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Let me be your favourite hello and hardest goodbye

von

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Fieber.

Mit großen Augen blickt mich der Brillenheini an und ich glaube, dass er sich grade sehr zusammenreißen muss, um nicht auch gleich zu kotzen. Schade, dass ich ihn nicht getroffen habe. So etwas will Arzt werden?! Wird ja sofort grün um die Nase, wenn er auch nur Erbrochenes sieht…und das ist auf der Onkologie doch nichts Außergewöhnliches. Ja, ich rege mich grade auf, aber das darf ich. Kalter Schweiß klebt an meiner Stirn, mein Nacken ist klatschnass und mein Magen zieht sich unschön zusammen, was mir heftige Schmerzen bereitet.

„Könntet ihr bitte rausgehen?!“, presse ich hervor, die Zähne knirschend, die Augen fest verschlossen. Ich vernehme nur noch leise Schritte und meine Tür, die sich wieder schließt, weswegen ich die Augen wieder öffne und den Kampf für mich austragen will. Ich weiß, dass noch mehr kommen wird, aber ich möchte nicht, dass mich jemand dabei sieht, denn Schmerzen beim Erbrechen sind nicht so gewöhnlich und auf weitere Untersuchungen habe ich keine Lust. Aber da jetzt jeder mein Zimmer verlassen hat, drehe ich mich kurz auf die andere Seite des Bettes und kralle mir den kleinen Mülleimer, um mich mit ihm im Schneidersitz hinzusetzen. Mir ist verdammt schwindlig, was nicht nur von den Medikamenten kommt, sondern auch davon, dass ich seit einigen Tagen kaum mehr etwas in mir behalte und langsam aber sicher mein Kreislauf schlapp macht. Meinen Kopf auf meine Hände stützend bemerke ich eine Berührung auf meinem Rücken. Es war doch aber jeder gegangen?! Anscheinend nicht, denn diese Hand reibt mir stetig den Rücken auf und ab, unendlich zärtlich, fast schon vorsichtig. Die Decke muss mir runtergerutscht sein, denn die Hand streichelt meinen Rücken direkt, wurde unter meinen Pullover geschoben. Es kann also nur Dr. Lewis sein, denn er weiß, dass ich das Gefühl nicht mag, wenn man mir über die Klamotten reibt. „Danke Jim, aber du kannst auch gehen, du hast noch anderes zu tun, als mir hier den Rücken zu reiben“, so gut sich die Berührung auch anfühlt, Jim ist Arzt und keine Pflegekraft, er muss auch noch andere Dinge erledigen, als nur bei mir zu sitzen. Das tut er eh schon viel zu oft…und zu oft in seiner Freizeit. Er war auch derjenige, der mir bei der ersten Chemo die Hand gehalten hat….

Die Matratze gibt neben mir nach und kurz darauf spüre ich einen überhitzten Körper neben mir Platz nehmen. Ein kehliges Lachen ertönt, nicht laut, grade laut genug, dass ich es wahrnehmen kann. „Ich bin nicht Jim, aber ich dachte mir, dass es dir guttun würde“, flüstert er, und wieder kann ich seinen Blick ganz deutlich auf mir spüren. Wieso ist er denn hier bei mir geblieben, obwohl ich alle rausgebeten habe? Muss ich das verstehen? „Was hast du heute schon gegessen?“, ich hasse diese Frage, denn irgendwie glaubt mir nie jemand, dass ich wirklich alles esse, was mir vorgesetzt wird. Und heute war es besonders viel.

„Zwei Brötchen, einen Apfel und einen Jogurt. Ich hab heute richtig zugeschlagen“, ich versuche das Ganze etwas ins Lächerliche zu ziehen. Es ist mir einfach langsam wirklich unangenehm. Und wieder ertönt dieses leise, raue Lachen, der Körper neben mir vibriert und in mir breitet sich eine wohlige Wärme aus. Ich muss mir eingestehen, dass es mir nichts ausmacht, dass er hier bei mir sitzt, der Boden noch nicht gesäubert ist und er mir sogar meinen nackten Rücken reibt. Irgendwie fühlt sich das in Ordnung an. „Isst du mit Appetit oder ohne?“ „Ohne, ich zwängs mir rein, damit ich überhaupt was drinnen hab. Ich will nicht noch mehr abnehmen, aber ich nehm auch nicht wirklich zu und der nächste Chemoblock steht ja schon wieder an. Ich hab etwas Angst davor…dass ich nicht genug Kraft bis dahin sammeln kann“, zum ersten Mal spreche ich diese Sorge aus, nicht einmal Jim hab ich das erzählt. Normalerweise sollte ich das, immerhin ist er mein Arzt, aber er kann ja auch nichts daran ändern, dass ich einfach nicht zunehme.

