Wer bin ich wirklich? von Francys ================================================================================ Kapitel 52: Unbändige Wut ------------------------- Kapitel 52: Unbändige Wut Kagomes Sicht: Mein Körper fühlte sich wie Blei an. Die Muskeln waren steif und taub, ich konnte rein gar nichts spüren. Das war jedoch alles nichts gegen mein Herz. Mein Unterbewusstsein spielte mir einen Streich und in meinen Ohren ertönte ein Klirren, als wäre ein Spiegel zersplittert. In meiner Brust entflammte ein Feuerinferno, es war mehr als schmerzhaft. Ich hatte keine Möglichkeit den Flammen zu entkommen, sie kreisten mich ein, nahmen Besitz von mir und schnürten mir die Atemwege zu. Mein Verstand war wie leergefegt, als hätte ein Tornado darin gewütet und nun war nichts mehr übrig. Ich wollte nicht wahr haben, was hier gerade geschah, es nicht akzeptieren und vor allem wollte ich etwas dagegen tun. Doch ich konnte nicht. Nicht einmal meine Finger rührten sich, mein Körper gehorchte mir nicht mehr und das machte mich noch mehr verrückt. Wie sehr wünschte ich mir, dass Sesshoumaru seine Augen aufschlug und mich mit seiner üblichen kalten Miene anstarrte. Aber das Brennen in meiner Brust und mein leerer Verstand machten mir gerade klar, dass dies niemals geschehen würde. Es war vorbei. Nie wieder würde ich in das flüssige Gold sehen können, seine Haut spüren oder seine Lippen schmecken. Ich senkte den Kopf und sah auf meinen Schoß. Die Tränen fielen auf meine kühle Haut und liefen an meinem Oberschenkel hinab. Meine Hände hielten krampfhaft die Kleidung von Sesshoumaru fest und lagen auf seiner leblosen Brust. Wie dumm ich doch war, als würde ihn mir jemand jetzt noch weg nehmen. Das war ja schließlich schon geschehen, er war tot. Nichts war grausamer als der Tod einer geliebten Person, noch schlimmer war eigentlich nur, wenn er einem gewaltsam entrissen wurde und es nicht der natürliche Weg war, von dieser Erde zu gehen. „Sesshoumaru.“ Meine Stimme klang gebrochen und war nicht mehr als ein Flüstern. Ich wimmerte und kniete immer noch wie ein jämmerlicher Haufen vor meinem Mann und versuchte zu verarbeiten, was hier gerade geschah. Wieso er? Warum musste es mein dickköpfiger, sturer und kalter Daiyoukai sein, der noch dazu wahnsinnig große Probleme damit hatte, seine Gefühle nach außen hin zu zeigen? Es war so verdammt schwierig, ihm dabei zu helfen, seine Emotionen zu befreien und die immens dicke Eisschicht um sein Herz zu erwärmen. Doch ich hatte es geschafft… Und jetzt? Nach all den Problemen, die wir gemeinsam überstanden hatten, wurde er aus meinen Armen gerissen und war auf dem Weg ins Jenseits. Das war nicht fair! Nein, das hatte rein gar nichts mit Gerechtigkeit zu tun! Ich konnte nicht beschreiben, wie schlimm ich das fand. Kein Wort dieser Welt könnte meine derzeitigen Gefühle erklären. Aber eins musste ich tun. Meine Augen richteten sich auf das Gesicht von Sesshoumaru, es sah immer noch so aus, als würde er nur schlafen. Doch ich wusste es besser. Jetzt musste ich der Wahrheit in die Augen sehen und sie akzeptieren. Sesshoumaru, der Lord des Westens, war tot. Er war wegen mir gestorben, da ich unbedingt nach meiner Herkunft forschen musste, Fudo getroffen hatte und dieser meinen Mann verfluchte. Fudo... Nur der bloße Gedanke an seinen Namen