Beyond the Visible - Der Fuchsgeist von Yuurei ================================================================================ Kapitel 22: Chapter 22 - Regret ------------------------------- Es war, als hätten diese Worte die Grundfesten des Fuchsdämons erschüttert. Wort- und regungslos starrte er auf den Rotfuchs, der ihm diese Wahrheit offenbart hatte, als wäre sie eine Selbstverständlichkeit, ehe die Erkenntnis Narutos Inneres traf, wie ein Blitzschlag. Sein Blick richtete sich auf die Sonne. Noch war es kein ganzer Tag. Noch, war nicht einmal die Sonne untergegangen. Ohne einen zweiten Gedanken daran zu verschwenden, rannte er los. Vergessen die Tore, die Welten der Dämonen. Selbst der Gedanke, dass er mit seinen Kräften den Fluch würde brechen können. Was ihn trieb, war Angst. Unbändige Angst und die Verzweiflung, zu spät zu sein. So schnell ihn seine Beine trugen, rannte er zurück zu jenem Portal, das ihn in diese Welt geführt hatte. Er konnte es schaffen. Nein er musste es schaffen. Er musste ihn widersehen. Er musste sehen, dass es eine Lüge war. Es konnte nicht sein. Es durfte nicht sein. Er hatte ihm doch versprochen, zurückzukommen und ihm die Welt zu zeigen. Die Angst in seinem Inneren trieb ihn voran. Angst und Reue. Warum? Warum hatte ihm niemand gesagt, dass die Zeit in ihren Welten unterschiedlich schnell verging? „SASUKEEEE!“ ◊◊◊ Er wusste nicht was es war, dass ihn all die Zeit dazu getrieben hatte, den Weg auf diesen Berg zu gehen. Den Weg auf sich zu nehmen, nur um erneut festzustellen, dass Naruto nicht zurückgekehrt war. Der Blinde erinnerte sich daran, dass sein Freund nicht zurückgekommen war, ganz gleich, wie lange er auf ihn gewartet hatte. Nicht an jenem Abend und auch nicht in den vielen, endlosen Stunden danach. Tage, Wochen, Monate und schließlich Jahre waren vergangen. Zeit, in der er auf ihn gewartet hatte. Gewartet auf etwas, was nicht einzutreffen schien, nur seinen eigenen, zermürbenden Gedanken überlassen. Gedanken, die ihn noch immer beschäftigten. Warum hatte er ihn gehen lassen? Warum hatte er ihm nicht gesagt, dass er beim ihm sein wollte? War es Angst gewesen? Angst, ihn zu nahe an sich heran und schließlich zu tief in sein Herz zu lassen? Der Anhänger, den Naruto ihm überlassen hatte, spendete ihm Trost und doch war es, als wäre ein Teil seines Herzens an jenem Tag mit dem Dämon verschwunden. Was hatte er sich nur dabei gedacht zu glauben, dass der Dämon wieder zurückkam? Vielleicht gab es Gründe, warum er nicht zurückkam. Vielleicht war es die Macht, die ihn überwältigt hatte oder vielleicht, hatte er ihn… vergessen? Gedanken, die der Uchiha so oft in seinem Kopf durchgegangen war. Eine Antwort, würde er wohl nie bekommen. Es war ein eisiger, verschneiter Wintertag, an dem der Uchiha den Weg auf den Gipfel erneut auf sich nahm. Sein schlanker Leib war blass und das faltige Gesicht inzwischen umringt von weißen, verirrten Haaren. Ein leichter Bart umrandete das knochige Gesicht, das bereits etwas eingefallen wirkte und die einst grauen Iriden schimmerten beinahe so weiß, wie der Schnee, der die weite Landschaft bedeckte. Es kostete Sasuke alle Kraft, diesen Pfad noch zu besteigen. Einen Pfad, den er vor fast einhundert Jahren zum ersten Mal hinaufgestiegen war. Ein Pfad, der ihm so viele Jahre Schmerz, Leid und vergebene Hoffnung geschenkt hatte und doch weigerte sich der Blinde die Hoffnung aufzugeben. Hoffnung, dass sein Freund zurückkehrte. Hoffnung, die nach all dieser Zeit ihren Preis zu fordern schien. Er hatte aufgehört zu zählen, wie viele Monde und Jahreszeiten an ihm vorübergezogen waren. Zeit, in der er darauf gehofft hatte, dass ihn die laute, ja geradezu penetrante Stimme des Fuchses aus seinem Schlaf riss und seine Wärme ihn umfing. Eine Stimme, an die er sich nach all diesen Jahren kaum noch erinnerte. Sie verblasste langsam in seiner Erinnerung, so, wie die Wärme, die ihm Naruto vor all dieser Zeit geschenkt hatte. Schnaufend ließ der alte Mann sich in den Schnee fallen. Es war Zeit. Seine Zeit. Sasukes knochige Finger schlossen sich eng um das inzwischen fast farblosen Talisman, den Naruto ihm hinterlassen hatte. Die Energie des Dämons, die ihn all diese Zeit beschützt hatte, war verbraucht. Einer magischen Sanduhr gleich schien es seine Zeit bereits um ein halbes Jahrhundert verlängert zu haben, denn Menschen lebten nicht einmal halb so lange, wie er es getan hatte. Die Wärme, die von Narutos Schmuckstück ausging, verblasste zwischen den Fingern des Schwarzhaarigen, wie die Zeit, die es ihm beschert hatte. Gedankenverloren lehnte Sasuke sich zurück, den Rücken an den vereisten Stein gepresst, auf dem einst der weiße Fuchsgeist gesessen hatte. Er fühlte es. Seine Zeit, war gekommen. Ein schmales, bedauerndes Lächeln legte sich auf seine Lippen, ehe er den Kopf langsam in den Nacken legte und seine blinden Iriden gen Himmel richtete. „Es tut mir leid, Naruto aber ich glaube… länger kann ich nicht warten.