Paul MacLain der Privatschnüffler von BlueGenie1974 (Ein ehemaliger SAS-Offizier als Privatdetektiv) ================================================================================ Kapitel 27: 27. Fall - Familienvendetta in Vancouver ---------------------------------------------------- 27. Fall – Familienvendetta in Vancouver Am Montag, den 13.07.2020, erreichte mich ein Anruf auf meinem Privathandy. „Paul MacLain. Welche gallische Nervensäge stört?“ „Ich finde das nicht sehr komisch, werter Cousin.“ Schlagartig saß ich senkrecht im Bett. „Chrissy! Weiß Gott, ist schon ne Weile her, seit wir das letzte Mal Kontakt miteinander hatten.“ „Vier Jahre, Paul.“ „Du klingst so bedrückt. Geht es dir nicht gut?“ „Mein Leben wird bedroht, mein lieber Vetter.“ „Was hast du jetzt schon wieder angestellt, Cousine?“ „Was meinst du damit, Paul?“ „Chrissy! Man dich keine fünf Minuten alleine lassen, ohne dass du in Schwierigkeiten gerätst. Also, was hast du dieses Mal verzapft?“ „Gar nichts.“ „Chrissy! Versuch nicht, mich zu verarschen. Ich kenn dich nur zu gut.“ „Ich hab nichts angestellt. Ehrenwort.“ „Kannst du mir näheres sagen?“ „Nicht am Telefon, Cousin. Ich bin Donnerstag in Frankfurt. Ich muss eine Messe mit aufbauen.“ „Wann kannst du im Büro sein?“ „In welchem Büro?“ „In meinem Detektivbüro.“ „Na sieh mal einer an, mein teurer Vetter arbeitet als Privatschnüffler.“ „Ich bin einer der besten.“ „Und wer ist dann DIE Beste?“ „Meine Juniorpartnerin Jelena Romanova.“ „Wann passt es dir Donnerstag am Besten, Paul?“ „Ist 11:30 Uhr für dich in Ordnung?“ „Sorry, aber da muss ich noch arbeiten. Geht auch 14:00 Uhr?“ „Wenn du ein Eis spendierst, gerne Cousine.“, sagte ich. Am 16.07.2020, es war der besagte Donnerstag, klingelte es Punkt 14:00 Uhr an der Eingangstür. Brit betätigte den Türöffner. Nur kurze Zeit später hörten wir Schritte auf der Treppe. Dann klingelte es an der Tür unseres Büros. Unsere Sekretärin öffnete. Die Frau, die eintrat, war ein heißer Feger. Zugegeben, Chrissy war schon als Teenager eine atemberaubende Schönheit. Und die Zeit hatte aus dem sexy Schwan eine 35jährige Göttin gemacht. Chrissy war 1,67 m groß und besaß einen schlanken, sexy Körper. Wie nicht anders zu erwarten, war meine Cousine mit einer üppigen Oberweite gesegnet. Ihre blonden Haare trug sie offen und schulterlang. Auch ihre Beine waren nicht zu verachten. Ebenso wie das ovale Gesicht mit seinen haselnussbraunen Augen. Ihre Nase war zwar etwas breit, fügte sich aber dennoch harmonisch in Chrissys Gesicht ein. Auch ihre Lippen waren durchaus als sinnlich zu bezeichnen. Bekleidet war Chrissy mit einem goldenen Minikleid und goldenen High Heels. Um den Hals trug sie eine Goldkette. „Hi Paul. Schön dich zu sehen.“, sagte Chrissy. „Lass dich drücken, Cousine.“ Nach einer innigen Umarmung stellte ich meiner Cousine meine Juniorpartnerin vor. „Darf ich bekannt machen: Meine Juniorpartnerin Jelena Romanova.“ „Freut mich sehr.“ sagte Jelena und gab Chrissy mit einem festen Händedruck die Hand. „Setz dich doch, Chrissy.“ „Danke, Cousin.“ Als sich meine Cousine setzte, sah ich, dass sie unter ihrem Kleid noch einen schwarzen Slip trug. „Was können meine Partnerin und ich für dich tun?“ „Wie ich es dir schon am Montag gesagt habe, wird mein Leben bedroht.“ „Hast du schon einen Verdacht?“ „Ich kann dir genau sagen, wer es ist.“ „Wer?“ „Jamie und Norris Doohan.“ In meinem Kopf schrillten sämtliche Alarmglocken. „Kennst du die Typen etwa, Towarischtsch?“, fragte Jelena. „Und ob ich die kenne. Das sind die älteren Brüder von Mick Doohan, dem ich meine dreijährige Haftstrafe verdanke.“ 373 „Du hast mir die Geschichte nie erzählt, Partner.“ „Ich hatte bisher nicht die Gelegenheit dazu.“ „Komm schon, Paul. Hör auf zu flunkern. Du hattest schlichtweg keine Lust dazu. Und das zeigt mir, dass Du mir nicht vertraust. Als deine Partnerin habe ich etwas besseres verdient.“, sagte Jelena gekränkt. „Ich vertraue dir voll und ganz, Jelena. Allerdings betrifft dies ein Kapitel meines Lebens, über das ich nicht gerne spreche.“ „Verstehe. Aber du solltest zumindest mit mir darüber reden. Ich merke nämlich, wie sehr dich das belastet. Wir beide haben in Brasilien eine Straftat begangen, indem wir Renita Benitez und Margarita Goncalves de Almeida spurlos haben verschwinden lassen. Im Prinzip war es Mord.“ „Den man uns aber nicht nachweisen kann.“ „Trotzdem Cousin. Ihr zwei Hübschen habt kaltblütig zwei Menschen umgebracht. Da beißt die Maus keinen Faden ab.“ Ich seufzte. „Also schön. Hier und heute breche ich mein Schweigen. Der Grund, warum ich drei Jahre im Knast schmoren musste, war eine Frau. Meine Jugendliebe, wenn Du es genau wissen willst, Jelena. Mick Doohan hat sich ebenfalls für sie interessiert. Und weil Catherine, so hieß meine Jugendliebe, mir den Vorzug gegeben hat, wollte er mich aus dem Weg haben. Mick hat zusammen mit seinen Brüdern Jamie und Norris eine Kneipenschlägerei angezettelt und mich vor Gericht gestellt. Und obwohl alle Zeugen zu meinen Gunsten ausgesagt haben, hat man mich zu drei Jahren Haft verurteilt. Als ich 2013 aus dem Gefängnis raus war, wollte Mick mich wieder vor den Kadi schleifen, um mich noch einmal einzubuchten. Da haben Samantha und ich Großbritannien verlassen und uns hier niedergelassen. Ich habe meine Ausbildung als Privatdetektiv gemacht und Samantha hat ihre Kanzlei eröffnet. Am 20.05.2017 haben Mick und ich uns hier in diesem Raum gegenüber gestanden. Er wollte mich damals erschießen. Allerdings ist er dann selbst vor Gericht gelandet und hat als Strafmaß Lebenslänglich mit anschließender Sicherungsverwahrung gekriegt.“ „Hast du ihn danach noch einmal gesehen?“ „Ja. Er wurde mir bei meinem ersten Fall als Lockvogel zugeteilt. Peter Löwitsch, der Mittelsmann von Robert Burgstaller, hat Mick die Lampen ausgeschossen, als wir ihn haben hoch gehen lassen.“ „Jetzt wird mir so einiges klar, Towarischtsch. Jamie und Norris geben dir die Schuld am Tod ihres Bruders Mick.“ „Sieht fast so aus.“ „Hat Catherine sich nicht selbst das Leben genommen, holder Cousin?“ „Ja. Und dafür hat Mick mir die Schuld gegeben.“ „Also schließt sich der Kreis. Aber keine Angst, ich stehe an deiner Seite, Partner. Du hast mir in Südafrika gesagt, dass du ohne mich ein Nichts bist. Ohne dich bin ich ein Niemand.“ „Was kostet mich der Spaß, Paul?“, fragte Chrissy. „Hör mal, du bist meine Cousine. Da werd ich doch kein Geld verlangen.“ „Verwandtschaft hin oder her. Ich komme als deine, nein besser als eure Klientin.“ „Unter 10.000 € geht bei uns gar nichts. Qualität hat nun mal ihren Preis.“, sagte Jelena. „Ich habe vor kurzem eine nicht unerhebliche Summe im zweistelligen Millionenbereich geerbt. Sind 3 Millionen für jeden in Ordnung?“ „Einverstanden. Aber vor dem 20.07. schaffen wir es unmöglich.“ „Bis dahin könnten Jamie und Norris herausgefunden haben, wo ich wohne.“ „Und welche Stadt hat du dir als festen Wohnsitz auserkoren?“ „Ich lebe und arbeite in 374 Vancouver.“ „Hör zu, Chrissy. Du hältst die Knochen still, bis wir da sind. Geh nur raus, wenn es unbedingt nötig ist. Und geh niemals allein aus dem Haus.“, sagte ich. „Keine Bange. Die meiste Zeit arbeite ich sowieso von zu Hause aus. Ich bin nur zum abschließenden Gespräch mit meinem jeweiligen Kunden im Büro.“ „Was machst du eigentlich beruflich?“, wollte ich wissen. „Ich arbeite als Eventmanagerin.“ Am Sonntag, den 19.07.2020, brachte meine Schwester Samantha Jelena und mich zum Flughafen. Dafür war sie extra um 4:00 Uhr morgens aufgestanden. Wir hatten noch am vergangenen Freitag einen Flug mit Air Canada von Frankfurt nach Vancouver mit Zwischenlandung in Toronto gebucht. Unser Hotel war das Executive Hotel Vintage Park in der Nähe des False Creek. Chrissy war beleidigt, hatte sie doch gehofft, wir würden bei ihr wohnen. Doch ich konnte meine Cousine überzeugen, dass es besser war, wenn wir in einem Hotel wohnen würden. Denn hätten wir im Haus meiner Cousine gewohnt, dann wären Jamie und Norris alarmiert gewesen. Am Schalter 662 von Air Canada im Terminal 1 gaben Jelena und ich unsere Koffer auf. Samantha brachte uns anschließend noch zur Sicherheitsschleuse. „Kommt heil nach Hause.“, sagte sie. „Keine Bange. Ich mach Jamie und Norris fertig. Die beiden werden den Tag verfluchen, an dem ihr Bruder die Intrige gegen mich begonnen hat.“ „Du kennst Jamie und Norris, Bruderherz.“ „Sicher. Und dieses Mal wird dieses Spiel zu Ende gespielt. De Facto sind die beiden Rotzlutscher schon schachmatt. Sie sind sich dessen nur noch nicht bewusst.“ Wie immer passierten wir die Sicherheitsschleuse ohne Probleme. „Komisch. Jedes mal, wenn die beiden durch die Sicherheitsschleuse gehen, schlägt der Detektor nie an. Da stimmt doch was nicht.“, sagte eine Frau zu der hinter ihr stehenden Person. „Die beiden haben halt Glück. Mehr nicht.“ „Finden Sie? Beim letzten Mal hat der Scanner bei einem anderen Reisenden angeschlagen. Der Arme schmort immer noch hinter schwedischen Gardinen.“ „Pech. Was schleppt der auch eine Waffe mit sich herum.“ „Wie können Sie nur so herzlos sein? Der Mann ist unschuldig.“ „Der Kerl hat für Patricia Velasquez gearbeitet, soweit ich gehört habe. Er hatte den Auftrag, die beiden umzubringen.