Christbaum mit Chaos geschmückt... von Gaomee (Ein Higurashi-Weihnachtsfest mit Besuch aus dem Mittelalter) ================================================================================ Kapitel 18: Was es bedeutet in einer Familie zu sein... ------------------------------------------------------- Während die Higurashifamilie sich mit solch trivialen Problemen konfrontiert sah wie der Konflikt zweier Realitäten, lagen viel dunklere Vorgehen in der Vergangenheit bereit. Die alte Hexe, Yamauba, hatte alle Hände voll damit die Dorfbewohner der Miko Kagome unter Kontrolle zu bringen. Sie waren alle Emotionen durchgegangen, Angst, Wut, Hochmut, Intoleranz und Konfliktfreudigkeit, ohne auch nur einmal bei Respekt anzuhalten. Die Hexe seufzte. Und ihr Sohn war auch nicht gerade eine Hilfe. Jinenji saß vor der Hütte und starrte in die Himmelsichtung, in der sie den Brunnen vermutete. Er wartete sehnsuchtsvoll auf Kagomes Rückkehr. Sie lächelte seinem breiten Rücken wehmütig entgegen. Sie liebte ihren Sohn, aber manchmal fragte sie sich wie ihr Leben wäre, wenn sie einen Halbdämon wie Inu Yasha aus sich heraus gepresst hätte. Länger konnte sie darüber nicht spekulieren, denn zwei der Dorfbewohner kamen ihnen mit Ayame, der Wolfskönigin, entgegen. Einige der vierbeinigen Köter folgten natürlich. Wahrscheinlich würden sie wieder mit in die Hütte wollen und alles dreckig machen. Die Hexe seufzte und ließ sie eintreten. “Immer noch keine Spur von der Lady Kagome. Oder irgendwem anderes”, berichtete die Frau mit den Pferdeschwänzen. Eigentlich sehr ironisch, da sie die Wolfsfrau war. Außerdem ließ die Frisur sie sehr viel jünger aussehen als sie war, dachte sich Yamauba. Die beiden Menschen zu ihrer Rechten nickten bestätigend. Es waren starke Bauernsöhne mit Kreuzen beinahe so breit wie Inu Yashas. Obwohl die ausbleibende Rückkehr kein gutes Zeichen war, war Yamauba froh, dass man ihr überhaupt Bericht erstattete. Am Anfang hatte kaum jemand mit ihr kooperieren wollen. Bis sie sich durchgesetzt hatte. ES stellte sich heraus, dass sie darin gar nicht so schlecht war. Sogar in ihrem hohen Alter konnte sie noch einen Haufen Bauern herumkommandieren. “Danke”, erwiderte die alte Hexe, die erst neulich herausgefunden hatte welch schwerwiegenden Impakt ein nettes wort haben konnte. “Ich weiß, dass es hart sein muss. Dein Mann ist unter den Vermissten, nicht wahr?” Ayame nickte. Dann schien sie noch etwas sagen zu wollen. Sie warf einen kurzen SEitenblick auf die Männer und entschied sich dagegen. Yamauba machte sich eine mentale Notiz sie später unter vier Augen dazu zu befragen. “Wir sollten wohl besser etwas Schlaf bekommen. Die Ablösung ist bereits auf Posten”, erinnerte der Ältere der Männer sie und kam auf die Füße. Sein Kollege folgte ihm. Als Ayame den Männern aus der Behausung folgen wollte, hielt Yamauba sie zurück. Ihre Blicke sagten alles. Also setzten sie sich wieder, die Wölfe um ihre Königin ausgebreitet in einem chaotischen Halbkreis, der mehr von Zuneigung als Ehrerbietung zeugte. “Wir haben wirklich keine Spur gefunden...”, wiederholte Ayame und zwei ihrer Schützlinge begannen zu fiepen. Sie kraulte sie beruhigend hinter den Ohren. “Doch die Wölfe werden unruhig. Und manchmal habe ich auch das Gefühl, ich würde etwas vage im Wind riechen.” Sie schien nicht glücklich, sogar etwas verwirrt. Aufmerksam lauschte Yamauba weiter. “Es kommt mir bekannt vor, aber nicht als würde ich es gut