The Darkness Inside Me von robin-chan ================================================================================ Kapitel 13: Pausa. ------------------ Auszeit 28. Juli 2012 „Eineinhalb Wochen ist Strafe genug. Redet wieder miteinander“, griente Nami und gab der Straßenkünstlerin einen sachte Stoß in die Seite. Seit Tagen lag ihr Vivi deswegen in den Ohren. Schnaubend rümpfte Bonney die Nase. „Ihre Macken müsstest du mittlerweile kennen und sie dürfte eine Lehre daraus gezogen haben.“ Niemand kannte dieses Helfersyndrom besser als Nami. Oft genug hatten sie sich, erst recht während der gemeinsamen Schulzeit, deswegen gezankt. Selten wusste Vivi, wann sie aufhören sollte. Darin bildete Bonney gewiss keine Ausnahme. Zwar hatte Nami gehört, warum der Zwist entstanden war und sie hatte Vivi nahe gelegt aufzuhören die andere zum Reden zu zwingen, aber sie mischte sich nicht ein. Nicht in die eigentliche Problematik. Entweder erzählte Bonney davon oder sie ließ es. „Bitte?“ Denn dadurch würde es aufhören und Vivi würde nicht täglich wieder von vorne anfangen. Die abweisende Art der Straßenkünstlerin machte in diesem Sinne, ungewollt verstand sich, auch ihr Leben schwer. Bonney sah sie aus dem Augenwinkel heraus an, wartete kurz ab und nickte schlussendlich. Vielleicht hatte sie es gegen Ende hin ein wenig übertrieben, aber das Gespräch hatte sie auf die Palme gebracht. Und nachdem Ruffy dazwischen gegangen war, ging der Trubel noch länger weiter. Irgendwann hatte sie sich los gerissen und ihr Zimmer eingesperrt. Selbst als Vivi aus der Wohnung war, war sie dort geblieben und ignorierte seither sämtliche Fragen, die den Vorfall betrafen. „Von mir aus. Unsere Prinzessin braucht schließlich ihren sorgenfreien Schlaf.“ Bonney stand neben der Spur. Die Tage zogen sich ungewöhnlich und ständig suchte sie ihre Umgebung ab. Zehn Jahre später fühlte sie dasselbe wie in jener Nacht, in der sie ihren Rucksack packte und mit dem Nötigsten aus ihrem Käfig entfloh. „Du betitelst sie wohl gerne als Prinzessin.“ „Weil sie eine sein kann.“ Ob gewollt oder ungewollt, aber Vivi zeigte sie immer wieder von dieser Seite, was wohl an ihrem sonstigen Umfeld lag. „Siehst du in mir etwa auch eine?“, hinterfragte Nami den Kommentar mit gerunzelter Stirn. „Habe ich nie gesagt. Du kannst die Attitüde bestimmt nach Lust und Laune raushängen lassen, aber bei ihr ist sie fest verankert. Deshalb fasziniert sie die Strohbirne.“ „Gut getroffen“, seufzte Nami, „und solltest du reden wollen, du weißt, wie du mich erreichst. Oder den Rest.“ Sanft drückte sie die Schulter der anderen und machte sich zu Zorro auf, der herzhaft gähnte. Er sah wirklich müde aus, so hatte sie ihn selten erlebt. Zum Glück änderte sich das bald. „Ich sag’s dir, noch nie habe einen Sonntagabend so herbei gesehnt, wie diesen.“ „Den Urlaub hast du dir verdient.“ Sie setzte sich auf einen Hocker und entsperrte das Smartphone. „Was wirst du machen?“, fragte sie während sie nebenbei auf eine Nachricht antwortete. „Schlafen. Gammeln. Wenigstens für zwei, drei Tage. Das muss sein.“ Das machte er stets so. Zorro schlief dann ziemlich viel und kam im Normalfall zwei Tage nicht aus der Wohnung. Sogar das Trainieren ließ er sein. Sein Körper brauchte die Erholung und ab dann ging es recht schnell wieder bergauf. Daran hatte er sie gewöhnt und es war vielmehr ein Ritual geworden. „Und? Wo ist sie unterwegs?“ „Chile.“ „Wie lange noch?“ „Montag.