The Darkness Inside Me von robin-chan ================================================================================ Kapitel 5: Sogni d'oro. ----------------------- "Träume süß." 17. Februar 2012   „Denk daran, sobald du ein genaues Datum hast, ist alles vorbereitet. Wir sehen uns zu deinem Geburtstag, versprochen.“ Sanft zog Vivi die Orangehaarige in eine Umarmung, die ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen zustande brachte. „Pass auf dich auf und halte mich auf dem Laufenden“, nuschelte Nami, drückte Vivi nochmals an sich, ehe sie von ihr abließ und Richtung Sicherheitskontrolle ging. „Das müsste ich eigentlich dir sagen“, murmelte die Schülerin und blieb mit gemischten Gefühlen zurück. Unruhig wippte die junge Frau mit ihrem rechten Fuß, während ihre Aufmerksamkeit den Lichtern galt, die nach und nach verebbten. Die Stadt verschwand und dennoch starrte sie hinaus in die dunkle Nacht. Zu rasch war die Woche vergangen, doch verließ sie diese mit recht vielen Eindrücken, die ihren Entschluss festigten. Ihre Lippen formten ein schwaches Lächeln. In fünf Monaten kehrte sie nach Venedig zurück. Ein Tapetenwechsel, der zwingend notwendig war und ihr endlich die Chance gab ihren eigenen Weg zu finden. Wie wohl die Reaktion ihrer Familie aussah? Mit Sicherheit unterschiedlich. Nachdenklich lehnte sich Nami zurück und schloss die Augen. Zu schade, dass sie nicht länger bleiben konnte, doch die Freude auf die baldige Rückkehr war umso größer. Die kommende Zeit dürfte einiges für sie bereit halten.   15. Februar 2012   „Das hättest du wirklich nicht tun müssen.“ Nami hielt inne. Obwohl die letzten Stunden in manchen Augen keinerlei Besonderheit aufwiesen, hatte sie diese äußerst genossen. Ihr Blick glitt zu Vivis Haus, ehe sie erneut die Aufmerksamkeit ihrer Begleiterin widmete, die ihr sanft entgegen lächelte. „Mir macht das nicht sehr viel aus. Außerdem, wer weiß, ob du den Weg im Dunkeln gefunden hättest. Hier kann man sich sehr schnell verlaufen. Und von den Gestalten, die hier zum Karneval herumlaufen, fange ich lieber gar nicht erst an.“ Nami schnaufte entrüstet auf. Verlaufen? So etwas war ihr noch nie passiert. Ihren Orientierungssinn brauchte wahrlich niemand in Frage stellen. Zu Anfang hatte sie gegen das Angebot gesprochen, lehnte dankend ab, denn sie war alles andere als unbeholfen. Argumente hin oder her, die Rolle stand ihr nicht. In dieser mochte sich Nami noch nie. Recht schnell jedoch musste sie dann feststellen, dass das kein einfaches Unterfangen war der Schwarzhaarigen etwas aus dem Kopf zu schlagen. „So schlimm, dass ich dich begleitet habe?“ Nami blinzelte und sah fragend zu Robin, die durchaus erahnte, was ungefähr in der jungen Frau vor sich ging. Seufzend steckte sie die Hände in die Manteltasche und schüttelte sacht den Kopf. „Nein. Ich mag es einfach nicht, wenn ich unterschätzt werde und deine Wortwahl gab mir das Gefühl. Denn ehrlich gesagt, du bist selbst eine Frau und musst nun den Weg zurückgehen, allein, in Dunkelheit. Und dein Alter nehme ich als Argument nicht voll“, erklärte Nami ruhig. Unterschätzt wurde sie gern, insbesondere von ihrer Familie. Gut und gerne trauten sie ihr höhere Ziele gar nicht erst zu. Natürlich hatte sie in den Jahren Anlass dazu gegeben, doch das ging vielmehr von ihrer rebellischen Seite und den alltäglichen Konflikten aus. Robin indes hob eine Braue an, wirkte amüsiert. Verräterisch zuckten ihre Mundwinkel. „Was?