Christbaum mit Chaos geschmückt... von Gaomee (Ein Higurashi-Weihnachtsfest mit Besuch aus dem Mittelalter) ================================================================================ Kapitel 19: Was die Zukunft bringt... ------------------------------------- Als Frau Higurashi alle Daheimgebliebenen mit weihnachtsrelevanten Aufgaben betraute, fanden einige Angehörige der umfangreichen Familie, dass sie sich lieber davonschlichen. Kouga war einer der ersten. Aber selbst Rin stahl sich ausnahmsweise davon. So unverantwortlich Frau Higurashi in Unkenntnis über ihren Verbleib zu lassen, war sie allerdings nicht. “Aber natürlich stört es mich nicht, wenn du einen kurzen Ausflug machst. Hier!” Kagomes Mutter ging zum Flur, um etwas aus ihrem Beutel, den sie Handtasche nannte, hervorzuholen. “Das ist ein Plan von der Stadt, damit du dich nicht verläufst.” Rin hatte erwähnt, dass sie gern etwas erkunden wollte. Der Ausflug ins Kino hatte ihre Neugier nur noch angestachelt. “Ach, und nimm einen der Jungs mit, damit dir nichts zustößt.” “Natürlich. Und vielen dank!” In der Küche huschte sie rasch so rasch ihr angeschlagenes Gelenk es erlaubte an Jaken vorbei, doch er war sowieso zu sehr in seine Arbeit vertieft. Er saß auf der Anrichte und schnitt erstaunlich schnell und behände Karotten. Seitdem er hier lebte, hatte er eine Affinität zur Kochkunst entwickelt, auf die er unangebracht stolz war. Bei Zeiten spielte er sich sogar als Chef der Küche auf und kommentierte die Schnibbelkünste der anderen. Natürlich nur, wenn Frau Higurashi nicht anwesend war. So anmaßend, dass er sich mit ihr zu messen gedachte, war er nicht. Unbemerkt schlüpfte Rin in die Kälte hinaus und wanderte auf dem Grundstück herum bis sie sah wie Sesshoumaru einen alten Baum auf seine subtile Art beschnüffelte. Statt wie Inu Yasha seinen hündischen Instinkten nachzugeben, erhob der Vollblutdämon nur elegant seine feine Nase und nahm all das Wissen, das er aus einem Duft herausfiltern konnte, in sich auf. Er musste auch sie erochen haben, denn er wandte sich ihr automatisch zu. “Komm mit”, bat sie enthusiastisch und machte eine einladende Geste als sie an ihm vorbei zur Treppe, die vom Anwesen herab führte, hüpfte. Verwirrt und mit einem unliebsamen, charakteristischen Stirnrunzeln wandte der Youkai seinen Schritt in ihre Richtung. “Willst du nicht auch mehr über diese Welt wissen?” Man hörte sogar in ihrer STimme, dass sie Feuer und Flamme war. Eigentlich wollte Sesshoumaru viel lieber in Erfahrung bringen wie er zu seiner Welt zurückkam. Er mochte die Gerüche hier nicht. Doch Rin lief immer weiter, zwei Stufen auf einmal nehmend. Ihr Enthusiasmus ließ sie allen Schmerz vergessen. Also folgte er. *** “Nein! Den nehm ich nicht mit!” “Aber jetzt ist er doch schon mal hier”, spielte Kagome die Stimme der Vernunft. Die drei Frauen aus der modernen Welt ahnten, dass dieses Gespräch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen würde. Daher wollten sie eben aufs Klo gehen. “Schatz, kommst du mit und hälst meine Tasche?” Hojo seufzte als er die Bitte seiner Frau wahrnahm, doch stand gehorsam auf. Das war einer ihrer neuen Trends. Offenbar fand Ayumi, dass es eine süße Pärchen-Aktivität war, wenn er vor dem Klo auf sie wartete. Also tat er genau das, beladen auch mit den Taschen der Freundinnen. Indessen wollte Inu