Christbaum mit Chaos geschmückt... von Gaomee (Ein Higurashi-Weihnachtsfest mit Besuch aus dem Mittelalter) ================================================================================ Prolog: Über Kindererziehung und den Komfort von Shampoo -------------------------------------------------------- Das Dorf hatte wieder ein sonniger Tag erreicht. Kagome wünschte sich wie an vielen Tagen einen Kalender herbei. Eines Tages, sagte sie sich, eines Tages zwing ich ihn dazu von zu Hause aus zu arbeiten. Sie war sich zwar noch nicht ganz sicher wie diese Arbeit aussehen würde … Vielleicht könnte er ihr im Kräutergarten helfen. Sie stellte sich ihren Gatten kurz mit Schaufel und Eimer an ihrer Seite vor und musste schmunzeln. Sie wischte sich die schwieligen Hände ab als die Kinder von der Schule heimkamen. Eigentlich unnötig, denn die kleinen Rabauken waren mindestens genauso vom Erdreich verschmutzt wie ihre Mutter. “Na, wie war die Schule heute?”, fragte sie als sie sich bückten, um ihr Heim zu betreten. Das war Sangos und ihr kleines Projekt gewesen: eine Schule für die Dorfkinder und auch einige der umliegenden Bauernhöfe und Orte. Kaede, Kagome, Sango und einer der nicht konservativen Bauern wechselten sich als Lehrpersonen ab. Es gab ein breites Spektrum an Fächern, das von Kampfsportarten, Dämonenvertreibung über Kräuterkunde, Landwirtschaft und Spriritualität reichte. Durch die Spezialisierungen der verschiedenen Lehrschwerpunkte wurde eine breite Wissensbasis vermittelt. “Ziemlich aufregend! Die Zwillinge sind mit Kohaku zurück und haben Sango heute zur Schule begleitet und uns gezeigt wie man sogar einen großen Dämon ausräuchern kann - Außerdem haben sie versprochen, dass sie den nächsten nur einfangen und mit nach Hause bringen, damit sie es an einem Lebendbeispiel demonstrieren können!” “Klingt aufregend!”, stimmte Kagome zu. Souta und Kikyou, ihre beiden Augäpfel, waren gerade in dem Alter, wo alles, was die Älteren machten, unglaublich faszinierend war. Sangos zwölfjährige Zwillinge, die seit dem Sommer zum ersten Mal mit ihrem Onkel regelmäßig auf Dämonenjagd gehen durften, waren im Augenblick die großen Idole. Sie waren vor einer Woche nach Hause zurückgekehrt, um Weihnachten zu feiern. Kagome hatte dieses westliche Fest eingeführt, weil sie das Bedürfnis hatte die ganze Familie und ihre Freunde wenigstens einmal im Jahr beisammen zu haben. Nach und nach würde auch der Rest der Sippschaft eintrudeln... Natürlich erzählten die zwei auch beim Suppeschlürfen vom Schultag, was den Effekt hatte, dass Kagome im Nachhinein Misostückchen von der Ratanmatte picken konnte. Nach dem Abendessen ging Kagome hoch zum Schrein, den sie hatten errichten lassen. Er war der toten Miko geweiht, die lange Zeit das Juwel der vier Seelen bewacht hatte, genau wie der Name ihrer Erstgeborenen. Alle waren allgemein erstaunt gewesen, dass ausgerechnet Kagome sich dafür ausgesprochen hatte. Sie wusste noch. als wäre es gestern gewesen, wie Inu Yasha sie ob Kikyous Geburt zweifelnd “Sicher?” gefragt hatte, aber Kagome war sich sicher gewesen. Die einsame Miko von damals tat ihr Leid. Sie hatte das, wonach sie sich am meisten gesehnt hatte, nie bekommen und doch ihr ganzes Leben lang hart geschuftet. Da konnte sie diese Person doch wenigstens auf diese Art und Weise ehren. Und natürlich, indem sie sich um das Grab der Toten kümmerte. Kagome ging ihren gewöhnlichen Mikoverantwortungen am Schrein nach, doch als die Sonne begann zu sinken, konnte sie sich einen sehnsüchtigen Blick gen Horizont nicht verkneifen. Sie hatten einen außergewöhnlich milden Winter. Die Erde war noch weich und sie brauchte keine Schulterbedeckung. Selbst die aufkommende Brise brachte keine nennenswerte Kälte mit sich. Kagome öffnete ihr Haar und ließ den Wind kurz damit spielen. Es war nicht mehr so schön seitdem sie kein modernes Shampoo mehr benutzen konnte, doch sie tat ihr bestes mit ihrer eigenen Kreation, einer Kräuteremulsion, und Inu Yasha schien den Unterschied nicht zu bemerken. Er spielte immer noch genauso gern damit wie vor zehn Jahren. Kapitel 1: Heimkehr ------------------- Kagome schlief bereits als sanfte Schritte die Schlafkammer betraten. Jeden anderen Einbrecher hätte sie sofort bemerkt, doch dieser wusste seine Schritte so zu setzen, dass er unter ihrem Radar lag. Inu Yasha glitt zu ihr unter die Decke und schlang die Arme um ihre zierliche Gestalt, gab ihr einen Kuss, platzierte ihn federleicht auf ihre Schläfe. Das allerdings weckte sie sofort. Verschlafen lächelte sie mit geschlossenen Lidern und wandte sich ihm automatisch zu. “Na, zurück?” “Allerdings”, flüsterte er und nahm sie in den Arm, als sie sich an ihn schmiegte. “Pünktlich?”, fragte er. Sie grinste, zuckte mit den Schultern und erwiederte: “Mehr oder weniger.” “Wie geht`s den Biestern?” “Ich wünschte, du würdest sie nicht immer so nennen, aber denen könnte es nicht besser gehen. Offenbar durften sie heute einen kleinen Dämon sezieren.” Sie konnte sein Grinsen an ihrer Stirn spüren. “Warum sollte ich sie nicht so nennen? Sie sind zu einem Viertel Dämon.” Kagome beendete ihren immerwährenden Disput mit einem Kuss und hievte ihren Körper auf seinen. “Hast du mich vermisst?”, wollte er zwischen Küssen wissen. Seine Fingerspitzen fuhren über ihre Haut unter dem Schlafkimono. Sie nickte geheimnisvoll lächelnd. “Die Kinder schlafen bei Sango, um ihren Idolen so nah wie möglich zu sein.” Das ließ sich Inu Yasha nicht zweimal sagen. Er schob den Kimono erwartungsvoll auseinander. Brav ließ sie es geschehen, genau wie seine Liebkosungen. Sachte drehte er sie um und glitt auf und in sie. Der Akt war beschaulich, liebevoll, sanft. Ihr standen ein paar Tränen in den Augen, doch das war die Regel. Er wusste, dass sie nicht von der Sorte waren, die er mit Trösten verschwinden lassen musste. “Ich liebe dich”, hauchte er ihr zu. “Ich weiß.” Im Dunkeln konnte er ihr Zwinkern erkennen. Dann liebten sie sich stürmischer. Kapitel 2: Familienpicknicks und andere Probleme ------------------------------------------------ Um Inu Yashas und Mirokus Rückkehr zu zelebrieren, war es wieder einmal Zeit für eins von Kagomes berüchtigten Picknicks. In der Regel mussten sie sich nicht im Winter dazu aufraffen, doch da es kaum kälter als im Herbst war, hatte Kagome sich trotzdem dafür entschieden. Da wurden er, die Kinder sowie Sangos Familie und auch der Rest ihres Clans in die Natur hinausgeschleppt und waren gezwungen Spaß zu haben. Sangos und Mirokus Brut spielte zusammen mit den Biestern und wurden von ihrem Onkel und Rin gehütet, während sich die Erwachsenen es auf einer ausgebreiteten Decke gemütlich machten. Kirara ließ es sich nicht entgehen ebenfalls beim Gemenge der Satansbraten dabei zu sein. Das Kindergelächter wurde von Vogelgezwitscher untermalen. Miroku und Sango stritten sich über irgendetwas Triviales und Inu Yasha hatte den Kopf auf den Schoß seiner Frau gebettet, während Kaede bereits zu mampfen begonnen hatte. Sie war der Ansicht, dass man sich im Alter so ziemlich alles erlauben konnte. “Nein, jetzt wird nicht angefasst!” Spielerisch schlug Sango ihrem Gatten auf die Finger und er tat so als wäre er totbeleidigt, stahl sich aber dann trotzdem einen Kuss. Kagomes Blick war Richtung Wald gerichtet und Inu Yasha fragte sich, ob sie an einen gewissen Brunnen dachte. “Vermisst du deine Familie?”, fragte er leise. Sie kehrte aus ihren Gedanken zu ihm zurück und runzelte die Stirn. “Ich hab meine Familie doch hier.” Mit dem Kinn deutete sie auf das Gerangel hinter ihnen, wo Kikyou und Souta Kohaku belagerten während Rin versuchte ihnen Blumenkränze aufzusetzen. “Du weißt was ich meine.” Das tat sie. Sie seufzte kurz und nickte. “Schon manchmal ein bisschen.” Um sie von ihren Gedanken abzulenken, beschwerte er sich lautstark über seinen knurrenden Magen, warf Kaede einen bösen Blick zu und rief die Kinder zum Essenfassen heran. Beim Schalenverteilen näherte sich eine ominöse Gestalt und ihr schweigsamer Schwiegerbruder näherte sich vom Waldrand her. Rin hatte ihn als erstes bemerkt und lief ihm bereits freudig entgegen. Ihre aufgeregte Belagerung schien ihn nie zu stören, doch Inu Yashas und Kagomes Kinder gaben immer Acht, dass sie ihm nicht auf die Nerven fielen. Sie spürten, dass er kein Kindermensch war. Überhaupt kein Mensch, um genau zu sein. Er setzte sich ein bisschen abseits der Runde und lehnte wie immer das Essen ab, doch er hörte geduldig zu während Rin erzählte, obgleich Jaken ihre Erzählungen immer wieder mit empörten Fragen unterbrach und Ahun schmatzende Geräusche vom Grasen von sich gab. “Du hast mit den anderen Menschenkindern im Dreck gespielt? Glaubst du, das gebührt sich für das Mündel eines so mächtigen-?” “Ach, Jaken, aber das macht doch Spaß!”, erwiderte sie und bewarf ihn mit einer Handvoll Gras. Mit ihren zarten einundzwanzig Jahren galt sie bereits als Frau, vergaß aber nie ihren Sinn für`s Spielerische. In der Schule nahm sie den älteren Lehrern oft die Pausenaufsicht ab und scheute sich auch nicht davor sich die Hände schmutzig zu machen, wenn es darum ging die Meute zu unterhalten. Seit sie neun war hatte sie im Dorf gelebt und sich von Anfang an für das Schulprojekt begeistert, denn schließlich hatte sie in jüngeren Jahren selbst davon profitiert. Aber mit fünfzehn hatte sie den Wunsch geäußert ihr Leben aufzuteilen. Zu jedermanns Erstaunen wollte sie die Hälfte ihrer Zeit im Dorf verbringen, die andere mit Sesshoumaru. Ursprünglich hatten sie alle gemeinsam, selbst Sesshoumaru, eingesehen, dass es besser wäre, wenn das Menschenmädchen unter Menschen aufwuchs, doch mit fünfzehn, dasselbe Alter, in dem Kagome zum ersten Mal ins Mittelalter gereist war, waren alle der Ansicht, dass sie alt genug war, um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Sesshoumaru nahm nicht auf der Decke, sondern im frischen Gras daneben Platz. Er und sein Halbbruder begrüßten sich mit einem kaum merkbaren Nicken. Kagome dachte oft, dass ihre Familie recht modern war. Eine richtige patch-work-Familie. Sie lächelte. Allerdings ließ Inu Yashas Frage sie nicht mehr in Ruhe. Sie dachte an den Brunnen. Plötzlich landete etwas auf ihrer Nase. Noch während sie einen Kreuzblick auflegte, um nachzusehen, worum es sich handelte, bemerkte sie den Temperaturwandel. Es wurde schlagartig um etliche Grad kälter. Die Kinder hörten auf zu spielen und kamen zu ihren Eltern gelaufen. Sie schrien etwas, aber in dem Stimmengewirr konnte man es nicht ausmachen bis Rin genau dasselbe sagte: “Oh, es schneit.” Sie beäugte ebenfalls eine Schneeflocke auf ihrer Nase. Noch im selben Herzschlag begann sie vor Kälte zu zittern und Sesshoumaru warf seinen Pelz über sie. Alarmiert schnüffelte er an der Luft. Sein Bruder tat es ihm nach und Kagome und die restlichen Erwachsenen tauschten beunruhigte Blicke. Die Kleinen wollten im Schnee spielen, bemerkten ganz offenbar nicht die Unruhe der Älteren, doch Rin, nicht auf den Kopf gefallen, machte sich daran die Rabauken einzusammeln und mit sich in den Pelz zu wickeln, während Miroku und Inu Yasha mit ihren Frauen auf Kiraras Rücken kurz auf Erkundungstour gingen. “Wir wollen auch auf Kiraras Rücken reiten!”, riefen Kikyou und Souta, aber die beiden Mädchen Sangos und Mirokus standen Rin bei und Kohaku begann mit Kaede bereits alles einzusammeln. Weil Kiara fort war, luden sie die Picknickkörbe zusammen mit den Kindern auf Ahun und machten sich schon einmal auf den Weg ins Dorf. Sesshoumaru folgte Rin wie ein dunkler Schatten und Jaken beschwerte sich den ganzen Weg lang, wie entwürdigend es war in einem Menschendorf Einzug zu halten. Inu Yasha und die anderen blieben eine ganze Weile fort und so kümmerte Rin sich um die Jüngeren. Als die zwei sich in Sango und Mirokus Kate zu einem Nickerchen hingelegt hatten, nachdem die Glut in der Feuerstelle angestochert wurde und angenehme Wärme in der Behausung verbreitete, wärmte Rin die Kate Kagomes ebenfalls auf, setzte Tee auf und zwang Sesshoumaru und Jaken sich endlich in das Haus der Dorfmiko zu setzen. “Wir können uns nicht in das Haus einer Miko setzen! Wir sind Yokai, Rin!”, klagte Jaken. Schweigend platzierte Sesshoumaru sich in eine Ecke. “Da habt ihr Glück. Sie ist zufällig mit einem verheiratet”, entkräftete Rin sein Argument. Die Zwillinge und ihr jüngerer Bruder, Mushin, kicherten. “Halb! Halbdämon ist er nur!” Rin winkte bedenkenlos ab, was den schmächlichen Dämon nur noch mehr in Rage versetzte. Die Zwillinge und Mushin lachten noch lauter. Dann bat Rin die drei nach Kaede und den Jüngeren in der angrenzenden Kate zu schauen. Die Dorfälteste hatte sich zu den Kleinen gelegt, um ihre müden Knochen zu schonen. “Achtet darauf, dass die Glut keine Funken schlägt sonst schulden wir euren Eltern ein neues Heim!”, rief sie ihnen noch nach, bevor sie sich umwandte und im Flüsterton “Und?” fragte. Es war an ihren stillen Vormund gerichtet. “Was immer es ist, es ist nicht gut.” Er musste die Gegend nicht erkunden. Er konnte anhand seiner Nase feststellen, ob etwas nicht im Lot war. Kohaku musterte ihn interessiert. “Ist es eine fremde Aura?”, fragte jener schließlich. Sesshoumaru wiegte den Kopf hin und her. Schließlich nickte er jedoch. Rin sah besorgt aus ob der uneindeutigen Antwort. Doch auch die anderen hatten nicht mehr Klarheit zu bieten, nachdem sie von ihrem Rundgang zurückkamen. In der Nacht schliefen alle sehr unruhig. Kapitel 3: Volles Haus ---------------------- Wenigstens hatte das unheimliche Vorkommnis einen positiven Effekt. Alle geladenen Weihnachtsgäste trudelten endlich ein, um sich mit der mächtigen Miko zu beratschlagen. Und möglicherweise einen über den Durst zu trinken... Toutousai und Myoga reisten zusammen mit Shippou auf der dreiäugigen Kuh, Mo-Mo, an, Kouga kam mit seiner bezaubernden Frau und dem Rest seines, leider weniger bezaubernden, Wolfclans. Mushin Senior war bei seiner Ankunft betrunken und in Begleitung des Dachsdämons Hachi. Als Kagome an dem Tag mit den Kindern aus der Schule kam - es war ihr Unterrichtstag als Lehrerin gewesen - traf sie also einen Haufen Gäste und einen sehr unglücklichen Vater ihrer Kinder an. “Er hat mich einen Schweinehund genannt! Schweinehund, Kagome!” Er zeigte empört, aber hilflos mit einer Klaue auf seinen einstigen Rivalen. Sie schickte die Kinder los, um mit den Neuankömmlingen zu spielen. Ironischerweise verstanden sie sich prima mit dem Wolfsclan und ihrem “Onkel” Kouga. Jener nahm sein Versprechen Kagome gegenüber sehr ernst und behauptete immer wieder er sei etwas wie Inu Yashas Schwiegervater, weil er geschworen hatte über Kagome zu wachen. “Er meinte sicherlich nur, dass du deinen inneren Schweinehund überwinden solltest”, beruhigte sie ihren Gatten und hatte Toutousai bereits ins Visier gefasst, der sich vor ihrer Kate mit Kaede unterhielt. “Nein, das hat er bestimmt nicht! Und wozu soll ich mich überhaupt überwinden?! - Aua!” Inu Yasha erschlug den armen Myoga beinah als er sich an den Hals packte, wo jener ihn mit einem Willkommensbiss begrüßte. “Vielleicht dazu mir ein schönes Hochzeitstagsgeschenk zu geben. Ayame hat mir beim letzten Besuch erzählt, dass sie eine schöne Ferienhöhle in den westlichen Bergen bekommen hat!”, machte sie schneidend bevor sie ihrem selbst ernannten Mittelalter-Ära-Vater und seiner ihm Angetrauten eine Umarmung gab. “Benimmt er sich auch?”, erkundigte Kouga sich. Er flüsterte die Frage während ihrer Umarmung in ihr Ohr. Wie immer nickte Kagome nachsichtig. “Wo sind eure Jungs?”, fragte sie Ayame, die nur die Schultern zucken konnte. “Ach, die passen schon auf einander auf!” Kagome lächelte, aber eine Spur peinlich berührt. Wölfe waren dann doch etwas anders als Hunde. Kleine aber feine Unterschiede. Kouga und Ayame hatten neun Kinder, von denen sie nie wussten, wo sie sich gerade aufhielten, aber man sicher sein konnte, dass sie irgendetwas ausheckten, auf den Kopf stellten oder ausbrüteten. Lange hatte sie nicht Zeit zu quatschen, denn da kam Shippou auch schon in ihre Arme geflogen. Mit seinen siebzehn Jahren konnte er nicht mehr auf ihrer Schulter sitzen und er badete schon lange nicht mehr mit ihr zusammen, doch er zeigte ihr seine Liebe immer noch genauso natürlich und selbstverständlich wie zur Zeit als er jung war. “Hallo, Kagome!” Er gab ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange und drückte sie sehr fest. Ihr Name aus seinem Mund hatte denselben Klang wie “Mama”. Sie und Inu Yasha hatten vor Ewigkeiten beschlossen Shippou zu adoptieren. “Lernst du auch fleißig? Ich wette du hast ganz viel schmutzige Kleidung nach Hause gebracht.” Er nickte entschuldigend, begann aber anschließend von all den neuen Techniken zu erzählen, die er jetzt beherrschte. Da kam sein Ziehvater an und verpasste ihm eine Kopfnuss: “Na, Jungchen, was macht die Lehre?” Im Augenblick reiste Shippou viel mit Toutousai, um sein Handwerk von ihm zu erlernen. “Aua! Aber sonst gut.” Kagome ließ die zwei allein, damit sie über Schwerter und andere männliche Themen philosophieren konnten und kümmerte sich lieber um die Schlafsituation von jedem. Als sie ihre Kate verließ, schickte sie gleichzeitig mehrere andere hinein, sah aus den Augenwinkel wie Sesshoumaru sich zurückzog, weil es ihm zu laut wurde, und bat die Wölfe sich außerhalb des Dorfes niederzulassen und nicht wieder über die Felder der Bauern zu laufen. Auch wenn es chaotisch war, mochten die Bewohner von Kagomes Dorf diese alljährliche Überflutung. Sie hatten sich daran gewöhnt und hielten fast so etwas wie einen kleinen Markt ab. Schließlich waren es nicht nur Mitglieder ihres Clans und die engsten Freunde, die anreisten. Seit ihrer Rückkehr vor zehn Jahren hatte Kagome etliche Projekte in Angriff genommen. Nur eins davon war die Schule. Zusammen mit ihren ehemaligen Gefährten hatte sie so etwas wie einen Thing einberufen: Einmal im Jahr kamen alle Bekannten zusammen, die ihnen einst im Kampf gegen das Böse beigestanden hatten und beratschlagten, tauschten Informationen aus, hielten sich gegenseitig über die Geschehnisse im Land auf dem Laufenden. Das bedeutete, dass noch mehr Gäste anreisen würden. Es war immer die chaotischste Zeit des Jahres und daher hielten sie es in der Regel im Winter ab. Zwar war dies die beschwerlichste Zeit zu reisen, doch dann war wenigstens nicht jeder mit Säen und Ernten beschäftigt und hatte Muße seine Ländereien zu verlassen. Nachdem die Wölfe aufgehört hatten das kleine Dorf zu durchfluten und sich in den Wald zurückgezogen hatten, war die ganze Situation bereits ein wenig übersichtlicher. Sie konnte sogar erkennen, dass die Bauern ihres Dorfes die letzten Strohziegeln auf einem temporären Gasthaus errichteten. Es wurde eigens für die Versammlung aufgestellt und konnte bis zu zehn Mann beherbergen. Kagome winkte den Bauern ihren Dank zu. Es zeugte von gutem Zusammenhalt, dass man ihr so zur Hand ging. Jedoch vermutete Kagome auch, dass ihren Mitmenschen bewusst war, dass diese Versammlungen den Frieden im Land aufrecht erhielten. Wenn ein neuer Dämon Mächte sammelte oder ein Feldherr brutal marodend durch die Länder zog, dauerte es nicht lange bis Kagomes Gefährten eine Eilbotschaft erreichte. Die letzten fünf oder sechs Jahre waren aber friedlich gewesen. Als sie sich hinüber zu Sangos und Mirokus Kate machte, um dort nach dem Rechten zu sehen, stolperte sie beinah über ihre eigenen Füße als ihre zwei Wirbelwinde angelaufen kamen und ihren Rocksaum als “Freio” beim Fangenspielen missbrauchten. “Vorsicht, Kinder. Passt auf wo ihr hinlauft!”, mahnte sie, jedoch ohne großen Erfolg. Denn die zwei liefen davon und stießen beinah die Zwillinge und Mushin Jr. um als sie Sakeamphoren für die Gäste heranschafften. Kagome seufzte. Und es wurde nicht besser als sie die geflochtene Matte beiseite strich, um in Sangos bescheidenes Heim einzutreten. Es war prunkvoller als Kagomes, weil Miroku etwas luxusliebend war und es einfach nicht lassen konnte kostbare Schriftrollen, Wandteppiche und Truhen anzuschleppen, auch wenn das Sango wenig zu beeindrucken schien. Doch im Augenblick konnte man nichts davon erkennen, denn das kleine Heim war überfüllt mit alten… Trunkenbolden. Sango nahm den Kindern dankbar den Sake ab und gab ihn an ihren Gatten weiter, der bereits leicht beschwipst seinen Alkoholvorrat mit Mushin Sr. teilte, dem alten Mönch, der ihn großgezogen hatte. “Bitteschön, Großvater!”, sagten die Kinder artig und der Mönch nickte ihnen seinen Dank zu. “Was für Prachtkerle ihr geworden seid!”, brüllte er und die Zwillinge kicherten, weil sie doch Mädchen waren. “Allerdings!”, stimmte Toutousai zu, der sich prächtig mit den anderen alten Wirrköpfen verstand. Es fehlte eigentlich nur noch … “Au!” Kagome flitschte Myoga zu Boden. “Tut mir Leid! Ich geh dann mal die anderen probieren! Ach, tut das gut mal wieder jeden zu schmecken! - Ist das Sake?” Der Floh ließ sich nicht lange aufhalten und sprang direkt in die nächste Amphore. Mushin jr. durfte sich bei Mushin Sr. auf den Schoß setzen. “Willst du auch mal probieren? Du bist doch alt genug!” Mushin jr. war ganz begeistert von der Idee und sein Vater bereits zu betrunken, um zu bemerken was da vor sich ging. “Oh nein!” Ob des bösen Blicks der Mutter schreckten beide Mushins zusammen. Enttäuscht gab der Jüngere die Amphore an sie weiter. “Sollte ich so etwas noch einmal von dir hören, hole ich Hieraikotsu!” Mushin jr. hatte erst selten seine Mutter in Aktion erlebt. Zumindest nicht wirklich. Schließlich durfte er nicht bei Kämpfen dabei sein und sonst sah er seine Mutter nur bei den Schaukämpfen in der Schule, wenn sie unterrichtete und konnte sich nicht völlig vorstellen wie schlimm es für sie alle werden würde, wenn sie loslegte. Doch von den beängstigten Blicken aller Umstehenden, wenn sie diese Drohung aussprach, konnte er eine nicht zu kleine Vermutung darüber anstellen wie gefährlich seine Mutter wirklich war. Ihre beiden Töchter hatten einen bewundernden Blick aufgelegt. Sie wollten auf jeden Fall in die Fußstapfen der berühmt berüchtigten Dämonenjägerin Sango treten. Kagome ließ sich an der Seite ihrer besten Freundin nieder und legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm. “Vielleicht nehmen wir die Kinder besser mit und lassen die Männer ihr Gelage feiern?”, schlug sie vor, aber Sango schien ungewillt. Just in dem Moment wurde noch mehr Chaos zu der Situation hinzugefügt als Kaede eintrat und die eingefangenen Kikyou und Souta ihrer Mutter übergab. “Sie waren drauf und dran den Wölfen in den Wald zu folgen oder die Leitern von den Bauern auf dem Dach des Gasthauses umzuschubsen. Keine der beiden Möglichkeiten hätte ein gutes Ende genommen.” Sie wurden auf den Schoß ihrer Mutter verfrachtet, doch da blieben sie nicht lange. Sobald sie etwas zwitschen fühlten, erschlugen sie ihren sogenannten Flohgroßvater und lauschten dann einer seiner haarsträubenden Geschichten. In der Zwischenzeit umgarnten Toutousai und Mushin Kaede. Das ging jedes Mal so. Naja, im Alter sollte man schließlich auch noch Spaß haben… “Ach, du bist die Liebe meines Lebens...”, nuschelte Miroku und kuschelte sich an Sango. “Wo ist eigentlich deiner?“, fragte sie Kagome seufzend und strich ihrem Gatten nachsichtig über den Schopf. “Unterhält sich mit seinem Ältesten über Schwerter. Wahrscheinlich versucht er mal wieder seinen Vater zu belehren. Seitdem er Unterricht in der Schmiedekunst nimmt versucht er Inu Yasha andauernd dazu zu überreden ihn Tetsuaiga ausbessern zu lassen und hat alle möglichen Ideen für Neuerungen...” “Ach herrje… Manchmal wünschte ich, ich könnte mich einfach zurückziehen wie dein Schwager.” “Sag das besser nicht so laut”, kicherte Kagome. “Oder wie...”, fuhr Sango unbeirrt fort und sah sich um wer noch fehlte: “Kohaku.” Sie lächelte kurz traurig. “Familienzusammenkünfte sind ihm immer noch unangenehm.” Sie und Kagome vermuteten, dass er Angst hatte seine Sippschaft zum zweiten Mal umzubringen. “Manche Ängste vergehen nun mal nicht so einfach”, tröstete sie Sango. Als sie hörte wie Mushin und Myoga ihre Geschichten kombinierten, um Sangos Sohn und ihren beiden Kleinen zu erzählen wie man Frauen dazu bekam einem Kinder zu gebären, stand sie auf und beendete das Geschichtenerzählen. “Schluss jetzt!”, entschied sie und brachte die Kinder in Sicherheit. “Ihr schlaft heute bei uns”, erklärte sie, schlang sich ihre beiden um die Schulter und Sango nahm Mushin jr. und die Zwillinge. Sie schmissen den streitenden Inu Yasha und Shippou hinaus und versuchten die Kinder zum Schlafen zu bringen trotz des ganzen Lärms, der nebenan veranstaltet wurde. “Aber wir dürfen schon auf die Dämonenjagd! Wir müssen jetzt noch nicht ins Bett!”, maulten die Zwillinge. Aber gegen ihre berühmt berüchtigte Mutter hatten sie keine Chance. Bald waren alle Rabauken übermannt von der Aufregung des Tages. Kagome hatte sich zu ihren Kleinen gelegt, doch Sango fand keinen Schlaf. Sie sah Kohakus Antlitz vor ihrem inneren Auge. Schließlich ließ es ihr keine Ruhe und sie stand auf und trat hinaus in die kühle Nachtluft. Für einen Augenblick ließ sie ihre Gedanken schweifen, doch dann zog etwas in der Ferne ihre Aufmerksamkeit auf sich. Es war ihr Bruder. Er ging auf den Waldrand zu, in dem Sesshoumaru früher verschwunden war. Seltsamerweise kamen die zwei recht gut miteinander klar, vielleicht aufgrund ihrer introvertierten Natur, doch sie konnte sich nicht vorstellen, weshalb der eine freiwillig die Gesellschaft des anderen aufsuchen sollte. Auch Kirara zu ihren Füßen stieß ein fragendes Mauzen aus. Abwesend beugte Sango sich, um ihrer treuen Gefährtin über den Rücken zu streichen, während sie das stetige Voranschreiten ihres Geschwisterchens beobachtete. Dann ergab plötzlich alles Sinn. Es war nicht Sesshoumaru, sondern Rin, die er sehen wollte. Sie trug etwas unterm Arm und trat gerade aus dem Gestrüpp. Sango konnte sie nur an dem farbenfrohen Kimono erkennen, den sie trug und mitgebracht hatte als sie und Sesshoumaru vor ein paar Tagen zurückgekehrt waren. Zugern hätte sie gewusst, was die zwei ausheckten, denn… “Schau mal, was wir dir bringen!” Inu Yashas lautes Organ durchbrach Sangos Konzentration und ihr Blick wurde gen rechts gewandt, wo er und Shippou auf sie zuhielten. Der Ältere trug ihren betrunkenen Mönch über der Schulter. “Ein Fliegengewicht, dein Gatte”, witzelte er und bückte sich samt Last durch den Eingang seiner Behausung. “Wie geht es drüben zu?”, erkundigte Sango sich im Flüsterton. “Mushin und Toutousai schwärmen Kaede von ihren Abenteuern vor, während Myoga es genießt, dass Betrunkene nicht genug Koordination haben, um ihn zu treffen. Hachi bestielt alle und Kouga ist auch auf ein Schälchen zurückgekehrt. - Weshalb ich mich entschlossen habe zu gehen”, fügte er unnötigerweise hinzu. “Tut er immer noch so als sei er dein Schwiegervater?”, wollte Sango wie jedes Jahr amüsiert wissen und unterdrückte ein Schmunzeln. “Ich hätte es nicht für möglich gehalten, doch als Schwiegervater ist er noch viel schlimmer als Konkurrent.” Shippou nickte zustimmend: “Es ist seltsam zu zu sehen wie Kouga Inu Yasha ‘Söhnchen’ nennt, wenn die beiden doch praktisch gleich alt sind.” Sango unterdrückte ein Lachen und schlüpfte zu Miroku unter die Decke, der selig seinen Rausch ausschlief. Shippou schlich sich hinaus, bevor irgendwem auffiel, dass er eigentlich auch noch zu jung war, um noch wach zu sein und Inu Yasha deckte seine Frau und seine Biester weiter zu und positionierte sich wachsam daneben, mit einer Hand auf Kagomes Stirn als müsse er sich im Schlaf vergewissern können, dass sie noch da war. Endlich fand Sango auch ihren wohlverdienten Schlaf. Kapitel 4: Kohaku und Rin ------------------------- Kohaku wusste, wo sie sich aufhalten würde. Er hatte sich am frühen Abend bereits in einem Vorratsschuppen versteckt, um dem ganzen Getümmel zu entkommen. Er würde seinem angeheirateten Großvater Muschin und den restlichen Gevattern morgen “hallo” sagen. Im Moment würden sie sich sowieso an keine Begenung mit ihm erinnern. Er schmunzelte nachsichtig. Auch, wenn er sich nie vorstellen konnte so zu werden wie sie, fand er die ältere Generation seiner Sippschaft doch recht amüsant. Das Lächeln gefror auf seinen Lippen als er den sanften Hügel erklommen hatte und sie kurz vor dem Waldrand erblickte. Sie trug einen irdenen Topf unter dem Arm und war in ihren neuen Kimono gekleidet. Der edle Stoff war hell mit einem zarten, sehr femininen Muster. Leider war das alles, was an ihr feminin war. Ihr Haar zerzaust, auf der Wange prangte ein Schmierfleck und in ihren Augen brannte ein gar wildes Feuer. So wie immer eigentlich. Er wollte sie gerade begrüßen als er das Blut an ihren Händen entdeckte. “Geht`s dir gut, Rin?” Lachend winkte sie ab: “Aber natürlich. Es ist nur so, dass Sesshoumaru seine Kost roh bevorzugt. Weil er … ein Dämon ist .. und so. Ein voller...” Sie wusste, dass einige Aspekte ihres Ziehvaters für die anderen unheimlich waren und so sprach sie lieber nicht allzu oft über die kleinen, aber feinen Unterschiede. Kohaku verzog kurz angewidert das Gesicht. “Hat`s ihm denn wenigstens geschmeckt?” Rin lächelte ob seiner Grimasse und machte sich auf den Weg zurück ins Dorf. “Ach, du kennst ihn doch. Hat sich erst geweigert unser Fleisch anzunehmen, aber dann habe ich etwas herumgeschwärmt wie viel Mühe ich mir beim Kaninchenjagen gegeben habe, mit den Fallen, dem Häuten et cetera und dann hat er sich schließlich einen Ruck gegeben.” Rin sagte es als sei es eins der natürlichste Dinge der Welt, doch Kohaku wartete immer noch auf die Erfahrung wie Sesshoumaru sich ‘einen Ruck’ gab. Er konnte es sich einfach nicht vorstellen. “Dein neuer Kimono steht dir sehr gut.” Diesmal zog Rin die Grimasse. “Ich trage ihn nur, um seine Gefühle nicht zu verletzen.” Sie deutete mit dem Daumen über die Schulter, Richtung Waldrand. Gefühle?, flimmerte es kurz in Kohakus Hirn auf, doch er konnte sich direkt wieder auf das konzentrieren, was er eigentlich sagen wollte. “Im Prinzip könnte es mir nicht weniger egal sein, in welchem Stofffimmel ich herumlaufe-” “Rin”, unterbrach Kohaku sanft. “Hm?” Sie hielt im Erzählen inne als er ihre Hand nahm und sie abseits führte. Willig ließ sie sich auch im Gras nieder. Erst fiel es ihr nicht auf, doch als er ihre Hand nicht losließ und sie nicht ansah, wurde ihr kurz mulmig. “Alles in Ordnung? Geht es dir nicht gut?”, fragte sie arglos. “Nein, mir geht es sehr gut”, erwiderte er hastig. Endlich sah er in ihr offenes Gesicht. “Etwas zu gut”, gestand er. “Wenn ich in deiner Gegenwart bin.” Rins Gesichtsausdruck drückte nichts als Verwirrung aus. Der Griff um ihre Hand wurde fester. “Rin-” Weiter kam er nicht, denn Shippous Stimme unterbrach ihn rüde: “Rin! Kohaku!”, rief er und kam zu ihnen den Hügel hinaufgelaufen. Genau wie Rin bemerkte er die sensible Stimmung nicht und platzte einfach in ihre Zweisamkeit hinein. “Ich muss nicht ins Bett. Wollen wir irgendwas unternehmen?!” Rin lachte laut auf, befreite ihre Hand und nahm den Topf wieder auf. “Erstmal muss ich das zurückbringen, aber danach können wir eine Partie Mühle spielen oder einen Nachtspaziergang machen, wenn du möchtest.” Shippous Augen leuchteten. “Au ja”, machte Kohaku mit gespieltem Enthusiasmus. Kapitel 5: Verschwunden ----------------------- Der Tag begann so stressig wie er geendet hatte. Kagome stand über einen riesigen Kessel gebeugt und kochte was ihre Gäste ihr mitgebracht hatten. Schließlich konnte sie nicht alle verköstigen; also steuerte jeder etwas bei. Sango hatte beide Ehemänner zum Schrubben versklavt, weil das Saufgelage ihr Heim in einem üblen Zustand hinterlassen hatte, während die Großeltern mit ihren respektiven Enkeln einen Spaziergang machten. Kaede war mitgegangen, um sicherzustellen, dass sich keine Konversationen ums Kindergebären ergaben. Am Nachmittag trafen weiterer Gäste des Things ein. Darunter waren Nobunaga und Prinzessin Tsuyu, deren Gemahl vor sieben Jahren an Tuberkulose verstorben war und die endlich, endlich Nobunaga vor zwei Jahren zu ihrem Gefährten ernannt hatte (nachdem er er sich mehr als zwölf Jahre nach ihr verzehrt hatte). Aber auch Akitoshi Hojo, der der Dorfmiko, wie immer, sehr aufmerksame Geschenke mitbrachte und mit seiner sehr lieben Frau, die sich seltsamerweise auf “Kagome” hatte umtaufen lassen, für noch mehr unangenehme Atmosphäre und peinlich berührte Stille sorgte als sogar Kouga es vollbrachte. Auf Jinenji und seine Mutter freute sie sich am meisten. Sie brachten auch Geschenke, hauptsächlich Kräuter und Wurzeln, mit und halfen Kagome sofort bei der Hausarbeit. Mit der ganzen Aufregung, war es kein Wunder, dass erst bei Abenddämmerung auffiel, dass etwas nicht stimmte. Es begann damit wie Sesshomaru sich von selbst ins Dorf begab. Als er auf der Suche nach Kagomes Behausung durch die Straßen schritt, machten alle Bewohner erfurchtsvoll einen Bogen um ihn und hielten den Blick gesenkt. Einige schlugen auch ein beschützendes Zeichen vor der Brust. Als er endlich gefunden hatte, wonach er suchte, trat er einfach ungebeten ein. Kagome lehnte gerade an Inu Yashas Brust und schlürfte mit Jinenji, seiner Mutter und dem anderen Paar der ehemaligen Gefährten einen Tee, den sie aus Kräutern aus dem Geschenk zubereitet hatten, als der Schwager plötzlich bei ihnen im Haus stand. Er musste sich leicht gebeugt halten, weil die Decke zu niedrig war. Teile seiner Rüstung schabten daran entlang als er sich zu ihnen gesellte und niederließ. “Wo ist Rin?”, fragte er völlig aus dem Kontext gerissen. Er klang ruhig und so klingelten bei Kagome noch keine Alarmglocken bis die Entourage ihres unverhofften Gastes ebenfalls zur Tür hereingestolpert kam. “Meister Sesshomaru! Ihr hattet Recht! Ich kann sie nirgends finden!!” Jaken purzelte bis zur Mitte der Kate und verbrannte sein Gewand beinah in der Feuerstelle. Während er sich herumwälzte, um das Feuer zu löschen, teilten die Erwachsenen besorgte Blicke. Bis auf Jinenji. Er schien Angst zu haben. “Wisst ihr was? Kohaku ist auch schon seit geraumer Zeit verschwunden”, bemerkte Miroku. “Shippou ebenfalls”, warf Inu Yasha dazu. “Kohaku und Rin waren gestern zusammen”, unterrichtet Sango. Sesshoumarus stahlharter Blick legte sich auf die Dämonenjägerin. “Sie kam gerade aus dem Wald und er ging ihr entgegen.” “Ob sie sich verlaufen haben?” “Als ob die zwei sich hier in der Gegend verlaufen würden!” “Aber Rin würde sich nie so lange vor Arbeit scheuen, wenn sie genau weiß wie viel wir hier zu tun haben.” “Sie würde es nie versäumen mit mir zu Mittag zu essen, wenn sie es versprochen hat.” “Und Kohaku würde nicht ohne Kirara zu einem Kampf aufbrechen!” Inu Yasha stand entschlossen auf und verließ den Raum, Miroku dicht auf den Fersen. Jener hatte nur noch schnell seine Frau geküsst und ihr versprochen, dass sie sich keine Sorgen um ihren Bruder machen müsse. “Ich werde die Wölfe um Hilfe bitten!”, rief Kagome aus. Ihre Stimme klang erschüttert. An Jinenji und seine Mutter gerichtet rief sie noch: “Rührt euch nicht vom Fleck und haltet die Kinder und Alten bei euch, sollten sie zurückkehren!” Sesshoumaru blieb noch einen Atemzug lang sitzen. Sein Antlitz war eine steinerne Maske. Dann stand er abrupt auf und war so schnell verschwunden wie er aufgetaucht war Kapitel 6: Nächtliches Abenteuer -------------------------------- Shippou fand den Nachtspaziergang aufregender als das Mühlespiel und so kam es, dass sie um Mitternacht an den Feldern vorbeistreiften. Als ein Spaziergang bei Nacht sich allerdings nicht viel von einem bei Tag zu unterscheiden schien, war Kohaku nicht mehr allein mit seiner Enttäuschung: “Es passiert ja gar nichts Gruseliges”, murmelte der jugendliche Fuchsdämon. “Wir leben ja auch in einer Zeit des Friedens”, freute sich Rin und stapfte munter weiter. “Ja, aber das ist so öde!”, beschwerte Shippou sich. “Als ich noch ein Junge war, war eigentlich immer etwas los!” Rin lächelte melancholisch: “Ja, ich weiß. Ich bin schließlich zwei Mal gestorben.” Dann bedachte sie ihn mit einem strengen Blick, der ihn daran erinnern sollte für das bisschen Frieden, das sie hatten, dankbar zu sein. “Entschuldige, Rin.” Er war ehrlich zerknirscht. Dass das Mädchen einiges hatte durchmachen müssen, sogar noch mehr als er, war ihm glatt entgangen. Plötzlich wandte sie sich um. “Möchtest du zu einem wahrhaft gruseligen Ort gehen?”, fragte sie ihn mit einem verheißenden Lächeln auf den Lippen. Shippou nickte wie verzaubert. Da nahm sie ihn bei der Hand und zog ihn wieder Richtung Wald. Sogar Kohaku konnte einen leichten Anflug von Interesse nicht niederkämpfen und schritt aus, um mit den beiden mitzuhalten. Achtlos ihres feinen Gewandes bahnte Rin sich einen Weg durchs Unterholz, Shippou allgegenwärtig an ihrer linken Hand. “Bald sind wir da”, versprach sie ihm über die Schulter. Kohaku versuchte sich an dem Dämon vorbeizuschieben, um Rin zur Hand zu gehen, aber irgendwie gelang es ihm nicht, weil Shippou immer irgendwie im Weg war. So kam es, dass Rin sich allein durch den Wald