“ Wir gingen weiter in den Transitbereich, wo wir uns zwei freie Plätze reservierten. Ich studierte gerade die Anzeige, um unseren Flug zu suchen, als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich um und sah in das Gesicht von Hera Arnakis. Neben ihr stand ihre Cousine Alejandra Valderrama. „Hi Paul. Ist schon ein bisschen her, seit unserem Treffen auf Kreta.“, sagte Hera. „Da ist was wahres dran. Aber meine Partnerin und ich fliegen heute nach Vancouver. Meine Cousine ist in ernsthaften Schwierigkeiten.“ „Dann könnt Ihr unsere Hilfe brauchen. In welchem Hotel habt Ihr gebucht?“ „Im Executive Hotel Vintage Park.“ „Sehr gut. Dort haben wir auch ein Zimmer. Also Paul. Wenn wir in Vancouver sind, dann werden Hera und ich die bösen Buben im Auge behalten.“ „Jamie und Norris Doohan sind ziemlich gerissen.“ „Wir sind auch nicht auf den Kopf gefallen.“ „Apropos. Wonach suchst du eigentlich, Paul?“ „An welchem Gate unser Flug zum Boarding bereit gestellt wird.“ 375 „Welche Flugnummer?“ „AC 888.“ Alejandra schaute kurz auf das Display und fand schon nach 3 Minuten unseren Flug. „Ich hab ihn, Paul. Flug AC 888 wird an Gate B15 abgefertigt.“ Wir begaben uns direkt dort hin. Am Gate angekommen suchten wir uns vier Plätze nebeneinander. „Habt Ihr schon einen Plan?“, wollte Hera wissen. „Einen von den beiden sollten wir schon eher erledigen. Zusammen sind Jamie und Norris eine größere Gefahr als jeder für sich alleine.“ „Wer ist der gefährlichere von den beiden?“ „Norris.“ „Bis wir in Vancouver sind, haben meine Cousine und ich schon einen Plan.“, sagte Alejandra. Um 9:30 Uhr wurde unser Flug zum Boarding aufgerufen. „Achtung! Alle Passagiere des Fluges AC 888 werden gebeten sich umgehend an Bord der Maschine zu begeben. Ich wiederhole: Alle Passagiere des Fluges AC 888 werden gebeten sich umgehend an Bord der Maschine zu begeben.“ Wir gingen zum Schalter und scannten unsere Boarding Pässe ein. Danach ging es weiter zur Maschine, einer Boeing 787-9, wo wir einer Flugbegleiterin der Airline unsere Boarding Pässe noch einmal zeigten. Pünktlich um 10:00 Uhr startete unser Flieger zu seinem Flug nach Vancouver. Um 18:35 Uhr erreichten wir unseren Zwischenstopp in Toronto. Die Maschine wurde aufgetankt und das Gepäck der Passagiere, die nur bis Toronto gebucht hatten wurde ausgeladen. 50 Leute verließen den „Dreamliner“, wie Boeing die 787 nannte. Um 20:30 Uhr ging es dann weiter. In den 2 Stunden waren noch einmal 16 neue Passagiere an Bord gekommen. Um 1:35 Uhr landeten wir dann auf dem Vancouver International Airport. Nach dem Aussteigen gingen wir vier zur Gepäckausgabe und warteten an Band Nr. 4 auf unsere Koffer. Nachdem wir unser Gepäck geholt hatten trennten sich unsere Wege. Hera und Alejandra wurden von einem weißen Lincoln Towncar abgeholt, während Jelena und ich zu einer Autovermietung gingen. Bei Europcar mieteten wir einen geländegängigen Pick-Up der Ford Motor Company. Wir hatten uns für einen Ford Ranger Wildtrack mit Doppelkabine entschieden. Angetrieben wurde der Wagen vom 3,2-Liter-TDCI-Motor der 200 PS leistete. Als Getriebe hatte man das Start/Stop-6-Gang-Getriebe verbaut. Außerdem hatte unser Ford Ranger die programmierbare Standheizung und das Offroad Paket erhalten. Auch an eine 230 Volt-Steckdose in der Kabine hatte man bei Europcar gedacht. Als weiteres Extra gab es noch ein Park-Pilot-System vorn und hinten. Ein weiteres Highlight, das mir als Technik-Nerd auffiel, waren die Felgenschlösser. Natürlich durfte auch eine ordentliche Alarmanlage nicht fehlen. Ford hatte auf Wunsch von Europcar die Diebstahl-Alarmanlage mit Innenraumüberwachung eingebaut. Und da in Kanada das Wetter gerne mal umschlägt, hatte man bei der Autovermietung gleich die Laderaumabdeckung „Roller Shutter“ mitbestellt. Und zu guter Letzt sollte noch das Radiopaket 129 erwähnt werden. Lackiert war unser Ranger in Outdoor Orange Metallic. Vom Flughafen, der auf Sea Island errichtet worden war, fuhren wir nach 376 Norden. Auf unserem Weg zu unserem Hotel kamen wir durch den Stadtteil Kerrisdale, in dem meine Cousine wohnte. Unser Hotel lag in einem anderen Stadtteil Vancouvers, in Kitsilano. Das Vintage Park war eine Mischung aus einer Stahl-Glas-Konstruktion und einer Beton-Glas-Konstruktion. Der vordere runde Teil war aus Stahl und Glas gefertigt, während der Eingangsbereich überwiegend aus Beton gebaut worden war. Die Fenster der Zimmer waren großzügig und lichtdurchlässig. Als wir die Lobby des Hotels betraten, sah der Mann an der Rezeption von seinem Monitor auf. „Was kann ich für Sie tun, Mister?“, fragte er. „Paul MacLain und Jelena Romanova. Wir haben reserviert.“ „Einen Moment bitte.“ Der Mann suchte im System. „Sekunde! Da stimmt was nicht! Die Zimmer, die Sie reserviert haben, wurden ein zweites Mal vermietet.“ „An wen?“ „An eine Miss Guaido und einen Mister Masterson. Ich ruf mal schnell meinen Chef. Haben Sie bitte einen Moment Geduld.“ Nach 10 Minuten kam dann der Leiter des Hotels. „Wo brennts denn?“, fragte er. „Irgendwer hat die Zimmer Nummer 706 und 707 doppelt gebucht.“ „Ja ich sehe es. Sind Miss Guaido und Mister Masterson auf ihren Zimmern?“ „Ich befürchte, die horchen schon am Kopfkissen.“ „Na schön. Welche Zimmer haben wir noch frei?“ „Zimmer 710 und 712 wären noch frei. Die sind sogar noch besser gelegen, weil man von dort einen schönen Blick auf den False Creek hat.“ „Was meinen Sie Mr. MacLain?“ „Hab ich keine Probleme mit. Darf ich noch eine Frage stellen?“ „Nur zu.“ „Welches Zimmer haben Hera Arnakis und ihre Cousine Alejandra Valderrama?“ „Kennen Sie die beiden?“ „Seit unserem Fall auf Zypern.“ „Die Cousinen haben Zimmer 714.“ Wir bezogen unsere Zimmer. Auf dem Gang lief uns Hera Arnakis in die Arme. „Welche Zimmer habe ihr?“ „710 und 712.“ „Solltet Ihr nicht die Nummern 706 und 707 haben?“, fragte Hera stutzig. „Das schon. Aber irgend so ein klingonischer Vollpfosten hat die Zimmer doppelt gebucht.“ „Und jetzt hat jemand anderes die Zimmer von euch bekommen.“ „So sieht es wohl aus.“ „Na ja, egal. Hauptsache, Ihr seid untergebracht. Und jetzt schlaft euch erst mal aus. Wir sehen uns später beim Frühstück.“ Am 20.07.2020 ging ich nach dem Frühstück raus an die frische Luft. Auf der anderen Straßenseite bemerkte ich einen SUV der Marke Chevrolet. Als Technikfreak erkannte ich sofort, dass es sich bei diesem Modell um einen Chevy Blazer der S10-Reihe handelte. Der Wagen war in Cajun Red lackiert, einem Rot-Ton aus er aktuellen Farbpalette von Chevrolet. Ich notierte mir das Kennzeichen und schickte über mein Smartphone eine Anfrage an die örtliche Polizeidienststelle. Deren Antwort kam nach 15 Minuten. „Mr. MacLain! Der besagte Chevrolet mit Kennzeichen ND 1447 ist auf Norris Doohan zugelassen. Es handelt sich um einen Chevrolet Blazer aus dem Jahr 1995.“ „Danke für die Auskunft. Können Sie mir noch sagen, welche Autowerkstatt Norris immer aufsucht?“ „Klar. Norris ist Stammkunde bei Barneys Garage.“ 377 Auf Jelenas Zimmer trafen wir uns mit den Hera und Alejandra. „Du warst nach dem Frühstück so schnell verschwunden, Paul. Stimmt was nicht?“ „Jamie und Norris haben uns einen Besuch abgestattet. Ich habe einen SUV, einen Chevrolet Blazer der Reihe S10 aus dem Jahr 1995 auf der anderen Straßenseite gesehen. Lackiert im aktuellen Rot aus der 2020er Farbpalette.“ „Und wem gehört der Chevy?“ „Norris Doohan. Er lässt seinen Wagen bei Barneys Garage warten und reparieren.“ „Dann sollten wir uns den Mechaniker schnappen, der an dem Auto immer arbeitet.“ Vom Portier erfuhren wir, dass Barneys Garage in der Powell Street lag. Mit unserem Ford fuhren wir zu der Werkstatt. Als wir auf den Hof fuhren, kam der Chef aus seinem Büro. Barney war ein älterer, schlaksiger Mann mit weißen, schulterlangen Haaren und stechend blauen Augen. Ihm fehlten ein paar Zähne. Sein Kinn war mit unzähligen Bartstoppeln übersät. „Guten Tag. Kann ich den Herrschaften irgendwie behilflich sein?“, fragte Barney mit einer leicht krächzenden Stimme. „Mein Name ist MacLain. Paul MacLain.“ „Der Name ist mir nicht unbekannt. Sie kommen nicht zufällig aus Inverness?“ „Doch das tu Ich. Mein Vater war David MacLain.“ „Paul MacLain! Mann bist du groß geworden. Lass dich mal drücken Junge!“ Nach einer innigen Umarmung kam Barney gleich zur Sache. „Also Paul. Was führt dich nach Vancouver?“ „Die Arbeit. Jamie und Norris Doohan bedrohen das Leben meiner Cousine Chrissy.“ „Dann sei besser vorsichtig. Mit den beiden ist nicht gut Kirschen essen.“ „Ich kenn die beiden Wichser. Sag mal, Barney, hat Norris noch den roten Chevy Blazer?“ „Klar hat er den noch. Aber ganz ehrlich, Paul, Norris scheint es in letzter Zeit nicht nötig zu haben, seine Rechnungen pünktlich zu bezahlen.“ „Heißt im Klartext?“, fragte Jelena. „Verzeihung, Barney. Ich habe vergessen dir meine Begleitung vorzustellen. Da wäre zum einen Jelena Romanova. Meine Juniorpartnerin. Und Alejandra Valderrama und ihre Cousine Hera Arnakis.“ „Freut mich sehr.“ „Du sagtest, dass Norris in der letzten Zeit seine Rechnungen nicht pünktlich bezahlt. Was meinst du damit?“ „Ganz einfach. Ich muss ihm immer eine Mahnung schicken. Manchmal reagiert er auch erst nach der dritten Mahnung.