Der lange Weg nach Hause von Des-C-Kudi ================================================================================ Akt IV: Sinne ------------- Akt IV Sinne . . . Als er zum ersten Mal in den Genuss gekommen war, Sakuras heilende Kräfte zu spüren, hatte er mit Naruto zusammen im völlig zerstörten Tal des Endes gelegen – beide kurz vor dem Verbluten.   Das war‘s, hatte er gedacht. Hier wird alles enden, wo alles angefangen hat. Endlich hatte es Naruto geschafft, ihn buchstäblich zur Besinnung zu prügeln. Aber bevor Sasuke für seine Verbrechen Wiedergutmachung leisten konnte, würde er aus dieser Welt scheiden. Als er langsam gespürt hatte, wie sich die Enden seines Blickfeldes verdunkelten und seine Körperglieder spürbar kälter wurden, war Sakura zum richtigen Zeitpunkt aufgetaucht. Die Kunoichi hatte ohne lange zu zögern ihre kostbaren Chakrareserven verwendet, um ihn vor dem Tod zu bewahren. Unter halb gesenkten Augenlidern hatte er jede ihrer Bewegungen verfolgt. Als schließlich ihre Kraft seine Haut durchdrungen hatte, war er unwillkürlich zusammengezuckt. Bildlich hatte er sich vorgestellt, wie ihre Energie durch seinen Körper schoss, jede einzelne Zelle zum Leben erwachte und ihr grünes Chakra schließlich mit seinem blauen verschmolz. Sofort hatte er Erleichterung verspürt, und wie die unfassbaren Schmerzen aus seinem Körper verdrängt wurden.   Wie sie dann so über ihn gebeugt saß, mit einem verschlossenen Gesichtsausdruck, der nicht verriet, was in ihr vorging, war es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen. Ein letztes Mal wurde ihm die Chance geboten, um Vergebung bitten zu können.   „Sakura, ich…“, war es aus ihm herausgebrochen. Selten hatte er sich in seinem Leben so hilflos gefühlt.   „Sei still, ich muss mich konzentrieren.“   „Es tut mir leid…“   „Leidtun? Wofür?“ Der harte Ton ihrer Stimme war weiterhin geblieben.   „Für alles, was ich getan habe.“ Vor allem dir. Unwillkürlich hatte er die Luft angehalten, als sie beharrlich geschwiegen hatte.     Schließlich hatte sie erstickt gemurmelt: „Solltest du lieber auch… Du machst nichts als Ärger, du Mistkerl.“ Als er dann ihre Tränen auf seinem Gesicht gespürt hatte, war ihm erst bewusst geworden, wie groß Sakuras Barmherzigkeit tatsächlich war. Keine Absolution der Welt würde ihn begnadigen können, wenn es nicht zuerst das Mädchen tat, das er schon so oft in der Vergangenheit verletzt hatte.   Auf seiner Reise nach Erlösung durch die verschiedensten Länder der Welt würde er manchmal an sie und ihr Chakra denken, wenn er sich im Kampf verletzen und der Heilungsprozess schließlich eintreten würde.   Ihr warmes Chakra, das anders als sein zerstörerisches, für Leben, Gutes und Vergebung stand, strömte durch sein Blut und war unwiderruflich ein Teil von ihm geworden. . . . Sakura winkte den Krankenschwestern zum Abschied zu. Fahles Mondlicht begrüßte sie, als sie die Klinik verließ und den Weg zur Taverne antrat. Sie versuchte den Gedanken an ihre verletzten Patienten zu verdrängen. Feierabend. Wird Zeit, den Kopf für andere Sachen freizumachen! Ihre Laune hob sich spürbar, als sie daran dachte, dass sie gleich ihren Teamkameraden sehen würde.   In den letzten Tagen hatte sich eine Routine zwischen ihnen beiden eingestellt. Früh morgens würden beide aufbrechen – sie würde den ganzen Tag in der Klinik beschäftigt sein, während er den Dorfbewohnern half, ihre Pläne für eine Stadtmauer in die Tat umzusetzen. Erst abends würde sie ihn zu Gesicht bekommen, wenn auch nur für einen kurzen Moment, da er ihr im Bett immer noch den Rücken zukehren würde. Aber es reichte aus, damit sie ihm nah sein konnte.   