“ „Nichts. Ich habe dich klar und deutlich verstanden“, winkte die Schwarzhaarige ab und lächelte schließlich spitzbübisch. In den letzten Stunden hatte sie durchaus mitbekommen, wie Nami ihre Meinung vertrat und sich kaum dazwischen reden ließ. Sie schaffte es sogar erneut darauf zurückzukommen, obwohl das Thema längst abgehandelt worden war. Zu ihrer Überraschung hatten sie die Unterhaltungen nicht ermüdet, im Gegenteil sie hatte gern zugehört und ab und an einen Kommentar ihrerseits eingeworfen. Manchmal provokanter, einfach um die Reaktion sehen zu können. Oftmals langweilte sie sich bereits nach ein paar Minuten und suchte rasch nach einer Möglichkeit sich zurückzuziehen. Abgesehen von ihren Freunden, die gleichzeitig ihre Partner darstellten, traf sie selten auf einen Menschen, dem es lohnt Gehör zu schenken. Irgendwie erfrischend. „Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass du das alles mit Absicht machst.“ Kopfschüttelnd trat Nami auf der Stelle. Im Gehen waren ihr die Kälte, der Wind kaum aufgefallen. Rigoros musterte sie Robin, die zu ihrer Verwunderung vollkommen unbeeindruckt war. Robin lachte leise auf und deutete zum Haus. „Geh lieber. Nach den Wintern, die ich in Russland erlebt habe, kann nicht jeder abgehärtet sein“, sprach sie sanft lächelnd. Obwohl die Zeit bereits weit fortgeschritten war, verspürte Nami keine Müdigkeit, sie hätte noch Stunden weiter durch die Gassen schlendern und reden können, doch war es vermutlich das Beste. „Danke für dein rettendes Angebot, ansonsten wäre ich vor Langeweile wohl gestorben.“ Robin nickte daraufhin verschmitzt. „Keine Ursache, wir haben uns gegenseitig aus der Bredouille gefreit. Genieß die restlichen Tage, die Stadt hat sehr viel mehr zu bieten und wer weiß, vielleicht laufen wir uns nochmals über den Weg. Sogni d’oro, Nami“, verabschiedete sich Robin, ehe sie sich allmählich in Bewegung setzte. „Du auch.“ Nicht mehr als ein Flüstern. Langsam kramte sie den Schlüssel hervor, überbrückte die letzten Meter zur Haustüre, ehe sie nochmals den Kopf Richtung Robin wandte. „Bei einem dritten Mal erwarte ich mindestens eine Einladung zum Kaffee“, rief sie der Schwarzhaarigen grinsend hinterher und betrat das Haus ohne einen weiteren Blick zu riskieren. Robin lachte leise auf und schüttelte den Kopf. Tief durchatmend lehnte Nami einen Augenblick lang gegen das Holz. Die letzten Stunden hatte sie mehr genossen, als erwartet. Rasch schüttelte sie den Kopf, versuchte Gedanken, die in eine Richtung deuteten, die ihr missfiel, zur Seite zu schieben. Seufzend stieß sie sich ab, streifte den Mantel von ihren Schultern und hing ihn auf, ehe sie sich ihren Schuhen entledigte. Eigentlich waren diese für den langen Sparziergang äußerst unpassend gewesen. Auf Zehenspitzen ging sie den Flur entlang, hoffend niemanden zu wecken, doch den Gedanken konnte sie kaum ausführen, schon öffnete sich die Türe ihres Gästezimmers. Vivi streckte wortlos ihren Kopf durch den Spalt und winkte ihre Freundin hastig zu sich. Das sie eine Weile lang auf sie warten würde, war Nami klar gewesen, doch mittlerweile war es bereits knapp vor drei Uhr morgens. „Warum bist du noch auf?“, wollte sie fragen, als Vivi bereits ihr Handgelenk packte und sie regelrecht in den Raum zerrte. Sichtlich verwirrt sah sie die Schülerin an, die weiterhin das Schweigen vorzog und wie ferngesteuert auf und ab ging. „Okay, muss ich mir Sorgen machen?