Yasha Kouga an die Kehle springen. Derjenige war es nämlich, den Kagome Inu Yasha aufdrängen wollte. Er hatte sich vom Higurashianwesen fort geschlichen und sie ausfindig gemacht hatte. Während der Drückeberger also mit erhobenen Fäusten dastand und hoffte, dass Kagome die Diskussion mit ihrem Gatten gewinnen würde, erhob sich am anderen Ende des Imbisses ein junges Paar und kam zu ihnen geschlendert. Der junge Mann des Zweiergespanns warf einen selbstbewussten Blick in die Runde und wollte wissen, ob alles in Ordnung sei. Er schien keinesfalls auf Ärger aus, doch seine muskulöse Statur und etwas in seiner Ausstrahlung untermauerten seine Furchtlosigkeit. Das Mädchen hingegen schien mit einer permanent misstrauischen Braue durch die Welt zu ziehen und blieb immer beinah unmerklich etwas hinter ihrem Freund zurück. “Jup! Alles in Ordnng!”, versuchte Kagome die Wogen zu glätten. “Mein Schwiegervater hier mischt sich nur manchmal etwas zu viel in unser Privatleben ein!”, fügte ihr Gatte hinzu. Inu Yasha knurrte regelrecht und Kouga stand ihm in dem in nichts nach. Das fand sogar der junge Mann befremdlich. “Schwiegervater? Aber er ist so jung.” Kagome hätte am liebsten die Stirn auf die Tischkante geknallt. Stattdessen raffte sie sich zusammen, zog ihren Gatten am Ohr wieder zu sich auf die Bank und befahl ihrem selbsternannten Schwiegervater sich zu setzen. “Ich versichere euch, es ist alles in Ordnung hier. Kein Grund sich einzumischen.” Sie gab ihr bestes Lächeln von sich, doch der junge Mann schien recht ungewillt zu gehen. Stattdessen verschwand der überraschte Gesichtsausdruck und wurde von einem wissenden ersetzt. “Ihr seid einer von denen, nicht wahr?”, erkundigte er sich, doch niemand in der Runde hatte auch nur einen Schimmer was er meinte. “Wer bist du?”, wollte Inu Yasha schließlich mit verschränkten Armen trotzig wissen. Er mochte es nicht, wenn jemand so tat als verstünde er etwas, das Inu Yasha offenbar nicht verstand. “Ich bin Yuta und das ist Mana. Wir sind ebenfalls unsterblich und ewig jung.” Sein Ausdruck war vollkommen ernst und ehrlich. Womit er allerdings nicht rechnete, war Kougas Frage: “Kagome, sag mal, ist das etwa auch normal in eurer Welt?” Der mutmaßliche Schwiegervater war neugierig, nicht schockiert. “Nein, natürlich nicht! Auf dieser Seite passiert das nicht”, machte Inu Yasha besserwisserisch. Doch leichte Zweifel überkamen ihn doch: “Nicht wahr?” Kagome hingegen befand sich in einem Schockzustand. Waren das zwei Verrückte oder war es die Wahrheit? Dieser Yuta sah noch immer so ernst und überzeugt von sich aus wie am Anfang. “Wie alt bist du denn?”, wollte Kouga wissen. Jetzt unterhalten sie sich auch noch, dachte Kagome verzweifelt. War es ihr denn nie vergönnt einen normalen Nachmittag mit normalen Menschen und normalen Aktivitäten zu verbringen? “Ich bin 500 Jahre alt.” “Das ist ja älter als ich!”, rief Kouga beleidigt aus. “Also hatte ich Recht?” Es war mehr eine rhetorische Frage, die dieser Yuta ihnen stellte, doch Kouga war sehr entschieden in seiner Antwort: “Nein.” Nun schien Yuta verwirrt. Das Mädchen, Mana, hingegen, setzte sich uneingeladen an den Tisch und fragte Kagome dreist, ob sie ihr Getränk noch haben wolle. “Ehhh... nein, hier, bitte sehr”, stammelte die Angesprochene. Ohne zu danken nahm Mana es an und trank. Verwirrt darüber was gerade