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Whitebeards Söhne & Töchter

Marco x Ace x Nojiko | Law x Nami
von

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Teil 1: Had Me From Hello [1]


 

You never know when you're gonna meet someone

And your whole wide world in a moment comes undone

- Daughtry, Start of Something Good
 


 

I

Die Pommes wurde in das Ketschup getunkt und in den Mund geschoben. Gleichzeitig ließ Ace das Zippo in der anderen Hand auf- und wieder zuschnappen, wieder und wieder. Das Klicken gesellte sich zu dem allgemeinen Stimmengewirr, welches ohnehin nur schwerlich über der Musik der Bar zu vernehmen war.

„Ich glaube ja nicht, dass es erlaubt ist, sein eigenes Essen mitzubringen“, sagte eine klare Stimme gerade laut genug, damit Ace es hörte.

Er sah auf, während die nächste Pommes aus dem Pappschälchen auf halbem Weg zu seinen Lippen einfror. Vor ihm stand eine Frau mit violett gefärbten Haaren, die von einem roten Tuch davon abgehalten wurden, ihr in die Augen zu fallen. Sie hatte eine Hand in die Hüfte gestemmt und balancierte mit der anderen ein Tablett mit Bier- und Cocktailgläsern. Doch es waren die geschnörkelten Tätowierungen, zu denen Aces Blick wanderte. Diese zogen sich von ihrem rechten Oberarm hinauf zu ihren Schlüsselbeinen. Sie formten ein Herz in ihrer Mitte, welches Ace einen Moment zu lang anstarrte.

Nur langsam setzte die Pommes ihren Weg zu seinem Mund fort. „Ich kenne die Besitzerin“, antwortete Ace, als würde das alles erklären. Andererseits ließ Makino ihnen alles durchgehen, weshalb das Grandline unter anderem auch das Stammlokal von Whitebeards Söhnen war.

Die Frau ihm gegenüber hob unbeeindruckt eine Augenbraue, als sie sein leeres Bierglas mit einem gefüllten von ihrem Tablett ersetzte. „Tust du das?“

„Ja, aber dich kenne ich noch nicht.“ Ace hielt sich oft genug hier auf, so dass er jede der Barkeeperinnen beim Vornamen kannte. Key West war nicht so furchtbar groß, als dass man ansässige Bewohner nicht bereits vom Sehen kannte. Touristen kamen und gingen, aber mit ihrer sonnengebräunten Haut und der Lässigkeit ihrer Bewegungen wirkte sie auf ihn nicht wie ein Besucher der Key Inseln.

„Und das wird sich auch nicht ändern“, erwiderte sie, bevor sie ihn an seinem Tisch sitzen ließ. Mit schwingenden Hüften suchte sie sich den Weg zwischen den Tischen hindurch und verschwand hinter dem Tresen, an dem die grünhaarige Besitzerin gerade Gläser schrubbte.

Ace sah ihr nach und kaute auf seiner Pommes herum, bevor er sich auch die anderen nach und nach in den Mund schaufelte. Das Bier trank sich von allein, während die Abendsonne, die durch die Fenster fiel, hinter dem Horizont verschwand und Dunkelheit zurückließ. Mit ihr wurde die Musik laut, der Bass vibrierte und unzählige Körper bewegten sich in seinem Takt, bewegten sich in ungeachteter Synchronisation. Aces Blick galt auch weiterhin der neuen Barkeeperin, die kein einziges Mal in seine Richtung schaute und mit einigen Männern plauderte, wenn sie nicht gerade für Getränkenachschub sorgte.
 


 

II

Tagsüber war das Grandline bis auf ein paar vereinzelte Gäste weitgehend leer. Die Bar war ein Ort zum Zurückziehen, wenn die Hitze einem zu viel wurde. Doch der seichte, vom Meer herangetragene Wind erfrischte genug, um nicht auf die Ventilatoren an den Decken zurückgreifen zu müssen, die langsam ihre Kreise über ihren Köpfen drehten.

Ace erkannte einige ihrer Jungs in den hinteren Ecken des Lokals mit den ersten alkoholischen Getränken des Tages. Seine Schritte führten ihn jedoch direkt zu dem Tresen hinüber, während er sein hellblaues T-Shirt zurecht zupfte, welches er sich von Marco ausgeborgt hatte und das sich mit seiner schwarzen Dreiviertelhose biss. Es hatte sauber über der Stuhllehne gehangen, als er vor einigen Stunden aus dem Bett gekrochen war. Von Marco war keine Spur mehr gewesen, aber es passierte so gut wie immer, dass Aces Hand sich ausstreckte und eine verlassene Bettseite ertastete. Marco war eben ein Frühaufsteher, der immer irgendetwas zu tun hatte. Darum beneidete Ace ihn nicht. Nein, Marco war nicht ganz so entspannt und verschlafen wie er aussah und immer tat, was ihn jedoch für Ace damals erst interessant gemacht hatte.