Da ich nicht das Gefühl habe, noch einmal brechen zu müssen, stelle ich den Mülleimer wieder auf den Boden, wofür Sasuke seine Hand unter meinem Pullover herausziehen muss. „Ist dir kalt?“, er fragt mich zwar, lässt aber keine Antwort zu, sondern deckt mich sofort wieder mit der Decke zu. „Was hast du denn immer am liebsten gegessen? Man kann bei dem Essen hier auch keinen Appetit entwickeln…“, ich muss schmunzeln, als er das sagt, denn das denke ich auch immer. Es wäre wirklich einfacher, wenn es ein Buffet gäbe, an dem ich mich bedienen könnte. “Erdbeeren und alles, in dem diese verarbeitet sind. Die schmecken so schön nach Sommer“, ich traue mich und wende ihm mein Gesicht zu. Seine schwarzen Irden ruhen auf mir, nehmen jede Bewegung von mir wahr, liebkosen mich. Sein Mund verzieht sich zu einem schiefen Grinsen und wieder bebt sein Körper, weil ihn anscheinend meine Aussage belustigt. „Ist das etwa so lustig?“, frage ich gespielt schnippisch, kann mir aber auch ein Grinsen nicht verkneifen. Sein Grinsen verschwindet langsam und aus seinen schwarzen Augen schimmert mir Sorge entgegen. In diesen Augen könnte man doch glatt versinken, sie scheinen so tief zu sein wie das Meer…

Eine Hand, die sich auf meine Stirn legt, reißt mich aus meinen Gedanken. Wohlig seufze ich auf, tut die kalte Hand doch ziemlich gut, scheint mich wieder etwas runterzukühlen. „Du hast Fieber. Warte ich hol kurz das Thermometer“, gesagt getan, so schnell wie er aus dem Zimmer gerast ist, ist er auch wieder da. Von dem Rest bekomme ich nicht mehr viel mit, nur, dass Sasuke mich ziemlich besorgt anschaut, während mir alles schummrig wird und ich langsam in einen traumlosen Schlaf falle.
 

Mein Schädel brummt und mein Magen knurrt, als ich die Augen aufschlage, doch in meinem Zimmer ist es stockdunkel. Es ist also noch mitten in der Nacht. Seit wann habe ich denn geschlafen? Es muss kurz nach der Visite gewesen sein…

Blind taste ich nach der Fernbedienung auf meinem Nachtschränkchen und betätige den Knopf für das Leselicht über meinem Bett. Flimmernd schaltet sich das schwache Licht an und ich blinzle ein paar Mal, um mich an die neue Helligkeit zu gewöhnen. Ich muss dringend auf Toilette, weshalb ich mich vom Bett schwinge und in Richtung des anliegenden Badezimmers laufe, doch abrupt stehen bleibe. Warum sitzt er denn hier?! Auf dem Stuhl neben meinem Bett sitzt Sasuke, die Hände im Nacken verschränkt, schlafend. Ich nehme mir einen Moment und mustere ihn, denn er hatte sich schon ein wenig verändert. Seine Haare hingen ihm im Gesicht, reichten bis zum Kinn, wobei sie lange nicht mehr so strubbelig und abstehend waren wie früher. Seine Haut ist immer noch so blass, aber nicht so blass wie meine, die einen ungesunden Farbton angenommen hatte. Er ist auch muskulöser geworden, vielleicht auch größer, aber das kann ich eher weniger gut einschätzen, da wir dafür nie nah genug beieinander gestanden haben. Er ist auf jeden Fall zwei Köpfe größer als ich, und das mag ich ziemlich. Er ist definitiv attraktiv, jede Frau wird ihm zu Füßen liegen. Und er wird das bestimmt ausnutzen, denn er sieht nicht aus wie jemand, der seine Chancen nicht nutzt. Seufzend begebe ich mich ins Badezimmer, erleichtere mich und betrete wieder das Zimmer, um Sasuke leicht an der Schulter zu rütteln. Erschrocken fährt er hoch, ist sofort alarmiert, fragt nach meinem Befinden.

„Es ist alles gut, Dr. Uchiha!,“ ich traue mich nicht ihn zu duzen, er hat es mir nicht angeboten und auch bei Jim ist es ein reines Privileg, „Warum sitzen Sie denn hier?“. Erst jetzt bemerke ich, dass er keinen Kittel anhat und seine Kleider auch sonst sehr nach Freizeitbekleidung aussehen. „Ich sterbe doch noch gar nicht“, lache ich kurz und strecke ihm zwinkernd die Zunge raus. Doofe Angewohnheit.

„Sakura, du hattest ganz schon hohes Fieber, aber wie es scheint, ist es wieder gesunken, hn? Und ich will doch hoffen, dass du noch nicht stirbst…“, seine Augen taxieren mich, fesseln mich regelrecht. „Und bitte…ich heiße Sasuke. Irgendwann werden wir hier Kollegen sein, und dann siezen wir uns auch nicht mehr, also fangen wir doch schon mal damit an, oder?“ mein Herz schlägt schnell und viel zu kräftig gegen meinen Brustkorb, mir ist schwindlig und kalt. Irgendwann. Doch was ist, wenn dieses Irgendwann nie kommen wird?! Alle reden von einem Jahr…klar, wenn die Kontrolle dann negativ ausfällt und keine Krebszellen nachgewiesen werden können, darf ich Hoffnung haben und laut Regelung auch wieder meine Tätigkeit aufnehmen. Aber was ist, wenn das nicht geschieht?