mit ihrem entspannten Frauennachmittag passierte, starrte Kagome erst das unangebrachte Mädchen perplex an, dann den jungen Mann. Und gab auf. Statt die Situation verstehen zu wollen entschied sie, dass es ja wohl kaum Schaden anrichten konnte, wenn sie einem Unsterblichen erklärte, dass er älter als ein Dämon war. “Das ist ein Dämon”, erklärte sie daher und deutete auf Kouga. “Ein Dämon?”, machte das Mädchen mit dem Strohhalm noch im Mund, wurde aber von allen ignoriert. Sie schien kein gutes Gefühl dafür zu haben, wann sie sich in eine Konversation einführen konnte. Aber dieser Yuta stellte definitiv die merkwürdigeren Fragen: “Kennt ihr Meerjungfrauen?”, lautete sein Kommentar. ‘Ok’, dachte Kagome nicht zum ersten Mal heute, ‘die Konversation ist gerade noch seltsamer geworden.’ Während Kagome überlegte wie sie diese Frage beantworten sollte, verglichen Kouga und Yuta Geburtsdaten und Miroku betrachtete das Mädchen. “Du bist aber ein hübsches Ding”, sagte er freundlich an Mana gewandt, aber ein Tritt unter dem Tisch brachte ihn zum Schweigen. Komplimente schien die Angesprochene sowieso nicht zu mögen. Verstohlen schloss Mana die Hand um die Finger Yutas. Offenbar war es eine Art Signal. “Also kennt ihr keine?”, fragte jener noch zum Abschluss. Allgemeines Kopfschütteln. “Dann wünsche ich euch noch eine gute Reise!” “Kann ich das mitnehmen?”, fragte das Mädchen noch und sobald Kagome nickte, folgte sie ihrem Beschützer an der Hand hinterher. “Das war eine komische Gruppe, nicht wahr?”, fragte Mana als sie den Imbiss verlassen hatten. Yuta schien nachdenklich. “Nicht komischer als wir.” “Ich dachte, Dämonen gibt es nicht wirklich. Man hat mir oft Gutenachtgeschichten über sie erzählt.” “Wenn es Meerjungfrauen gibt, gibt es wohl auch Dämonen”, erwiderte Yuta nur. “Woher weißt du, dass sie nicht lügen?” Mana saugte an ihrem Strohalm und hatte natürlich wie immer Probleme damit die Komplexität der Menschen zu erfassen. “Sie waren überhaupt nicht schockiert. Dass jemand unsterblich ist, schien ihnen kein vollkommen ungläubwürdiges Konzept.” Weil er der Ansicht war, dass mehr Erklärung bei Mana immer besser war als weniger fügte er noch hinzu: “Und nicht schockiert sein ist schwer zu schauspielern. Außerdem macht es Sinn, dass nur ein Dämon nicht von Unsterblichen und Meerjungfrauen schockiert sein würde.” Sie umfasste seine Hand etwas fester. “Aha”, machte sie teilnahmslos. Etwas anderes hatte ihre Aufmerksamkeit bereits auf sich gezogen. Daher wurde Yuta mit sich und seinen Gedanken allein gelassen. *** “Das Bild versteh ich nicht”, bekundete Rin frustriert, während ihr Ziehvater misstrauisch die fremdländischen, lauten und stinkenden Gefährte beäugte, die rechts an ihnen vorbeizogen. “Ich erkenne hier einfach kein Muster”, beschwerte sie sich nochmals. Beinah beiläufig nahm Sesshoumaru ihr die Karte aus den Händen und besah sich das Ganze. “Wo willst du hin?”, erkundigte er sich knapp und sie zeigte nur mit dem Zeigefinger auf eins der Quadrate. Augenblicklich wandte er sich einer Himmelsrichtung zu und übernahm die Führung. Diesmal war Rin es, die ohne zu fragen folgte. Er hatte dieses Verhalten öfters an ihr beobachtet. Wenn er bestimmte Botengänge unternahm, ein paar inferiore Youkaifürsten unterwarf, einer neuen Kampftechnik nachging oder die Brauchbarkeit einer neuen Waffe