Sie würde nicht so schnell die Verletzlichkeit vergessen, die sie in seinen Augen gesehen hatte, als er vor einigen Tagen in ihrer Gegenwart die Fassung verloren hatte.   Dieser sture Mann brauchte ganz dringend viel unerschütterliche und vor allem geduldige Liebe.   Schwungvoll öffnete sie die Tür zu ihrem Zimmer. „Sasuke-“   Die Worte blieben in ihrem Mund stecken, als er sich mit seinem Shirt in der Hand zu ihr umdrehte.   Wohlgemerkt oberkörperfrei.   Sakura spürte, wie ihr Mund ganz trocken wurde. Mund zu, Haruno, sonst kommen Fliegen herein.   Sasuke nickte ihr zu und wollte gerade sein Shirt über den Kopf ziehen, als sie ihn aufhielt.   „Warte!“   Er verharrte mitten in der Bewegung und beobachtete mit Argusaugen, wie sie näher trat und mit gerunzelter Stirn den frischen Schnitt betrachtete, der sich quer über seine Brust zog.   „Wie ist das passiert?“   „Vorhin beim Bauen. Es ist nichts“, fügte er nach einem kurzen Moment hinzu, als er die Besorgnis in ihren Augen sah.   Sanft schob sie seine Hand zur Seite. „Lass mich die Wunde heilen.“   Sie erwartete, dass er sich sträuben würde, aber stattdessen ließ er den Arm sinken.   „Hn.“   Sakura legte ihre Hände auf seine warme Brust und versuchte, ihre Nervosität zu überspielen. Bildete sie es sich ein oder waren tatsächlich die Muskeln unter ihren Fingern zusammengezuckt? Sie zwang sich, ihren Blick auf die Wunde zu richten, und nicht allzu sehr über seinen Oberkörper wandern zu lassen. Jetzt bloß nicht anfangen zu sabbern! Eigentlich war eine gut durchtrainierte Shinobi-Brust Alltag für sie. Zur Hölle, wie oft hatte sie Männer als Patienten gehabt, die ein Six- oder sogar Eightpack aufwiesen? In einer sterilen Umgebung wäre ihr die Arbeit vielleicht auch einfacher gefallen. Aber sie standen beide alleine im Zimmer und das goldene Licht der Nachttischlampe warf Schatten auf die definierten Brustmuskeln. Und es war immer noch der Mann, dem sie vor langer Zeit ihr Herz geschenkt hatte. Fokus, Haruno. Sie schloss die Augen und ließ ihr Chakra durch seine Haut strömen.   Sasuke versuchte sich auf den gesenkten, rosafarbenen Haarschopf vor ihm zu konzentrieren, aber sobald er ihre Energie in sich spürte, wurden seine Lider unendlich schwer. Er widerstand der Versuchung, sich an sie zu lehnen. Aber dieses Gefühl war einfach unbeschreiblich. Sofort spürte er nicht nur das Heilen des Kratzers auf seiner Brust, sondern auch wie die dumpfen Schmerzen an seiner Schläfe gelindert wurden. Die Wirkung ihrer heilenden Kräfte war noch besser, als er sie in Erinnerung hatte. In seinem Körper kehrte eine Ruhe ein, die keine Meditationsübung so schnell vollbringen konnte.   An dieses Gefühl hätte er sich glatt gewöhnen können.   Er hob die Augenlider, als sie fertig war. Kühle Finger strichen behutsam über seinen Armstumpf.   „Bereitet dir die Narbe noch Schmerzen?“   Sasuke schüttelte den Kopf.   Ihre Finger glitten von der Schulter zurück zu seiner Brust. Ihrem fachmännischen Blick entging nicht das feine Netz aus alten Narben, die sich zickzackartig über den Oberkörper zogen. Sie waren der Beweis dafür, wie weit er gegangen war, um seine heutige Stärke zu erlangen.   „Und was ist mit diesen hier?“   Aufmerksam studierte er ihr Gesicht. Sakuras Berührungen hatten sich verändert. Ihre Fingerkuppen tänzelten nun federleicht über seine Haut. Sie fühlten sich eher… wie Liebkosungen an. Ihr schien diese Wendung der Dinge auch nicht entgangen zu sein, da sich auf ihren Wangen ein hauchzarter Rosaton ausbreitete. Geräuschvoll atmete sie ein. Ihr warmer Atem war nah genug, dass sich die feinen Härchen auf seinem Nacken aufstellten.   „Nein“, murmelte er schließlich.   Er wusste nicht, was Sakura sah. Aber was auch immer sie erblicken mochte, schien ihr zu gefallen. Andernfalls hätte sie schon längst die Hände gesenkt. Er war nicht blind – schon als kleiner Junge hatte er früh gelernt, wie er auf das andere Geschlecht wirkte. Liebend gerne hätte er mit seinen Altersgenossen getauscht, nur damit er endlich seine Ruhe haben konnte. Umso mehr war er überrascht, als in ihm plötzlich das dringende (und allen voran alberne) Bedürfnis aufkam, seine Muskeln spielen zu lassen. Nur damit sich der Rotton auf ihren Wangen vertiefen würde.   Da ihr Kopf gebeugt war, konnte er ihre grünen Augen nicht sehen. Er widerstand dem Drang, ihr Kinn zu heben. Zu gerne hätte er gewusst, was er in ihrem Blick lesen würde.   Sakura spürte seine Augen auf sich ruhen. Natürlich, sie musste ihn loslassen, aber ihre Hände schienen auf seiner Haut wie festgeklebt. Aber er selbst schien auch keine Anstalten zu machen, um von ihr loszukommen. Sei kein Feigling, flüsterte eine Stimme in ihr, heb deinen Blick. Was würde sie in seinen Augen sehen? Irritation, Belustigung oder gar Ärgernis?   Sie biss sich nervös auf die Lippe…   …und ließ los.   Ohne ihm in die Augen zu schauen, drehte sie sich um und flüchtete ins Bad.   Sasuke starrte ihr hinterher.   Ein dumpfes Gefühl der Enttäuschung blieb in ihm zurück. . . . Entnervt warf sich Sakura auf dem Bett hin und her. Seit gefühlt zwei Stunden war sie wach. Der langersehnte Schlaf schien einfach nicht zu kommen.   „Sakura.“   Sasukes tiefe Stimme hallte durch das stille Zimmer.   Sofort wurde sie still und hob erwartungsvoll den Kopf. „Ja?“ „Nerv nicht.“   Sie zog einen Schmollmund. Wieso musste er auch immer so griesgrämig sein? Aber statt verärgert zu sein, wandte sie sich neugierig ihrem Teamkameraden zu.   „Sasuke-kun, kannst du auch nicht schlafen?“ Die Klarheit seiner Stimme war unüberhörbar gewesen.   „…“   Wie erwartet antwortete der Uchiha nicht.   Nichtsdestotrotz ließ sie sich von seiner Zurückhaltung nicht entmutigen. Die Hände unter das Gesicht gebettet, betrachtete sie seinen breiten Rücken.   „Ich zumindest kann es nicht.“   3… 2… 1…   Innerlich seufzte Sasuke. Diese Frau würde ihn irgendwann noch vollkommen um den Verstand bringen. Ruckartig drehte er sich zu ihr um.   „Wieso nicht?“, fragte er schroff.   Sakura konnte sich nicht ein kleines Lächeln verkneifen – mittlerweile kannte sie ihn gut genug, um zu wissen, welche Knöpfe sie drücken musste.   Sie spürte Sasukes abwartende Blicke. Stimmt, sie musste ihm noch antworten. Schlagartig verdunkelte sich ihr Gesicht, als sie an den Grund für ihre Schlaflosigkeit dachte. Sie drehte sich auf den Rücken und starrte die Decke an.   „Einer meiner Patienten liegt im Sterben“, erklärte sie bedrückt.   Sekundenlang herrschte Stille.   „Ich dachte, die meisten hätten das Schlimmste überwunden“, sagte er schließlich.   Sie betrachtete die langgezogenen Risse an der Decke, die sie im fahlen Mondlicht erkennen konnte. „Dachte ich eigentlich auch. Aber die Infektion bei diesem Patienten ist schon so weit vorangeschritten, dass viele Organe bereits befallen sind. Er befindet sich im terminalen Stadium und ich… ich bin machtlos dagegen.“ Ihre Stimme brach. Als Medizin-Ninja war der Tod ihr ständiger Begleiter. Obwohl sie ihren Beruf liebte, hatte dieser eine Schattenseite, mit der sie nur schwer zurechtkam. Tsunade-sama sagte immer, dass sie zu weich wäre. In solchen Momenten merkte sie, dass sie, obwohl sie ihr Handwerk wie kein anderer verstand, von ihrer Mentorin immer noch viel zu lernen hatte.   