kämpfte bis sie zu einer Lichtung gelangten. Mit zerschundener Hand machte sie eine letzte Anstrengung und fiel dann mit Zweigen im Haar und zerissenem Kimono aus dem Wald. Shippou stolperte natürlich an ihrer Hand hinterher und fiel beinah über sie. Geschickt trat Kohaku in den Vorgrund und sah, woran Rin gedacht hatte. Es war der Brunnen. Miko Kagomes Brunnen, wurde er jetzt genannt, aber ursprünglich war es der Knochenfressende Brunnen gewesen. Kohaku musste zugeben, dass das schon ein sehr unheimlicher Name war. Mit etwas Verspätung wandte er sich zu Rin um, um anzubieten ihr auf die Füße zu helfen, doch sie war ihm bereits einen Schritt voraus und zog Shippou zum Brunnen mit sich. “An den kann ich mich noch gut erinnern!”, rief Shippou aus. “Aber so unheimlich finde ich ihn nicht.” Er lehnte sich an das alte Holz, aus dem hier und da ein Pflänzchen wuchs. “Größtenteils sind es positive Erlebnisse, die ich hiermit verbinde”, gestand er und dachte daran wie sehr er sich immer gefreut hatte, wenn Kagome zu ihm durch den Brunnen zurückgekehrt war. Und wie verzweifelt, wenn sie nicht kam. Denn eigentlich war sie immer für Inu yasha gekommen. Und daher auch immer wegen ihm gegangen. Sein Gesicht nahm einen traurigen Ausdruck an als er an all die Wut dachte, die er immer für seinen Ziehvater übrig gehabt hatte, wenn er Kagome gezwungen hatte ihm den Rücken zu kehren. Da war er doch heilfroh, dass nicht mehr alles so wie früher war. “Hey, sei nicht traurig. Der Brunnen kann dir deine Mutter nie wieder nehmen.” Rin zwinkerte ihm aufmunternd zu. Dann glitt sie zu Boden, lehnte sie sich an den Brunnen und schien auf Kohaku zu warten. Jener kam gemächlich näher und integrierte sich in den Sitzkreis. Dann begann sie zu erzählen. Die Geschichte von Lady Tausendfuß. Es war die Geschichte wie Kagome zum ersten Mal in ihre Welt gekommen war. “Die tapfere Kagome verlor nicht den Kopf, obwohl sie da noch keinerlei Kampferfahrung hatte”, erklärte Rin mit erhobenem Finger. “Stattdessen rannte sie direkt auf den schlafenden Jungen am Baum zu. Es war beinah so...” Ihre Stimme senkte sich. Rin war eine ausgezeichnete Geschichtenerzählerin. “...als würde sie etwas zu diesem Mann ziehen. Obwohl sie ihn noch nie vorher gesehen hatte, war er ihr auf unverkennbare und doch unverständliche Weise vertraut. Sie hatte kaum Bedenken, dass sie das Richtige tat als sie ihm entgegen lief.” Sie tat so als würde sie von einem Sprint hecheln und ergriff Kohakus Hemdärmel. “Sie kletterte an den Baumwurzeln hinauf und bekam etwas Stoff seines Kaftans zu fassen. Daran zog sie sich das letzte Stück zu ihm hinauf bis sie sein Gesicht sehen konnte.” Kongruent zu ihrer Geschichte schien sie sich an Kohakus Ärmel hinaufzuarbeiten. Ihre lebendige Requisite errötete, obwohl Rin die ganze Zeit Shippou ansah, um diesen mit ihrem Blick im Bann der Geschichte zu halten. Doch dann, plötzlich, als es darum ging wie Kagome es endlich Angesicht zu Angesicht mit Inu Yasha geschafft hatte, schwang ihr Kopf um und sie war nur eine Nasenspitze von Kohaku entfernt. Shippou machte große Augen: “Und was dann?!”, forderte er sie auf fortzufahren. “Dann sah sie etwas in seinen Augen. Etwas wie… Liebe”, hauchte Rin, während sie ihren Blick noch immer auf Kohaku fixiert hielt. “Aber es war so schnell verschwunden, dass sie augenblicklich vergaß, was sie gesehen hatte. Stattdessen schlug ihr Inu Yashas geballter Hass entgegen als er erwachte: So tief und brutal wie die Wunde, die Kikyou in seinem Herzen hinterlassen hatte.” Kohaku errötete bis in die Haarwurzeln, konnte den Blick aber nicht von der Geschichtenerzählerin nehmen. “Und...Und dann?”, stammelte er diesmal. “Riss sie ihm den Pfeil aus der Brust!” Dramatisch ergriff Rin ihn an der Brust und tat so als müsse sie mühevoll etwas aus seinem Herzen ziehen. Als sie so tat als habe sie es geschafft, ließ sie sich nach hinten fallen. Als nächstes ließ sie ihre Finger wie Krabbelfüße über den Brunnenrand kriechen und auf Shippou zu, den sie damit kurz kitzelte. Selbst als Jugendlicher fand er das noch amüsant. “Doch Lady Tausendfuß hatte es ja auch aus dem Brunnen geschafft und kroch auf Kagome zu, angezogen vom Juwel im Körper der wiedergeborenen Miko. Sie biss-!” Rin tat so als beiße ihre krabbelnde Hand sie in die Taille. “...tief in Lady Kagomes Fleisch, riss einen Brocken mit sich heraus und beförderte somit das Juwel an den Tag!” Sie imitierte die diversen fliegenden Dinge mit ihren Händen. Die beiden Zuhörer saßen noch immer unbewegt und lauschten fasziniert. Dass sie beobachtet wurden war keinem bewusst. Als die Geschichte geendet hatte, hätte Shippou am liebsten noch eine gehört, aber weil Kohaku auch nicht nach einer fragte, wollte er es nicht tun. Er hatte den Verdacht, dass es kindisch sein könnte und er war gerade in dem Alter, wo er es vermeiden wollte auf irgendeine Weise kindisch zu wirken. “Du erzählst sehr gut”, lobte Kohaku mit seiner angenehmen, unaufdringlichen Stimme. “Ich weiß”, konterte Rin mit einem Schmunzeln. “Das find ich auch!”, beeilte Shippou sich dem Kompliment zuzustimmen. “Vielen lieben Dank!”, sagte die Frau an den Dämon gewandt und fuhr ihm über den fuchsroten Schopf. “Aber glaubt ihr nicht, dass es langsam Zeit für`s Bett ist? Morgen gibt es bestimmt noch mehr zu tun als heute und ich habe Sesshomaru versprochen Mittag-” Die Rede der jungen Frau wurde schlagartig abgebrochen als etwas geschah. Es ging so schnell, dass niemand wirklich begriff, dass jemand Rin in den Brunnen geschubst hatte. Die Gestalt, die sich im hohen Gras angeschlichen hatte, wurde von kaum einem beachtet, denn Shippou und Kohaku griffen sofort nach Rins Hand, um sie vom Fall zu bewahren. Allerdings geschah noch etwas. Fast so etwas wie ein Sog, der von der Pechschwärze des Brunnenlochs ausging, ergriff sie. Shippou war der erste, der Rin folgte. Aber Kohaku war auch nicht viel Zeit in dieser Welt vergönnt. Das letzte was er sah, bevor auch er im Brunnen verschwand, war die Silhouette einer hochgewachsenen Gestalt, die sich vom sternenübersähten Nachthimmel absetzte. Nur an dem Aufblitzen der Fangzähne erahnte Kohaku, dass sie hoffnungsvoll lächelte. Dann umgab eine eigentümlich dicke Schwärze ihn, legte sich wie ein Nebel auf ihn. “Rin!?”, rief er in die Schwärze hinein. Es war so dunkel, dass er die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Er rief noch ein paar Mal, lauter. Bis ihm die Kehle schmerzte, doch die Schwärze schien seine Stimme zu verschlucken. Er bekam Atemnot, zappelte wie wild mit den Extremitäten herum. In der Zwischenzeit hatte Shippou nie Rins Hand losgelassen und klammerte sich nun wie an einem Rettungsseil in der Dunkelheit fest. Er hatte sich immer gefragt wie es wohl sein würde Kagome in ihre Welt zu begleiten, doch das hier hatte er nicht vorhersehen können. Auch er rief nach seiner Gefährtin. Endlich bekam er eine Antwort als sie sich zu ihm zog und die Arme um ihn schlang. “Keine Angst”, wisperte sie, obwohl sie doch sicherlich selber Angst haben musste. Das Seltsame war, sie hatten noch nicht einmal mehr das Gefühl zu fallen, sondern lediglich als würden sie schweben. Da bekam Shippou einen Tritt in die Wade. “He!”, rief er, aber es wurde wie alles von der Stille verschluckt. Wieder ein Tritt. Diesmal bekam er etwas mit seinen Klauen zu fassen und stellte fest, dass es Kohakus Bein war. Es strampelte panisch. Während er mit Mühe daran festhielt, sah er ratlos zu Rin, die sich mit seiner Hilfe an dem Bein empor hangelte bis Kohaku ihre Antworten zu seinen Hilfeschreien vernehmen konnte. Sie packte sein Gesicht mit den Händen und schrie ihm “Es ist gut!” ins Ohr, doch es dauerte einen Herzschlag bis es zu ihm durchgedrungen war. Jetzt, wo er endlich nicht mehr allein und körperlos in der Schwärze schwebte, verebbte seine Panik genauso plötzlich wie sie gekommen war und er war wieder sein ruhiges Selbst. Während sie in einer Umarmung zu dritt durch die Schwärze schwebten, fühlten sie sich plötzlich wieder unwohl. Aber sie fühlten wieder etwas! Sie fühlten ... als würden sie wieder fallen. Denn das taten sie auch. Hart kamen sie auf dem erdigen Untergrund auf. Sie konnten den Boden unter den Händen fühlen. Shippou freute sich, während Kohaku versuchte die Seitenwände des Brunnens zu untersuchen. Hier gab es keine Schlingpflanzen oder Wurzeln, aber, wenn er sich reckte und ein Stück Sprang, konnte er Steine mit tiefen Fugen ausmachen. “Rin, stell dich auf meine Schultern, hier kannst du hoch klettern!”, rief er. Es tat gut wieder eine Stimme zu haben. Das ließ sie sich nicht zwei Mal sagen und stellte den Fuß auf seine ineinander verschränkten Hände. Shippou stärkte ihren Rückhalt, während sie sich auf Kohakus Schultern schwang. Etwas unsicher zuerst richtete sie sich zu ihrer vollen Größe auf, doch es wurde besser als ihre Finger Halt in den Fugen fanden. “Etwas höher”, wies sie an. Kohaku packte ihre Fußgelenke, rief “Vorsicht!” und hob sie kraftvoll von seinen Schultern hoch und noch weiter an. Endlich fanden auch ihre Füße Halt und sie kletterte weiter bis sie mit dem Kopf gegen ein Holzbrett knallte. “Bist du in Ordnung?” Rin widerstand dem Impuls sich am Kopf zu reiben, und hielt sich lieber fest. “Hier geht’s nicht weiter!” “Gibt es einen Verschlussmechanismus?” Das war Kohakus hilfreiche Stimme von unten. Rin tastete vorsichtig die Versperrung über ihr ab. Aber da war nichts. Sie festigte ihren Halt mit einer Hand und begann mit dem Ellbogen dagegen zu stoßen. Staub rieselte auf sie hinab und sie unterdrückte nur mit Mühe einen Hustenanfall, klopfte immer härter dagegen bis sie spürte wie sich das Brett in seiner Fassung lockerte. Mit einem letzten Ausholen, schaffte sie es endlich. Ein fahler Lichtschein schaffte es zu ihnen hindurch als das Brett endlich einen Spaltbreit nachgab. Das tat Rins Halt allerdings auch. Im gräulich schimmerndem Licht konnten Kohaku und Shippou erschrocken mitverfolgen wie sie nach hinten wegkippte. Automatisch streckten beide die Arme nach ihr aus, kamen sich dabei aber in die Quere und konnten somit nur ihren Torso abfangen. Ihre Beine schlugen hart auf dem Boden auf. Sie hörten ihren erstickten Schrei. “Oh nein!”, entfloh es Shippou, der nicht wusste was zu tun war. Kohaku machte sich sofort daran ihren Kimono am Saum zu packen und in die Höhe zu reißen. “Ehh .. Was machst du da?”, fragte Shippou schockiert. Aber Kohaku untersuchte nur das blutige Bein. “Ich glaube nicht, dass es gebrochen ist. Kannst du aufstehen?” Rin schlug seine Hand von ihrer blanken Haut, was Kohaku sehr peinlich war, und versuchte es, knickte aber ein. “Ahh!”, machte sie und fasste sich an die Leiste. “Dann hat sie sich bestimmt etwas gezerrt”, mutmaßte der junge Dämonenjäger. “Hier!”, bot er ihr seinen Rücken an. “Halt dich gut fest.” Rin wollte der Aufforderung schon nachkommen als Shippou sich zwischen die beiden drängte. “Ich bin der Dämon. Ich habe übermenschliche Kräfte; deshalb sollte ich sie tragen!” Kohaku sah ernsthaft verdattert aus. Rin blickte vom tollpatschigen Shippou zum erfahrenen Dämonenjäger und ihre Entscheidung war schnell getroffen und ihre Arme um Kohakus Oberkörper geschlungen. Elegant nahm er sie Huckepack als sie von Licht geblendet wurden. Dann hörten sie eine sanfte, fremde und doch irgendwie vertraute Stimme fragen “Seid ihr Freunde von Kagome?” Die drei sahen gen Licht nach oben und erahnten die Silhouette einer Frau mit kurzem Haar. Als sich ihre Augen daran gewöhnt hatten, erkannten sie, dass es sich um ein sehr freundliches Gesicht handelte. Es hatte dieselben Eigenschaften wie die Stimme. Fremd und doch vertraut. “Ja, das sind wir. Könnt ihr uns heraushelfen?” Rin war die erste, die ihre Stimme wiederfand. “Wartet. Ich lass euch die Leiter herab!” Es dauerte nicht lange und sie hatten es nach oben geschafft. Offenbar befanden sie sich in einem kleinen Schrein. Draußen schien der Mond recht hell. Die Frau trug eine sehr seltsame Laterne aus der ein sehr heller Lichtstrahl die Dunkelheit zerschnitt. “Ich habe jemanden schreien gehört und bin sofort hierher gelaufen”, erklärte ihnen die Dame. Das konnte man ihr ansehen, denn sie trug nur ein bodenlanges Nachthemd. Mit einem entschuldigenden Lächeln stellte sie sich vor: “Ich bin Frau Higurashi. Willkommen in unserer Welt.” Die Kinnladen aller Neuankömmlinge fielen zu Boden als ihnen aufging, dass Kagomes Mutter vor ihnen stehen musste. Sie verbeugten sich artig, sogar Kohaku, der noch immer Rin auf dem Rücken trug. “Ist eure Freundin verletzt?” Sie waren so sprachlos, dass sie nur nicken konnten. Wie Traumwandler folgten sie Kagomes Mutter in ihre seltsame Welt: Es gab Schiebetüren wie in einem Palast, seltsames Mobiliar und Licht ohne Feuerstelle! Die Wände schienen aus Papier statt Holz und es gab einen hauseigenen Brunnen aus dem man Wasser mittels eines Hahns schöpfen konnte. Es war kinderleicht. Man musste nur aufdrehen oder zudrehen. Sie alle hatten gewusst oder zumindest vermutet, dass Kagome eine richtige Dame war, doch dies überstieg ihre Vorstellungskraft. Es machte sie noch stolzer auf ihr Familienmitglied und Dorfmiko und noch unverständnisvoller für die Tatsache, dass sie ausgerechnet Inu Yasha geheiratet hatte. Mit derselben Hingabe wie ihre Miko kümmerte sich Lady Higurashi um Rins Blessuren, machte ihr einen Kräutersud für ihre Leiste und ließ sie auf der elaborantesten Schlafmatte, die sie je gesehen hatte übernachten. Das Gestell nannte sich ‘Sofa’. Für die Restlichen breitete sie luftgefüllte Schlafmatten auf dem Boden aus und zauberte das Licht fort. “Ruht euch erst mal aus. Morgen sehen wir weiter”, versprach die Lady zum Abschied. Nachdem man Shippous sanftes Schnarchen vernehmen konnte, richtete Kohaku sich auf den Ellbogen in seiner Schlafstätte auf. “Rin?” “Hm?” “Warum hattest du keine Angst?” Sie war schon am Schlummern gewesen und riss sich mit Mühe aus ihren Träumen. “Wann?” “Im Brunnen. In der Dunkelheit. Wo man seine eigene Stimme nicht hörte. Nie etwas sagen konnte...” Es schauderte ihm jetzt noch davor. Es war noch schlimmer gewesen als zu den Zeiten, in denen er in der Dunkelheit getappt war und Naraku seinen Körper kontrolliert hatte. “Früher war ich stumm. Ich habe nie gesprochen.” Nach einem Herzschlag fuhr sie fort: “Ich musste erst sterben, bevor ich die Stimme wiederfand.” Sie tätschelte ihm im Dunkeln von Kagomes Palast beruhigend die Schulter. “Vor Dunkelheiten fürchte ich mich schon lange nicht mehr.” Kohaku fragte sich, was der Plural zu bedeuten hatte, doch es war bereits spät und der Tag sowie die Nacht sehr ermüdend gewesen. Er konnte noch immer nicht fassen, wo sie gelandet waren. Er dachte an die Silhouette zurück. Es war tatsächlich wie in einem Traum. Kapitel 7: Sehnsucht -------------------- Indessen stand das Dorf im Mittelalter Kopf. Im heillosen Chaos versuchte Kagome Ordnung zu schaffen. Jeder hatte Angst. Es war kurz nach dem Bemerken vom Verschwinden der Jüngeren passiert. Eine sehr starke dämonische Aura hatte sich wie eine kalte Hand um ihre Kehle geschlossen. Es war Kagome auf dem Weg zum Wolfsrudel aufgefallen: Als hätte jemand seine dämonische Aura hinter einer Maske versteckt und sie dann abgenommen, traf sie die Intensität der unreinen Seele. Sie sank zu Boden und rang nach Luft. Zum Glück war Kouga nicht weit und kam ihr zu HIlfe. Ayame blieb verstört einige Meter entfernt stehen. “Was hast du, Miko Kagome?”, rief sie erschrocken. Kouga half ihr auf die Füße und sie erklärte ihm die Situation. Seitdem hatte sie keine ruhige Minute mehr gehabt. Die Wölfe waren auf der Suche nach den Vermissten ausgeschwärmt, während sie Miroku und Inu Yasha von der neuen Entwicklung erzählt hatte. Die beiden versuchten per Geruch den neuen Gegner ausfindig zu machen. Sesshoumaru war, wie sonst auch, spurlos verschwunden und Sango war mit Kirara, Hachi und Mo-Mo ausgezogen um die Kinder und Senioren einzusammeln. Indessen versuchte Kagome die Dorfbewohner zu beruhigen. Die Unruhe und der besorgte, doch verbissene Gesichtsausdruck ihrer Miko jagte ihnen eine Höllenangst ein. “Ihr müsst in euren Hütten bleiben. Ich spüre die Aura nirgendwo in der Nähe des Dorfes. Sie ist-” Verwirrt begannen ihre Zuhörer zu tuscheln als sie nicht weitersprach. Sie konnte die Aura jetzt ganz deutlich spüren. Sie schnappte sich ihren Bogen, schwang sich den Köcher um, lief von dannen. “Wartet auf Sangos Rückkehr!”, wies sie die Bauern an. Ihr letzter Blick galt Jinenji und seiner Mutter: “Ich lasse das Dorf in ihrer Obhut!”, war das letzte, was die Miko Kagome ihnen zurief, bevor sie im schnell aufkommenden Nebel verschwand. Er entstand vom Fluss, weil die Temperatur wieder so rasend schnell wechselte. “Na toll”, grummelte die alte Hexe als sie sich mit einem Haufen verängstigter Dorfbewohner konfrontiert sah. “Ich bin wahrscheinlich die Falsche hierfür...”, murmelte sie noch und ergab sich dann in ihr Schicksal. Mit ein paar scharfen Befehlen orderte sie alle zurück in ihre Häuser. Dann scheuchte sie die verbliebenen Gäste des Things auf, sich um das Dorf zu postieren, während die Wehrlosen bei ihrem Sohn in Sangos Hütte verblieben. *** Kagome war in letzter Zeit nicht mehr so schnell gelaufen. Trotzdem schaffte sie es nicht mehr rechtzeitig. Als sie die Lichtung erreichte, war die Dämonenaura nur noch schwach zu spüren. Erbost trat sie gegen die nächstbeste Wurzel. “Verdammt!” Wachsam sah sie sich um. Wohin hätte der Opponent entkommen können oder war es vielleicht ein Trick? Der Brunnen fiel ihr ins Visier. Es war definitiv auf dieser Lichtung gewesen, dass sie die Aura wahrgenommen hatte. Sie war schon eine Weile nicht mehr hier gewesen. Alle möglichen Gefühle brodelten in ihr auf als sie sich auf dem Weg zum Brunnen befand, der früher ihr Portal zur Heimat dargestellt hatte. Bevor sie sich ein Zuhause mit Inu Yasha in dieser Welt geschaffen hatte. Sie sah in ihn hinunter, nur Erdreich, kein einziger Knochen war mehr zu sehen. Dann setzte sie sich ins Gras und lehnte sich an das alte Holz. Mit geschlossenen Augen versuchte sie sich auf eine Dämonenaura zu konzentrieren. Etwas weiter entfernt erahnte sie die ihr wohlvertraute Aura ihres Gatten. Dann in entgegengesetzter Richtung war ganz schwach Kiara. Ein paar andere Punkte setzten sich auf der imaginären Landkarte zusammen. Ihre Spritualität war mittlerweile so weit ausgebildet, dass sie sehr akkurat beim Aufspüren von Dämonen sein konnte. Aber sie musste sich konzentrieren. So eine komplexe Suchart erforderte viel Energie. Aber diesmal gelang es ihr nicht so gut. Ihre Gedanken schweiften immer wieder ab. Zu vollkommen trivialen Dingen auch noch. Zu einer jugendlicheren Zeit, einem alten Selbst. Ein quirliges Mädchen mit hoher Stimme, großen naiven Augen und einer Tendenz andauernd zu erröten und einer Vorliebe für Streitereien. Diese Gedanken wurden beinah übermächtig, obwohl Kagome überhaupt gar kein Verlangen hatte daran zu denken. Sie zwang sich ihre Gedanken auf die drei Vermissten zu lenken. Sie versuchte Shippous Aura zu erspüren. Aber plötzlich war sie wieder das Mädchen von damals, nicht die erfahrene Miko von heute. Und sie sehnte sich nach den Menschen, die sie damals gekannt hatte. Der sanften Stimme ihrer Mutter, ihrem Lächeln, den gutmütigen Augen. Ihrem kleinen Bruder, seinen Problemchen, seiner hilflosen, aufmunternden Art und ihrem kuriosen Großvater. Ob er wohl noch lebte? Ob ihr Kater noch lebte? Ein Sehnsuchtsgefühl überkam sie. Plötzlich und stark. Etwas in ihr regte sich. Erst langsam, dann stärker. Es ging auf die Erde über, allmählich begann ihre Welt um sie herum sich zu verändern. Kapitel 8: Pulsieren -------------------- Ein Pulsieren rann über die Erde. Überall. Jeder konnte es spüren. Und jeder verstand das Warnsignal, welches es abgab. Miroku und Inu Yasha tauschten einen besorgten Blick. “Was war das?”, fragte er den Mönch erregt. Jener war ratlos. Noch bevor ihm eine Antwortmöglichkeit eingefallen war, fiel Inu Yasha etwas viel Schwerwiegenderes auf und wandte sich bereits um, noch bevor Miroku fragte wohin er wollte. “Ich kann Kagomes Geruch nicht mehr erfassen. Er wird schwächer. So...” Er wollte es kaum aussprechen. “So?”, wollte Miroku alarmiert wissen. “So als hätte sie unsere Welt … verlassen.” Der Mönch schluckte und konnte sich nur schlecht vorstellen welch Schauer Inu Yashas Rücken hinabrann. Schließlich hatte seine Frau das nicht mehr seit zehn Jahren getan. *** Auch Sango bemerkte das Pulsieren. Hachi klammerte sich eng an sie und die dreiäugige Kuh zog rastlos an ihrer Leine. Offenbar war ihr das nicht ganz geheuer. “Was ist da los?”, fragte sie atemlos und befreite sich mürrisch aus Hachis Umklammerung. Doch da sah sie die Kinder vor sich. Ihre Zwillinge trugen je eines der Dämonensprösslinge auf den Schultern, während Mushin jr. Kaede beim Gehen half. Die Herren stritten sich offenbar um irgendetwas. Mit Hieraikotsu auf dem Rücken geschnallt, sprang sie in ihrem schwarzen Kampfanzug elegant zu Boden, sobald Kirara nahe genug am Boden war. “Allemann aufsteigen!”, orderte sie mit ihrer befehlsgewohnten Stimme an und gab Hachi einen Stubs, damit er sich aufblies und auch als Transportmittel verwendet werden konnte. “Mama, was passiert da?”, erkundigte sich eine der Zwillinge. “Das finden wir jetzt heraus”, war ihr Antwort. Sie verpasste Toutousai und Mushin Sr. eins auf den Hinterkopf als sie Kaede davon abhielten mit den Zwillingen auf Hachi zu klettern, weil der eine wollte, dass sie mit ihm auf der Kuh ritt und der andere das verhindern wollte. Sie verbannte die Streithähne beide auf die Kuh und schwang sich vor ihrem Sohn auf Kiraras Rücken. Ihr war bewusst, dass es möglicherweise gefährlich war die Kinder mitzunehmen, doch sie hatte das ungute Gefühl, dass sie unbedingt nach dem Rechten sehen musste. Sofort. Kapitel 9: Suchaktion --------------------- Auf der Lichtung angekommen, schnupperte Inu Yasha wie verrückt herum. Bis er mit der Nase an den Brunnen stieß. “Hier endet ihr Geruch definitiv.” Es klang desolat. “Sie ist in ihre Welt zurückgekehrt...” Miroku sorgte sich um seinen besten Freund. Diesen verzweifelten, verlorenen Unterton hatte er nicht mehr in Inu Yashas Stimme gehört seitdem Kagome das letzte Mal in diesem Brunnen verschwunden war. “Ich bin sicher es gibt eine logische Erklärung”, beruhigte Miroku ihn und suchte die Umgebung um den Brunnen nach Hinweisen auf ihren Verbleib ab. Inu Yasha wandte sich abrupt ab und, ob des alarmierenden Raschelns seiner Robe und dem Laut Tetsuaigas, sah Miroku von hinter dem Brunnen auf. Doch es war nur Sesshoumaru. Er hielt einen Stoffetzen in der Hand. “Ist das nicht Rins?”, entfuhr es Inu Yasha. “Ich fand es zwischen ein paar Zweigen dort drüben. Ihr Geruch endet hier.” Miroku und Inu Yasha tauschten einen vielsagenden Blick. Das entging dem mächtigen Dämon natürlich nicht, doch bevor er knurrend nach einer Erklärung verlangen konnte, tauchte die Katze mit der Dämonenjägerin auf. Er nickte Kirara einen kühlen Gruß zu und wartete, was die Menschenfrau zu sagen hatte. Doch sie brachte auch nicht mehr Informationen. Nur noch mehr Fragen. “Ist etwas mit dem Brunnen?” Sie war abgesprungen und zu ihrem Gatten gelaufen, noch bevor der Rest der Sippe gelandet war. Kaede gesellte sich mit Mushin jr.’s Hilfe dazu und fragte Miroku ob sie bei einem Zauber assistieren müsse. “Nein, wir wissen noch gar nicht was los ist. Es scheint… Nun ja, im Moment deutet alles daraufhin als wären...” “...sie in Kagomes Welt”, beendete Inu Yasha bestimmt den Satz, vor dem Miroku sich fürchtete. Sango durchfuhr ein Schaudern. Ihr Bruder war in der seltsamen anderen Welt? Sesshoumaru steckte betont gelassen den Stoffetzen ein. Hinter sich konnte er Jaken heranhecheln hören. Er konnte den Schweißgeruch der Angst von der Kinderschar bis hierher riechen. Das gefiel ihm alles ganz und gar nicht. Nicht nur, dass eine fremde Welt im Spiel war oder dass Rin verschwunden war, sondern da war noch etwas. Etwas am Rande seines Bewusstseins, doch jedes Mal, wenn er es ergreifen wollte, entzog es sich seinen mentalen Klauen. Aufmerksam sah er sich um, während die ganze Schar nervtötender Menschen ihrem üblichen Blödsinn nachging. Die Mönche und Kaede saßen im hohen Gras, betend. Sango und Inu Yasha suchten nach Dämonenfährten, die vom Brunnen wegführten, Toutousai kratzte sich dümmlich die Glatze und untersuchte aus irgendwelchen Gründen den Brunnen, während die Zwillinge versuchten seine Neffen von ihm fernzuhalten und Kirara sich still an seine Seite gesellte. Sie war zwar eine Katze, doch gleichzeitig auch der einzige andere Vollblutdämon und in schwierigen Situationen war sie manchmal eher geneigt ihn mehr miteinzubeziehen als ihre menschlichen Gefährten. Ihr Kopf war ihm zugeneigt, doch er schüttelte unmerklich mit dem Kopf. Die dämonische Aura, die sie wohl beide vor kurzem so stark gespürt hatten, war wie vom Erdboden verschluckt. Oder womöglich bereits wieder maskiert. Es war beunruhigend zu wissen, dass sie es wieder einmal mit einem Meister der Täuschung zu tun hatten. Eins der kleinen Biester, Kikyou hieß es, glaubte er, trat Jaken auf den Fuß und hinter ihm entbrannte ein schreckliches Gejohle. Manchmal fragte er sich ernsthaft, was er eigentlich hier machte, dachte Sesshoumaru nicht zum ersten Mal. Doch statt sich von so viel Tölpeltum überwältigen zu lassen, untersuchte er den Brunnen genauer. Mit einer Hand an Tenseigas Griff. Der Brunnen hatte eine Aura. Er fragte sich weshalb Inu Yasha noch nicht versucht hatte mit Tetsuaiga ein Tor zu öffnen. ‘Seltsam’, dachte er und beobachtete seinen Halbbruder eine Sekunde lang. Schließlich war er schon etliche Male dorthin gereist, nicht wahr? Barg es dort Gefahren, die Sesshoumaru bei seinem Vorhaben beabsichtigen sollte? Der Griff um Tenseiga lockerte sich jedoch nicht. Kapitel 10: Jeans, Schuhe und heißes Wasser ------------------------------------------- Rin war als erstes wach und fand Lady Higurashi im Kochsaal vor. Alles an dieser Welt kam ihr faszinierend vor. Sie konnte sich gar nicht satt sehen an all den ungewöhnlichen Farben, Gegenständen und Formen. “Gut geschlafen?” Rin nickte mit großen Augen. “Du bist sehr dreckig und deine Kleidung ist zerissen. Würdest du gerne baden?” Rin konnte ihren Luxus kaum fassen. Sie konnte noch immer nicht voll und ganz aufnehmen wie prunkvoll Lady Kagomes Palast war. Es gab sogar ein Badehaus im Palast. Der Boden und die Wände waren aus weißem Stein. Rin wollte gar nicht daran denken wie hart man im Bergwerk für diese Massen gearbeitet haben musste. Und das Brunnensystem funktionierte auch hier. Sogar mit heißem Wasser! Es musste eine heiße Quelle unter dem Palast geben. Anders konnte Rin sich das nicht erklären. “Brauchst du Hilfe?”, fragte Lady Higurashi nachsichtig als sie sich zum Gehen wenden wollte, aber bemerkte wie verloren die junge Frau im Bad stand. “Was sind alle diese schwerflüssigen Tinkturen in den bunten Behältern?” Geduldig erklärte sie ihr, dass es mehrere für das Haar gab, andere für den Körper und andere nur für das Badewasser. Dann drückte sie Rin etwas in die Hand, das sie Schwamm nannte, und überließ sie dem Schrubben. Nachdem Rin herausgefunden hatte, wofür ein Handtuch da war, stieg sie aus dem pechschwarzen Wasser heraus und trocknete sich ab. So ein Handtuch war eigentlich ganz praktisch. Dann konnte man seine Sachen direkt anziehen und musste nicht erst warten bis man getrocknet war. Als Lady Higurashi sah, dass Rin noch immer den zerissenen schmutzstarrenden Kimono trug, lachte sie erstmal herzhaft, weil sie das Verhalten ein wenig an Souta erinnerte als er noch jünger gewesen war. Frisch Aus dem Bad direkt wieder in die dreckigen Klamotten. Die niedergeschlagene Rin aufmunternd, führte sie sie in Kagomes altes Zimmer. Sie hatte es nie so wirklich über das Herz gebracht es auszuräumen und wieder zu verwenden. Rin staunte ob der langen Treppe, die sie benutzten. Und das Staunen ging direkt weiter, als Rin die Garderobe betrachtete. Die bloße Seltsamheit der Kleidung: Es gab Kimonos, die man nicht binden musste. Röcke mit Falten darin, die auch darin sein sollten, wie Lady Higurashi erklärte. Genau wie Kagome früher. Und dann gab es noch blaue Hosen. Von denen war Rin ganz begeistert. Aber als man ihr Schuhe anbieten wollte, lehnte sie dankend ab. Schuhwerk war ihr noch nie geheuer gewesen. Kapitel 11: Meidous und andere Probleme --------------------------------------- Ruhig verfolgte Sesshoumaru den Tumult, der um ihn heraus ausbrach. Sobald seine Passagiere von ihm abgestiegen waren, verflüchtigte der ängstliche Dachsdämon sich. Sango und Miroku, unwissend, dass er geflohen war, debattierten, ob sie die Kinder zurück zum Dorf schicken sollten, während Inu Yasha kopflos um den Brunnen herumschnüffelte. Kaede musste alleine mit dem Trunkenbold von Priester versuchen einen Schutzbann aufrecht zu erhalten und Kirara war augenscheinlich unruhig. Sesshoumaru bekam eine Nase voll Rins Geruch zu fassen, der noch immer um den Brunnen herumlungerte, und traf eine impulsive Entscheidung. Bis der Rest der Gruppe sich zu etwas entschieden hatte, würde es wohl noch eine Weile dauern. Seine Nase sagte ihm außerdem, dass der Wolfsclan im Anmarsch war, allen voran natürlich Kouga, der trotzdem noch immer schneller als alle war, wenngleich sein Vorsprung nicht mehr so groß war wie in jüngeren Jahren. Sein Griff um das Schwert war lange genug still verweilt. Endlich zog er Tensaiga. Aus den Augenwinkeln bekam sein Halbbruder die Geste mit und schrie auf. “Nein! Wir können nicht so einfach-”, begann er. Das zog die Aufmerksamkeit und die Blicke aller auf ihn. Doch Sesshoumaru fuhr unbeirrt fort. Inu Yasha sprang, Kouga brach durch das Gestrüpp des Waldes durch und die Meidou öffnete sich. Groß gähnte sie dort den Bruchteil eines Atemzuges. Dann war es um alle herum schwarz. “Was passiert denn hi-...” Weiter kam auch Kouga nicht, denn die riesige Schwärze verschluckte alle Geräusche. *** Die ganze Zeit schien es als wolle Lady Higurashi etwas sagen, doch könne sich nicht ganz dazu überwinden. “Was ist es denn, Lady Higurashi?”, fragte Rin höflich. “Ach nichts”, lächelte die Dame. “Und du musst mich nicht Lady nennen. Frau Higurashi reicht vollkommen.” “Was liegt dir denn auf dem Herzen?”, stellte Rin die Frage auf eine persönlichere Art und Weise. “Wird … Wird Kagome etwa ebenfalls kommen?” Rin war noch keine Mutter, doch sie glaubte zumindest ahnen zu können wie Frau Higurashi sich fühlte. “Tut mir Leid, das weiß ich leider nicht.” Sie berührte die ältere Frau kurz am Handgelenk, um ihr still Mut zuzusprechen. Wer allerdings wohl kam, war ihr Jüngster. “Du wirst ihn mögen. Er ist in seinem gutmütigen Wesen Kagome sehr ähnlich”, schwärmte sie von ihrem Sohn, der zur Zeit an der Universität studierte und dort in einem Studentenwohnheim lebte. “Kann ich mir gut vorstellen”, versicherte Rin. “Sie erzählt oft von ihm. Sie haben ihren Zweitgeborenen nach ihm benannt.” Der Mutter traten Tränen in die Augen, während Rin begeistert von ihren Enkeln erzählte und all ihre Fragen beantwortete. Womit weder Rin noch Frau Higurashi gerechnet hatten war jedoch, dass Souta nicht alleine kommen würde. Als die Tür später am selben Tag ungestüm beiseite geschoben wurde und ein lebensfroher Student samt Gepäck ins Wohnzimmer gestürmt kam, gab er die Sicht auf ein schüchternes Mädchen vom selben Alter mit zwei Zöpfen frei. “Das ist Sayuri und das sind Mama und...” Seine Stimme versagte als sein Blick auf Rin fiel. Plötzlich begann er zu stammeln und konnte weder den Satz beenden noch den Blick vom Hausgast seiner Mutter nehmen. Rin dachte sich, dass es sicherlich höflich war, der Familie ihre Privatsphäre zu lassen und so wollte sie sich zurückziehen. Dummerweise wählten der verschlafene Shippou und Kohaku gerade diesen Augenblick, um aufzustehen. “Hall-”, begann Shippou beim Eintreten, wurde aber von Rin sofort zurückgedrängt. “Viel Spaß mit deinem Sohn”, wünschte sie Kagomes Mutter und zerrte die beiden Jungs mit sich als sie den Raum verließ und dafür den Opa hineinschickte. Kapitel 12: Heißt es "Monoplie" oder "Monopoly"? ------------------------------------------------ Souta war für die Feiertage von der Universität nach Hause gekommen und hatte gerade seiner Mutter eine neue Freundin vorgestellt. Seine Mutter war allerdings nicht wirklich das Problem. Sie servierte Tee und Kekse, lächelte wie immer und machte höfliche Konversation. Sein aufdringlicher Großvater, mit seinen siebzig Jahren noch immer quicklebendig, der mit seinen kuriosen Willkommensgeschenken und haarsträubenden Dämonengeschichten Souta eine peinlich berührte Röte ins Gesicht trieb, war das größere Problem. Ganz davon abgesehen, dass offenbar seltsame Dinge in seinem Heim vor sich gingen. Seine Familie hatte so gut wie nie Hausgäste… Während er den trägen Buyo, der mittlerweile zu alt zum Spielen war, mit einem Zeh unter dem Tisch kraulte, warf er Sayuri einen entschuldigenden Blick zu als sie die getrocknete Dämonenklaue unsicher entgegennahm. “Danke”, erwiderte sie und gab sich wirklich Mühe es aufrichtig klingen zu lassen. Niemand ahnte, dass dieses Familienzusammenkommen schon bald sehr viel größer und vor allen Dingen sogar noch seltsamer werden würde: Als seine Schwester - wie in alten Zeiten - die Tür aufriss und eintrat, stellten alle ihre Handlungen ein. Bis auf Sayuris, die nicht verstand, wer diese Priesterin war, standen alle Münder offen. Kagomes Atem ging schwer und ihr Blick huschte unstet und ungläubig über alle Anwesenden. Schließlich fragte sie “Souta?” und als er nickte, trat sie aus der Tür heraus, kam auf ihn zu und gab ihm eine Bärenumarmung. Seine stets ruhige Mutter akzeptierte die Situation wie sie war und kam hinzu, um die Arme um ihre Kinder zu legen, während ihr Großvater einen rituellen Zauber zitierte, der Kagome wohl auf alle Ewigkeiten an sie binden sollte, aber höchstwahrscheinlich vollkommen nutzlos war. Dabei zerstreute er geweihte Asche im gesamten Raum, die er aus unerfindlichen Gründen in seinem Kimono mit sich herum trug. Trotzdem liefen Kagome Tränen über das Gesicht. Lange war ihnen das Familienglück nicht vergönnt, denn Rin konnte Shippou unmöglich länger zurückhalten und er brach durch die Tür, um sich ebenfalls an Kagome zu schmeißen. “Da bist du ja!”, freute er sich. Dann fiel ihm wieder ein, dass er siebzehn und ein echter Mann war, nahm von seiner Ziehmutter Abstand und räusperte sich: “Obwohl ich die Situation auch ohne dich im Griff hatte.” Kagome konnte ihr Glück kaum fassen. “Shippou!” Sofort gab sie ihm einen dicken Schmatzer auf die Wange. “Hier seid ihr also!” Sie konnte Rin und Kohaku vom Türrahmen aus entschuldigend lächelnd sehen. “Wie geht`s den anderen?”, wollte Rin wissen. Sie sorgte sich etwas um Sesshoumarus Gemütfassung. “Hat er schon begonnen Köpfe abzureißen?” Noch bevor Kagome antworten konnte, meldete sich die wohl verwirrteste Person im Raum zu Wort: “Sind das eure Angestellten?”, fragte eine verstörte Sayuri in die emotional geladene Atmosphäre, die sie aufgrund ihrer Annahme nicht verstehen konnte. “Ach, nein, mein Kind”, versicherte Opa und setzte sich zu Sayuri. “Ich sollte dir wohl ein paar Dinge erklären, jetzt, wo du bald auch ein Mitglied dieser Familie sein wirst-” “Wie bitte?”, entfuhr es Souta und Kagome gleichzeitig. Sayuri errötete zutiefst. “Opa, du hast da was falsch ver-” Was sie aus dieser peinlichen Situation rettete, war eine noch viel schlimmere Situation. Ein Knall ertönte. “Was war das?”, unterbrach Kagome ihren Bruder. Kohaku war schon aufgesprungen und eilte nach draußen. “Es kam vom Brunnen!”, war sich Shippou sicher und folgte dem Älteren auf den Fersen. “Mama, bleib hier!”, riet Kagome und machte sich mit Rin auf den Weg. “Glaubst du…?”, fragte jene, doch darauf hatte Kagome auch keine Antwort. Als sie ankamen, hatten Kohaku und Shippou die Tür bereits weit aufgerissen. Laute Stimmen drangen an ihre Ohren. “Wo sind die Kinder?!” Das war definitiv Sangos Stimme! Aber leider bekam sie nicht sofort eine eindeutige Antwort. Ein ziemliches Handgemenge schien da vor sich zu gehen: “Ich weiß nicht, hier ist alles drunter und drüber!” “Ich glaube, es waren noch nie so viele Leute in diesem Brunnen.” “Au! Der Floh hat mich gebissen!” “Nein, das war ich. Nimm deine Füße aus meinem Gesicht!” “Dann nimm du deinen Ellbogen aus meinem Bauch!” Doch endlich: “Hier sind wir! Wir haben auch die Biester!” “Gott sei dank! Kaede?” “Ebenfalls hier!” Dann waren da noch tiefere Stimmen, auch wohl bekannt: “Wie konntest du das tun, einfach so eine Meidou erschaffen? Ich war doch dagegen!” Oh ja, sehr bekannt... “Sei still.” Oder: “Ich helfe der edlen Kaede auf die Beine!” “Nein, ich!” “Ich steh doch schon längst!” Rin spürte wie Kagome beim Laufen bereits entnervt den Kopf schüttelte. “Houston, wir haben ein Problem”, murmelte sie schließlich, fassungslos. Rin wusste zwar nicht wer mit Houston gemeint war, doch sie konnte der Aussage sonst nur