untersuchte, wollte sie sich manchmal etwas ansehen. Zum Spaß. Er verstand es nicht, doch meistens endeten sie an einem berühmten Berg, einer weitgerühmten spirituellen Stätte oder im Heim eines renommierten Kriegsführers. Seine nervtötende Schwägerin nannte es Kultur. Offenbar war es etwas, das Menschen aus ihrer Zeitepoche schätzten. Für ihn ergab es keinen Sinn, doch Rin war danach immer in erheiterter Laune und das war für ihn genug sie dorthin zu geleiten. Oder Jaken damit zu beauftragen es zu tun. Während er seinem internen, makellosen Orientierungssinn in diesen fremden Gefilden folgte, stellte sie eine merkwürdige Frage. Wie immer. Er mochte diese Fragerei kein bisschen. Nicht zu einem kleinen Teil, weil er nur selten eine befriedigende Antwort meistern konnte. “Technisch gesehen ist Kagomes Welt unsere Zukunft… nur älter, nicht wahr?” Das beantwortete er nicht. Sie kannte die Antwort. “Fragst du dich nicht, was mit all den Dämonen passiert ist?” Und da war es wieder. So eine Frage. “Nein”, erwiderte er kategorisch. “Aber denk doch mal drüber nach. Du kannst Jahrtausende unverändert überleben. Ich bin mir nicht sicher wie viel älter diese Welt ist, doch es wundert mich, dass du nicht … ein Fürst hier bist. Aber Kagome sagt, sie habe dich nicht aus dieser Welt wiedererkannt.” “Vielleicht war ich einem mächtigeren Dämon erlegen”, wandte er realistisch ein. Er war arrogant, nicht realitätsfremd. Aber Rin lachte nur. Sie war weder arrogant noch realitätsfremd, doch in ihren Augen war er, wenngleich nicht direkt unbezwingbar, doch perfekt genug, dass sie den von ihm geäußerten Gedanken amüsant fand. “Oder die Dämonen haben sich in eine andere Welt zurückgezogen”, schlug sie stattdessen vor. Er wollte beinah antworten, dass es keine andere gab - abgesehen vielleicht von der Unterwelt und dieser - doch er schloss nicht aus, dass es Dinge gab, die selbst er nicht wusste. “Unwahrscheinlich”, antwortete er deshalb stattdessen. “Aber es würde Sinn ergeben”, wandte sie ein. “Und es würde deine Theorie untermauern, dass Menschen und Dämonen nicht zum Zusammenleben geschaffen waren.” “Waren sie auch nicht.” Sie verdrehte ihre Augen und winkte ab. “Ja, ja, ich weiß...” “Sie sind inkompatibel.” Sie hatten diese Diskussion schon ein paar Mal gehabt, sofern Sesshoumaru zum Diskutieren in der Lage war. Oft ging er einfach davon aus, dass er Recht hatte und es wenig Sinn besaß andere darauf hinzuweisen. Er war kein großer Disputant. “Willst du deshalb zu diesem Museum?”, erkundigte er sich. Die Frage überraschte sie. Sie hatte die Bedeutung des Wortes von Frau Higurashi gelernt. Doch woher wusste er, was es war? “Vor ein paar Jahrhunderten habe ich andere Länder bereist”, begann er ihre unausgesprochene Frage zu beantworten. “Es gab dort einige Menschenkinder, die ane andere Sprache von uns hatten. Das Wort bedeutet Ort für gelehrte Beschäftigung. Ich habe es auf der Karte gelesen. Du möchtest also einen Gelehrten treffen.” Rins Mund stand offen und für einen Augenblick hielt sie sogar im Gehen inne. Sie musste sich an etlichen Leuten vorbeischieben, um wieder zu ihm aufzuholen. Sie bezweifelte nicht, dass ihr Ziehvater intelligent war, doch bisher hatte sie noch nie auch nur einen Funken Interesse an anderen menschlichen Sprachen in ihm detektieren können. Nach fast zwanzig Jahren konnte er sie noch