„Ich hoffe, du suchst nicht nach einer Unterhaltung“, begrüßte ihn die Barkeeperin mit derselben kalten Schulter vom Vortag. „Da bist du bei mir jedenfalls an der falschen Adresse.“

Ace blinzelte und seine Mundwinkel hoben sich zu einem halbherzigen Lächeln. Obwohl ein Teil von ihm damit gerechnet hatte, hatte er nicht eine derartige Abweisung seiner Person gegenüber erwartet. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt behaupten, dass du etwas gegen mich hast. Dabei weißt du nicht mal, wer ich bin“, sagte Ace, als er es sich auf einem der Barhocker gemütlich machte. Die Arme bettete er auf den Tresen und die Finger einer Hand fanden von allein den Weg in die kleine Schale mit den Erdnüssen.

Die Frau auf der anderen Seite des Tresens spülte seelenruhig den Lappen im Waschbecken aus, mit dem sie zuvor geputzt hatte. „Oh, ich weiß ganz genau, wer du bist.“ Ihre dunklen Augen erfassten ihn. „Du gehörst zu Whitebeards Leuten. Wie fast alle, die in diesen Laden kommen.“

Beide starrten sich an, wobei sie krampfhaft versuchte ihn wütend anzusehen und den Blickkontakt aufrecht zu erhalten. Für den Bruchteil einer Sekunde wirkte sie sogar, als ob sie Ace den Lappen an den Kopf werfen wollte. Vielleicht lag es daran, dass Ace unwillkürlich grinsen musste oder an seiner fehlenden Erwiderung.

„Du mag den Job hier nicht, oder?“, fragte Ace und warf sich eine weitere Handvoll Erdnüsse in den Mund.

Sie schnaubte. „Ich bewirte nicht gern Verbrecher, das ist alles.“ Trotz ihrer Worte schleuderte sie den Lappen in das Waschbecken und bückte sich, um eine Kiste unter dem Tresen hervorzuziehen und Ace eine Bierflasche vor die Nase zu stellen, die er nicht bestellt hatte.

Ace zog sie am Flaschenhals zu sich heran und drehte sie hin und her, seine Augen auf das Etikett geheftet. „Wir sind gar nicht so schlimm“, antwortete er, denn widerlegen, dass sie Verbrecher waren, konnte er nicht. Nur weil Whitebeard einen Deal mit der örtlichen Polizei ausgearbeitet hatte, bedeutete das nicht, dass alle ihre Geschäfte legal waren. Das konnte kaum ferner von der Wahrheit sein und die Feinde, die sie hatten, waren nur ein weiterer Beweis dafür. „Ich meine, wenn man sich Zeit nimmt und uns etwas besser kennen lernt, dann sieht man das“, fügte Ace hinzu, als er zu ihr hinüberschielte und ihrem skeptischen Blick begegnete.

„Was ist, wenn man euch nicht besser kennen lernen möchte?“, konterte sie.

Sein Mund öffnete sich, aber das Vibrieren seines Smartphones in der Hosentasche lenkte Ace ab. Er fischte es heraus und warf einen Blick auf das Display. „Ich muss gehen“, sagte er abwesend und kramte ein paar Münzen aus der anderen Hosentasche, die er über den Tresen zu der tätowierten Barkeeperin hinüberschob.

Mit den Tanktops, die sie stets trug, zogen die Tätowierungen Aces Aufmerksamkeit jedes Mal ganz gegen seinen Willen auf sich. Womöglich hätte er das Hemd zu Hause lassen sollen, damit sie seine Tätowierungen ebenfalls bewundern konnte. Das hätte unter Umständen das Eis brechen können.

„Danke für das Bier.“ Ace hob die Hand mit der Bierflasche zum Abschied, als er sich vom Stuhl schob und aus dem Grandline marschierte.
 


 

III

Letzte Sonnenstrahlen tauchten den Himmel in ein dunkles Rot, welches in der Ferne bereits in ein Violett überging. Es war der Haarfarbe der Barkeeperin nicht unähnlich, stellte Ace auf den ersten Blick fest.