zustimmen. Vor allen Dingen als sie noch weitere Stimmen ausmachen konnten: “Was mach ich überhaupt hier?” “Kouga? Wie bist du...?” Sango wieder! “Er muss zufällig mit in den Sog geraten sein… Mushin, komm stell dich mal auf meine Hände.” “Ist gut, Vater!” “Liebling?” “Ja, Sango?” “Hier ist eine Leiter.” “Oh.” Sie hatten den Eingang erreicht und schauten Kohaku und Shippou über die Schulter als Mirokus Jüngster nach oben geklettert kam und seinem Onkel beim Anblick um den Hals fiel. “Ich habe vielleicht ein Abenteuer erlebt!”, berichtete er. Kohaku drückte ihn fest, während Rin ihm über den Schopf fuhr. Nach und nach kamen die anderen auch ans Licht. Nach ihrem Sohn ließ Sango nicht lange auf sich warten und fiel ihrem Bruder ebenfalls um den Hals. Ihr Gatte folgte mit seinen Töchtern, die sich verstört im Schrein umsahen. Daraufhin folgte Kaede, der Rin beim Aussteigen half und zwei sich streitende Tattergreise, die Kagome geflissentlich ignorierte. Als sie ihren kleinen Souta erblickte, stürmte sie auf ihn zu und riss ihn an sich. Dasselbe Schicksal widerfuhr nur wenig später seiner Schwester und beide sträubten sich als ihre Mutter sie mit Küssen bedecken wollte. “Hast eine ganze Handvoll da, was?”, amüsierte Kouga sich über das Spektakel als er ebenfalls seinen Kopf aus dem Brunnen steckte. Überrascht sah Kagome auf. Ihn hatte sie nicht als Nächstes erwartet. Die Biester sahen ihre Chance und nahmen Reißaus. Ganz im Gegensatz zu den Zwillingen fühlten sie sich überhaupt nicht eingeschüchtert, sondern rannten schnurstraks zu ihrem Ziehbruder und stellten ihm alle möglichen Fragen über diese Welt. “Aber wo ist…?” Sie hatte doch seine Stimme gehört. “Keine Sorge, der Köter streitet sich nur noch mit seinem Bruder.” “Halbbruder”, stellte Sesshoumaru klar und kletterte elegant über den Wolfsdämon hinüber, weil dieser ihm zu lange die Leiter versperrt hatte. Sein Blick fuhr geschwind über alle Anwesenden bis er entdeckte, wen er suchte. Ihr Lächeln erhellte ihr gesamtes Antlitz und sie winkte ihm zu, rief seinen Namen. Sein Blick tastete ihren Leib ab, aber außer der Tatsache, dass sie ungewöhnliche Kleidung trug, schien alles wie sonst auch. Bis sie begann auf ihn zuzukommen. Sie hinkte. Eine steile Furche bildete sich zwischen seinen Brauen. “Es ist nichts”, beruhigte Rin ihn als sie nah genug bei ihm war. “Ist Meister Jaken bei dir?” Statt zu antworten, hörten sie beide ein schrilles “Ja!” und Rin sah wie sich ebengenannter abmühte ebenfalls über Kouga hinüber zu klettern. Dabei bediente er sich Sesshoumarus Pelz, der so lang war, dass er noch halb im Brunnen hing. “Hier bin ich! Mir geht`s gut!”, verkündete er und ließ sich von Rin auf den Arm nehmen und über die Glatze streicheln. “Oh Gott, war das anstrengend...” Sie führte ihren Ziehvater und die restliche Sippe nach draußen, wo der Großvater Kagomes, der dachte, dass Kagomes Warnung sicherlich nicht für ihn galt, mit einem Exorzismusspruch wartete. Zurück blieben nur Kagome und der sture Köter, der immer noch im Brunnen war. “Inu Yasha? Bist du da drin?”, fragte seine Frau. Endlich hörte sie das knirschende Holz der Leiter. Der weiße Schopf tauchte vor ihren Augen auf und ihre Blicke trafen sich. Elegant kam Kagome auf die Füße und trat zurück, um ihm etwas Platz zum Aussteigen zu lassen. “Ich...”, begann er. Erwartungsvoll sah sie ihn an. Irgendwas war mit ihm. Sie kannte ihren Köter jetzt schon lange genug, um zu wissen, wann ihn etwas bedrückte. “Wie? Ich meine … hier, du, bist...?” Er schüttelte den Kopf. Offenbar war ihm selber klar, dass er Kauderwelsch sprach. Aber dann, besonders gut mit Worten hatte er noch nie umgehen können. Stattdessen zog er sie einfach für eine Minute an sich, vergrub die Nase tief in ihrem Haar und sog ihren Geruch ein. Wie altbewährt schlang sie die Arme um seine Taille und hielt ihn genauso fest. “Wenn die Biester mich doch nur so umarmen würden”, seufzte Kagome ironisch. Sie wusste, dass im Augenblick das Leben für die zwei Wildfänge einfach viel zu interessant war als dass man Zeit mit der Mutter verschwenden konnte. Sie wollte einen sowieso immer nur vom Spaßhaben abhalten. “Kagome?”, rief Shippou und kam hereingestürzt. “Dein Großvater macht da ein paar sehr seltsame Sachen und Sesshoumaru wird, glaube ich, langsam wütend!” Als sie Arm in Arm hinaus schritten, erfasste Kagome das Problem auf einen Blick. Kouga wurde von Sango und Miroku zurückgehalten, während Rin sich schon mal demonstrativ an die Seite Sesshoumarus gestellt hatte. Kohaku redete beruhigend auf den alten Herrn ein und versuchte ihm die Bannsprüche aus der Hand zu nehmen. Mushin Sr. strich seinem Namensverwandten über den Kopf und bedeutete ihm sein Gewand, welches jener angstvoll umklammert hielt, loszulassen. Entschlossen marschierte er auf den alternden Priester zu, der kurz aufhörte mit den Bannsprüchen vor Kohakus Nase herumzufuchteln, weil er in dem Herannahenden einen Gleichgesinnten erkannte. Die beiden verbeugten sich voreinander, dann besah sich Mushin die Bannsprüche. “Aber die sind ja wertlos”, urteilte er schließlich. “Was?” Ihr Großvater war außer sich vor Wut und begann aufzuzählen wieviele Generationen diese Bannsprüche bereits überdauert hatten. Kagome löste sich von Inu Yasha, um ihrem Großvater gut zuzureden. Aber Mushin Sr. rief nur: “Miroku, komm schau dir das mal an! Sind das nicht deine?” Der jüngere Mönch kam tatsächlich hinzu und musterte die Sutras interessiert. “Aber ja, das stimmt! Definitiv meine Handschrift!” “Und warum sind sie dann wertlos?”, wollte seine Frau auf der Lauer wissen. “Ohh, ehm... Das ist so...”, begann Miroku und kam ins Schwitzen. Kagome konnte schon fast vermuten, was folgen würde und bedeutete Inu Yasha mit einer raschen Geste, die Ohren von Mushin jr. geschlossen zu halten, damit er nicht so jung schon erfahren musste, was für ein Taugenichts und Schwindler sein Vater sein konnte: “Die hast du doch damals verkauft, obwohl sie gar nicht funktionieren. Die spirituelle Energie dafür hast du dir gespart, weshalb sie einfacher zu produzieren waren und du hast sie mit Rabatt und einer unglaublichen Umsatzrate verhöker-” “Das reicht”, erklärte Sango entschieden und drohte dem alten Trunkenbold mit dem Hieraikotsu. “Kein Problem. Schon verstanden!”, erwiderte dieser sofort und hob beschützend die Hände. Die Zwillinge, bei denen niemand umsichtig genug war die Ohren zu bedecken, starrten mit offenen Mündern ihre Eltern an. “Und das ist der Grund, weshalb keiner von euch Mönch wird. - Oder zumindest das Handwerk nicht von einem Familienmitglied erlernen wird”, erläuterte Sango, schnappte sich das Ohr ihres Gatten und zischte: “Entschuldige dich bei Kagomes Großvater. Er hat deine wertlosen Sutras sein ganzes Leben lang aufbewahrt!” “Wertlos…?” Die Stimme des Higurashi-Schrein Hüters klang ganz schwach und sein Blick starrte in die Leere. “Entschuldigung, verehrter Meister. Kommt nicht wieder vor!” “Und jetzt erklär deinen Kindern, dass das falsch war.” “Das war falsch”, sagte er so ernst wie er konnte an seine zwei Mädchen gewandt. “Kannst du die Hände jetzt wieder von meinen Ohren nehmen?”, fragte Mushin jr. Inu Yasha. “So wie ich deinen Vater kenne, wundert es mich, dass Sango dir nicht direkt nach der Geburt Ohrstöpsel angedreht hat, wenn er zu Hause war”, murmelte dieser mehr zu sich selbst als dem Jungen. Trotzdem nahm er widerstandslos seine Pfoten zurück. “Ist jemand hungrig?”, fragte Kagomes Mutter - Ohne das Haus zu verlassen, wie ihre Tochter es ihr befohlen hatte. Das ließ sich keiner der Versammelten zwei Mal fragen. Außer vielleicht die Biester. Die zwei liefen noch immer mit der Energie, die Sechs- und Achtjährige nun mal so an sich hatten, auf dem heiligen Boden des Schreinanwesen herum und spielten Dämon und Dämonenjäger. Die Eltern waren die Jäger. “Wenn du nicht auf der Stelle zum Mittagessen kommst, muss ich dich mit einem Pfeil bannen!”, drohte die Priesterin ihrer Tochter, die die Warnung natürlich als Teil des Spiels sah. “Kagome, darf ich jetzt Tetsuaiga bei der Kindererziehung anwenden?”, erkundigte sich Inu Yasha angespannt. “Nein!”, war die klare Antwort. Als die zwei endlich aufgaben, aber zu ausgelaugt waren, um selbst zum Essenstisch zu schreiten, sanken sie an einem Baumstamm nieder. Kagome legte matt ihre Hand auf seine und gab ihm die Schuld an ihrem Dilemma: “An deiner Vaterschaft besteht kein Zweifel - Sie haben definitiv deine Energie...” “Meine Energie? Wohl eher deine!” “Ok, ok. Einigen wir uns einfach darauf, dass wir beide nicht die ruhigsten Persönlichkeiten sind”, schlug Kagome vor. Inu Yasha nickte erschöpft. “Allerdings hätten sie genauso gut auch nicht aus der Ruhe zu bringen sein können”, gab Kagome zu. “Wie deine Mutter?” Kagome hatte ihn einst gezwungen zusammen mit den Dorfkindern dem Biologieunterricht in ihrer Schule beizuwohnen und daher hatte er eine ungefähre Vorstellung davon was Gene waren. “Ja, schade, dass das nicht dominant vererbt wird...oder Eigenbrödlerei, wie dein Bruder.” “Ich glaube nicht, dass ich wollen würde, dass unsere Kinder dem ähneln.” Kagome korrigierte sich: “Ja, stimmt. Ich auch nicht. Selbst, wenn sie dann etwas ruhiger wären.” Kagome öffnete ihre erschöpften Augen und spinxte durch die Terassentür ins Esszimmer. Rin schien ihrem Ziehvater gerade sehr enthusiastisch von ihren Jeans zu erzählen, während der schweigsame Dämon sehr fehl am Platze aussah als er auf Rins und Kagomes Mutters Anweisungen hin Zwiebeln schnitt. Ohne auch nur eine Träne zu vergießen. Wie konnte es auch anders sein. “Aber es ist schon seltsam wie ein Mädchen so unbekümmert neben dem mächtigsten Youkai im Land stehen kann…” “Ja, aber dass dieser Streich des Schicksals für alle unbegreiflich ist, steht doch schon lange - Moment! Ich bin der Mächtigste!” Kagome tätschelte ihm abwesend die Hand. “‘Türlich, Schatz.” Bevor Inu Yasha sich darüber aufregen konnte, wurden die zwei Dämonenjäger von den Dämonen angegriffen. “Ich werde euch mit meiner Windnarbe erschlagen!”, rief Souta jr. und hob ein imaginäres Schwert weit über den Kopf. “Du lässt deine Deckung offen”, schalt sein Vater und konterte mit einer Kitzelattacke direkt am Bauch. Kikyou erfur ein ähnliches Schicksal und bald mussten die Dämonen sich zurückziehen. “Wir kommen wieder!”, drohten sie. Inu Yasha und Kagome lachten Seite an Seite. Bis Kagome schließlich auffiel an welchem Baum sie sich angelehnt hatten. “Liebling, das ist...” “Das ist unser Baum”, führte er ihren Satz zu Ende. Es war Ewigkeiten her, dass sie in ihrer Welt diesen Ort aufgesucht hatten. Mit den guten Erinnerungen barg er einfach zu viele schlechte. Vor allem für Inu Yasha. “Denkst du noch oft an sie?”, fragte Kagome, währed sie das Kinn auf seine Schulter stellte. Im Hintergrund hörte sie das Lachen ihrer Tochter und Kaede aus dem Esszimmer rufen: “Jetzt hört auf eure Eltern und kommt essen! Es steht schon alles auf dem Tisch!” Inu Yasha zögerte nur kurz. Als er sprach lag beinah so etwas wie ein hilfloses Schmunzeln in der Stimme: “Du hast unsere Tochter nach ihr benannt...”, verteidigte er sich. Sie zwitschte ihn in die Seite, lachte aber nicht mit. “Das habe ich nie verstanden”, gab er zu. Bevor er einen seiner Söhne ‘Kouga’ nannte, müsste schon die Hölle zufrieren. “Ich auch nicht… Aber es ist gut so.” Bevor er nachsehen konnte ob der Gesichtsausdruck seiner Frau ihrer traurigen Stimme glich, wurden sie wieder von ihren Dämonenkindern angefallen. “Rin sagt, wir müssen jetzt kommen sonst spielen Shippou und sie nie wieder mit uns!”, riefen die Kinder erschrocken und rießen ihre Eltern aus der emotionalen Stimmung heraus und fort von dem emotionsschwangeren Ort. In der Küche war reger Betrieb. Jeder hatte ein Schneidebrett in der Hand und war dazu verordnet irgendwas zu schnibbeln, während Kagomes Mutter mit einem Tablett und ihren vorbereiteten Snacks die Runde machte, um jedem schon mal Appetit zu machen. Opa, Myoga, Toutousai und Mushin Sr. waren bereits dicke Freunde und saßen zusammen vor dem Fernseher: “Ein Floh, der reden ka-...? Aua!” “Entschuldige, aber ich muss sagen für Euer Alter schmeckt Ihr noch sehr gut. Ein bisschen wie Kagome.” “Ehh … dankeschön?” Dann fuhr er an den Herrn, der ihm die Wahrheit über seine Bannsprüche offenbart hatte, weiter fort: “Und Ihr seid also ebenfalls Priester?” “Hiecks - Allerdings! Ausgezeichneter Sake übrigens!” “Und Ihr? Welchem Beruf geht ihr nach? Metzger?” Opa deutete auf den Hammer, den Toutousai mit sich herumschleppte. “Nein, ich bin Waffenschmied.” “Aha. Natürlich.” Opa schien sich besser als erwartet mit Leuten aus dem Mittelalter zu verstehen. “Oh Kagome!” Ihre Mutter hatte ein Leuchten in den Augen wie sie es selten vorher bemerkt hatte. “Ist das nicht wundervoll? Das ganze Haus ist voll - und jeder scheint eine gute Zeit zu haben!” Kagome erfreute sich an der Reaktion ihrer Mutter ob des Chaoses in ihrem Heim. Inu Yasha nahm ihr dankbar einen Snack vom Tablett und verschlang ihn ganz. “Ach, die Küche deiner Mutter….”, schwärmte er. “Wenn du doch so kochen könntest. Weißt du noch wie ich immer die Fertignahrung deiner Kochkunst vorgezogen habe?” Kagome lachte: “Ja, zum Glück bin ich viel besser geworden, was?” “Türlich, Schatz”, machte er abwesend, genau wie sie vorhin. Bevor Kagome vor Wut überkochen konnte, wurde sie wegen Jaken von den Füßen gerissen, der sich mit seinem Stock einen Weg durch das Getümmel zu seinem Herrn bahnte. “Hey, Vorsicht!”, mahnte sie. Beim Aufstehen war ihr Kouga behilflich. “Ganz schön voll hier, was?” “Allerdings, meine Mutter ist begeistert… Ich…. Ich glaube, sie war die Jahre über ein wenig einsam”, gestand sie dem Wolfsdämon. Ihre Mutter hatte ein paar Falten mehr im Gesicht bekommen, ihr Gemüt hatte bis vorhin noch ruhiger gewirkt als sie es in Erinnerung gehabt hatte und sie hatte das Gefühl, dass ihr die ganze Aufregung im Augenblick gut tat. Wie man diesen Haufen gern beherbergen konnte, war Kagome zwar ein Geheimnis, aber ihre Mutter strahlte noch immer. Dann wäre sie beinah wieder hingefallen, weil Jaken schon wieder unterwegs war. Allerdings war es nicht ganz seine Schuld: “Souta, Kikyou! Gebt sofort Lord Sesshoumarus Zwiebeln her! Die sind doch nicht zum Spielen!” Inu Yasha, Miroku und Kouga hatten auf Frau Higurashis Anweisung die Wand zwischen Esszimmer und Wohnzimmer heruntergenommen und weitere Tische aus dem Schuppen herangeschafft, um Raum für alle zu schaffen. Als sie dann endlich alle einen Platz hatten und essen fassen konnten, war das die Gelegenheit für die Erwachsenen kurz ihre Erlebnisse auszutauschen und zu beratschlagen wie es kam, dass sie sich plötzlich in Kagomes Welt befanden. Und woher die dämonische Aura gekommen war. Die Kinder saßen nämlich an einem anderen Tisch, zusammen mit Kagomes Familie. Ihr Großvater hatte sehr viel Freude daran gefunden zu erfahren, dass er auf einmal Enkelkinder hatte - nachdem er sich an den Gedanken gewöhnt hatte, dass sie zu einem Viertel Dämonen waren. “Sesshoumaru hat eine Meido geöffnet?” “Genau und dann-” “Obwohl ich nicht wollte”, unterbrach Inu Yasha Sango. “Dann waren wir alle in vollkommener Düsternis - und dann war da ein schwaches Licht und im nächsten Augenblick fanden wir uns zusammen gepfercht im Brunnen wieder.” “Aber ihr habt davor gespürt, dass etwas nicht stimmte? Eine … dämonische Aura?”, erkundigte Kagome sich hoffnungsvoll. Sie blickte vor allem Kaede an, doch diese konnte nur mit dem Kopf schütteln. “Leider nein, die Dämonenaura war schon verschwunden bevor du verschwandest. Nur eine Art Pulsieren ging durch die Welt.” Kagome fragte sich, ob das geschehen war als sie es auf die andere Seite geschafft hatte. “Also”, begann Shippou. “Wir haben drei verschiedene Methoden: Geschubst von einer unbekannten Gestalt, eigene Willenskraft und die Meido.” “Die sind alle recht verschieden.” “Klingt eigentlich nach Zufall.” Aber Kagome wusste, wenn es ums Weltenwechseln ging, gab es keine Zufälle. “Souta? Deine Schwester redet sehr wirres Zeug mit ihren Freunden”, meinte Sayuri und warf einen unbehaglichen Blick auf die tuschelnde Gruppe, die sie gerade überhört hatte. “Ach, das ist nur … ehh ... ein neuer Fantasy-Actionthriller, der demnächst ins Kino kommen soll. Sie ist ein großer Fan von solchen Geschichten.” “Wenn du meinst...” Aber das war noch nicht die seltsamste Konversation, die sie an diesem Esstisch hören sollte. Die Kinder, von der Ausfragerei ihres Großvaters angestiftet, der versuchte acht Jahre Großvatersein in die letzten zwei Stunden zu quetschen, riefen quer über den Tisch: “Mama?! Es stimmt doch, dass du mal vorhattest einen Schrein um den Brunnen errichten zu lassen, oder?! Urgroßvater fragt gerade danach!” Kagome hielt im Zumundeführen der Stäbchen inne und sah über den Tisch. “Aber hier steht doch schon ein Schrein um den Brunnen”, warf Sayuri verwirrt flüsternd ein. “Ja, ich hatte es mal überlegt. Aber dann kam die Schule - Moment, woher wisst ihr das eigentlich? - Und, Opa, was stellst du denen für Fragen?” “Ach, nur wo ihr so lebt, wie ihr lebt, was du jetzt machst… Aber, weißt du was?” “Ich bin sicher, du wirst mich sofort davon unterrichten.” “Du wirst die Gründerin unseres Schreins in der Vergangenheit werden!” Kagome, die so viel grammatikalische Zeitenwechsel in einem Satz nicht in ihrem Hirn verarbeiten konnte, brauchte eine Sekunde, um zu verstehen, weshalb ihm Tränen in den Augen standen und er so verzückt aussah. “Hä?”, machten auch die Kinder, Shippou und Inu Yasha. “Du wirst deinen Nachnamen behalten und den ersten Higurashi-Schrein gründen! Ich wusste, es konnte kein Zufall sein, dass der Name Kagome in unserem Stammbaum auftaucht!” “Was gründet sie wann?”, fragte Sayuri Souta, der das Gesicht fassungslos in Händen vergraben hatte. “Mein Großvater wird langsam senil...”, versuchte er die Sache doch noch irgendwie zu retten. “Ich weiß, es ist eher üblich, dass man nach der Heirat den Namen des Gemahls annimmt, aber, Kagome, du musst die Familientradition fortführ- ich meine, beginnen!” Ihr Großvater war Feuer und Flamme. Kagome legte ihre Stäbchen hin, weil sie das Gefühl hatte, dass sie den Bissen bald sowieso nicht zu Ende führen könnte und wollte gerade dazu ansetzen ihren Großvater aus seiner euphorischen Delusion und auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, bevor er nicht mehr zu bremsen war, als Inu Yasha plötzlich herausbrach mit: “Es ist üblich den Namen des Gemahls anzunehmen? Und warum haben wir das nie so gemacht? Ist dir mein Name etwa nicht gut genug?” Sein aufbrausendes Temperament hatte ihn wieder einmal überwältigt, aber seine Frau versuchte ruhig zu bleiben: “Liebling, du hast doch überhaupt keinen Nachnamen.” Kurz kam er ins Stottern, während alle anderen um den Tisch ebenfalls über die Kuriosität nachdachten. “Yasha vielleicht?”, schlug Miroku vor. “Unsere Kinder werden ganz sicherlich nicht ‘Dämon’ mit Nachnamen heißen!”, stellte Kagome klar. Den zweien sah man ihr Bluterbe jetzt schon genug an. Kikyou hatte schlohweiße Haare und Reißzähne während aus Souta Juniors pechschwarzem Schopf zwei knuffige Hundeohren herauslugten. “Und warum nicht?”, wollte Inu Yasha wissen. “Schluss jetzt!”, kommandierte Kagome, aber er wollte so schnell nicht aufgeben. “Willst du mir etwa sagen, dass die zwei Kikyou und Souta Higurashi heißen, nur weil ich zufällig keinen Nachnamen haben?” “Was kann ich denn dafür? Du hast halt keinen!”, schrie sie wütend zurück. Langsam war sie am Ende mit ihrer Ruhe. “Sango...”, begann Miroku plötzlich nachdenklich. “Wie heißen unsere Kinder eigentlich mit Nachnamen?” “Jetzt fang du nicht auch noch an!”, brauste sie auf und innerhalb nur weniger Sekunden waren zwei Brandherde am Tisch entflammt. Kagomes Mutter lachte erfreut, völlig unberührt von der dicken Luft, weil sie schon lange nicht mehr so viel Leben in ihrem Heim gehabt hatte. Souta Sr. hatte das Gesicht noch immer in beiden Händen vergraben, Sesshoumaru hatte schon vor einer Weile unauffällig den Raum verlassen, weil es ihm zu laut war, und die Kinder kicherten sich einen ab. Wenn ihre Eltern stritten, fanden sie das immer besonders unterhaltsam. Die Zwillinge und Mushin jr. verdrehten ob ihren Eltern nur die Augen. “Geht das immer so?”, fragte Sayuri fassungslos. “Ach, normalerweise ist es noch schlimmer”, beruhigten die Zwillinge sie. “Gleich kommt das Beste!”, rief Kikyou, die mit ihrem Bruder zusammen aufgeregt auf ihrem Platz auf und ab hopste und ihre Mutter anstarrte. Die Kleinen mussten nicht lange warten. Der Streit wurde damit beendet, dass Kagome mit geballten Fäusten aufstand und “Ok, jetzt reicht’s!” und “Inu Yasha, Sitz!” ausrief, woraufhin ihr Vater von schallendem Gelächter begleitet zu Boden gerissen wurde. “Wie oft habe ich euch gesagt, dass ihr nicht lachen sollt, wenn eure Mutter das macht?!” Miroku, kurz abgelenkt von der Niederlage seines Leidensgenossen, wurde auch kleinlaut als seine Frau ihm androhte den Boomerang von draußen hereinzuholen. “Boomerang?”, fragte Sayuri in die darauffolgende Stille. Daraufhin hatte Souta Sr. endgültig genug und fragte: “Willst du nicht mal mein altes Zimmer sehen? Oben? Weg von hier?” Aber die Show war noch nicht zu Ende. Mushin jr. stubste Kikyou und Souta jr. an und flüsterte ihnen voller schadenfreudiger Erwartung etwas ins Ohr, um die Dinge wieder in Gang zu bringen. Sofort brach es aus Souta jr. ehrlich erstaunt heraus: “Papa! Du hast Mama nie gesagt, dass du sie liebst als du um sie geworben hast?” “Ehh. Was?” Der arme Vater konnte gar nicht richtig begreifen, wo dieser neuerliche Angriff herkam. Er hatte das Gefühl, die Kinder versuchten ihnen manchmal das Leben absichtlich schwer zu machen, indem sie die Erwachsenen gegeneinander ausspielten. Mushin jr. grinste bis über beide Backen als er Kagomes beleidigter Körperhaltung gewahr wurde. “Jedenfalls nicht zu mir”, murmelte sie. “Wenn man`s genau nimmt hat der Typ es ihr öfter gesagt als Inu Yasha”, zeigte Shippou nüchtern auf, mit dem Daumen in Kougas Richtung ausgestreckt. Ihr Gatte war noch von etwas ganz anderem verdattert: “Ehh… geworben?” Seufzend klärte seine Frau ihn auf: “In der Zeit, bevor wir verheiratet waren… Weißt du noch.” Das letzte sagte sie mit besonderem Nachdruck und es klang eher wie ein Befehl als eine Frage. Sie hatte den Kindern erklärt, dass ihr Vater sich ganz viel Mühe hatte geben müssen, ganz lieb und viel um sie hatte werben müssen, um ihre Hand zu gewinnen und damit die Wahrheit nur minimal entstellt. Schließlich wollte sie nicht, dass ihr Souta irgendwann wie sein Vater endete… Ohne auch nur einen romantischen oder respektvollen Knochen im Körper. “Wann hab ich denn da bitteschön um dich ge-?” Er konnte einfach nicht den Mund halten, also tat Kagome es für ihn. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie schlug ihm ihre Hand vor den Mund. “Drücken wir es so aus, Kinder - Von eurem Papa nehmt ihr besser keine Ratschläge an was Frauen betrifft.” “Da kann ich nur zustimmen”, bekräftigte Souta. “Von keinem eurer Eltern, um genau zu sein”, spezifizierte er seine Aussage und dachte daran zurück wie er sein erstes Liebesgeständnis abgelegt hatte und welch diffusen Ratschläge er davor eingeholt hatte. “Und wen soll ich dann fragen wenn es soweit ist?”, stellte Souta jr. eine berechtigte Frage. “Hmm, ich schätze, derjenige mit den meisten Punkten auf dieser Art von Konto wär dein Onkel Mi-”, begann Shippou. “Vorsicht”, zischte Sango dem Fuchsdämon warnend zu und hielt ihrem Sohn die Ohren zu. “Was denn?”, verlangte jener zu wissen und machte sich los. “War Papa damals nicht nett zu dir, Mama?” “Pah. Eher etwas zu nett…”, warf Inu Yasha dazwischen, während der Gegenstand ihrer Debatte versuchte seine Miene so würdevoll wie möglich zu halten, während seine Jugendfehler am Esstisch ausdiskutiert wurden. “Warum hält uns eigentlich niemand mehr die Ohren zu?”, fragte eine der Zwillinge ihre Schwester. “Vielleicht sind wir jetzt alt genug, um am ganzen Familiendrama teilzuhaben?” “Wie kann man denn zu nett sein?”, wollte Kikyou wissen. “Genau!”, warf Mushin jr. ein. “Geht ins Bett”, war Sangos kategorische Antwort. Was anderes fiel ihr dazu einfach nicht mehr ein. Es sah so aus als wolle Miroku dazu ansetzen seine Ehre zu verteidigen, doch ein warnender Blick seiner Frau ließ ihn verstummen. “Hört auf eure Mutter”, sagte er stattdessen huldvoll. “Einmal hätte sie mich beinah umgebracht. - Zugegeben sie hatte ein Salamanderei im Bauch, aber, was ich sagen will, ist - Mit eurer Mutter ist nicht zu spaßen!” Sayuri wandte sich abermals an Souta: “Umgebracht?” “Wirklich?”, erwiderte dieser. “Etwas Seltsameres hast du in dem Satz nicht finden können? Also ich hätte mich ja über das Ei gewundert…” “Stimmt...”, machte Sayuri, überfordert. “Das auch. Also? - Ei?” Aber Souta hatte auch diesmal keine Erklärung. Miroku machte indessen einen weiteren Versuch die Kinder ins Bett zu bewegen: “Wenn Sango sagt, geht ins Bett, dann sollte man wirklich ins Bett gehen!”, belehrte er alle. “Geh ins Bett”, sagte sie ihrem Gatten, der sich daraufhin irgendwie betrogen vorkam. “Aber, Sango -”, begann er. “Aber Mutter!” und “Aber Tante Sango!” kam es sofort aus fünferlei Münder. Unerwartet erhielten die Jammernden Unterstützung: “Sicherlich ist doch noch Zeit für ein bisschen weihnachtliche Higurashi Familientradition, oder?”, fragte die angenehme Stimme von Kagomes Mutter und hielt ein paar Brettspiele in die Höhe. “Mama, wir haben eigentlich keine Zeit hierfür. Wir haben ernsthafte Probleme zu lösen.” Und damit meinte sie nicht nur ein paar uneinsichtige Ehemänner. Sie wollte die Verbindung zwischen der verschiedenen Arten von Ankünften der drei verschiedenen Gruppen herausfinden. “Oh…natürlich.” Verständlich wie immer, war die gute Frau. ”Ich dachte nur, weil dein Bruder extra aus der Universität nach Hause gekommen ist und du und deine Kinder auch zufällig hier sind - Und natürlich der ganze Rest deiner Freunde und Familie”, fügte sie mit einem milden Lächeln und einer Geste, die alle im Raum mit einschloss, hinzu. “Da dachte ich, wäre es doch nicht so schlimm, wenn wir alle noch etwas wach blieben.” Dem hoffnungsvollen Blick dieser sanftmütigen Mutter konnte man praktisch nichts abschlagen. “Oh, ehm ... ent-entschuldige, bitte. Natürlich”, gab ihre erwachsene Tochter nach. “Ihr räumt ab, ihr wascht ab, der Rest hütet die Kinder”, teilte Kagome die Versammelten in Arbeitsgruppen auf. “Wir sind ja so dankbar, dass ihr uns helft”, bedankte sich Frau Higurashi aufrichtig. Die Alten waren hinüber ins Nebenzimmer migriert und saßen vor der Glotze. “Kaede, du auch?”, exklamierte Kagome enttäuscht. “In der magischen Kiste ist ein Samurei - Und er hat sich in die Tochter eines Fürsten verliebt!” Kagome verdrehte die Augen und ließ sie ihrer Wege ziehen. Unter anderem, weil sie bereits hören konnte wie sich die nächste unwillkommene Krise zusammenbraute: “Ach komm, natürlich musst du auch mitspielen!” Das war Rin. Unverständlicherweise lachte sie. Kagome fand allerdings überhaupt nichts lustig an der Tatsache, dass die junge Frau gerade einen blutrünstigen Volldämonen an den Familienspieletisch zerren wollte. “Eh, Rin? Sicher, dass das eine gute Idee ist?”, intervenierte sie daher und betrachtete den widerwilligen Sesshoumaru misstrauisch. “Hast du Angst, dass du verlierst? Keine Sorge, die meiste Zeit ist er beim Brettspielen sowieso so abwesend, dass man sich keine Sorgen machen muss.” “Ich mach mir eher Sorgen darum, dass ich gewinne. Und er verliert...” Aber das schien Rin nicht einzuleuchten, denn der Dämonenlord wurde prompt auf einem Sitzkissen platziert und bekam von Frau Higurashi einen Tee vor die Nase gestellt, wo er auch blieb, vollkommen unberührt. Jaken hingegen schlürfte seinen an der Seite seines Herrn mit Genuss. “Ist Jaken eigentlich Teil dieser Familie?”, fragte Kagome Shippou. Dieser zuckte mit den Schultern. “Vielleicht lässt er sich als eine Art zweiten Ziehvater Rins einordnen. Er und Sesshoumaru haben sie schließlich einen Großteil ihrer Kindheit großgezogen.” Kagome runzelte die Stirn. Das war ein Bild, das ihr noch eine Weile im Kopf herumschwirren würde. Sesshoumaru und Jaken, die dämonischen Ziehväter, die ein Menschenkind großzogen… Sie schüttelte schnell den Kopf und spülte die seltsamen Gedanken mit einer Tasse Tee hinunter. Bevor sie sich erholen konnte, bahnte sich der nächste Streit an. “Sind die echt?” Sayuri hatte die Hände bereits nach Inu Yashas Ohren ausgestreckt. “Ja, sind sie. Erstaunlich, nicht wahr?”, warf Kagomes Mutter naiv ein und drückte beiden eine Tasse Tee in die Hand. “Und das hier? Ist das echter Pelz?”, wandte Soutas Gast sich direkt der nächsten Katastrophe zu. “Rin”, flüsterte Kagome. “Sie fasst seinen Schwanz an...” Es wurde sehr still im Zimmer. Sesshoumaru sah mehr verdutzt als wütend aus, doch das konnte bestimmt nicht ewig anhalten. “Rin”, wiederholte Kagome. “Unternimm etwas!” Sie nickte. “Ja und er war sehr teuer. Wenn’s Flecken gibt, müssen wir dich leider bitten zu bezahlen.” Sie setzte den ernsthaftesten Gesichtsausdruck auf, den sie besaß. “Oh Verzeihung!” Sofort ließ das neue Mädchen die Finger davon und alle konnten wieder dazu übergehen die Spiele auf dem Tisch aufzustellen. Und zu atmen. “Ich will mit Onkel Souta spielen!”, rief der kleine Souta Jr. Er fand es ungemein toll den Namen eines Erwachsenen zu tragen … der noch lebte. Nicht so wie seine Schwester. “Dann will ich mit Papa spielen!”, rief Kikyou dagegen aus und sie rannten zu den jeweiligen Schößen um die Wette, um anschließend darauf zu springen. “Wie heißt das Spiel überhaupt?”, wollte Kikyou wissen. “Keine Ahnung”, antwortete Inu Yasha, der selber noch nie ein Brettspiel gespielt hatte. “Monopoly”, antwortete sein Schwager für ihn. “Monoplie?” “Ja, so ungefähr.” Nachdem Kagome und Souta aufgegeben hatten den Unwissenden die Spielregeln erklären zu wollen, da sie schon bei dem Begriff “Rente” scheiterten, beschlossen sie einfach in Teams zusammen zu spielen und die kleineren Fehler unter den Teppich zu kehren. Der scheinheilige Frieden hielt aber leider nicht an. Kagome fand es selbst schwierig Kouga und Inu Yasha im selben Ort handzuhaben, doch dies verdoppelte sich, wenn sie auch noch unter einem Dach leben mussten. Da konnten Sticheleien nicht ausbleiben. Und Sticheleien fielen bei Inu Yasha ja bekanntich immer auf fruchtbaren Boden. “Sag mal, Inu Yasha...”, begann Kouga. “Wer hat eigentlich noch mal Naraku umgebracht?” Kagome unterdrückte ein Seufzen. Es war eine ihrer ältesten Diskussionen. “Kagome natürlich”, antworteten ihre treuen Freunde, Sango und Miroku, prompt, doch ihr bescheidener Köter war wie immer anderer Meinung, da er im selben Moment selbstverständlich “Ich” von sich gab. Zu allem Überfluss meinte Jaken auch noch seinen Senf dazu geben zu müssen: “Das war ja wohl Lord Sesshoumaru!” Der diplomatische Kohaku, der es gerne gesehen hätte, wenn sich alle auf einen Kompromiss hätten einigen können, erwähnte “Ich glaube jeder hat seinen Teil beigetragen”, wurde aber geflissentlich ignoriert. Während Inu Yasha sich lautstark mit Jaken stritt und Kouga schadenfroh lächelte, fügte Rin zu Kohakus Aussage “Ich war zwar größenteils nicht bei Bewusstsein, aber ich glaube, es war etwas schwierig auseinanderzuhalten, vor allem als Naraku mit dem Juwel verschmolzen ist” hinzu. “Miau”, machte Kirara, um sicherzustellen, dass man ihren Beitrag bei der Angelegenheit nicht vergaß, aber der einzige, der davon Notiz nahm und es mit ein paar Streicheleinheiten würdigte, war Shippou, der es auch höchst ungerecht fand, dass alle ihn immer vergaßen. Obwohl ohne ihn mindestens zwei Personen nicht mit am Tisch sitzen würden. “Wer ist denn dieser Naraku?”, wollte Sayuri wissen. Sie sah so arglos aus, dass Souta vermutete, sie dächte es handle sich um ein hitziges Videospiel. Nur wenig später bestätigte sich dies als Sayuri kommentierte, dass seine Familie den Highscore aber erstaunlich ernst nahm. “Ach, das ist noch gar nichts. Du hättest dabei sein sollen als Kagome früher von den Schwertern erzählt hat und wie sie sich darum gezofft haben!”, erwiderte er ohne groß nachzudenken. Neugierig sah Sayuri ihn an und ihm ging plötzlich auf, was er da von sich gegeben hatte. Gerade im richtigen Augenblick, denn Jaken wollte eine weitere Beschwerde einreichen. Krakeelend stellte er klar: “Tetsuaiga hätte Lord Sesshoumaru gehören sollen!” “Aber er hat doch schon eine Waffe! Das wär nicht fair gewesen!”, behauptete Sango von ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn angespont. Und vielleicht ein bisschen von der Tatsache, dass keiner von ihnen Gefallen daran finden konnten, wenn der Dämon noch stärker geworden wäre... “Aber, dass ein Halbdämon den Zahn eines Vollbluts führen darf, schon?”, hielt Jaken im Namen aller vollblütigen Dämonen empört dagegen. Da Vollblüter in ihrer Gemeinschaft in der Unterzahl waren, hatte Jaken nicht viel Unterstützung für seine Haltung. “Mama?” Souta jr. hatte beim Spielen von der Diskussion Wind bekommen und wie alle Jungen seines Alters ließ das Wort “Schwert” ihn hellhörig werden lassen. “Gehört Papas schwer etwa tatsächlich Onkel Sesshoumaru?” Seine großen Kinderaugen wirkten ehrlich entsetzt. Dass Papas Schwert nicht Papa gehören sollte, brachte seine ganze Weltansicht durcheinander. “Ach, nein, nein, dein Großvater war nur ein sehr großer Befürworter der …” Ja, wie sollte sie diese Erziehungsmethode á la postmortem nennen? “...Schwertpädagogik.” “Schwertpäda-was?”, wollte nun auch Kikyou wissen. “Naja, der Vater deines Papas und Onkels ist leider früh verstorben und konnte daher deinem Papa nicht alles über das Leben beibringen wie wir es mit euch tun.” So weit konnten die beiden noch folgen. “Also hat er ihnen Schwerter hinterlassen, die ihnen alles beibringen würden.” Kurz kam Kagome der Gedanke, dass Sesshoumaru viel älter als Inu Yasha war und dass Inu No Taisho sehr wohl noch am Leben gewesen war in dessen Jugend… Ob er als Kind auch schon so gewesen war, dass sein eigener Vater vor einem handfesten Kampf, der ihm Manieren beigebracht hätte, Abstand genommen hatte? Sie konnte sich den ehrfurchtgebietenden Dämonenlord bei einer Disziplinierung einfach nicht vorstellen. Vielleicht hatte der Vater eingesehen, dass, falls jemand Sesshoumaru etwas beibringen konnte, dann nur er selbst und zwar durch Selbsterkenntnis, um ein Kampfhilfsmittel und somit seine eigene Macht zu stärken. Nichts anderes hätte als Motivator hergehalten... Kluger Mann, ihr echter Schwiegervater, ging Kagome auf. “Und wie haben die das geschafft?” Souta jr. war fasziniert von der Idee ein Schwert als Kindermädchen zu haben. “Dein unheimlicher Onkel musste Güte lernen. Daher hat er ein Schwert, das Leben retten kann, und dein Vater musste stark werden, damit er nicht...” Da stockte sie, denn sie war sich unsicher darüber, wie sie ihrem Sechsjährigen erklären sollte, dass sein Vater manchmal blutrünstige Anfälle bekommen hatte. “Damit er keine Schwierigkeiten bekommt.” Das war ein guter Euphemismus, fand sie. “Hey!”, schaltete ihr Gesprächsthema sich ein. “Ich war schon immer stark!” “Aber natürlich, Schatz”, versicherte Kagome und bevor Inu Yasha seine Wut über ihren Mangel an Seriösität Ausdruck verleihen konnte, fragte Souta jr.: “Kriegen wir auch irgendwann ein Schwert aus deinem Zahn?” Knurrend erwiderte er: “Fragt eure Mutter.” Kagome wollte lieber noch nicht über Erbgeschenke sprechen. Trotzdem konnte sie die Idee jetzt nicht einfach abwimmeln. “Sprich mit Kohaku und eurem Opa Toutousai darüber. Wenn sie bereit sind, euch solche Waffen zu schmieden, können wir noch mal drüber reden, wenn ihr älter seid.” “Und ihr mir im Schlaf einen Zahn klauen könnt”, fügte Inu Yasha siegesgewiss hinzu. Aber die Kinder schwelgten schon in Tagträumen vom Erwachsensein und davon ihre eigenen Schwerter zu besitzen. Jaken, der dem Ganzen aufmerksam gelauscht hatte, sah sich persönlich genötigt noch eins klar zu stellen, bevor sie das Spiel wieder aufnehmen konnten: “Mein Herr ist definitiv nicht gütig! Sondern zum Fürchten, kapiert?” Kapitel 13: Bettgeflüster ------------------------- Am Ende des Tages waren die Kinder so erschöpft, dass sie sogar freiwillig einschliefen. Vielleicht hatten sie auch einen Brunnen-Lag. Was auch immer der Grund, es war himmlisch die Kleinen einfach vom Schoß in den Arm zu nehmen und zu den Luftmatratzen zu transportieren, ohne einen Faustkampf. Kagome freute sich auf ihr Bett. Sie hatte so lange nicht mehr darin geschlafen. Als sie über die schlafenden Kinder schritt und sich endlich darauf fallen ließ, war es sogar noch schöner als sie in Erinnerung hatte. “Oh mein Gott...” Sie bekam einen Bett-gasmus. Sie freute sich schon darauf wie es sein würde morgen ein echtes Bad zu nehmen, mit modernem Shampoo. Wie sie ihr Zuhause vermisst hatte… Inu Yasha war weniger begeistert. Mit grimmiger Miene blickte er aus dem Zimmer und beäugte misstrauisch seinen Halbbruder, wie er draußen herum wanderte. “Was macht der