The Darkness Inside Me von robin-chan ================================================================================ Kapitel 3: Surprise, surprise! ------------------------------ "Surprise, surprise!"​ 11. Februar 2012   Ausgeruht, schlenderte die Schwarzhaarige in das Esszimmer. Am dortigen Tisch stand bereits ihr Laptop, den sie einschaltete. Während sie sich setzte, stellte sie sowohl die Tasse Kaffee wie auch ihr Tablet ab, welches sie bis dahin unter den Arm geklemmt hatte. Ihr morgendliches Ritual war stets dasselbe. Die einzige Routine in ihrem Leben, die sie sich nicht nehmen ließ. Eine ausgiebige Dusche, ein, zwei Tassen Kaffee gepaart mit den aktuellen Nachrichten, wie auch einen Blick auf ihre Termine. Der restliche Tag war meist durcheinander, je nachdem, was bevor stand. Die Stille, die ihr Haus fühlte, tat gut. Gerade einmal das Tippen auf der Tastatur durchbrach sie ein wenig. Genüsslich führte sie die Tasse an ihre Lippen und trank einen größeren Schluck. Entspannt lehnte sich die Schwarzhaarige zurück, schlug die erste Seite der Zeitung auf. Eher desinteressiert überflog sie die Schlagzeilen, vielmehr suchte sie nach bestimmten Ereignissen. Ein Signalton erklang und von der Seite aus spähte sie auf den Bildschirm. Ein trauriges, leises Lachen erfolgte. Das Geld war überwiesen worden. Erschreckend, wie viel ihr die Arbeit einbrachte. Wieder glitten ihre Finger über die Tastatur. Mehrere Datensätze kamen zum Vorschein. Der angekündigte Auftrag nahm allmählich Formen an und sie konnte einen ersten Überblick gewinnen. Wie stets zeigte sie dabei keine Emotionen. Diese waren deplatziert. Fing man einmal damit an, zu viele Gefühle in die Arbeit zu legen, stand man sich selbst im Weg. Starr überflog sie alles, ehe sie ihr Tablet zur Hand nahm und ihren Kalender aufrief. Eine Information hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt. Abermals verglich sie die Termine, ehe sie sich erhob und an das Fenster trat. Ihr Blick streifte die Umgebung ab, eine Vorsichtsmaßnahme, wie sie sich selbst einredete. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, diese Gala zu besuchen. Eher suchte sie seit Tagen eine passende Ausrede. Nun hatte sich das Ganze von selbst erledigt. Angestrengt strich sie sich über die Stirn. Sehr viel Zeit um Vorkehrungen zu treffen gab man ihr in diesem Fall wahrlich nicht.   × ×   Verschlafen öffneten sich die Augen der Orangehaarigen. Ein herzhaftes Gähnen verließ ihre Lippen. Abermals blinzelte sie, versuchte sich an das Sonnenlicht zu gewöhnen. Minuten verstrichen, in denen sie lediglich da lag und Richtung Fenster sah. Schließlich griff sie nach ihrem Mobiltelefon und las die Uhrzeit ab. Die Nachrichten, die aufleuchteten, ignorierte sie vorerst. Desinteressiert fiel das Handy auf die Matratze, während sich ihr Körper in Bewegung setzte. Der Boden unter ihren Fußsohlen fühlte sich einen Moment kühl an. Als sie sich erhob, gab sie die Arme in die Luft, streckte sich ausgiebig. Ein weiteres Gähnen war zu hören. Summend nahm sie das Haarband vom Nachtisch, strich sich durchs Haar und band es zu einem Zopf. Obwohl die erste Nacht lang war, sprühte sie vor guter Laune. Bei ihr, bekannt als Morgenmuffel, eine wahre Seltenheit. Schwungvoll öffnete Nami das Fenster und atmete die frische Luft ein. Mit einem zufriedenen Lächeln wandte sie sich schließlich ab und verließ das Zimmer. Im Flur