Er stopfte die Hände in die Taschen und joggte die Stufen hinunter, die von Whitebeards Villa hinunter auf den Pfad führten. Thatch folgte ihm auf dem Fuße, als sie sich gemeinsam von dem Hauptsitz ihrer Familie entfernten. Das Anwesen war auf einem Hügel erbaut worden und erhob sich wie ein Koloss aus weißem Stein in den Abendhimmel hinauf. Obwohl Ace erst seit einigen Monaten zu Whitebeards Söhnen gehörte, kam es ihm vor, als wäre er schon ewig ein Mitglied von ihnen. Es war erstaunlich einfach gewesen, Whitebeard als seinen Vater zu akzeptieren, auch wenn er nie einen hatte haben wollen.

„Wo hast du Marco gelassen?“, fragte Thatch und tastete vorsichtig an seiner Haartolle entlang, als der Wind an ihr zu ziehen versuchte. „Normalerweise seid ihr doch unzertrennlich. Fast so wie zusammengewachsene Zwillinge.“

Ace zuckte mit den Schultern. „Er muss noch was mit Paps besprechen. Du weißt doch, dass seine Besprechungen immer länger sind als unsere. Wir sind also heute Abend allein.“ Obwohl Ace bei der erhaltenen Textnachricht gedacht hatte, dass es sich um etwas Wichtiges handelte, hatte man sie nur über die neusten Entwicklungen mit Don Quichotte de Flamingo eingeweiht. Es war kein Geheimnis, dass das Oberhaupt der Flamingo-Familie in Texas ein Auge auf Whitebeards Territorium geworfen hatte. Trotz aller Warnungen und Drohungen herrschte jedoch bereits seit Jahren ein unausgesprochener Waffenstillstand zwischen beiden Seiten. Allerdings musste Ace kein Genie sein, um zu wissen, dass Doflamingo nur darauf wartete, dass Whitebeard und seine Anhänger Schwäche zeigten. Da konnte er jedoch ewig warten.

„Das ist nicht gut“, fasste Thatch inzwischen zusammen und holte Ace somit aus seinen Gedanken. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, bis die Narbe am linken Auge spannte. „Jedes Mal, wenn wir allein trinken gehen, stecken wir am Ende in Schwierigkeiten. Denk nur an letztes Mal, als diese Kerle unsere Kleidung verlangt haben und wir nackt nach Hause laufen mussten.“

Ace stieß ein Lachen aus. Daran konnte er sich noch sehr gut erinnern. Es hatte mit einem harmlosen Armdrücken im Grandline angefangen, bis es vor der Tür in eine Schlägerei ausgeartet war und die Kerle gewonnen hatten, weil sie eindeutig in der Überzahl gewesen waren. Dabei war sich Ace sicher, dass er sie erledigt hätte, wenn Thatch ihn nicht zurückgehalten hätte. Doch diese Aktion war nicht so unangenehm gewesen, wie von Marco in einem Motel gefunden zu werden, in dem eine Stripperin einen mit Handschellen an das Bettgestell gekettet hatte, nachdem sie einen obendrein noch ausgeraubt hatte.

„Makino wird da sein“, konterte Ace. „Sie wird aufpassen, dass du nicht in Schwierigkeiten gerätst. Ich meine, jetzt, da ihr miteinander ausgeht.“

Thatch schwieg.

Als Ace zu ihm herüberschaute, konnte er im fahlen Licht einer Laterne den roten Schimmer auf seinen Wangen ausmachen, der ihn abermals zum Grinsen brachte.

„Manchmal kann ich es nicht glauben, dass sie... sie und ich... wirklich...“ Thatch brach ab, ohne seinen Satz zu beenden.

Ace klopfte ihm auf dem Rücken. „Versteh schon.“

Das Grandline befand sich im Zentrum von Key West, doch der kleine Fußmarsch war schnell hinter sich gebracht. Die Musik war bereits von draußen zu vernehmen und kaum ein Tisch war noch frei, als sie sich zu der feiernden Menge gesellten.

„Ich besorg uns was zu trinken. Such du einen Tisch, Ace“, sagte Thatch. Seine Schultern strafften sich, bevor er mit gerader Haltung und in einem versucht lässigen Gang zum Tresen marschierte, hinter dem Makino einige Cocktails mischte. Ein Tuch bedeckte ihr kurzes Haar und ihr Gesicht hellte auf, als Thatch sie erreichte. Was sie sagten, konnte Ace aber nicht verstehen, als er nach freien Plätzen suchte.

Thatch ließ nicht lange auf sich warten und sackte auf den Stuhl ihm gegenüber. Der ältere Mann reichte ihm ein Glas, bevor er seines fast in einem einzigen Zug leerte.

Aces Augen wanderten durch den Raum und über die Gesichter der Anwesenden. Er hob die Hand zum Gruß, als er Vista, Haruta und einige andere in der Menge entdeckte, doch von der neuen Angestellten war keine Spur zu sehen.