immer überraschen. So musste es vielen Eltern und ihren Kindern ergehen, wenn sie erwachsen wurden. “Vielleicht”, räumte sie ein. Frau Higurashi hatte ihr erzählt, dass, wenn sie etwas über die Geschichte Japans herausfinden wollte, sie zu einem Museum gehen sollte. Dort gab es Ausstellungen und Bilder und viele Texte, die sie dank Kagome würde lesen können. Aber einen Gelehrten hatte sie nicht direkt erwartet. Unfehlbar wie immer führte ihr Youkaifürst sie zu ihrem Ziel. Es war alles, was sie sich erhofft hatte. So viel Wissen an einem Ort komprimiert war faszinierend. Sie fragte sich ob so etwas in ihrer Welt möglich sein würde. Allerdings war es auch seltsam so viele Gegenstände aus ihrem Alltag hinter einer durchsichtigen Mauer zu sehen, mit synthetischem Tageslicht erhellt und auf eine unnatürliche Art und Weise arrangiert. Sesshoumaru schien wenig fasziniert. Er folgte ihr durch die Gänge, fuhr mit seinem Blick unberührt über die Auststellungsstücke und betrachtete manchmal eingehend die Runen der Schriftzeichen, die Auskunft über Dinge gaben, die Rin sowieso schon wusste. Doch der Highlight ihres Besuchs war als sie etwas sah, dass ihr die eigene Sterblichkeit nur zu sehr vor Augen führte. “Sesshoumaru!”, rief sie im Flüsterton aus. Hier war alles sehr still. Alle Gäste bewegten sich leise und nur ab und zu kam jemand auf sie zu und fragte ob Sesshoumaru Teil der Ausstellung war und ob man sich mit ihm fotografieren lassen konnte. Aber all das beiseite, konnte Rin kaum fassen, was sie da vor Augen hatte: “Das ist Tetsuaiga!”, eröffnete sie ihm als er an ihre Seite trat. Tatsächlich. Es war Tetsuaigas harmlose, verrostete Gestalt. Die Scheide daneben. Etliche andere Schwerter, die auf den ersten Blick ähnlich wirkten, waren auch ausgestellt. Doch für ihre Augen war es offensichtlich, dass sie sich in einem entscheidenen Punkt unterschieden. Sie waren gewöhnlich. “Kaum zu fassen, dass er es jemals von seiner Seite lassen würde.” Sesshoumaru sprach es nicht aus, doch er bezweifelte, dass es freiwillig geschehen war. “Aber ich schätze, auch Inu Yasha wird nicht ewig leben”, gab Rin ernüchtert von sich, die mittlerweile zur selben Einsicht wie Sesshoumaru gekommen war. Sie hatte ihren Ziehvater einmal gefragt was die Lebenserwartung eines Halbdämonen war. Seine Antwort war ambigue gewesen. Offenbar lebten sie nicht lange, doch ihre hohe Sterblichkeitsrate hatte mehr damit zu tun, dass die höheren Dämonen sie gern töteten. Inu Yasha war nur zufällig ein harter Brocken. Über einen Halbdämon, der an Altersschwäche gestorben war, hatte noch keiner etwas gehört und daher war es schwierig das abzuschätzen. Sesshoumaru schien wenig beeindruckt und sein Mündel fand es irgendwann unheimlich etwas so Bekanntes anzustarren; also wanderten sie weiter. Rin nahm gerade ein paar gewöhnliche Schreibutensilien unter die Lupe als sie einen Blick auf sich ruhen spürte. Das letzte Pärchen, das Sesshoumaru nach einem Foto gefragt hatte, war schon längst, erschrocken von seinem angsteinflößenden Starren, vorbeigezogen. Also war es leer um sie herum. Sie wandte sich noch weiter um und erkannte die Quelle des Gefühls. Ein Mann mit Brille, einem Stapel Papieren und ein paar Büchern war gerade dabei in eine Hintertür einzutreten. Seine Bewegungen wirkten rasch als hätte er sich gerade erst umgedreht. Augenblicklich