Beyond the Visible - Der Fuchsgeist von Yuurei ================================================================================ Kapitel 17: Chapter 17 - Hope ----------------------------- „Neun Schweife?“, fragte der Blinde verwundert, nachdem er den ersten Schock über die Größe des erlegten Hirsches verdaut und den Kern der, regelrecht aus Naruto heraussprudelnden, Informationen herauskristallisiert hatte. „Ja ganz genau. Ich brauche nur meinen neunten Schweif und dann kann ich den Fluch brechen!“ „Und das glaubst du, weil eine Kröte es dir erzählt hat?“, fragte Sasuke mit hochgezogener Augenbraue und offenkundig skeptischem Unterton. „Nicht irgendeine Kröte. Ein Kröterich mit einer Pfeife und einer Narbe über dem Auge! Ich sag dir, das war sicher ein Schutzpatron des Waldes!“ „Sicher.“ Sasuke schüttelte innerlich den Kopf. Naruto war so naiv. Woher sollte denn eine Kröte wissen, was es mit seinen Kräften auf sich hatte? Blieben die Dämonenrassen nicht für gewöhnlich auch unter ihresgleichen? „Glaubst du mir etwa nicht? Ich weiß doch, was ich gesehen habe!“ „Ich zweifle nicht an dem, was du gesehen hast, sondern daran, was eine sprechende Kröte mit Pfeife über dein und mein Schicksal zu wissen glaubt.“, erwiderte Sasuke trocken und legte etwas Holz nach, um das Feuer in der Hütte zu erwärmen. „Aber warum sollte er denn lügen? Das macht doch gar keinen Sinn.“, brummte Naruto leicht beleidigt. Ein wenig mehr Begeisterung hatte er sich von seinem Freund schon erhofft. „Ich sage ja nicht, dass er gelogen hat, aber dass wir uns nicht allzu große Hoffnungen machen sollten. Woher willst du wissen, ob es stimmt? Wir wissen nichts über deine Kräfte oder was ein neunter Schweif daran verändern würde. Vielleicht…“ Sasuke zögerte einen Moment, erinnerte sich an die schwarzen Flammen in jener Nacht. „Vielleicht sind das Kräfte, die du nicht mehr kontrollieren kannst.“ Naruto stockte ob dieser Worte. Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht, aber Sasukes Einwand war berechtigt. Er erinnerte sich an die überwältigenden Eindrücke der letzten Male. Eine Kraft, die in seinem Inneren kochte und sich kaum hatte kontrollieren lassen, hatte er bei den ersten Versuchen doch ganze Teile des Waldes niedergebrannt. „Aber… es ist unsere einzige Chance…“, hauchte er schließlich leise und ließ betrübt den Kopf hängen. Er wollte ihm doch helfen und jetzt, wo die Lösung zum Greifen nahe lag, konnte er sie nicht ergreifen? Sasukes Finger schoben sich vorsichtig an die Wangen des Fuchses, ließen den Dämon erneut aufschauen. „Ich sage nicht, dass du es nicht machen sollst, aber ein wenig Vorsicht wäre dahingehend sicherlich angebracht. Wir wissen nicht, was passieren wird, wenn du diese Macht jemals freisetzt und wir wissen auch nicht, wie du sie erreichen kannst. Mach bitte… einfach nichts Dummes.“ Narutos Mund verzog sich zu einem leicht belustigten Schmunzeln. „Würde ich doch nie~“ ◊◊◊ „Sasuke?“ „Hm?“ Gedankenverloren saßen die beiden jungen Männer zusammen unter dem freien Sternenhimmel. Es war überraschend warm in dieser Nacht und so hatte Naruto seinen Freund mit sich nach draußen genommen, um dem sanften Klang der Natur zu lauschen, während sie beieinandersaßen. „Wenn ich den Fluch gebrochen habe, was willst du als Erstes sehen?“ Die Frage beschäftigte den Fuchs bereits seit Längerem, hatte er dem Uchiha während ihrer gemeinsamen Zeit doch alle möglichen, wundervollen Szenarien beschrieben. Blumenwiesen, die sich über ganze Täler erstreckten, funkelnde Sterne am leuchtenden Nachthimmel und die warmen Farben des Sonnenuntergangs, wenn sie gemeinsam im schwindenden Licht heimgekehrt waren und ein jedes Mal hatte Sasuke genießend seinen Erzählungen gelauscht. „Sasuke?“, fragte der Fuchsdämon erneut leise, als er keine Antwort auf seine Frage erhielt. War sein Freund eingeschlafen? Doch Sasuke verharrte nur schweigend an seiner Seite, die Arme über den Knien gefaltet und die Augen geschlossen, sein Kopf gen Himmel gerichtet. Was er zuerst sehen wollte? Viele Jahre hatte er sich gefragt, was seinen Augen alles entgangen war, wie sich die Welt um ihn herum und auch wie er selbst sich verändert hatte. Doch wurden diese Dinge bedeutungslos im Angesicht einer Sache. Etwas, das ihn weit mehr interessierte. „Dich.“, erwiderte er schließlich und öffnete seine weiß-grauen Augen, in denen sich die Sterne spiegelten. Ein Moment zog vorbei. Ein Moment der völligen Stille, als hätte der Fuchsdämon Schwierigkeiten die Information zu verarbeiten, die man ihm gerade vor die Füße geworfen hatte. Ihn? Nach all dieser Zeit, nach all den Jahren der Dunkelheit war das Erste, was der Blinde sehen wollte … er? Sasuke bemerkte die Reaktion des Fuchsdämons und schmunzelte verhalten. „Bescheuert, nicht wahr? Da habe ich die Auswahl eine ganze Welt zu sehen und das erste was ich wähle, ist das Gesicht des Idioten, der mich seit Jahren in den Wahnsinn treibt.