Er beugte sich zu Thatch hinüber. „Hast du eigentlich mitbekommen, dass es eine neue Barkeeperin gibt?“

Thatchs Blick wanderte umher, doch auch er schien nicht zu finden, wonach er suchte. Das bedeutete wohl, dass sie tatsächlich nicht hier war. „Du meinst Nojiko?“, wandte sich Thatch ihm zu. „Soweit ich weiß, hat sie einen Stand mit Orangen auf dem Markt, wo Makino immer die Lebensmittel für das Grandline kauft.“

Ace legte die Stirn in Falten, während er das Kinn auf der Handfläche bettete. „Wozu braucht sie dann einen zweiten Job?“

„Ihre Mutter ist vor einer Weile gestorben, hat Makino gesagt. Und dann sind da die finanziellen Probleme“, antwortete Thatch, der bereits wieder mit Makino über den Trubel in der Bar hinweg liebäugelte. Es war ein einseitiges Liebäugeln, da sie mit dem Bewirten neuer Gäste beschäftigt war.

Nachdenklich nahm Ace einen Schluck aus seinem Glas.
 


 

IV

Warme Lippen in seinem Nacken holten Ace mehr und mehr aus dem Land der Träume. Mit dem Bewusstsein kam auch der Schmerz hinter seiner Stirn zum Vorschein, der sich verschlimmerte, als Ace die Augen öffnete und mit einem sonnendurchgefluteten Raum konfrontiert wurde. Mit einem Ächzen drehte er sich auf den Bauch und presste das Gesicht in das Kissen.

„Wie spät ist es?“, nuschelte er in den Stoff hinein.

Zeitgleich wurde das Bett von einem kleinen Erdbeben erschüttert. Ace musste nicht hinsehen, um zu wissen, dass sich Marco auf einem Ellbogen abstützte, um einen Blick auf den Wecker auf seinem Nachttisch zu werfen. „Zu spät.“

„Warum bist du dann noch hier?“ Immerhin war Marco immer beim Morgengrauen auf den Beinen. Was genau er so früh tat, hatte Ace in all der Zeit noch nicht herausgefunden gehabt, aber er hatte es auch noch nie geschafft so früh aufzustehen.

Vertraute Finger verwuschelten Aces Haar. „Und ich dachte, du würdest dich freuen mich zu sehen.“

Ace hob den Kopf mit einem heftigen Ruck, der für ein stärkeres Hämmern hinter seinen Schläfen sorgte. „Natürlich freue ich mich“, presste er hervor und legte eine Hand an die Stirn, da er sich kurzzeitig wie auf einem Karussell fühlte.

„So siehst du nicht aus“, konterte Marco. „Eher so, als hättest du gestern mal wieder zu viel getrunken. Scheinbar hab ich mich geirrt, als ich gedacht habe, dass ihr einen Abend mal ohne mich auskommt.“

Ein Blinzeln seitens Ace verriet, dass Marco auf der Seite lag, das Gesicht mit einer Hand abstützend, während die andere Hand bequem auf seiner Hüfte ruhte. Er lag im Schatten des Zimmers, doch seine sonnengebräunte Haut erinnerte dennoch an Nojiko. Dasselbe galt für die Tätowierung, die seinen Brustkorb zierte, denn wie alle von Whitebeards Söhnen trug auch Marco sein Zeichen auf dem Körper.

Ein Grinsen zog an Aces Lippen, als er eine Hand in Marcos Nacken legte und ihn zu sich heranzog. Diese Geste war noch immer mit einem Zögern unterlegt, denn manchmal war es schwer vorstellbar, dass Marco es einfach so zuließ. Andererseits kannte er nicht die Wahrheit über Ace, wusste nicht um das Blut, das in seinen Adern floss. Ansonsten... Er wollte daran glauben, dass sich dann nichts ändern würde zwischen ihnen und Marco ihn nicht wegstoßen würde, es trotzdem zulassen würde, dass Ace ihn küsste.

Er löste sich von Marco, um sich umständlich aus dem Bett zu rollen. Das Blut rauschte in seinen Ohren und sein Herz stolperte in seiner Brust, was seine Kopfschmerzen kaum besser machte. Nur in seinen schwarzen Boxershorts wanderte Ace zu dem Stuhl hinüber, auf den er gestern Nacht seine Dreiviertelhose abgelegt hatte. Er zog sie an, wobei er fast das Gleichgewicht verlor und durch das Zimmer hüpfte.

