Stories from the Pridelands von brightest-star ================================================================================ Kapitel 8: Die Fremde - Teil 1 ------------------------------ Die Jagdpatroullie kam am frühen Abend an. Königin Nala erwartete sie bereits; stolz schaute sie ihnen entgegen. Ja, sie war stolz, darauf, Königin dieses Landes zu sein, darauf, ein zerstörtes Königreich gemeinsam mit ihrem Gefährten wieder aufgerichtet zu haben, stolz darauf, dass sie endlich ihren Weg gefunden hatte. Die Löwinnen respektierten sie und ihre jüngste Tochter würde in Kürze ihre Jagdprüfung bestehen. Hoffte sie. Denn Kiara war nicht gerade eine gute Jägerin. Nala schnurrte leise, als sie an die tollpatschigen Pirschversuche ihrer Tochter dachte. Sie lief den Jägerinnen entgegen, ihre anmutigen Schritte wirbelten Staub unter ihren Pfoten auf. Selbst hier schmeckte die Luft trocken und staubig. Hitze ließ die Akazien vor ihr flimmern. Nun war sie so nah, dass die Beute, die von den Löwinnen erlegt worden war, zu erkennen war. Sie schleiften eine tote Antilope über den Boden und noch eine zweite Gestalt- Nala kniff die Augen zusammen… Nein. Das konnte nicht sein. Das war absolut unmöglich! Aber nein, auch als sie blinzelte und noch einmal genauer hinschaute, gab es keinen Zweifel: Ihre Rudelgefährten zerrten eine Löwin hinter sich her. Und sie war schwer verletzt. Nala rannte nun, ihre Pfoten trommelten über den Boden. Sie wusste, jeder ihrer Atemzüge könnte für die Fremde der letzte sein. Das konnte sie nicht zulassen! Keuchend kam sie vor der Patroullie zum Stehen. “Königin Nala!”, rief jemand, Nala erkannte Safiras Stimme. Die Gruppe deutete eine kleine Verbeugung an, doch Nala missachtete sie. Für Förmlichkeiten war jetzt keine Zeit- hier ging es um ein Löwenleben! Sie betete zu den Königen, dass die Löwin überhaupt noch am Leben war. Als Nala die Löwinnen umrundet hatte, entdeckte sie die Fremde, achtlos in den Staub geworfen wie ein faules Stück Fleisch. Abscheu überkam sie, auf ihre eigenen Rudelgefährten. Sie wuchs, als sie die Verletzte genauer betrachtete, tiefe Wunden klafften an ihrer Flanke und der Schulter. Sie war mager, die Rippen stachen hervor und das goldbraune Fell hatte längst seinen Glanz verloren. Wenigstens hob und senkte sich ihre Brust. Sie lebte. Noch. “Weißmoos”, murmelte sie, dann fiel ihr ein, dass sie Königin war. “Wir müssen ihre Wunden mit Weißmoos versorgen”, sprach sie und wandte sich um. Niemand bewegte auch nur eine Pfote. Nun wallte Wut in ihr auf, heiß und rot. Warum taten sie- nichts? “Wir brauchen Weißmoos”, sagte sie nun in bestimmtem Ton, versuchte, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. Sarafina trat vor. Doch anstatt Nala zu gehorchen, begegnete sie ihr mit einem fast schon rebellischen Blick. “Königin, diese Löwin kommt aus dem Schattenland.” Ja, das war Nala auch schon aufgefallen, die Fremde besaß die markante dunkle Augenumrandung und harte Gesichtszüge. Doch das war momentan doch egal. “Warum sollten wir ihr helfen? Warum sollten wir den Feind stärken? Sie gehört nicht zu uns; eine weniger, gegen die wir zu kämpfen haben.” Der Funke ihrer Wut entzündete sich. “Nala, diese Löwin gehört zu den Verrätern, die Prinz Kopa umgebracht haben!” Das war zuviel. Ihre Wut flammte auf wie ein Feuer, brannte sich in ihr Herz, wo sie die Trauer verborgen hielt. Sie brüllte auf vor Schmerzen. Safira wich zurück. “Wage es ja nicht, SEINEN Namen als Grund zu nennen! Diese Löwin trifft keine Schuld- Zira allein hat meinen Sohn getötet!” Sie fühlte, wie die Wut, und gleichzeitig der abgrundtiefe Hass auf Zira sie durchströmte, sie härtete. Starr blickte sie nach vorn. “Doch ich werde nicht tatenlos zusehen, wie eine Löwin vor meinen Pfoten verblutet. Egal, wo sie herkommt. Denn wie Königin Uru schon sagte: Nicht unsere Taten, sondern unsere Herkunft zeigen, wer wir sind.” Nala blickte sich um, sie mussten verstehen, sie mussten einfach! “Und sie ist unschuldig!”, fauchte sie. Endlich bewegte sich eine junge Löwin. “Ich hole Weißmoos”, sagte sie verschüchtert. Auch die anderen schienen aus ihrer Trance erwacht zu sein, schauten weg oder blickten verlegen zu Boden. Nun, da Hilfe unterwegs und Nala endlich ihren Zorn losgeworden war, wandte sie sich zu der Verletzten. Ihr Atem ging schnell und rasselnd, Eiter hatte sich an den blutenden Wunden gebildet. Sie kämpfte. Ohne auf den Protest der Umstehenden zu achten, begann sie, die Wunden zu lecken. Sie schmeckte das Blut, bitter klebte es an ihrer Zunge. Doch sie machte weiter. Die Löwin kam mit dem Weißmoos und half ihr, die Verletzungen zu versorgen. Wenigstens eine Vernünftige hier. Langsam spürte Nala den Herzschlag der Fremden schneller werden. Das Leben tropfte nun dank des Weißmooses nicht mehr so schnell aus ihr heraus, doch sie schwebte immer noch in Gefahr. Ihre Augenlider flatterten. Schnell wandte Nala ihr den Kopf zu, als sie die Augen aufschlug, die von leuchtend hellem Blau waren. “Wo…wer…?”, flüsterte sie, ein Schwall Blut floss ihr aus dem Maul und sie hustete. Nala beugte sich zu ihr hinab. “Du bist im Geweihten Land. Mein Name ist Königin Nala.” Die Löwin regte sich, Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben. “Ganz ruhig, du bist in Sicherheit. Wir werden uns um dich kümmern.” Das war eigentlich nur die halbe Wahrheit- Nala war hier die Einzige, die sich kümmerte. Aber egal. Der Kopf der Fremden war wieder in den Staub gesunken, sie zitterte leicht. “Wir bringen dich zum Königsfelsen”, wisperte die Königin. Aber sie war sich nicht sicher, ob die junge Schattenländerin sie überhaupt noch hörte. Hosted by Animexx e.V. 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