“ Abwartend öffnete sie ihr Kleid. Wenn Vivi schon am Verrücktwerden war, so konnte sie die Zeit wenigstens dahingehend nutzen um in bequemere Kleidung zu schlüpfen. Vivi warf die Arme in die Luft, starrte ihre Freundin entgeistert an, die sich gerade ein Shirt anzog und den Blick fragend erwiderte. „Da war eine Leiche! Eine echte Leiche!“, entfuhr ihr. Worte, die ihr erneut eine Gänsehaut bescherten. „Gott, du bist echt im passenden Moment gegangen!“. Nami verstand nicht ganz, wie sie das einordnen sollte und wartete lieber auf weitere Informationen. „Da tanzt man und unterhaltet sich und plötzlich bricht die Musik ab und wir werden darauf hingewiesen, das einer der Gäste tot aufgefunden wurde. Tot! Du glaubst gar nicht, was da plötzlich für ein Aufgebot erschien!“ Überrascht, legte Nami ihr Kleid über die Stuhllehne und drehte den Kopf zu Vivi, die weiterhin fassungslos schien. „Wie das? Und wer ist es?“ Solch eine Wendung, an solch einem Abend? Keine Neuigkeiten die man täglich erhielt. Anscheinend hatte sie durchaus etwas verpasst. Wie war das möglich? Schließlich begab sie sich zum Bett und ließ sich nach hinten auf die weiche Matratze fallen. „Capone. Ein Mistkerl, wie er im Buche steht. In letzter Zeit stand er durchwegs wegen Korruptionsvorwürfen im Mittelpunkt. Seine Verbindungen zur Mafia machte ebenfalls die Runde. Die Polizei versucht wohl herauszufinden, ob sein Tod ein Unfall oder gar ein Mord war.“ „Bitte? Ein Mord? Bei solch einem Trubel? Ich bitte dich.“ Nachdenklich drehte sich Nami auf den Bauch, stützte den Kopf mit den Händen ab. Zwar schockierte sie das, allerdings hielt sich ihr Mitgefühl in Grenzen. Von dem Mann hatte selbst sie gehört, trotzdem ein Mord unter solchen Umständen war zu weit hergeholt. „Typisch, kaum verschwinde ich, passieren meist die interessantesten Dinge. Der Abend erhielt also noch einen gewissen Pep“, scherzte Nami und erntete sofort einen missbilligenden Blick seitens Vivi. Entschuldigend setzte sie einen ernsteren Gesichtsausdruck auf. „Tschuldige, kanntest du ihn?“ Nami hatte durchaus ein Talent dafür unnötige Kommentare in den unpassendsten Momenten von sich zu geben. „Das nicht. Dennoch, ich finde das beängstigend. Wie so etwas nur in unmittelbarer Nähe stattfinden konnte,…, niemand hat etwas bemerkt.“ Nami legte die Stirn in Falten, dachte über die Worte nach. Der Gedanke daran, bereitete ihr unweigerlich eine Gänsehaut. „Kann vorkommen, vielleicht ein Herzinfarkt? Oder er war krank, hatte einen Anfall, keine Ahnung, woran Menschen noch so sterben. Sogar Selbstmord ist eine Möglichkeit. Bei all den Anschuldigungen und den Problemen, denen er ausgeliefert war, könnte das sein letzter Ausweg gewesen sein“, dachte die Orangehaarige laut, woraufhin Vivi zu ihr sah. Sie wurde ernster, zog die Brauen zusammen und für einen Augenblick trat ihr Kiefer hervor. „Du hast Mord vergessen“, sprach sie gepresst, woraufhin Nami die Gesichtszüge entglitten. Anhand des Blickes ihrer Freundin, erkannte Nami wie gewichtig der Gedanke für sie war. „Hör auf, du verrennst dich in haltlose Spekulationen!“ „Tue ich das? Ich finde das nicht abwegig. Bei all dem Dreck den er am Laufen hatte, da muss er sehr viele Feinde gemacht haben. Allein die Partner, die er hintergangen haben soll. Komm schon, du spielst Leute untereinander aus, wendest dich an den Konkurrenten, nimmst dir fremdes Geld und pulverst es beim Fenster hinaus. Da kann schnell jemand die Schnauze voll haben und dich aus dem Weg räumen. Das kann in manchen Kreisen sehr schnell passieren.