Sasuke starrte Sakuras Gesicht an. Ihr gedämpfter Schluchzer war seinen empfindlichen Ohren nicht entgangen. Sakura lag neben ihm, war kurz vor dem Weinen und er wusste sich nicht zu helfen. Im Gegensatz zu ihm war sie ein sehr emotionaler Mensch, der seine Expressionen auch ständig zur Schau stellte. Sie weinte, wenn sie etwas bekümmerte, sie weinte, wenn sie glücklich war – eine Eigenart, die sie nicht abgelegt hatte. Und sieben Jahre später überforderten ihn diese Situationen immer noch.    „Sakura.“ Gedankenverloren betrachtete er über ihre Schulter hinweg die gegenüberliegende Wand. „Du kannst nicht jeden retten.“   Abrupt hielt das Beben ihrer Schultern an.   Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber sicherlich nicht mit der nachfolgenden Reaktion.   Blitzartig rollte sie zu ihm rüber, so dass ihre Gesichter nur noch Millimeter voneinander entfernt waren. Das einfallende Mondlicht zeigte ihm die nassen Spuren auf ihren Wangen. Aber es war der unbeugsame Blick in ihren Augen, der ihn für einen Sekundenbruchteil den Atem stocken ließ.   „Was mich nicht daran hindert, es trotzdem zu versuchen.“   Sein harter Blick ließ ihren nicht los.   „Manche sind dazu verdammt, nicht gerettet werden zu können“, erklärte er ungerührt.   „Und andere sind dazu bestimmt, es immer und immer wieder zu versuchen“, schoss sie zurück. Wieso hatte sie das Gefühl, dass sie beide über etwas völlig anderes sprachen?   Der Blickwechsel zwischen ihnen war unerbittlich – keiner von beiden bereit, nachzugeben.   Schließlich senkte Sakura besänftigend den Kopf und ließ ihn gegen seine Brust sinken. In der Dunkelheit war es so viel einfacher, ihm näher zu sein.   „Ich habe Angst um ihn“, gestand sie leise. Obwohl der Uchiha kein Mann großer Worte war, reichte ihr allein seine Körperwärme als Trost aus.   Mehrere Sekunden lang lauschte sie seinem regelmäßigen Herzklopfen.   „Sasuke-kun“, fragte sie zaghaft, „gibt es etwas, das dir auch Angst bereitet?“ Augenblicklich biss sie sich auf die Lippe, als er nicht antwortete. War sie zu weit gegangen?   Tatsächlich dachte Sasuke über ihre Frage nach. Abwesend glitt sein Blick über ihr Haar, das im Mondlicht einen bläulichen Ton angenommen hatte.   Gab es etwas, wovor Uchiha Sasuke Angst hatte?   Hätte man ihm diese Frage mit zwölf gestellt, hätte er die Antwort sofort gewusst. Der unerträgliche Gedanke, niemals seinen Klan rächen zu können, war seine größte Angst gewesen.   Jetzt, Jahre später, wusste er es jedoch nicht. Er hatte seinen Klan gerächt und war mächtiger denn je. Was konnte ihn noch in Angst und Schrecken versetzen?   Aber dann fiel der Groschen. Zu gut erinnerte er sich daran, wie er nach seiner Rückkehr vor dem Porträt seiner Familie gestanden und sekundenlang versucht hatte, sich jeden Gesichtszug, jedes Detail einzuprägen.   Schon jetzt waren die Gesichter seines toten Klans nur noch verschwommene Erinnerungsfetzen der Vergangenheit. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er das Gesicht jedes Einzelnen vergessen würde.   Und dann wäre er wahrhaftig allein.   „Ja“, sagte er schlicht.   Sakura schwieg. Sie hakte nicht weiter nach, da sie ahnte, dass sie sich auf gefährlichem Terrain bewegte. Ein falsches Wort und er wäre wieder so verschlossen wie eh und je. Nachdenklich spielte sie mit dem Kragen seines Shirts.   „Meinst du nicht auch, Sasuke-kun“, fing sie zögernd an, „dass es traurig ist, wie sehr wir uns von unseren Ängsten leiten lassen? Wir geben ihnen so viel Macht über uns, dabei sind sie nur in unserem Kopf drin. Sie sind ein unsichtbarer Feind, der sich nur besiegen lässt, wenn wir uns ihm stellen und jeden Tag das Gegenteil beweisen.