da?”, fragte er argwöhnisch. “Wahrscheinlich ist er genauso verwirrt wie wir alle und versucht einen Weg zurück zu finden”, murmelte Kagome in ihr Kopfkissen. “Aber … Das geht nicht. Der soll sich zurückhalten. Was ist, wenn jemand ihn sieht?” “Das hätte dich früher auch nicht aufgehalten”, gab sie zurück. Sie versuchte genau so viel Geringschätzung wie gewöhnlich in ihre Stimme zu legen, wenn sie Inu Yasha zurechtwies, doch ihre Bettdecke war einfach zu flauschig. “Ich glaube, ich geh ihm mal die Meinung sagen!”, beschied ihr Köter und wollte aus dem Fenster springen. “Halt!” Plötzlich war Kagome wieder hellwach. Doch bevor sie fortfuhr, warfen sie einen Blick auf die Kinder, um zu sehen, ob ihr Ausruf sie aus dem Schlaf reißen würde. Doch zum Glück schlummerten alle beide noch immer selig. “Schatz”, begann sie mit diesem rationalen Ton, der ihn so an ihr nervte. “Komm ins Bett und schlaf endlich.” Sie rollte sich in ihre flauschige Decke und machte ihm ein Quäntchen Platz. Da ging ihm auf, dass sie ihn noch nie gebeten hatte in diesem Bett mit ihm zu schlafen. Tausend Mal waren sie zusammen hier gewesen, meistens stinksauer auf einander, aber manchmal auch in vertrauter Intimität. Doch nie hatte sie ihm das angeboten. Er hatte immer am Bettende auf dem Teppichboden hocken müssen. Er stieg bedächtig von der Fensterbank herab und erkannte, dass es wichtigere Dinge im Leben gab als Familienzwist. Familienzusammenhalt. Eheliche Zweisamkeit. Er krabbelte auf das ungewohnt weiche Bett. Es gefiel ihm ganz und gar nicht. Alles war so schrecklich nachgiebig. Aber er legte seine Arme um Kagome, zog sie eng an sich, sog ihren Duft ein und erklärte “Ich würde mein Leben mit niemandem lieber verbringe als dir, selbst, wenn ich die Chance hätte.” Aber sie schnarchte bereits. Und als Shippou wenig später ebenfalls hereingestolpert kam und sich auf seine aufblasbare Matratze fallen ließ, war der Anflug von Romantik endgültig von dem Halbdämonen abgefallen. Zurückblieb nur eine nagende, stille Sorge, die sich in sein Herz geschlichen hatte als seine Frau einfach so aus seiner Welt verschwunden war. *** Rin bemerkte wie ihr Dämon das Haus verließ. Er wanderte etwas ziellos draußen umher. Aber das schien er immer zu tun. Jedenfalls erweckte das den Anschein. Die Wahrheit war, dass wenige seiner Taten ziellos waren. Interessiert wollte Rin sich ebenfalls hinaus schleichen, wurde aber von Kagomes kleinem Bruder aufgehalten. “Hey!”, flüsterte er und hielt sie am Arm zurück. “Hey?”, erwiderte Rin verwirrt. “Wie geht’s?” “Gut. Ziemlich voll. Das Essen war sehr gut.” “Ja, für ein Mädchen kannst du ordentlich zulangen!” “Danke”, machte sie verwirrt, unsicher ob das wirklich ein Kompliment gewesen war. “Ich habe bis zu meinem sechsten Lebensjahr bitterlich gehungert”, erklärte sie. “Oh.” Er schien kurz vergessen zu haben, wo er mit dieser Konversation hinwollte. Doch es kam wieder zu ihm zurück: “Willst du vielleicht mal ins Kino?” “Klar.” Sie wollte eigentlich raus. “Was ist ein Kino?”, wollte sie daraufhin wissen. “Ach so, ehm, Mittelalter - Ich vergaß! Das ist … wie ein großer Fernseh- … Also wie ... ” Er war kurz davor aufzugeben. “Weißt du zufällig was Theater ist?” Rin nickte. Sesshoumaru hatte sie ein paar Mal zu solchen Veranstaltungen geführt. Man ließ sie immer in erster Reihe sitzen, selbst wenn sie nicht bezahlt hatten, sobald man Sesshoumarus Schwert sah. “Es ist so etwas wie Theater”, sagte er dann endgültig. Das klang eigentlich sehr interessant. “Prima! Ich frag morgen die anderen, dann können wir das gerne machen!”, versicherte sie, lachte strahlend und verschwand dann ins dunkle Draußen. “Ehh ja, genau, die anderen...”, gab Souta verloren von sich. *** Im Gästezimmer hörte man nur: “Au!” “Nicht jetzt Miroku!” “Aber die Kinder schlafen...” “Ja, und ich jetzt auch!” Kapitel 14: Dates & Kindererziehung ----------------------------------- So geruhsam der Abend gewesen war, umso anstrengender war der Morgen. Die Rabauken waren allesamt um sechs Uhr morgens wach. Mit schlaftrunkenen Masken als Gesichter saßen die Männer am Küchentisch und versuchten das Fangenspiel, das nur unmittelbar um sie herum stattzufinden schien, auszublenden. “Kein Wunder, dass die Frauen immer so entnervt sind... Wenn ich das den ganzen Tag hätte, würde ich auch nicht wollen, dass mir jemand an den Hintern packt.” “Papa, worüber redet ihr?”, fragte Mushin jr. “Männersachen!”, winkte Inu Yasha überhastet ab und scheuchte ihn mit einer Klaue davon. Verdrossen dachte der Halbdämon an seine eigene Frau. Langsam, sehr langsam keimte eine Idee in seinem unromantischen, unsensiblen Hundehirn… *** Kagome, Sango und Rin hatten den ganzen Tag damit zugebracht Frau Higurashi mit dem Weihnachtsessen zu helfen. Sie waren Unmengen einkaufen gegangen, hatten ganze Berge aus Hühnchen und Karpfen mitgebracht, hatten den Ofen die ganze Zeit über am Laufen gehabt und im Anschluss alles für Übermorgen gelagert. Sango und Rin waren regelrecht fasziniert von dieser Art des Kochens und so fanden sich die Frauen am Ende des Abends am Küchentisch schwatzend wieder. Seltsamerweise war Jaken auch mit von der Partie. “Also heizt man den Ofen erst vor und schiebt dann das in Alu- … Aluminiumfolie gewickelte-...?” “Frau Higurashi!”, rief jemand alarmiert aus dem Wohnzimmer. “Das sind die Männer mit den Kindern!”, entfuhr es Sango. “Bleibt sitzen. Ich geh schon”, bat Kagomes Mutter und machte sich auf den Weg. Währendessen erklärte Kagome den drei anderen noch einmal wie der Ofen funktionierte als plötzlich Souta eintrat. “Eh...” begann er und sah peinlich berührt zu Boden als seine Schwester ihn mit einem inquisitativen Blick bedachte. Rin kam ihm unerwartet zur Hilfe. Sie klatschte sich die flache Hand auf die Stirn. “Das Theater! Ich hätte es beinah vergessen!” Sie sprang auf. “Ich geh nur schnell die anderen suchen. Dann können wir los. Wusstest du, dass man in einem Ofen backen kann ohne erst Feuer zu machen?”, hängte sie fasziniert hinten an, während sie auf dem Weg nach draußen war. “Tatsächlich”, machte Souta und tat sein bestes ein Lachen zu unterdrücken. “Theater?”, fragten Kagome, Sango und Jaken gleichzeitig als sie weg war. “Sie meint Kino. Ich dachte, es wär schön, ihnen ein bisschen was zu zeigen, solange sie hier sind. In der anderen Ära bekommen sie bestimmt nicht so viel zu sehen.” Kagome dachte an all die phantastischen, unglaublichen Dinge, die sie dort bereits miterlebt hatte und Sangos Augenbrauen fuhren auch steil zusammen als sie sich fragte, was der Jüngling wohl damit meinen konnte. “Findest du etwa deine Ära ist besser als uns-”, begann sie, wurde aber von Jakens Gebrummel unterbrochen: “Hat Lord Sesshoumaru diesem Unterfangen zuge-?” “Überraschung!”, ertönte es enthusiastisch. Jaken wurde genau wie Sango abrupt unterbrochen als sie Inu Yasha hörten. Danach herrschte Stille. Alle vier, selbst Souta, vergaßen den Mund zu schließen. “Was ist hier los?”, wollte Kagome schließlich wissen und deutete auf den lächerlichen Aufzug, in dem sich ihr Gatte befand. Frau Higurashi lächelte optimistisch. “Wir planen es schon den ganzen Tag!”, erklärte sie freudig. “Ehh… was genau denn?” Kagome war nicht sicher, ob sie jetzt gerade die Nerven hatte sich das anzutun, was sie glaubte, gleich passieren würde… Inu Yasha trug einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug und hielt einen Blumenstrauß langstieliger roter Rosen im Arm. Das Haar hatte ihre Mutter versucht in einem Pferdeschwanz zu bändigen und, um die Verkleidung noch lächerlicher zu machen, hatte sie sich für einen Hut entschieden, um die Ohren zu bedecken, der so aussah als sei er als letztes von Al Capone getragen worden und in den 40ern schon unmodisch gewesen. “Ich werde dich auf ein romantisches ...” er sah kurz auf seine Handfläche, bevor er weitersprach. “Date ausführen!” Er grinste. “Nach...” Er sah noch einmal auf seine Handfläche. “Valentino’s… Dort riecht es nach einer Misch-... Oh, nein, das ist die Wegbeschreibung”, unterbrach er sich. Offenbar war Kagomes Mutter umsichtig genug gewesen zu realisieren, dass Inu Yasha herzlich wenig damit anfangen konnte, wenn sie ihm sagte, welche U-Bahn er nehmen musste, sondern hatte ihm einfach die Geruchsfährte beschrieben. “Und ihr beide habt das schon den ganzen Tag lang geplant, ja?” Kagomes Lächeln war wie festgefroren als sie mit ihrer Mutter sprach, die eifrig nickte. “Wessen Idee war das denn genau?”, wollte sie wissen, während Souta versuchte auf Inu Yashas Handfläche zu spähen und Sango an den Rosen zu riechen. “Er wollte etwas für dich tun, das dir gefallen würde, etwas Romatisches, und ich habe ein Date vorgeschlagen!”, gab Frau Higurashi zu, die vor jugendlichem Elan nur so sprühte. “Vielen Dank, Mama...”, schniefte Kagome, sich selbst bemitleidend. “Jetzt musst du dich umziehen!” Kagome seufzte: “Ja, sieht ganz so aus...” Ohne viel Enthusiasmus schlurfte sie zum Zimmer, um sich umzuziehen, bis ihr etwas auffiel: “Moment! Wer hütet die Kinder?!” “Also ich nicht!”, stellten Souta und Jaken klar. “Ich, Miroku und Sango können das übernehmen!”, versicherte ihre Mutter und zerstörte damit Kagomes letzte Hoffnung auf ein Entkommen der Blamage, die mit Sicherheit bevorstand. *** So hatte Souta sich den Kinobesuch nicht vorgestellt. Zwar hatte er geahnt, dass es einige Abweichungen von seiner Fantasie im Kopf geben würde als sie darauf bestand, “die anderen” einzuladen, aber er hatte ja nicht wissen können, dass sie wirklich “alle anderen” meinte. “Gib mir noch etwas von dem salzigen Zeug, Söhnchen, ja?”, verlangte Kaede und streckte bereits ihren alten, mit verschrumpelter Haut überzogenen Arm nach seinem Popcorn aus. Er ließ es geschehen und versuchte verzweifelt einen Blick auf Rin zu erhaschen, die zwischen Shippou und Kohaku an Kaede links vorbei saß. Da kam einer der alten Säcke von der anderen Seite, Toutousai hieß er, glaubte er, und krallte sich gleich die ganze Packung. “Hey! Pass auf!”, piepste es aus der Popcorntüte. Ach ja, sogar den Floh hatte sie eingeladen… Souta konnte es kaum glauben. “Hey, Souta! Reich mal die Cola rüber!” “Kein Problem, Opa”, seufzte er und reichte das Getränk an Sayuri weiter, die hinter ihm saß, weil sie es so leichter weitergeben konnte, denn der Sack neben ihm hatte keine Hand frei, weil er mit beiden Popcorn in sein Maul schaufelte. Die Ticketverkäuferin hatte nicht schlecht geschaut als die fünf jungen Herrschaften mit ihren Großeltern im Kino erschienen waren. Dass Rin auch noch barfuß war und humpelte, polierte ihr Image nicht gerade auf. Aber es hätte noch schlimmer kommen können, rief er sich in Erinnerung. Wenigstens war dieses kleine grüne Monster, das immer auf Rin achtgeben wollte, nicht mit dabei. Trotzdem... Es war definitiv nicht wie er sich das ausgemalt hatte. *** Nachdem sie sich fünf Mal verlaufen hatten, natürlich die ganze Zeit von allen angestarrt wurden, weil ein weißhaariger Gangster mit einer Frau im kleinen Schwarzen auf dem Rücken durch die Gegend hopste und allenthalber anhielt, um die Luft zu schnüffeln, waren sie endlich angekommen und man hatte ihren Tisch noch nicht weitergeben. Während sie durch das Restaurant geleitet wurden, bekam Kagome tatsächlich Appetitt, weil all die herrlichen Gerüche ihre Nase erreichten und die Gerichte der anderen Gäste so schmackhaft aussahen. “Du weißt schon, dass du lächerlich aussiehst?”, wies sie ihn auf seinen Aufzug hin. “Aber deine Mutter hat das ausgesucht”, hielt er dagegen. Sie saßen an einem runden Tisch für zwei mit einer Kerze und hübscher Blumendeko zwischen ihnen. Es gab sogar zwei jeweils Gabeln für einen Teller an diesem Ort! Kagome betrachtete den Anzug noch einmal und machte ein Gesicht als wolle sie sagen, dass das nicht wirklich ein Indiz für guten Stil war. “Ich bin mir nicht wirklich sicher, in welchem Jahrhundert Mama ihr letztes Date hatte”, argumentierte sie, lächelte aber, um ihren Worten die Härte zu nehmen. Er schien es nicht allzu schwer zu nehmen, denn er zuckte nur mit den Schultern und visierte das Menü an. Er erinnerte sich, was Kagomes Mutter ihm über das Prozedere erklärt hatte und schlug dieses daraufhin auf. Mit einem Finger den Worten folgend versuchte er die Gerichte zu identifizieren. Als Kagome ihm vor neun Jahren das Lesen hatte beibringen wollen, war er nicht gerade ihr bester Schüler gewesen. “Was soll das denn bitte heißen?”, empörte er sich und zeigte ihr ein besonders kompliziertes Schriftzeichen. Kagome verdrehte die Augen. “Sei doch bitte nicht so laut”, mahnte sie. Dann nahm sie ihm die Karte mit den Worten “Lass mich das machen” aus der Hand. Sie suchte etwas aus, das seinen simplen Geschmacksnerven ansprechen würde und ging sicher, dass er ihre und seine Bestellung ein paar Mal wiederholte, damit er es auch richtig sagte, wenn die Bedienung zurückkam. Noch bevor das passieren konnte, ereilte sie allerdings ein weiterer Schicksalsschlag. “Hey! Heda!”, rief jemand lautstark vom anderen Ende des Raumes. Kagome wollte am liebsten im Boden versinken. Eingetreten waren gerade ihre beste Freundin und ihr Gatte. Sango trug ganz offensichtlich etwas, das sie sich von ihrer Mutter geborgt hatte und Miroku ebenfalls einen Anzug, der wahrscheinlich einmal ihrem verstorbenen Gatten, Kagomes Vater, gehört hatte und aus den Tiefen irgendeines alten Schrankes gegraben worden war. Das Bittere war, dass Miroku darin trotzdem eine bessere Figur machte als Inu Yasha. Während Sango mit aufgeregtem Gesicht zu ihnen gelaufen kam, hing ihre bessere (oder auch nicht so gute) Hälfte ein bisschen hinter ihr zurück, um sich die bewundernden Blicke anderer Frauen an den Tischen nicht entgehen zu lassen. “Den braucht doch sicherlich keiner!”, entschied seine Frau bei ihrer Ankunft und zog einen Stuhl von einem anderen Tisch an ihren heran und zwängte sich mitten in ihr romantisches Dinnerdate. “Also, hier kann man essen?”, vergewisserte sie sich. Niedergeschlagen nickte Kagome hinter der Fassade eines Lächelns. “Jup, so sieht`s aus!”, bestätigte sie trotzdem. Inu Yasha schien nicht zu bemerken, dass sie das Zentrum aller Aufmerksamkeit waren und rückte ein Stück beiseite, damit Miroku sich auch endlich mit einem gestohlenen Stuhl an den Tisch drängen konnte. “Was isst man denn hier so?” Sich in ihr Schicksal ergebend wiederholte Kagome dieselbe Prozedur wie vorhin mit Miroku und gab sich den kleinen Freuden des Lebens hin, z.B. dem Stolz, den sie empfand als die beiden, Miroku und Inu Yasha, die auswendig gelernten Phrasen linientreu wiederholen konnten als die Bedienung danach fragte. “Kann ich die Herrschaften vielleicht an einem zweiten Tisch interessier-”, fuhr der Ober fort. “Oh nein, nein”, wehrte Sango ab. “Macht Euch keine Mühe. Wir sind schon ganz andere Essverhältnisse gewohnt!”, versicherte sie, bescheiden wie immer, doch leider vollkommen unangebracht. Miroku sah einer der weiblichen Bedienungen hinterher und kassierte einen Tritt von Kagome unter dem Tisch. “Au!”, zischte er, während ihr Ober verschwand. “Was denn, Schatz?”, wollte Sango wissen, doch er beeilte sich mit seinem “Nichts!”. Inu Yasha allerdings, ausnahmsweise aufmerksam, hatte die Geschehnisse mitbekommen und lachte dreckig und schadenfroh. Kagome fühlte wie sich eine Migräne anschlich, etwas, das ihr nur allzu bekannt von früheren Besuchen ihrer Mittelalter-Bekanntschaften in der anderen Welt war. Während die vier an ihrem winzigen Tisch warteten, warf Inu Yasha die Blumenvase um und die weibliche Bedienung von vorhin musste vorbei kommen, um sauber zu machen. Während Miroku unter Sangos strengem Blick versuchte seine Zwänge zu unterdrücken und Inu Yasha sich zum Glück ehrlich zerknirscht entschuldigte, kam Kagome ein schrecklicher Gedanke. “Wartet mal!”, rief sie. Die Bedienung sah ihr fragend entgegen, doch Kagome winkte schnell entschuldigend ab: “Nicht Sie.” Sie lehnte sich in die Runde und wollte energisch wissen: “Wenn ihr hier seid, wer passt dann auf die Kinder auf?” Ihr schwante Böses und sie stellte sich ihre gutmütige, laissez-faire Mutter umgeben von ihrer nervtötenden Meute vor. *** Sesshoumaru hatte die ganze letzte Nacht bereits versucht eine weitere Meidou zu öffnen, doch es wollte ihm nicht gelingen, egal wie oft er mit Tensaige durch die Luft hieb. An dem Brunnen waren auch keine nennenswerten Gerüche vorhanden, die ihm einen Hinweis darauf geben konnten, wer für dieses temporale Missgeschick zuständig war. Beunruhigt schritt er wieder aus dem Schuppen heraus und machte sich auf den Weg zum Haupthaus. Noch mehr als der Weltensprung, beunruhigte es ihn, dass er hier mehr oder minder Zeit mit der nervenzehrenden Familie und dem Freundeskreis seines Halbbruders verbrachte. Jedes Mal, wenn er Rin besucht hatte in der Vergangenheit, überkam ihn danach eine tiefempfundene Wertschätzung für Stille und Ruhe. So war er nicht erfreut als er eintrat und sich ihm das gegenwärtige Bild bot: Die Menschenfrau, die Kagome so ähnelte, war umgeben von den kleinen Biestern, die er trotz der diversen Größenunterschiede noch immer nicht auseinander halten konnte, und sie versuchten sich an etwas, das er als Kochen identifizierte. Kräuter und Gewürze waren im ganzen Raum verstreut, eine Mehlwolke breitete sich ebenfalls gerade aus und einer der Töpfe schien kurz vor dem Überkochen. Der Pfefferstaub gelang etwas zu nah an ihn heran und er musste herzhaft niesen, bevor er ausweichen konnte. Trotz des Aufruhrs war die Menschenfrau ein Pol der Ruhe. Bei fünf Kindern, zum Teil mit Mischlingsblut, half das allerdings wenig. Mit bloßen Fingern schob er den Kochtopf von der Flamme und sagte dann noch nicht einmal besonders laut, wenn auch eindringlich, mit seiner tiefen Stimme: “Ruhe.” Das Chaos ebbte ab und sechs Augenpaare richteten sich auf ihn. “Du...” Er deutete auf den kleinen Jungen, der dem Mönch glich. “Kümmer dich darum.” Sein Kinn deutete in Richtung der Mehlkatastrophe. Jaken kroch aus seinem Versteck hinter dem Rocksaum der Menschenfrau und stierte seinen Herrn ehrerbietig ob dessen Machtdemonstration an. “Ihr”, fuhr jener fort. Damit waren zwei Mädchen mit identischen Gesichtszügen gemeint. “Helft der Menschenfrau mit den Töpfen.” Ängstlich folgten sie seinem Befehl und fragten Frau Higurashi so leise wie möglich wie sie ihr zur Hand gehen konnten. “Das ist aber lieb!”, erwiderte diese, vollkommen unbeeindruckt von der ominösen Atmosphäre des herrischen Bruders ihres Schwiegersohns. Dann baute dieser sich gebieterisch vor den Zweien auf, die die Jüngsten zu sein schienen. Die Mischlinge, ging ihm auf. Er verzog knurrend die Lippen. “Nasser Lappen”, brachte er hervor und deutet auf die Spüle. “Wenn ich noch einmal niesen muss,...”, begann er seine Drohung. “Fresse ich euch.” Nicht gerade die liebevollste Hand, aber definitiv eine wirkingsvolle bei der Kindererziehung. In Null Komma Nix entbrach ein völlig anderer Tonus in der Geschäftigkeit der Küche. Jeder ging seinen Aufgaben nach, hörte auf die liebevoll dirigierenden Worte Frau Higurashis und das alles unter dem warnenden, ruhigen Blick des Dämons. Unterdessen bemerkte dieser daher nicht - und selbst wenn, hätte es ihn wohl kaum, gekümmert - wie sich ein gewisser Wolfsdämon davonschlich. *** “Wir müssen sofort nach Hause!”, regte Kagome sich auf. Sie war schon halb aufgestanden und hatte sich die Handtasche um die Schulter geschlungen, alle Beteuerungen a la “Nein, das wird schon!”, “Jetzt mach dir keine Sorgen” und “Deine Mutter ist super mit den Kindern!” in den Wind schlagend, als das Essen kam. Auf dem Tisch wurde es noch viel beengter als vier Teller darauf Platz finden sollten und es stellte sich eigentlich als positiv heraus, dass die Vase verschwunden war. “Jetzt setz dich doch und iss wenigstens”, schlug Miroku vor. “Danach können wir sofort zurück”, versprach auch Sango und beäugte bereits die Köstlichkeiten. Sie war noch nie auf einem Date gewesen und fand das ganze Erlebnis augenscheinlich höchst aufregend und nicht einmal halb so nervenaufreibend wie Kagome. Inu Yasha begann bereits von seinem Teller zu essen noch bevor dieser vor ihm abgestellt worden war. Resigniert setzte sie sich wieder und nahm sich vor das Wort “Tischmanieren” bei sich zu Hause einzuführen, sobald sie wieder daheim waren. Gerade als sie dachte, schlimmer könne es nicht werden und sie Sango erklärte, dass dies ein westliches Restaurant war und wie man mit Messer und Gabel umging, wurde es - wie überraschend! - schlimmer. “Na, ihr Turteltauben!”, grüßte Kouga lautstark vom Eingang und begann in der Mitte des Raums einen leeren Stuhl nach sich zu ziehen. Da er der einzige war, der noch nicht Gelegenheit oder Verlangen gehabt hatte sich modern zu kleiden, erregten seine nackten, muskulösen Beine noch mehr Aufregung bei den Damen des Etablissements als Miroku vor ihm. Einige hielten es für Teil einer Show des Restaurants und steckten ihm Geldnoten in den Brustpanzer. “Hier, hab ich bekommen”, erklärte er und drückte Kagome als Wilkommensgeschenk das Geld in die Hand. “Was essen wir denn?”, fragte er und langte ohne Hemmungen auf Kagomes Teller, um sich eine Handvoll Spaghetti in den Mund zu schieben. “Ihr habt doch nicht erwartet, dass ich euch ziehen lasse und mit den Kindern und dem verrückten Eisklotz von Dämon allein zurückbleibe, oder?” Sie konnte es kaum erwarten wieder bei ihren Kindern zu sein. Denen konnte sie wenigstens aufgrund ihres Alters solches Betragen vergeben... Kapitel 15: Heimkehr & Herzensangelegenheiten --------------------------------------------- “Wir müssen sofort nach Hause!”, regte Kagome sich auf. Sie war schon halb aufgestanden und hatte sich die Handtasche um die Schulter geschlungen, alle Beteuerungen a la “Nein, das wird schon!”, “Jetzt mach dir keine Sorgen” und “Deine Mutter ist super mit den Kindern!” in den Wind schlagend, als das Essen kam. Auf dem Tisch wurde es noch viel beengter als vier Teller darauf Platz finden sollten und es stellte sich eigentlich als positiv heraus, dass die Vase verschwunden war. “Jetzt setz dich doch und iss wenigstens”, schlug Miroku vor. “Danach können wir sofort zurück”, versprach auch Sango und beäugte bereits die Köstlichkeiten. Sie war noch nie auf einem Date gewesen und fand das ganze Erlebnis augenscheinlich höchst aufregend und nicht einmal halb so nervenaufreibend wie Kagome. Inu Yasha begann bereits von seinem Teller zu essen noch bevor dieser vor ihm abgestellt worden war. Resigniert setzte sie sich wieder und nahm sich vor das Wort “Tischmanieren” bei sich zu Hause einzuführen, sobald sie wieder daheim waren. Gerade als sie dachte, schlimmer könne es nicht werden und sie Sango erklärte, dass dies ein westliches Restaurant war und wie man mit Messer und Gabel umging, wurde es - wie überraschend! - schlimmer. “Na, ihr Turteltauben!”, grüßte Kouga lautstark vom Eingang und begann in der Mitte des Raums einen leeren Stuhl nach sich zu ziehen. Da er der einzige war, der noch nicht Gelegenheit oder Verlangen gehabt hatte sich modern zu kleiden, erregten seine nackten, muskulösen Beine noch mehr Aufregung bei den Damen des Etablissements als Miroku vor ihm. Einige hielten es für Teil einer Show des Restaurants und steckten ihm Geldnoten in den Brustpanzer. “Hier, hab ich bekommen”, erklärte er und drückte Kagome als Wilkommensgeschenk das Geld in die Hand. “Was essen wir denn?”, fragte er und langte ohne Hemmungen auf Kagomes Teller, um sich eine Handvoll Spaghetti in den Mund zu schieben. “Ihr habt doch nicht erwartet, dass ich euch ziehen lasse und mit den Kindern und dem verrückten Eisklotz von Dämon allein zurückbleibe, oder?” Sie konnte es kaum erwarten wieder bei ihren Kindern zu sein. Denen konnte sie wenigstens aufgrund ihres Alters solches Betragen vergeben... *** An dem Abend war kaum jemand wirklich zufrieden mit dem Verlauf der Ereignisse. Alle kehrten etwa zur selben Zeit zurück und daher gab es ein paar logistische Schwierigkeiten beim Betreten des Higurashi-Anwesens. Daher hatten sie ein paar Minuten zum Erlebnisaustausch, weil Toutousai und Mushin Sr. sich darum stritten, wer Kaede den Vortritt lassen durfte, während Kaede selbst versuchte sich einfach über beide hinwegzusetzen und sich hindurchzuschieben. “Warum musste das Auto denn am Ende in die Luft geblasen werden?”, fragte Opa gerade seinen Enkel über die Bedeutung dieses stilistischen Mittels im Film aus, der sein Bestes tat jenen zu ignorieren. “Souta!”, rief Kagome. Dankbar für die Ablenkung wandte er sich seiner Schwester zu. “Wie war`s im Kino? War der Streifen gut?” Sie hoffte, dass wenigstens einer von ihnen einen angenehmen Zeitvertreib genossen hatte, doch wurde enttäuscht. “Keine Ahnung. Die beiden Saufköpfe dahinten haben irgendwann begonnen wie Fünfjährige mit Popcorn zu werfen”, erklärte er und deutete auf die liebestollen Streithähne. “Außerdem musste das Mütterchen gefühlte zich-dutzend Mal aufs Klo und Sayuri musste jedes Mal mit. Nicht genug, dass die Alten sie in die Reihe hinter uns abgedrängt hatten, sie mussten sie auch noch so in Beschlag nehmen, dass niemand meines Alters in meiner unmittelbaren Nähe saß und Kohaku und Shippou-...!” Hier unterbrach er sich. Das wollte er seiner Schwester nämlich eigentlich nicht anvertrauen. Es war ja nicht nur so, dass die beiden die Sitzplätze um Rin beschlagnahmt hatten, sondern obendrauf schienen alle Jungen ein eingebautes Defaultprogramm für Kinobesuche zu haben, egal von welcher Zeitepoche. Aus den Augenwinkeln hatte er mitbeobachten können wie beide zur gleichen Zeit versucht hatten den Arm um seinen Schwarm zu legen, sich gegenseitig getroffen hatten, dann ein Streitgespräch über ihren ahnungslosen Kopf hinweg geführt hatten und sich erst beruhigten als Rin, vertieft in den Film, “Scht, ich glaube die Geschichte nähert sich dem Höhepunkt”, gemurmelt hatte. “Frag einfach nicht weiter”, beendete er seine Geschichte und erkundigte sich stattdessen nach ihrem Abend. Kagome deutete wortlos mit dem Daumen über ihre Schulter auf das sich streitende Ehepaar. Sango und Miroku führten einen hitzigen Disput darüber, weshalb Miroku Telefonnummern annehmen sollte, wenn er doch mit ihr verheiratet war und er stellte die, auf seltsame Weise irgendwo berechtigte Gegenfrage, worüber sie sich so aufregte, wenn er weder ein Telefon besaß noch wusste wie eins funktionierte. “Darüber hinaus hat Inu Yasha später auch noch die Kerze umgeworfen, beinah die Tischdecke in Brand gesetzt, weil keine Vase mit Wasser da war, mit welcher man hätte löschen können, und Sango hat französischen Wein für sich entdeckt. Ach so, und der hier...” Sie verpasste Kouga einen Klaps auf den Hinterkopf. “War auch keine Hilfe.” Zusammenfassend fügte sie hinzu: “Ich bin müde.” Das konnte Souta nur zu gut verstehen und damit schoben sie die Senioren tatkräftig beiseite und öffneten die Tür zur Küche. Was sie sahen, verblüffte sie nicht nur ein bisschen. Kagome hatte mit allem ob ihrer Ankunft gerechnet: Zerstörte Möbel, eine Mutter mit Nervenzusammenbruch, alle möglichen anderen Brüche, aber kein blitzblankes, stilles Haus. Es war fast schon unheimlich. “Halt!”, zischte sie und die Kolonne von Heimkommern hielt tatsächlich inne. Sogar Miroku und Sango brachen ihren Streit ab. “Irgendwas ist hier falsch”, warnte sie und machte sie vorsichtig weiter auf zum Wohnzimmer. Nachdem sie die Schiebetür beiseite gerammt hatte, wurde ihre Verblüffung sogar noch größer. Die jüngeren Kinder schliefen brav auf der Couch, die Zwillinge sahen fasziniert im Fernsehen eine Dokumentation übers Blumenstecken und ihr Schwiegerbruder und ihre Mutter saßen beim Go-Spiel am Esstisch. “Was ist denn hier passiert?”, entwich es ihr. Ihre Mutter sah stolz herüber. “Der Bruder deines Mannes hat eine ganz glückliche Hand mit den Kindern”, strahlte sie. “Halbbruders”, korrigierte der Gelobte leise. Die Tochter war so verdutzt, dass sie keinen Ton heraus bekam. Die anderen, die gegen sie prallten, weil sie versuchten an Kagome vorbeizuspähen, ereilte dasselbe Schicksal. Es herrschte allgemeine, vollkommen verblüffte Stille bis die Anführerin des Trosses schließlich, halb ernst, halb ironisch, fragte: “Wie denn das? Hat er gedroht sie aufzuessen?” Kagomes Mutter winkte lachend ab: “Ach, nur ein Mal. Wollt ihr euch nicht zu uns gesellen?”, bot sie mit einladender Geste an. Sesshoumaru entschuldigte sich und verschwand, bevor ihre Mutter noch fragte “Warum zwängt ihr euch denn alle in die Küche? Hier ist genug Platz. Wie war`s im Kino und im Restaurant?” *** Rin war gerade wieder ins Haus geschlichen, nachdem sie versucht hatte die ganze Geschichte über die Ereignisse des Abends und vor allem über das verblüffende Endergebnis bei Sesshoumaru in Erfahrung zu bringen, und trat zu den anderen ins Wohnzimmer. Leider war er nicht sehr gesprächig gewesen. Es schien ihm regelrecht unangenehm zu sein, dass man ihn in solcher Eintracht mit einer Menschenfrau am Tisch gesehen hatte. Sie wusste er fühlte so, denn er wurde immer aufbrausend, wenn ihm etwas unangenehm war. Ein seltsamer Gedanke huschte für die Dauer eines Atemzuges durch ihre Gedanken. Frau Higurashi war eine sehr schöne Menschenfrau... Drinnen schlief Kagome den wohlverdienten Schlaf einer Frau am Ende mit den Nerven, Sango und Miroku führten irgendeinen Streit im Flüsterton zu Ende und die älteren Herrschaften hatten sich von der wundervollen Frau Higurashi zum Spielen überreden lassen. Shippou und Kohaku waren auch irgendwie mit in der Partie gelandet, während Kirara und Buyo verträumt auf dem Teppichboden fläzten. Pflichtbewusst schnappte sie sich Kikyou und lud sie sich vorsichtig auf den Arm als Souta Sr. herantrat. “Hey”, wisperte er freundlich. “Kann ich dich mal kurz sprechen?” “Klar, aber dann musst du auch einen nehmen.” Ihr Kinn ruckte auf eins der schlafenden Ungeheuer und zwinkerte ihm zu. Souta hatte noch nie ein Kind auf dem Arm gehabt und so stellte er sich ob seiner Vorsorge erst etwas lächerlich an, doch als klar wurde, dass sein kleiner Namensverwandte noch nicht einmal aufgewacht wäre, wenn er mit dem Kopf gegen einen Türrahmen geknallt wäre, wurde sein Onkel mutiger und lud ihn sich über die Schulter. Beim Treppensteigen fragte Rin “Also?” Souta fühlte sich nicht ganz so wagemutig mit einem fünfjährigen über der Schulter, also geriet er ins Stocken. “Stört es dich etwa sehr-...”, begann Rin zerknirscht. Er hoffte sie hatte erkannt, dass es unangebracht von ihr gewesen war ihr Date in einen Seniorenausflug zu verwandeln, doch dem war nicht so… “..., dass wir eurer Familienfest ruiniert haben? Kagome erzählt uns oft wie Weihnachten sein sollte und ich weiß, dass meine Familie etwas… ” “Aufregend ist?” Er versuchte sie aufzumuntern und diesmal glückte ihm sogar eins seiner Unterfangen. Sie betraten Kagomes altes Zimmer und legten ihre Bündel auf ihre Matratzen am Boden ab. Ungelenk standen sie dann beisammen. “Sonst noch was?”, fragte sie hilfreich. “Ja, eigentlich schon...” Er druckste noch etwas herum. “Das Kino heute...” “Ja?” Er zögerte noch, doch entschied sich dann für die Wahrheit. “Die Einladung galt eigentlich nur dir.” Ihr Gesichtsausdruck war wie leergefegt. “Was?”, fragte sie schließlich. “Na ja, ich mag dich recht gern. Du bist unglaublich lustig und … echt hübsch.” Er lächelte unbeholfen und sie erwiderte es genauso. Er biss sich kurz auf die Lippe, doch dann lehnte er sich zu ihr herunter. Leider zog sie den Kopf zurück. Er verstand. “Ist es… wegen dem Zeitunterschied?” Als sie nicht sofort begriff, fügte er hinzu: “Also, der Epochenunterschied. Offensichtlich haben wir ja keine Zukunft...” Sie nickte heftig. “Ja, genau. Deswegen…” Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Rins Kopf fuhr erschrocken herum und plötzlich begriff Souta den wahren Grund für ihre Abgeneigtheit. Er hatte die Szene im Kino schließlich mitbekommen. Es war dieser Kohaku, der ihre Zweisamkeit so rüde unterbrach. Unentschlossen blieb er im Türrahmen stehen. “Oh, Verzeihung. Inu Yasha fragt die ganze Zeit was sein verflixter Bruder mit seinen Kindern angestellt hat und ich dachte mir, dass du wahrscheinlich die einzige bist, die da vermitteln kann.” Rin lachte erleichtert und nickte wieder. “Ich komme sofort”, versprach sie. Bevor sie ganz mit dem jungen Mann verschwand, wandte sie sich noch einmal um. “Tut mir Leid, ich dachte irgendwie du und Sayuri wärt...” Sie suchte nach einem Wort, wohlwissend, dass die Dinge in Kagomes Welt wahrscheinlich anders funktionierten als daheim. “...einander versprochen?”, war schließlich die Phrasierung, für die sie sich entscheid. Souta kratzte sich verlegen am Kopf. “Nein, nein, nur meine beste Freundin von der Uni. Ihre Eltern sind geschieden und Weihnachten ist nicht die beste Zeit für sie.” Zu spät fiel ihm auf, dass Rin wahrscheinlich nicht mit dem Konzept einer Scheidung bekannt war, doch sie war ein kluges Mädchen und schien trotzdem zu verstehen. “Trotzdem danke. Ich bin sehr geehrt.” Sie winkte noch zum Abschied und Souta dachte fassungslos, dass sie sogar noch liebenswürdig war, wenn sie einem den Korb gab. *** “Was war denn da los?”, wollte Kohaku, der am Treppenende auf sie gewartet hatte, wissen. Rin schüttelte nachsichtig mit dem Kopf. “Ich vergesse manchmal, dass ich jetzt erwachsen bin”, gestand sie mit einem zerknirschten Lächeln. “Hmm, ich hör Inu Yasha gar nicht ‘Rumbrüllen? Hat er sich vielleicht schon beruhigt?”, wunderte sie sich anschließend. “Ehhh”, begann Kohaku und erschien nervös. “Das wird`s wohl sein. Frag am besten nicht nach, damit es ihm nicht wieder einfällt.” Kohaku war von weiteren Erklärungsnöten erlöst, da seine Schwester ihnen samt Anhang auf dem Flur begegnete. “Sag deinem Vormund ein herzliches Danke, dass er so auf die Kleinen achtgegeben hat”, bat sie an Rin gewandt. “Wir sind nicht klein”, warfen die Zwillinge synchron ein, doch Rin willigte gern ein. “Ich bin mir sicher, dass er das nicht einmal ein bisschen zu schätzen wissen wird”, kicherte sie, freute sich aber trotzdem über Sangos Großmut. Die Mutter führte ihre zwei Ältesten weiter zu dem Gästezimmer, das sie beherbergten, und Miroku folgte mit Mushin jr. auf dem Arm. *** Das Wohnzimmer hatte sich bis auf die schnarchenden Alten auf ihren Klappbetten sehr geleert. Kagomes Mutter räumte Gläser und das Spiel fort, während Inu Yasha sich zu seiner schlafenden Frau gesellt hatte. Sanft versuchte er sie zu wecken. Doch es brauchte etwas mehr als Sanftheit, um sie aus ihrem Schlummer zu reißen. “Hat der Abend dir gefallen?”, wollte er schließlich wissen als sie endlich die Augenlider auseinander zwang. Seiner Gattin entging der hoffnungsvolle Ton und schläfrig murmelte sie die Wahrheit. “Mit der Zeit werde ich wenigstens die Geste zu schätzen lernen.” Die Aussage fiel wie ein Stein auf ihn herab. Deprimiert zog er sich den dämlichen Hut vom Kopf und löste das Haarband. Dann ließ er Kagome schlafend auf der Couch zurück, während er sich nach oben zurückzog, um die Kinder im Schlaf zu beobachten. Währendessen hielt Miroku seine Frau im Arm und streichelte zärtlich ihre Schulter. “Danke, dass du mich überredet hast auch auf ein Date zu gehen - Sag ich das richtig? Date?” “Glaub schon”, erwiderte dieser, der selber zuvor noch nie von dem Wort gehört hatte. “Du weißt, dass keine andere Frau an dich herankommt, oder?” Er ahnte ein Lächeln, obwohl er es nicht sehen konnte, weil er hinter ihr lag. So stützte er sich auf seinen Ellbogen, um seine Vermutung womöglich doch noch zu überprüfen, doch geschickt verbarg sie ihr verschmitztes Grinsen mit den Haaren. “Ihh!”, zischten die Zwillinge. “Habt ihr keinen Anstand?” Das Paar lachte leise und hörte auf ihre Töchter mit ihrer Liebe anzuekeln. Kohaku bedeutete den Zwillingen mit an die Lippen gelegtem Finger, dass es auch für sie Zeit war ruhig zu sein. Dann schloss er ebenfalls die Augen. Seltsamerweise fand er die Turteleien seiner Schwester und seines Schwagers nicht mehr so unerträglich wie früher. Ganz im Gegenteil, er sehnte sich ebenfalls nach solcher Verbundenheit. *** Bevor Rin sich auch schlafen legte, lugte ihr Kopf noch einmal nach draußen. Sesshoumaru saß an die Hauswand gelehnt, die Augen geschlossen. Sie wusste, dass er nicht schlief. “Danke”, hauchte sie schnell und zog sich spitzbübisch zurück, bevor er sie mit einem seiner herzöglichen Stirnrunzeln strafen konnte. Kapitel 16: Am nächsten Morgen ------------------------------ Am nächsten Morgen machte Sango Bekanntschaft mit den weniger freudigen Aspekten französischen Weins und beschloss eine Stunde länger als ihr Gatte im Bett zu bleiben. Dieser verbrachte ein bisschen Qualitätszeit mit seinen Töchtern als sie alle zusammen Frau Higurashi mit dem Frühstück halfen. Die Alten waren schon seit zwei Stunden wach und hatten Bekanntschaft mit den Freuden des Morgenfernsehens gemacht. Rin deckte mit Shippou den Tisch und niemand schien zu ahnen welche Katastrophen heute bevorstanden. Allerdings schien es auch so zu sein, dass die einzige Person, die sich ernsthaft Sorgen darüber zu machen schien, dass sie