“ Ein kalter Schauer lief Nami über den Rücken. Zugegeben, der Gedanke war passend, doch daran wollte sie lieber nicht denken. Vivi glaubte daran und wenn sich diese eine Theorie in den Kopf gesetzt hatte, war es schwer sie davon abzubringen. Räuspernd strich sich Nami eine Strähne aus dem Gesicht, sah geradeaus gegen die Wand. „Okay, nehmen wir an, du bist auf der richtigen Spur. Wie soll das gehen? Bei all den Menschen? Wer ist so dumm und riskiert dort einen Mord?“ Das Risiko war beträchtlich. Wie sollte man dort ohne Zeugen einen Mord durchführen? Zwar war das Gebäude groß, mit mehreren Stockwerken, dennoch. Die Chance gestört und gesehen zu werden, machte es in Namis Augen kaum möglich. „Jemand, der etwas von seiner Arbeit versteht? Vielleicht kannte er den Täter. Eine ruhige Ecke findet man auf jeder Veranstaltung, man muss nur wissen wie und wo.“ „Du siehst zu viele Filme“, antwortete Nami seufzend und bettete den Kopf auf ihrem Arm, wodurch sie Vivi von der Seite aus ansehen konnte. Brummend verdrehte die Schülerin die Augen. „Klar, weil so etwas in der Realität nie vorkommt, oder?“, gab sie angesäuert von sich. Aufgrund der Position ihres Vaters hatte sie bereits genügend mitbekommen. Selbst von ihren Freunden hörte sie ab und an beunruhigende Geschichten. Ace war ein hervorragendes Beispiel. So nett er auch war, er spielte mit dem Feuer und hatte genügend Kontakte in die Unterwelt der Stadt. Wenn sie den Menschen hinter der Fassade nicht kennen würde, die Beweggründe, dann hätte sie sich unlängst abgewandt und den einen oder anderen Tipp abgegeben. Von daher wusste sie sehr wohl, wovon sie sprach und ihre Gefühle irrten selten. „Was, wenn der Mörder von Anfang an anwesend war und an uns vorbei marschierte?“ „Themawechsel? Bitte?“, flehte Nami gespielt. Nach dem schönen Abend mochte sie darüber keine Gedanken verlieren. Im Allgemeinen interessierte sie sich kaum dafür. Das Böse existierte, Punkt. Mehr brauchte sie nicht zu wissen. „Von mir aus“, gab Vivi schlussendlich nach, immerhin hatte sie ihr sowieso einen Report versprochen und den wollten sie nun einholen. „Dann möchte ich endlich wissen, wen du kennengelernt hast. Wenn ausgerechnet du unter solchen Menschen jemand interessantes findest, dann heißt das etwas.“ Automatisch hellte Namis Gemütszustand auf. Von diesen Verhören war sie zwar nie ein Fan, aber in Anbetracht der Auswahl an Themen zog sie so etwas freiwillig vor. „Was sagt dir eine gewisse Robin Nico?“ Perplex blinzelte Vivi. Hatte sie tatsächlich diesen Namen gesagt? „Das ist ein Scherz?“ Da Nami ruhig blieb und den Kopf schüttelte, stieß Vivi einen Pfiff aus. „Meine Güte, da hast du dir aber ein ordentliches Kaliber ausgesucht“, lachte die Schülerin. Nami verstand die Reaktion ihrer Freundin nicht, aber es hatte den Anschein als ob Robin keine Unbekannte war. Vivi gluckste amüsiert und machte es sich bequem. „Wie soll ich sagen. Auf ihrem Gebiet ist sie sehr berühmt und bei öffentlichen Veranstaltungen ein gern gesehener Gast. Viel kann ich nicht über sie sagen, sie lebt zurückgezogen und ist meist auf das Wesentliche konzentriert. Zwar stets freundlich und gibt sich interessiert, aber im Grunde unnahbar. Über ihr Privatleben dringt kaum eine Information nach draußen. Sagen wir, sie wahrt sehr die Distanz, obwohl viele bereits vergeblich versucht haben ihr näher zu kommen. Die Männerwelt liegt ihr zu Füßen, wodurch manch eine verheiratete Frau gewisse Abneigungen ihr gegenüber empfindet. Du kennst ja die Klatschgemeinde“, erklärte Vivi unverblümt. Umso mehr überraschte es sie, das ausgerechnet Nami die letzten Stunden mit ihr verbracht hatte. „Die armen Männer“, griente Nami belustigt. Die Unterhaltung hatte recht schnell gezeigt, wohin sie ihre Präferenzen trieb. Kein Wunder, dass die Männerwelt schlechte Karten bei ihr hatte. „Wie bist du an sie geraten?