“   Da er nicht antwortete, schloss sie die Augen.   Dabei war Sasuke kein Wort entgangen. Händeringend suchte er nach einer passenden Antwort, bis ihn Sakuras leiser Atem an seinem Nacken darauf hinwies, dass sie längst eingeschlafen war.   Diese Nacht und die Nächte darauf kehrte er ihr den Rücken nicht mehr zu. . . . Es war beinahe unmöglich, Sakura zu ignorieren. Überall, wo sie auftauchte, lenkte sie die Aufmerksamkeit auf sich. Zu seinem Leidwesen auch seine eigene.   Er gestand es sich nur schwer ein, aber in den nächsten Wochen lernte er sie besser kennen, als es ihm lieb war. Wenn sie nervös war, nagte sie an ihrer Unterlippe, und wenn sie ihn anstrahlte, wurde das intensive Grün ihrer Augen um einige Nuancen heller. Er kannte ihre leisen Seufzer, die sie beim Schlafen ausstieß und den melodischen Klang ihres Lachens, wenn sie etwas erheiterte. Wenn sie direkt aus der Klinik kam, hing der penetrante Geruch von Desinfektionsmittel an ihr, und wenn sie duschte, präferierte sie Seife, die einen blumigen Duft nach Frühling verströmte. Aus erster Hand erfuhr er, wie schmerzhaft ihr Faustschlag sein konnte, aber gleichzeitig auch, dass die Finger jener Hände keine Schwielen aufwiesen und unglaublich sanft sein konnten.   Er nahm sie mit all seinen Sinnen wahr.   Nein, korrigierte er sich in Gedanken, einer fehlt. . . . Der Angriff erfolgte kurz vor Anbruch der Dunkelheit.   Sakura verließ die Klinik und lief dabei ihrem Teamkameraden über den Weg, der soeben die Stadtmauer, die sich im Bau befand, inspiziert hatte. Gerade wollte er auf sie zutreten, als beide ein leises Knacken vernahmen.   Augenblicklich kreuzte sich ihr Blick. Die fremden Chakrasignaturen waren ihnen nicht entgangen. Wortlos nickten sie sich bedeutungsvoll zu und waren dann sekundenspäter verschwunden.   Sasuke materialisierte sich am Rande des Waldes wieder. Hinter ihm tauchte ein fremder Ninja auf.   „Na, wen haben wir denn da?“, nuschelte der Mann unter seiner Maske. „Ich wusste gar nicht, dass hier neuerdings Grünschnäbel wie du rumlaufen. Ich werde dir eine Lektion erteilen, die sich gewaschen hat.“   Sasuke warf ihm über die Schulter hinweg einen kühlen Blick zu.   „Was wollt ihr hier?“   Der Mann stieß ein gackerndes Lachen aus.   „Uns das holen, was wir letztes Mal vergessen haben.“   Wie zur Bestätigung stieg Sasuke sofort der Geruch von Rauch in die Nase. Er riss seinen Kopf herum und sah nun über die Baumwipfel hinweg die lodernden Flammen, die über vereinzelte Dächer aufstiegen. Aus der Ferne erklang auch schon das Heulen des Notrufsignals.   Er wirbelte zu seinem Gegner herum und zog dabei Kusanagi. „Das hättet ihr euch besser anders überlegen sollen“, presste er hervor.   Der Mann stutzte, als er sein Schwert sah.   „Wer bist du, Bengel?“   Statt zu antworten, ließ Sasuke sein Sharingan-Auge sprechen. . . . Der Kampf war innerhalb von wenigen Minuten vorbei. Der abtrünnige Ninja, dessen Stirnband gefehlt hatte, war höchstens auf Chuunin-Level gewesen. Sasuke hatte ihn ohne Mühe überwältigen können.   Aber wo steckte Sakura?   Sasuke ortete das Chakra der Kunoichi und machte sich augenblicklich auf die Suche nach ihr. Er fand sie am anderen Ende des Waldes, wo sie gerade zwei Ninjas gleichzeitig niederschlug. Den Dritten im Bunde, der sich ihr von hinten näherte, bemerkte sie allerdings nicht.   „Sakura!“, rief er warnend.   Sie drehte sich genau zum rechten Zeitpunkt um. Mit einem gekonnten Schlag beförderte sie den Ninja in die Bewusstlosigkeit. Lächelnd wandte sie sich an Sasuke, während sie sich die Haare aus dem Gesicht strich. „Das ging schnell. Aber ich muss gestehen, dass dieser Kampf eine nette Abwechslung war.