“ Er lachte leise über sich selbst. Wenn er ehrlich war, waren sie beide Idioten. Erneut durchzog Stille die Szenerie. Stille, die den Uchiha selbst aufhorchen ließ, war es doch untypisch für Naruto sich nicht umgehend über die Beleidigung zu beschweren. „Naru-?“ Noch ehe er den Namen des Fuchsdämons ausgesprochen hatte, fand er sich in seinen Armen wider. Naruto sagte nichts. Keine Silbe kam über seine Lippen. Alles was er tat, war ihn in seinen Armen zu halten und sich selbst an ihn zu schmiegen. Widerstandslos lehnte Sasuke seinen Kopf an die Schulter des Dämons und strich über seinen Kopf. Manchmal, in Nächten wie diesen, schien die Zeit für sie still zu stehen. Ein leises Zischen ließ den Dämonen schließlich aufschauen. Seine pelzigen Ohren steil in die Höhe gerichtet blickte er sich um. „Naruto? Was war das?“ Irritiert löste auch Sasuke sich aus der Umarmung. Erneut. Ein Zischen über ihren Köpfen. „Unglaublich…“, flüsterte Naruto nur und starrte fassungslos, aber fasziniert in den leuchtenden Himmel. So etwas hatte er noch nie gesehen. „Naruto, was-?“ „Sternschnuppen… tausende…Sternschnuppen.“ Der Anblick war atemberaubend und gut eine Minute zog an ihm vorbei, ehe Naruto realisierte, was um sie geschah. Übereilt packte er die Hand des Uchiha. „Los, wünsch dir was!“ Völlig überrumpelt stockte der Blinde in seiner Bewegung. Er sollte sich etwas wünschen? „Das ist doch nur ein Märchen. Sternschnuppen erfüllen keine Wünsche.“, erwiderte Sasuke schließlich, hatte sich selbst aber ertappt, wie er für einen Moment an diese Illusion geglaubt hatte. Nicht, dass er sich aus heiterem Himmel wirklich etwas hätte wünschen können. Entrüstet, aber auch mitleidig blickte der Fuchs seinem Freund entgegen. Hatte er aufgehört daran zu glauben, dass es funktionierte? „Nichts ist unmöglich, wenn man nur wirklich daran glaubt. Ich beweise es dir!“ Er verhakte ihre Finger ineinander und sah in den Himmel. » Ich wünsche mir, dass Sasuke den Himmel sehen kann. Ich wünsche mir, dass er wenigstens dieses eine Mal den Himmel sehen kann!« Sein Herz raste und mit zugekniffenen Augen wiederholte er seine Worte im Geiste so oft, bis das Feuer in seinem Inneren sich bis in die Spitzen seiner Schweife ausgebreitet hatte. Sasuke schüttelte nur den Kopf. Es war hoffnungslos. Egal wie sehr sie an ein Wunder glaubten, glauben wollten oder zu den Sternen beteten, sie würden ihnen keinen Wunsch erfüllen. So funktionierte ihre Welt nicht. Erschrocken zuckte der Uchiha zusammen, als Narutos Aura neben ihm regelrecht zu glühen beginn und noch ehe er sich hätte von ihm lösen können, erfasste ihn ein heißer, stechender Impuls. Kein Schmerz, aber ein brennendes Gefühl, das sich wie eine gewaltige Woge über ihm ergoss und ihm einen Augenblick schwindelig werden ließ. Keuchend öffnete er seine Augen, stockte. Vor ihm erstreckte sich der Nachthimmel in goldenen und orangenen Farben, durchzogen mit den funkelnden Schlieren der herabfallenden Sternschnuppen und den kleinen, glitzernden Sternen, die im goldenen Schein der Kometen beinahe verblassten. Sprachlos und völlig fasziniert starrte der eigentlich Blinde in den Himmel, spürte wie das Licht sich in seinem Inneren ausbreitete und die Dunkelheit, den Schmerz und das Leid der Jahre für einen Augenblick verblassen ließ. Das konnte nicht real sein. Minuten waren vergangen, ehe Naruto selbst die Augen wieder geöffnet hatte und den Blick umgehend auf seinen Freund richtete. Zum ersten Mal konnte er sie sehen, die eigentlich schwarzen, leuchtenden Augen seines Freundes, der völlig fassungslos in den Himmel starrte, während der Dämon nur noch Augen für ihn hatte. War es das, was Menschen Hoffnung nannten? Wenn die Sterne ihm diesen Wunsch gewährt hatten, würde er es dann auch schaffen, den Fluch zu brechen und mit ihm glücklich zu sein? „Ich hab dir gesagt, dass es funktioniert.“ flüsterte der Dämon schließlich leise und riss den Schwarzhaarigen damit aus seiner Trance. Langsam, zaghaft wandte der Blinde den Blick vom Schauspiel des leuchtenden Himmels ab, spürte wie sein Herz sich langsam überschlug. Er konnte sehen. Mochte es nur für diesen einen Moment sein, doch das war alles, was er sich wünschte. Er wollte ihn sehen. Den Blick langsam auf seinen Freund richtend, wich das Lächeln schließlich aus seinem Gesicht. „Sasuke, was-?“ Schockiert blickte der Fuchs in die nun wieder weiß-grauen Iriden seines Freundes. Ein trauriges Lächeln umspielte die Lippen des Uchiha. Wie es schien erfüllten die Sterne Wünsche, aber nicht die eines gewöhnlichen Menschen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)