“ Das Smartphone landete auf dem Tresen und Nami streckte ihm die Zunge heraus, als sie sein spitzbübisches Grinsen erblickte. Das durfte sie sich seit jenem Treffen regelmäßig abholen. „Manchmal könnte neben dir die Welt untergehen und du würdest es verschlafen, aber hierfür interessierst du dich. Aus dir werde ich wohl nie schlau.“ „Warum sollte ich der Welt meine Aufmerksamkeit schenken?“ Unschuldig zuckte er mit den Achseln. „Außerdem herrscht zu Hause gerade Krisenstimmung, da ist deine Liebelei eine angenehme Ablenkung. Ruffy und Bonney keppeln. Die beiden reichen mir und jetzt mischt sich der Giftmischer auch ein. Ich verstehe, dass sie Vivis Einmischung auf die Palme bringt, doch Ruffy?“ Er schüttelte den Kopf. „Eigentlich habe ich nie sehr viel über ihre Vergangenheit nachgedacht und ihre Verschlossenheit akzeptiert. Jeder trägt sein Päckchen, sage ich immer, nur gibt es Grenzen.“ Er suchte den Raum nach ihrer Gestalt ab und fand sie im hintersten Eck. Unweigerlich verhärteten sich seine Gesichtszüge. Den Typen, mit dem sie plauderte, Jesus Barges, den mochte er nicht. Der Muskelprotz brachte ihnen zwar ordentliches Geld ein, wenn er schon vorbei schaute, doch vom Charakter her ein unangenehmer, mühsamer und vor allem ein zwielichtiger Geselle, der genügend Dreck am Stecken hatte. „Was hast du?“, hinterfragte Nami neugierig und warf einen Blick über ihre Schulter, versuchte dem Punkt zu folgen, den er anvisierte. „Wer ist das?“ Auch ihr stach Bonney ins Auge und wie sie auf Tuchfühlung mit einem Mann ging, der ihr vollkommen unbekannt war. Ihrer Meinung nach wirkte er wie ein schmieriges Kerlchen, aber hatte ihre Einschätzung keinen Wert. Wieder drehte sie sich zum Handwerker, der weiterhin hinüber starrte. Etwas an seiner Ausstrahlung hatte sich verändert. Irrte Nami oder störte ihm das Beobachtete? „Um den sollte sie lieber einen hohen Bogen machen.“ Damit schüttelte er den Kopf und griff nach einem Lappen, mit dem er über das Holz wischte. Bonney traf eigene Entscheidungen, aber manchmal missbilligte er ihre Auswahl. „Was?“, knurrte er auf den auf ihn ruhenden Blick hin. „Du magst sie!“, stieß Nami aus. „Red keinen Stuss! Solche wie der regen mich einfach auf. Er ist kein Umgang.“ „Ach, findest du?“ Entnervt warf Zorro den Lappen in die Spüle. Da hatte er sich wieder bravourös in eine unnötige Lage gesteuert. „Hör auf, okay? Ich kenne ihn und im Gegensatz zu dir, weiß ich, womit der sein Geld verdient. An dem klebt das Blut vieler.“ „Ernsthaft? Wenn dem so ist, warum sitzt er nicht hinter Gitter?“, hinterfragte Nami ungläubig. „Die Leute erfinden gerne irgendwelche Geschichten.“ Ihren Augenbrauen hoben sich als sie sein Lächeln erkannte, das ihr Unbehagen bescherte. „Nami, du musst nicht aus deiner kleinen Welt ausbrechen, aber solltest du verstehen, dass die Realität anders tickt. Verbrecher werden nicht ständig von rechtschaffenden Polizisten abgeführt und fort gesperrt. Sie bleiben auf freiem Fuß und leben unter uns.“ 30. Juli 2012 Gähnend öffnete Zorro das Küchenfenster und die schwüle Luft schlug ihm entgegen. Zwölf schlug die Uhr, der Kaffee rann in die Tasse und vom Platz drangen die Stimmen hoch. Ein gewöhnlicher Sommertag stand an. Leicht vorgebeugt beobachtete er ein wenig das Treiben; für ihn blieb der Weg nach draußen erspart. „Ein bisschen früh für dich“, hörte er, wie auch das Öffnen des Kühlschranks. Also war er doch nicht alleine. „Und für dich recht spät“, entgegnete Zorro und streckte sich; ein weiteres Gähnen. Das Fenster wurde geschlossen und er schlurfte zur Tasse. Bonney stand weiterhin vor dem Kühlschrank, unsicher was sie wollte. „Bin seit ‘ner Weile wach“, nuschelte sie und resignierend gab Bonney die Suche auf. Nichts sprach sie an. Dann wohl um die Ecke eine Bestellung aufgeben. Ihr Blick richtete sich zu ihrem Mitbewohner, der lediglich seine Boxershorts trug und äußerst verschlafen dreinschaute während er vorsichtig am dampfenden Kaffee nippte. „Soll ich dir etwas mitbestellen?