“ „Hat er im Moment Außenstände bei dir, Barney?“ „Nein, Paul. Aber ich seh mir das nicht mehr lange mit an. Das kannst du glauben.“ „Hast du schon mal versucht, Vorkasse zu verlangen?“ „Natürlich. Aber dann kommt sein Bruder Jamie und droht, meinen Laden dicht machen zu lassen.“ „Dafür braucht er aber eine verdammt gut Begründung.“, sagte Hera. „Er behauptet, Vorkasse wäre illegal und er hätte genügend Beweise, dass ich krumme Dinger drehe.“ „Typisch Jamie. Dreht sich die Wahrheit so, wie es für ihn und Norris am günstigsten ist.“, sagte ich. „Am liebsten würde ich Norris eine Bombe ins Auto bauen.“ „Mach das doch. Und behalte den Wagen als Pfand, bis Norris die Kohle rausrückt.“ Wir verließen Barney. Und kaum, dass wir das Gelände verlassen hatten, sah ich, wie Norris mit seinem Chevy auf den Hof fuhr. Jelena stieg aus und schlich sich nahe genug heran, damit sie alles mitbekam, ohne gesehen zu werden. „Was willst du dieses Mal Norris?“, fragte Barney. „Das Getriebe macht Probleme. Kannst du 378 mal nachsehen?“ „Sicher. Aber wenn du Pech hast, muss ich unter Umständen einen Getriebetausch vornehmen.“ „Was kostet sowas?“ „Es ist ja noch nicht mal gesagt, dass ich für deinen Blazer noch ein Originalgetriebe bei Chevrolet kriege. Vergiss nicht, der Wagen ist Baujahr 95. Wenn, dann höchstens ein gebrauchtes das gut erhalten ist.“ „Angenommen, es gibt noch Originalteile für den S10 beim Hersteller. Wie viel würde das kosten?“ „Da ich das ganze aus Detroit kommen lassen müsste und GM für entsprechende Teile stolze Preise verlangt, kommst du unter acht Riesen nicht weg.“ „Ganz schön happig.“ Norris fuhr seinen Chevy auf die Hebebühne. Barney machte sich gleich an die Arbeit und untersuchte das Getriebe. Es dauerte eine Stunde, ehe er fertig war. „Und?“, wollte Norris wissen. „Schlechte Neuigkeiten. Das Getriebe ist hinüber. Ich muss es austauschen.“ „Na schön. Ich versuch ein Ersatzgetriebe aufzutreiben. Aber dann machst du es für 300.“ „300 Dollar? Nein Norris. 3.000 müssen es schon sein.“ „Drei Riesen?? Barney, du tickst nicht mehr ganz richtig. 500. Das ist mein letztes Wort.“ „3.000. Oder du kannst dir eine andere Werkstatt suchen.“ „Na schön. Dann eben 3.000.“, sagte Norris zerknirscht. Am nächsten Tag kam Norris wieder. Sein Bruder Jamie fuhr ihn. Er besaß einen schwarzen Ford Explorer der 3. Generation aus dem Jahr 2002. Jamie und Norris öffneten die Heckklappe des Ford und wuchteten nacheinander die Komponenten für ein neues Getriebe für Norris Chevy heraus. „Hier ist das Austauschgetriebe, Barney. Aber jetzt keine Mätzchen mehr. Haben wir uns da klar verstanden?“, sagte Jamie. „Nur gegen Barzahlung im voraus.“ „Fängst du schon wieder damit an! Ich hab dir doch gesagt, dass Vorkasse illegal ist.“ „Dann bleibt der Wagen so lange hier, bis dein sauberer Bruder bezahlt hat, Jamie. So einfach ist das.“ „Ich kann deinen Laden dicht machen lassen, Barney. Das weißt du genau. Soll ich bei den Mounties vorstellig werden, und denen erzählen, dass du ahnungslose Kunden als Drogenkuriere missbrauchst?“ In dem Moment rollte ein 2006er Corvette C6 auf den Hof der Werkstatt. Eine Frau stieg aus. Sie war 1,65 m groß und hatte braune Haare die bis zu ihren üppigen Brüsten reichten. Auch der schlanke, sexy Körper und die sexy Beine hinterließen bei mir einen bleibenden Eindruck. Das ovale Gesicht mit den braunen Augen und den sinnlichen Lippen machte ebenfalls was her. Ebenso die etwas breite Nase, die sich dennoch harmonisch ins Gesicht einfügte. Bekleidet war die unbekannte Schöne, deren Alter ich auf 21 Jahre schätzte mit einem schwarz-weiß-gestreiften Rock und einem schwarzen T-Shirt. Dazu trug sie schwarze High Heels. „Entschuldigen Sie, Mister. Aber ich befürchte, Ihre Aussage, dass Vorkasse illegal ist, entspricht nicht der Wahrheit. Außerdem habe ich erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Beweise.“ „Wer sind Sie überhaupt, dass Sie es wagen, sich in Dinge einzumischen, die Sie überhaupt nichts angehen?“ „Mein Name ist Elena Guaido. Ich bin Rechtsanwältin und eine gute Freundin von Chrissy Fox.“ „Trotzdem wüsste ich nicht, was Sie die Sache mit dem Getriebetausch angeht. Sie beknackte Rechtsverdreherin.“ 379 Falls Jamie Doohan gehofft hatte, mit seinem pöbelhaften Auftreten bei Miss Guaido Eindruck zu schinden, so war ihm dies nicht gelungen. „Ich bin Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht. Barney hat mich beauftragt, ihn zu vertreten, sollte diese Angelegenheit vor Gericht landen.“ „Kann er sich so eine flotte Biene, wie Sie eine sind, überhaupt leisten?“ „Erwarten Sie auf diese Frage etwa eine Antwort?“ „Na schön. Sie haben gewonnen. Denn weder mein Bruder noch ich haben Bock auf eine gerichtliche Auseinandersetzung.“ „Schön, dass Sie das einsehen, Mr. Doohan.“ Jamie zog 30 Bündel 100-dollar-Scheine hervor und drückte sie Barney in die Hand. „Cash auf die Kralle. Aber ab jetzt keine Kinkerlitzchen mehr. Hast du verstanden? Oder die Mounties werden dich mit ihrem Besuch beehren.“ „Willst du Pfusch oder erstklassige Arbeit?“ „Letzteres natürlich. Aber zu fairen Preisen.“ Wir hatten genug gehört. Tief in meinem Inneren verspürte ich den Wunsch, auf den Hof der Werkstatt zu marschieren und mich Jamie und Norris zu zeigen. Doch auf Jelenas Anraten ließ ich davon ab. Wir wollten gerade zum Wagen zurück, als Jamie Barney noch eine Frage stellte. „Wo ist eigentlich Paul MacLain? Wir wissen, dass er hier in Vancouver ist. Wir haben ihn gestern in Begleitung einer jungen, gutaussehenden Dame gesehen. Waren die beiden schon hier?“ „Und wenn schon, was geht euch das an?“ „Hör zu Barney. Paul MacLain muss sterben. Und das wird er auch. Und wenn wir mit ihm fertig sind, ist seine Cousine dran. Und danach seine Begleiterin.“ Zurück im Hotel trafen wir uns auf Jelenas Zimmer. „Also Ladies, Ihr habt gehört, worum es geht. Wir müssen Norris ausschalten. Barney wollte ihm eine Bombe ins Auto bauen. Helfen wir ihm dabei.“ „An was für eine Art Bombe hast du gedacht, Towarischtsch?“ „An eine Zeitbombe. Allerdings muss der Sprengsatz so versteckt werden, dass weder Jamie noch Norris ihn finden.“ „Ich hab eine Idee, Paul.“, sagte Alejandra. „Schieß los.“ „Warum verbindest du die Bombe nicht mit dem Anlasser? Dieser sendet doch einen elektrischen Impuls an die Zündspule.“ „Richtig. Warum fragst du?“ „Ich würde dort ein Zählwerk anbringen, das einen Impuls an die Bombe weitergibt. Und nach sagen wir, 15 Zündvorgängen, sollte die Bombe hochgehen.“ „Du bist echt genial, wie du sexy bist.“ Am frühen Nachmittag suchte ich einen Freund auf, der auf einem der Militärstützpunkte arbeitete. „Na sieh mal einer an. Mein alter Kumpel Paul MacLain schaut mal vorbei.“, sagte er, als ich am Kasernentor stand. „Kannst du mir einen Gefallen tun, Hector?“ „Kommt drauf an was du willst.“ „Du kennst doch noch Mick Doohan.“ „Dein Rivale? Hör zu, lass uns ins Offizierscasino gehen und einen trinken. Dann kannst du mir alles erzählen.“ Später saßen wir bei einem Bier zusammen. „Sag mal, was machst du eigentlich, seitdem du aus dem Knast raus bist?“, fragte mich Hector. „Ich arbeite als Privatermittler. Seit meinem vierten Fall habe ich eine Juniorpartnerin. Jelena Romanova.“ „Die Speznas-Agentin?“ „Jepp.“ „Nach allem, was man sich so über sie erzählt, muss sie ein echt heißer Feger sein.“ „Vorsicht, Hector. Jelena ist zwar 380 sexy, aber sie ist auch ebenso gefährlich. Ein Berufskiller namens Maurice Womasa musste diese tödliche Erfahrung machen.“ „Du meinst doch nicht etwa „BULL“?“ „Doch, den meine ich. Jelena hat ihn mit einer Drahtschlinge erdrosselt.“ „Autsch! Und was machst du hier in Vancouver?“ „Meine Cousine Chrissy, hat mich und Jelena angeheuert, damit wir ihr Jamie und Norris Doohan vom Hals halten.“ „Sind das nicht die beiden älteren Brüder von Mick?“ „Du hast es erraten, Hector. Sie bedrohen das Leben von Chrissy.“ „Deswegen ist sie in letzter Zeit so ängstlich. Du musst wissen, Paul, deine Cousine und ich sind seit letztem Jahr ein Paar. Dass Jamie und Norris jetzt Chrissy ans Leder wollen, lässt für mich nur einen Schluss zu.“ „Welchen?“ „Sie wollen in erster Linie dich. Meine Chica ist für sie nur Mittel zum Zweck. Aber es ist gut, dass du deine Partnerin mitgenommen hast.“ „Noch haben wir nicht angefangen, aber wir waren gestern und heute bei Barneys Garage. Norris und Jamie machen ihm Feuer unterm Arsch.“ „Ich weiß.“ „Barney will Norris eine Bombe ins seinen Chevy bauen. Eine Bekannte, halb Griechin, halb Kolumbianerin, hat schon eine konkrete Vorstellung, wie die Bombe aufgebaut sein könnte.“ „Dann lass mal hören.“ Ich schilderte Hector Alejandras Idee. Während meiner Schilderungen fertigte er eine Skizze an. „Nicht schlecht. Na schön. Ich kümmer mich um die Beschaffung des Sprengstoffs und baue den Zündmechanismus zusammen. Eine Frage noch.“ „Ich höre.“ „Soll das Zählwerk ein analoges oder ein digitales sein?“ „Es sollte eines sein, das keine verräterischen Geräusche verursacht.“ „Das lässt sich bei einem digitalen Zähler ohne großen Aufwand programmieren.“ Zurück im Hotel, klopfte ich an die Tür von Jelenas Zimmer. Meine Partnerin öffnete. „Wo brennts denn, Paul?