Marco lag noch immer bewegungslos im Bett und beobachtete ihn mit einer gehobenen Augenbraue. „Aspirin sind in der ersten Schublade in der Küche“, sagte er, als er sich schließlich doch aufsetzte. Die Decke rutschte herunter und sammelte sich in seinem Schoß. „Willst du Frühstück?“

Doch Ace schüttelte den Kopf und suchte nach einem frischen Hemd. Er zog eines mit gelbschwarzen Streifen am und schlüpfte anschließend in seine Stiefel. Er sah zu Marco hinüber, der genauso verlockend aussah, wie sich sein Angebot anhörte und grinste, als er sich seinen orangenen Cowboyhut aufsetzte. „Ich muss was erledigen. Wir sehen uns später.“ Mit diesen Worten und knurrendem Magen marschierte er aus dem Zimmer. Marcos verwirrten Blick nahm er gar nicht mehr wahr, als er in die Küche von Marcos Eigentumswohnung spazierte, die irgendwann zu ihrer geworden war.
 


 

V

Regen fiel. Das Plätschern gesellte sich zu Aces schwindenden Kopfschmerzen und das Wetter tauchte die Straßen von Key West in Farblosigkeit. Sein Hut hielt ihm die Nässe aus dem Gesicht, denn der Wind war abgeflaut und hinterließ feuchtwarme Hitze, die klebte, obwohl sie sich direkt am Meer befanden.

Ace hätte eine Jacke mitnehmen sollen, wurde ihm bewusst, als der Regen allmählich durch sein Hemd weichte. Pfützen sammelten sich, während Touristen und Bewohner zugleich nach überdachten Orten suchten, bis der Schauer sich wieder gelegt hatte.

Seine Füße trugen Ace inzwischen von ganz allein zum Markt hinüber, der jeden Vormittag auf demselben freien Platz abgehalten wurde. Allerlei Stände waren aufgebaut worden, aber die meisten waren um diese Uhrzeit bereits wieder geschlossen. Es war ein sinnloses Unterfangen, das wusste Ace. Dabei konnte er nicht mit Genauigkeit sagen, wieso er sich ein Frühstück und womöglich Sex mit Marco deswegen hatte durch die Lappen gehen lassen. Nojiko wollte nichts mit ihnen zu tun haben und jemand, der schlecht über Whitebeard und die Jungs sprach, konnte Ace ohnehin gestohlen bleiben.

Bis auf ein paar vereinzelte Menschen war der Platz verlassen. Ace brauchte den Blick daher nur einmal schweifen lassen, um Nojiko zu entdecken.

Der überdachte Stand schützte sie vor dem Regen, als sie die Orangen von der Ablage zurück in die Kisten räumte, die sich hinter ihr stapelten.

Ace zog sich hinter eine der Palmen zurück, die den schmalen Weg links und rechts säumten. Fast so, als könnte der schmale Stamm seine Gestalt verstecken. Dabei war Nojiko ohnehin zu sehr auf das Einpacken konzentriert, als dass sie auf ihre Umgebung achten würde. Ihre gesamte Aufmerksamkeit lag auf den Orangen, die sie mit behutsamen Fingern anfasste.

Der Regen, der sich in einem feinen Schleier über sie ergoss und rhythmisch auf das Dach des Stands plätscherte, störte sie nicht. Ace bezweifelte sogar, dass sie es wirklich wahrnahm. Sie war viel zu sehr in ihre eigene Welt vertieft, denn sie sah nicht einmal auf, als ein Pärchen Arm in Arm unter einem Regenschirm an ihr vorbeiging.

Vermutlich wäre dasselbe passiert, wenn Ace zu ihr hinübergegangen wäre. Aus diesem Grund machte Ace mit einem Schmunzeln kehrt, um sich stattdessen in einem der Diner Frühstück zu bestellen und seine Kleidung trocknen zu lassen. Er hätte Marcos Angebot annehmen sollen. Es geschah schließlich nicht allzu oft, dass Marco sich bereit erklärte ihnen Frühstück zu machen.
 


 

VI

Aces Hand berührte den Griff der Tür, als etwas im Inneren des Grandlines krachte. Noch bevor er sie aufstieß und eintrat, wusste er bereits, dass er nicht Makino an diesem Morgen antreffen würde. Vielleicht hatte er auch damit gerechnet, als er sich heute verfrüht aus dem Bett gequält hatte. Selbst Marco hatte noch geschlafen, weshalb er besonders leise gewesen war. Dass Marco ihn seit gestern etwas schräg von der Seite anschaute, war ihm nicht entgangen, denn es war seltsam für Ace ein Frühstück abzulehnen.