“ Zeitgleich griff sie bereits nach der Speisekarte und setzte sich auf die Anrichte. Die Speise kannte sie in und auswendig, aber sie hoffte, irgendetwas würde sie anspringen. Leider war dem nicht so, denn sie hatte Lust auf Fisch oder Meeresfrüchte und das auf eine ganz besondere Art und Weise, die sie nur gern vom hauseigenen Koch zubereitet bekam. Mit Sanji unter eine Decke zu leben hatte Vor- und Nachteile. Stets zauberte er ihnen Essen, das schon beim Ansehen das Wasser im Mund zusammen laufen ließ. Andererseits schmeckten Gerichte anderer Köche fader, aber ihrem Meisterkoch ging sie mittlerweile selbst ein Stück aus dem Weg. Derzeit war Zorro die einzige Person in der Wohnung, die sie eher in ihrer Nähe akzeptierte. Aus einem einfachen Grund heraus: Er stellte kaum bis gar keine Fragen. Dieser trat nun näher, stellte sich neben sie und während er trank, huschten seine Augen über das Angebot. „Der Schnitzelklopfer kommt heut nicht so schnell wieder, oder?“, grummelte er bei der Auswahl, die ihm so gar nicht gefiel. Zorro aß schon gerne mal quer durchs Beet, aber umso mehr noch achtete er auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. „Einen Tag über die Stränge schlagen ruiniert kein Sixpack.“ „Hab ich nicht gesagt, ich hätte einfach Lust auf Fleisch.“ „Ich hingegen auf Fisch! Dafür müssten wir einkaufen gehen …“ „Und selber kochen oder auf ihn warten.“ Kritisch sahen sie einander an und wussten, sie hatten denselben Gedanken: Das ergab eine Schweinerei der Sonderklasse. × × »Heut Nachmittag Zeit für einen Kaffee?« »Wenn du mich den Ort bestimmen lässt und Hunger mitbringst, ja.« »Ein Essen, also?« »Muss endlich ein Restaurant ausprobieren. Danach bekommst du deinen Kaffee, versprochen.« »Ist er gut?« »Mein Spitzel lobt ihn.« »Und du bürgst für ihn?« »Jederzeit!« »Einverstanden.« × × „Weiter … weiter … Gott, schalt um!“, stöhnte Zorro zwischen den Bissen. Nach dem das Essen kam, hatte sie sich im Wohnzimmer ausgebreitet und den Fernseher angemacht. Während Bonney auf einem Happen Lasagne kaute hatte sie die Fernbedienung übernommen und zappte gelangweilt durch die Kanäle. „Uh, Teleshopping … siehst du, du trainierst umsonst. Kauf dir das Wundergerät und fünf Minuten am Tag reichen“, lachte die Straßenkünstlerin und sofort hörte sie das Brummen ihres Freundes. „So billig findest du das nirgendswo, also schlag zu“, setzte sie nach und drückte weiter, blieb bei einer Kochsendung hängen. Die Langweile verflog und fasziniert betrachtete sie die Handgriffe der Köchin, lauschte der Erklärung. „Essen ist wirklich deine Domäne. Wenn du jetzt noch kochen könntest“, neckte der Handwerker. Da hatte sie mit Ruffy tatsächlich ihr Gegenstück gefunden. Und doch fragte er sich oftmals, wo sie all die Mahlzeiten hin aß. Missbilligend schüttelte sie den Kopf und hob mahnend den Zeigefinger. „Merke dir, mein Freund. Ich bin dahingehend kein Macher, ich genieße.“ „Dann werde Kritikerin.“ „Dadurch wird Vergnügen ja zur Arbeit. Wo bleibt der Spaß?“ „Essen ist Stärkung. Kann klasse schmecken, Dank unseres Kartoffelschälers, aber komm, Essen ist Essen. Nicht mehr.“ „Ein exzellentes Essen, glaube mir, ist besser als ein Orgasmus.