streifte ihr Blick umher. Leichtfüßig wanderte Nami über das Parkett und trat in die Küche, wo sie Vivi vorfand. „Guten Morgen“, flötete die junge Frau euphorisch und vernahm ein Brummen ihrer Freundin, die sich tiefer in den Stuhl sinken ließ und die Kapuzenjacke enger um ihren Körper schlang. „Morgen, die Kaffeemaschine ist dort drüben“, murmelte Vivi und blätterte lustlos in der Zeitung. Nami konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Im Gegensatz zu ihr, hatte Vivi diese Nacht nicht allzu gut überstanden. Im Grunde eine verdrehte Welt. Normalerweise verlief der Morgen in umgekehrten Bahnen. Nami schüttelte mit dem Kopf, drückte den Knopf und sah dem Kaffee zu, wie dieser in die Tasse floss. „Anscheinend zeigt der Alkohol Wirkung“, bemerkte die Orangehaarige breit grinsend. „Wie lange bist du bereits wach?“ Mit der Tasse lehnte sie sich an die Arbeitsplatte und nahm vorsichtig einen Schluck. Leicht verzog sie den Mund und gab ein wenig Milch hinzu. Eigentlich wollte sie versuchen ihn schwarz zu sich zu nehmen, doch daran gewöhnte sie sich nicht allzu schnell. Vivi schob die Zeitung von sich und studierte ihre Freundin eingehend. „Seit einer Stunde, oder so. Ich konnte nicht mehr schlafen.“ Irgendetwas an dem Getue war faul. Seit sie Nami kannte, hatte sie diese zu solch einer Uhrzeit nie auf diese Weise erlebt. Kein Wunder, dass sich Skepsis breit machte. „Habe ich gestern etwas übersehen?“ Nami lachte leise auf, während ihre Hand über die Kante strich. „Nein. Darf ich keine gute Laune an den Tag legen?“ „Nein. Nicht, wenn du an meiner Stelle sein müsstest“, brachte sie gähnend hervor. Nami zuckte mit den Schultern, genehmigte sich einen weiteren Schluck und konnte deutlich spüren, wie sich in Vivi eine anständige Portion an Neugierde aufstaute. „Hat dein Flirt einen Namen?“ Vivi kannte ihre Freundin zu gut um zu wissen, dass das auf jeden Fall damit zusammenhängen musste. Ein leises Kichern drang an ihre Ohren. Nami stieß sich ab und stellte sich neben Vivi an die Theke. Lächelnd legte sie einen Arm um die andere. „Du denkst zu viel. Ich war den ganzen Abend bei euch. Mich interessiert eher, wie du dein Problem lösen möchtest. Dein Schwarm ist äußerst, nun ja, verwirrt. Steht der tatsächlich auf Frauen?“ Der Themenwechsel schien geglückt, den Vivi verzog angestrengt das Gesicht. „Er ist eben speziell. Außerdem,…“ „Ja?“ Vivi stöhnte entnervt auf und befreite sich aus Namis Griff und glitt vom Hocker. „Ich gehe duschen. Später zeige ich dir die Stadt.“ Kopfschüttelnd blickte Nami einen Augenblick lang hinterher. Ein Flirt? Wohl kaum. Dennoch überraschte es sie nicht, dass Vivi sofort an so etwas dachte. Nachdenklich starrte sie auf die Zeitung, setzte sich indes auf den Hocker, ehe sie durch die Lokalnachrichten blätterte. Im Grunde fiel das Lesen flach und sie betrachtete vielmehr die Bilder, die darin abgebildet waren. Bei einem blieb ihre Aufmerksamkeit allerdings hängen und studierte es eingehend. Die Erinnerungen an die gestrige Begegnung ließ Nami Revue passieren. Ein Name stach ihr ins Auge. „Interessant“, murmelte sie vor sich hin. In Gedanken tippten ihre Fingerspitzen auf das Papier. Obwohl ihre Unterhaltung äußerst begrenzt war, so hatten das Gespräch und der Blickkontakt in der Bar durchaus einen bleibenden Eindruck hinterlassen.   