“ Vivi kannte genügend Personen die Interesse an der Frau hegten, das Tuscheln wenn diese anwesend war. Als Nami eine Weile schwieg und sich aufsetzte, stieg die Neugierde zunehmend und ihre Freundin war sich dessen durchaus bewusst. Nochmals ließ Nami den Abend Revue passieren und an eine große Zurückhaltung erinnerte sie sich wahrlich nicht. Sie wirkte alles andere als komplett distanziert. Gewiss erhielt sie in diesem kurzen Zeitraum keinen Einblick in das vollständige Leben der Schwarzhaarigen, doch unter zu großer Verschlossenheit verstand Nami anderes. Auf diverse Fragen hatte Nami ihre Antworten erhalten. Merklich registrierte sie Vivis Blick, der sie zu durchbohren schien, wodurch sie schließlich ihr Schweigen brach. „An meinem ersten Abend hier, da waren wir ja in der Bar und ich ging kurz nach draußen. Sie war auch dort.“ Ahnungslos kniff Vivi ihre Augen zusammen und versuchte sich vehement daran zu erinnern. Lachend tippte Nami ihr gegen die Stirn. „Belass es lieber dabei. Selbst ohne Alkohol hättest du vermutlich kaum auf deine Umgebung geachtet, dafür warst du zu sehr auf Ruffy fixiert. Dem das übrigens kaum aufgefallen ist. Ehrlich, such dir einen anderen. Nimm dir Sanji, er ist sichtlich interessiert.“ Entrüstet verzog Vivi ihr Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust. Den Kommentar hätte sich Nami durchaus verkneifen können. „Unser Casanova? Bitte, er ist ein guter Freund, aber mit ihm eine Beziehung? Wie sieht das aus? Er und monogam? Vergiss es.“ „Richtig, da ist ein asexueller Vielfraß wesentlich geeigneter“, feixte Nami weiter. Bis heute verstand sie nicht, was genau Vivi an ihm fand. Okay, er war ein netter Kerl, der wusste, wie er jemanden zum Lachen brachte, aber mehr? Freundschaft ja, aber eine Beziehung? Unvorstellbar. Seine kindliche Art sprach Bände, außerdem zeigte er förmlich ein Desinteresse. „Belassen wir das. Du weichst aus. Also, erzählt weiter.“ Zum Glück hatte kaum jemand eine Ahnung, wie ihre Gefühle standen. Nicht auszudenken, wie der eine oder andere darauf reagierte. Besonders ihre Schulfreunde dürften niemals davon erfahren. Zumal Ruffy ein vollkommen anderes Leben führte. Vorerst hörte sie auf, aber später würde sie das Thema nochmals ansprechen. Denn ihre Bemerkung bezüglich Sanji kam nicht von irgendwo her. „Wie gesagt, ich traf sie vor der Bar, ein kurzer Wortwechsel folgte und dann kam das zweite Aufeinandertreffen. Wir führten sogar eine richtige Unterhaltung, spazierten durch die Stadt und jetzt hat sie mich hierher begleitet“, erklärte sie knappt und lächelte auffällig in sich hinein. Neugierig lehnte Vivi sich vor, als erhoffte sie ein weiteres, entscheidendes Detail und Nami ahnte bereits, worauf das hinaus laufen sollte. „Vivi! Ich hab dir vor dem Gehen schon gesagt, dass das nicht in die Richtung geht!“, brummte sie entnervt, woraufhin Vivi abwehrend die Arme hob. „Hab nichts gesagt“, belächelte sie die Worte der anderen. „Und so gesehen, hast du damit angefangen. Ich wollte lediglich mehr Eindrücke und nicht mit solch einer billigen Erklärung abgespeist werden. Muss ich dir immer alles aus der Nase ziehen? Nach all dem, das ich gehört habe, da möchte ich gern mehr wissen. Ihr seid also zusammen verschwunden, warum auch immer und dann? Worüber habt ihr gesprochen?