kennen. Eher als hätte ich es bei seltener Gelegenheit mal wahrgenommen. Und...” Sie seufzte. “Selbst dann ist es nicht dasselbe.” Schließlich sah sie der alten Hexe direkt in die Augen. “Es ist einfach nur komisch”, fasste sie ihre Observation zusammen. “Irgendeine Aura?”, fragte Yamauba. Ayame hob die Schultern. Mit so etwas kante sie sich nicht aus. “Ich werde nun zu meinen Kindern und meinem Stamm zurückkehren. Mein Ältester hat mich abgelöst”, kündigte sie an und trat in die aufkommende Nacht hinaus. Yamauba schluckte heftig. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich, dass sie tatsächlich eine Hexe wäre und nicht nur eine verbitterte alte Frau mit unheimlichem Äußeren. Dann hätte sie womöglich etwas mit dieser Information anfangen können. *** Hojo wollte sofort die Führung übernehmen als die Frauen sich am Treppenende kichernd verabschiedet hatten und versuchte Ayumis Aufzeichnungen so selten wie möglich zu konsultieren. Das erschien ihm erwachsener und männlicher. Er schämte sich zwar dafür, so kleinlich zu sein, doch er konnte sich nicht helfen. Kagomes Gatte, der sie ja schlussendlich gewonnen hatte, trug einen sportlichen Kaftan und obwohl dieser nicht gerade formpassend war, war es nicht zu leugnen, dass er ein durchtrainierter Kerl war. Unglücklich für Hojo musste dieser bald feststellen, dass es recht schwierig war die Führung zu übernehmen, wenn Inu Yasha mit von der Partie war. “Was ist das überhaupt für eine Schule? Wenn das so langweilig ist wie Kagomes, dann will ich da nicht hin!”, maulte er während einer besonders langen Schimpftirade. Miroku seufzte. “Wo sollten wir stattdessen hin?”, erkundigte sich Hojo verloren, dem nie in den Sinn gekommen wäre von Kagomes Plan abzuweichen. Unschlüssig standen die drei Männer etwas peinlich berührt im Kreis herum. “Die Schule ist berühmt dafür, dass man dort hart drangenommen wird. Offenbar rühmt sie sich damit, dass dort alles erlaubt ist”, erläuterte Hojo und versuchte so höflich wie möglich zu sein, obwohl die Ereignisse des Tages ihn ganz schön verwirrt gelassen hatten. “Klingt genau nach deinem Geschmack”, bemerkte Miroku, aber Inu Yasha war nicht so leicht zu überzeugen. Die Niederlage seines Datingversuchs lag ihm noch schwer auf dem Herzen und ihm war nicht entgangen mit welchen Blicken dieser Hojo seine Frau bedacht hatte. Grummelnd musste er trotzdem zustimmen, denn schließlich war eindeutig, dass Mirokus Mutmaßung zu 100% stimmte. Doch immerhin warf er ein: “Können wir wenigstens erst was essen?” “Deine Frau kennt dich erstaunlich gut”, murmelte Hojo einsichtig. Der unerwartete Kommentar wurde nur von Miroku überhört, der, nicht wie Inu Yasha, bereits begonnen hatte zielstrebig in eine falsche Richtung abzuwandern. Doch er sagte nichts, um Kagomes alten Verehrer nicht in Verlegenheit zu bringen. *** Kagome wurde von drei Frauen gleichzeitig an den Ärmeln entlang gezogen, während Sango mit Rin nur erstaunt beobachten konnte wie respektlos diese fremdländischen Damen mit ihrer Miko umgingen. Sango hatte begriffen, dass zwei davon wichtige Stellungen innehatten, offenbar hießen sie Anwältin und Hohe Stadtbeamte, doch sie hatte keine Ahnung genau welchen Rang in der Nobilität dieses Landes sie einnahmen. Trotzdem erschien es ihr seltsam, wie man ihre beste Freundin mit Fragen durchlöcherte. “Jetzt, wo die anderen nicht dabei sind, erzähl uns wie die Dinge wirklich stehen!”, verlangte die Hausfrau. Kagome warf