Die Luft, die ihm beim Eintreten entgegenstieß, war warm und stickig. Die Ventilatoren an der Decke waren ausgeschaltet und die Sonne fiel durch die geputzten Scheiben. Das Sonnenlicht suchte sich den Weg über den Holzboden.

Nojiko war gerade dabei einen umgefallenen Stuhl aufzuheben, bevor sie auch die restlichen Stühle von den Tischen nahm und sie aufstellte. Sie warf Ace einen flüchtigen Blick zu, einer der deutlich machte, was sie über Aces Auftauchen dachte – und Ace wurde wieder einmal bewusst, dass es eine dumme Idee gewesen war hierher zu kommen. Er hatte sich eingeredet, Makino einen Besuch abstatten zu wollen, aber wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, dann stimmte das nicht. Ganz im Gegenteil, er war sich ziemlich sicher gewesen, Nojiko vorzufinden, weil er anscheinend aus gestern nicht gelernt hatte. Wirklich erklären konnte er sich das nicht.

„Morgen“, sagte Ace und hob die Hand zum Gruß, als er zu Nojiko herübergeschlendert kam. Das giftgrüne Tanktop biss sich mit der Farbe ihrer Haare. Es gewährte einen guten Blick auf die verschnörkelten Tätowierungen, deren Ursprung Ace gern gekannt hätte.

„Wir haben geschlossen“, antwortete Nojiko. Sie sah ihn nicht mehr an, doch selbst von der Seite erkannte Ace die verschmierte Wimperntusche. „Falls du was trinken willst, musst du dir ein anderes Lokal suchen.“

Anstatt sie weiter anzustarren, vertrieb sich Ace die Zeit damit Nojiko beim Herunterstellen der Stühle zu helfen. „Ich bin nicht zum Trinken gekommen. Ob du es glaubst oder nicht, aber um die Uhrzeit nehm ich noch nichts Alkoholisches zu mir.“

Das Schnauben ihrerseits bestätigte, dass Nojiko ihm seine Halbwahrheit nicht abkaufte, denn es hatte durchaus schon Tage gegeben, an denen er es getan hatte. Meistens war es an besonderen Anlässen gewesen, wie die Geburtstage einer der Jungs oder einen gutausgehandelten Deal, von dem sie profitierten.

Ace grinste schief, ehe er ernster wurde. „Eigentlich weiß ich nicht, wieso ich hier bin.“ Sein Geständnis wurde mit einem minutenlangen Schweigen beantwortet, welches sich nicht deuten ließ.

„Ich weiß ganz genau, warum ich hier bin“, antwortete Nojiko schließlich. Nachdem sie auch den letzten Stuhl heruntergestellt hatten, wanderte Nojiko zum Tresen hinüber. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und griff nach dem Lappen, doch anstatt zu den Tischen zurückzukehren, sackte sie auf einen der Barhocker. Die Ellenbogen wurden auf den Tresen abgestützt, während ihre Finger den Lappen hin- und herdrehten. Allerdings erhob sie kein weiteres Mal das Wort. Es folgten keine Erklärungen und auch keinerlei Details.

Trotzdem gesellte sich Ace nach einem kurzen Zögern zu ihr. Vollkommen sicher, ob seine Anwesenheit überhaupt erwünscht war, war er sich jedoch nicht. Er setzte sich auf den Stuhl neben ihr, wobei er sie in dem breiten Spiegel hinter dem Tresen musterte, anstatt sie von der Seite anzusehen.

„In diesem Laden tummeln sich fast nur Verbrecher“, sagte Nojiko ungnädig nach weiteren Momenten der Stille. „Im Gegensatz zu anständigen Bürgern, die jeden Tag hart arbeiten, um sich über Wasser zu halten, nehmt ihr euch alles, was ihr wollt.“ Sie drehte den Kopf von Ace weg und starrte aus dem Fenster hinaus auf den sandigen Platz vor dem Grandline. Die Luft flimmerte unter der Sonne, während eine Brise die Blätter der Palmen bewegte. „Ihr tötet Menschen. Ich kenne all die Geschichten, die man sich hier über euch erzählt.“

„Gerüchte“, korrigierte Ace. „Wir gehen nicht rum und ermorden einfach jemanden. Ohne Whitebeard wäre die Insel nicht das, was sie heute ist. Weißt du, wie viele Leute es auf die Key Inseln abgesehen haben? Jeder will dieses Territorium haben, aber unter anderer Führung wäre es nicht so friedlich!“ Seine Stimme war unwillkürlich lauter geworden, bis Nojiko ihn ansah, irritiert und verwirrt zugleich. „Denkst du, dass dann die Kriminalitätsrate so niedrig wäre? Dass die Bürger ohne Bedenken ihre Geschäfte führen und ihre Arbeiten verrichten könnte? Ohne Whitebeard wäre das unmöglich.“

„Nicht alles ist so wunderbar, wie es auf den ersten Blick erscheint, Ace“, konterte Nojiko barsch und Aces Wut verpuffte, als sie ihn so unerwartet beim Vornamen nannte. Scheinbar hatte sie sich ebenfalls über ihn erkundigt oder sie hatte tatsächlich bei ihrer ersten Begegnung bereits gewusst, wer er war.