4. November 1998   Nervös beschleunigte sie ihre Schritte. Seit Tagen verfolgte sie das Gefühl beobachtet zu werden. Wieso? Der Winter hatte Moskau unlängst eingeholt, obwohl es erst Anfang November war, spürte sie die Kälte in ihren Gliedmaßen. Um ihre Hände zu schützen, gab sie diese in die Jackentaschen, ihren Kopf hatte sie ein wenig gesenkt. Der Wind sollte so wenig Angriffsfläche haben, wie möglich. Erneut sah sie zurück. Niemand zu sehen. Bildete sie sich all das tatsächlich ein? Sie bog um die Ecke und fand sich auf einer der belebteren Straßen wieder. Erleichterung fühlte sie dennoch nicht. An diesem Morgen war sie spät dran. Der Kurs würde bald anfangen und sie wollte pünktlich erscheinen. Trotz ihres Alters studierte sie seit einem Jahr dort. Ein Glück. Durch ihre Intelligenz hatte sie einen Freifahrtschein erhalten. Anstatt bis zu ihrem 18. Lebensjahr bei ihrem Onkel in St. Petersburg leben zu müssen, konnte sie dadurch in die Hauptstadt flüchten und ihn und seine Frau endlich hinter sich lassen. Geradeaus blickend erkannte sie die Universität und dieses Mal fühlte sie Sicherheit. Wenn sie dort war, verlor sie all ihre Sorgen und konzentrierte sich auf ihr Studium. Im Gehen fiel ihr ein schwarzer Wagen auf, aus dem zwei Männer ausstiegen. Ruckartig blieb sie stehen. Hastig wandte sie sich um und erkannte einen weiteren Mann. Nein, dieses Gefühl hatte sie nicht unberechtigt. Wieder drehte sie sich. „Was wollen Sie?“ Beide tauschten Blicke untereinander aus, ehe einer der beiden das Wort erhob. Er lächelte. „Wir würden gerne mit dir reden.“ Unschlüssig sah sie sich um. Im Grunde sprach nichts gegen eine Szene, immerhin gab es Augenzeugen. Doch wartete sie ab. „Auflauern um ein Gespräch zu führen? Keine vertrauenserweckende Basis.“ „Wir haben unsere Gründe. Ich kann sie dir gerne bei einem Kaffee erläutern.“ Neugierig war sie, keine Frage. Das Angebot jedoch anzunehmen, war eine andere Sache. „Ich bin spät dran, vielleicht ein anderes Mal.“ Ihre Worte klangen nicht so selbstbewusst, wie sie es sich erhofft hatte. „Dann um ein Uhr im Büro des Dekan.“ Überraschung machte sich auf ihrem Gesicht breit. Der Mann lachte. „Sagen wir, er ist ein alter Freund.“ Sie schluckte schwer, nickte und schob sie an den Männern vorbei. Was wollten sie? Ihr Herz hämmerte wild gegen ihren Brustkorb. Nochmal drehte sie sich um, erkannte, dass ihre Blicke sie verfolgten. „Und?“ Der dritte Mann schloss zu den anderen auf und gab seine Kapuze vom Kopf. „Ein unscheinbares Mädchen. Kein wirklicher Freundeskreis, verbringt die Zeit meist mit lernen, lesen. Nicht gerade das Leben eines normalen Teenagers ihres Alters. Ihre Fähigkeiten sprechen allerdings für sich. Ich musste mich anstrengen, dass sie mich nicht direkt erkennt.“   12. Februar 2012   Lachend beobachtete Nami, zusammen mit Vivi, die Straßenkünstler. Allen voran Bonney und Ruffy, die deutlich die Aufmerksamkeit der Besucher magnetisch anzogen. Die Künste des Schwarzhaarigen waren bemerkenswert, seine Bewegungen, wie er seinen Körper kontrollierte. Fasziniert behielt sie ihn weiter im Auge. Nach all den Geschichten, die man ihr erzählt hatte, war sie erpicht darauf zu erfahren, was an ihnen dran war und sie musste sich eingestehen, dass seine Freunde weitaus untertrieben hatten. „Wie einfach es wirkt.“ Vivi nickte. Oft kam sie nachmittags hierher, spielte die stille Beobachterin. Egal, wie oft sie seine Vorführungen schon sah, sie bekam nie genug davon. „Reich wird er davon nicht, doch an Geld hat er keinerlei Interesse. Ihm genügt es, dass er davon überleben und seinem Freiheitstrieb folgen kann.