fünfhundert Jahre von dem Platz entfernt waren, an den sie eigentlich hingehörten, und wie sie dorthin zurückgelangen würden, Sesshoumaru war. Doch, schweigsam wie er war, teilte er dies natürlich niemandem mit. Aber der Umstand besserte seine Laune nicht erheblich. So kam es, dass Souta jr. und Kikyou sofort und unaufgefordert halfen den Tisch zu decken als sie nach unten kamen und der Präsens ihres Onkels gewahr wurden. Sie hatten gelernt, dass mit ihm nicht zu spaßen war und man besser kein Aufhebens erregte, wenn er schlechter Laune war. Man wollte schließlich nicht, dass sich der Zustand noch verschlimmerte. “Es ist fast wie ein kleines Wunder”, seufzte Kagome, die immer noch nicht wusste, ob sie den Einfluss ihres Schwagers gutheißen oder unterbinden sollte. Inu Yasha an ihrer Seite murrte nur. “Schläft dein...” Sayuri versuchte die Familienverhältnisse sich wieder ins Gedächtnis zu rufen als sie nach der richtigen Bezeichnung suchte, gab aber schließlich auf. “Der Bru- Halbbruder des Gattens deiner Schwester immer draußen?” “Kein Plan”, erwiderte Souta, der genauso ahnungslos wie seine normale Freundin war. “Ist es hier immer so zu Weihnachten?”, fragte sie weiter. Gestern nach dem Kinobesuch hatte sie sich sofort schlafen gelegt. Von den ganzen Ansprüchen der Senioren war sie ganz ausgelaugt gewesen. “Nein”, antwortete Souta sofort. “Eigentlich nie.” Opa riss sich mit Mühe vom Fernseher weg und trat zu seinem Enkel. “Bald ist Weihnachten, viele werden kommen, um den Geistern zu huldigen. Da müssen wir bereit sein! Den Tempel auf Vordermann bringen!” Souta seufzte. “Opa, wie oft soll ich es dir noch erklären? Weihnachten ist sowieso ein westlicher Brauch, der hier im Augenblick im Trend ist, so wie Hochzeiten in Weiß statt im Kimono. Ich versichere dir, noch voller wird es hier ni-...” “Es sind Menschen hier”, tönte Sesshoumarus ruhige Stimme durch die belebte Küche. “Was?”, machte die Mehrheit erschrocken. Kagome bedeckte Inu Yashas Ohren sofort mit dem nächstbesten Gegenstand und Shippou verstand auf ein Nicken seiner Ziehmutter hin, dass er die Tatzen und den Schwanz verschwinden lassen musste. Der Vollblutdämon trat indessen vollends ins Haus und ruckte sein Kinn zum Eingang des Tempels, wo tatsächlich eine Gruppe Leute die lange Treppe herauf schritten. Wenn sie auch etwas außer Puste schienen. Während Kagome noch nach etwas suchte, womit sie auch Souta jr.’s Kopf bedecken konnte, war ihr Großvater bereits freudig nach draußen gelaufen, um die Besucher in seiner traditionellen Kleidung willkommen zu heißen. “Souta, bring die Glücksbringer, die zum Verkauf sind, heraus!”, rief er. “Entschuldige, Sayuri, die Pflicht ruft”, gab dieser sich seinem Schicksal hin. “Die kommen doch wahrscheinlich eh nicht hier rein”, argumentierte Inu Yasha und riss sich trotzig das feuchte Geschirrtuch vom Kopf. Es wurde allerdings sofort mit einer Baseballmütze ersetzt. “Doch! Hast du nicht gesehen, wer sie sind?”, keifte Kagome aufgedreht. “Menschen?”, gab der Gescholtene diffus von sich. “Mama, warum hast du die Tischdecke über meinen Kopf gezogen?”, wollte Souta jr. fasziniert wissen und machte sich daran immer weiter am Stoff zu ziehen. Eifrig stand ihm seine Schwester bei dem Unterfangen bei bis Rin einschritt und die Ohren wieder zu verdecken versuchte. “Nein, es sind-...!”, begann die aufgerührte Frau des Gescholtenen indessen, doch wurde unterbrochen, bevor sie ihre große Revelation bekannt geben konnte. “Kagome?!” Die Angesprochene gefror. Diese Stimme hatte sie lange nicht mehr gehört. “Wer ist denn der Affe?”, flüsterte Inu Yasha ihr ins Ohr, während ebengenannter ‘Affe’ einen Tee von Frau Higurashi in die Hand gedrückt bekam und Opa ihm auf die Schulter klopfte: “Na? Lang nicht mehr gesehen!” “Hallo, Hojo”, gab Kagome unbehaglich von sich. “Oh mein Gott, Kagome!” Noch mehr lang vergessene Stimmen drangen an ihr Ohr. Ihre Freundin aus Schulzeiten, Ayumi, tauchte hinter Hojo und Opa auf und war so überrascht, dass das Geschenk ihr aus den Händen fiel als sie sie gegen den Mund presste. “Wir hatten gar nicht mehr damit gerechnet dich noch mal wieder zu sehen!”, entfuhr es ihr undeutlich, aber eindeutig verdattert. “Wir?”, fragte Kagome und sah von Hojo zu Ayumi. Letztere fand wieder zu sich und hielt der alten Freundin ihren Ringfinger vor und hielt auch Hojos Hand hoch. “Ja, wir haben vor fünf Jahren geheiratet!”, verkündete sie freudestrahlend. “Kagome!”, fuhr es aus zweierlei Munde. Das waren Yuka und Eri. “Du bist ja tatsächlich hier!” Na prima, noch mehr ungeladene Gäste zu ihrer sowieso schon chaotischen Versammlung. Die Angesprochene suchte den Blick ihres Großvaters. “Was geht hier vor sich?”, verlangte sie zu wissen. “Mama, wer sind all diese Leute?”, flötete Kikyou lauthals. “Mama?”, wunderte Hojo sich und Kagome sah hilfesuchend zu ihrer eigenen Mutter, die munter weiter Tee kochte. “Herrje, das ist er!”, ging es Eri energisch auf und sie zeigte auf Inu Yasha, der verdutzt die Stirn runzelte. “Wer bin ich?” Die Frage klang dümmer als sie gemeint gewesen war. “Du hast den eifersüchtigen Betrüger also wirklich geheiratet? Aber ich dachte, ihr hättet euch in der Mittelstufe getrennt!” Kagome konnte nicht anders als unbeholfen zu lächeln. Ihr Hirn war wie blankgefegt. Ihr fiel nichts ein, was sie darauf hätte erwidern können. “Moment, ihr wart damals schon zusammen?”, ging es Hojo etwas verspätet auf. “Wusstet ihr das?”, wandte er sich an die Freundinnen seiner Frau. “Ach ja, Schatz”, schritt Ayumi ein. “Irgendwie haben alle immer vergessen es dir zu erzählen. Es war eine sehr turbulente Zeit”, winkte sie ab, aber sein Gesichtsausdruck sah nicht so aus als sei ihm das einleuchtend. “Ist das etwa der Grund, weshalb du nie mit mir ausgehen wolltest?”, fragte er. Er sah so aus als überdächte er gerade einen Großteil seiner Jugendjahre… und als käme er sich gerade ziemlich dämlich vor. Leider wurde er größenteils ignoriert (wie immer, offenbar): “Seid ihr etwa nach deinem Abschluss wieder zusammengekommen?”, vermutete Yuka. “Und immer noch zusammen?”, fügte Eri ehrlich erstaunt hinzu. Kagome reflektierte ihr Leben vor dem inneren Auge. All die Streitereien, Beleidigungen, Kikyou… Alles, was sie zur Antwort geben konnte war... “Offensichtlich… ja.” Es klang nicht so enthusiastisch wie Inu Yasha es sich gewünscht hätte und auch ein wenig verdattert. Souta jr. genoss es, dass alle vergaßen ihm die Ohren zuzuhalten und so zupfte er am Hosenbein seines Vaters bis dieser sich zu ihm herunterbeugte. “Was denn, kleiner Mann?” “Warst du etwa genauso wie Onkel Miroku?”, fragte er unschuldig und da reichte es dem Vater. Sein eigener Sohn hatte ein ganz falsches Bild von ihm. Natürlich war er damals kein schlechter fester Freund gewesen! Wenn er denn überhaupt ihr Freund gewesen war… Er schnappte sich je eins seiner Kinder unter dem Arm und wollte den Raum verlassen, doch da hörte er die anderen Dinge, die Kagomes Freunde so unwissend ausplauderten, ungeachtet, dass mittlerweile beinah die ganze Sippschaft angelockt worden war und sich in der Küche versammelt hatte, um mitzuhören. “Was ist denn mit der anderen Frau passiert? Hat er sie doch für dich verlassen?” “Und hat er endlich aufgehört andere Leute zu verprügeln, nur weil sie nett zu dir waren?” “Hat er dir endlich gesagt, dass er dich liebt?” “Weiß er dich jetzt endlich zu schätzen?” Immer abwechselnd überhäuften ihre Freundinnen sie mit Fragen, während Hojo aus allen Wolken fiel und Inu Yasha doch langsam Zweifel beschlichen was seine Kompetenz als Freund und Gatte anging. Resigniert erinnerte er sich an all seine Fehltritte und Charaktermängel. “Das kann nicht gut gehen”, prophezeite Miroku leise und Sango konnte nur zustimmend nicken. “Wer sind diese Leute?”, wollte Shippou währenddessen wissen und Rin und Kohaku zuckten nur mit den Schultern. “Warum werden Souta und Kikyou aufgehoben und ich nicht?”, beschwerte Mushin jr. sich bei seinen Eltern, deren Aufmerksamkeit mehr auf das Szenario statt auf ihn gerichtet war. Die Zwillinge standen nur mit offenem Mund daneben, fasziniert von all den illustren Geschichten über den besten Freund ihres Vaters, wandten sich dann ganz langsam einander zu und hauchten “Bestes Weihnachten überhaupt....” Kagome wurde das alles etwas zu viel und zog die Reißleine. “Ich glaube, wir sollten uns erstmal alle etwas beruhigen und … Tee kochen!” Hastig wandte sie sich an ihre Mutter und wollte ihr helfend zur Hand gehen. “Opa, warum versuchst du nicht für alle Platz im Wohnzimmer zu finden?”, wies sie ihn noch über die Schulter hinweg an in einem verzweifelten Versuch etwas Ordnung in die Runde zu bringen. Kapitel 17: Alte Bekanntschaften & Verzwickte Verhältnisse ---------------------------------------------------------- Das Haus war noch nie so voll gewesen. Langsam wurde es eng in dem ausgebauten Esszimmer, doch irgendwie fanden sie doch alle Platz. Ihre alten Freundinnen brannten augenscheinlich darauf zu erfahren was hier vorgefallen war, doch Kagome war noch nicht bereit ihnen die logischklingenden Lügen aufzutischen, die sie sich in Windeseile über ihren Lebenslauf hatte ausdenken müssen. Also ließ sie ihre Freunde zuerst erzählen. Eri und Yuka waren erfolgreiche Karrierefrauen, die noch nach Mr. Right suchten, und Ayumi und Hojo hatten begonnen miteinander auszugehen als sie die Universität besucht hatten. Gerade waren sie in die Vorstadt gezogen und hatten mit dem Gedanken gespielt eine Familie zu gründen. “Aber jetzt erzähl uns doch bitte von dir!”, platzte es aus der Letzteren heraus. Kagome nahm einen tiefen Atemzug und hob Souta vom Boden auf ihren Schoß, wo Kikyou bereits saß und aufmerksam diese neuen, seltsamen Menschen mit großen Kinderaugen beschaute. “Das sind Souta Junior und Kikyou. Sechs und acht Jahre alt. Sie gehen schon zur Schule und-...” “Wir können sogar echte Dämonen ausräuchern!”, warf Kikyou hilfreich ein und lächelte ihre Mutter anerkennungsheischend an. “... haben eine sehr lebhafte Fantasie”, führte sie den Satz zu Ende und gab ihrer Tochter trotz des unangekündigten Kommentars einen Kuss auf die Nase. Die Zwei mussten ehrlich fasziniert von den Neuankömmlingen sein. So still waren sie schon seit Jahren nicht mehr gewesen. Bestaunt, gelobt und belächelt wurden die Zwei von allen. Das schien ihnen ganz recht zu sein. “Und bist du immer noch so kränklich?”, erkundigte sich Hojo höflich. Opa, der in der Ecke mit Kaede saß, hustete peinlich berührt. “Ach ja, meine Krankheiten...”, begann Kagome. “Nein. Damit habe ich keine Probleme mehr. Kindergebähren macht einen hart im Nehmen.” “Und wie”, fügte Sango leise hinzu. Inu Yasha räusperte sich wenig unauffällig, sodass Kagome fortfahren musste. Sie legte ihrem Mann eine Hand auf den Oberschenkel und stellte ihn für den armen Hojo vor, der ihn ja noch nicht kannte: “Das ist Inu Yasha, mein Mann. Wir sind jetzt seit zehn Jahren verheiratet. Und ja, es ist direkt nach meinem Abschluss… dazu gekommen.” Für die seltsamen Umstände ihrer Wiedervereinigung fehlten ihr heute noch die Worte. “Wow”, hauchte Ayumi. Sie fand diese Anwandlung von allen noch am romantischsten. “Weiter! Hör jetzt bloß nicht auf”, stachelte Eri sie ebenfalls an. “Wir leben in einem kleinen Dorf, wo ich die Familientradition meines Großvaters fortführe und einen Schrein hüte. Meine Ausbildung habe ich als Krankenschwester und Schreinwärtin abgeschlossen.” Das war noch nicht einmal so sehr gelogen. Interessiert hörten die Vier zu. “Ja, und wer sind die ganzen anderen Leute?” Yuka machte eine allumfassende Geste und meinte damit die ganzen fremden Gesichter, mit denen das Wohnzimmer überfüllt war. “Uhm...” Sie wusste gar nicht, womit sie anfangen sollte. “Nachbarn und Familie, würde ich sagen”, machte sie vorsichtig, doch das schien ihren Gästen nicht genug zu sein, also begann sie alle nacheinander abzuklappern. “Die ehrenvolle Dame hinten bei Opa ist unsere… Großmutter.” Das stimmte so zwar nicht ganz, aber sie wusste nicht wie sie sonst den Altersunterschied erklären konnte. “Wenn sie in Rente geht, werde ich ihre Pflichten im Schrein vollends übernehmen”, erklärte sie diesen Zusammenhang. “Ah”, machte Eri fasziniert. “Also ist sie Inu Yashas Mutter?” “Nein, die ist tot”, platzte es aus ihm heraus, bevor er sich daran erinnerte, dass er den Mund zu halten hatte. “Ja, aber wenn es die Großmutt- … Warte, hat dein Großvater noch mal geheiratet?” Die beiden alten Säcke in der Ecke liefen ob der Vermutung hochrot an. “Nein, nein”, wehrte Kagome ab und versuchte einen Weg zu finden wie das alles Sinn ergeben konnte. “Sie ist eigentlich die … Großmutter von der Frau, mit der Inu Yasha vorher etwas hatte.” “Nein!”, flutschte es aus Ayumi schockiert heraus bevor sie sich wieder im Griff hatte. “Es ist wirklich vollkommen in Ordnung. Sie war von Anfang an dagegen, dass er noch mal mit ihr zusammenkommt”, hielt Kagome dagegen. “Was? Wie kam das denn?” “Na ja, Kikyou war … einfach nicht mehr dieselbe.” Sie dachte, sie hätte sich somit aus der Affäre gezogen, doch sie hatte nicht mit Hojos Scharfsinn gerechnet, da sich dieser sonst eher in Maßen hielt: “Ist das nicht derselbe Name deiner Tochter?” “Es ist ein sehr schöner Name!”, verteidigte Kagome sich vielleicht einen Ticken zu schnell. Das schien nicht wirklich viel Sinn für die Außenseiter zu ergeben, aber sie ließen es durchgehen. “Und was ist mit mir?” Shippou fühlte sich etwas ausgelassen, weil er nicht mit Kikyou und Souta in einem Zug erwähnt worden war. “Natürlich!” Kagome bedeutete ihm vorzutreten. “Das ist Shippou, unser Ziehson. Er ist jetzt stolze siebzehn.” Er lächelte scheu. Beeindruckt von der Tatsache, dass Kagome, gerade mal achtundzwanzig Jahre alt, bereits die Verantwortung für einen Jugendlichen trug, konnten ihre alten Freunde nur staunen. Vor allem Ayumi, die ja selber mit dem Gedanken gespielt hatte Mutter zu werden, fand den Gedanken ernüchternd, weil Kagome ja genauso alt war wie sie. Ob der bewundernden Blicke etwas angespornt, fuhr Kagome freimütig fort. “Der Herr mit der grimmigen Miene draußen, den ihr sicher bei eurer Ankunft gesehen habt-” “Der Gutaussehende?”, unterbrach Eri aufgeregt. Bevor Kagome auf diesen verstörenden Kommentar reagieren konnte, half Rin ihr aus, indem sie schelmisch einen Daumen hoch gab und sagte “Genau der”, sodass Kagome nur noch unbeirrt fortfahren musste: “... Das ist mein Schwager und die nette Dame, die dir gerade geantwortet hat, ist seine Adoptivtochter, Rin.” Rin winkte freundlich zur Begrüßung. Verdattert winkten die Vier zurück. “Aber er sieht noch so jung aus.” “Hat er sie etwa ganz allein großgezogen?” “Nicht ganz”, räumte Kagome ein und wandte sich wieder einmal hilfesuchend an Rin. “Jaken hat immer auf mich aufgepasst, wenn er auf Reisen war”, gab Rin ihr Bestes. “Oh, ein Geschäftsmann!” Eris Augen leuchteten. “Also ist Jaken euer Kindermädchen?” “Naja, er ist männlich”, gestand Rin ehrlich. Eris Funkeln ebbte ab. “Moment, ihr habt zusammen gelebt?” “Genau.” “Zwei Männer, die ein Kind großziehen?”, vergewisserte Eri sich und die Enttäuschung war deutlich zu hören. “Na ja, also wenn man Ahun auch noch dazu zählt...”, begann Rin und Eri gab erstaunt “Was? Drei Männer, die zusammen leben? Was ist das denn für eine-...?” von sich, doch da unterbrach Kagome das Gespräch rasch: “Jedenfalls ist sie eine ausgezeichnete Babysitterin. Vielleicht wird sie mal Lehrerin.” Das zog die Aufmerksamkeit von den seltsamen Familienverhältnissen wieder weg. Rin wurde von allen gebührlich bewundert. Sie erschien ihnen als strebsam und verlässlich, obwohl sie sie gerade erst ein paar Minuten kannten. Vor allen die Karrierefrauen, Eri und Yuka, favoritisierten die junge Frau. Eri behauptete sogar, sie sähe in Rin eine jüngere Version ihrer selbst. Yuka verdrehte die Augen und kam zu den Familienverhältnissen zurück. Enttäuscht fuhr Kagome fort. Sie hatte gehofft die Konversation in leichtere Gewässer manövrieren zu können. “Der alte Herr mit dem Hammer ist unser… Großvater.” Wieder dieses Wort. Es war nicht richtig und doch konnte man den alten Herrn nicht anders in die Familie einordnen. Außer... “Ach so und zufällig auch Shippous Lehrmeister.” “Du musst aber ein echt kluges Köpfchen sein, wenn du so jung schon in die Lehre gehst”, lobte Hojo, was Shippou keineswegs abgeneigt war hinzunehmen. Er nickte heftig. “Also ist er es, der mit der Großmutter verheiratet ist?”, vergewisserte Yuka sich. “Ehh … nein”, musste Kagome wieder einmal gestehen. “Er ist mehr eine Art… Nun ja… Also, er kannte Inu Yashas Vater sehr gut und da dieser nun verstorben ist...” Ausnahmsweise nickten die Vier verständnisvoll. Das schien sogar ihnen einzuleuchten! Erleichtert fuhr Kagome fort: “Dort drüben sitzen unsere Nachbarn und engsten Freunde, Sango und Miroku mit ihren drei bezaubernden Kindern”, stellte Kagome nun auch diese Familie vor. Doch bevor sie fortfahren konnte, machte Hojo “Aua!” und klatschte sich an den Hals. “Was ist, Liebling?” “Etwas hat mich gebissen”, gestand er verwundert. Oh je, dachte die Gastgeberin. Das konnte nur... “Das war bestimmt Myo-”, begann Kikyou, aber ihre Mutter bedeutete ihr hastig still zu sein und ausnahmsweise leistete sie sogar Folge. “Und das hier ist ihr Großvater. Er ist wie sein Adoptivsohn Mönch”, beeilte Kagome sich den letzten im Bunde vorzustellen und hoffte, dass er nichts Dummes in seinem dauertrunkenen Zustand sagen würde. Sie hatte Glück. Statt sich zu blamieren, wischte er sich einfach nur über die großporige, rote Nase. “In eurer Familie sind aber viele Leute adoptiert”, kommentierte einer ihrer alten Freunde. “Ja, das liegt daran, dass…” Ja, woran eigentlich? Dass die Leute im Mittelalter leichter starben und Naraku ja auch nicht ganz unschuldig an einige der Leichen gewesen war? Aber das konnte sie ja so nicht sagen. “In Inu Yashas Heimatgegend ist ein ganz schlimmer Fall der Pocken umgegangen und die medizinische Versorgung war damals noch nicht so gut in den ländlichen Gegenden”, erklärte sie. Betroffen und verständnisvoll nickten ihre Freunde. Was sie sich hier alles zusammenlog! “Und das ist ihr Bruder und somit Onkel der Zwillinge und des Kleinen.” Kohaku war sofort Yukas Schwarm und sie bewunderte seine feinen Sommersprossen, die ihn mit Mitte zwanzig und selbst im Winter noch ganz schwach zierten. “Wow, du hast ja eine ganz schön große Familie.” “Ja, allerdings.” Kagome konnte sich eines echten Lachens nicht erwehren. Viel zu groß… Und dennoch: “Das Leben ist gut”, gestand sie ihren Schulfreunden, deren Existenz sich so sehr von ihrer unterschied. “Und wer ist das?”, fragte Ayumi schließlich und zeigte das wohl problematischste Verhältnis im Raum auf. Tja…, dachte sie. “Das ist.. Kouga.” “Kouga wer…?”, forderte sie auf. “Hmm...” Kagome war am Ende mit ihrem Latein. Nach Assistenz Ausschau haltend, sah sie sich um, doch da konnte ihr niemand aushelfen. “Na ja...”, begann Sango schließlich. “Wenn man bedenkt welche Rolle er im Familiengefüge übernimmt, dann müsste man sagen...” Bitte nicht, dachte Kagome noch. “...Inu Yashas Schwiegervater.” Während die vier Gäste versuchten das in ihrem Kopf zu verarbeiten und zu begreifen, war Inu Yasha bereits auf 180: “Oh nein! Das ist er ganz bestimmt nicht!” “Aber eigentlich schon”, gab Kouga seinen Senf dazu. “Irgendwer muss ja auf Kagome aufpassen.” Bevor Inu Yasha sich rechtfertigen konnte, fragte Ayumi verwirrt: “Ihr seid beinah gleich alt, also kann er nicht dein biologischer Vater sein... Ist das etwa...” Erstaunt blickte sie von dem sogenannten Schwiegervater zu Kagomes Mutter und zurück. “Oh nein!”, rief Kagome geschockt aus. Frau Higurashi kicherte mädchenhaft, etwas, das noch nie geschehen war, und obendrein äußerte Kouga auch noch: “Meine Frau ist zu Hause mit unseren neun Kindern.” Das war zu viel! Kagome stand so abrupt auf, dass ihre Kinder von ihren schnellen Dämonenreflexen Gebrauch machen mussten, um sicher auf den Füßen zu landen. “Ich glaube, es ist Zeit, dass wir uns mal ein wenig in der Stadt umsehen. Was haltet ihr davon? Ihr wollt doch sicher nicht so kurz vor Weihnachten in unserem Haus festsitzen!”, vermutete Kagome. Eigentlich hätten die vier bestimmt nichts dagegen gehabt bei so einer illustren Familie zu verbleiben, doch sie verstanden den Wink mit dem Zaunpfahl und so planten sie alle zusammen einen oder mehrere Familienausflüge für den Tag. Kapitel 18: Was es bedeutet in einer Familie zu sein... ------------------------------------------------------- Während die Higurashifamilie sich mit solch trivialen Problemen konfrontiert sah wie der Konflikt zweier Realitäten, lagen viel dunklere Vorgehen in der Vergangenheit bereit. Die alte Hexe, Yamauba, hatte alle Hände voll damit die Dorfbewohner der Miko Kagome unter Kontrolle zu bringen. Sie waren alle Emotionen durchgegangen, Angst, Wut, Hochmut, Intoleranz und Konfliktfreudigkeit, ohne auch nur einmal bei Respekt anzuhalten. Die Hexe seufzte. Und ihr Sohn war auch nicht gerade eine Hilfe. Jinenji saß vor der Hütte und starrte in die Himmelsichtung, in der sie den Brunnen vermutete. Er wartete sehnsuchtsvoll auf Kagomes Rückkehr. Sie lächelte seinem breiten Rücken wehmütig entgegen. Sie liebte ihren Sohn, aber manchmal fragte sie sich wie ihr Leben wäre, wenn sie einen Halbdämon wie Inu Yasha aus sich heraus gepresst hätte. Länger konnte sie darüber nicht spekulieren, denn zwei der Dorfbewohner kamen ihnen mit Ayame, der Wolfskönigin, entgegen. Einige der vierbeinigen Köter folgten natürlich. Wahrscheinlich würden sie wieder mit in die Hütte wollen und alles dreckig machen. Die Hexe seufzte und ließ sie eintreten. “Immer noch keine Spur von der Lady Kagome. Oder irgendwem anderes”, berichtete die Frau mit den Pferdeschwänzen. Eigentlich sehr ironisch, da sie die Wolfsfrau war. Außerdem ließ die Frisur sie sehr viel jünger aussehen als sie war, dachte sich Yamauba. Die beiden Menschen zu ihrer Rechten nickten bestätigend. Es waren starke Bauernsöhne mit Kreuzen beinahe so breit wie Inu Yashas. Obwohl die ausbleibende Rückkehr kein gutes Zeichen war, war Yamauba froh, dass man ihr überhaupt Bericht erstattete. Am Anfang hatte kaum jemand mit ihr kooperieren wollen. Bis sie sich durchgesetzt hatte. ES stellte sich heraus, dass sie darin gar nicht so schlecht war. Sogar in ihrem hohen Alter konnte sie noch einen Haufen Bauern herumkommandieren. “Danke”, erwiderte die alte Hexe, die erst neulich herausgefunden hatte welch schwerwiegenden Impakt ein nettes wort haben konnte. “Ich weiß, dass es hart sein muss. Dein Mann ist unter den Vermissten, nicht wahr?” Ayame nickte. Dann schien sie noch etwas sagen zu wollen. Sie warf einen kurzen SEitenblick auf die Männer und entschied sich dagegen. Yamauba machte sich eine mentale Notiz sie später unter vier Augen dazu zu befragen. “Wir sollten wohl besser etwas Schlaf bekommen. Die Ablösung ist bereits auf Posten”, erinnerte der Ältere der Männer sie und kam auf die Füße. Sein Kollege folgte ihm. Als Ayame den Männern aus der Behausung folgen wollte, hielt Yamauba sie zurück. Ihre Blicke sagten alles. Also setzten sie sich wieder, die Wölfe um ihre Königin ausgebreitet in einem chaotischen Halbkreis, der mehr von Zuneigung als Ehrerbietung zeugte. “Wir haben wirklich keine Spur gefunden...”, wiederholte Ayame und zwei ihrer Schützlinge begannen zu fiepen. Sie kraulte sie beruhigend hinter den Ohren. “Doch die Wölfe werden unruhig. Und manchmal habe ich auch das Gefühl, ich würde etwas vage im Wind riechen.” Sie schien nicht glücklich, sogar etwas verwirrt. Aufmerksam lauschte Yamauba weiter. “Es kommt mir bekannt vor, aber nicht als würde ich es gut kennen. Eher als hätte ich es bei seltener Gelegenheit mal wahrgenommen. Und...” Sie seufzte. “Selbst dann ist es nicht dasselbe.” Schließlich sah sie der alten Hexe direkt in die Augen. “Es ist einfach nur komisch”, fasste sie ihre Observation zusammen. “Irgendeine Aura?”, fragte Yamauba. Ayame hob die Schultern. Mit so etwas kante sie sich nicht aus. “Ich werde nun zu meinen Kindern und meinem Stamm zurückkehren. Mein Ältester hat mich abgelöst”, kündigte sie an und trat in die aufkommende Nacht hinaus. Yamauba schluckte heftig. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich, dass sie tatsächlich eine Hexe wäre und nicht nur eine verbitterte alte Frau mit unheimlichem Äußeren. Dann hätte sie womöglich etwas mit dieser Information anfangen können. *** Hojo wollte sofort die Führung übernehmen als die Frauen sich am Treppenende kichernd verabschiedet hatten und versuchte Ayumis Aufzeichnungen so selten wie möglich zu konsultieren. Das erschien ihm erwachsener und männlicher. Er schämte sich zwar dafür, so kleinlich zu sein, doch er konnte sich nicht helfen. Kagomes Gatte, der sie ja schlussendlich gewonnen hatte, trug einen sportlichen Kaftan und obwohl dieser nicht gerade formpassend war, war es nicht zu leugnen, dass er ein durchtrainierter Kerl war. Unglücklich für Hojo musste dieser bald feststellen, dass es recht schwierig war die Führung zu übernehmen, wenn Inu Yasha mit von der Partie war. “Was ist das überhaupt für eine Schule? Wenn das so langweilig ist wie Kagomes, dann will ich da nicht hin!”, maulte er während einer besonders langen Schimpftirade. Miroku seufzte. “Wo sollten wir stattdessen hin?”, erkundigte sich Hojo verloren, dem nie in den Sinn gekommen wäre von Kagomes Plan abzuweichen. Unschlüssig standen die drei Männer etwas peinlich berührt im Kreis herum. “Die Schule ist berühmt dafür, dass man dort hart drangenommen wird. Offenbar rühmt sie sich damit, dass dort alles erlaubt ist”, erläuterte Hojo und versuchte so höflich wie möglich zu sein, obwohl die Ereignisse des Tages ihn ganz schön verwirrt gelassen hatten. “Klingt genau nach deinem Geschmack”, bemerkte Miroku, aber Inu Yasha war nicht so leicht zu überzeugen. Die Niederlage seines Datingversuchs lag ihm noch schwer auf dem Herzen und ihm war nicht entgangen mit welchen Blicken dieser Hojo seine Frau bedacht hatte. Grummelnd musste er trotzdem zustimmen, denn schließlich war eindeutig, dass Mirokus Mutmaßung zu 100% stimmte. Doch immerhin warf er ein: “Können wir wenigstens erst was essen?” “Deine Frau kennt dich erstaunlich gut”, murmelte Hojo einsichtig. Der unerwartete Kommentar wurde nur von Miroku überhört, der, nicht wie Inu Yasha, bereits begonnen hatte zielstrebig in eine falsche Richtung abzuwandern. Doch er sagte nichts, um Kagomes alten Verehrer nicht in Verlegenheit zu bringen. *** Kagome wurde von drei Frauen gleichzeitig an den Ärmeln entlang gezogen, während Sango mit Rin nur erstaunt beobachten konnte wie respektlos diese fremdländischen Damen mit ihrer Miko umgingen. Sango hatte begriffen, dass zwei davon wichtige Stellungen innehatten, offenbar hießen sie Anwältin und Hohe Stadtbeamte, doch sie hatte keine Ahnung genau welchen Rang in der Nobilität dieses Landes sie einnahmen. Trotzdem erschien es ihr seltsam, wie man ihre beste Freundin mit Fragen durchlöcherte. “Jetzt, wo die anderen nicht dabei sind, erzähl uns wie die Dinge wirklich stehen!”, verlangte die Hausfrau. Kagome warf Sango einen hilflosen Blick über der Schulter zu, aber hier war ihre Spezialität, die Kampfkunst, von wenig Nutzen. “Es ist wirklich alles in Ordnung. Ehrlich”, versicherte Kagome. Aber die Freundinnen konnten es kaum glauben. Stattdessen wunderten sie sich, dass Kagomes Kinder nicht älter waren. Offenbar hatten sie vermutet, dass Kagome so schnell fortgegangen war, um zu heiraten, weil sie schwanger geworden war. “Ohh nein!”, erlaubte Kagome sich kategorisch. Dem war definitiv nicht so gewesen. Sie konnte sich noch genau daran erinnern wie lange sie Inu Yasha hatte warten lassen bis sie das zugelassen hatte. “Aber was war es dann?”, wollte wieder die Hausfrau wissen. “Ich wollte mein Leben einfach nicht ohne ihn verbringen”, gab Kagome zu. Abrupt hielt der Zug an. Aus irgendeinem Grund starrten ihre Freunde sie an, aber Kagome hatte keine Erklärung dafür. Schließlich war Yuta diejenige, die aussprach, was alle dachten. “Du warst schon immer so viel reifer als wir. Erstaunlich, dass du so eine Entscheidung getroffen hast als du so jung warst… Und offenbar war es die richtige.” Sie pausierte kurz. “Denn das klang gerade wirklich so als würdest du das noch immer fühlen.” Sango war etwas errötet, denn in der Regel sprach Kagome nicht so über ihre Gefühle und das schien der Miko ebenfalls aufzugehen, denn plötzlich wurde ihr Gebahren deutlich diffuser. “Oh nein nein nein, ihr habt ja keine Ahnung!”, begann sie. Sie wollte gerade fortfahren all Inu Yashas schlechtesten Charackterzüge zur Schau zu stellen als Rin sich zu Wort meldete. “Entschuldigung?” Die älteren Frauen wandten sich alle verblüfft um. “Ja, Rin?”, ermunterte Kagome sie. “Was ihr vorhabt, wird bestimmt spaßig, aber ich hab mich gefragt, ob es wirklich ok ist, wenn ich alle zu Hause allein lasse. Ist es ok, wenn ich doch noch zurückgehe?” Die Karrierefrauen waren wieder einmal beeindruckt von dem Verantwortungsbewusstsein des Mädchens, das sie als ihr jüngeres Ich ansahen. “Natürlich!”, lächelte Kagome und winkte ihr zum Abschied noch zu. Der Vorfall war allerdings schnell vergessen, da die Weiber sie zu einem ihrer alten Burgerläden davonschleifen wollten. *** In dem Imbissladen mampfte Inu Yasha munter vor sich hin, während Miroku und Hojo höfliche Konversation machten. “Ja, wir hatten uns schon etliche Häuser angesehen, aber haben uns erst vor kurzem endgültig für eins entschieden.” Miroku fand es sehr interessant wie Paare in diesem Land ein gemeinsames Leben angingen. Für ihn und Sango war es selbstverständlich gewesen, dass sie im Dorf blieben. Wer würde sonst auf Inu Yasha Acht geben? Und als Kagome zurückgekehrt war, hätten sie sich keinen besseren Platz auf Erden vorstellen können als in der Nachbarschaft ihrer ehemaligen Gefährten. “Und dann werdet ihr wirklich da draußen leben? So weit von euren Familien und Freunden?”, wollte Miroku sich vergewissern lassen. Hojo nickte. “Es ist ein großer Schritt, ich weiß, aber … auf der anderen Seite...” Er lächelte “...wird es sehr viel ruhiger, besser für eventuelle Kinder dort sein. Außerdem sind wir nicht ganz so dicke wie ihr. Ihr feiert sogar Weihnachten zusammen…!” Miroku war der Ausdruck “dick sein” in diesem Kontext nicht ganz bewusst, da niemand wirklich an Übergewicht litt, doch beim letzten Satz hörte er eine Faszination aus Hojos Stimme heraus, die er sich nur schwer erklären konnte. “Ihr stattet sogar Kagomes Familie als geschlossene Gruppe einen Besuch ab.” Hojo schien auf irgendwas hinaus zu wollen, doch noch blieb Miroku sein Anliegen verborgen. “Das war eher unfreiwillig”, gab Inu Yasha mit vollem Mund von sich. Zum Glück war es so undeutlich, dass Hojo es nicht ausmachen konnte. “Wenn die Frage nicht zu unverschämt ist, wie kommt es eigentlich, dass dieses Jahr das erste ist, das ihr mit den Higurashis feiert?” Miroku hoffte, dass seine Antwort Kagomes Ansprüchen für diese fremde Welt gerecht wurde. Schließlich wusste er nicht genau, was Leute in diesem Land vom Reisen abhielt. Er versuchte es mit “Ach, die Straßen sind sehr unwegsam und wir waren alle sehr beschäftigt. Die Kinder sind nicht gerade leicht zu zähmen, unsere Arbeit ist auch nicht immer leicht. Außerdem ist bei uns zu Hause um Weihnachten meistens sehr viel los.” “Ach ja? Gibt es etwa noch mehr Familienmitglieder, die ihr zu Hause zurückgelassen habt?” “Nicht gerade Familienmitglieder, aber … wir haben ein volles Haus. Wo wir leben, ist die Gemeinschaft sehr eng.” Er versuchte sich mit vagen Antworten aus der Affäre zu ziehen, doch Hojo schien ernsthaft von ihrem Lebensstil angetan zu sein. “Und es stört euch gar nicht, dass immer so viele Leute da sind?” Er zuckte mit den Schultern. “Man gewöhnt sich an alles. Außerdem ist es praktisch. Unter so vielen Leuten wirft immer jemand zumindest ein Auge auf die Kinderschar. Und Kagomes großer Kessel rückt das Essenfassen auch in den Bereich des Möglichen.” Hojo war war so sehr damit beschäftigt sich das Leben in Kagomes Gemeinde vorzustellen, dass ihm sogar entging, dass Kessel ein eher ungebräuchlicher Ausdruck für ein Küchenutensil war. Er ging davon aus, dass seine alte Flamme mit ihrer Familie in einem der neuen Apartmentkomplexen lebte, die zur Zeit so viel in den Vororten angepriesen wurden. “Und was arbeitet ihr so? Kagome hat ganz vergessen, das zu erwähnen.” “Wir … ehh … machen hauptsächlich Hausbesuche...” “Als Mönch? Lebt ihr da nicht im Zölibat und widmet euer Leben Gott?” “Nicht ganz.” Miroku lächelte verlegen, ob des Wortes Zölibat und der einzige Grund, weshalb Inu Yasha nicht lauthals zu lachen begann war, weil er das Wort nicht kannte. “Natürlich kümmere ich mich auch um meine geistlichen Pflichten, doch Inu Yasha und ich haben damals eine … eine Art Geschäft zusammen aufgemacht, um die Familie zu ernähren. Anfangs nur meine, doch nach seiner Heirat natürlich auch Kagome und später die Biester.” “Ja, natürlich… die Heirat.” Hojos Stimme sank zu einem Nuscheln. “Wann genau war das?” Miroku geriet kurz ins Schwitzen, weil er davon ausging, dass derjenige ein Jahr hören wollte und Kagome wäre bestimmt unzufrieden gewesen, wenn er ein Datum aus der Edo-Zeit genannt hätte. Schließlich schlängelte er sich gewitzt um die Antwort herum, indem er “In dem Jahr, in dem Kagome mit der Schule fertig war” erwiderte. “Das war ganz schön früh”, wunderte sich Hojo. Offenbar rechnete er gerade Kikyous Alter zurück, doch musste zum Schluss kommen, dass es keine Vertuschungshochzeit gewesen war. Miroku, dem langsam die Ausreden ausgingen, stubste seinen Kumpanen an und meinte: “Sag doch auch mal was, Inu Yasha.” “Was”, äffte dieser kindisch nach und verschlang einen Burger ganz und die Plastikverpackung beinah mit. Von da war keine Unterstützung zu erwarten. Unerwartet kam der Neue in ihrer Partie auf ein älteres Thema zurück: “Ihr macht also Hausbesuche? Wofür denn genau?” “Ja, wir … uhm… Inu Yasha, wirklich, jetzt gib doch mal was Nützliches von dir.” “Räuchern aus”, gab der Gescholtene zwischen zwei Bissen zum Besten. “Ach so, Ungeziefer und dergleichen?” “Ist das etwas, dass hier gängig ist?”, fragte Miroku unsicher, woraufhin Hojo verwirrt die Stirn runzelte. Miroku interpretierte das als “Ja” und antwortete: “Genau. Ja, genau das machen wir.” Daraufhin war dem Mönch etwas Schonungsphase gelassen, denn Hojo berichtete von seinem Berufsleben. Leider verstand Miroku kein Wort, außer dass es viel mit dem Wort Büro zu tun hatte, was offenbar eine Art Raum war, dessen Bedeutung ihm noch nicht ganz klar war. Schließlich glitt Hojo allerdings wieder in ein brenzligeres Thema über. Er kehrte gerade mit Inu Yashas zweiter Burgerbestellung zum Tisch zurück als er es anschnitt. “Und wie ist das Eheleben nach zehn Jahren so?” Er war schließlich erst die Hälfte dieser Zeit verheiratet und am meisten davon war mit zugebracht worden Hojos Berufsleben auf Vordermann zu bringen. “Ausgezeichnet! Einfach phantastisch!”, spie Miroku wie auf Befehl aus. “Sie ist nicht hier”, erinnerte Inu Yasha ihn ausnahmsweise verständlich. Hojo machte ein verdutztes Gesicht und fragte sich ob alles in Ordnung im Paradies war. Eigentlich hatten alle Familien im Higurashihaus einen glücklich, wenngleich leicht chaotischen, Eindruck gemacht. Miroku sah sich nach allen Seiten um, dann seufzte er. “Man hat eine Kinderschar, darf sich nichts mehr erlauben oder zu Schaden kommen lassen, nicht trinken, sich an Regeln halten, immer achten, dass genug Essen auf dem Tisch ist, und das … Techtelmechtel ist auch nicht mehr so häufig.” “Oh...”, war alles, was Hojo dazu sagen konnte. Hojo sah seine Zukunft vor seinem mentalen Auge an sich vorbeiziehen. Aber sogar Inu Yasha warf einen seltsamen Seitenblick auf seinen Freund. Dann schritt er ausnahmsweise auch mal ein. “Und du hast ein paar wichtige Dinge vergessen. Du musst immer pünktlich heimkommen, Sie nörgeln immer an dir herum, du musst alle Aufgaben sofort erledigen und nicht wenn du Lust dazu hast, sie versuchen dich immer irgendwie besser zu machen, wollen, dass du Dinge lernst, die du nicht brauchst, und schärfen dir immer wieder ein Vorsicht walten zu lassen statt Risiken einzugehen.” Er wusste noch genau was er zu hören bekommen hatte als er das letzte Mal mit einer faustgroßen Wunde auf dem Torso heimgekehrt war. “Außerdem sind sie dir nie dankbar, selbst wenn du dir mal Mühe gibst”, belehrte Inu Yasha noch und dachte an die Schmach seines Datingversuchs. Hojo schien angestrengt nachzudenken, was den Männern nur gerecht war, denn Miroku war immer froh, wenn der andere keine Fragen stellte, deren Beantwortung ihn in Bedrängnis brachte, und Inu Yasha konnte ungestört seiner Völlerei nachgehen. Hojo versuchte sich nämlich diese Eigenschaften in Kagome vorzustellen. Dass sie sich um ihren Gatten sorgte, das Beste in ihm hervorbringen wollte, ihn nie aufgab. Das klang alles sehr positiv. Ob Inu Yashas pessimistischen Gesichtsausdrucks, wechselte er jedoch lieber das