“ Nami ging stets recht sparsam mit ihren Erzählungen um und benötigte gern einen kleinen Schubs um mit mehr Informationen herauszurücken. „Über meinen Aufenthalt, ihre Arbeit und allem voran über die langweilige Gesellschaft, aus der wir uns retten konnten. Solltest du etwas Spektakuläres erwarten, so muss ich dich enttäuschen.“ Wissend grinste Vivi und tippte nun ihrerseits auf die Stirn ihrer Freundin. „Ich habe bereits, was ich wollte.“ Irritiert legte Nami die Stirn in Falten. Worauf spielte sie an? „Du bist interessiert. Wann seht ihr euch wieder?“ Nami brummte lautstark und vergrub das Gesicht im Kissen. Vivi war unmöglich.   19. April 1995   Eilig werkelte der Teenager an seiner neuesten Kreation. Sein Geschick für handwerkliche Dinge hatte sich früh entwickelt. Die Schule war kein Thema für ihn. Vielmehr arbeitete er in einer Werkstatt um sich durchs Leben schlagen zu können. Da der Job nicht sehr viel einbrachte, sicherten illegale Aufträge seinen Unterhalt. Im Grunde war er ein Technikfreak. Schritte ließen ihn innehalten. Genervt drehte er den Kopf. „Wir haben Mittagspause. Kommt in einer Stunde wieder.“ Obwohl er lediglich einen kurzen Blick auf die möglichen Kunden warf, hatte er sich jegliches Detail eingeprägt. Ein Geschick, welches er benötigte. Die Straße hatte es ihn gelehrt. „Wir möchten uns unterhalten, Franky.“ Langsam legte er den Schraubenzieher zu Boden, den Blick starr nach vorne gerichtet. Dort in seinem Werkzeugkasten bewahrte er seine Waffe auf. Er musste schnell sein, wenn es drauf ankam. „Keinen blassen Schimmer worüber“, gab er monoton zurück, erhob sich vom Boden und nahm ein Handtuch, mit dem er sich die Hände säuberte. Für sein Alter war er gewieft und äußerst kaltschnäuzig, wenn es um sein Leben ging. Der Mann lachte auf, während sein Partner regungslos verharrte. „Ganz ruhig. Deine kleinkriminellen Tätigkeiten sind uns egal. Wir möchten dir ein Angebot unterbreiten, deine Fähigkeiten haben unser Interesse geweckt. Du hast einen interessanten Ruf.“ Vorsichtig schritt er zum Werkzeugkasten, wo auch eine Flasche Cola stand. „Ihr verwechselt mich.“ „Unsere Recherchen sind fehlerlos.“ Der Blonde trat näher, zog seine Waffe hervor und legte sie auf den Tisch. „Keine Spielchen, lediglich ein Gespräch mit offenen Karten, einverstanden?“ Franky leerte die Flasche in einem Zug und sah abwechselnd von der Waffe zum Mann. „Ich höre?“   15. Februar 2012   Summend, eine Zeitung unter den Arm geklemmt und zwei Becher Kaffee in der Hand, nahm der großgewachsene Mann leichtfüßig die letzten Meter. Ohne zu klopfen, öffnete er problemlos die Bürotür und trat breit grinsend ein. Wie gewohnt, fand er die Schwarzhaarige hinter ihrem Schreibtisch vor, die Aufmerksamkeit auf die Akten vor sich. Sie sah hoch konzentriert aus, wenn er durchaus glaubte einen Hauch von Müdigkeit zu erkennen. „Zeit für ein Päuschen“, flötete er gutgelaunt und stellte einen Becher auf die Unterlagen, wodurch sie gezwungen war aufzusehen. Sein Körper plumpste auf den Ledersessel und genüsslich zog er die Zeitung hervor, die er geräuschvoll durchblätterte. Widerstandslos atmete Robin einen tiefen Atemzug aus. Mittlerweile kannte sie Franky gut genug um zu wissen, wie nervtötend er werden konnte, wenn er ihre Aufmerksamkeit haben wollte. Unweigerlich hob sie den Becher an, öffnete den Verschluss und musterte den Inhalt mit Argusaugen, ehe sie vorsichtig den Kaffee probierte. Der Drang den Inhalt in den nächsten Abfluss zu schütten, erwachte. „Verzieh dein Gesicht nicht, der ist gut“, hörte sie ihn daraufhin nüchtern sagen. Seine Angewohnheit stets neue Cafés zu erkunden, machte ihr zu schaffen. Denn am Ende war sie die Leidtragende, die diese Experimente mitmachen musste. „Bleib bitte bei deiner Cola und lass den Kaffee meine Sache sein, okay?