Wütend und auch verletzt über seine Worte, über die falsche Hoffnung, die sich mit ihnen in mir breit macht, zische ich ihm entgegen: „ und was, wenn es nie soweit kommt?! Denkt denn niemand daran?“, ich gehe langsam wieder auf mein Bett zu, setze mich hin, bin total ausgelaugt von dem kurzen Marsch ins Bad, „mach mir doch bitte keine Hoffnung, wo keine ist!“. Ich schäme mich dafür, meine Wut an ihm ausgelassen zu haben, immerhin ist er freiwillig bei mir geblieben, was er nicht hätte tun müssen. Er hat sich anscheinend wirklich sorgen um mich gemacht…mit Fieber ist auch nicht zu spaßen.

„Und was, wenn es doch klappt? Wenn du doch noch einen Spender findest und das deine Rettung ist? Was hast du dann vor?“, sein Blick ist gesenkt, seine langen und dichten Wimpern werfen einen Schatten auf seine Wangen. Er ist wirklich ein bildhübscher Mann.

„Dann würde ich wirklich gerne hier arbeiten und den Menschen hier zur Seite stehen…“, murmle ich, grade so laut, dass er mich versteht. „Dann musst du aber dran glauben, dass du es schaffst. Und du bist stark genug, um es zu schaffen!“, zum ersten Mal lächelt er mich richtig an. Zeigt seine akkurat sitzenden weißen Zähne, die unverschämt gut aussehen, ihm etwas spitzbübisches verleihen. Ich nicke zaghaft, und nehme einen Schluck aus meinem Wasserglas. Mein Hals brennt wie Feuer und laut macht sich mein Magen bemerkbar. Ich bemerke, wie mir die röte ins Gesicht steigt, etwas peinlich ist es mir, dass ich den ganzen Tag verschlafen habe, ohne nochmal etwas zu essen und deswegen jetzt so ausgemergelt bin. „Das ist doch ein gutes Stichwort“, ertönt Sasukes Stimme, eher er eine Dose aus seiner Tasche hervorzaubert, die hinter seinem Stuhl gelegen hat. Erdbeeren. Die Dose ist voll mit kleinen süßen Erdbeeren. Stumm fordert er mich auf, mir welche zu nehmen, platziert die Dose auf der Matratze zwischen uns und langt auch zu.

„Schmecken die gut…“, genüsslich lasse ich die Erdbeere auf meiner Zunge zergehen, nehme ihren Geschmack auf. Ein paar Tränchen verirren sich in meine Augen, doch ich blinzle sie schnell weg, allerdings nicht schnell genug, denn Sasuke hat sie gesehen und schaut mich fragend an.

„ich denk nur daran….naja wie es sein wird. So ohne alles. Wenn es nicht klappt, dann kann ich nichts mehr wiedersehen oder wieder schmecken wie die Erdbeere hier…oder Dinge tun, die ich unbedingt noch machen wollte. Und langsam frag ich mich, wie viel Zeit mir noch bleibt…“, wehmütig starre ich auf das Bild auf meinem Nachttisch, auf meine Mutter, Haru und mich. Wenn ich sterbe, wäre ich vielleicht wieder bei ihnen, aber ich will noch nicht sterben. Sonst hätte ich mir nach Haru auch einfach das Leben nehmen können oder hätte nie die Chemo begonnen.

Warme Hände umschließen meine, zarte Fingerspitzen streichen über meine kraftlosen. „ich kann dir nicht versprechen, dass du das überlebst. Das weißt du als Ärztin genauso wie ich….die Chancen stehen gut, aber man kann nie wissen…“, ich schätze seine Ehrlichkeit, er heuchelt mir nichts vor wie die anderen Ärzte, „Was würdest du denn gerne noch tun, bevor…Hast du eine Liste?“. Und wieder versinke ich in seinen Augen. Seine Hände umklammern immer noch meine, schenken mir Wärme.

„Ja“, und damit beginne ich ihm von meinen Wünschen zu erzählen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  sama-chan
2018-10-28T20:08:27+00:00 28.10.2018 21:08
Das ist ja so rührend!!! 😭 Du zeigst mir Sasuke von einer ganz anderen Seite... und das Kuriose: es funktioniert! Ich kaufe es dir ab!
Von:  twunicorn
2018-10-03T17:12:03+00:00 03.10.2018 19:12
Nettes Kapitel. Mir gefällt dass Sakura einfach so frei Schnauze redet:D
Von:  jillianZ
2018-01-04T10:52:00+00:00 04.01.2018 11:52
Ein schönes fanfic ❤️ bitte schreib schnell weiter. Liebe Grüße ❤️
Antwort von:  Nuessjen
04.01.2018 13:27
Vielen Dank:) werde ich machen❤️ Liebe Grüße zurück


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