“ ◊◊◊ Schmerz. Ein dumpfer, stechender Schmerz pochte in der Brust des Fuchsdämonen, als er die Erinnerungen des Menschen an sich vorbeirasen sah. In seinem Geist hatte er nach Sasuke gerufen, hatte die Zeit sehen wollen. Jene Zeit, die Sasuke allein verbracht hatte. Zeit, die auch ein Dämon, nicht zurückholen konnte. »Er kommt nicht zurück. Vielleicht hat er sich verlaufen? Vermutlich. Er ist ein Idiot. Er hat sich sicher verlaufen. « Sasuke schmunzelte amüsiert, als er daran dachte, wie Naruto ziellos durch die Dämonenwelt irrte. Er hatte sich das alles sicher, wie üblich, nicht richtig überlegt. Langsam erhob er sich von seinem Platz auf dem Hügel und wanderte zurück nach Hause. Er würde morgen zurückkommen. Vermutlich hatte sich der Blonde nur in der Zeit vertan. »Er kommt nicht zurück. Warum gehe ich noch diesen Weg hinauf? Er kommt nicht wieder. Sicher hat er mich bereits vergessen. « Sasuke schüttelte über sich selbst den Kopf, als er den Weg auf den Hügel nach bereits zwei vergangenen Jahren erneut erklomm. Jahre, in denen er so verzweifelt, vergeblich auf ihn gewartet hatte. Würde er heute wiederkommen? Würde er überhaupt jemals zurückkehren? »Naruto. Ich bin hier. Ich warte auf dich und ich werde…nicht aufhören zu warten. Warum kommst du nicht zurück? Was ist dort in dieser Welt geschehen? Es sind nun bereits zehn Jahre vergangen. Die Menschen um mich beginnen bereits zu sterben. Ich weiß nicht, wieviel Zeit mir bleibt. « » Sasuke! Sasuke! Warte auf mich! Ich komme! Es tut mir so leid! Bitte… bitte…gib mir nur ein wenig mehr Zeit! Ich komme zurück!“ »Ich wollte es dir sagen. All die Zeit, wollte ich es dir sagen, Naruto. Ich wollte dir sagen, was du mir bedeutest. Ich wollte dir sagen, dass du bei mir bleiben sollst und jetzt, bist du bereits seit fünfzig Jahren fort. Ich hätte dich niemals gehen lassen sollen, denn jetzt, kann ich dich weder hören, noch spüren. Hätte ich mir nicht gewünscht, dich zu sehen, wärst du jetzt noch hier. « Der erwachsene lächelte wehmütig und lehnte den Kopf an den kleinen Felsen hinter sich. Ein weiterer Tag war vergangen. Ein weiterer Tag, an dem der Dämon nicht zurückgekehrt war. Er bereute so Vieles und doch war es ihm unmöglich, noch etwas an diesen Dingen zu ändern. Er war fort, sein geliebter Dämon. Narutos Muskeln und seine Lunge brannten, schienen Feuer gefangen zu haben, so schnell war der Blonde die gewundenen Wege zurückgerannt, ehe endlich das Portal zurück in die Menschenwelt vor seinen Augen erschien. „Es tut mir leid, Naruto aber ich glaube… länger kann ich nicht warten.“ „Öffne dich!“, schrie der Blonde dem Tor nur von Weitem entgegen. Mit einem langen, kraftvollen Sprung durchbrach er das Portal, spürte im nächsten Augenblick die eisige, weiche Schneedecke unter sich. Sich selbst überschlagend krachte er in einen der riesigen Schneehaufen, nur um panisch den Kopf aus dem Schnee zu stecken und sich umzusehen. „Sasuke!“ Seine klare Stimme hallte durch die kalte Atmosphäre und warf ein ebenso kühles Echo zurück. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, während der Blick des Blonden panisch umher huschte. „Sasuke! Wo bist du? Sasuke! Sas-“ Naruto stockte. Knirschend gab der Schnee unter seinen Füßen nach, als er sich dem blassen Leib näherte, der regungslos an jenem Stein lehnte, an dem er ihn zuletzt gesehen hatte. Der Talisman, war leer. Narutos blaue Seelenspiegel vibrierten schockiert, als das Bild vor seinen Augen sich in sein Gedächtnis brannte und der eisige Wind dieser reinen Winternacht um ihn herumwirbelte, ihm vor Augen führte, dass es kein Zurück für sie gab. Ein verzweifeltes Beben erfasste den Körper des Dämons, ehe die feuchte Reue über seine Wangen lief und der Verlust ihn schließlich in die Knie zwang. Er war zu spät. In dieser totenstillen Nacht fällt Schnee auf meine ausgestreckte Hand und so wie der Schnee sich häuft entschwindest du. Einmal noch, nur noch ein einziges Mal Sag meinen Namen Selbst, wenn ich jetzt schreie kann meine Stimme dich nicht mehr erreichen. Für immer gefangen in einer Welt, in der ich nicht einmal „Ich liebe dich“ sagen kann Ich werde still, als der Schnee auf mich hinabfällt wie an jenem Tag Wünschte ich hätte früher verstanden, dass Zeit nicht endlos ist. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)