“   Sasuke nickte und warf einen prüfenden Blick zum Dorf. Das Flammeninferno am Himmel war verschwunden. Die Dorfbewohner hatten das Feuer wohl noch rechtzeitig unter Kontrolle kriegen können.   „Lass uns zurückkehren.“   Der Uchiha drehte sich um und wollte gerade durch die Dunkelheit stapfen, als er plötzlich den Boden unter den Füßen verlor und abrutschte. Mit einem überraschten Ruf polterte er den Abhang hinunter und konnte sich gerade noch fangen.   „Sasuke!“   Sakura lief ihrem Teamkameraden hinterher. Sie suchte mit den Augen die Böschung ab und entdeckte ihn schließlich, wie er sich gerade aus einem Busch aufrappelte. Kichernd schlug sie ihre Hand an den Mund, als sie sah, was für einen Anblick Sasuke bot. Er war in einen Haufen Disteln gefallen und nun klebten ihm die Kletten überall in den Haaren fest. Er warf ihr einen finsteren Blick zu, während er vergeblich versuchte, die verfluchten Pflanzen aus seinen Haaren zu befreien – aber keine Chance. Tatsächlich machten seine fahrigen Bewegungen alles nur schlimmer.   Lachend bereitete sie seinem aussichtslosen Unterfangen ein Ende.   „Warte. Ich mache das.“   Vorsichtig zog sie leise summend die Kletten aus seinen Haaren. Unter ihren Fingern bemerkte sie die seidige Textur der dunklen Strähnen. Als sie schließlich fertig war, standen Sasuke buchstäblich die Haare zu Berge.   Sie versuchte ein Glucksen zu unterdrücken, was ihr nur schwer gelang – aber er sah einfach unwiderstehlich aus, wie er erfolglos versuchte, sie mit seinen finsteren Blicken einzuschüchtern. Dass er dabei so wirkte, als ob er direkt in die Steckdose gegriffen hätte, machte ihm jedoch einen Strich durch die Rechnung.     Verschmitzt schaute sie zu ihm auf, während sie versuchte, die trotzigen Strähnen zu glätten.   „Übrigens“, erklärte sie ausgelassen, „danke, dass du mich rechtzeitig gewarnt hast.“    Sie wusste nicht, woher dieser Mut kam, der sie plötzlich überfiel – später würde sie es auf die Wirkung des Adrenalins schieben, die noch in ihrem Körper abklingen musste –, aber bevor sie ihre waghalsigen Gedanken reflektieren konnte, hatte sie sich bereits auf Zehenspitzen gestellt und drückte ihm sanft die Lippen auf die Wange.   Genau dann, als er das Gesicht abwandte.   Ihre weichen Lippen trafen zu einer Hälfte seine Wange – und zur anderen Hälfte seinen Mund.   Die Berührung dauerte nur für einen Sekundenbruchteil an, aber lang genug, dass ein rasender Blitz geradewegs durch ihren Körper schoss und sich in ihrer Magengrube festsetzte. Schockiert riss sie sich zurück.   Sasukes Augen waren ähnlich geweitet wie ihre.     „Da sind die beiden!“           Die aufgeregten Stimmen der Dorfbewohner holten sie in die Realität zurück. Sie wirbelte herum und sah im Dunkeln einige Männer oben an der Böschung stehen.   „Haruno-san, Uchiha-san, seid ihr wohlauf?“   „Ja!“, rief sie. Ihre Stimme hörte sich seltsam schrill in ihren Ohren an. „Ich hoffe, es ist keiner von euch zu Schaden gekommen.“   Er blendete die wirren Stimmen der Dorfbewohner aus. Stattdessen war sein Blick nur auf Sakuras Rücken fokussiert. Obwohl der Kampf schon lange vorbei war, galoppierte sein Herz immer noch in einem Tempo, als ob es jeden Moment aus seiner Brust springen würde. Bevor er überhaupt wusste, was er tat, öffnete sich sein Mund und seine Zunge strich reflexartig über seine Lippen.   Der fünfte Sinn.   Nun konnte er Sakura auch schmecken. . . . tbc… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)