„Geht es hierbei um deine Mutter?“, fragte Ace.

Nojiko schaute genauso überrascht wie er zuvor, wobei die verschmierte Wimperntusche etwas von der Härte in ihren Augen nahm. Sie senkte den Blick auf ihre Hände, die noch immer mit dem Lappen spielten. „Mich hält nichts mehr in Key West“, sagte sie und auch der Zorn in ihr schien wie eine Seifenblase zerplatzt zu sein. „Ich versuche nur noch genug Geld zusammenzubekommen, um hier wegzuziehen. Meine Schwester wohnt nur einige Stunden entfernt und dort werde ich mich nach einer kleinen Wohnung umsehen. Nach einem Neustart. Dazu muss ich allerdings das Haus, in dem wir aufgewachsen sind, verkaufen. Einige Reparaturen sind fällig, was alle Interessenten bisher vergrault hat. Aber war erwarten sie auch, wenn eine Familie dort seit Jahrzehnten wohnt?“ Abermals schwoll ihre Stimme ein wenig an, aber diesmal war es aus Frustration.

Ace schwang sich mit einem Ruck von seinem Stuhl und umquerte den Tresen. „Wusstest du, dass ich der einzige in ganz Key West – vermutlich sogar in ganz Amerika – bin, der einen Feuerfaust mischen kann?“ Mit flinken Fingern, die verrieten, dass er nicht zum ersten Mal hinter der Bar stand, zog er den Shaker unter der Theke hervor. Anschließend drehte er sich zu den Flaschen, die in einem Regel hinter ihm ordentlich sortiert standen.

„Hast du nicht vor ein paar Minuten noch gesagt, dass es zu früh für Alkoholisches ist?“, fragte Nojiko. Mit dem Handrücken versuchte sie derweil das verschmierte Make-Up wegzuwischen.

„Hab ich das?“, erwiderte Ace, als er seinen selbstkreierten Drink zu mischen begann. „Ich kann mich nicht erinnern, so was gesagt zu haben.“ Sein Schmunzeln wurde mit einem leisen Lachen von Nojiko beantwortet, welches auch die letzte Feindseligkeit wegwischte.

„Du hast schon mal in einer Bar gearbeitet“, stellte sie fest.

Ace nickte. „Irgendwie muss man sich ja über Wasser halten.“

Zwei Cocktailgläser wurden mit der rötlichen Flüssigkeit gefüllt und Ace schob eines davon zu Nojiko hinüber. Sie beäugte es skeptisch. „Möchte ich das wirklich probieren? Der Name klingt vielsagend.“

Ace schnappte sich sein Glas, um es in einem langen Zug auszutrinken. Sein Gesicht gewann an Farbe, als er kurzzeitig die Lider zusammenpresste und schwer durch die Nase atmete. Er stützte sich am Tresen ab und es dauerte einige Sekunden, bis er wieder aufsah und atmen konnte. „Er brennt ein bisschen in der Kehle.“

„Ein bisschen?“, hakte Nojiko grinsend nach, bevor sie an ihrem eigenen Glas nippte. Sie räusperte sich. „Ein bisschen“, wiederholte sie belustigt, trank jedoch auch den Rest mit tränenden Augen, die dieses Mal rein gar nichts mit Geld oder ihrer verstorbenen Mutter zu tun hatten.
 


 

VII

Der Abend rollte mit Wolkenbergen an, die von einem regen Wind über den Abendhimmel getragen wurden. Die Wärme des Tages steckte noch immer in den Wänden der Bar und sperrte die Kühle aus, die vor der Tür lauerte.

Marco nahm einen Schluck von seinem Bier, wobei sein Bein unter dem Tisch an Aces lehnte, warm und vertraut und vielversprechend. „Wie wäre es, wenn wir uns heute früher auf den Weg nach Hause machen?“ Sein Gesicht war ausdruckslos, doch inzwischen hatte Ace gelernt, auch die kleinsten Regungen und Verhaltensweisen des Älteren zu interpretieren.