Sango einen hilflosen Blick über der Schulter zu, aber hier war ihre Spezialität, die Kampfkunst, von wenig Nutzen. “Es ist wirklich alles in Ordnung. Ehrlich”, versicherte Kagome. Aber die Freundinnen konnten es kaum glauben. Stattdessen wunderten sie sich, dass Kagomes Kinder nicht älter waren. Offenbar hatten sie vermutet, dass Kagome so schnell fortgegangen war, um zu heiraten, weil sie schwanger geworden war. “Ohh nein!”, erlaubte Kagome sich kategorisch. Dem war definitiv nicht so gewesen. Sie konnte sich noch genau daran erinnern wie lange sie Inu Yasha hatte warten lassen bis sie das zugelassen hatte. “Aber was war es dann?”, wollte wieder die Hausfrau wissen. “Ich wollte mein Leben einfach nicht ohne ihn verbringen”, gab Kagome zu. Abrupt hielt der Zug an. Aus irgendeinem Grund starrten ihre Freunde sie an, aber Kagome hatte keine Erklärung dafür. Schließlich war Yuta diejenige, die aussprach, was alle dachten. “Du warst schon immer so viel reifer als wir. Erstaunlich, dass du so eine Entscheidung getroffen hast als du so jung warst… Und offenbar war es die richtige.” Sie pausierte kurz. “Denn das klang gerade wirklich so als würdest du das noch immer fühlen.” Sango war etwas errötet, denn in der Regel sprach Kagome nicht so über ihre Gefühle und das schien der Miko ebenfalls aufzugehen, denn plötzlich wurde ihr Gebahren deutlich diffuser. “Oh nein nein nein, ihr habt ja keine Ahnung!”, begann sie. Sie wollte gerade fortfahren all Inu Yashas schlechtesten Charackterzüge zur Schau zu stellen als Rin sich zu Wort meldete. “Entschuldigung?” Die älteren Frauen wandten sich alle verblüfft um. “Ja, Rin?”, ermunterte Kagome sie. “Was ihr vorhabt, wird bestimmt spaßig, aber ich hab mich gefragt, ob es wirklich ok ist, wenn ich alle zu Hause allein lasse. Ist es ok, wenn ich doch noch zurückgehe?” Die Karrierefrauen waren wieder einmal beeindruckt von dem Verantwortungsbewusstsein des Mädchens, das sie als ihr jüngeres Ich ansahen. “Natürlich!”, lächelte Kagome und winkte ihr zum Abschied noch zu. Der Vorfall war allerdings schnell vergessen, da die Weiber sie zu einem ihrer alten Burgerläden davonschleifen wollten. *** In dem Imbissladen mampfte Inu Yasha munter vor sich hin, während Miroku und Hojo höfliche Konversation machten. “Ja, wir hatten uns schon etliche Häuser angesehen, aber haben uns erst vor kurzem endgültig für eins entschieden.” Miroku fand es sehr interessant wie Paare in diesem Land ein gemeinsames Leben angingen. Für ihn und Sango war es selbstverständlich gewesen, dass sie im Dorf blieben. Wer würde sonst auf Inu Yasha Acht geben? Und als Kagome zurückgekehrt war, hätten sie sich keinen besseren Platz auf Erden vorstellen können als in der Nachbarschaft ihrer ehemaligen Gefährten. “Und dann werdet ihr wirklich da draußen leben? So weit von euren Familien und Freunden?”, wollte Miroku sich vergewissern lassen. Hojo nickte. “Es ist ein großer Schritt, ich weiß, aber … auf der anderen Seite...” Er lächelte “...wird es sehr viel ruhiger, besser für eventuelle Kinder dort sein. Außerdem sind wir nicht ganz so dicke wie ihr. Ihr feiert sogar Weihnachten zusammen…!” Miroku war der Ausdruck “dick sein” in diesem Kontext nicht ganz bewusst, da niemand wirklich an Übergewicht litt, doch beim letzten Satz hörte er eine Faszination aus Hojos Stimme heraus, die er sich nur schwer erklären konnte. “Ihr stattet sogar Kagomes Familie als geschlossene Gruppe einen Besuch ab.” Hojo