“, fragte sie. „Ich hab einen alten Freund besucht, der beim kanadischen Militär dient. Er hilft uns beim Bau der Bombe.“ „Komm rein.“ Kaum war die Tür zu, kam Jelena zur Sache. „Also wenn ich das richtig verstehe, Partner hast du schon jemanden gefunden, der uns beim Bau der Bombe unterstützt. Wie passt der Bursche in unsere Pläne?“ „Er ist der Lover von Chrissy.“ „Verstehe. Und als solcher, hat er ein Interesse, dass Jamie und Norris zur Hölle fahren.“ „So siehts mal aus. Aber man darf keinen von uns mit Norris Tod in Verbindung bringen.“ „Das versteht sich ja wohl von selbst. Ist es nicht so, dass es in jeder größeren Stadt Mafiabanden gibt?“ „Klar gibt’s die. Wieso fragst du?“ „Mich würde interessieren, ob einer oder sogar beide Brüder bei den Mafiosi auf der Abschussliste stehen.“, sagte Jelena. „Das lässt sich leicht raus finden.“ Nach dem Abendessen fuhren Jelena und ich mit den Cousinen zum Hafen runter. An einem der Docks fragte ich einen der Arbeiter ob Jamie und Norris in Vancouver Feinde hätten. „Na und ob. Speziell Norris steht bei den Unterweltbossen ganz oben auf der Abschussliste.“ „Aha. Ich muss mich entschuldigen. Ich habe vergessen, mich vorzustellen. Mein Name ist MacLain. Paul MacLain. Die Dame mit der Narbe am Bauch ist meine Juniorpartnerin Jelena Romanova. Und die beiden anderen Damen sind Hera Arnakis und Alejandra Valderrama.“ „Sie sind doch mit Chrissy Fox verwandt, richtig?“ „Ja, das stimmt.“ „Ich denke, ich kann Ihnen trauen, Mister. Wie gesagt, speziell Norris steht bei den Clanchefs ganz oben auf der schwarzen 381 Liste.“ „Können Sie uns ein Beispiel nennen?“ „Einige.“ „Welcher Mafiaboss liquidiert Verräter und andere Widersacher mit Autobomben, die einen Zeitzünder haben?“ „Oh! Da gibt es nur einen. Antonio Rivetti. Spitzname „Bomben-Toni“. Er pflegt bei seinen Bomben ein Zählwerk anzubringen, dass runter zählt. Dieses wird an der Zündspule angebracht. Warum wollen Sie das wissen?“ „Ganz einfach, weil wir Mr. Rivetti Norris auf dem Silbertablett servieren wollen. Sein Wagen steht zurzeit bei Barneys Garage. Das Getriebe ist hinüber.“ „Die Idee ist gut. Aber Bomben-Toni steht unter Beobachtung. Gerade bei Waffen und Sprengstoff schauen die Mounties genauer hin.“ „Den Sprengstoff und den Zündmechanismus besorge ich. Den Rest braucht nur noch Bomben-Toni zu erledigen.“ „Wo finden wir ihn überhaupt?“, fragte Jelena. „Im Celebrities Nightclub.“ „Um welche Uhrzeit ist Mr. Rivetti meistens dort?“ „Er kommt für gewöhnlich um 21:30 Uhr. Aber dann hat er den ganzen Clan im Schlepptau.“ Nach unserem Ausflug an den Hafen setzten wir uns noch einmal auf meinem Zimmer zusammen. „Also Ladies. Wir wissen jetzt, welcher Mafioso unser Mann fürs Grobe sein wird.“ „Man darf uns aber nicht mit Norris Tod in Verbindung bringen, Paul.“, mahnte Hera. „Daran habe ich schon gedacht. Aber wir müssen in diesem Punkt mit äußerster Vorsicht agieren. Man darf uns nur nicht zusammen mit „Bomben-Toni“ sehen.“ „Das hängt mit einem Faktor zusammen.“, sagte Jelena. „Welcher wäre das?“ „Ich denke ich weiß, worauf deine Partnerin hinaus will. Es hängt damit zusammen, wie gut der Club besucht ist. Wenn der Club zu diesem Zeitpunkt richtig voll ist, könnten wir nicht weiter auffallen.“, sagte Alejandra. „Ich werde mal mein Glück bei den Mounties versuchen.“ „Ich begleite dich, Towarischtsch.“ Am nächsten Morgen suchten Jelena und ich die örtliche Polizeistation auf. Hera und Alejandra versuchten mehr darüber herauszufinden, warum Antonio Rivetti Micks Bruder Norris tot sehen wollte. Der Leiter des Polizeireviers der Royal Canadian Mounted Police in Vancouver wäre vor Zorn fast an die Decke gegangen. „SAGEN SIE MAL, MR. MACLAIN, WIE STELLEN SIE SICH DAS EIGENTLICH VOR? WISSEN SIE EIGENTLICH, WAS SIE DA VON MIR VERLANGEN, SIE AUFGEBLASENER ARMLEUCHTER?“ Ehe ich antworten konnte polterte er auch schon weiter. „SIE VERLANGEN VON MIR, DASS ICH MEINEN EID BRECHE, DEN ICH DAMALS BEI AMTSANTRITT GESCHWOREN HABE. SIE VERLANGEN VON MIR, DASS ICH DAS GESETZ BRECHE! HABEN SIE ÜBERHAUPT EINE AHNUNG, WIEVIEL FÜR MICH AUF DEM SPIEL STEHT? SOLLTE IHRE AKTION NÄMLICH SCHIEF GEHEN, MR. MACLAIN, DANN BIN ICH DIE LÄNGSTE ZEIT EIN MOUNTIE GEWESEN!“ Jelena schaltete sich ein. „Hören Sie, Mr. Fraser. Mein Partner und ich sind uns sehr wohl bewusst, was auf dem Spiel steht. Aber nichts desto trotz brauchen wir Bomben-Tonis Hilfe. Norris Doohan ist, solange er lebt, eine Gefahr für uns. Er kann seinen Bruder Jamie nämlich warnen. Wenn Norris stirbt, dann ist Jamie hilflos. Wie eine Marionette, die man von ihren Fäden getrennt hat.“ „Das leuchtet ein. Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass im Falle eines Scheiterns eine unehrenhafte Entlassung aus dem Polizeidienst wie ein 382 Damoklesschwert über meinem Kopf hängt.“ „Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag. Sie lassen Mr. Rivetti den Mord an Norris Doohan durchführen und dann schnappen Sie ihn. Denn dann hätten Sie ihn im Prinzip inflagranti erwischt.“, sagte ich. „Okay, von mir aus. Aber wenn die Sache schief geht, dann brummen Sie beide ein paar Jährchen im Knast.“ Nach unserem Besuch bei den Mounties trafen Jelena und ich uns mit Hera und Alejandra in einem Café. „Also Ladies, wie ist es bei euch gelaufen?“, fragte ich. „Wir haben uns umgehört. Aber keiner will reden.“ „Fucking Bullshit!“ „Ist aber auch verständlich. Jeder hat Angst, dass er von der Mafia Besuch bekommt.“ „Wir leben doch nicht mehr in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts.“ „Die Zeiten haben sich zwar geändert, und sicher auch die Mafiamethoden. Aber die Kaltblütigkeit ist nach wie vor die selbe.“ „Das hat gerade noch gefehlt.“ „Nicht so schnell. Einer hat doch noch geredet. Der Mann arbeitet bei Barney. Sein Name ist Massimo Creoli. Italoamerikaner. Ist vor drei Jahren nach Kanada abgezischt.“ „Warum denn das?“ „Ein Killerkommando der Triade war ihm auf den Fersen.“ „Na hoffentlich finden die den nicht.“ „Wohl kaum. Massimo ist Mitglied in der Bande von unserem Freund Bomben-Toni.“ „Was hat Mr. Creoli euch denn gesteckt?“ „Antonio Rivetti schiebt einen echten Hass auf Norris.“, sagte Alejandra. „Der Grund warum ist folgender: Norris hat Antonios Schwester vergewaltigt und ihm auch noch die Freundin ausgespannt.“ „Und nach einem Monat hat er das Mädel abgesägt um eine neue Frau aufzureißen. Die arme hat die Trennung nicht verkraftet und sich mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben genommen.“ „Na schau mal einer an. Ein triftiger Grund jemanden in die ewigen Jagdgründe zu schicken.“ „Wie ist es eigentlich bei den Mounties verlaufen?“, fragte Hera. „Wir haben soweit grünes Licht. Aber die Mounties wollen auch ein Stück vom Kuchen. Nämlich Bomben-Toni.“ „Geben wir Ihnen, was sie wollen.“ „Das war auch mein Vorschlag. Aber wenn die Sache schief geht, dann sitzen Jelena und ich erst mal ein.“ „WIE BITTE???“ „Du hast schon richtig gehört, Alejandra. Wenn die Aktion schief geht, dürfen meine Partnerin und ich einige Zeit im Knast brummen.“ „Haben die einen Sockenschuss?“ „Die Royal Canadian Mounted Police will sich absichern. Wenn die Aktion schief geht, und wir kommen ungeschoren davon, haben die Mounties einen Imageschaden, den sie so schnell nicht wieder beheben könnten. Das Vertrauen der Kanadier in die Royal Canadian Mounted Police dürfte dann auf unbestimmte Zeit erschüttert sein.“ Es war am späten Nachmittag, als ich meinen alten Kumpel in der Kaserne aufsuchte. Ich wusste nicht wie, aber er hatte von meinem Plan, Norris durch einen Mafiaboss beseitigen zu lassen, erfahren. „Deine Idee ist nicht schlecht. Aber Bomben-Toni ist nicht aus Dummsdorf.“ „Was muss ich tun, damit er uns hilft?“ „Zum einen tief in die Geldtasche greifen. Bomben-Toni lässt sich seine Hilfe ordentlich was kosten. Unter 2 Mille kommst du nicht weg.“ „Nehmen wir an, ich finde jemanden, der die erforderliche Summe aufbringen kann, wie geht es dann weiter?“ „Das besprichst du alles mit Antonio Rivetti. Und während du deinen Plan ausgearbeitet hast, war ich auch nicht ganz untätig. Hier hast du den 383 Sprengstoff und den Zündmechanismus. Hals und Beinbruch, Keule.“ „Danke Hector. Hast was gut bei mir.“ „Nicht der Rede wert. Sag mir Bescheid, wenn der Showdown bevor steht.“ „Mach ich.“ Später am Abend, das Abendessen hatten wir schon seit geraumer Zeit zu uns genommen, begaben Jelena und ich uns in Begleitung der beiden Cousinen in den Celebrities Nightclub. Es war 20:45 Uhr als wir den Club betraten. Das Päckchen mit dem Sprengstoff und dem Zündmechanismus, das Hector mir bei meinem Besuch in der Kaserne mitgegeben hatte, hatte ich im Hotel zurückgelassen. Wir setzten uns an einen Tisch, von dem aus wir den ganzen Club überblicken konnten, ohne selbst gesehen zu werden. Keine 15 Minuten später betrat ein Mann den Club. Er war schlank, und trug einen schwarzen Anzug. Auf dem Kopf trug er einen grauen Hut. Das kantige Gesicht mit den braunen Augen und den markanten Kinn besaß noch einen schwarzen Schnurrbart. Offenbar wollte er unseren Tisch, denn er steuerte direkt drauf zu. „Guten Abend die Herrschaften.“, sagte er mit einem leicht arroganten Tonfall. „Buenos Tardes, Señor.