wusste sie, dass er ihr bekannt war. Das, obwohl sie seine Gesichtszüge aufgrund des Lichts nicht erkennen konnte. Aber das war nicht nötig; sein ganzer Körper strahlte Familiarität aus und er zog sie wie magisch an. Sie wollte zu ihm herüberschreiten, doch er verschwand behände hinter der zufallenden Tür. Etwas vor den Kopf gestoßen blieb Rin zurück, unentschieden, ob sie Sesshoumaru folgen sollte, der sichtlich genervt ein paar Schritte weiter gegangen war. Es war nicht zu übersehen, dass das Museum wenig Gefallen in ihm weckte. Doch sie entschied sich dagegen und hielt auf die Tür zu. Und wurde belohnt. Denn die Tür wurde wieder geöffnet. Arglos schlüpfte sie hindurch und blieb wie von der Tarantel gestochen erstarrt stehen. Das Haar war viel kürzer, die Brille ungewohnt und die Kleidung vollkommen abstrus, doch vor ihr stand Sesshoumaru. Sie öffnete den Mund, doch nichts kam heraus. “Hallo, Rin”, begrüßte er sie und jeder Zweifel verflog. Nicht nur, dass er ihren Namen kannte, es war auch seine Stimme. Sie klang ein wenig sanfter, doch das war es auch schon. Immer noch blieb ihr Mund offen stehen, ohne dass sie einen Laut produzieren konnte. “Ich wusste, dass dieser Tag kommen würde”, eröffnete er und zeigte eins seiner höchst seltenen Lächeln. Sie wusste nicht ob sie den Anblick auskosten oder befremdlich finden sollte. “Wie das?”, schaffte sie endlich. “Ich kann mich daran erinnern mit dir hierher gekommen zu sein.” Jetzt war es befremdlich. “Tatsächlich...”, krächzte sie, ungläubig. Erst nickte er nur. “Ich hatte eigentlich Besseres zu tun. Du hast den Weg nicht gefunden. Haben wir Tetsuaiga bereits entdeckt?” Wortlos nickte Rin. Sie starrte nur in seine goldenen Bestienaugen und versuchte den Mann darin wiederzuerkennen, den sie den Großteil ihres Lebens gekannt hatte. Es war unheimlich wie jede Kleinigkeit seines Gesichts dem ihres Ziehvaters entsprach und doch war diese Person nicht ganz Sesshoumaru. Der Moment wurde zerstört als der Echte durch die Tür trat, mit seinem immerwährenden Stirnrunzeln. Als er sein Ebenbild in Fleisch und Blut sah, hielt er nur kurz inne. Wie zu erwarten war er nicht einmal halb so zerstreut wie Rin, sondern begegnete der Situation wie jeder anderen auch. Überheblich und misstrauisch. Die beiden beäugten einander, schienen sich jedoch nichts zu sagen zu haben. Erst war Rin sich nicht einmal sicher, ob ihr Ziehvater sich wiedererkannte, da es nicht seine Art war sein Spieglbild auf Wasseroberflächen zu beobachten, doch es gab kein Verwechseln. “Hm”, machte er schließlich nur. Vielleicht war er halbwegs neugierig, mehr jedoch nicht. “Wir sollten gehen”, sagte er schließlich, öffnete die Tür abermals und verließ den Gang so abrupt wie er ihn betreten hatte. Rin wollte ihm gerade folgen, doch das Geschehnis war zu abstrus als dass sie sich seinen Fängen so einfach entziehen konnte. Daher wandte sie sich noch einmal um, eine Hand bereits an der Türklinke und da sah sie es. Er hatte seine Gesichtszüge schnell wieder unter Kontrolle, so wie sie es von einem Doppelgänger Sesshoumarus erwartet hätte. Doch nicht schnell genug als dass der Hauch von Melancholie ene Einbildung gewesen sein könnte. Er schien erkannt zu haben, dass er ertappt worden war und im Moment dieser Realisation tat er es. Mit einer raschen Bewegung hatte er ihr Kinn umfasst