schien auf irgendwas hinaus zu wollen, doch noch blieb Miroku sein Anliegen verborgen. “Das war eher unfreiwillig”, gab Inu Yasha mit vollem Mund von sich. Zum Glück war es so undeutlich, dass Hojo es nicht ausmachen konnte. “Wenn die Frage nicht zu unverschämt ist, wie kommt es eigentlich, dass dieses Jahr das erste ist, das ihr mit den Higurashis feiert?” Miroku hoffte, dass seine Antwort Kagomes Ansprüchen für diese fremde Welt gerecht wurde. Schließlich wusste er nicht genau, was Leute in diesem Land vom Reisen abhielt. Er versuchte es mit “Ach, die Straßen sind sehr unwegsam und wir waren alle sehr beschäftigt. Die Kinder sind nicht gerade leicht zu zähmen, unsere Arbeit ist auch nicht immer leicht. Außerdem ist bei uns zu Hause um Weihnachten meistens sehr viel los.” “Ach ja? Gibt es etwa noch mehr Familienmitglieder, die ihr zu Hause zurückgelassen habt?” “Nicht gerade Familienmitglieder, aber … wir haben ein volles Haus. Wo wir leben, ist die Gemeinschaft sehr eng.” Er versuchte sich mit vagen Antworten aus der Affäre zu ziehen, doch Hojo schien ernsthaft von ihrem Lebensstil angetan zu sein. “Und es stört euch gar nicht, dass immer so viele Leute da sind?” Er zuckte mit den Schultern. “Man gewöhnt sich an alles. Außerdem ist es praktisch. Unter so vielen Leuten wirft immer jemand zumindest ein Auge auf die Kinderschar. Und Kagomes großer Kessel rückt das Essenfassen auch in den Bereich des Möglichen.” Hojo war war so sehr damit beschäftigt sich das Leben in Kagomes Gemeinde vorzustellen, dass ihm sogar entging, dass Kessel ein eher ungebräuchlicher Ausdruck für ein Küchenutensil war. Er ging davon aus, dass seine alte Flamme mit ihrer Familie in einem der neuen Apartmentkomplexen lebte, die zur Zeit so viel in den Vororten angepriesen wurden. “Und was arbeitet ihr so? Kagome hat ganz vergessen, das zu erwähnen.” “Wir … ehh … machen hauptsächlich Hausbesuche...” “Als Mönch? Lebt ihr da nicht im Zölibat und widmet euer Leben Gott?” “Nicht ganz.” Miroku lächelte verlegen, ob des Wortes Zölibat und der einzige Grund, weshalb Inu Yasha nicht lauthals zu lachen begann war, weil er das Wort nicht kannte. “Natürlich kümmere ich mich auch um meine geistlichen Pflichten, doch Inu Yasha und ich haben damals eine … eine Art Geschäft zusammen aufgemacht, um die Familie zu ernähren. Anfangs nur meine, doch nach seiner Heirat natürlich auch Kagome und später die Biester.” “Ja, natürlich… die Heirat.” Hojos Stimme sank zu einem Nuscheln. “Wann genau war das?” Miroku geriet kurz ins Schwitzen, weil er davon ausging, dass derjenige ein Jahr hören wollte und Kagome wäre bestimmt unzufrieden gewesen, wenn er ein Datum aus der Edo-Zeit genannt hätte. Schließlich schlängelte er sich gewitzt um die Antwort herum, indem er “In dem Jahr, in dem Kagome mit der Schule fertig war” erwiderte. “Das war ganz schön früh”, wunderte sich Hojo. Offenbar rechnete er gerade Kikyous Alter zurück, doch musste zum Schluss kommen, dass es keine Vertuschungshochzeit gewesen war. Miroku, dem langsam die Ausreden ausgingen, stubste seinen Kumpanen an und meinte: “Sag doch auch mal was, Inu Yasha.” “Was”, äffte dieser kindisch nach und verschlang einen Burger ganz und die Plastikverpackung beinah mit. Von da war keine Unterstützung zu erwarten. Unerwartet kam der Neue in ihrer Partie auf ein älteres Thema zurück: “Ihr macht also Hausbesuche? Wofür denn genau?” “Ja, wir … uhm… Inu Yasha, wirklich, jetzt gib doch mal was