“ „Ich möchte sie dezent darauf aufmerksam machen, dass dieser Platz eigentlich für Mr. Rivetti reserviert ist. Er pflegt jeden Abend dort zu sitzen.“ „Es tut mir leid, wenn wir den Platz von ihrem Freund jetzt in Beschlag genommen haben, aber wir sind her gekommen, weil wir ihm ein Geschäft vorschlagen wollen.“ „Verstehe. Und sie wünschen dabei keine Mitwisser.“ „Das haben Sie sehr richtig erfasst.“ „Ich sage Signore Rivetti bescheid. Aber bevor ich mit ihm spreche, würde ich gerne wissen, was genau Sie von ihm wollen.“ „Es geht um Norris Doohan. Wir wollen im Prinzip dasselbe wir Ihr Freund. Nämlich seinen Tod.“, sagte ich. „Ich werde sehen, was ich ausrichten kann. Aber ich verspreche nichts.“ Es dauerte eine Weile, bis Antonio Rivetti persönlich auftauchte. Er war 1,80 m groß und hatte einen athletischen Körperbau. Seine schwarzen Haare trug er offen, sodass sie bis zu seinen Schultern reichten. Sein Gesicht war oval geschnitten und hatte ein rundes Kinn. Dieses war jedoch von einem dichten schwarzen Vollbart bedeckt. Auffällig waren allerdings die gelbbraunen Augen. Bekleidet war Bomben-Toni mit einem schwarzen Nadelstreifenanzug, schwarz-weißen Brogues, einem weißen Hemd und einem schwarzen Hut. „So so. Sie wollen mir also einen Deal unterbreiten. Wenn die Bezahlung stimmt, sehen wir weiter.“ „Reichen vier Millionen, Señor Rivetti?“, fragte Alejandra. „Wenn Sie das Geld dabei haben, reden wir weiter.“ Alejandra Valderrama stellte einen Aktenkoffer auf den Tisch. „In diesem Koffer befinden sich 2 Millionen kanadische Dollar. Als Anzahlung. Den Rest kriegen Sie nach der Ausführung des Auftrags.“ „Oho. Eine Frau mit Prinzipien. Gefällt mir.“, sagte Bomben-Toni. Dann setzte er sich mir gegenüber. „Und wen haben wir hier?“ „Mein Name ist MacLain. Paul MacLain. Und die Dame mit dem roten Paillettenkleid ist meine Juniorpartnerin Jelena Romanova.“ „Ihre Namen sind mir nicht ganz unbekannt. Alfredo hat mir berichtet, dass sie auch Norris tot sehen wollen.“ „Das stimmt. Seinem Bruder Mick hab ich einen dreijährigen Aufenthalt im Gefängnis zu 384 verdanken. Allerdings unschuldig.“ „Verstehe. Sie wollen Rache. Molto Buono. Ich sag Ihnen was Signore MacLain. Sie besorgen den Sprengstoff und den Zündmechanismus und ich baue die Bombe zusammen. Allerdings wäre noch eine Zusatzzahlung von 50.000 Dollar fällig.“ Alejandra griff in ihre Handtasche und holte einen Umschlag heraus. „Hier sind noch einmal 60.000.“ „Dann sind wir im Geschäft.“, sagte Bomben-Toni. Nachdem alles geklärt war, war es für meine Begleitung und mich Zeit zu gehen. Als ich aufstand sah mich der Mafiaboss noch einmal an. „Eine Frage noch.“, sagte er. „Was?“ „Wann können Sie die für die Bombe benötigten Utensilien beschaffen?“ „Die hab ich schon. Ich hab sie in meinem Zimmer im Hotel.“ „Gut. Treffen wir uns morgen Abend wieder hier. Um die gleiche Zeit.“, sagte Bomben-Toni. „Einverstanden.“ Zurück im Hotel kam der Manager des Hotels auf mich zu. „Captain Fraser war hier. Sie mögen bitte morgen bei ihm auf dem Revier erscheinen.“ „Danke für die Information.“ Am nächsten Morgen gingen Jelena und ich in Begleitung der beiden Cousinen ins Polizeipräsidium von Vancouver. Benton Fraser kam gleich zur Sache, nachdem wir den Raum betreten hatten. „Ich habe noch einmal über unser gestriges Gespräch nachgedacht. Ich werde Ihnen, soweit es meine Machtbefugnisse zulassen freie Hand lassen. Allerdings stelle ich eine Forderung.“ „Die da wäre?“ „Wenn Sie ihre Aktion durchgezogen haben, werde ich Antonio Rivetti verhaften. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie und ihre Partnerin die Knochen stillhalten.“ „Können wir mit leben.“, sagte ich. Als wir ins Hotel zurückkamen erlebten wir eine böse Überraschung. Jamie und Norris warteten seelenruhig am Empfang. „Na Paul, wie geht’s denn so?“, fragte Jamie mit einem diabolischen Grinsen. „Kann mich nicht beklagen. Ich hab in drei Jahren mehr verdient, als Ihr beide in eurem armseligen Leben.“ „Was nützt dir eine gute finanzielle Lage, wenn du am Ende sowieso nichts davon hast?“, fragte Jamie. Norris ergänzte: „Wir hätten dich schon am Tag deiner Entlassung eliminieren sollen.“ „Wenn Ihr zwei Dumpfbacken glaubt, dass Ihr mich mit diesem billigen Trick reinlegen könnt, dann seid Ihr schief gewickelt. Die internationale Unterwelt zittert vor Angst, wenn sie meinen Namen hört.“ „So so. Und was macht Paul MacLain, dass die Unterweltbosse ihn fürchten?“ „Ich bin Privatermittler.“ „Oh! Paul MacLain arbeitet in einem Detektivbüro. In welchem wenn man fragen darf?“ „Im Detektivbüro MacLain-Romanova.“ Norris stutzte. „Was hast das zu bedeuten?“ „Ich bin mein eigener Chef. Und nur, falls Ihr zwei Pfeifendeckel es noch nicht geschnallt habt, die kleine Brünette ist meine Juniorpartnerin. Jelena Romanova. Ehemalige Speznas-Agentin.“ Jamie schluckte schwer. Auch Norris begann zu schwitzen. „Na? Geht euch zwei klingonischen Vollpfosten der Arsch etwa schon auf Grundeis?“ Alejandra sah mich fragend an. „Wer sind denn diese Mülleimer?“, fragte sie. „Halt dich da raus Süße, das ist nicht deine Angelegenheit!“ „Seit wann bin ich deine Süße, du Pappnase!“ „Deine letzten Tage auf dieser Erde sind angebrochen, MacLain. Bald ist es aus mit dir!“ „Du stinkst ja geradezu vor 385 Überheblichkeit, du Pappnase!“ Norris ließ ein Springmesser aufschnappen. „Wer ist die Kleine denn? Ist sie vielleicht dein Liebchen? Ich bin sicher, dass sie auch meine Wünsche erfüllen wird.“ Doch so schnell, wie Jamies Bruder in den Lauf von Alejandras Beretta blickte, konnte er noch nicht mal mit den Zähnen klappern. „Ich warne dich, Blanquito. Beim nächsten Mal mach ich ernst.“ „Verrätst du mir noch deinen Namen, damit ich weiß, was ich auf deinen Grabstein meißeln lassen soll?“ „Alejandra Valderrama. Manche nennen mich auch El Doberman. Also pass auf Gringo. Sonst reiß ich dich in Stücke. Und jetzt zischt ab. Beeilt euch, sonst überleg ich es mir anders und schieße euch gleich hier über den Haufen.“ Später am Abend trafen wir uns mit Bomben-Toni wieder im Celebrities Nightclub. Ich hatte das Päckchen mitgenommen. Heimlich, still und leise schob ich es ihm unter dem Tisch zu. „Ich frag nicht mal wo Sie es her haben.“, sagte er. „Ja, das ist auch besser so, Mr. Rivetti.“ „Wie schnell brauchen Sie die Bombe?“ „Das kommt drauf an, wie lange Barney für das Getriebe braucht.“ „Eine Frage.“ „Schießen Sie los.“ „Was für einen Wagen fährt Norris Doohan?“ „Einen 95er Chevrolet Blazer. Ist die S10-Reihe.“ „Davon verstehe ich nichts. Aber gut. Ich häng mich heute noch an die Sache dran. Wenn die hübsche Signora mir noch mal 500.000 gibt, ist die Bombe schon übermorgen fertig.“ Alejandra knallte zwei Luftpolstertaschen auf den Tisch. „Sie sind ja ganz schön geldgierig, Señor Rivetti.“ „Qualität hat nun mal ihren Preis.“ „Also übermorgen. Ich verlass mich auf Sie, Mr. Rivetti.“, sagte ich und stand auf. „Einen Moment noch.“ „Was ist denn noch?“ „Eine Sache wäre noch zu klären.“ „Bitte.“ „Habe ich Ihr Wort, dass Sie mich nicht bei den Mounties hinhängen?“ „So wahr ich hier stehe. Ich gebe Ihnen das Ehrenwort eines MacLains.“ Am Freitag, wir schrieben den 24.07.2020, fuhren Jelena und ich zu Barney. Hera und ihre Cousine hatten sich an die Fersen von Jamie und Norris geheftet. „Hey Paul. Ich hoffe, du bringst gute Nachrichten.“, sagte Barney, als wir auf den Hof kamen. „Montag.“ „Was ist mit Montag?“ „Da können wir die Bombe in Norris Wagen installieren. Morgen habe ich das gute Stück.“ „Hoffentlich baust du keinen Scheiß, Junge. Du weißt, für mich geht es um meine Existenz.“ „Mach dir keine Sorgen, Barney. Bald hast du ein Problem weniger.“ Am darauf folgenden Tag, Samstag, den 25.07.2020, trafen Jelena und ich uns in Begleitung der beiden Cousinen wieder mit Antonio Rivetti. Dieser gab mir eine kleine Umhängetasche. „Da ist das gute Stück. Ich habe das Zählwerk auf 25 Zündungen eingestellt. Wenn Norris den Motor zum fünfundzwanzigsten Mal startet, gewinnt er einen Freifahrtschein in die ewigen Jagdgründe.“, sagte er. „Sie sind Ihr Geld wert.“, sagte ich. „Bin ich immer. Und nur noch mal zur Erinnerung. Kein Wort zu den Mounties.“ „Ich habe Ihnen meinen Ehrenwort gegeben. Und ich stehe zu meinem Wort.“ „Man kann nie vorsichtig genug sein. Sehen Sie, die Mounties kleben mir schon seit Beginn des Jahres an den Hacken.“ „Was haben Sie denn verbrochen, dass Ihnen die Royal Canadian Mounted Police im Nacken sitzt?“, fragte Jelena. „Ich habe einen unbequemen Rivalen ausgeschaltet. Ich weiß nicht, ob 386 Ihnen der Name Billy Robards was sagt.“ „Vom Hörensagen.“ „Nun ja, er hat mir letztes Jahr im August, als Sie und Signora Romanova in Ungarn aktiv waren, bei einer wichtigen Lieferung dazwischen gefunkt. Er hat den Mounties einen Tipp gegeben, dass ich eine Fuhre Tequila erwarte, der auf dem kanadischen Markt nicht erhältlich ist. Ich musste die Ware umleiten. Also habe ich Billy eine Bombe ins Auto gepackt. Sie war im Benzintank versteckt. Der Wichser hat nichts gemerkt, bis es zu spät war.“ Am Montag brachten wir das Paket zu Barney und gaben es Massimo Creoli. „Mille Grazie. Ich mach mich, bevor ich Feierabend mache, an die Arbeit. Morgen früh ist das Bömbchen einsatzbereit.