und küsste sie. Nicht federleicht oder brüderlich, sondern verwegen und innig. Seine Zunge strich über ihre Lippen, die Augen für einen Atemzug fest zusammen gekniffen. Sein Griff schmerzte ihr Handgelenk. Der Kuss ließ sie atemlos und verwirrt zurück, dann schloss er die Tür endlich hinter ihr und sie sah wieder die vertraute Form ihres Ziehvaters vor sich. Er wandte sich um, denn er hatte mit dem Rücken zur Tür auf sie gewartet. Als sie seine kalte Miene, vertraut und abweisend, sah, machte sich eine beklemmende Erleichterung in ihr breit. Sie hätte nicht sagen können weshalb. *** Kagome stahl gerade Inu Yashas Getränk, weil das seltsame Mädchen ihres mitgenommen hatte, als die restlichen von der Toilette zurückkehrten. “Habt ihr alles ausdiskutiert?”, fragte Ayumi, doch Kagome schüttelte ergeben mit dem Kopf, während die beiden Raufbolde sich zum wiederholten Mal anknurrten. “Nicht wirklich, aber ich befürchte...”, begann Kagome streng. “...dass ich hier eine Exekutiventscheidung treffen muss.” “Ach, nein!”, maulte Inu Yasha, der genau wusste, was das bedeutete. Im Klartext hieß das nämlich, seine Frau würde einen Vorschlag machen und wenn er nicht annahm, würde sie so lange “Mach Platz!” sagen bis er umgestimmt war. “Wirst du nicht tun, was deine Frau verlangt?”, fragte Hojo erstaunt, der Inu Yashas Ausruf falsch interpretierte. “Doch, natürlich”, grummelte dieser. Er wollte ganz bestimmt keine Schmerzen haben oder solche Demütigung erleben. Die anderen unterhielten sich munter, doch Inu Yasha hatte nicht mehr die Geduld ihnen bei ihren langweiligen Themen zuzuhören. Stattdessen betrachtete er mutlos wie Kouga ihm seinen letzten Burger wegschnappte und in einem verschlang, dann ausgiebig kaute. Doch Kagome hatte ihre Hand wieder auf seinen Oberschenkel gelegt. Genau wie vorhin. Vorsichtig umschloss er sie. Dieses Prickeln unter seiner Haut, selbst nach zehn Jahren noch, war jeden Burger beider Welten, beider Epochen wert. Um ehrlich zu sein, wusste Inu Yasha selbst nicht, weshalb er sich wieder so kindisch wie früher benahm. Er liebte seine Frau und auch wenn er manchmal unvernünftig war, käme er doch niemals auf den Gedanken ihr das Leben schwieriger als sowieso schon zu machen. Er seufzte. Doch seit dem Augenblick ihres Verschwindens, als diese eiskalte Angst sein Herz erfasst hatte, hatte er dieses nagende Gefühl nicht wieder abschütteln können. Er war ihr immer dankbar gewesen ihn und seine Welt über ihre eigene gewählt zu haben. Das war ein Opfer, das er nie zurükzahlen konnte, doch sie waren trotzdem glücklich zusammen gewesen. Jetzt allerdings konnte er sich nicht aufhören zu fragen, ob Kagome nicht in dieser Welt bleiben wollte. Sie schien so froh zu sein, ihre Familie wieder zu haben. Er sah es in ihrem Blick, wenn sie Kikyou und Souta jr. mit ihrer Mutter und Opa oder ihrem Bruder beobachtete. Außerdem hatte sie bisher noch gar nichts unternommen, um einen Weg nach Hause zurück zu finden… Abrupt wurde der Hundedämon aus seinen trüben Gedanken gerissen, als die Frauen sich verabschiedeten, um shoppen zu gehen. Inu Yasha wusste, was das war. Kagome benutzte das Wort immer ironisch, wenn sie in die nächstgrößte Stadt ging, um Dinge zu kaufen, die sich nicht selbst herstellen konnten. “Vertragt euch, Jungs”, mahnte sie noch zum Abschied und gab Inu Yasha einen Kuss auf den