Thema. Wenn der Kerl sich über seine Frau beschweren wollte, widersprach Hojo ihm besser nicht, auch, wenn er sich nicht ganz sicher war, ob sein ehemaliger Schwarm nicht doch etwas Besseres verdient hatte. “Und wie ist das so Vater zu sein?” “Schrecklich”, kam es ebenfalls wie aus zweierlei Munde. “Immer ist es laut.” “Irgendeiner verletzt sich und entweder das Geheule fängt an oder du musst dem Patienten mit dem Wundzeug nachlaufen bis du ihn eingefangen hast.” “Sie kotzen alles voll, scheißen alles voll, andauernd muss man aufpassen, man schläft die ersten drei Jahre quasi gar nicht. Irgendwann labern sie dir eine Frikadelle ans Knie, noch bevor sie die Worte aussprechen können.” “Im Prinzip ist es als würde man einem Ausländer zuhören.” “Alles ist immer dreckig oder kaputt.” “Oder beides.” “Dein Rücken leidet extrem, weil alle immer auf dir herumreiten wollen.” “Ohren sind auch nicht vor ihnen sicher!” “Andauernd macht man sich Sorgen!” “Um Jungs, die sie mögen könnten oder noch schlimmer - wenn Jungs sie mögen.” “Wenn sie ihre Ausbildung nicht ernst genug nehmen.” “Man muss immer ein gutes Vorbild sein!” “Und meistens klappt das nicht.” “Und im Prinzip sind sie eher wenig an dir interessiert, sondern saugen das Leben und die Welt auf wie ein trockener Putzlappen.” “Und andauernd irgendwelche Probleme, die man dann versuchen muss so gut wie möglich zu beheben. Der hat mich getreten, in der Schule ist das passiert...” “Und man muss andauernd ein gutes Vorbild sein!” Offenbar war das etwas, das ihnen besonders schwer fiel. “Das ist das Allerschlimmste!” “Nein, das wirklich Allerschlimmste ist: Man liebt sie trotzdem.” Die Männer waren beinah außer Atem von ihren Schimpftiraden. Aber offenbar noch nicht zu sehr, um nicht fortfahren zu können: “Und was mit Kindern einhergeht ist die Tatsache, dass aus Ehefrauen Mütter werden. Und wenn, dann behandeln sie dich erst recht wie ein Kleinkind. Wasch deine Hände, iss vernünftig, sei nicht so laut.” Inu Yasha machte eine Geste, um zu bedeuten, dass er ewig so fortfahren könnte. Hojo hatte urplötzlich ein mulmiges Gefül, wenn er daran dachte, dass Ayumi und er gerade dabei waren eine Familie zu gründen. Wenn sie in zwei Wochen den Termin beim Fruchtbarkeitsdoktor hatten, würde dieses Gespräch ihm bestimmt noch im Kopf herumschwirren. “Also gibt es absolut nichts Positives an der ganzen Sache”, versicherte er sich in einem flachen, unenthusiastischen Ton. “Absolut nichts”, und “Gar nichts”, stimmten beide ihm zu. Jetzt biss sogar Miroku herzhaft in einen Burger, obwohl eher um Dampf abzulassen als um Hunger zu stillen. Nach einer Weile attackierte er sein Essen nicht mehr ganz so wild und Inu Yasha hatte schon vor einer Weile aufgehört alles einem Staubsauger gleich zu inhalieren. Schließlich äußerte er noch etwas. “Und man ist nie allein, oder gar einsam.” “Jemand passt immer auf dich auf, geht sicher, dass sie dein Lieblingsessen zubereitet, wenn du von einer langen Reise heimkehrst und dass noch etwas davon übrig ist, wenn es später wird als du versprochen hast.” “Sie flicken deine Kleidung.” “Wenn es denn Sex gibt, ist er immer viel besser als mit jeglicher anderen Frau. Die Jüngeren sind zu unerfahren und die anderen kennen deine Vorlieben nicht in und auswendig.” “Sie können dich noch nach Jahren überraschen.” “Und sie verzeihen einem all deine nicht so noblen Charaktereigenschaften ohne sie durchgehen zu lassen.” “Ja, das ist das Schlimmste”, stimmte Inu Yasha zu. “Wie gesagt, Sie machen dich zu einem besseren Menschen.” “Also...”, fasste Hojo nochmals zusammen. “Gibt es immer noch absolut gar nichts Gutes an der ganzen Sache?” Er klang hoffnungsvoll und ging davon aus, dass sie die Ironie erkennen würden. “Absolut nicht”, stimmten beide dickköpfig und synchron zu. Doch sie seufzten und Hojo konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass da eine unterschwellige Konnotation mitschwang, die ein ganz anderes Bild zeichnete. *** Kagome drohte der Kopf zu platzen. Sie versuchte Sango dicht bei ihrer Seite für mentale Unterstützung zu halten, doch eine der drei anderen Frauen drängte sie immer unabsichtlich ab, um Kagome irgendeine belanglose Frage zu stellen. Mittlerweile hatten die Drei zwar aufgegeben verstehen zu wollen, weshalb Kagome Inu Yasha geheiratet hatte oder warum sie glücklich mit ihm war, aber davor war ihnen das Konzept einfach unbegreiflich gewesen zu sein: “Aha. Er ist also immer noch eifersüchtig?” “Und laut?” “Und rüde?” “Und arbeitet zu viel?” “Und unterstützt dich nicht genug?” Das waren alles Dinge, die Kagome nicht leugnen konnte, denn sie hatte gerade erzählt wie er und Kouga noch immer stritten, er manchmal Wochen lang und in ein paar schwierigen Anfangsjahren sogar Monate lang verreisen musste, sogar die Geburt seines zweiten Kindes verpasst hatte und ihr nie mit ihren “Krankenschwester”-pflichten oder gemmeinnützigen Projekten zur Hand ging. Jedoch schließlich, wandten sie sich doch Sango zu. “Und du bist mit dem Hübschen verheiratet?” Sango seufzte. Wie oft hatte sie das schon zu hören bekommen. “Ja”, grummelte sie. “Und wie ist das so?” Insbesondere die Hausfrau war daran interessiert. “Wie mit jedem anderen Mann auch, denke ich. Ich hatte bisher noch keinen anderen”, fügte sie erklärend hinzu. “Ist er genauso schlimm wie Inu Yasha?” Sie tauschte einen Blick mit Kagome. Das war ein schwerer Vergleich. “Ja, aber anders verteilt. Er hat keiner Geburt seiner Kinderschar beigewohnt, ist recht faul, hinterlistig, luxusliebend und ein Weiberheld. Auch heute noch starrt er Jüngeren hinterher.” Es erstaunte sie beinah selbst wie ruhig ihre Stimme klang, doch Kagomes Freundinnen waren außer Rand und Band. “Aber er ist ein Mönch!” “Scheint ihn noch nie gestört zu haben. Er hat es von seinem Vater.” “Warum bist du noch bei ihm?” “Er hat mir und meinem Bruder öfter das Leben gerettet als ich zählen kann und… und...” Sango wollte noch mehr Sachen sagen, doch sie hatte schon so lange nichts mehr Positives über ihn gesagt, dass es ihr im Hals stecken blieb. Außerdem fuhr Kagome dazwischen und fügte hinzu “Spirituell das Leben gerettet, meinte sie natürlich!” Damit ja niemand fragen könnte, welches Vorstadtszenario lebensrettende Situationen hervorbringen könnte. Endlich hatten sie den Laden erreicht und konnten sich etwas genehmigen. Kagome hatte gehofft, dass die Fragerei wenigstens beim Bestellen unterbrochen werden würde, doch das stellte sich als Wunschvorstellung heraus. “Ihr kriegt echt nie Schokolade, noch nicht mal an Valentinstag?” Kagome sparte sich zu erläutern, dass weder Schokolade noch Valentinstag etwas war, das im Mittelalter bekannt war. Daher hatte Sango so verdutzt mit “nein” geantwortet. Sie wandten sich gerade mit den Tablets in Händen um und stolperten völlig überrascht über ihre Männer als sie nach einem Tisch Ausschau hielten. Offenbar hatten sie gelauscht, denn sie saßen mit steifen Ohren am Tisch vor einem Berg leerer Burgertüten und blinzelten ihren Gattinnen aufmerksam entgegen. “Was ist Valentinstag?”, frage der Gutaussehende ohne Baseballmütze. “Ich glaub das nicht”, ächzte Kagome und ergab sich in ihr Schicksal. Es war ihr freier Tag und sie mussten ausgerechnet Inu Yasha und den anderen begegnen. Ayumi und Hojo begrüßten einander mit einem schwungvollen Kuss, während Sango ihrem Kerl nur einen warnenden Blick zuwarf als dieser sie mit einem fragenden Blick begutachtete, und Kagome klopfte ihrem nur auf die Schulter und bedeutet ihm zu rücken und ihr Essen nicht anzufassen. “Na, worüber habt ihr Kerle gesprochen?”, fragte Ayumi arglos. “Wohl eher worüber habt ihr gesprochen!”, echote Inu Yasha misstrauisch. Der letzte Teil ihres Gesprächs hatte definitiv so geklungen als hätten sie sich beschwert. Aber Ayumi ignorierte ihn. “Doch nicht etwa darüber wie ihr nie tut was eure Frauen euch sagen, oder?” Inu Yasha begann zu prusten. “Das ist ein schlechter Witz, oder?” Er erntete nur verständnislose Blicke. “Natürlich tue ich was sie sagt. Wenn nicht, heißt es ‘Mach Platz’ und meinem Gesicht kann man ansehen, dass es Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hat!” Die Frauen wunderte es, dass er so erbost und leidenschaftlich darüber reden konnte, dass dieser harte Kerl vor seiner Frau ein Weichei war. Das hatte keiner erwartet, auch Hojo nicht. “Sie ist brutal!”, beschwerte er sich lauthals. Da konnte Sango nicht mehr an sich halten und begann zu lachen. Miroku stimmte mit ein und legte einen Arm um sie, damit sie die Köpfe beim Kichern zusammenstecken konnten. Kagome hingegen schien genervt. “Wenn du nicht immer so taktlos wärst,...”, begann sie, aber dann schien sie ihre Meinung zu ändern. Ein kurzer nachdenklicher Blick wurde schnell ersetzt. Plötzlich leuchtete ihr Gesicht auf und sie wandte sich doch nochmal an ihre Freundinnen. Endlich war ihr etwas eingefallen, das sie ihren Freunden ohne Bedenken erzählen konnte! “Ach beinah hätte ich es vergessen. Ich habe doch letztens Blumen bekommen! Und zwar sind wir erst gestern auf ein Überraschungsdate gegangen und ich habe einen Strauß Rosen bekommen!” Ayumi jauchzte und auch die Augen der anderen Zwei leuchteten auf. “Ach ja, das ‘Date’”, erinnerte Sango sich fröhlich. “Er hat mich zu diesem netten, europäischen Restaurant gebracht und wir saßen an einem schönen kleinen Tischchen und wir hatten sogar Dessert!”, schwärmte Kagome ihren Freundinnen vor und ergötzte sich geradezu an dem neidischen Blick Eris und Yukas. Aber am meisten spürte sie Inu Yashas Blick an ihrer Seite. Sie wusste zwar nicht genau, was ihn störte, doch seine Augen waren weit aufgerissen. Störte es ihn so sehr, dass sie ein bisschen mit dem Date angab? Sie wusste, er hasste diese Sachen, doch er hätte sie ja nicht durch diese Hölle gehen lassen müssen, wenn er nicht wollte, dass sie im Nachhinein das einzig Positive daraus an ihre Freundinnen weitergab. Aber das war es gar nicht, was Inu Yasha durch den Kopf fuhr. Es war das erste Mal, dass sie erfreut schien, dass er sich die Mühe gemacht hatte und er fühlte sich an seine früheren Worte erinnert. Konnte ihn auch noch nach Jahren überraschen. Zum Beispiel, wenn sie so plötzlich ihre Meinung änderte oder eine Seite aufzeigte, deren Existenz ihm gar nicht bewusst gewesen war. Hojo auf der anderen Seite des Tisches war mindestens genauso erstaunt. Während Kagome erzählte, veränderte sich ihre ganze Haltung. Sie legte ihrem Gatten sogar eine Hand auf den Oberschenkel und die Zwei tauschten einen ganz intimen Blick. Sie schien verwirrt, doch herausfordernd; und er verdattert. Hojo hatte keine Ahnung, welch nonverbale Kommunikation zwischen den beiden stattfand, doch ihm ging langsam auf, dass er seine Einschätzung der Beziehung möglicherweise revidieren musste. Kapitel 19: Was die Zukunft bringt... ------------------------------------- Als Frau Higurashi alle Daheimgebliebenen mit weihnachtsrelevanten Aufgaben betraute, fanden einige Angehörige der umfangreichen Familie, dass sie sich lieber davonschlichen. Kouga war einer der ersten. Aber selbst Rin stahl sich ausnahmsweise davon. So unverantwortlich Frau Higurashi in Unkenntnis über ihren Verbleib zu lassen, war sie allerdings nicht. “Aber natürlich stört es mich nicht, wenn du einen kurzen Ausflug machst. Hier!” Kagomes Mutter ging zum Flur, um etwas aus ihrem Beutel, den sie Handtasche nannte, hervorzuholen. “Das ist ein Plan von der Stadt, damit du dich nicht verläufst.” Rin hatte erwähnt, dass sie gern etwas erkunden wollte. Der Ausflug ins Kino hatte ihre Neugier nur noch angestachelt. “Ach, und nimm einen der Jungs mit, damit dir nichts zustößt.” “Natürlich. Und vielen dank!” In der Küche huschte sie rasch so rasch ihr angeschlagenes Gelenk es erlaubte an Jaken vorbei, doch er war sowieso zu sehr in seine Arbeit vertieft. Er saß auf der Anrichte und schnitt erstaunlich schnell und behände Karotten. Seitdem er hier lebte, hatte er eine Affinität zur Kochkunst entwickelt, auf die er unangebracht stolz war. Bei Zeiten spielte er sich sogar als Chef der Küche auf und kommentierte die Schnibbelkünste der anderen. Natürlich nur, wenn Frau Higurashi nicht anwesend war. So anmaßend, dass er sich mit ihr zu messen gedachte, war er nicht. Unbemerkt schlüpfte Rin in die Kälte hinaus und wanderte auf dem Grundstück herum bis sie sah wie Sesshoumaru einen alten Baum auf seine subtile Art beschnüffelte. Statt wie Inu Yasha seinen hündischen Instinkten nachzugeben, erhob der Vollblutdämon nur elegant seine feine Nase und nahm all das Wissen, das er aus einem Duft herausfiltern konnte, in sich auf. Er musste auch sie erochen haben, denn er wandte sich ihr automatisch zu. “Komm mit”, bat sie enthusiastisch und machte eine einladende Geste als sie an ihm vorbei zur Treppe, die vom Anwesen herab führte, hüpfte. Verwirrt und mit einem unliebsamen, charakteristischen Stirnrunzeln wandte der Youkai seinen Schritt in ihre Richtung. “Willst du nicht auch mehr über diese Welt wissen?” Man hörte sogar in ihrer STimme, dass sie Feuer und Flamme war. Eigentlich wollte Sesshoumaru viel lieber in Erfahrung bringen wie er zu seiner Welt zurückkam. Er mochte die Gerüche hier nicht. Doch Rin lief immer weiter, zwei Stufen auf einmal nehmend. Ihr Enthusiasmus ließ sie allen Schmerz vergessen. Also folgte er. *** “Nein! Den nehm ich nicht mit!” “Aber jetzt ist er doch schon mal hier”, spielte Kagome die Stimme der Vernunft. Die drei Frauen aus der modernen Welt ahnten, dass dieses Gespräch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen würde. Daher wollten sie eben aufs Klo gehen. “Schatz, kommst du mit und hälst meine Tasche?” Hojo seufzte als er die Bitte seiner Frau wahrnahm, doch stand gehorsam auf. Das war einer ihrer neuen Trends. Offenbar fand Ayumi, dass es eine süße Pärchen-Aktivität war, wenn er vor dem Klo auf sie wartete. Also tat er genau das, beladen auch mit den Taschen der Freundinnen. Indessen wollte Inu Yasha Kouga an die Kehle springen. Derjenige war es nämlich, den Kagome Inu Yasha aufdrängen wollte. Er hatte sich vom Higurashianwesen fort geschlichen und sie ausfindig gemacht hatte. Während der Drückeberger also mit erhobenen Fäusten dastand und hoffte, dass Kagome die Diskussion mit ihrem Gatten gewinnen würde, erhob sich am anderen Ende des Imbisses ein junges Paar und kam zu ihnen geschlendert. Der junge Mann des Zweiergespanns warf einen selbstbewussten Blick in die Runde und wollte wissen, ob alles in Ordnung sei. Er schien keinesfalls auf Ärger aus, doch seine muskulöse Statur und etwas in seiner Ausstrahlung untermauerten seine Furchtlosigkeit. Das Mädchen hingegen schien mit einer permanent misstrauischen Braue durch die Welt zu ziehen und blieb immer beinah unmerklich etwas hinter ihrem Freund zurück. “Jup! Alles in Ordnng!”, versuchte Kagome die Wogen zu glätten. “Mein Schwiegervater hier mischt sich nur manchmal etwas zu viel in unser Privatleben ein!”, fügte ihr Gatte hinzu. Inu Yasha knurrte regelrecht und Kouga stand ihm in dem in nichts nach. Das fand sogar der junge Mann befremdlich. “Schwiegervater? Aber er ist so jung.” Kagome hätte am liebsten die Stirn auf die Tischkante geknallt. Stattdessen raffte sie sich zusammen, zog ihren Gatten am Ohr wieder zu sich auf die Bank und befahl ihrem selbsternannten Schwiegervater sich zu setzen. “Ich versichere euch, es ist alles in Ordnung hier. Kein Grund sich einzumischen.” Sie gab ihr bestes Lächeln von sich, doch der junge Mann schien recht ungewillt zu gehen. Stattdessen verschwand der überraschte Gesichtsausdruck und wurde von einem wissenden ersetzt. “Ihr seid einer von denen, nicht wahr?”, erkundigte er sich, doch niemand in der Runde hatte auch nur einen Schimmer was er meinte. “Wer bist du?”, wollte Inu Yasha schließlich mit verschränkten Armen trotzig wissen. Er mochte es nicht, wenn jemand so tat als verstünde er etwas, das Inu Yasha offenbar nicht verstand. “Ich bin Yuta und das ist Mana. Wir sind ebenfalls unsterblich und ewig jung.” Sein Ausdruck war vollkommen ernst und ehrlich. Womit er allerdings nicht rechnete, war Kougas Frage: “Kagome, sag mal, ist das etwa auch normal in eurer Welt?” Der mutmaßliche Schwiegervater war neugierig, nicht schockiert. “Nein, natürlich nicht! Auf dieser Seite passiert das nicht”, machte Inu Yasha besserwisserisch. Doch leichte Zweifel überkamen ihn doch: “Nicht wahr?” Kagome hingegen befand sich in einem Schockzustand. Waren das zwei Verrückte oder war es die Wahrheit? Dieser Yuta sah noch immer so ernst und überzeugt von sich aus wie am Anfang. “Wie alt bist du denn?”, wollte Kouga wissen. Jetzt unterhalten sie sich auch noch, dachte Kagome verzweifelt. War es ihr denn nie vergönnt einen normalen Nachmittag mit normalen Menschen und normalen Aktivitäten zu verbringen? “Ich bin 500 Jahre alt.” “Das ist ja älter als ich!”, rief Kouga beleidigt aus. “Also hatte ich Recht?” Es war mehr eine rhetorische Frage, die dieser Yuta ihnen stellte, doch Kouga war sehr entschieden in seiner Antwort: “Nein.” Nun schien Yuta verwirrt. Das Mädchen, Mana, hingegen, setzte sich uneingeladen an den Tisch und fragte Kagome dreist, ob sie ihr Getränk noch haben wolle. “Ehhh... nein, hier, bitte sehr”, stammelte die Angesprochene. Ohne zu danken nahm Mana es an und trank. Verwirrt darüber was gerade mit ihrem entspannten Frauennachmittag passierte, starrte Kagome erst das unangebrachte Mädchen perplex an, dann den jungen Mann. Und gab auf. Statt die Situation verstehen zu wollen entschied sie, dass es ja wohl kaum Schaden anrichten konnte, wenn sie einem Unsterblichen erklärte, dass er älter als ein Dämon war. “Das ist ein Dämon”, erklärte sie daher und deutete auf Kouga. “Ein Dämon?”, machte das Mädchen mit dem Strohhalm noch im Mund, wurde aber von allen ignoriert. Sie schien kein gutes Gefühl dafür zu haben, wann sie sich in eine Konversation einführen konnte. Aber dieser Yuta stellte definitiv die merkwürdigeren Fragen: “Kennt ihr Meerjungfrauen?”, lautete sein Kommentar. ‘Ok’, dachte Kagome nicht zum ersten Mal heute, ‘die Konversation ist gerade noch seltsamer geworden.’ Während Kagome überlegte wie sie diese Frage beantworten sollte, verglichen Kouga und Yuta Geburtsdaten und Miroku betrachtete das Mädchen. “Du bist aber ein hübsches Ding”, sagte er freundlich an Mana gewandt, aber ein Tritt unter dem Tisch brachte ihn zum Schweigen. Komplimente schien die Angesprochene sowieso nicht zu mögen. Verstohlen schloss Mana die Hand um die Finger Yutas. Offenbar war es eine Art Signal. “Also kennt ihr keine?”, fragte jener noch zum Abschluss. Allgemeines Kopfschütteln. “Dann wünsche ich euch noch eine gute Reise!” “Kann ich das mitnehmen?”, fragte das Mädchen noch und sobald Kagome nickte, folgte sie ihrem Beschützer an der Hand hinterher. “Das war eine komische Gruppe, nicht wahr?”, fragte Mana als sie den Imbiss verlassen hatten. Yuta schien nachdenklich. “Nicht komischer als wir.” “Ich dachte, Dämonen gibt es nicht wirklich. Man hat mir oft Gutenachtgeschichten über sie erzählt.” “Wenn es Meerjungfrauen gibt, gibt es wohl auch Dämonen”, erwiderte Yuta nur. “Woher weißt du, dass sie nicht lügen?” Mana saugte an ihrem Strohalm und hatte natürlich wie immer Probleme damit die Komplexität der Menschen zu erfassen. “Sie waren überhaupt nicht schockiert. Dass jemand unsterblich ist, schien ihnen kein vollkommen ungläubwürdiges Konzept.” Weil er der Ansicht war, dass mehr Erklärung bei Mana immer besser war als weniger fügte er noch hinzu: “Und nicht schockiert sein ist schwer zu schauspielern. Außerdem macht es Sinn, dass nur ein Dämon nicht von Unsterblichen und Meerjungfrauen schockiert sein würde.” Sie umfasste seine Hand etwas fester. “Aha”, machte sie teilnahmslos. Etwas anderes hatte ihre Aufmerksamkeit bereits auf sich gezogen. Daher wurde Yuta mit sich und seinen Gedanken allein gelassen. *** “Das Bild versteh ich nicht”, bekundete Rin frustriert, während ihr Ziehvater misstrauisch die fremdländischen, lauten und stinkenden Gefährte beäugte, die rechts an ihnen vorbeizogen. “Ich erkenne hier einfach kein Muster”, beschwerte sie sich nochmals. Beinah beiläufig nahm Sesshoumaru ihr die Karte aus den Händen und besah sich das Ganze. “Wo willst du hin?”, erkundigte er sich knapp und sie zeigte nur mit dem Zeigefinger auf eins der Quadrate. Augenblicklich wandte er sich einer Himmelsrichtung zu und übernahm die Führung. Diesmal war Rin es, die ohne zu fragen folgte. Er hatte dieses Verhalten öfters an ihr beobachtet. Wenn er bestimmte Botengänge unternahm, ein paar inferiore Youkaifürsten unterwarf, einer neuen Kampftechnik nachging oder die Brauchbarkeit einer neuen Waffe untersuchte, wollte sie sich manchmal etwas ansehen. Zum Spaß. Er verstand es nicht, doch meistens endeten sie an einem berühmten Berg, einer weitgerühmten spirituellen Stätte oder im Heim eines renommierten Kriegsführers. Seine nervtötende Schwägerin nannte es Kultur. Offenbar war es etwas, das Menschen aus ihrer Zeitepoche schätzten. Für ihn ergab es keinen Sinn, doch Rin war danach immer in erheiterter Laune und das war für ihn genug sie dorthin zu geleiten. Oder Jaken damit zu beauftragen es zu tun. Während er seinem internen, makellosen Orientierungssinn in diesen fremden Gefilden folgte, stellte sie eine merkwürdige Frage. Wie immer. Er mochte diese Fragerei kein bisschen. Nicht zu einem kleinen Teil, weil er nur selten eine befriedigende Antwort meistern konnte. “Technisch gesehen ist Kagomes Welt unsere Zukunft… nur älter, nicht wahr?” Das beantwortete er nicht. Sie kannte die Antwort. “Fragst du dich nicht, was mit all den Dämonen passiert ist?” Und da war es wieder. So eine Frage. “Nein”, erwiderte er kategorisch. “Aber denk doch mal drüber nach. Du kannst Jahrtausende unverändert überleben. Ich bin mir nicht sicher wie viel älter diese Welt ist, doch es wundert mich, dass du nicht … ein Fürst hier bist. Aber Kagome sagt, sie habe dich nicht aus dieser Welt wiedererkannt.” “Vielleicht war ich einem mächtigeren Dämon erlegen”, wandte er realistisch ein. Er war arrogant, nicht realitätsfremd. Aber Rin lachte nur. Sie war weder arrogant noch realitätsfremd, doch in ihren Augen war er, wenngleich nicht direkt unbezwingbar, doch perfekt genug, dass sie den von ihm geäußerten Gedanken amüsant fand. “Oder die Dämonen haben sich in eine andere Welt zurückgezogen”, schlug sie stattdessen vor. Er wollte beinah antworten, dass es keine andere gab - abgesehen vielleicht von der Unterwelt und dieser - doch er schloss nicht aus, dass es Dinge gab, die selbst er nicht wusste. “Unwahrscheinlich”, antwortete er deshalb stattdessen. “Aber es würde Sinn ergeben”, wandte sie ein. “Und es würde deine Theorie untermauern, dass Menschen und Dämonen nicht zum Zusammenleben geschaffen waren.” “Waren sie auch nicht.” Sie verdrehte ihre Augen und winkte ab. “Ja, ja, ich weiß...” “Sie sind inkompatibel.” Sie hatten diese Diskussion schon ein paar Mal gehabt, sofern Sesshoumaru zum Diskutieren in der Lage war. Oft ging er einfach davon aus, dass er Recht hatte und es wenig Sinn besaß andere darauf hinzuweisen. Er war kein großer Disputant. “Willst du deshalb zu diesem Museum?”, erkundigte er sich. Die Frage überraschte sie. Sie hatte die Bedeutung des Wortes von Frau Higurashi gelernt. Doch woher wusste er, was es war? “Vor ein paar Jahrhunderten habe ich andere Länder bereist”, begann er ihre unausgesprochene Frage zu beantworten. “Es gab dort einige Menschenkinder, die ane andere Sprache von uns hatten. Das Wort bedeutet Ort für gelehrte Beschäftigung. Ich habe es auf der Karte gelesen. Du möchtest also einen Gelehrten treffen.” Rins Mund stand offen und für einen Augenblick hielt sie sogar im Gehen inne. Sie musste sich an etlichen Leuten vorbeischieben, um wieder zu ihm aufzuholen. Sie bezweifelte nicht, dass ihr Ziehvater intelligent war, doch bisher hatte sie noch nie auch nur einen Funken Interesse an anderen menschlichen Sprachen in ihm detektieren können. Nach fast zwanzig Jahren konnte er sie noch immer überraschen. So musste es vielen Eltern und ihren Kindern ergehen, wenn sie erwachsen wurden. “Vielleicht”, räumte sie ein. Frau Higurashi hatte ihr erzählt, dass, wenn sie etwas über die Geschichte Japans herausfinden wollte, sie zu einem Museum gehen sollte. Dort gab es Ausstellungen und Bilder und viele Texte, die sie dank Kagome würde lesen können. Aber einen Gelehrten hatte sie nicht direkt erwartet. Unfehlbar wie immer führte ihr Youkaifürst sie zu ihrem Ziel. Es war alles, was sie sich erhofft hatte. So viel Wissen an einem Ort komprimiert war faszinierend. Sie fragte sich ob so etwas in ihrer Welt möglich sein würde. Allerdings war es auch seltsam so viele Gegenstände aus ihrem Alltag hinter einer durchsichtigen Mauer zu sehen, mit synthetischem Tageslicht erhellt und auf eine unnatürliche Art und Weise arrangiert. Sesshoumaru schien wenig fasziniert. Er folgte ihr durch die Gänge, fuhr mit seinem Blick unberührt über die Auststellungsstücke und betrachtete manchmal eingehend die Runen der Schriftzeichen, die Auskunft über Dinge gaben, die Rin sowieso schon wusste. Doch der Highlight ihres Besuchs war als sie etwas sah, dass ihr die eigene Sterblichkeit nur zu sehr vor Augen führte. “Sesshoumaru!”, rief sie im Flüsterton aus. Hier war alles sehr still. Alle Gäste bewegten sich leise und nur ab und zu kam jemand auf sie zu und fragte ob Sesshoumaru Teil der Ausstellung war und ob man sich mit ihm fotografieren lassen konnte. Aber all das beiseite, konnte Rin kaum fassen, was sie da vor Augen hatte: “Das ist Tetsuaiga!”, eröffnete sie ihm als er an ihre Seite trat. Tatsächlich. Es war Tetsuaigas harmlose, verrostete Gestalt. Die Scheide daneben. Etliche andere Schwerter, die auf den ersten Blick ähnlich wirkten, waren auch ausgestellt. Doch für ihre Augen war es offensichtlich, dass sie sich in einem entscheidenen Punkt unterschieden. Sie waren gewöhnlich. “Kaum zu fassen, dass er es jemals von seiner Seite lassen würde.” Sesshoumaru sprach es nicht aus, doch er bezweifelte, dass es freiwillig geschehen war. “Aber ich schätze, auch Inu Yasha wird nicht ewig leben”, gab Rin ernüchtert von sich, die mittlerweile zur selben Einsicht wie Sesshoumaru gekommen war. Sie hatte ihren Ziehvater einmal gefragt was die Lebenserwartung eines Halbdämonen war. Seine Antwort war ambigue gewesen. Offenbar lebten sie nicht lange, doch ihre hohe Sterblichkeitsrate hatte mehr damit zu tun, dass die höheren Dämonen sie gern töteten. Inu Yasha war nur zufällig ein harter Brocken. Über einen Halbdämon, der an Altersschwäche gestorben war, hatte noch keiner etwas gehört und daher war es schwierig das abzuschätzen. Sesshoumaru schien wenig beeindruckt und sein Mündel fand es irgendwann unheimlich etwas so Bekanntes anzustarren; also wanderten sie weiter. Rin nahm gerade ein paar gewöhnliche Schreibutensilien unter die Lupe als sie einen Blick auf sich ruhen spürte. Das letzte Pärchen, das Sesshoumaru nach einem Foto gefragt hatte, war schon längst, erschrocken von seinem angsteinflößenden Starren, vorbeigezogen. Also war es leer um sie herum. Sie wandte sich noch weiter um und erkannte die Quelle des Gefühls. Ein Mann mit Brille, einem Stapel Papieren und ein paar Büchern war gerade dabei in eine Hintertür einzutreten. Seine Bewegungen wirkten rasch als hätte er sich gerade erst umgedreht. Augenblicklich wusste sie, dass er ihr bekannt war. Das, obwohl sie seine Gesichtszüge aufgrund des Lichts nicht erkennen konnte. Aber das war nicht nötig; sein ganzer Körper strahlte Familiarität aus und er zog sie wie magisch an. Sie wollte zu ihm herüberschreiten, doch er verschwand behände hinter der zufallenden Tür. Etwas vor den Kopf gestoßen blieb Rin zurück, unentschieden, ob sie Sesshoumaru folgen sollte, der sichtlich genervt ein paar Schritte weiter gegangen war. Es war nicht zu übersehen, dass das Museum wenig Gefallen in ihm weckte. Doch sie entschied sich dagegen und hielt auf die Tür zu. Und wurde belohnt. Denn die Tür wurde wieder geöffnet. Arglos schlüpfte sie hindurch und blieb wie von der Tarantel gestochen erstarrt stehen. Das Haar war viel kürzer, die Brille ungewohnt und die Kleidung vollkommen abstrus, doch vor ihr stand Sesshoumaru. Sie öffnete den Mund, doch nichts kam heraus. “Hallo, Rin”, begrüßte er sie und jeder Zweifel verflog. Nicht nur, dass er ihren Namen kannte, es war auch seine Stimme. Sie klang ein wenig sanfter, doch das war es auch schon. Immer noch blieb ihr Mund offen stehen, ohne dass sie einen Laut produzieren konnte. “Ich wusste, dass dieser Tag kommen würde”, eröffnete er und zeigte eins seiner höchst seltenen Lächeln. Sie wusste nicht ob sie den Anblick auskosten oder befremdlich finden sollte. “Wie das?”, schaffte sie endlich. “Ich kann mich daran erinnern mit dir hierher gekommen zu sein.” Jetzt war es befremdlich. “Tatsächlich...”, krächzte sie, ungläubig. Erst nickte er nur. “Ich hatte eigentlich Besseres zu tun. Du hast den Weg nicht gefunden. Haben wir Tetsuaiga bereits entdeckt?” Wortlos nickte Rin. Sie starrte nur in seine goldenen Bestienaugen und versuchte den Mann darin wiederzuerkennen, den sie den Großteil ihres Lebens gekannt hatte. Es war unheimlich wie jede Kleinigkeit seines Gesichts dem ihres Ziehvaters entsprach und doch war diese Person nicht ganz Sesshoumaru. Der Moment wurde zerstört als der Echte durch die Tür trat, mit seinem immerwährenden Stirnrunzeln. Als er sein Ebenbild in Fleisch und Blut sah, hielt er nur kurz inne. Wie zu erwarten war er nicht einmal halb so zerstreut wie Rin, sondern begegnete der Situation wie jeder anderen auch. Überheblich und misstrauisch. Die beiden beäugten einander, schienen sich jedoch nichts zu sagen zu haben. Erst war Rin sich nicht einmal sicher, ob ihr Ziehvater sich wiedererkannte, da es nicht seine Art war sein Spieglbild auf Wasseroberflächen zu beobachten, doch es gab kein Verwechseln. “Hm”, machte er schließlich nur. Vielleicht war er halbwegs neugierig, mehr jedoch nicht. “Wir sollten gehen”, sagte er schließlich, öffnete die Tür abermals und verließ den Gang so abrupt wie er ihn betreten hatte. Rin wollte ihm gerade folgen, doch das Geschehnis war zu abstrus als dass sie sich seinen Fängen so einfach entziehen konnte. Daher wandte sie sich noch einmal um, eine Hand bereits an der Türklinke und da sah sie es. Er hatte seine Gesichtszüge schnell wieder unter Kontrolle, so wie sie es von einem Doppelgänger Sesshoumarus erwartet hätte. Doch nicht schnell genug als dass der Hauch von Melancholie ene Einbildung gewesen sein könnte. Er schien erkannt zu haben, dass er ertappt worden war und im Moment dieser Realisation tat er es. Mit einer raschen Bewegung hatte er ihr Kinn umfasst und küsste sie. Nicht federleicht oder brüderlich, sondern verwegen und innig. Seine Zunge strich über ihre Lippen, die Augen für einen Atemzug fest zusammen gekniffen. Sein Griff schmerzte ihr Handgelenk. Der Kuss ließ sie atemlos und verwirrt zurück, dann schloss er die Tür endlich hinter ihr und sie sah wieder die vertraute Form ihres Ziehvaters vor sich. Er wandte sich um, denn er hatte mit dem Rücken zur Tür auf sie gewartet. Als sie seine kalte Miene, vertraut und abweisend, sah, machte sich eine beklemmende Erleichterung in ihr breit. Sie hätte nicht sagen können weshalb. *** Kagome stahl gerade Inu Yashas Getränk, weil das seltsame Mädchen ihres mitgenommen hatte, als die restlichen von der Toilette zurückkehrten. “Habt ihr alles ausdiskutiert?”, fragte Ayumi, doch Kagome schüttelte ergeben mit dem Kopf, während die beiden Raufbolde sich zum wiederholten Mal anknurrten. “Nicht wirklich, aber ich befürchte...”, begann Kagome streng. “...dass ich hier eine Exekutiventscheidung treffen muss.” “Ach, nein!”, maulte Inu Yasha, der genau wusste, was das bedeutete. Im Klartext hieß das nämlich, seine Frau würde einen Vorschlag machen und wenn er nicht annahm, würde sie so lange “Mach Platz!” sagen bis er umgestimmt war. “Wirst du nicht tun, was deine Frau verlangt?”, fragte Hojo erstaunt, der Inu Yashas Ausruf falsch interpretierte. “Doch, natürlich”, grummelte dieser. Er wollte ganz bestimmt keine Schmerzen haben oder solche Demütigung erleben. Die anderen unterhielten sich munter, doch Inu Yasha hatte nicht mehr die Geduld ihnen bei ihren langweiligen Themen zuzuhören. Stattdessen betrachtete er mutlos wie Kouga ihm seinen letzten Burger wegschnappte und in einem verschlang, dann ausgiebig kaute. Doch Kagome hatte ihre Hand wieder auf seinen Oberschenkel gelegt. Genau wie vorhin. Vorsichtig umschloss er sie. Dieses Prickeln unter seiner Haut, selbst nach zehn Jahren noch, war jeden Burger beider Welten, beider Epochen wert. Um ehrlich zu sein, wusste Inu Yasha selbst nicht, weshalb er sich wieder so kindisch wie früher benahm. Er liebte seine Frau und auch wenn er manchmal unvernünftig war, käme er doch niemals auf den Gedanken ihr das Leben schwieriger als sowieso schon zu machen. Er seufzte. Doch seit dem Augenblick ihres Verschwindens, als diese eiskalte Angst sein Herz erfasst hatte, hatte er dieses nagende Gefühl nicht wieder abschütteln können. Er war ihr immer dankbar gewesen ihn und seine Welt über ihre eigene gewählt zu haben. Das war ein Opfer, das er nie zurükzahlen konnte, doch sie waren trotzdem glücklich zusammen gewesen. Jetzt allerdings konnte er sich nicht aufhören zu fragen, ob Kagome nicht in dieser Welt bleiben wollte. Sie schien so froh zu sein, ihre Familie wieder zu haben. Er sah es in ihrem Blick, wenn sie Kikyou und Souta jr. mit ihrer Mutter und Opa oder ihrem Bruder beobachtete. Außerdem hatte sie bisher noch gar nichts unternommen, um einen Weg nach Hause zurück zu finden… Abrupt wurde der Hundedämon aus seinen trüben Gedanken gerissen, als die Frauen sich verabschiedeten, um shoppen zu gehen. Inu Yasha wusste, was das war. Kagome benutzte das Wort immer ironisch, wenn sie in die nächstgrößte Stadt ging, um Dinge zu kaufen, die sich nicht selbst herstellen konnten. “Vertragt euch, Jungs”, mahnte sie noch zum Abschied und gab Inu Yasha einen Kuss auf den Mundwinkel, etwas, das sie nicht mehr getan hatte, seitdem sie in Kagomes Welt zurückgekehrt waren. Verwirrt und erleichtert gleichzeitig blieb Inu Yasha mit dem Wolfsdämon, dem Mönch und dem frischgebackenen Menschenehemann zurück. *** Langsam wurden die Leute unruhig. Kagomes Menschenfreunde versuchten die Barriere zwischen ihnen und den Dorfbewohnern zu gut wie möglich zu überwinden, doch so ganz gelang es nicht. Sie hatten Angst. Da war Jinenji natürlich keine Ausnahme. Er weinte oft, weil er sich so sehr um seine Freunde sorgte. Miko Kagome war noch immer nicht zurückgekehrt und was schlimmer war, ihre ganze Familie und einige ihrer Freunde waren ebenfalls verschwunden. Hachi, dieser nichtsnutzige Dachs, war im entscheidenden Moment weggeschlichen und konnte daher keine Auskunft darüber geben, was geschehen war. Auch das Wolfsrudel, das ihrem Herrn gefolgt war, berichtete nur davon wie sie verdutzt durch das Gebüsch gebrochen waren und nichts als eine unberührte Lichtung vorgefunden hatten. Keine Anzeichen eines Kampfes, nur eine dreiäugige Kuh, die in weiter Entfernung graste. Die Hexe Yamauba, Jinenjis Mutter, wurde mittlerweile auch beunruhigt. Sie war defintiv die Falsche, um die Verantwortung für das Dorf zu übernehmen. Sie war kein Menschenfreund und konnte schlecht das Vertrauender Dorfbewohner gewinnen. Als gestern das Biest, Ahun, allein aus dem Wald zurückgekehrt war, war sie sich ziemlich sicher, dass, was auch immer die anderen bezwungen hatte, auch den mächtigen Schwager der ehrwürdigen Miko auf dem Gewissen hatte. Im Dorf versuchten sie zwar ihr Bestes mit Schutzwällen und einer Zivilistenmiliz, doch sie hatte wenig Hoffnung. Blieb nur noch verbissen die Zähne zusammenzuhalten und auf das Unheil auszuharren. Ayame als einziger freundlich gesinnter Dämon in der Umgebung wurde herbei gerufen, um sich mit dem Biest des Lords zu befassen. Die Wolfskönigin befand es ganz offenbar unter ihrer Würde als fürstlicher Stallbursche zu fungieren. Trotzdem versuchte sie das Vieh am Zügel zu krallen, doch Ahun hatte andere Pläne. Statt sich fangen zu lassen, ließ er die Wölfe wie Idioten ein Weilchen hinter sich her jagen bis sie aufgaben. “Sogar wenn er nicht da ist, kann ich den arroganten Schnösel nicht leiden. Es ist als würde er uns durch sein Gefolge in seiner Abwesenheit zur Schau stellen”, beschwerte sie sich prustend. Ahun gesellte sich unterdessen zu Jinenji, der immer noch an seinem Platz vor der Hütte saß. Das Biest legte sich neben ihrem Biest von einem Sohn in den Staub und schaute ebenfalls in dieselbe Richtung. Ayame wollte sich abwenden, doch da bemerkte sie wie zwei ihrer Kinder zu dem großen Tier gelaufen kamen und sich an seine Flanke legten. Es blieb friedfertig liegen. “Das glaub ich nicht!”, maulte die Königin und wollte sich gerade auf den Weg machen als ihr etwas auffiel. “Es ist...”, begann sie. Ihre Nase zuckte. Doch dann schüttelte sie den Kopf. “Nein. Das war es doch nicht.” Yamauba wusste welchen Geruch sie meinte. “Aber eins kann ich dir sagen, Hexe”, versicherte die Wölfin ihr. “Ich kann diesen Gestank nicht leiden.” Die Hexe nickte und die Wolfskönigin drehte sich um, stapfte frustriert von dannen. Wahrscheinlich würde sie etwas Dampf abblasen, indem sie den Menschen beim Palisadenbau zur Hand ging. Kapitel 20: Verlobungen, Pandas und andere Probleme... ------------------------------------------------------ Sie wanderten schon eine ganze Weile durch die Stadt als Hojo endlich die langersehnten Worte von sich gab: “Wir sind da!” Miroku freute sich, doch Inu Yasha war weniger anwesend. “Wo wollten wir noch mal hin?”, fragte er daher. Kouga sah ebenfalls ratlos aus, aber dessen Aufmerksamkeitsspanne war noch nie lang gewesen. Miroku schüttelte nur fassungslos den Kopf und schritt schon einmal voraus, durch das Tor und in die Anlage. Hojo war nur etwas verdattert. “Ehm… Die Kampfsportschule, zu der du wolltest”, gab er etwas verloren von sich. Schließlich waren sie für ihn hier. “Ach so.” Schulterzuckend folgte er dem Mönch und konnte dann nicht zwischen Haupthaus und Dojo entscheiden. Der Dojo gewann. Kouga wanderte aus Prinzip in die entgegengesetzte Richtung zu der, die sein Rivale favorisierte. “Sollten wir nicht erst jemanden um eine Führung bitten?”, warf Hojo umsichtig ein, woraufhin Miroku beschloss, dass sie auf Hojo hören sollten. Da dieser schließlich der Experte für seine eigene Welt war. Also krallte er sich Inu Yasha am Kragen seines Kaftan und Kouga am Riemen seiner Rüstung und schleifte sie wieder zu dem jungen Mann herüber. “Was immer du meinst, Hojo”, gab der Mönch umsichtig von sich und bedeutete dem anderen vorauszugehen. Dieser setzte sich zwar gehorsam in Gang, konnte aber nicht umhin ein beunruhigtes Auge auf die beiden grummelnden Unwilligen zu werfen. Etwas unsicher schritt Hojo auf das Gebäude zu, in dem er das Büro vermutete. Auf dem Sandplatz war alles so leer. Vielleicht war die Schule heute gar nicht offen. Der richtige Ort war es allerdings. Hojo hatte das Schild vorne extra zwei Mal gelesen, um sicher zu gehen. Da hatte ohne Zweifel “Saotome Alles-ist-möglich-Kampfschule für Schlägereien aller Art” gestanden! Gerade als Hojo die Tür öffnen wollte, wurde sie allerdings niedergemäht. Miroku und Inu Yasha waren sofort alarmiert. Während der Mönch und Kouga Hojo aufhalfen, schnellte der Letzte im Bunde vor, um zu überprüfen wer die Eingangstür zerschmettert hatte. “Als ob man mich besiegen könnte!”, lachte gerade ein Kerl mit einer selbstsicheren Pose jenseits der demolierten Türschwelle. Er war offenbar gerade von einem Tisch aufgesprungen, an dem größtenteils unbekannte Leute saßen. Der fremde Unruhestifter nahm seinen zum Tritt gegen die Tür erhobenen Fuß wieder herunter und stellte ihn selbstsicher ab, ohne dem dämonischen Neuankömmling überhaupt zu bemerken. Inu Yasha war sofort klar, was geschehen war. Als er jünger war, hatte er auch so einiges willkürlich und sinnlos zertrümmert, nur um seine Stärke unter Beweis zu stellen. Die Reaktion der Unbekannten fand er allerdings erfrischend neu. Keine von ihnen rief nämlich “Mach Platz!”