Nützliches von dir.” “Räuchern aus”, gab der Gescholtene zwischen zwei Bissen zum Besten. “Ach so, Ungeziefer und dergleichen?” “Ist das etwas, dass hier gängig ist?”, fragte Miroku unsicher, woraufhin Hojo verwirrt die Stirn runzelte. Miroku interpretierte das als “Ja” und antwortete: “Genau. Ja, genau das machen wir.” Daraufhin war dem Mönch etwas Schonungsphase gelassen, denn Hojo berichtete von seinem Berufsleben. Leider verstand Miroku kein Wort, außer dass es viel mit dem Wort Büro zu tun hatte, was offenbar eine Art Raum war, dessen Bedeutung ihm noch nicht ganz klar war. Schließlich glitt Hojo allerdings wieder in ein brenzligeres Thema über. Er kehrte gerade mit Inu Yashas zweiter Burgerbestellung zum Tisch zurück als er es anschnitt. “Und wie ist das Eheleben nach zehn Jahren so?” Er war schließlich erst die Hälfte dieser Zeit verheiratet und am meisten davon war mit zugebracht worden Hojos Berufsleben auf Vordermann zu bringen. “Ausgezeichnet! Einfach phantastisch!”, spie Miroku wie auf Befehl aus. “Sie ist nicht hier”, erinnerte Inu Yasha ihn ausnahmsweise verständlich. Hojo machte ein verdutztes Gesicht und fragte sich ob alles in Ordnung im Paradies war. Eigentlich hatten alle Familien im Higurashihaus einen glücklich, wenngleich leicht chaotischen, Eindruck gemacht. Miroku sah sich nach allen Seiten um, dann seufzte er. “Man hat eine Kinderschar, darf sich nichts mehr erlauben oder zu Schaden kommen lassen, nicht trinken, sich an Regeln halten, immer achten, dass genug Essen auf dem Tisch ist, und das … Techtelmechtel ist auch nicht mehr so häufig.” “Oh...”, war alles, was Hojo dazu sagen konnte. Hojo sah seine Zukunft vor seinem mentalen Auge an sich vorbeiziehen. Aber sogar Inu Yasha warf einen seltsamen Seitenblick auf seinen Freund. Dann schritt er ausnahmsweise auch mal ein. “Und du hast ein paar wichtige Dinge vergessen. Du musst immer pünktlich heimkommen, Sie nörgeln immer an dir herum, du musst alle Aufgaben sofort erledigen und nicht wenn du Lust dazu hast, sie versuchen dich immer irgendwie besser zu machen, wollen, dass du Dinge lernst, die du nicht brauchst, und schärfen dir immer wieder ein Vorsicht walten zu lassen statt Risiken einzugehen.” Er wusste noch genau was er zu hören bekommen hatte als er das letzte Mal mit einer faustgroßen Wunde auf dem Torso heimgekehrt war. “Außerdem sind sie dir nie dankbar, selbst wenn du dir mal Mühe gibst”, belehrte Inu Yasha noch und dachte an die Schmach seines Datingversuchs. Hojo schien angestrengt nachzudenken, was den Männern nur gerecht war, denn Miroku war immer froh, wenn der andere keine Fragen stellte, deren Beantwortung ihn in Bedrängnis brachte, und Inu Yasha konnte ungestört seiner Völlerei nachgehen. Hojo versuchte sich nämlich diese Eigenschaften in Kagome vorzustellen. Dass sie sich um ihren Gatten sorgte, das Beste in ihm hervorbringen wollte, ihn nie aufgab. Das klang alles sehr positiv. Ob Inu Yashas pessimistischen Gesichtsausdrucks, wechselte er jedoch lieber das Thema. Wenn der Kerl sich über seine Frau beschweren wollte, widersprach Hojo ihm besser nicht, auch, wenn er sich nicht ganz sicher war, ob sein ehemaliger Schwarm nicht doch etwas Besseres verdient hatte. “Und wie ist das so Vater zu sein?” “Schrecklich”, kam es ebenfalls wie aus zweierlei Munde. “Immer ist es laut.” “Irgendeiner verletzt sich und entweder das Geheule fängt an oder du musst dem Patienten mit dem Wundzeug nachlaufen bis du