ließ meinen Zorn wachsen, die Wut schäumte über und vernebelte mein nüchternes Urteilsvermögen. Dank dem Fluch von Fudo mussten wir in den Palast reisen, weshalb wir Shinigami trafen. Shinigami… Dieser Mann nannte sich Gott? In was für einer Welt lebten wir eigentlich? Seit wann entschieden sie so leichtfertig über das Leben einer Person? Und wieso hatte er ihn umgebracht? Weil er der Meinung war, durch den Fluch wäre er beschmutzt und gehöre nicht in den Palast? Ein verächtliches Schnauben verließ meine Kehle. Das ich nicht lache, dachte ich wütend. So eine Person wie dieser Todesgott hatte nichts in diesen heiligen Hallen zu suchen! Bei einer Sache war ich mir absolut sicher, würde mein Vater nichts gegen ihn unternehmen, so wäre dies meine Aufgabe. Dieses Monster durfte nicht ohne eine Strafe davon kommen. Ich hatte nun den Verantwortlichen gefunden und jetzt schrie mein Inneres nach Vergeltung. Wäre ich dämonischer Natur, hätte ich gesagt, dass mein Biest nach Rache durstete. Ich ließ den Kimono von Sesshoumaru los und stand langsam auf. Natürlich schwankte ich im ersten Moment, doch ich zwang meinen Körper dazu, sich aufzurichten. Wie ein brodelnder Vulkan stand ich vor Shinigami, der von Susanoo fest gehalten wurde. Meine Wut war kurz davor zu explodieren und ich war mir mehr als sicher, dass ich die komplette Insel mit wahnsinnig heißer Lava überschwemmen würde. Ich kniff meine Augen zusammen und fixierte seine Augen mit einem tödlichen Blick. Das Monster vor mir schluckte und verstummte sofort, nachdem er sah, wie hasserfüllt ich ihn betrachtete. „Du…“, grollte ich mit einer tiefen Tonlage, „… warum hast du das gemacht?“ Noch klang ich ruhig, aber meine Selbstbeherrschung verschwand immer mehr. Der Zorn überwog bei weitem. Shinigami öffnete seine Lippen, doch mein Vater zwang ihn wieder zur Ruhe. Danach schaute er mich mit sorgenvollen Augen an. „Kagome… er wird seine gerechte Strafe bekommen“, sagte er. Versuchte er mich damit zu beruhigen? Da musste er schon mehrere Geschütze auffahren. Nichts konnte den Verlust meines Gatten rechtfertigen oder wieder gut machen. „Was ist für ihn denn eine gerechte Strafe, dafür dass er mir meinen Mann weg genommen hat?“, antwortete ich bissig. Auch wenn er mein Vater war, hier ging es um viel mehr als den Respekt ihm gegenüber. Mir war auch egal, ob es ihm missfiel, wie ich gerade mit ihm sprach. „Wir werden sehen, was man noch für ihn machen kann“, erklärte er. Ich lachte. Es war die Verzweiflung, die aus mir herausbrach. Den mickrigen Versuch von meinem Herzen, mir Hoffnung einzureden, schob ich mit meinem wieder aufklarenden Verstand beiseite. Lächerlich. Ich wollte mich unbedingt selbst darum kümmern. Deshalb presste ich mein Reiki nach außen und ließ es zu Shinigami wandern. Gut, er war ein Gott und meine heilige Energie würde ihm nicht schaden, aber ich war ja nicht blöd. Der Fakt, dass ich den Verantwortlichen vor meinen Augen hatte, ließ mein Gehirn schneller arbeiten als sonst. Sofort suchte ich das bisschen Youki, dass von der Markierung meines Mannes übrig war, drückte es genauso nach außen und schoss es in die Richtung des Monsters. Als es seine Haut berührte, keuchte er auf. Ein Gefühl der Befriedigung erfüllte mich, spornte mich an, weiter zu machen und ihn nicht davon kommen zu lassen. Er sollte