“ Ihre Geschmäcker waren mehr als unterschiedlich. An dieses Getränk setzte sie sehr hohe Ansprüche. „Außerdem, mit reichlich Zucker und Milch schmeckt jeder Kaffee, da das Wichtigste ja verloren geht“, fügte sie hinzu und rümpfte ihre Nase, ehe sie das braune Gebräu, den Namen Kaffee mochte sie diesem gar nicht erst zusprechen, zur Seite stellte. Franky warf einen belustigenden Blick über den Zeitungsrand. „Keine Milch, ich glaub die schlägt mir in letzter Zeit auf den Magen.“ Stirnrunzelnd öffnete Robin dem Mund um eine Antwort zu geben, doch behielt sie die Worte lieber für sich. Seine Macken änderten sich so oder so ständig. „Die Ermittlungen werden wohl bald eingestellt. Deine gelegte Fährte spricht eindeutig für ein tragisches Unglück. Unfassbar, wie schnell das passiert“, lenkte er das Gespräch in eine andere Richtung. Robin horchte auf und lehnte den Rücken gegen die Stuhllehne. Die Recherche machte sich bezahlt. „Meine Güte, der Fotograph hat die belämmerten Gesichter der Gäste hervorragend eingefangen. Hast du das mitbekommen?“, fügte er weiter an und hielt ihr die Seiten entgegen. Robin überflog schnell die Fotos und schüttelte den Kopf. „Wie viele wohl tatsächlich seines Todes wegen schockiert waren?“, warf Robin die Frage in den Raum und stützte das Kinn auf ihrer Hand ab. Wenn sie an die Menschen dachte, die dort waren, und daran, wie viel Dreck jeder von ihnen an sich kleben hatte, bezweifelte sie jegliche Trauer. Der Schock saß vielmehr aufgrund dessen, dass das vor Ort vorgefallen war. Sie sahen es als Zeichen. Ihnen musste bewusst geworden sein, dass sie nirgends sicher waren, wenn ihnen jemand nach dem Leben trachtete. „Sie können sich glücklich schätzen. Wäre Lucci dort gewesen, so hätte er die Leiche wohl von der Decke baumeln lassen“, bemerkte Franky durchaus leise und verzog das Gesicht. Robins Mimik verfinsterte sich daraufhin. Vermutlich hatte ihr Partner recht mit seinen Worten. Lucci einzuschätzen erwies sich als äußerst schwer. „Hast du von dem Angebot gehört? Sie wollen ihn anderweitig einsetzen. Ihn in den Hintergrund dirigieren, er lehnt jedoch akribisch ab.“ Überrascht legte Franky die Zeitung zur Seite und lehnte nach vorne. „Sag bloß, sie sehen ihn endlich als Gefahr? Er hat für Aufsehen gesorgt. Beim letzten Auftrag hat er einen Interpol-Agenten getötet, der das Opfer observierte. Sie forschen nach.“ Fest strich er durch seine Haare. Lucci bereitete ihm so manches Kopfzerbrechen. Nachdenklich stand Robin auf und trat ans Fenster, verschränkte die Arme vor der Brust. „Irgendwann müssen wir uns selbst um das Problem kümmern“, flüsterte sie und beobachtete die belebte Straße. Der Gedanke war durchaus verlockend. Schweigen trat ein. Die Idee kam nicht zum ersten Mal auf. Damit hatte er sich längst abgefunden, der Tag kam, das spürte er. „Warum bist du früher gegangen?“ Nochmals lenkte er auf den gestrigen Abend und normalerweise blieb Robin durchaus länger. Die Tatsache weckte durchaus seine Neugierde. „Hab mir die Stadt angesehen“, antwortete sie wahrheitsgetreu und spürte regelrecht den fragenden Blick ihres Partners im Nacken.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)