ihn eingefangen hast.” “Sie kotzen alles voll, scheißen alles voll, andauernd muss man aufpassen, man schläft die ersten drei Jahre quasi gar nicht. Irgendwann labern sie dir eine Frikadelle ans Knie, noch bevor sie die Worte aussprechen können.” “Im Prinzip ist es als würde man einem Ausländer zuhören.” “Alles ist immer dreckig oder kaputt.” “Oder beides.” “Dein Rücken leidet extrem, weil alle immer auf dir herumreiten wollen.” “Ohren sind auch nicht vor ihnen sicher!” “Andauernd macht man sich Sorgen!” “Um Jungs, die sie mögen könnten oder noch schlimmer - wenn Jungs sie mögen.” “Wenn sie ihre Ausbildung nicht ernst genug nehmen.” “Man muss immer ein gutes Vorbild sein!” “Und meistens klappt das nicht.” “Und im Prinzip sind sie eher wenig an dir interessiert, sondern saugen das Leben und die Welt auf wie ein trockener Putzlappen.” “Und andauernd irgendwelche Probleme, die man dann versuchen muss so gut wie möglich zu beheben. Der hat mich getreten, in der Schule ist das passiert...” “Und man muss andauernd ein gutes Vorbild sein!” Offenbar war das etwas, das ihnen besonders schwer fiel. “Das ist das Allerschlimmste!” “Nein, das wirklich Allerschlimmste ist: Man liebt sie trotzdem.” Die Männer waren beinah außer Atem von ihren Schimpftiraden. Aber offenbar noch nicht zu sehr, um nicht fortfahren zu können: “Und was mit Kindern einhergeht ist die Tatsache, dass aus Ehefrauen Mütter werden. Und wenn, dann behandeln sie dich erst recht wie ein Kleinkind. Wasch deine Hände, iss vernünftig, sei nicht so laut.” Inu Yasha machte eine Geste, um zu bedeuten, dass er ewig so fortfahren könnte. Hojo hatte urplötzlich ein mulmiges Gefül, wenn er daran dachte, dass Ayumi und er gerade dabei waren eine Familie zu gründen. Wenn sie in zwei Wochen den Termin beim Fruchtbarkeitsdoktor hatten, würde dieses Gespräch ihm bestimmt noch im Kopf herumschwirren. “Also gibt es absolut nichts Positives an der ganzen Sache”, versicherte er sich in einem flachen, unenthusiastischen Ton. “Absolut nichts”, und “Gar nichts”, stimmten beide ihm zu. Jetzt biss sogar Miroku herzhaft in einen Burger, obwohl eher um Dampf abzulassen als um Hunger zu stillen. Nach einer Weile attackierte er sein Essen nicht mehr ganz so wild und Inu Yasha hatte schon vor einer Weile aufgehört alles einem Staubsauger gleich zu inhalieren. Schließlich äußerte er noch etwas. “Und man ist nie allein, oder gar einsam.” “Jemand passt immer auf dich auf, geht sicher, dass sie dein Lieblingsessen zubereitet, wenn du von einer langen Reise heimkehrst und dass noch etwas davon übrig ist, wenn es später wird als du versprochen hast.” “Sie flicken deine Kleidung.” “Wenn es denn Sex gibt, ist er immer viel besser als mit jeglicher anderen Frau. Die Jüngeren sind zu unerfahren und die anderen kennen deine Vorlieben nicht in und auswendig.” “Sie können dich noch nach Jahren überraschen.” “Und sie verzeihen einem all deine nicht so noblen Charaktereigenschaften ohne sie durchgehen zu lassen.” “Ja, das ist das Schlimmste”, stimmte Inu Yasha zu. “Wie gesagt, Sie machen dich zu einem besseren Menschen.” “Also...”, fasste Hojo nochmals zusammen. “Gibt es immer noch absolut gar nichts Gutes an der ganzen Sache?” Er klang hoffnungsvoll und ging davon aus, dass sie die Ironie erkennen würden. “Absolut nicht”, stimmten beide dickköpfig und synchron zu. Doch sie seufzten und Hojo konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass da eine unterschwellige