“ Der Schwarzhaarige lebte nach seinen eigenen Regeln, tat wonach es ihm drang. Tief in ihrem Innersten wusste sie, dass er irgendwann von hier verschwand, weiterzog, auf der Suche nach einem neuen Abenteuer. „Er formt das Leben nach seinen Wünschen. Ich würde durchdrehen, wenn ich total planlos dastünde. Einen Tag nach dem anderen so nehme, wie er kommt.“ Nami stützte sich mit den Händen nach hinten hin ab und streckte das Gesicht der Sonne entgegen. „Ich beneide seine Einstellung“, murmelte sie dabei und schloss die Augen. Oftmals stellte sie sich vor, ihre Zelte abzubrechen und ohne Ziel und Plan die Welt zu bereisen. Viel zu oft, doch der Schneid dazu, fehlte ihr. Die Stadt ermöglichte ihr eine Chance, wenigstens einen Teil hinter sich zu lassen, wenn auch für kurze Zeit. Vivi schwieg, spürte jedoch, das hinter ihren Worten mehr lang und wartete ab. „Anfangs habe ich vorgehabt dich grundlos zu besuchen. Also, dich mal wieder zu sehen. Vor ein paar Tagen hat sich mir allerdings eine Möglichkeit eröffnet. Wie du weißt, habe ich in den Ferien oft in einem Planungsbüro gearbeitet. Es macht mir Spaß und anscheinend sind sie mit dem, das ich in dieser Zeit geleistet habe, zufrieden. Sie haben mir ein Angebot unterbreitet. Nach dem Schulabschluss könnte ich für ein Projekt bei ihnen einsteigen. Ich wäre für einige Monate hier.“ Überrascht von dieser Nachricht, drehte sich Vivi ihr gänzlich zu. „Und?“ Die Überraschung entwich, machte ihrer Begeisterung Platz. Einen Spalt breit öffneten sich Namis Augen und von der Seite aus sah sie zu ihrer Freundin. Mit solch einer Reaktion hatte sie bereites gerechnet. „Ich denke, ich nehme das Angebot an. Eine perfekte Gelegenheit für den Tapetenwechsel, den ich nötig habe.“ Euphorisch umarmte Vivi die Orangehaarige, die die Geste erwiderte, jedoch ein wenig die Augen überrollte. „Du könntest die Zeit über bei uns wohnen. Es ist gähnend langweilig alleine in dem großen Haus und mein Vater hätte mit Sicherheit keine Probleme“, sprudelte es aus der jüngeren heraus. Lachend schüttelte Nami den Kopf. „Hey, noch habe ich nichts fixiert. Darüber reden wir, wenn ich tatsächlich zusage.“ Vivi lehnte sich zurück und zwinkerte der anderen zu. „Nein, ich kenne dich. Du bist jemand, der schnell erkennt, ob du etwas möchtest oder nicht. Wenn du also bereits ein paar Tage darüber nachdenkst, bist du dem Vorhaben alles andere als abgeneigt.“ „Vielleicht bin ich jemand geworden, der sich alle Möglichkeiten durch den Kopf gehen lässt.“ Vivi grinste vor sich hin, während ihr Blick über den Platz schweifte. „Nie und nimmer. Manche Dinge ändern sich nie.“ Daher mochte sie die Blauhaarige. Niemand kannte sie besser. Die einzige Person, die stets wusste, was in ihr vor sich ging, die ihre Lügen immer wieder durchbrach, die bei all ihren Entscheidungen hinter ihr stand, sie unterstützte. Ein wehmütiges Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit. Lediglich in einem Punkt hatte sie Vivi austricksen können. Nami wusste, dass sie bereits viel früher und vor allem öfter hätte vorbei kommen sollen. Abseits der Heimat fühlte sich alles viel unkomplizierter an. Ihr Handy holte sie aus ihrer Gedankenwelt. Ein Blick auf den aufleuchtenden Namen reichte aus, um ihr ein Brummen zu entlocken. Ohne zu antworten landete es zurück in ihrer Jackentasche. „Warum gehst du nicht ran?