“, sagte er. „Sehr gut. Wird Norris das Zählwerk entdecken können?“ „Nur wenn er sich mit der Materie auskennt, und weiß wonach er suchen muss.“, sagte Massimo. „Mick wäre der einzige gewesen, der die Bombe hätte finden und entschärfen können. Seine Brüder hatten dafür kein Händchen.“ „Und Mick ist seit drei Jahren tot.“, sagte Jelena. Wir wollten gerade gehen, als Jamie und Norris auf den Hof fuhren. „Na sieh mal einer an. Paul MacLain. Dich trifft man aber auch überall.“ „Ich wollte gerade gehen.“ „Du machst es dir wie immer einfach. Wenn es brenzlig wird, ziehst du den Schwanz ein. Dass du es überhaupt beim SAS so weit gebracht hast, ist wirklich ein Wunder.“ „Spar dir deine dummen Sprüche, Jamie. Die Nummer läuft bei mir nicht.“ „Die lief doch schon damals nicht, als Mick dich in den Knast geschickt hat. Hast du dich nie gefragt, warum du trotzdem verknackt wurdest, obwohl Mick gestanden hat?“ „Es ging ihm um Catherine.“ „Das stimmt, aber was Mick dir nicht erzählt hat, war, dass wir den Richter ausgetauscht haben. Hätte Richter Fitzpatrick am Richterpult gesessen, wären Catherine und du heute verheiratet und hättet Kinder. Das konnten wir leider nicht dulden. Also haben wir statt Richter Fitzpatrick Richter MacDonald eingesetzt. Aber leider wollte der noch Geld für seine Dienste. Die Aktion hat uns noch einmal stolze 15.000 Pfund gekostet.“ „Gemein und hinterhältig. Das war eure Sippe schon immer.“ „Hüte deine Zunge MacLain. Deinetwegen musste Mick ins Gras beißen.“ „Beschwer dich bei dem Staatsanwalt, der ihn mir als Lockvogel zugeteilt hat. Freiwillig hätte ich Micks Hilfe nie angenommen, Jamie. Und das weißt du genau.“, sagte ich. Zurück im Hotel trafen wir uns bei Jelena auf dem Zimmer. „Ernsthaft. Diese Typen sind ja echt widerwärtig. Was haben die nur gegen dich?“, fragte Hera. „Das ist eine lange Geschichte. Jelena kennt bereits einen Teil davon.“ „Aber wir noch nicht.“ „Na schön. Dann bringe ich euch mal auf den aktuellen Stand. Ihr wisst ja, dass ich drei Jahre unschuldig im Knast verbringen musste.“ „Das hast du uns erzählt. Ich glaube, das war in Griechenland.“ „Mick Doohan, der jüngste von den Brüdern hat mich dorthin verfrachten lassen, in dem er eine Kneipenschlägerei angezettelt hat.“ „Warum denn das?“, fragte Alejandra. „Der Grund war eine Frau. Ihr Vorname war Catherine. Mick hat sich auch für sie interessiert.“ „Und du warst sein schärfster Konkurrent.“ „Genau so ist es.“ „Zumindest wissen wir jetzt, wie es dazu kommen konnte, dass du unschuldig einsitzen durftest. Was ich aber noch nicht ganz verstehe, warum Mick Doohan etwas gegen die Beziehung zwischen dir und 387 Catherine hatte. Er hätte doch auch eine andere Frau ehelichen können, Towarischtsch.“ „Das hätte er wohl tun können. Aber er konnte es nicht verkraften, dass ein Mitglied einer verfeindeten Familie die schönste Frau an der Schule bekommt.“ „Heißt das, die Doohans und die MacLains sind Feinde?“, fragte Jelena. „Das ist in der Tat so.“ „Was hat zu dieser Fehde geführt?“ „Ich nenne nur ein Datum. 14.06.1982.“ „Das müsste gegen Ende des Falklandkrieges gewesen sein.“, sagte Hera. „Es war sechs Tage davor. Mein Dad und Robert Doohan, der Vater dieser verlogenen Drecksbande haben zu der Einheit Fallschirmjäger gehört, der unter dem Befehl von General Thompson die Moody Brook Kaserne am Mount Tumbledown einnehmen sollten. Und an genau diesem Berg wurden sie von den Argentiniern unter Beschuss genommen. Robert Doohan hat sich aus dem Staub gemacht und meinen Vater und den Rest der Einheit eiskalt lächelnd im Stich gelassen.“ „Jetzt verstehe ich, Towarischtsch. Und ich werde dir auch weiterhin zur Seite stehen, Partner.“ „Auf uns kannst du auch zählen.“ Am nächsten Morgen waren wir wieder bei Barney. Unseren Ford Pick-Up hatten wir in einer Seitenstraße geparkt, damit Jamie und Norris keinen Verdacht schöpften. Wir waren gerade im Büro, als Jamie und Norris auf den Hof fuhren. Norris stieg aus. „Ist mein Wagen endlich fertig?“, fragte er fordernd. „Ja, dein Chevy ist wieder in Ordnung. Du kannst ihn gleich mitnehmen.“ „Danke. Und bis zum nächsten Mal.“, sagte Norris. „Es wird kein nächstes Mal geben. Für dich nicht. Und auch nicht für deinen Bruder.“ Ich sah, wie sich Norris Züge verdüsterten. „Was willst du mir damit sagen, Barney?“ „Das ist ganz einfach, Norris. Du und Jamie könnt euch ab sofort eine andere Werkstatt suchen. Ich werde eure Autos nicht mehr reparieren. Ihr habt hiermit Hausverbot. Und das für immer. Also schert euch von meinem Grundstück.“ „Du mieser...“ „Es reicht Bruder. Wir sind hier nicht mehr erwünscht. Also steig in deine Karre und halts Maul.“ Bevor Jamie und Norris losfuhren, steckte Jamie seinen Kopf noch mal zum Seitenfenster raus. „Du wirst den Tag noch verfluchen, an dem du meinen Bruder und mich kennen gelernt hast. Denn niemand stößt uns so vor den Kopf und kommt ungestraft davon. Wer einen Doohan beleidigt, bekommt eine gesalzene Quittung.“, sagte Jamie. „Schert euch zum Teufel. Und jetzt haut ab. Oder ich stelle Strafanzeige gegen euch.“ „Ach ja. Wegen was willst du uns denn dran kriegen?“, fragte Jamie und zog süffisant eine Augenbraue nach oben. „Wegen Nötigung und Hausfriedensbruchs.“ „Na wir werden ja sehen, wem die Mounties mehr glauben.“ Kaum waren Jamie und Norris weg, wählte ich von Barneys Festnetzanschluss die Nummer von Captain Fraser. Nach dem zweiten Klingeln nahm er ab. „Royal Canadian Mounted Police, Sie sprechen mit Benton Fraser.“ „Captain Fraser. Hier spricht Paul MacLain.“ „Ah Sie sinds. Wo brennts denn?“ „Jamie Doohan will Barney Cross bei Ihnen anschwärzen. Glauben Sie ihm kein Wort.“ „Kennen Sie ihn so gut?“ „Und ob. Die Doohans sind eine Bande von Lügnern.“ „Warum will Jamie Doohan Mr. Cross bei uns denunzieren?“ „Weil der ihm und seinem Bruder Norris seit heute 388 Hausverbot erteilt hat.“ „Hoppla! Ich komm mal vorbei. Dann kann Barney mir alles erzählen. Ich bin in 15 Minuten da.“ „In Ordnung.“ Als der Leiter des Präsidiums von Vancouver bei Barney ankam, war es für uns an der Zeit aufzubrechen. Wir hatten gerade unseren Mietwagen erreicht, als Jamie unvorhergesehen aus einem Hauseingang auftauchte. „Ach, was ich dich fragen wollte, MacLain. Mir ist der Klunker an deinem linken Ringfinger aufgefallen. Hat der eine besondere Bedeutung?“ „Wüsste nicht, dass dich das was angeht, Jamie.“ „Jede Wette, du bist verlobt, Paul.“ „Wie schon gesagt, das geht dich nichts an. Steck deine Nase nicht meine Angelegenheiten.“ „Ich bin von Natur aus neugierig, das weißt du doch.“ „Da. Und irgendwann wird dir deine Neugier zum Verhängnis, Durak.“, sagte Jelena. „An deiner Stelle wäre ich vorsichtig, mit dem was ich sage. Es sei denn, du willst deine Familie auf dem Friedhof besuchen.“ „Vergiss es Durak. Du machst mir keine Angst.“ „Ah ja? Mal sehen, was deine Flamme Anastasia Dimitrova dazu sagt.“ Es war nicht anders zu erwarten. Jamies Bluff verfehlte seine Wirkung. „Glaubst du wirklich, dass du mich mit dem billigen Trick aus der Reserve locken kannst? Da musst du dir schon was besseres einfallen lassen, Durak.“ „Du bist ganz schön unverschämt, Kleine. Aber was heißt eigentlich „Durak“?“ „Das bedeutet „Idiot“ auf russisch, Durak!“, sagte Jelena. „Du bist echt erbärmlich. Dass du dich mit so einem Loser wie Paul MacLain einlässt und noch noch mit ihm arbeitest. Pfui!“ „Wenn hier jemand erbärmlich ist, dann du, Durak!“ Wir fuhren ins Hotel zurück. Am Empfang wartete meine Cousine auf uns. Ihr Gesichtsausdruck war besorgt. „Stimmt was nicht?“, fragte ich. „Können wir auf deinem Zimmer reden? Hier sind mir zu viele Osterhasen.“ Auf meinem Zimmer kam Chrissy dann zur Sache. „Hier. Der war heute bei mir im Briefkasten.“, sagte sie und gab mir einen DIN-Lang-Umschlag. Ich öffnete ihn und nahm einen gefalteten DIN A4-Bogen heraus. Darauf stand folgender Text zu lesen. „Dein letztes Stündlein hat geschlagen. Du kannst nicht entkommen. Und hoffe nicht auf Hilfe, BITCH!!!“ Unterzeichnet war der Wisch mit einem großen J und einem großen N. Ich wusste wer hinter dieser Nachricht steckte. „Das sieht Jamie und Norris ähnlich. Aber den Text aus verschiedenen Tageszeitungen zusammen zu stückeln ist ein billiger und erbärmlicher Trick.“ „Was meinst du damit, Cousin.“ „Den Trick hat eine Zuhälterin in Rio versucht. Hat wohl gedacht, wir lassen uns einschüchtern.“ „Um dich einzuschüchtern braucht es schon ein bisschen mehr. Ich kenn dich nur zu gut.“ „Hör zu. Es ist vielleicht besser, wenn du Vancouver erst einmal für einige Zeit verlässt. Dann bist du aus der Schusslinie raus, wie man in unserem Fachjargon sagt.“, sagte ich. „Und wohin soll ich gehen?“ Vielleicht erst mal nach Kreta. Alejandra hat dort eine Villa. Dort bist du sicher.“ Kaum hatte ich meinen Satz beendet, klopfte es an der Zimmertür. „Wer ist da?“ „Hera Arnakis und Alejandra Valderrama.“, hörte ich Heras wohl vertraute Stimme. „Kommt rein Mädels.“ Die beiden Cousinen betraten den Raum. „Was können wir für euch tun?“ „Wir haben schlechte Nachrichten für euch. Wir haben mitgekriegt, wie Jamie zwei 389 Freunde angeheuert hat. Sie sollen ihm den Rücken frei halten, wenns brenzlig wird.