Konnotation mitschwang, die ein ganz anderes Bild zeichnete. *** Kagome drohte der Kopf zu platzen. Sie versuchte Sango dicht bei ihrer Seite für mentale Unterstützung zu halten, doch eine der drei anderen Frauen drängte sie immer unabsichtlich ab, um Kagome irgendeine belanglose Frage zu stellen. Mittlerweile hatten die Drei zwar aufgegeben verstehen zu wollen, weshalb Kagome Inu Yasha geheiratet hatte oder warum sie glücklich mit ihm war, aber davor war ihnen das Konzept einfach unbegreiflich gewesen zu sein: “Aha. Er ist also immer noch eifersüchtig?” “Und laut?” “Und rüde?” “Und arbeitet zu viel?” “Und unterstützt dich nicht genug?” Das waren alles Dinge, die Kagome nicht leugnen konnte, denn sie hatte gerade erzählt wie er und Kouga noch immer stritten, er manchmal Wochen lang und in ein paar schwierigen Anfangsjahren sogar Monate lang verreisen musste, sogar die Geburt seines zweiten Kindes verpasst hatte und ihr nie mit ihren “Krankenschwester”-pflichten oder gemmeinnützigen Projekten zur Hand ging. Jedoch schließlich, wandten sie sich doch Sango zu. “Und du bist mit dem Hübschen verheiratet?” Sango seufzte. Wie oft hatte sie das schon zu hören bekommen. “Ja”, grummelte sie. “Und wie ist das so?” Insbesondere die Hausfrau war daran interessiert. “Wie mit jedem anderen Mann auch, denke ich. Ich hatte bisher noch keinen anderen”, fügte sie erklärend hinzu. “Ist er genauso schlimm wie Inu Yasha?” Sie tauschte einen Blick mit Kagome. Das war ein schwerer Vergleich. “Ja, aber anders verteilt. Er hat keiner Geburt seiner Kinderschar beigewohnt, ist recht faul, hinterlistig, luxusliebend und ein Weiberheld. Auch heute noch starrt er Jüngeren hinterher.” Es erstaunte sie beinah selbst wie ruhig ihre Stimme klang, doch Kagomes Freundinnen waren außer Rand und Band. “Aber er ist ein Mönch!” “Scheint ihn noch nie gestört zu haben. Er hat es von seinem Vater.” “Warum bist du noch bei ihm?” “Er hat mir und meinem Bruder öfter das Leben gerettet als ich zählen kann und… und...” Sango wollte noch mehr Sachen sagen, doch sie hatte schon so lange nichts mehr Positives über ihn gesagt, dass es ihr im Hals stecken blieb. Außerdem fuhr Kagome dazwischen und fügte hinzu “Spirituell das Leben gerettet, meinte sie natürlich!” Damit ja niemand fragen könnte, welches Vorstadtszenario lebensrettende Situationen hervorbringen könnte. Endlich hatten sie den Laden erreicht und konnten sich etwas genehmigen. Kagome hatte gehofft, dass die Fragerei wenigstens beim Bestellen unterbrochen werden würde, doch das stellte sich als Wunschvorstellung heraus. “Ihr kriegt echt nie Schokolade, noch nicht mal an Valentinstag?” Kagome sparte sich zu erläutern, dass weder Schokolade noch Valentinstag etwas war, das im Mittelalter bekannt war. Daher hatte Sango so verdutzt mit “nein” geantwortet. Sie wandten sich gerade mit den Tablets in Händen um und stolperten völlig überrascht über ihre Männer als sie nach einem Tisch Ausschau hielten. Offenbar hatten sie gelauscht, denn sie saßen mit steifen Ohren am Tisch vor einem Berg leerer Burgertüten und blinzelten ihren Gattinnen aufmerksam entgegen. “Was ist Valentinstag?”, frage der Gutaussehende ohne Baseballmütze. “Ich glaub das nicht”, ächzte Kagome und ergab sich in ihr Schicksal. Es war ihr freier Tag und sie mussten ausgerechnet Inu Yasha und den anderen begegnen. Ayumi und Hojo begrüßten einander mit einem schwungvollen Kuss, während Sango ihrem Kerl nur einen warnenden