“, fragte die Blauhaarige gefühlvoll. Nami haderte mit sich selbst. Kein Thema mit dem sie sich beschäftigen wollte, jedenfalls nicht in der Zeit, die sie hier verbrachte. „Unwichtig“, wich sie aus und schenkte den Straßenkünstlern nochmals ihre Aufmerksamkeit, ehe sie sich erhob. „Gehen wir etwas trinken?“ Vivi runzelte die Stirn, tat es ihrer Freundin allerdings gleich. Sie winkte ihren Freunden zu und folgte Nami, die sich durch die Menschenmasse drängte. „Wer ist sie?“ Natürlich wusste sie darüber Bescheid. Schon früh hatte Vivi das Desinteresse Männern gegenüber erkannt. Eine Tatsache, welche ihrer Freundschaft nie geschadet hatte. Vivi übernahm schließlich die Führung, nahm die andere bei der Hand um sie nicht zu verlieren. Einige Minuten schlängelten sie sich hindurch, ehe sie vor einem Café abseits der Hauptattraktionen des San Marco Viertels zum Stillstand kamen. „Wer sagt, dass eine Frau im Mittelpunkt steht?“ Perplex merkte Vivi, wie ihr die Gesichtszüge entglitten. Nami schob sich an ihrer Freundin vorbei und marschierte schnurstracks auf einen der hinteren Tische zu, wo sie sich schweigend auf einen der Stühle niederließ. Fassungslos stolperte Vivi hinterher. Erneut trat Schweigen ein. Anders als vorhin hatte dieses einen unangenehmen Beigeschmack. Die Schülerin wartete mit ihren Fragen. Erst als der Kellner ihre Bestellungen brachte, warf sie ihre Zurückhaltung über Bord. „Wie meintest du das vorhin? Wer ist der Typ? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du plötzlich mit Männern etwas anbandelst.“ Nami verhakte ihre Finger ineinander, strich druckvoll mit dem linken Daumen über die Innenseite der anderen Hand. „Law, der Sohn von guten Freunden meiner Zieheltern. In gewisser Weise ein Genie. Trotz seiner 26 Jahre, ist er in der Chirurgie bereits bekannt. Er passt perfekt in dieses Macho-Gehabe. Er steht auf mich. Eine Tatsache, die den beiden durchaus gefällt. Allein das Getue, wenn der Idiot in der Nähe ist.“ Missbilligend schüttelte sie den Kopf, fuhr sich verzweifelt durchs Haar. Vivi blinzelte mehrmals angestrengt. „Ich dachte, sie haben kein Problem damit, dass-„ „Dass ich lesbisch bin? HA! Suprise, surprise. Kleine Fehlinformation meinerseits. Sie ignorieren diesen Schandfleck gekonnt. Der Penner ist der Grund dafür, warum meine letzte Beziehung den Bach runter ging“, gab sie verachtend von sich, wobei nach und nach jene Wut hochkroch, die sie seit Wochen versuchte zu beherrschen. „Daher ein Tapetenwechsel“, wisperte Vivi, sichtlich bestürzt. Zwar schrieben und sprachen sie regelmäßig miteinander, doch davon hatte Nami bisher kein Sterbenswörtchen erwähnt. Selbst als sie nachgefragt hatte, warum ihre Beziehung zu Brüche ging, hatte die Orangehaarige eine passende Erklärung parat. „Die einzige Lüge, die ich dir je aufdrücken hab können“, flüsterte Nami gepresst. In dem Bereich wollte sie alleine klar kommen, kein Mitleid anderer hören. Unruhig wippte sie mit einem Bein, während sie auf einen undefinierten Punkt starrte. „Er ruft oft an.“ Nami hob eine Augenbraue, war das alles, das ihr Vivi zu sagen hatte? „Ich meine, seit du hier bist, habe ich mehrmals mitbekommen, wie dein Handy klingelte. Ein Blick und du hast es ignoriert, hast den Anrufer weggedrückt oder ausgeschalten. Wenigstens kenn ich nun den Grund.