leiden! Eine tödliche Mischung aus Reiki und Youki mischte sich zusammen und ließ Shinigami laut aufschreien. Meine Lippen verzogen sich zu einem gehässigen Grinsen. Doch das Glücksgefühl wurde im nächsten Moment zerschmettert. Sesshoumarus Gesicht erschien vor meinem inneren Auge und er schüttelte den Kopf. Neben ihm stand meine Mutter aus der Zukunft, sie sah mich ängstlich an. Auch Sango, Miroku und Shippo erschienen, die mich voller Mitleid anstarrten. Kurz danach hob mein Mann seine Hand, währenddessen zog sich mein Herz krampfhaft zusammen. Er wollte mich berühren, doch es war nicht real. „So bist du nicht, Kagome“, flüsterte er mir zu. Und das war der Moment, in dem ich schlagartig wach wurde. Sofort zog ich mein Reiki und das Youki zurück und es verschwand wieder in meinem Körper. Ohne diese unbändige Wut, sackte ich in mich zusammen und fiel auf die Knie. Er hatte recht, dass musste ich mir gestehen. So war ich wirklich nicht. Weder rachsüchtig, noch gewalttätig. Ich war schließlich nicht wie Shinigami. Tränen sammelten sich erneut in meinen Augen und flossen über meine Wangen. Um ein Haar hätte ich mich auf dieselbe Stufe begeben, wie dieses Monster. „Sesshoumaru“, wimmerte ich weiter. Doch irgendwann konnte ich zierliche Arme spüren, die sich um meinen Körper schlangen. Ich schaute auf und direkt in das Gesicht von Amaterasu. Meine Tante lächelte leicht, doch es war kein glücklicher Ausdruck. „Kagome…“, sagte sie leise. Wahrscheinlich wusste sie auch nicht was man gerade sagen sollte, aber allein ihre Anwesenheit und die Stütze halfen mir den Schmerz etwas zu betäuben. „Können wir ihm wirklich nicht helfen?“, fragte ich verzweifelt. Die Göttin der Sonne und des Lichtes strich mir über die feuchte Wange und versuchte jede einzelne Träne aufzufangen. „Lass uns zu ihm gehen“, antwortete sie ruhig. Ich nickte, versuchte mich aufzurichten, doch ich hatte keine Kraft. Amaterasu begriff sofort und rief nach meinem Onkel. Tsukuyomi ließ keine wertvolle Sekunde verstreichen und hob mich auf seine Arme. Danach trug er mich wieder zu meinem Mann und ließ mich auf den Boden nieder. Ohne zu zögern, lehnte ich mich über seinen Oberkörper und schaute in sein Gesicht. Ich versuchte ihn mit meinem Reiki zu heilen, aber es brachte nichts. Meine Tante kniete sich auf der anderen Seite von Sesshoumaru nieder und betrachtete uns. Plötzlich legte sie einen Finger auf seine Stirn und schloss ihre Augen. Wieder keimte Hoffnung in mir auf, mein Herz ergriff sie sofort und versuchte meinen Verstand davon zu überzeugen. Nach einer gefühlten Ewigkeit schlug Amaterasu die Augen auf und sah mich lächelnd an. „Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht“, berichtete sie mir. Ich nickte. „Erst die Gute.“ „Er ist noch zu retten, aber…“, fing sie an zu erklären, doch sie brach ab. Ich wurde ungeduldig und zwang sie weiter zu sprechen: „Was aber?“ „Shinigami hat ihn direkt in die Hölle befördert, dort ist er gefangen und durchlebt immer dieselbe Folter“, beendete sie ihren Satz. Ich war entsetzt. Nicht nur umbringen, sondern auch nach dem Tod war das Monster für seine Folter verantwortlich. Wie ich diesen Gott verabscheute… „Welche Folter? Was macht dieses Schwein nur mit ihm?