahlen der Morgensonne berührten ihn, und er konnte spüren, wie seine dämonische Energie erwachte. Gleich würden sich seine Haare färben, seine Finger zu Klauen werden und die Ohren auf dem Kopf erscheinen. Ach du je.   Das Mädchen bemerkte irritiert, wie etwas um Reddemon sich veränderte. Sie war schon froh gewesen, dass er noch heil war, aber was war jetzt los? Die Haare, die Augen, die Hände, die Ohren … Sie war so müde, dass sie fast eine Minute lang nicht begriff, was da geschehen war. Erst, als ihr Chatpartner, der Junge, nein, der Prinz sie schuldbewusst anguckte, begriff sie. Unglücklicherweise war sie durch die Aufregungen der durchwachten Nacht, ihre Müdigkeit und ausgestandenen Ängste am Ende ihrer Nervenkraft. Wie durch einen Tunnel starrte sie auf denjenigen, dem sie im Moment nur die Schuld für alles geben konnte, ohne weiter zu realisieren, wer noch neben ihr stand. Es zählte nur noch, dass DER Schuld an ihrer Angst, ihrer Verzweiflung der letzten Stunden trug – und sich ihre Emotionen in reine Wut verwandelten. „Du.... du hast mich belogen! Du hast mir vorgespielt ein Mensch zu sein! Von wegen, du willst mir helfen, ha! Du bist genauso verlogen wie Naraku, du verdammter Hund! Und ich habe mir Sorgen um dich gemacht, dass du entlassen werden könntest!“ Sie spürte, wie etwas in ihr aufstieg, war aber zu verwirrt, um es als das zu erkennen, was sie bei der Totentanzkrähe empfinden hatte. Ihre angeborene Magie erwachte. Statt dessen fauchte sie weiter. „Du hast mich hintergangen, betrogen. Man sollte dich wie einen Straßenköter treten, argh. Wärst du nur einer, ich würde nur sagen: mach Platz! Und dann....“ Sie brach ab, jäh aus ihrem Zornesausbruch gerissen. Denn die Kette, die Inu Yasha unter seinem Anzug noch immer trug, hatte selbst durch das Hemd aufgeleuchtet. Im nächsten Moment prallte der Halbdämon flach auf den Boden, sichtlich durch Magie gezwungen. Und eine Hand, nein, eine Klaue, fiel schwer auf ihre Schulter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)