“ Vivi beugte sich vor, streckte dabei ihre Hand aus und wartete ab, ehe Nami diese Geste erwiderte. Sanft drückte sie die Hand der anderen, sah diese mitfühlend an. „Du nimmst das Angebot auf jeden Fall wahr und darüber reden wir später nochmal in Ruhe. Keine Ausflüchte, okay?“ „Von mir aus, aber bitte mit einer ordentlichen Portion Alkohol“, meinte sie schelmisch grinsend und setzte erneut ihr lockeres Pokerface auf.   26. Dezember 2011   Mit einem charmanten Lächeln nahm sie die letzte Stufe der Marmortreppe und betrachtete sich die illustre Runde. Die jährlich stattfindende Prozedur, in der ihr Vater alle möglichen Freunde und Geschäftspartner einlud und auf ein weiteres Jahr voller Gewinne anstieß, war im vollen Gang. Trotzdem blieb ihre Erscheinung nicht unerkannt. Ein Zelebrieren, bei dem sich jeder selbst gerne auf die Schulter klopfen wollte und im Auge der Öffentlichkeit ausgetragen wurde. Ginge es nach ihr, läge sie bei ihrer Freundin, egal was sie auch taten, sie würde einfach die Zweisamkeit genießen. Leider galt es an jenem Abend die perfekte Tochter zu mimen. Sie besah sich die Gesichter und ekelte sich innerlich. Nein, für die Welt war sie nicht geboren. Dennoch vollführte sie ihr Schauspiel auf eine perfekte, elegante Art und Weise. Wie automatisiert begrüßte sie diverse Menschen, führte Smalltalk. Die Fassade stand, die niemand hinterfragte. Lächelnd nahm sie ein Glas Champagner vom Kellner entgegen, wissend, dass das mit Sicherheit nicht das letzte war. „Trink nicht zu viel“, hörte sie neben sich und erkannte ihre Schwester, die sie mahnend ansah. Manchmal wusste diese mit ihrer Fürsorge zu übertreiben. „Keine Sorge. Obwohl mir der Gedanke gefällt, mich vor allen zu übergeben, werde ich dem Drang nicht nachgeben.“ Mit einem Grinsen nippte sie an ihrem Getränk, erntete für ihre Aussage einen missbilligenden Blick. „Du bist ein Genie darin, dir das Leben selbst zu erschweren.“ Nojiko war mit ihrem Latein am Ende. Seit Wochen hatte selbst sie keinen allzu guten Draht zu ihrer Schwester. Mit solch einer Wendung hatte sie bis dato nicht gerechnet. Ihr Verhältnis zueinander schien eingefroren. Ganz anderes als die Jahre zuvor. „Tue ich das? Wirklich? Meiner Meinung nach verläuft es gut, ihr seid diejenigen, die mir Steine in den Weg legen.“ Ein Seufzen erklang. Nojiko wollte an diesem Abend mit Sicherheit kein erneutes Streitgespräch entfachen. „Sie brauchen Zeit.“ Nami lachte auf. Als ob. Wie lange denn noch? In gewisser Hinsicht konnte sie ihre Schwester verstehen, sie stand direkt zwischen den Fronten. Im Gegensatz zu ihr, entsprach Nojiko dem ganzen Szenario. Mit ihr gab es selten Probleme. „Warten wir eben noch ein paar Jährchen ab, wie du wünscht, Schwesterherz“, kam es eisig. Bevor Nojiko etwas erwidern konnte, vernahm Nami eine weitere Stimme, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte. „Da sind ja die bezaubernden Ladies“, säuselte der Schwarzhaarige, der charmant an Nojiko heran trat. Plötzlich war für Nami der Gedanke, ihren Mageninhalt zu entleeren verlockender denn je. „Du siehst atemberaubend aus“, entgegnete er der Orangehaarigen, die er elegant mit einem Handkuss begrüßte. „Schade, das Kompliment kann ich leider nicht zurückgeben“, provozierte Nami, spürte daraufhin einen Ellbogenstoß ihrer Schwester, den sie gekonnt ignorierte. Leider blieb er in seiner Rolle des Gentlemans und grinste. „Unsere bezaubernde Eisprinzessin, wie habe ich das vermisst. Wir haben uns heute mit Sicherheit nicht zum letzten Mal gesehen, bis später.