Blick zuwarf als dieser sie mit einem fragenden Blick begutachtete, und Kagome klopfte ihrem nur auf die Schulter und bedeutet ihm zu rücken und ihr Essen nicht anzufassen. “Na, worüber habt ihr Kerle gesprochen?”, fragte Ayumi arglos. “Wohl eher worüber habt ihr gesprochen!”, echote Inu Yasha misstrauisch. Der letzte Teil ihres Gesprächs hatte definitiv so geklungen als hätten sie sich beschwert. Aber Ayumi ignorierte ihn. “Doch nicht etwa darüber wie ihr nie tut was eure Frauen euch sagen, oder?” Inu Yasha begann zu prusten. “Das ist ein schlechter Witz, oder?” Er erntete nur verständnislose Blicke. “Natürlich tue ich was sie sagt. Wenn nicht, heißt es ‘Mach Platz’ und meinem Gesicht kann man ansehen, dass es Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hat!” Die Frauen wunderte es, dass er so erbost und leidenschaftlich darüber reden konnte, dass dieser harte Kerl vor seiner Frau ein Weichei war. Das hatte keiner erwartet, auch Hojo nicht. “Sie ist brutal!”, beschwerte er sich lauthals. Da konnte Sango nicht mehr an sich halten und begann zu lachen. Miroku stimmte mit ein und legte einen Arm um sie, damit sie die Köpfe beim Kichern zusammenstecken konnten. Kagome hingegen schien genervt. “Wenn du nicht immer so taktlos wärst,...”, begann sie, aber dann schien sie ihre Meinung zu ändern. Ein kurzer nachdenklicher Blick wurde schnell ersetzt. Plötzlich leuchtete ihr Gesicht auf und sie wandte sich doch nochmal an ihre Freundinnen. Endlich war ihr etwas eingefallen, das sie ihren Freunden ohne Bedenken erzählen konnte! “Ach beinah hätte ich es vergessen. Ich habe doch letztens Blumen bekommen! Und zwar sind wir erst gestern auf ein Überraschungsdate gegangen und ich habe einen Strauß Rosen bekommen!” Ayumi jauchzte und auch die Augen der anderen Zwei leuchteten auf. “Ach ja, das ‘Date’”, erinnerte Sango sich fröhlich. “Er hat mich zu diesem netten, europäischen Restaurant gebracht und wir saßen an einem schönen kleinen Tischchen und wir hatten sogar Dessert!”, schwärmte Kagome ihren Freundinnen vor und ergötzte sich geradezu an dem neidischen Blick Eris und Yukas. Aber am meisten spürte sie Inu Yashas Blick an ihrer Seite. Sie wusste zwar nicht genau, was ihn störte, doch seine Augen waren weit aufgerissen. Störte es ihn so sehr, dass sie ein bisschen mit dem Date angab? Sie wusste, er hasste diese Sachen, doch er hätte sie ja nicht durch diese Hölle gehen lassen müssen, wenn er nicht wollte, dass sie im Nachhinein das einzig Positive daraus an ihre Freundinnen weitergab. Aber das war es gar nicht, was Inu Yasha durch den Kopf fuhr. Es war das erste Mal, dass sie erfreut schien, dass er sich die Mühe gemacht hatte und er fühlte sich an seine früheren Worte erinnert. Konnte ihn auch noch nach Jahren überraschen. Zum Beispiel, wenn sie so plötzlich ihre Meinung änderte oder eine Seite aufzeigte, deren Existenz ihm gar nicht bewusst gewesen war. Hojo auf der anderen Seite des Tisches war mindestens genauso erstaunt. Während Kagome erzählte, veränderte sich ihre ganze Haltung. Sie legte ihrem Gatten sogar eine Hand auf den Oberschenkel und die Zwei tauschten einen ganz intimen Blick. Sie schien verwirrt, doch herausfordernd; und er verdattert. Hojo hatte keine Ahnung, welch nonverbale Kommunikation zwischen den beiden stattfand, doch ihm ging langsam auf, dass er seine Einschätzung der Beziehung möglicherweise revidieren musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)