“ „Das habe ich erwartet. Jamie war schon immer ein Feigling, genau wie sein Bruder Norris. Mick war auch so eine feige Sau.“, sagte ich. „Und hatte die größte Klappe von den dreien.“ „Das ist meine Cousine Christina. Ich nenne sie Chrissy.“ „Freut mich sehr. Du siehst sehr bedrückt aus, wenn ich das mal so sagen darf, Amigo.“, sagte Alejandra. Wortlos reichte ich ihr den Brief. „Wenn du willst, dann lasse ich deine Cousine in meine Villa nach Kreta bringen.“ „Ich wollte dich gerade darum bitten.“ „Mach ich gerne.“ „Wann können wir sie nach Kreta bringen?“, wollte Jelena wissen. „Nicht vor Donnerstag.“ „Damn Shit! Dann könnte es schon zu spät sein!“ „Mach dir keine Sorgen, Amigo. Bei uns ist deine Cousine sicher. Es braucht schon einiges, um eine Valderrama zu überrumpeln.“ „Und eine Arnakis ebenso.“ Am Donnerstag, den 30.07.2020, brachten wir meine Cousine mit Alejandras Stretchlimousine zum Vancouver International Airport. Dort wurde sie von Jose´ Jimenez und Roberto Escobar in Empfang genommen. Wir blieben noch solange, bis Alejandras Privatmaschine zur Startbahn rollte. Dann kehrten wir ins Hotel zurück. Dort warteten mal wieder Jamie und Norris Doohan. „Du bist echt ne miese Kanalratte MacLain.“, sagte Jamie. „Ach ja. Und warum?“ „Kannst du dir das nicht denken, du Arschgeige?“ „Sag du es mir, Norris.“ „Deine Cousine! Du hinterhältiger Pisser hast sie nach Kreta bringen lassen. Dummerweise ist die Maschine, in der Chrissy sitzt, Privateigentum. Wir wissen, dass der Vogel deiner kolumbianischen Chica gehört.“ Ich klatschte hämisch Beifall. „Sehr gut. Aber das kann jeder. Ein Privatermittler wirst du damit nicht. Außerdem hast du nicht das Zeug dazu. Und du noch weniger Jamie.“ „Sagt wer?“ „Sag ich. Ihr zwei klingonischen Vollpfosten kriegt doch gar nichts auf die Reihe. Sogar zum Kochen seid Ihr zu blöd.“, sagte ich. „Ach, was du nicht sagst, MacLain. Aber du kannst kochen. Oder wie?“ „Kelly weiß meine Kochkünste jedenfalls zu schätzen.“ „Wer ist Kelly?“ „Kümmer dich um deinen eigenen Kram Jamie. Was ich mache, hat dich nicht zu interessieren.“ „Ich habe Nachforschungen über dich angestellt, MacLain. Wir wissen, dass du verlobt bist. Und wir wissen, dass deine Flamme Kelly Ling heißt und Thailänderin ist. Sie kommt aus Pattaya, wenn unsere Informationen stimmen.“ „Ist ja mordsmäßig.“ „Musst du immer das letzte Wort haben, MacLain?“ „Stört dich das etwa, Jamie?“ „Arschloch.“ „Danke gleichfalls.“, sagte ich und zog süffisant eine Augenbraue nach oben. Dieses Mal trafen wir uns auf dem Zimmer der Cousinen. „Also eines ist sicher. Die beiden sind richtig angepisst. Anscheinend haben diese Schmierlappen Leute am Flughafen bezahlt, damit die mit Informationen rausrücken.“ „Mir ist bei dem Gespräch etwas aufgefallen.“, sagte Jelena. „Was?“ „Erst behauptet Norris, meine Cousine wäre deine Verlobte. Aber keine zwei Sätze später lässt er dich wissen, dass du mit Kelly Ling verlobt bist. Was sollte das?“ „Wahrscheinlich haben die beiden versucht, mich mit diesem billigen Trick aufs Glatteis zu führen. Aber man hat ja gesehen, dass ich den beiden den Wind aus den Segeln genommen habe.“ 390 „Ja. Und das hat die beiden noch wütender gemacht, als sie ohnehin schon sind. Du hast ihren Plan durch Chrissys Abreise erheblich durcheinander gewirbelt. Und das macht Jamie und Norris jetzt noch gefährlicher.“, warnte Jelena. „Möchte zu gern wissen, bei wie vielen Zündvorgängen Norris jetzt steht.“ „Er steht noch ganz am Anfang. Massimo hat mir eine Software auf meinem Smartphone installiert, die mir anzeigt, wie oft Norris den Motor gestartet hat.“ „Wie viele waren es bis jetzt?“ „Stand jetzt waren es sechs Startvorgänge.“ Später am Tag suchte ich meinen Kumpel Hector in der Kaserne auf. „Hey Paul! Wie geht’s altes Haus?“ „Kann mich nicht beklagen. Du siehst etwas bedrückt aus, wenn ich das mal so sagen darf.“ „Ich versuche Chrissy die ganze Zeit zu erreichen um zu fragen ob alles in Ordnung ist, aber sie geht nicht ans Telefon und reagiert auf keine SMS.“ „Das dürfte schwierig werden, denn im Moment sitzt meine Cousine in einer Maschine, mit Ziel Kreta.“ „Verstehe. Hast du das veranlasst?“ „Ich hielt es für besser. Eine gute Freundin von mir, Alejandra hat eine Villa auf Kreta. Dort kann Chrissy einige Zeit verbringen.“ „Gut. Wenigstens ist mein Schatz in Sicherheit.“ „Ja. Allerdings hat meine Aktion Jamie und Norris ganz schön auf die Palme gebracht.“ „Hätte mich gewundert, wenn die beiden Dorftrottel das einfach so hingenommen hätten.“ „Zugegeben Hector, es wird noch dauern, bis die Bombe in Norris Blechschleuder hochgeht, aber die Uhr hat bereits angefangen zu ticken.“ „Also ist die Bombe aktiviert?“ „Ja.“ „Das ist gut. Aber ich gebe dir Brief und Siegel, dass sich Jamie und Norris jetzt garantiert an die Fersen von Chrissys bester Freundin heften werden.“ „Kenn ich die Dame?“ „Klar kennst du sie. Danielle Rivetti.“ „Stimmt da war was!“ „Jetzt wo Chrissy weg ist, werden die beiden versuchen sie zu kassieren.“ „Lieber Danielle, als meine Cousine.“ Wie ernst es Jamie und Norris war, mich endgültig fertig zu machen, zeigte sich am darauffolgenden Tag. Es war Freitag, der 31.07.2020. Die beiden Brüder drangen am helllichten Tag in das Haus von Chrissys bester Freundin ein und entführten sie. Norris rief mich auf meinem Smartphone an. Doch dieses Mal benutzte er einen Stimmenverzerrer. Anscheinend dachte er, ich würde vor Angst mit den Knien schlottern, wenn ich die Stimme nicht erkannte. Wir saßen gerade auf Jelenas Zimmer beisammen als der Anruf einging. „Paul MacLain. Wer geht mir auf die Nüsse?“ „Deine letzte Stunde schlägt bald, du mieses Stück Scheiße.“ „Ach du bists Norris. Aber wozu der billige Trick mit dem Zerhacker?“ „Du bist ein Spielverderber! Woher weißt du, wer ich bin?“ „War nicht schwer zu erraten.“ „Dann hör mir jetzt genau zu, du mieser Scheißkerl. Wir haben statt deiner Cousine nun deren beste Freundin. Wenn du willst, dass Chrissy Danielle wieder in die Arme nehmen kann, dann stell dich uns. Wann und wo, sagen wir dir noch. Und nur damit wir uns klar verstehen, du kommst allein zum Treffpunkt. Haben wir uns da klar verstanden?“ „Dann erwarte ich von euch beiden, dass Ihr auch ohne Verstärkung anrückt.“ „Du forderst gar nichts von uns. Noch so eine Dreistigkeit, und Danielle stirbt gleich.“ „Na schön. Dann halte ich die Spielregeln auch nicht ein. Wir sehen uns Norris. Und dann hoffentlich zum letzten Mal in diesem Leben, du taube Nuss.“ „Klar sehen wir uns das letzte Mal, weil du nämlich 391 sechs Fuß unter der Erde liegst, wenn wir fertig sind.“ „Beiß nicht mehr ab, als du kauen kannst, Durak.“, sagte Jelena. Der nächste Anruf kam am Sonntag, dem 02.08.2020. Dieses Mal war es Jamie, der anrief. Und er versuchte nicht den Trick mit dem Zerhacker. „Also MacLain. Ich hoffe, du hast nächsten Mittwoch nichts vor.“, sagte er. „Das ist der 5. August, stimmts?“ „Gut aufgepasst. Du kennst doch den Güterbahnhof von Vancouver. An der Haltestelle des „Whistler Mountaineer“ treffen wir uns. Dann kannst du zumindest ein paar Takte mit Danielle reden.“ „Wie großzügig, Jamie.“ „Du sollst doch noch ein paar schöne Momente haben, bevor du nach Walhalla einziehen darfst.“ „Freu dich nicht zu früh. Denn ich spiele nicht nach euren Spielregeln.“ „Wieso wundert mich das nicht?“ „Frag nicht mich.“ „Du wirst langsam zu einer Hämorride im Hintern, MacLain.“ „Bin ich das nicht schon?“ An dem besagten Mittwoch traf ich dann Danielle. Jelena begleitete mich, während Hera und Alejandra sich dezent im Hintergrund hielten. Die Jahre die zwischen unserem letzten Treffen und dem Treffen an diesem Tag hatten aus Danielle eine Schönheit gemacht. Sie war 1,76 m groß und hatte einen schlanken, sexy Körper. Zugegeben, ihre Brüste waren nicht sehr groß, aber sie waren ein Eldorado für Männer, die es gerne klein und handlich mochten. Auch die sexy Beine waren nicht zu verachten. Das ovale Gesicht mit den braunen Augen wurde von schulterlangen schwarzen Haaren eingerahmt, die am unteren Ende eine Dauerwelle bildeten. Auch die etwas breite Nase fügte sich harmonisch in Danielles Gesicht ein. Auch die sinnlichen Lippen, hätten mich zu einem Kuss verleitet, wenn Jelena mich nicht in die Seite geknufft hätte. „Du wirst bald heiraten, Paul. Vergiss das nicht.“, zischte sie leise. Bekleidet war Chrissys beste Freundin mit einem Tank-Top und einem Slip im Leoparden-Look. Dazu trug sie schwarze, halterlose Nylonstrümpfe und schwarze High Heels. „Mach die beiden fertig, Paul. Ich bitte dich.“ „Das habe ich sowieso vor.“ „Mach bitte schnell. Jamie und Norris werden echt nervös.“ „Warum denn dieses?“ „Antonio Rivetti lässt Norris ausspionieren. Das macht er immer, bevor er zuschlägt.“ „Woher weißt du das?“ „Ich bin seine Frau.“ Ich stutzte. „Du hast richtig gehört, Paul. Ich bin eine Mafiabraut.“ „Weiß Chrissy davon?“, fragte ich. „Nein. Ich trau mich gar nicht es ihr zu erzählen. Und deshalb bitte ich dich, sag deiner Cousine nichts davon.“ „Mach ich. Dein süßes Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben. Aber darf ich dir noch was sagen?“ „Nur zu.“ „Dein Outfit ist ziemlich gewagt, wenn du mich fragst.