“ Zorro schielte zu seiner Mitbewohnerin, die in solch einem ernsten Ton gesprochen hatte, den er selten bei ihr hörte. „Dann muss der Sex mit Barges hundsmiserabel gewesen sein“, bemerkte er feixend und griff nach der Bierflasche. Im selben Atemzug fragte er sich, wie sie es schafften, ausgerechnet über den Wert von Speisen zu philosophieren. Bonney hatte tatsächlich sehr viel mit der Weichbirne gemeinsam. „Für ‘ne einfache Nacht reicht’s“, erwiderte Bonney sich räuspernd und lächelte anschließend unschuldig. Mehr hatte sie sich von diesem Großmaul auch nicht erwartet und ein weiteres Stelldichein würde sich sowieso nie ergeben. „Solange ihr ein einmaliges Abenteuer hattet“, murmelte Zorro verdrossen. „Können wir uns nicht irgendeinen Film ansehen? Um die Zeit läuft nichts.“ Bonney reagierte jedoch nicht sondern sah in scharf von der Seite aus an. Der Blick brannte förmlich auf seiner Haut und so stieß er einen tiefen Seufzer aus. Streng fuhr seine Handfläche durchs Haar. „Du kennst meine Einstellung zu Barges. Der ist ein Dreckskerl und kommt mir nicht in die Wohnung.“ „Du kennst mich, solche sind eine einmalige Spielerei.“ „Kenne ich dich?“, platzte es sogleich aus Zorro hinaus und seine Züge wurden ernster. Manchmal hatte er nicht das Gefühl und die derzeitige, angespannte Situation brachte mehr Zweifel als ein besseres Verständnis. „Egal, ich mische mich nicht in dein Leben ein.“ Während er nun wieder einen Bissen zu sich nahm, blieben Bonneys Augen starr auf ihn fixiert. Bisher hatte er sie nie auf den Vorfall angesprochen und sollten sie in seiner Nähe diskutieren, verschwand er. „Du haltest dich tatsächlich raus.“ „Warum sollte ich nachfragen? Ernsthaft, Bonney, eure Differenzen haben eben damit angefangen. Weil sie sich in deine Angelegenheit eingemischt haben. Warum soll ich dabei mitmachen? Ich habe keine Lust auf unnötige Diskussionen. Fehlt dir das nötige Vertrauen dann … dann ist es halt so, fertig.“ Kein ermutigender Gedanke, denn nach all den Jahren des Zusammenlebens hatte er mehr erhofft, aber zwang er niemanden. Dafür war er nicht der Typ, war er nie und daran änderte sich selbst in Zukunft nichts. „Mangelndes Vertrauen liegt nicht dahinter“, gestand Bonney den Kopf senkend und stocherte in ihrer Lasagne herum. „Ist halt kompliziert. Niemand kann mir helfen, Zorro. Weihe ich euch ein … ich kenne Ruffy!“ „Was kann so schlimm sein?“ Neugierde entfachte, die er nach außen hin jedoch kaum zum Ausdruck brachte. Verschiedenste Thesen kreisten ihm durch den Kopf. „Hast du jemanden bestohlen?“, sprach er seine erste Vermutung aus. Bonney schüttelte den Kopf. „Schulden gemacht?“ Wieder ein Kopfschütteln. „Jemanden umgebracht?“ „Nein, nichts davon“, beendete sie lieber vorzeitig die Fragerei, bevor sie tatsächlich noch ausartete und noch unrealistischer wurde. Sie und eine Mörderin? Als ob! „Warum solltest du sonst verfolgt werden?“ Zorro runzelte die Stirn. Endeten all seine Ideen in einer Sackgasse, dann musste Bonney den Mund aufmachen. Hie und da hatte er sie für verrückt gehalten, den Verfolgungswahn als Nichtigkeit abgetan. Nun, da sie derzeit wie ausgewechselt war, musste er sich eingestehen, dass es hierbei nicht um eine bloße Einbildung handelte. „Weil er mich nie gehen lassen wird. Nicht wirklich. Wie andere Städte zuvor sollte auch Venedig ein kurzer Aufenthalt werden, eine Verschnaufpause. Euretwegen bin ich geblieben, aber sind sie hier … werde ich gehen.“ Traurig lächelte sie ihren Freund an. Das Thema war beendet und mit diesen wenigen Worten wusste der Handwerker nun mehr als alle anderen. Wieder widmete sich Bonney ihrer Lasagne. Sie war kalt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)