Ein Grinsen erschien auf Aces Lippen und er ließ das Zippo ein letztes Mal zuschnappen. Sein Blick wanderte durch den belebten Raum: Musik spielte im Hintergrund und die Tische waren durchgehend besetzt, so dass viele der Gäste standen oder zum Tanzen übergegangen waren. Thatch saß am Tresen und erzählte Makino irgendwelche Geschichten, die sie immer wieder zum Lachen brachte. Von Nojiko war keine Spur zu sehen.

Erst nach einigen Momenten kehrten Aces Augen zu Marco zurück. „Ich dachte, du fragst nie.“

Daraufhin erhob sich Marco und streckte sich genüsslich. Sein offenes Hemd gab Sicht auf Muskeln und Whitebeards Zeichen auf seinem Brustkorb. „Trink schon mal aus, während ich noch schnell die Toilette besuche.“ Er ging davon, jeder Schritt gemütlich und folternd zur gleichen Zeit.

Ace setzte die Bierflasche an die Lippen, um auch den Rest den Rachen herunterzuschütten. Geräuschvoll stellte er die Flasche zurück auf den Tisch. Bevor er aufstehen konnte, setzte sich eine Person ihm gegenüber. Es war nicht Marco, sondern eine Frau mit violett gefärbten Haaren und aufmerksamen Augen, die jede seiner Reaktionen aufs Genauste analysierte. Es war genau das Gegenteil von jeder vorigen Begegnung und stellte Ace die Nackenhaare auf.

„Ich habe mich nicht bedankt“, sagte sie ohne Begrüßung oder Erklärung. „Das wollte ich nur nachholen.“ Ihre Miene war furchtbar ernst und ließ Ace schmunzeln.

„Ich bin also doch nicht so schlimm, wie du dachtest?“

Nojiko stieß die Luft aus, doch ihre Mundwinkel hoben sich ein Stückchen und ließen Ace hinter die aufgesetzte Maske schauen. „Das hab ich nicht gesagt.“

„Gern geschehen“, erwiderte Ace und erhob sich aus seinem Stuhl. „Immer wieder gern.“

Sie sah misstrauisch zu ihm auf, doch scheinbar fand sie in seinem Gesicht, wonach sie gesucht hatte, denn sie lächelte ein schmales Lächeln. „Bis morgen, Ace.“

Grinsend verließ er das Grandline und vertrat sich die Beine vor der Tür, bis das Quietschen der Türscharniere Marco ankündigte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Hisoka_Hebi
2021-08-18T17:51:57+00:00 18.08.2021 19:51
Huhu,

Also hatte Ace jetzt Marco ein zweites Mal versetzt, hätte ich ihn in den Arsch getreten. Ich kenne ja deine anderen Geschichten um das Thema und da habe ich zum Anfang voll mitgelitten, das Ace Marco versetzt hätte. :O hoffentlich passiert nichts, was deren Beziehung gefährdet ;(
Von: abgemeldet
2015-06-19T18:34:11+00:00 19.06.2015 20:34
Es ist da! Es ist da! Es ist da!
Okay... du wusstest ja schon vorher, wie sehr ich mich auf diese FF gefreut habe und wie gespannt ich war. Damit erzähl ich dir ja nichts Neues.
Ich bin trotzdem happy, dass sie endlich online ist und auch ich endlich in den Genuss komme, sie zu lesen.
Und ich liebe sie schon jetzt.
Ich finde es immer wieder beeindruckend (ja, ich sag das vermutliches jedes Mal, aber egal... wird das Kommi länger XD) wie du die Charas schnappst, sie in ein Alternatives Universum packst und sie trotzdem so sein lässt wie sie sind. Das ist so klasse.
Joa... Nojiko hat ja schon mal einen guten Eindruck bei Ace hinterlassen, wenn es ihn immer wieder zu ihr zieht. Im Moment... hat er dahingehend vielleicht noch gar nichts vor, aber man spürt schon an der Atmosphäre, dass sich da etwas anbahnen wird und da braucht man nicht mal die Pairings, die du angegeben hast, durchschauen. Das liest man zwischen den Zeilen.
Und natürlich gab es auch wieder ein bisschen Marco und Ace. <3
Ich bin happy, mehr brauch ich gar nicht.
Jetzt bin ich sehr gespannt, wann Marco dahinter kommt, dass Ace Interesse an jemand anders hat. Ace kann ja so schlecht was verbergen und unser Phönix ist sehr, sehr aufmerksam. Da reicht nen abgelehntes Frühstück wirklich schon. ;)
Und... oha... Makino und Thatch? Awwww~ Hoffentlich versaut er es nicht. Zuzutrauen wäre es ihm ja.
Joa... sonst hab ich nichts zu sagen. Ich bin so furchtbar gespannt darauf, wie es weiter geht. *-*


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