. Stattdessen schnaubte eine Frau mit kurzen Haaren nur unbeeindruckt, während ein Panda ein Schild in die Luft hielt (“Nicht noch eine Tür, Ranma!”). Doch das war noch nicht einmal, was Inu Yasha am meisten erstaunte. Wie gesagt, waren die versammelten Personen ihm nur größtenteils fremd: Inmitten dieser lustigen Meute saß sein ruhiger, verabscheuter Halbbruder, daneben seine Ziehtochter mit einer Tasse Tee an den Lippen. “Was zur Hölle…?”, entfuhr es Inu Yasha und nahm die Hand vom Heft seines Schwertes. “Inu Yasha!”, rief Rin und winkte ihn zu sich. “Wir hatten vielleicht einen aufregenden Tag. Wie läuft es bei euch?” Sesshoumaru sah nicht aus als fände er überhaupt irgendetwas aufregend. Eine weitere der unbekannten Frauen in diesem Raum stand gerade auf, nahm ein Tablett in die Hand und fragte, ob Inu Yasha und seine Freunde ebenfalls zum Tee bleiben wollten. “Aber nur gegen Bezahlung!”, wandte noch eins der Mädchen ein. Der Panda wechselte das Schild (“Eine Tasse = 1000 Yen”) und Inu Yasha war vollends verwirrt. *** Sesshoumaru hatte seine Ziehtochter mit seiner immerwährenden unbegeisterten Miene schließlich davon überzeugen können, das Museum hinter sich zu lassen. Aber noch ganz bereit aufzugeben, war sie nicht. “Ok, das Museum war nicht deins. Versteh ich ja auch. Aber wie wäre es sich ein paar Kampftechniken dieser Welt anzuschauen?”, schlug sie vor und deutete auf eins der Rechtecke auf der Karte. “Es sieht nicht so weit entfernt aus.” “Nichts darauf sieht weit entfernt für dich aus. Du lässt den Maßstab außer Acht.” Rin fegte die Spitze seiner Worte unbekümmert fort und wollte gerade zu einem weiteren Argument ansetzen als er fragte: “Mochtest du das Museum nicht? War es nicht genug?” Um ganz ehrlich zu sein, wurde Rin nicht gern an ihren Aufenthalt im Museum erinnert. Es gab da ein paar Begebenheiten, die sie verstörten, und daher hatte sie sich noch nicht entscheiden können wie sie das Gesamterlebnis kategorisieren sollte. “Dann müssen wir wenigstens noch nicht zu den anderen nach Hause zurück”, hielt sie dagegen, woraufhin er, überheblich wie gewohnt, ihr die Karte entriss, kurz einen Blick darauf warf und sofort begann in eine Himmelsrichtung hinfort zu schreiten. Sein Gang war sehr graziös für einen Mann, fast wie ein Tänzer. Sie folgte ihm schweigend durch die aufregende Stadt. So viele Menschen, so viele Farben. Schon auf dem Weg zum Kino war ihr aufgefallen, dass sie nicht wusste, ob sie sich erdrückt oder aufgeregt fühlen sollte. Trotz all der neuen Eindrücke war ihr Gemüt etwas trüber als sonst. Sesshoumaru natürlich fiel nichts auf. Die einzige Nachsicht, die er zeigte war, als er langsamer austrat, damit sie ihm noch immer leicht humpelnd nicht verloren ging. Plötzlich jedoch erreichten sie das Zentrum. Wenn ihnen die Straßen vorher schon überfüllt vorgekommen war, so war das nichts gegen dieses Gedränge. Es gab eine Haltestelle und die Menschen spülten geradezu wie Wasserwellen aus den öffentlichen Transportmitteln heraus. Damit hatte Rin nicht gerechnet und so dauerte es nicht lange bis sie die weißen Konturen ihres Ziehvaters in der Menge verschwinden sehen konnte. “Sess-!”, begann sie, doch ein Ellbogen traf sie in die Seite und nahm ihr den Atem. “Aua”, schimpfte sie erbost, doch der Mann war bereits verschwunden. Eigentlich war die beste Strategie in einer solchen Situation zu bleiben, wo man war, damit Sesshoumaru sie einfach wiederfinden konnte, wenn er ihr Verschwinden bemerkte. So war es immer gewesen. Er hatte ihr immer eingtrichtert “Bleib, wo du bist. Ich komme dich holen.”, doch das war in diesem wogenden Meer aus Leibern schwieriger als gedacht. Jeder wollte irgendwohin anders hin und keiner hatte Verständnis dafür, dass sie die Ausnahme dieser Regel war. Schließlich wurde sie aus dem Strom gedrängt und sie lehnte sich an ein Schaufenster. Sie hatte noch nicht einmal die Karte und keine Möglichkeit den richtigen Weg zu finden. Da berührte sie jemand an der Schulter. Sie wandte sich freudig um, doch zu spät realisierte sie, dass Sesshoumaru sie nie so angefasst hätte. Vor sich sah sie einen jungen Mann mit einer Einkaufstüte. “Alles ok? Bist du verletzt?” “Ach, das ist schon ein paar Tage alt. Außerdem hatte ich schon Schlimmeres”, winkte sie ab. Aber so einfach ließ er sich nicht abschütteln. Stattdessen wollte er es sich ansehen. Er behauptete Medizinstudent zu sein. Rin ging davon aus, dass das so etwas wie eine männliche Miko war, jemand, der sich mit Verletzungen aller Art auskannte. “Nein, ich muss auf jemanden warten!”, protestierte sie. “Auf deinen Freund?” “Ja, auf einen Freund”, bestätigte sie, doch ob seines konfusen Gesichtsausdrucks bekam sie das Gefühl, dass sie über zwei verschiedene Dinge sprachen. “Dann können wir bei einer Tasse Tee auf ihn warten. Hier durch das Fenster kann er dich bestimmt erkennen, wenn wir uns direkt dahinter setzen.” Er deutete auf das Schaufenster hinter ihr. Es stellte sich heraus, das es Einblick in ein Cafe gab. “Ich weiß nicht, ob-...” Weiter kam sie nicht, denn er drückte ihr die kleine Einkaufstasche in die Arme und hob sie in seinen Armen hoch, um sie hineinzutragen. “Wie lange ist das mit deinem Bein denn schon?” “Es ist wirklich nicht so schlimm”, bekräftigte Rin, die nicht mehr von jemandem getragen worden war, seitdem Kohaku sie Huckepack genommen hatte. Oder als Sesshoumaru sie das letzte Mal aus einer brenzligen Situation gerettet hatte. Aber dieser fremde Mann trug sie ganz anders als Kohaku. Sogar anders als Sesshoumaru. Sein Griff war zwar genauso fest, doch seine Fingerspitzen schienen das Gefühl ihrer Haut unter seiner verstohlen auszukosten. Ihre Schulter hielt er umklammert und er presste sie eng an seine Brust. “Du kannst mich jetzt absetzen”, stellte sie klar. Er lächelte, aber sie erwiderte nicht. “Verzeihung, ich wollte nur höflich sein.” “Danke, aber ich schaff es auch allein.” Der Mann war sehr nett, doch ein wenig aufdringlich, fand sie. Sie humpelte zu einem Tisch direkt am Fenster, während er den Tee bestellte. Als er zurückkam, lenkte er ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich, bevor sie die Menge draußen nach einem Schwertkämpfer in Weiß hatte absuchen können. “Und dein Freund, ihr seid fest zusammen?” “Meinst du, ob wir vorhaben zu heiraten?” “Ja, so könnte man es ausdrücken.” “Nein, natürlich nicht. Er ist mein Ziehvater.” Ein Lächeln huschte über seine vollen Lippen. “In dem Fall: Du bist sehr schön.” “Aha”, machte Rin und beobachtete den anderen eingehend. So unumwunden hatte sie es noch von keinem Mann gehört außer von einem Räuberhäuptling. Aber der hatte den Tag nicht überlebt, nachdem Sesshoumaru ihn gefunden hatte. “Mir hat man beigebracht Fremden, die einem so etwas sagen, nicht zu vertrauen”, weihte sie ihn ein und dachte an Kaedes mahnende Worte. Sobald Rin die Pubertät erreicht hatte, hatte sie ihr immer wieder eingebläut, dass man Männern und Jungen in ihrem Alter nicht trauen durfte. “Seh ich denn so gefährlich aus?”, erkundigte er sich charmant und schenkte ihr ein galantes Lächeln. Er hatte ihre Hand ergriffen, bevor sie sie von der Tischplatte ziehen konnte. “Unterhalt dich doch wenigstens ein wenig mit mir”, bat er. Sie seufzte ein wenig. Er hatte ihr immerhin geholfen; da musste sie auch nett zu ihm sein. Doch eins musste klargestellt werden: “Ich habe absolut kein Interesse an Männern.” “Oh. Woran liegt das?” Sie zuckte mit den Schultern. Und gab ihm ein mysteriöses, doch unschuldiges Lächeln. Wenn einige der Jungs aus dem Dorf sie fragten, ob sie nicht mit ihnen zu zweit spazieren gehen wollten, sagte sie immer höflich “Nein, danke.” Sie hatte nichts dagegen mit ihnen zu reden oder zu arbeiten, aber allein im Wald musste jetzt nicht sein. Sie wollte nicht den Eindruck machen als sei sie an derartigen Erfahrungen interessiert. “Ok, du scheinst nicht nur hübsch, sondern auch sehr interessant zu sein.” Wieder hob sie nichtssagend die Schultern, weil ihr darauf nichts Besseres einfiel. Lange war sie dieser Situation allerdings nicht ausgesetzt. Denn ein helles Klingeln kündigte einen neuen Kunden an und Rin war überglücklich als sie erkannte, dass es ihr Ritter in Weiß war. Wortwörtlich kam er herein stolziert, um sie zu retten. Die Frau hinter der Theke hatte große Augen ob seines Antlitzes. Schön und doch entstellt von absolutem Desinteresse und Kaltherzigkeit. Aber Rin lächelte ihm trotzdem entgegen als sie aufstand und ihm entgegengehumpelt kam. “Danke für den Tee, aber das ist mein Freund.” Sesshoumaru hatte die Stirn gerunzelt und betrachtete den Medizinstudenten missbilligend. “Sage ich nicht immer: Bleib wo du bist?”, schalt er unwirsch. “Ja, ich weiß, aber er hat mich einfach aufgehoben”, verteidigte Rin sich sorglos. Sesshoumarus kaltes Betragen hatte sie noch nie gestört. Beim Verlassen des Cafés nahm er ihre Hand. Seine Stimme klang strapaziert und genervt als er befahl “Geh nicht noch einmal verloren.” “Kein Problem!” Rin versuchte so zerknirscht wie möglich zu klingen, damit er wusste, dass es ihr leid tat. Sesshoumaru war kein Liebhaber davon sie zu suchen. Er musste es nämlich viel zu oft tun. Als Sesshoumarus Schlepptau kam sie viel besser durch die Menschenmasse. Die Passanten schienen regelrecht für ihn Platz zu machen, wenn sie ihn bemerkten. Ob es der komische Aufzug war oder seine furchteinflößende Miene, konnte sie nicht sagen, doch es war offensichtlich, dass sogar in einer Welt ohne Youkai niemand diesem Fürsten im Weg stehen wollte. Vielleicht war es eine Art eingeborener Überlebensinstinkt der Menschen, der noch aus einer früheren Epoche übrig geblieben war. Was immer es war, es funktionierte, und sie erreichten den Ort, den Rin vorgeschlagen hatte. Es war ein großes Anwesen, offensichtlich als Schule ausgerichtet. Doch als sie durch den Eingang hinein spähte, konnte sie gar keine Schüler erkennen. Sesshoumarus Aufmerksamkeit war auf etwas ganz anderes gelenkt; er starrte einfach ins Nichts und das war für Rin inakzeptabel. “Lass uns mal ‘reingehen”, schlug sie vor, musste aber erst mit gutem Beispiel vorangehen, ehe der Dämonenfürst sich überwand und folgte. Wenn es etwas gab, dass Seshoumaru nicht vollkommen nervig fand, dann war es sich zu verbessern. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, welch interessante neue Techniken man in dieser Welt wohl beobachten könnte. Der Sandplatz war ebenfalls leer und noch ein wenig staubig. Als hätte jemand ihn vor kurzem aufgewirbelt. Dann erklang Hammerschlag. Sie wandte den Blick nach rechts und erkannte eine Person auf dem Dach des Dojos, der offenbar Reparaturarbeiten nachging. “Verzeihung!”, rief sie nach oben und winkte ihm aufgeregt zu. “Ist heute geschlossen wegen der Schäden?” Der Mann lachte. “Ach nein, die haben wir hier täglich!” ‘Interessant’, dachte Rin und wollte noch mehr in Erfahrung bringen. “Wir sind sehr weit gereist, um herzukommen-...” Circa 500 Jahre, um genau zu sein. “...-Wäre es möglich dem Meister bei der Arbeit zuzusehen?” Wieder lachte der Mann, obwohl Rin nicht feststellen konnte, dass sie irgendetwas Lustiges gesagt hatte. “Der wurde gerade von seiner Frau verprügelt. Aber für einen Kampf ist er eigentlich trotzdem immer bereit.” “Vielen lieben Dank!” “Geh da hinüber zum Haus und sag Ryoga hat euch geschickt.” “Bist du hier Angestellter?”, wollte Rin noch wissen, doch die Antwort fiel seltsamer aus als erwartet: “Oh nein! Nur jedes Mal, dass ich das Grundstück verlasse, verlaufe ich mich hoffnungslos. Und der Dame des Hauses gehe ich gern zur Hand, weil die Arme mit einem Idioten verheiratet ist.” “Aha”, machte sie nur noch und wandte sich mit einem konfusen Gesichtsausdruck ab. Sesshoumarus Blick war etwas misstrauisch als er seinem Mündel folgte, doch Rin schien keine Bedenken zu haben und klopfte höflich. Beinah augenblicklich wurde ihr geöffnet, doch die Person vom Haus sah so aus als hätte sie jemanden anderes erwartet. “Bist du auch mit Ranma verlobt?”, fragte sie mit einer eigentümlichen Mischung aus Langeweile, Misstrauen und Berechnung in der Stimme. “Er ist nämlich schon seit gut fünf Jahren verheiratet. Die Support-Group für die verschmähten Liebhaberinnen trifft sich immer Montags.” “Ehh...”, machte Rin. Damit hatte sie nicht gerechnet. Und was war überhaupt eine Support-Group? “Nabiki?”, rief jemand anderes von innen. “Wer ist an der Tür? Ich hoffe, es ist Ukyo mit den bestellten Okonomiyaki.” Zu der Frau an der Tür mit dem kalkulierendem Gesichtsausdruck gesellte sich eine etwas ältere Frau, die Rin irgendwie an Frau Higurashi erinnerte. Etwas in ihren friedvollen Zügen, dem freundlichen Lächeln, den sanften Augen. “Oh, hallo!”, machte sie ob des unbekannten Gastes und die Unbekannte namens Nabiki machte Platz, damit die friedvolle Frau in den Türrahmen treten konnte. Sie hielt eine Schüssel in Händen, in der sie bis gerade eifrig gerührt hatte. “Ich wette mit dir, dass es sich um ein weiteres gebrochenes Versprechen vom Panda handelt”, sagte Nabiki abfällig, mit einer Routine, die darauf hinwies, dass sie diese Situation nicht zum ersten Mal erlebte. Dass das Wort “Panda” gefallen war, registrierte Rins Hirn noch nicht einmal in dieser ungewöhnlichen Situation. In dem Augenblick trat Sesshoumaru ins Bild, der sich endlich dazu herabgelassen hatte zu den Menschen zu treten. Seine bernsteinfarbenen Augen fixierten diese Nabiki. Sie hielt dem Blick tapfer stand, doch schlussendlich musste selbst sie nachgeben und zu Boden sehen. “Oh, aber nein!”, korrigierte die sanfte Frau ihre pessimistische Bekannte. “Schau mal, sie hat ihre bessere Hälfte mitgebracht!”, rief sie erfreut aus. “Moment, wie bitte?”, schaffte Rin noch hervorzubringen, doch es ging in dem Wortschwall unter, der mit dieser sanften Stimme über sie herniederging: “Kommt doch ‘rein. Wir sind manchmal etwas nervös, wenn alleinstehende Frauen an unsere Haustür klopfen”, gestand sie lächelnd. “Wisst ihr, unser Ranma ist ein echter Frauenschwarm. Eigentlich schwer zu verstehen, denn er scheint sich rein gar nichts daraus zu machen...” Die Frau öffnete die Tür gänzlich und ihr munteres Geplaudere erschien Rin direkt sympathisch. “Wollt ihr eine Tasse Tee?”, erkundigte sie sich über die Schulter, während sie die Gäste zum Wohnzimmertisch führte. Rin war sich sicher, dass ihrer “besseren Hälfte” ein konsequentes “nein” auf den Lippen lag, doch sie bejahte schnell, bevor er auf die Idee kam seine Wünsche verbal kund zu tun. “Ich bin übrigens Kasumi. Das vorhin war meine kleine Schwester Nabiki und unserer Jüngsten, Akane, gehört der Dojo. Sie und ihr Mann Ranma betreiben das Geschäft.” “Das tut mir sehr leid”, entfuhr es Rin, doch Kasumi lachte nur. “Aber weshalb denn das?” “Uhm...” Wenn sie genau darüber nachdachte, war sie sich nicht mehr ganz sicher, doch irgedwie war sie davon ausgegangen, dass es keine glückliche Ehe war. Prügeleien, der Mann sei ein Idiot und auch noch ein Frauenheld … “Sie sind sehr glücklich zusammen. Sie haben nur ab und zu Probleme ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen.” Kasumi ging, um den Tee zu holen. Seltsamerweise konnte sie das verstehen. Paare, die Probleme hatten ihre Gefühle kund zu tun… Das Ganze kam ihr merkwürdig vertraut vor. “Dabei sollte man meinen, dass sie es mittlerweile herusgefunden haben sollten. Fünfzehn Jahre ist ja schließlich genug Zeit”, beschwerte sich Nabiki, die sich unelegant auf dem Tisch abstützte. Um höfliche Konversation zu machen, erwiderte Rin: “Ich dachte, sie seien erst fünf Jahre verheiratet?” “Ja, es gab ein paar Komplikationen mit der Hochzeit.” Sie verdrehte die Augen, dann schien ihr noch etwas einzufallen. “Hochzeiten”, korrigierte sie sich. Rins Gesichtsausdruck spiegelte Verwirrung wider, während Sesshoumaru weder saß noch überhaupt zuzuhören schien. Nabiki seufzte und erklärte ihre Aussage: “Die beiden wurden von ihren Vätern verlobt als sie sechzehn waren, aber ihre Beziehung war erst … eher explosiv als liebevoll. Na ja, explosiv ist sie immer noch. Unser Zuhause geht andauernd zu Bruch, aber… Egal, jedenfalls als sie sich endlich einverstanden gegeben haben zu heiraten, konnte die Zeremonie nicht durchgeführt werden, weil es ein heilloses Chaos gab.” Nabki machte eine wegwerfende Geste. “Alles war nass, Okonomiyaki flogen durch die Gegend, der Bräutigam war am Ende ein Mädchen - Das Übliche eben. Und die weiteren Hochzeitsversuche waren auch nicht besser.” “Du meinst mit einem Mädchen war”, korrigierte Rin freundlich, aber Nabiki schüttelte den Kopf, was die mutmaßliche Erklärung eigentlich nur noch verwirrender machte. Geschlechtsumwandlung war kein Konzept mit dem Rin besser vertraut war, doch selbst wenn, wäre sie nicht davon ausgegangen, dass es eine Prozedur sei, die innerhalb der Zeit abgeschlossen wäre, die vonnöten ist eine Hochzeitszeremonie zu vollführen. “Also wirklich... Nabiki!”, schalt Kasumi nachsichtig als sie wiederkehrte. “Das mit der … erlebnisreichen Hochzeit ... Daran warst du nicht ganz unbeteiligt.” “Ich habe jede Menge Geld gemacht”, verteidigte sie sich. Rin beschloss lieber das Gesprächsthema zu wechseln, damit sie auch einmal etwas verstand: “Was macht ihr beide denn?” “Kasumi hat den besten Arzt in der Stadt geheiratet. Leider ist er deswegen jetzt der schlechteste Arzt. Zumindest immer, wenn sie in der Praxis ist.” Kasumi lächelte verliebt und winkte ab. “Und Nabiki hat ihren eigenen Dating-Service.” “Dating… Service?” Rin war fasziniert. Was bedeuteten diese Worte? “Ja, ich verkupple Leute. Blind Dates, Persönlichkeitstests, Speed-Dating. Nehmen wir dich und deinen Macker: Wie habt ihr euch kennen gelernt?” “Er hat mir das Leben gerettet, aber wir sind nicht-” “Da siehst du`s - Nicht jeder kann eine so phantastische Geschichte haben und nicht jeder trifft den Menschen, der für ihn geschaffen bla bla ...” Sie machte eine Geste, die Kontinuität ausdrücken sollte. Für jemanden, der Liebe zu einem Geschäft gemacht hatte, klang sie sehr unromantisch. “Und da komme ich ins Spiel. Damit diese Leute einander eben doch finden. Kapiert?” Rin nickte, obwohl dem nicht der Fall war. “Seid ihr denn bereits verheiratet?”, erkundigte sich Kasumi und endlich bekam Rin eine Chance diese Leute aufzuklären: “Nein, denn wir sind auch gar kein-” “Ich gebe euch einen Ratschlag”, unterbrach Nabiki. “Keine Gäste. Die machen nur Ärger. Feiert für euch allein, so ist es am schönsten.” Da musste Kasumi allerdings eingreifen: “Aber was ist mit ihrer Familie? Es wäre doch schade sogar die nicht einzuladen. Habt ihr Familie?” Kasumi hatte ihr nettes Gesicht Rin zugewandt und es war einfach unmöglich diesem sanften Gemüt nicht zu antworten: “Nein, also doch. Es ist bei uns etwas komplizierter. Aber, wie schon gesagt, sind wir-” “Bei euch ist es auch kompliziert?”, erkundigte Nabiki sich interessiert und Kasumi schüttete noch Tee nach. In dem Augenblick kam ein Panda zur Tür hereinspaziert. Er hatte offenbar den letzten Teil des Gesprächs mitbekommen, denn er hielt ein Schild empor auf dem “Kompliziert? Erzähl doch mal!” stand. “Uh...” Rin stellte fest, dass es in etwa genauso schwer war einem Panda nicht zu antworten wie der lieben Kasumi. “Seine Familie ist tot bis auf seine Mutter”, begann Rin daher vorsichtig. “Aber bei der bin ich mir immer noch nicht hundertprozentig sicher, ob sie mich tatsächlich umbringen wollte oder nicht. Und sonst gibt es nur seinen Halbbruder und dessen Familie. Ich bin Waise.” “Oh nein! Aber wer hat dich denn großgezogen?”, wollte Kasumi besorgt wissen. “Er und mein anderer Ziehvater Jaken”, erklärte Rin. Bevor jemand den Gebrauch des Wörtchens “auch” in diesem Satz seltsam finden konnte, stolperten noch mehr Personen in den Raum. “Ach hallo ihr!”, begrüßte Kasumi alle munter. “Setzt euch doch kurz zu uns. Wir haben Gäste.” Sie deutete überflüssigerweise auf den schweigsamen Riesen und dessen winzige Gefährtin. “Sie erzählen uns gerade die romantischste Geschichte!”, versicherte Kasumi allen mit Enthusiasmus. Während sie selbst aufstand, um mehr Tee zu kochen, folgten alle ihrer Einladung und setzten sich. Rin setzte noch einmal zu einem “Aber wir sind kein-” an, wurde aber unterbrochen als eine Frau mit kurzen Haaren sich nach der romantischen Geschichte erkundigte. “Ach, echt?”, begann sie interessiert. Ihr Gesicht war etwas robuster als Kasumis, doch sie hatte dieselbe lebensfrohe, offene Attitüde. “Habt ihr etwa auch Probleme in eurer Familie?” Sie schien erpicht darauf etwas zu hören, das sie nachempfinden konnte. Ihre Augen sprühten geradezu vor Leben. “Ich bin übrigens Akane. Und das ist mein Mann Ranma.” Sie schlug dem Mann an ihrer Seite auf eine bandagierte Schulter. Jener schrie sofort “Aua!” aus. “Ach so, der Idiot mit den vielen Verlobten”, entwich es Rin, was ihr sofort leid tat. Aber seine Frau lachte nur herzhaft mit offenem Mund und zurückgeworfenem Kopf. “Genau!”, machte sie, doch dieser Ranma schien beleidigt. “Du bist ja weit bekannt”, meinte ein älterer Herr mit langem Haar, das an den Schläfen langsam grau wurde, und einem imposanten Schnauzbart. Aber bis auf den Panda schien ihn niemand so richtig ernst zu nehmen. “Also, was ist jetzt mit diesem Halbbruder?”, wollten alle gespannt wissen. “Ach, die beiden verstehen sich nicht so gut.” “Warum?”, stand auf einem Schild, das der Panda hochhielt. “Hm. So genau weiß ich das auch nicht.” Sie warf einen kurzen Blick auf Sesshoumaru, doch dieser schien einen Vogel draußen auf dem Sandplatz zu beobachten und den sonstigen Geschehnissen keine Aufmrksamkeit zu schenken. “Im Prinzip sind sie sich gar nicht so unähnlich, aber der Zwist begann wirklich ernst zu werden als der Vater starb und das Erbe mancher Ansicht nach ungerecht verteilt worden war.” “War ja klar, dass es um Geld ging”, seufzte Nabiki. Obwohl sie in diesem Fall Unrecht hatte, weil es sich bei dem Erbe ja gar nicht um Geld handelte. “Also haben sie gar keinen Kontakt mehr? Wie traurig”, stellte Akane fest, die sich nicht vorstellen konnte jemals nicht mehr mit ihren Schwestern zu sprechen. “Doch, doch, wir haben noch genug Kontakt”, widersprach Rin. “Zu jedermanns Freude...” Das letzte war geflüstert, doch den Sarkasmus hörten trotzdem alle heraus. “Wie kommt das denn?”, wollte Ranma energisch wissen. Das schien für ihn keinen Sinn zu ergeben. Wenn er könnte, würde er seinen Paps lieber auch nie mehr sehen. “Na ja, ich wohne halt zusammen mit ihnen im Dorf die Hälfte der Zeit.” “Bei deinem…” Akane überdachte kurz die genuen Familienverhältnisse. “...Halbschwager?” “Nein, nicht direkt. Aber bei der Schwester der ehemaligen Verlobten des Halbbruders. Die ist jetzt die Oma und außerdem die Lehrmeisterin seiner aktuellen Frau. Aber er ist nicht mein Schwager, denn wir sind-” Der Satz schien alle so durcheinander zu bringen, dass lautes Gemurre ausbrach, weil sie versuchten die Familienverhältnisse zu entwirren. “Was?!”, machte Ranma schließlich und hielt sich den Kopf als würde er explodieren. “Das begreif ich nicht!” “Es ist ganz einfach. Der Halbbruder hatte mal eine Verlobte-...”, begann seine Frau ihn zu belehren. “Die verstorben ist”, warf Rin hilfreich ein. “...Und die hatte eine Schwester-...”, fuhr Akane mit ihrem Satz fort, wurde aber abermals unterbrochen. “Ok ok, egal!”, machte Ranma und winkte ab. So genau wollte er es gar nicht wissen. Rin seufzte. Erstaunlich wie das Liebesdreieck auch nach so langer Zeit noch Exasperation verursachen konnte. “Aber das stell ich mir eigentlich sehr romantisch vor”, schwärmte Akane. “Ihr seid zusammen trotz eurer Familien… und nicht wegen.” Hier warf sie einen vielsagenden Seitenblick zu dem Mann mit dem Schnurrbart und - seltsamerweise - dem Panda. War das Tier etwa auch ein Familienmitglied? Gab es hier vielleicht doch Dämonen und dies war ein Pandadämon? Mit schneidend scharfer Stimme fuhr Akane fort: “Unsere Väter wollten uns verheiraten, obwohl wir uns gar nicht mochten!” “Du mochtest mich nicht”, stellte Ranma klar. Ihn hatte das Mannsweib auf bemerkenswerte Art direkt von Anfang an fasziniert. “Ach, kein Grund uns so zu preisen. Am Anfang konnte er auch nicht viel mit mir anfangen”, versuchte Rin den aufkeimenden Streit zu schlichten. “Außerdem habt ihr da etwas falsch ver-” “Ja, wie ist es denn dann gekommen, dass ihr jetzt so gut miteinander klar kommt?”, verlangte Nabiki zu wissen, die sich mit Sicherheit mentale Notizen für ihr Geschäft machte. “Ja, wieso mochtet ihr euch zu Beginn nicht?”, war auch Akane interessiert. Rin trank erstmal einen Schluck Tee. Das war eine schwierige Frage. “Er war eine ganze Weile lang nicht an sozialen Kontakten interessiert, vor allem nicht mit so jemandem wie mir.” Sie meinte ‘mit einem Menschen’, doch die Versammelten verstanden, dass er nichts mit Frauen anzufangen gewusst hatte. “Ach, das war ja offenbar nur, weil er noch nicht die Richtige getroffen hatte!”, winkte der Schnauzbart ab, der entweder Akanes oder Ranmas Vater sein musste. “Ja, aber wie hast du ihn dann gekriegt?”, hakte Nabiki nach. Das war simpel: “Ich bin ihm nachgelaufen.” Die Antwort verblüffte alle. “Meinst du … wortwörtlich?”, vergewisserte sich die Geschäftsfrau. Rin nickte. “Ich habe ihm Essen gebracht … das er nicht mochte. Hab ihn angelächelt… was er ebenfalls nicht mochte.” ‘Dann bin ich gestorben und er hat mich wieder ins Leben zurückgeholt’, dachte sie noch. “Ja, aber worüber habt ihr konversiert?”, musste Nabiki unbedingt noch wissen. Rin sah sie mit einem leicht hilflosen Gesichtsausdruck an. “Über gar nichts. Ich habe kein einziges Wort mit ihm gewechselt. Ich hab einfach gar nicht gesprochen”, gab sie zu. Da machte Nabiki große Augen. Sofort kramte sie einen winzigen Notizblock aus den Falten ihres Kleides und zauberte einen Stummel von Bleistift hinter ihrem Ohr hervor. “Das ist genial...”, murmelte sie. “Frauen sollten nicht reden!” Eifrig kritzelte sie etwas nieder. “Ihr seid ja ein richtiges Traumpaar!”, freute sich Akane, doch ihr Gatte schnaubte nur abfällig. Neben sich konnte Rin spüren wie Sesshoumaru seine Haltung änderte. Er ließ sich schlussendlich neben ihr nieder und betrachtete den Besitzer des Dojo, Ranma. Besonders einige verheilten Verbrennungen an dessen Händen und Armen schienen seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Seine Miene verriet ihr allerdings nicht mehr. Also beschloss Rin sich die Informationen woanders zu holen. “Was ist denn mit dir passiert?”, fragte sie und deutete auf die Male. Er lächelte stolz. “Kriegernarben”, erklärte er dann. “Die hast du dir zugezogen, weil du eine uralte Oma nicht im Kastanienfassen bezwingen konntest”, schränkte seine Frau abfällig ein. “Es war eine sehr wichtige Kampftechnik!”, hielt der Insultierte dagegen. “Aber ich dachte, du seist später auf Fische im Wasser umgestiegen”, wunderte sich Kasumi, die gerade rechtzeitig für die Diskussion zurückgekehrt war. “Ja”, druckste Ranma herum. “Aber nicht früh genug.” Er verbarg die Narben mit seinem Kleiderärmel. Sie waren nicht besonders ausgeprägt. Daher fielen sie im alltäglichen Leben nicht auf und jeder außer Akane hatte sie bereits vergessen. “Aber das erscheint mir gar nicht so schwer zu sein”, überlegte Rin laut. Sie war dem Gespräch nicht ganz gefolgt, sondern ihren eigenen Gedanken nachgehangen. “Was?”, machte Ranma misstrauisch. “Kastanien aus einem Feuer holen”, war die Antwort. Sie hatte Sesshoumaru schon etliche Male dabei zugesehen wie er mühelos mit Feuer umging. Zugegeben, bei ihm verheilten die Verbrennungen recht schnell ohne bleibenden Schaden zurückzulassen, doch schmerzen musste es trotzdem. Aber er verzog nie eine Miene. Wenn dieser Ranma wirklich so ein gestandener Krieger war, dann war es doch sicherlich auch kein Problem für ihn, oder? “Warum sagst du das?”, wollte Ranma wissen. Rin ignorierte alle Warnzeichen, zum Beispiel, dass ihr Gegenüber langsam einen roten Kopf bekam, und begann ihren Gedankengang zu erläutern. Wieder bewegte Sesshoumaru sich neben ihr. Diesmal hatte er den Kopf geneigt, so als würde er einen Geruch wahrnehmen. Rin, inmitten ihrer Ausführungen unterbrochen, musterte den jungen Mann vor sich. Er war einige Jahre älter als sie, wirkte aber jünger. Er war aufgesprungen und hatte sie somit zum Schweigen gebracht. “Willst du etwa sagen, dass dieser schmierige Affe besser ist als ich?” Rin runzelte die Stirn. So etwas hatte sie mit keinem Wort erwähnt. Seine Frau unterdrückte merklich ein Seufzen und fasste sich mit der rechten Hand an die Schläfe. “Dem ist nämlich nicht so!”, zischte ihr Gatte unterdessen, schritt zur Tür, holte schwungvoll mit dem Bein aus und demonstrierte seine Kraft an dem Holz, das nachgab und zerbarst. “Und noch mehr Reparaturarbeit”, stand auf dem Schild, das der Panda resigniert in die Höhe stemmte. Das schien Ranma aber wenig zu stören, denn er lachte beinah hysterisch: “Als ob man mich besiegen könnte!” Aber diese zerstörerische Aktion verblasste vor den seltsamen neuen Gästen, die das Haus unsicher machten. “Oh”, hauchte Rin unhörbar. Dann flüsterte sie Kasumi zu “Das ist übrigens der Halbbruder”, bevor sie Ebengenanntem zurief und -winkte. Kapitel 21: Kampf der Giganten ------------------------------ Sie wanderten schon eine ganze Weile durch die Stadt als Hojo endlich die langersehnten Worte von sich gab: “Wir sind da!” Miroku freute sich, doch Inu Yasha war weniger anwesend. “Wo wollten wir noch mal hin?”, fragte er daher. Kouga sah ebenfalls ratlos aus, aber dessen Aufmerksamkeitsspanne war noch nie lang gewesen. Miroku schüttelte nur fassungslos den Kopf und schritt schon einmal voraus, durch das Tor und in die Anlage. Hojo war nur etwas verdattert. “Ehm… Die Kampfsportschule, zu der du wolltest”, gab er etwas verloren von sich. Schließlich waren sie für ihn hier. “Ach so.” Schulterzuckend folgte er dem Mönch und konnte dann nicht zwischen Haupthaus und Dojo entscheiden. Der Dojo gewann. Kouga wanderte aus Prinzip in die entgegengesetzte Richtung zu der, die sein Rivale favorisierte. “Sollten wir nicht erst jemanden um eine Führung bitten?”, warf Hojo umsichtig ein, woraufhin Miroku beschloss, dass sie auf Hojo hören sollten. Da dieser schließlich der Experte für seine eigene Welt war. Also krallte er sich Inu Yasha am Kragen seines Kaftan und Kouga am Riemen seiner Rüstung und schleifte sie wieder zu dem jungen Mann herüber. “Was immer du meinst, Hojo”, gab der Mönch umsichtig von sich und bedeutete dem anderen vorauszugehen. Dieser setzte sich zwar gehorsam in Gang, konnte aber nicht umhin ein beunruhigtes Auge auf die beiden grummelnden Unwilligen zu werfen. Etwas unsicher schritt Hojo auf das Gebäude zu, in dem er das Büro vermutete. Auf dem Sandplatz war alles so leer. Vielleicht war die Schule heute gar nicht offen. Der richtige Ort war es allerdings. Hojo hatte das Schild vorne extra zwei Mal gelesen, um sicher zu gehen. Da hatte ohne Zweifel “Saotome Alles-ist-möglich-Kampfschule für Schlägereien aller Art” gestanden! Gerade als Hojo die Tür öffnen wollte, wurde sie allerdings niedergemäht. Miroku und Inu Yasha waren sofort alarmiert. Während der Mönch und Kouga Hojo aufhalfen, schnellte der Letzte im Bunde vor, um zu überprüfen wer die Eingangstür zerschmettert hatte. “Als ob man mich besiegen könnte!”, lachte gerade ein Kerl mit einer selbstsicheren Pose jenseits der demolierten Türschwelle. Er war offenbar gerade von einem Tisch aufgesprungen, an dem größtenteils unbekannte Leute saßen. Der fremde Unruhestifter nahm seinen zum Tritt gegen die Tür erhobenen Fuß wieder herunter und stellte ihn selbstsicher ab, ohne dem dämonischen Neuankömmling überhaupt zu bemerken. Inu Yasha war sofort klar, was geschehen war. Als er jünger war, hatte er auch so einiges willkürlich und sinnlos zertrümmert, nur um seine Stärke unter Beweis zu stellen. Die Reaktion der Unbekannten fand er allerdings erfrischend neu. Keine von ihnen rief nämlich “Mach Platz!”