“, schrie ich sie an. Ich wurde immer nervöser. „Er sieht immer wieder deinen und Tougas Tod“, sagte sie. Ich erstarrte. Das durfte doch nicht wahr sein! Was hatte Shinigami nur gegen uns? Wie konnte man nur so grausam sein? „Wie kann ich ihn retten?“ Amaterasu seufzte leise. „Wir müssen ihn da raus holen, aber ich bezweifle stark, dass er auf jemanden von uns reagieren wird.“ Wieder nickte ich, da ich ihre Anspielung verstand. „Gut, wie komme ich in die Hölle?“, fragte ich sofort. Alle drei schienen schockiert zu sein und zogen scharf die Luft ein. „Das ist doch nicht dein Ernst“, fuhr mein Onkel dazwischen. Ich ignorierte seine Bemerkung und wartete auf die Antwort meiner Tante. Amaterasu sah mir fest in die Augen, aber irgendwann gab sie auf. „Tsukuyomi kann dich dort hin schicken“, erklärte sie schnell. Kaum hatte sie ihre Worte ausgesprochen, da drehte ich mich zu meinem Onkel um und sah ihm auffordernd ins Gesicht. „Nein, ich werde das ganz bestimmt nicht tun“, lehnte er ab. Ich setzte mich auf, dank der Hoffnung, dass er gerettet werden konnte, kehrte meine Kraft Stück für Stück zurück. „Du musst!“, forderte ich. Tsukuyomi schüttelte seinen Kopf hin und her. „Ich kann nicht, weißt du wie gefährlich dieser Ort für Dämonen und Götter ist? Geschweige denn für Menschen“, antwortete er. Nun zwang ich mich auf die Beine und wankte etwas zur Seite. Auch das war mir egal. Ich musste zu ihm, egal wie. „Ich muss es versuchen, Tsukuyomi“, versuchte ich ihm zu erklären. Er verneinte wieder. „Ich liebe ihn und werde gehen“, sagte ich entschlossen. Mein Onkel sah verzweifelt zu meinem Vater, als würde er Hilfe suchen. Ich hatte schon einen Verdacht, dass Susanoo ihm recht geben würde, denn schließlich war ich seine Tochter und er wollte mich nicht verlieren. Wie sollte ich ihn nur überzeugen? „Susanoo?“, fragte mein Onkel und ich suchte nach den passenden Argumenten. „Geh.“ Wieder tauschten wir geschockte Blicke aus, denn damit hatte niemand gerechnet. Tsukuyomi fuchtelte wild mit seinen Händen umher, ehe er meinen Vater regelrecht anschrie: „Du weißt was für eine geringe Chance besteht, dass sie lebendig zurück kommt?“ Susanoo nickte, wendete seine Augen von mir jedoch nicht ab. „Ich weiß, dass sie ohne ihn niemals glücklich werden kann“, antwortete er meinem Onkel schlicht. Ich lief langsam zu ihm und schlang die Arme um seinen Hals. „Danke“, flüsterte ich ihm ins Ohr. Mein Vater seufzte und strich mir sanft über die Wange. „Es ist erschreckend, wie erwachsen du geworden bist, mein Mädchen“, antwortete er nur und lächelte schwach. Ich wusste, dass es ihm wahnsinnig schwer fallen musste mich gehen zu lassen, deshalb rechnete ich ihm das hoch an. Ich erwiderte das Lächeln und sagte etwas, was ihn zum strahlen brachte: „Ich hab dich lieb, Vater.“ Er schubste mich sanft zurück und befahl danach Tsukuyomi das Portal zu öffnen. Mein Onkel ergab sich und sprach schnell eine Art Formel auf. Im nächsten Moment öffnete sich ein schwarzes Loch und ich stand davor. Kurz danach drehte ich mich zu meiner Familie um und verabschiedete mich, für den Fall, dass ich wirklich nicht zurück kam: „Ich danke euch für eure Hilfe.“ Die Worte von Shinigami ignorierte ich einfach: „Zwei Fliegen mit einem Schlag besiegt.“ Ohne weiter darüber nachzudenken, sprang ich in das Loch und um mich herum wurde alles schwarz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)