“ Angewidert sah sie dem Mann hinterher. „Was macht der hier?!“, zischte sie ihrer Schwester zu, die sich angestrengt den Nasenrücken massierte. „Muss das sein? Er ist ein netter Kerl und du bist in seiner Gegenwart die größte Zicke, die mir je untergekommen ist.“ „Dann nimm du ihn doch.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ließ sie ihre Schwester alleine stehen. Während sie durch den Saal schlenderte tauschte sie ihr Glas aus. Mit Sicherheit steckten ihre Eltern dahinter. Die letzten Jahre hatte er sich hier nie blicken lassen und plötzlich tauchte er überall auf, wo auch sie sich aufhielt. Ihr Weg führte Nami zur Bar, wo sie eine Bestellung aufnahm, während sie den Champagner in einem Zug zu sich nahm. Wollte sie diesen Abend überstehen, brauchte sie dringend einen stärkeren Drink. Minuten verstrichen, in dem sie der Gesellschaft den Rücken zeigte und die Barkeeper bei ihrer Arbeit beobachtete. „Scotch und für die Dame ein Wasser.“ Belustigend verzog Nami ihr Gesicht, wandte sich zur Seite und trank genussvoll von ihrem Drink. „Danke, Law. Das hier schmeckt mir allerdings besser“, gab sie ihm mit einem falschen Lächeln zurück. Der Schwarzhaarige lachte rau, führte eine Zigarre zum Mund, während seine andere Hand in der Hosentasche verschwand. „Aber, aber, meine Liebe. Sieh mich als zuvorkommend.“ Sein Blick streifte unverfroren über ihren Körper, der eine wahrliche Anziehung auf ihn ausübte. „Hast du kein anderes Opfer?“ Provokant trat er näher, beugte sich dicht zu ihr. „Genügend. Doch sind sie recht langweilig. Du jedoch, du bist eine wahre Herausforderung. Ich mag deine widerspenstige Art, sie macht dich verlockender.“ Unbeeindruckt ging Nami auf Abstand. Darauf konnte er ewig warten. Grinsend drehte sie sich. „Sieh es dir an. Mehr wirst du nie zu Gesicht bekommen“, sprach sie herausfordernd, überdrehte die Augen und widmete sich erneut dem Umfeld. Law abzuschütteln war alles andere als einfach, er konnte nicht aufhören. „Deine Eltern sind jedenfalls begeistert von der Vorstellung.“ Nami schnalzte mit der Zunge, nahm ihren Drink und klopfte ihm auf die Schulter. „Gratuliere. Bild dir darauf nichts ein. Aus zweierlei Gründen mögen sie dich. Erstens passt du perfekt in diesen Zirkus und zum Zweiten, du hast einen Schwanz. Und beides findet in meinem Interessenskreis keinerlei Platz.“ Bevor sie an ihm vorbei gehen konnte, schlag er einen Arm um ihre Taille und drückte sie eng an sich. Während er sein gehässiges Grinsen nicht abstellen konnte, sah sie ihm mit Abscheu in die Augen. „Pass auf, wenn dir dein Image wichtig ist“, zischte die junge Frau, die regungslos verharrte. „Eine Kampfansage?“ Wieder beugte er den Kopf dicht vor sie, festigte den Griff. Trotz ihres Alters bot ihm diese Frau mehr Parole als so manch eine andere. Ein Grund, der sein Vorhaben umso mehr festigte. Auf Frauen, die ihm willenlos um den Hals fielen, hatte er keine Lust mehr. Sie reichten fürs Bett, um seine Vorlieben auf kurze Dauer zu befriedigen, nicht jedoch für mehr. „Ein Versprechen“, hauchte sie ihm bedrohlich gegen die Lippen, löste sich und zog von dannen. Law lehnte sich gegen die Theke, leckte sich über die Lippen und lachte in sich hinein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)