. Stattdessen schnaubte eine Frau mit kurzen Haaren nur unbeeindruckt, während ein Panda ein Schild in die Luft hielt (“Nicht noch eine Tür, Ranma!”). Doch das war noch nicht einmal, was Inu Yasha am meisten erstaunte. Wie gesagt, waren die versammelten Personen ihm nur größtenteils fremd: Inmitten dieser lustigen Meute saß sein ruhiger, verabscheuter Halbbruder, daneben seine Ziehtochter mit einer Tasse Tee an den Lippen. “Was zur Hölle…?”, entfuhr es Inu Yasha und nahm die Hand vom Heft seines Schwertes. “Inu Yasha!”, rief Rin und winkte ihn zu sich. “Wir hatten vielleicht einen aufregenden Tag. Wie läuft es bei euch?” Sesshoumaru sah nicht aus als fände er überhaupt irgendetwas aufregend. Eine weitere der unbekannten Frauen in diesem Raum stand gerade auf, nahm ein Tablett in die Hand und fragte, ob Inu Yasha und seine Freunde ebenfalls zum Tee bleiben wollten. “Aber nur gegen Bezahlung!”, wandte noch eins der Mädchen ein. Der Panda wechselte das Schild (“Eine Tasse = 1000 Yen”) und Inu Yasha war vollends verwirrt. *** Sesshoumaru hatte seine Ziehtochter mit seiner immerwährenden unbegeisterten Miene schließlich davon überzeugen können, das Museum hinter sich zu lassen. Aber noch ganz bereit aufzugeben, war sie nicht. “Ok, das Museum war nicht deins. Versteh ich ja auch. Aber wie wäre es sich ein paar Kampftechniken dieser Welt anzuschauen?”, schlug sie vor und deutete auf eins der Rechtecke auf der Karte. “Es sieht nicht so weit entfernt aus.” “Nichts darauf sieht weit entfernt für dich aus. Du lässt den Maßstab außer Acht.” Rin fegte die Spitze seiner Worte unbekümmert fort und wollte gerade zu einem weiteren Argument ansetzen als er fragte: “Mochtest du das Museum nicht? War es nicht genug?” Um ganz ehrlich zu sein, wurde Rin nicht gern an ihren Aufenthalt im Museum erinnert. Es gab da ein paar Begebenheiten, die sie verstörten, und daher hatte sie sich noch nicht entscheiden können wie sie das Gesamterlebnis kategorisieren sollte. “Dann müssen wir wenigstens noch nicht zu den anderen nach Hause zurück”, hielt sie dagegen, woraufhin er, überheblich wie gewohnt, ihr die Karte entriss, kurz einen Blick darauf warf und sofort begann in eine Himmelsrichtung hinfort zu schreiten. Sein Gang war sehr graziös für einen Mann, fast wie ein Tänzer. Sie folgte ihm schweigend durch die aufregende Stadt. So viele Menschen, so viele Farben. Schon auf dem Weg zum Kino war ihr aufgefallen, dass sie nicht wusste, ob sie sich erdrückt oder aufgeregt fühlen sollte. Trotz all der neuen Eindrücke war ihr Gemüt etwas trüber als sonst. Sesshoumaru natürlich fiel nichts auf. Die einzige Nachsicht, die er zeigte war, als er langsamer austrat, damit sie ihm noch immer leicht humpelnd nicht verloren ging. Plötzlich jedoch erreichten sie das Zentrum. Wenn ihnen die Straßen vorher schon überfüllt vorgekommen war, so war das nichts gegen dieses Gedränge. Es gab eine Haltestelle und die Menschen spülten geradezu wie Wasserwellen aus den öffentlichen Transportmitteln heraus. Damit hatte Rin nicht gerechnet und so dauerte es nicht lange bis sie die weißen Konturen ihres Ziehvaters in der Menge verschwinden sehen konnte. “Sess-!”, begann sie, doch ein Ellbogen traf sie in die Seite und nahm ihr den Atem. “Aua”, schimpfte sie erbost, doch der Mann war bereits verschwunden. Eigentlich war die beste Strategie in einer solchen Situation zu bleiben, wo man war, damit Sesshoumaru sie einfach wiederfinden konnte, wenn er ihr Verschwinden bemerkte. So war es immer gewesen. Er hatte ihr immer eingtrichtert “Bleib, wo du bist. Ich komme dich holen.”, doch das war in diesem wogenden Meer aus Leibern schwieriger als gedacht. Jeder wollte irgendwohin anders hin und keiner hatte Verständnis dafür, dass sie die Ausnahme dieser Regel war. Schließlich wurde sie aus dem Strom gedrängt und sie lehnte sich an ein Schaufenster. Sie hatte noch nicht einmal die Karte und keine Möglichkeit den richtigen Weg zu finden. Da berührte sie jemand an der Schulter. Sie wandte sich freudig um, doch zu spät realisierte sie, dass Sesshoumaru sie nie so angefasst hätte. Vor sich sah sie einen jungen Mann mit einer Einkaufstüte. “Alles ok? Bist du verletzt?” “Ach, das ist schon ein paar Tage alt. Außerdem hatte ich schon Schlimmeres”, winkte sie ab. Aber so einfach ließ er sich nicht abschütteln. Stattdessen wollte er es sich ansehen. Er behauptete Medizinstudent zu sein. Rin ging davon aus, dass das so etwas wie eine männliche Miko war, jemand, der sich mit Verletzungen aller Art auskannte. “Nein, ich muss auf jemanden warten!”, protestierte sie. “Auf deinen Freund?” “Ja, auf einen Freund”, bestätigte sie, doch ob seines konfusen Gesichtsausdrucks bekam sie das Gefühl, dass sie über zwei verschiedene Dinge sprachen. “Dann können wir bei einer Tasse Tee auf ihn warten. Hier durch das Fenster kann er dich bestimmt erkennen, wenn wir uns direkt dahinter setzen.” Er deutete auf das Schaufenster hinter ihr. Es stellte sich heraus, das es Einblick in ein Cafe gab. “Ich weiß nicht, ob-...” Weiter kam sie nicht, denn er drückte ihr die kleine Einkaufstasche in die Arme und hob sie in seinen Armen hoch, um sie hineinzutragen. “Wie lange ist das mit deinem Bein denn schon?” “Es ist wirklich nicht so schlimm”, bekräftigte Rin, die nicht mehr von jemandem getragen worden war, seitdem Kohaku sie Huckepack genommen hatte. Oder als Sesshoumaru sie das letzte Mal aus einer brenzligen Situation gerettet hatte. Aber dieser fremde Mann trug sie ganz anders als Kohaku. Sogar anders als Sesshoumaru. Sein Griff war zwar genauso fest, doch seine Fingerspitzen schienen das Gefühl ihrer Haut unter seiner verstohlen auszukosten. Ihre Schulter hielt er umklammert und er presste sie eng an seine Brust. “Du kannst mich jetzt absetzen”, stellte sie klar. Er lächelte, aber sie erwiderte nicht. “Verzeihung, ich wollte nur höflich sein.” “Danke, aber ich schaff es auch allein.” Der Mann war sehr nett, doch ein wenig aufdringlich, fand sie. Sie humpelte zu einem Tisch direkt am Fenster, während er den Tee bestellte. Als er zurückkam, lenkte er ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich, bevor sie die Menge draußen nach einem Schwertkämpfer in Weiß hatte absuchen können. “Und dein Freund, ihr seid fest zusammen?” “Meinst du, ob wir vorhaben zu heiraten?” “Ja, so könnte man es ausdrücken.” “Nein, natürlich nicht. Er ist mein Ziehvater.” Ein Lächeln huschte über seine vollen Lippen. “In dem Fall: Du bist sehr schön.” “Aha”, machte Rin und beobachtete den anderen eingehend. So unumwunden hatte sie es noch von keinem Mann gehört außer von einem Räuberhäuptling. Aber der hatte den Tag nicht überlebt, nachdem Sesshoumaru ihn gefunden hatte. “Mir hat man beigebracht Fremden, die einem so etwas sagen, nicht zu vertrauen”, weihte sie ihn ein und dachte an Kaedes mahnende Worte. Sobald Rin die Pubertät erreicht hatte, hatte sie ihr immer wieder eingebläut, dass man Männern und Jungen in ihrem Alter nicht trauen durfte. “Seh ich denn so gefährlich aus?”, erkundigte er sich charmant und schenkte ihr ein galantes Lächeln. Er hatte ihre Hand ergriffen, bevor sie sie von der Tischplatte ziehen konnte. “Unterhalt dich doch wenigstens ein wenig mit mir”, bat er. Sie seufzte ein wenig. Er hatte ihr immerhin geholfen; da musste sie auch nett zu ihm sein. Doch eins musste klargestellt werden: “Ich habe absolut kein Interesse an Männern.” “Oh. Woran liegt das?” Sie zuckte mit den Schultern. Und gab ihm ein mysteriöses, doch unschuldiges Lächeln. Wenn einige der Jungs aus dem Dorf sie fragten, ob sie nicht mit ihnen zu zweit spazieren gehen wollten, sagte sie immer höflich “Nein, danke.” Sie hatte nichts dagegen mit ihnen zu reden oder zu arbeiten, aber allein im Wald musste jetzt nicht sein. Sie wollte nicht den Eindruck machen als sei sie an derartigen Erfahrungen interessiert. “Ok, du scheinst nicht nur hübsch, sondern auch sehr interessant zu sein.” Wieder hob sie nichtssagend die Schultern, weil ihr darauf nichts Besseres einfiel. Lange war sie dieser Situation allerdings nicht ausgesetzt. Denn ein helles Klingeln kündigte einen neuen Kunden an und Rin war überglücklich als sie erkannte, dass es ihr Ritter in Weiß war. Wortwörtlich kam er herein stolziert, um sie zu retten. Die Frau hinter der Theke hatte große Augen ob seines Antlitzes. Schön und doch entstellt von absolutem Desinteresse und Kaltherzigkeit. Aber Rin lächelte ihm trotzdem entgegen als sie aufstand und ihm entgegengehumpelt kam. “Danke für den Tee, aber das ist mein Freund.” Sesshoumaru hatte die Stirn gerunzelt und betrachtete den Medizinstudenten missbilligend. “Sage ich nicht immer: Bleib wo du bist?”, schalt er unwirsch. “Ja, ich weiß, aber er hat mich einfach aufgehoben”, verteidigte Rin sich sorglos. Sesshoumarus kaltes Betragen hatte sie noch nie gestört. Beim Verlassen des Cafés nahm er ihre Hand. Seine Stimme klang strapaziert und genervt als er befahl “Geh nicht noch einmal verloren.” “Kein Problem!” Rin versuchte so zerknirscht wie möglich zu klingen, damit er wusste, dass es ihr leid tat. Sesshoumaru war kein Liebhaber davon sie zu suchen. Er musste es nämlich viel zu oft tun. Als Sesshoumarus Schlepptau kam sie viel besser durch die Menschenmasse. Die Passanten schienen regelrecht für ihn Platz zu machen, wenn sie ihn bemerkten. Ob es der komische Aufzug war oder seine furchteinflößende Miene, konnte sie nicht sagen, doch es war offensichtlich, dass sogar in einer Welt ohne Youkai niemand diesem Fürsten im Weg stehen wollte. Vielleicht war es eine Art eingeborener Überlebensinstinkt der Menschen, der noch aus einer früheren Epoche übrig geblieben war. Was immer es war, es funktionierte, und sie erreichten den Ort, den Rin vorgeschlagen hatte. Es war ein großes Anwesen, offensichtlich als Schule ausgerichtet. Doch als sie durch den Eingang hinein spähte, konnte sie gar keine Schüler erkennen. Sesshoumarus Aufmerksamkeit war auf etwas ganz anderes gelenkt; er starrte einfach ins Nichts und das war für Rin inakzeptabel. “Lass uns mal ‘reingehen”, schlug sie vor, musste aber erst mit gutem Beispiel vorangehen, ehe der Dämonenfürst sich überwand und folgte. Wenn es etwas gab, dass Seshoumaru nicht vollkommen nervig fand, dann war es sich zu verbessern. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, welch interessante neue Techniken man in dieser Welt wohl beobachten könnte. Der Sandplatz war ebenfalls leer und noch ein wenig staubig. Als hätte jemand ihn vor kurzem aufgewirbelt. Dann erklang Hammerschlag. Sie wandte den Blick nach rechts und erkannte eine Person auf dem Dach des Dojos, der offenbar Reparaturarbeiten nachging. “Verzeihung!”, rief sie nach oben und winkte ihm aufgeregt zu. “Ist heute geschlossen wegen der Schäden?” Der Mann lachte. “Ach nein, die haben wir hier täglich!” ‘Interessant’, dachte Rin und wollte noch mehr in Erfahrung bringen. “Wir sind sehr weit gereist, um herzukommen-...” Circa 500 Jahre, um genau zu sein. “...-Wäre es möglich dem Meister bei der Arbeit zuzusehen?” Wieder lachte der Mann, obwohl Rin nicht feststellen konnte, dass sie irgendetwas Lustiges gesagt hatte. “Der wurde gerade von seiner Frau verprügelt. Aber für einen Kampf ist er eigentlich trotzdem immer bereit.” “Vielen lieben Dank!” “Geh da hinüber zum Haus und sag Ryoga hat euch geschickt.” “Bist du hier Angestellter?”, wollte Rin noch wissen, doch die Antwort fiel seltsamer aus als erwartet: “Oh nein! Nur jedes Mal, dass ich das Grundstück verlasse, verlaufe ich mich hoffnungslos. Und der Dame des Hauses gehe ich gern zur Hand, weil die Arme mit einem Idioten verheiratet ist.” “Aha”, machte sie nur noch und wandte sich mit einem konfusen Gesichtsausdruck ab. Sesshoumarus Blick war etwas misstrauisch als er seinem Mündel folgte, doch Rin schien keine Bedenken zu haben und klopfte höflich. Beinah augenblicklich wurde ihr geöffnet, doch die Person vom Haus sah so aus als hätte sie jemanden anderes erwartet. “Bist du auch mit Ranma verlobt?”, fragte sie mit einer eigentümlichen Mischung aus Langeweile, Misstrauen und Berechnung in der Stimme. “Er ist nämlich schon seit gut fünf Jahren verheiratet. Die Support-Group für die verschmähten Liebhaberinnen trifft sich immer Montags.” “Ehh...”, machte Rin. Damit hatte sie nicht gerechnet. Und was war überhaupt eine Support-Group? “Nabiki?”, rief jemand anderes von innen. “Wer ist an der Tür? Ich hoffe, es ist Ukyo mit den bestellten Okonomiyaki.” Zu der Frau an der Tür mit dem kalkulierendem Gesichtsausdruck gesellte sich eine etwas ältere Frau, die Rin irgendwie an Frau Higurashi erinnerte. Etwas in ihren friedvollen Zügen, dem freundlichen Lächeln, den sanften Augen. “Oh, hallo!”, machte sie ob des unbekannten Gastes und die Unbekannte namens Nabiki machte Platz, damit die friedvolle Frau in den Türrahmen treten konnte. Sie hielt eine Schüssel in Händen, in der sie bis gerade eifrig gerührt hatte. “Ich wette mit dir, dass es sich um ein weiteres gebrochenes Versprechen vom Panda handelt”, sagte Nabiki abfällig, mit einer Routine, die darauf hinwies, dass sie diese Situation nicht zum ersten Mal erlebte. Dass das Wort “Panda” gefallen war, registrierte Rins Hirn noch nicht einmal in dieser ungewöhnlichen Situation. In dem Augenblick trat Sesshoumaru ins Bild, der sich endlich dazu herabgelassen hatte zu den Menschen zu treten. Seine bernsteinfarbenen Augen fixierten diese Nabiki. Sie hielt dem Blick tapfer stand, doch schlussendlich musste selbst sie nachgeben und zu Boden sehen. “Oh, aber nein!”, korrigierte die sanfte Frau ihre pessimistische Bekannte. “Schau mal, sie hat ihre bessere Hälfte mitgebracht!”, rief sie erfreut aus. “Moment, wie bitte?”, schaffte Rin noch hervorzubringen, doch es ging in dem Wortschwall unter, der mit dieser sanften Stimme über sie herniederging: “Kommt doch ‘rein. Wir sind manchmal etwas nervös, wenn alleinstehende Frauen an unsere Haustür klopfen”, gestand sie lächelnd. “Wisst ihr, unser Ranma ist ein echter Frauenschwarm. Eigentlich schwer zu verstehen, denn er scheint sich rein gar nichts daraus zu machen...” Die Frau öffnete die Tür gänzlich und ihr munteres Geplaudere erschien Rin direkt sympathisch. “Wollt ihr eine Tasse Tee?”, erkundigte sie sich über die Schulter, während sie die Gäste zum Wohnzimmertisch führte. Rin war sich sicher, dass ihrer “besseren Hälfte” ein konsequentes “nein” auf den Lippen lag, doch sie bejahte schnell, bevor er auf die Idee kam seine Wünsche verbal kund zu tun. “Ich bin übrigens Kasumi. Das vorhin war meine kleine Schwester Nabiki und unserer Jüngsten, Akane, gehört der Dojo. Sie und ihr Mann Ranma betreiben das Geschäft.” “Das tut mir sehr leid”, entfuhr es Rin, doch Kasumi lachte nur. “Aber weshalb denn das?” “Uhm...” Wenn sie genau darüber nachdachte, war sie sich nicht mehr ganz sicher, doch irgedwie war sie davon ausgegangen, dass es keine glückliche Ehe war. Prügeleien, der Mann sei ein Idiot und auch noch ein Frauenheld … “Sie sind sehr glücklich zusammen. Sie haben nur ab und zu Probleme ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen.” Kasumi ging, um den Tee zu holen. Seltsamerweise konnte sie das verstehen. Paare, die Probleme hatten ihre Gefühle kund zu tun… Das Ganze kam ihr merkwürdig vertraut vor. “Dabei sollte man meinen, dass sie es mittlerweile herusgefunden haben sollten. Fünfzehn Jahre ist ja schließlich genug Zeit”, beschwerte sich Nabiki, die sich unelegant auf dem Tisch abstützte. Um höfliche Konversation zu machen, erwiderte Rin: “Ich dachte, sie seien erst fünf Jahre verheiratet?” “Ja, es gab ein paar Komplikationen mit der Hochzeit.” Sie verdrehte die Augen, dann schien ihr noch etwas einzufallen. “Hochzeiten”, korrigierte sie sich. Rins Gesichtsausdruck spiegelte Verwirrung wider, während Sesshoumaru weder saß noch überhaupt zuzuhören schien. Nabiki seufzte und erklärte ihre Aussage: “Die beiden wurden von ihren Vätern verlobt als sie sechzehn waren, aber ihre Beziehung war erst … eher explosiv als liebevoll. Na ja, explosiv ist sie immer noch. Unser Zuhause geht andauernd zu Bruch, aber… Egal, jedenfalls als sie sich endlich einverstanden gegeben haben zu heiraten, konnte die Zeremonie nicht durchgeführt werden, weil es ein heilloses Chaos gab.” Nabki machte eine wegwerfende Geste. “Alles war nass, Okonomiyaki flogen durch die Gegend, der Bräutigam war am Ende ein Mädchen - Das Übliche eben. Und die weiteren Hochzeitsversuche waren auch nicht besser.” “Du meinst mit einem Mädchen war”, korrigierte Rin freundlich, aber Nabiki schüttelte den Kopf, was die mutmaßliche Erklärung eigentlich nur noch verwirrender machte. Geschlechtsumwandlung war kein Konzept mit dem Rin besser vertraut war, doch selbst wenn, wäre sie nicht davon ausgegangen, dass es eine Prozedur sei, die innerhalb der Zeit abgeschlossen wäre, die vonnöten ist eine Hochzeitszeremonie zu vollführen. “Also wirklich... Nabiki!”, schalt Kasumi nachsichtig als sie wiederkehrte. “Das mit der … erlebnisreichen Hochzeit ... Daran warst du nicht ganz unbeteiligt.” “Ich habe jede Menge Geld gemacht”, verteidigte sie sich. Rin beschloss lieber das Gesprächsthema zu wechseln, damit sie auch einmal etwas verstand: “Was macht ihr beide denn?” “Kasumi hat den besten Arzt in der Stadt geheiratet. Leider ist er deswegen jetzt der schlechteste Arzt. Zumindest immer, wenn sie in der Praxis ist.” Kasumi lächelte verliebt und winkte ab. “Und Nabiki hat ihren eigenen Dating-Service.” “Dating… Service?” Rin war fasziniert. Was bedeuteten diese Worte? “Ja, ich verkupple Leute. Blind Dates, Persönlichkeitstests, Speed-Dating. Nehmen wir dich und deinen Macker: Wie habt ihr euch kennen gelernt?” “Er hat mir das Leben gerettet, aber wir sind nicht-” “Da siehst du`s - Nicht jeder kann eine so phantastische Geschichte haben und nicht jeder trifft den Menschen, der für ihn geschaffen bla bla ...” Sie machte eine Geste, die Kontinuität ausdrücken sollte. Für jemanden, der Liebe zu einem Geschäft gemacht hatte, klang sie sehr unromantisch. “Und da komme ich ins Spiel. Damit diese Leute einander eben doch finden. Kapiert?” Rin nickte, obwohl dem nicht der Fall war. “Seid ihr denn bereits verheiratet?”, erkundigte sich Kasumi und endlich bekam Rin eine Chance diese Leute aufzuklären: “Nein, denn wir sind auch gar kein-” “Ich gebe euch einen Ratschlag”, unterbrach Nabiki. “Keine Gäste. Die machen nur Ärger. Feiert für euch allein, so ist es am schönsten.” Da musste Kasumi allerdings eingreifen: “Aber was ist mit ihrer Familie? Es wäre doch schade sogar die nicht einzuladen. Habt ihr Familie?” Kasumi hatte ihr nettes Gesicht Rin zugewandt und es war einfach unmöglich diesem sanften Gemüt nicht zu antworten: “Nein, also doch. Es ist bei uns etwas komplizierter. Aber, wie schon gesagt, sind wir-” “Bei euch ist es auch kompliziert?”, erkundigte Nabiki sich interessiert und Kasumi schüttete noch Tee nach. In dem Augenblick kam ein Panda zur Tür hereinspaziert. Er hatte offenbar den letzten Teil des Gesprächs mitbekommen, denn er hielt ein Schild empor auf dem “Kompliziert? Erzähl doch mal!” stand. “Uh...” Rin stellte fest, dass es in etwa genauso schwer war einem Panda nicht zu antworten wie der lieben Kasumi. “Seine Familie ist tot bis auf seine Mutter”, begann Rin daher vorsichtig. “Aber bei der bin ich mir immer noch nicht hundertprozentig sicher, ob sie mich tatsächlich umbringen wollte oder nicht. Und sonst gibt es nur seinen Halbbruder und dessen Familie. Ich bin Waise.” “Oh nein! Aber wer hat dich denn großgezogen?”, wollte Kasumi besorgt wissen. “Er und mein anderer Ziehvater Jaken”, erklärte Rin. Bevor jemand den Gebrauch des Wörtchens “auch” in diesem Satz seltsam finden konnte, stolperten noch mehr Personen in den Raum. “Ach hallo ihr!”, begrüßte Kasumi alle munter. “Setzt euch doch kurz zu uns. Wir haben Gäste.” Sie deutete überflüssigerweise auf den schweigsamen Riesen und dessen winzige Gefährtin. “Sie erzählen uns gerade die romantischste Geschichte!”, versicherte Kasumi allen mit Enthusiasmus. Während sie selbst aufstand, um mehr Tee zu kochen, folgten alle ihrer Einladung und setzten sich. Rin setzte noch einmal zu einem “Aber wir sind kein-” an, wurde aber unterbrochen als eine Frau mit kurzen Haaren sich nach der romantischen Geschichte erkundigte. “Ach, echt?”, begann sie interessiert. Ihr Gesicht war etwas robuster als Kasumis, doch sie hatte dieselbe lebensfrohe, offene Attitüde. “Habt ihr etwa auch Probleme in eurer Familie?” Sie schien erpicht darauf etwas zu hören, das sie nachempfinden konnte. Ihre Augen sprühten geradezu vor Leben. “Ich bin übrigens Akane. Und das ist mein Mann Ranma.” Sie schlug dem Mann an ihrer Seite auf eine bandagierte Schulter. Jener schrie sofort “Aua!” aus. “Ach so, der Idiot mit den vielen Verlobten”, entwich es Rin, was ihr sofort leid tat. Aber seine Frau lachte nur herzhaft mit offenem Mund und zurückgeworfenem Kopf. “Genau!”, machte sie, doch dieser Ranma schien beleidigt. “Du bist ja weit bekannt”, meinte ein älterer Herr mit langem Haar, das an den Schläfen langsam grau wurde, und einem imposanten Schnauzbart. Aber bis auf den Panda schien ihn niemand so richtig ernst zu nehmen. “Also, was ist jetzt mit diesem Halbbruder?”, wollten alle gespannt wissen. “Ach, die beiden verstehen sich nicht so gut.” “Warum?”, stand auf einem Schild, das der Panda hochhielt. “Hm. So genau weiß ich das auch nicht.” Sie warf einen kurzen Blick auf Sesshoumaru, doch dieser schien einen Vogel draußen auf dem Sandplatz zu beobachten und den sonstigen Geschehnissen keine Aufmerksamkeit zu schenken. “Im Prinzip sind sie sich gar nicht so unähnlich, aber der Zwist begann wirklich ernst zu werden als der Vater starb und das Erbe mancher Ansicht nach ungerecht verteilt worden war.” “War ja klar, dass es um Geld ging”, seufzte Nabiki. Obwohl sie in diesem Fall Unrecht hatte, weil es sich bei dem Erbe ja gar nicht um Geld handelte. “Also haben sie gar keinen Kontakt mehr? Wie traurig”, stellte Akane fest, die sich nicht vorstellen konnte jemals nicht mehr mit ihren Schwestern zu sprechen. “Doch, doch, wir haben noch genug Kontakt”, widersprach Rin. “Zu jedermanns Freude...” Das letzte war geflüstert, doch den Sarkasmus hörten trotzdem alle heraus. “Wie kommt das denn?”, wollte Ranma energisch wissen. Das schien für ihn keinen Sinn zu ergeben. Wenn er könnte, würde er seinen Paps lieber auch nie mehr sehen. “Na ja, ich wohne halt zusammen mit ihnen im Dorf die Hälfte der Zeit.” “Bei deinem…” Akane überdachte kurz die genuen Familienverhältnisse. “...Halbschwager?” “Nein, nicht direkt. Aber bei der Schwester der ehemaligen Verlobten des Halbbruders. Die ist jetzt die Oma und außerdem die Lehrmeisterin seiner aktuellen Frau. Aber er ist nicht mein Schwager, denn wir sind-” Der Satz schien alle so durcheinander zu bringen, dass lautes Gemurre ausbrach, weil sie versuchten die Familienverhältnisse zu entwirren. “Was?!”, machte Ranma schließlich und hielt sich den Kopf als würde er explodieren. “Das begreif ich nicht!” “Es ist ganz einfach. Der Halbbruder hatte mal eine Verlobte-...”, begann seine Frau ihn zu belehren. “Die verstorben ist”, warf Rin hilfreich ein. “...Und die hatte eine Schwester-...”, fuhr Akane mit ihrem Satz fort, wurde aber abermals unterbrochen. “Ok ok, egal!”, machte Ranma und winkte ab. So genau wollte er es gar nicht wissen. Rin seufzte. Erstaunlich wie das Liebesdreieck auch nach so langer Zeit noch Exasperation verursachen konnte. “Aber das stell ich mir eigentlich sehr romantisch vor”, schwärmte Akane. “Ihr seid zusammen trotz eurer Familien… und nicht wegen.” Hier warf sie einen vielsagenden Seitenblick zu dem Mann mit dem Schnurrbart und - seltsamerweise - dem Panda. War das Tier etwa auch ein Familienmitglied? Gab es hier vielleicht doch Dämonen und dies war ein Pandadämon? Mit schneidend scharfer Stimme fuhr Akane fort: “Unsere Väter wollten uns verheiraten, obwohl wir uns gar nicht mochten!” “Du mochtest mich nicht”, stellte Ranma klar. Ihn hatte das Mannsweib auf bemerkenswerte Art direkt von Anfang an fasziniert. “Ach, kein Grund uns so zu preisen. Am Anfang konnte er auch nicht viel mit mir anfangen”, versuchte Rin den aufkeimenden Streit zu schlichten. “Außerdem habt ihr da etwas falsch ver-” “Ja, wie ist es denn dann gekommen, dass ihr jetzt so gut miteinander klar kommt?”, verlangte Nabiki zu wissen, die sich mit Sicherheit mentale Notizen für ihr Geschäft machte. “Ja, wieso mochtet ihr euch zu Beginn nicht?”, war auch Akane interessiert. Rin trank erstmal einen Schluck Tee. Das war eine schwierige Frage. “Er war eine ganze Weile lang nicht an sozialen Kontakten interessiert, vor allem nicht mit so jemandem wie mir.” Sie meinte ‘mit einem Menschen’, doch die Versammelten verstanden, dass er nichts mit Frauen anzufangen gewusst hatte. “Ach, das war ja offenbar nur, weil er noch nicht die Richtige getroffen hatte!”, winkte der Schnauzbart ab, der entweder Akanes oder Ranmas Vater sein musste. “Ja, aber wie hast du ihn dann gekriegt?”, hakte Nabiki nach. Das war simpel: “Ich bin ihm nachgelaufen.” Die Antwort verblüffte alle. “Meinst du … wortwörtlich?”, vergewisserte sich die Geschäftsfrau. Rin nickte. “Ich habe ihm Essen gebracht … das er nicht mochte. Hab ihn angelächelt… was er ebenfalls nicht mochte.” ‘Dann bin ich gestorben und er hat mich wieder ins Leben zurückgeholt’, dachte sie noch. “Ja, aber worüber habt ihr konversiert?”, musste Nabiki unbedingt noch wissen. Rin sah sie mit einem leicht hilflosen Gesichtsausdruck an. “Über gar nichts. Ich habe kein einziges Wort mit ihm gewechselt. Ich hab einfach gar nicht gesprochen”, gab sie zu. Da machte Nabiki große Augen. Sofort kramte sie einen winzigen Notizblock aus den Falten ihres Kleides und zauberte einen Stummel von Bleistift hinter ihrem Ohr hervor. “Das ist genial...”, murmelte sie. “Frauen sollten nicht reden!” Eifrig kritzelte sie etwas nieder. “Ihr seid ja ein richtiges Traumpaar!”, freute sich Akane, doch ihr Gatte schnaubte nur abfällig. Neben sich konnte Rin spüren wie Sesshoumaru seine Haltung änderte. Er ließ sich schlussendlich neben ihr nieder und betrachtete den Besitzer des Dojo, Ranma. Besonders einige verheilten Verbrennungen an dessen Händen und Armen schienen seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Seine Miene verriet ihr allerdings nicht mehr. Also beschloss Rin sich die Informationen woanders zu holen. “Was ist denn mit dir passiert?”, fragte sie und deutete auf die Male. Er lächelte stolz. “Kriegernarben”, erklärte er dann. “Die hast du dir zugezogen, weil du eine uralte Oma nicht im Kastanienfassen bezwingen konntest”, schränkte seine Frau abfällig ein. “Es war eine sehr wichtige Kampftechnik!”, hielt der Insultierte dagegen. “Aber ich dachte, du seist später auf Fische im Wasser umgestiegen”, wunderte sich Kasumi, die gerade rechtzeitig für die Diskussion zurückgekehrt war. “Ja”, druckste Ranma herum. “Aber nicht früh genug.” Er verbarg die Narben mit seinem Kleiderärmel. Sie waren nicht besonders ausgeprägt. Daher fielen sie im alltäglichen Leben nicht auf und jeder außer Akane hatte sie bereits vergessen. “Aber das erscheint mir gar nicht so schwer zu sein”, überlegte Rin laut. Sie war dem Gespräch nicht ganz gefolgt, sondern ihren eigenen Gedanken nachgehangen. “Was?”, machte Ranma misstrauisch. “Kastanien aus einem Feuer holen”, war die Antwort. Sie hatte Sesshoumaru schon etliche Male dabei zugesehen wie er mühelos mit Feuer umging. Zugegeben, bei ihm verheilten die Verbrennungen recht schnell ohne bleibenden Schaden zurückzulassen, doch schmerzen musste es trotzdem. Aber er verzog nie eine Miene. Wenn dieser Ranma wirklich so ein gestandener Krieger war, dann war es doch sicherlich auch kein Problem für ihn, oder? “Warum sagst du das?”, wollte Ranma wissen. Rin ignorierte alle Warnzeichen, zum Beispiel, dass ihr Gegenüber langsam einen roten Kopf bekam, und begann ihren Gedankengang zu erläutern. Wieder bewegte Sesshoumaru sich neben ihr. Diesmal hatte er den Kopf geneigt, so als würde er einen Geruch wahrnehmen. Rin, inmitten ihrer Ausführungen unterbrochen, musterte den jungen Mann vor sich. Er war einige Jahre älter als sie, wirkte aber jünger. Er war aufgesprungen und hatte sie somit zum Schweigen gebracht. “Willst du etwa sagen, dass dieser schmierige Affe besser ist als ich?” Rin runzelte die Stirn. So etwas hatte sie mit keinem Wort erwähnt. Seine Frau unterdrückte merklich ein Seufzen und fasste sich mit der rechten Hand an die Schläfe. “Dem ist nämlich nicht so!”, zischte ihr Gatte unterdessen, schritt zur Tür, holte schwungvoll mit dem Bein aus und demonstrierte seine Kraft an dem Holz, das nachgab und zerbarst. “Und noch mehr Raparaturarbeit”, stand auf dem Schild, das der Panda resigniert in die Höhe stemmte. Das schien Ranma aber wenig zu stören, denn er lachte beinah hysterisch: “Als ob man mich besiegen könnte!” Aber diese zerstörerische Aktion verblasste vor den seltsamen neuen Gästen, die das Haus unsicher machten. “Oh”, hauchte Rin unhörbar. Dann flüsterte sie Kasumi zu “Das ist übrigens der Halbbruder”, bevor sie Ebengenanntem zurief und winkte. *** “Was geht denn hier vor sich?”, fragte Miroku erstaunt, der seine Nase über Inu Yashas Schulter in den Raum hineinschob. “Ich fordere diesen Lakaien gerade zu einem Duell auf!”, rief der Mann, der gerade eben noch auf einem Bein gestanden hatte. “Und du bist...?”, erkundigte Miroku sich verdattert. “Ranma Saotome!” Während der junge Mann sich lautstark vorstellte, warf Rin einen Seitenblick auf ihren Ziehvater und fragte sich, ob er überhaupt merkte, dass er soeben herausgefordert worden war. Er schien gerade erst zu realisieren was vonstatten ging. Und wurde langsam genervt. Rin erkannte es an seiner geschwungenen rechten Augenbraue. Sie senkte sich immer leicht, wenn ihm etwas nicht passte. Miroku schob sich mit Hojo im Schlepptau an seinem besten Freund vorbei und nahm eine Tasse Tee von der netten Kasumi an. “Schönes Haus habt ihr”, sagte er ihr und sie lächelte zur Antwort, vollkommen unbeeindruckt von dem was um sie herum losbrach. Und das war nicht gerade wenig. Dieser Ranma begann einen Streit mit seiner Gattin, die ihn einen Angeber und Großmaul nannte, während Inu Yasha auch seinen Senf dazu gab: “Wenn du jemanden zum Kämpfen suchst, dann nimm besser mich. Ich bin sowieso der Stärkere!” “Dich kann man auch nirgendwohin mitnehmen”, murmelte Miroku in seine Tasse, woraufhin Kouga ihn “Warum will eigentlich niemand mit mir kämpfen?” fragte, was der Mönch geflissentlich ignorierte. Hojo stand etwas verloren daneben und hoffte, dass Kagome ihm am Ende des Tages nicht die Schuld an den Ereignissen geben würde. Sesshoumaru sagte dazu nichts, doch Ranma war offenbar die Art von Mann, die leicht zu beeinflussen schien. “OK!”, rief er und wandte sich nun dem Neuankömmling im roten Kaftan zu. Die zwei Konkurrenten musterten einander kurz. Dann rief Ranma: ”Ich fordere dich auf!” “Angenommen!”, brüllte Inu Yasha sofort zurück. “Und was passiert jetzt?”, fragte Rin in die darauffolgende Stille. Akane seufzte lautstark. “Jetzt geht`s zum Dojo”, erklärte sie entschuldigend. “Tut mir Leid”, fügte sie hinzu. “Das ist sicherlich nicht, was du und dein Verlobter im Sinn hattet für heute.” Ranma und Inu Yasha wollten sich gerade abwenden und den ebengenannten Dojo aufsuchen als sie das hörten. Für Ranma hielt der Kommentar keine Signifikanz, doch Inu Yasha und Miroku wurden hellhörig. “Du bist verlobt?!”, fragten sie synchron unter echtem Schock. Rin stieg die Schamesröte ins Gesicht. “Nein”, beruhigte sie die Zwei. “Da liegt ein Missverständnis vor!”, versuchte sie kleinlaut zu erklären. “Egal jetzt! Oder fürchtest du dich?”, rettete Ranma sie unverhofft davor die seltsame Situation erklären zu müssen. Das ließ sich Inu Yasha natürlich nicht bieten und er ließ sich bereitwillig von seinem Herausforderer zum Dojo führen. Dieses Szenario war ihm ein wenig fremd. Er hatte noch nie in einem Dojo gekämpft, doch er begriff wohl, dass es unangebracht wäre Tetsuaiga zu gebrauchen. Das hier würde ein Faustkampf werden. ‘Kein Problem’, dachte er sich, nachdem sie den Hof überschritten und das Gebäude, auf dessen Dach noch immer Reparaturen durchgeführt wurden, betreten hatten. Rin hingegen fragte sich still was Kagome in dieser Situation tun würde. Sie betrachtete die Kette um Inu Yashas Hals. Leider war das keine Option für sie. Ihr Blick wanderte weiter zu Akane, die auch machtlos zu sein schien. Sie hob nochmals entschuldigend die Schultern. Dann flogen die ersten Fäuste. Erstaunt von Inu Yashas Stärke wurde Ranma zurückgeworfen. Gegen einen Haldämon hatte der Mensch keine Chance, egal wie gut er war. “Kannst du das nicht irgendwie beenden?”, fragte Rin Akane. “Er ist ein hoffnungsloser Sturkopf. Da kann man nichts machen”, gab sie zu. In dem Moment wurde der arme Mensch schon wieder zu Boden geworfen. Er war erstaunlich resilient, denn er kam sofort wieder auf die Füße. “Aber irgendwas müssen wir doch tun können!”, hauchte Rin ihr zu. Ranma begann indessen langsam Inu Yashas Schwächen zu begreifen. Jener war zwar unglaublich stark, doch er setzte alles auf diese eine Karte. Daher gab er nichts auf seine Deckung und machte auch keinen Gebrauch von seiner Schnelligkeit. Ranma hingegen war sehr agil und schaffte es endlich auch einen Tritt zu landen. “Ich glaub das nicht”, flüsterte Rin und wünschte sich sie könnten endlich nach Hause gehen. Warum mussten Männer sich auch immer schlagen? Etwas Unvorhersehbares geschah. Sesshoumaru schob sich an ihr vorbei und trat in den Dojo hinein. Stetig näherte er sich dem Gerangel. Akane an ihrer Seite versteifte sich und der Panda senkte sein Schild (“Los, Ranma!”) erfürchtig. Der Fürst schien nicht einmal zu bemerken, dass alle Augenpaare auf ihn gerichtet waren. Trotzdem schritt er beständig weiter, packte erst den Unbekannten am Kopf mit einer riesigen Pranke und hielt dann seinen kleinen Bruder mit einem Arm ab. Die beiden Streithähne so voneinander getrennt, schien er seine Faust immer weiter zusammenzupressen bis Ranma begann zu schreien und sich dem Griff zu entwinden. Inu Yasha war außer sich vor Wut und hatte bereits eine Hand an Tetsuaiga als Sesshoumaru ihm etwas zuflüsterte, woraufhin er sich etwas zu beruhigen schien. Zwar nicht viel, doch wenigstens trat er mit zusammengebissenen Zähnen zurück. “Hojo, Miroku, lass uns gehen!”, kommandierte Inu Yasha. “Was ist mit mir? Kann ich wenigstens gegen ihn kämpfen?”, wollte Koga wissen, wurde aber wieder ignoriert. Mit einem Mal ließ Sesshoumaru Ranma los und ließ ihn auf den Knien zurück. Dieser hielt sich den schmerzenden Kopf. Akane lief sofort zu ihm. “Geht`s dir gut?” “Der Kerl ist unheimlich. Mit dem stimmt irgendwas nicht”, erklärte ihr Gatte. Er schien nicht mehr ganz so hitzköpfig. Plötzlich hatte er einen neugefundenen Respekt. Vielleicht hatte er auch nur Kopfschmerzen. Oder begriffen, dass er da mit Mächten umging, die außerhalb seiner Welt lagen. Wortwörtlich. Nabiki hatte alles höchst interessiert verfolgt. Sie kramte nach Unterlagen in ihrem Ausschnitt und gesellte sich zu den Fremden. “Wollt ihr hier nicht als Kampflehrer anfangen?”, wollte sie wissen und drückte zumindest Inu Yasha schon einen Kugelschreiber in die Hand. “Hier sind die Unterlagen”, fuhr sie fort. “Du musst nur hier … und hier… Im Prinzip überall, wo die Kreuzchen sind, unterschreiben!” Inu yasha sah sich mit dem Papierkram etwas überfordert und Miroku erkannte einen korrupten Geschäftsmann, wenn er einen sah. Nabiki und er schienen so etwas wie verwandte Seelen zu sein, weshalb er Inu Yasha sofort alles aus der Hand riss und “Willige in nichts ein!” mahnte. Wieder fragte Kouga, weshalb eigentlich niemand ihn kämpfen sehen wollte. Nabiki schien ihn just in dem Augenblick zu bemerken und erkundigte sich lässig: “Wer’s’n das?” Sie deutete keck mit dem Daumen auf ihn, während sie in die Runde schaute. “Ach, das ist…”, setzte Rin an, doch es fiel ihr nicht leicht diese ERklärung zu geben. Weshalb der Wolf mit Inu Yasha umherzog, fand sie ehrlich gesagt erstaunlich. Miroku kam ihr zu Hilfe: “Früher war er ebenfalls ein Verehrer der jetzigen Frau unseres weißhaarigen Heißsporns aber jetzt…” Miroku suchte nach dem richtigem Ausdruck. “...lungert er noch aus Sentimentalität herum”, hatte Rin die rettende Idee. “Was?”, unterbrach Kouga und wollte zu einer Verteidigung ansetzen, doch Nabiki hatte genug gehört. Sie wusste wovon die Zwei sprachen. Sie wandte sich zur verwirrt dreinblickende Kasumi um. “Er ist unser Ryoga”, informierte sie ihre Schwester. “Ach so!” Das schien ihr einzuleuchten. “Der Arme!”, bemitleidete sie ihn, was Kouga kaum fassen konnte. Kurz darauf entschieden sie, dass es Zeit war für die Heimreise. “Für einen Menschen bist du gar nicht schlecht”, rief Inu Yasha seinem Gegner noch über die Schulter zu und verließ den Dojo. Ranma bedankte sich nicht, doch nickte akzeptierend. Akane hatte bereits begonnen einige seiner Blessuren zu verarzten. “Kommt bald wieder!”, rief Kasumi der seltsamen Truppe noch zu als sie das Anwesen verließen. *** Nach diesem Fiasko von Tagesausflug zog sich Sesshoumaru zurück. Er und Rin führten den Tross zwar an, hielten aber einige Schritte Abstand zwischen sich und dem Rest. Inu Yasha und Kouga stritten sich noch immer darüber, weshalb es Kouga nicht erlaubt war auch einen Kampf zu haben. Rin seufzte. Dieser Hojo tat ihr etwas leid, weil er recht traumatisiert aussah. Resigniert wandte sie den Blick wieder nach vorn. “Du solltest darüber nachdenken dich zu verloben”, eröffnete Sesshoumaru an ihrer Seite aus dem Nichts heraus. Verblüfft hob sie den Kopf, um sein Profil zu betrachten. “Warum sagst du das?” Er gab ihr eigentlich nie väterliche Ratschläge. “Menschen scheinen das zu tun”, gab er eine Observation dunkel zum Besten. “Hast du es nicht vor?” Rin schüttelte den Kopf. “Nein, noch nicht.” Sie klang sehr bestimmt für ihr Alter. “Gut”, beschied er. “Du bist noch zu jung.” Der Kommentar gefiel ihr wiederum nicht. “Soll ich etwa warten bis ich die Tausendjahrgrenze überschritten habe?”, erkundigte sie sich neckend und führte einen Seitenhieb auf sein eigenes Alter aus. Darauf antwortete er aus strategischen Gründen lieber nicht. Es war erstaunlich, doch manchmal hatte er das Gefühl, dass sie besser argumentieren konnte als er. Rin grinste und verdrehte die Augen. Manchmal war er einfach zu unterhaltsam. Schade, dass das niemand außer ihr sehen konnte. Noch ein Weilchen länger ging sie schmunzelnd an seiner Seite. Dann fragte sie: “Was hast du Inu Yasha eigentlich zugeflüstert? Er hört sonst nie auf dich. Eher das Gegenteil...” Sesshoumaru antwortete nicht und nach einer Weile gab Rin auf. ‘Was würde Kagome dazu sagen…’, fielen ihm die Worte wieder ein. ‘In ihre Welt, gegen einen Menschen… Etwas unfair, meinst du nicht?’, waren die Worte, die er herablassend zu seinem Bruder gesprochen hatte. Doch er wollte lieber sein Gesicht wahren. Niemand sollte glauben, dass ihn das Schicksal dieser Truppe etwas anging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)