Mundwinkel, etwas, das sie nicht mehr getan hatte, seitdem sie in Kagomes Welt zurückgekehrt waren. Verwirrt und erleichtert gleichzeitig blieb Inu Yasha mit dem Wolfsdämon, dem Mönch und dem frischgebackenen Menschenehemann zurück. *** Langsam wurden die Leute unruhig. Kagomes Menschenfreunde versuchten die Barriere zwischen ihnen und den Dorfbewohnern zu gut wie möglich zu überwinden, doch so ganz gelang es nicht. Sie hatten Angst. Da war Jinenji natürlich keine Ausnahme. Er weinte oft, weil er sich so sehr um seine Freunde sorgte. Miko Kagome war noch immer nicht zurückgekehrt und was schlimmer war, ihre ganze Familie und einige ihrer Freunde waren ebenfalls verschwunden. Hachi, dieser nichtsnutzige Dachs, war im entscheidenden Moment weggeschlichen und konnte daher keine Auskunft darüber geben, was geschehen war. Auch das Wolfsrudel, das ihrem Herrn gefolgt war, berichtete nur davon wie sie verdutzt durch das Gebüsch gebrochen waren und nichts als eine unberührte Lichtung vorgefunden hatten. Keine Anzeichen eines Kampfes, nur eine dreiäugige Kuh, die in weiter Entfernung graste. Die Hexe Yamauba, Jinenjis Mutter, wurde mittlerweile auch beunruhigt. Sie war defintiv die Falsche, um die Verantwortung für das Dorf zu übernehmen. Sie war kein Menschenfreund und konnte schlecht das Vertrauender Dorfbewohner gewinnen. Als gestern das Biest, Ahun, allein aus dem Wald zurückgekehrt war, war sie sich ziemlich sicher, dass, was auch immer die anderen bezwungen hatte, auch den mächtigen Schwager der ehrwürdigen Miko auf dem Gewissen hatte. Im Dorf versuchten sie zwar ihr Bestes mit Schutzwällen und einer Zivilistenmiliz, doch sie hatte wenig Hoffnung. Blieb nur noch verbissen die Zähne zusammenzuhalten und auf das Unheil auszuharren. Ayame als einziger freundlich gesinnter Dämon in der Umgebung wurde herbei gerufen, um sich mit dem Biest des Lords zu befassen. Die Wolfskönigin befand es ganz offenbar unter ihrer Würde als fürstlicher Stallbursche zu fungieren. Trotzdem versuchte sie das Vieh am Zügel zu krallen, doch Ahun hatte andere Pläne. Statt sich fangen zu lassen, ließ er die Wölfe wie Idioten ein Weilchen hinter sich her jagen bis sie aufgaben. “Sogar wenn er nicht da ist, kann ich den arroganten Schnösel nicht leiden. Es ist als würde er uns durch sein Gefolge in seiner Abwesenheit zur Schau stellen”, beschwerte sie sich prustend. Ahun gesellte sich unterdessen zu Jinenji, der immer noch an seinem Platz vor der Hütte saß. Das Biest legte sich neben ihrem Biest von einem Sohn in den Staub und schaute ebenfalls in dieselbe Richtung. Ayame wollte sich abwenden, doch da bemerkte sie wie zwei ihrer Kinder zu dem großen Tier gelaufen kamen und sich an seine Flanke legten. Es blieb friedfertig liegen. “Das glaub ich nicht!”, maulte die Königin und wollte sich gerade auf den Weg machen als ihr etwas auffiel. “Es ist...”, begann sie. Ihre Nase zuckte. Doch dann schüttelte sie den Kopf. “Nein. Das war es doch nicht.” Yamauba wusste welchen Geruch sie meinte. “Aber eins kann ich dir sagen, Hexe”, versicherte die Wölfin ihr. “Ich kann diesen Gestank nicht leiden.” Die Hexe nickte und die Wolfskönigin drehte sich um, stapfte frustriert von dannen. Wahrscheinlich würde sie etwas Dampf abblasen, indem sie den Menschen beim Palisadenbau zur Hand ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)