“ „Ich hatte leider keine Zeit mehr, einen Rock über den Slip zu ziehen. Ich stand gerade am Kleiderschrank um nach einem passenden Kleidungsstück zu suchen, als Jamie und Norris ins Zimmer stürmten und mich mit Waffengewalt aus dem Haus geschleppt haben.“ „Hör zu, es mag dir vielleicht ein schwacher Trost sein, aber Norris könnte bald in der Hölle schmoren. Dein Mann hat ihm eine Bombe ins Auto gebaut.“ „Wie viele Starts gab es seit dem Einbau?“, fragte Danielle leise. „13.“ Schließlich erschien Jamie auf der Bildfläche. „So MacLain, deine Zeit ist um. Danielle muss wieder ins Körbchen.“, sagte er. „War klar.“ „Nächste Woche 392 Dienstag, am 11. August.“ „Ist das der Tag X?“ „Sehr richtig. Kennst du das Blockhaus am Stadtrand von Whistler?“ „Natürlich.“ „Dort findest du uns. Und ich warne dich. Wehe, du schaltest die Mounties ein, dann ist Danielle eine tote Frau.“ „Ich möchte nicht in eurer Haut stecken, Jamie. Antonio Rivetti wird euch den Arsch aufreißen.“ „Das werden wir sehen. Bis Dienstag, du Versager.“ Die Tage bis zum Showdown passierte nichts. Bis auf ein Treffen zwischen mir und Benton Fraser. Der Mountie war ein 1,82 m großer Mann mit stechenden blauen Augen. Sein Körper war athletisch gebaut. Seine braunen Haare trug er kurz geschnitten. „Ihr spezieller Freund Jamie war hier.“, eröffnete er unser Gespräch. „Und was wollte er?“ „Er meinte, wir sollten Antonio Rivetti im Auge behalten.“ „Das ist typisch für Jamie. Wenn man ihm ans Leder will versteckt er sich gerne hinter den lokalen Gesetzeshütern.“ „Sie scheinen die Familie ziemlich gut zu kennen, Mr. MacLain.“ „Das tu ich in der Tat, Captain. Ich mach Ihnen einen Vorschlag. Wenn Sie Dienstschluss haben, lade ich Sie auf ein Bier ein. Und dann erzähle ich Ihnen die ganze Geschichte.“ „Einverstanden.“ Um 18:30 Uhr traf ich mich mit dem Mountie in einem Pub in der Nähe von Barneys Garage. „Also, Mr. MacLain. Dann erzählen Sie mal.“, sagte er. „Ich werde versuchen auf Nebensächlichkeiten zu verzichten.“ „Ich höre.“ „Unsere Familien sind seit Generationen verfeindet. Diese Fehde nahm im Falklandkrieg ihren Anfang. Es war der 14.06.1982. Sechs Tage vor Kriegsende. Mein Vater und Robert Doohan, der Vater von Jamie und Norris, waren bei der Einheit Fallschirmjägern, die den Auftrag hatten die Moody Brook Kaserne einzunehmen. Am Mount Tumbledown haben die argentinischen Verteidiger die britischen Fallschirmjäger unter Beschuss genommen. Robert Doohan hat sich aus dem Staub gemacht und seine Kameraden wissentlich ihrem Schicksal überlassen.“ „Ist das nicht Fahnenflucht?“ „Doch. Mein Vater und die übrigen Männer haben einen offenen Brief an den Oberbefehlshaber der Einheit geschrieben und darin gefordert, dass man Robert Doohan keine Orden verleiht und ihn bei Beförderungen kategorisch ausschließt. Am 12. Januar 1983 ist Robert Doohan aus der Royal Army ausgeschieden. Leider war es keine unehrenhafte Entlassung. Doch die Angelegenheit war damit noch lange nicht ausgestanden. Robert Doohan hat meinen Dad des Vaterlandsverrats beschuldigt und ihn öffentlich vor Gericht stellen lassen. Man hat Dad zwar aus Mangel an Beweisen frei gesprochen, aber er war praktisch am Ende. Sein exzellenter Ruf, den er sich in all den Jahren erworben hat, war mit einem Schlag zerstört. Er war für den Rest seines Lebens ein gebrochener Mann.“ „Jetzt wird mir einiges klar. Wissen Sie, es wäre vielleicht besser gewesen, Sie hätten mich früher über die Hintergründe aufgeklärt. Aber besser zu spät, als gar nicht. Na schön, von mir aus kann Bomben-Toni Norris ins Nirvana pusten. Ich persönlich habe da nichts gegen. Aber er muss für seine Taten büßen. Gesetz ist Gesetz.“ „Hören Sie, Captain. Ich habe Mr. Rivetti mein Ehrenwort gegeben, ihn nicht bei der Polizei zu denunzieren. Und ich werde meinen Schwur nicht brechen.“ „Sie sind doch fein raus. Denn wenn wir Bomben-Toni festnehmen, dann haben wir das dem Tipp von Jamie Doohan zu verdanken.“ 393 „Dann sagen Sie ihm das auch.“ „Keine Sorge, Mr. MacLain. Ich werde Antonio Rivetti schon klar machen, dass er seine Festnahme Jamie Doohan zu verdanken hat.“ Und dann war der schicksalhafte Dienstag angebrochen. Der Tag, an dem ich mich noch einmal den Dämonen meiner Vergangenheit stellen musste, die in Person von Jamie und Norris an der alten Blockhütte auf mich warteten. Um 8:30 Uhr rief Jamie an. Jelena und ich saßen gerade beim Frühstück. „Paul MacLain.“ „Wo bleibst du, Mann. Du bist schon zwei Stunden überfällig.“ Du hast keine Zeit genannt, wann wir uns treffen.“ „Egal. Setz deinen Arsch in Bewegung und komm zum Treffpunkt.“ „Geht nicht.“ „Warum nicht?“ „Weil ich gerade frühstücke, du Spatzengehirn.“ „Das Frühstück fällt aus! Mach dass du herkommst. Und das ein bisschen hurtig.“ „Schon vergessen, dass ich auf eure Spielregeln einen Pfifferling gebe?“ „Jetzt hör mal gut zu, MacLain. Sieh zu, dass du deinen Arsch nach Whistler verfrachtest. Du hast noch anderthalb Stunden und keine Sekunde mehr.“ Um 10:00 Uhr kamen Jelena und ich am Blockhaus an. Den Ford hatten wir auf dem öffentlichen Parkplatz vor dem großen Hotel abgestellt. Den Rest waren wir gelaufen. Alejandra und ihre Cousine hatten einen abzweigenden Waldweg genommen. Bevor Jelena und ich am Treffpunkt aufkreuzten, luden und entsicherten wir unsere Waffen. Als wir vor dem Blockhaus standen, öffnete sich die Tür und Jamie und Norris kamen mit Danielle heraus. Links und rechts konnte ich im Schatten zwei Konturen ausmachen. Und ich wusste genau, wer dort lauerte. Tim Robbins und Curtis Novak. „Schon wieder unsere Spielregeln nicht eingehalten, MacLain. Du solltest allein und unbewaffnet herkommen. Stattdessen kommst du mit geladener Bleispritze und deiner russischen Schickse hier an.“ Bevor ich zu einer Erwiderung ansetzen konnte, erschien aus heiterem Himmel ein Hubschrauber. Es handelte sich um einen Bell 505. Das Seitenfenster auf der von mir aus gesehen linken Seite war zurückgeschoben und Antonio Rivetti zielte mit einer Heckler & Koch Maschinenpistole auf Norris. Dieser sprang in seinen Chevy und gab Gas. Bomben-Toni drückte den Abzug durch. Die Heckscheibe des Chevy ging zu Bruch. Doch dann würgte Norris den Motor seines Geländewagens ab. Während Jamie entsetzt das Geschehen verfolgte, sah ich unauffällig auf mein Smartphone. Eine dunkelorange 24 erschien auf dem Display. „Noch eine Zündung. Dann ist Norris Geschichte.“, sagte ich leise zu Jelena. „Da.“ Schließlich gelang es Norris, den Motor des Blazer wieder zu starten. In diesem Moment ging ein elektrischer Impuls von der Zündspule zum Zähler der Bombe. Die Zahl sprang von 24 auf 25 um. Ein weiterer elektrischer Impuls wanderte dann vom Zählwerk hinunter zum Sprengsatz. Als dieser dort ankam, wurde eine chemische Reaktion in Gang gesetzt. Mit einer lauten Explosion detonierte die Bombe und der Chevy wurde von einem orange-roten Feuerball eingehüllt. „NORRIS!!!!!!!“, schrie Jamie. „Pech, wenn ihm Bomben-Toni eine Bombe ins Auto baut.“ „Du mieser Scheißkerl hast mit Antonio Rivetti gemeinsame Sache 394 gemacht. Erst Mick. Jetzt Norris. Ich mach dich fertig, MacLain. Verlass dich drauf.“ Er sah verstohlen zur rechten Ecke des Blockhauses wo Curtis Novak lauerte. Dann deutete Jamie auf Jelena. „Knall diese Bitch ab, Curtis!“, rief er. Der Lauf eines Colt Peacemaker tauchte aus dem Schatten auf. Curtis spannte gerade den Hahn, als Alejandra Valderrama aus heiterem Himmel hinter ihm stand und ihm ihre Beretta an die Schläfe hielt. „Schmeiß die Kanone weg, oder du hast nie mehr Zahnschmerzen.“, sagte sie leise. Curtis ließ den Hahn wieder einrasten und warf den Peacemaker auf den Boden. „Und jetzt nimm die Pfoten hoch, du hinterhältiges Aas.“ Curtis tat, was Alejandra von verlangte. „Los jetzt! Vorwärts!“, befahl El Doberman. Jamies Freund setzte sich in Bewegung. „So ists schön. Ganz langsam. Und keine faulen Tricks! Hast du verstanden?“ Als Jamie sah, dass Heras Cousine seinen Spezi entwaffnet hatte und ihm nun ihrerseits eine Waffe an den Kopf hielt, begriff er, dass es nahezu unmöglich war, Jelena zu töten. „Na schön, MacLain. Deine Partnerin mag einen Schutzengel haben, der auf sie aufpasst. Aber ich habe auch einen. Nämlich Tim. Und rate mal für wen dessen Kugel bestimmt ist.“ „Etwa für mich?“ „Richtig! Der Kandidat hat hundert Gummipunkte und eine aufblasbare Waschmaschine gewonnen. Tim! Erschieß den verdammten Bastard!“ Ein Schuss krachte. Kurze Zeit später sah man Tim Robbins rückwärts taumeln. Hera stand vor ihm. In der Hand ihre Heckler & Koch. Anhand der sich kräuselnden Rauchfahne konnte ich sehen, dass sie den Schuss abgegeben hatte. „Tja, Jamie. Es sieht wohl so aus, als ob MEIN Schutzengel deinem Schutzengel gerade das Licht ausgeknipst hat.“, sagte ich hämisch. „Das wird dieses Miststück büßen!“ Jamie zog eine Benelli B76. Doch ein Schuss aus Alejandras Beretta ließ ihn in der Bewegung inne halten. „Das lässt du mal schön bleiben, Gringo!“, sagte El Doberman. „Was mischst du dich da ein? Das ist eine Sache zwischen deinem Busenfreund und mir! Ich habe mit ihm eine Rechnung zu begleichen, die er nur mit seinem Leben bezahlen kann.“ „Spar dir deine dummen Sprüche, Blanquito. Außerdem habe ich deinem Erzfeind eine Menge zu verdanken.“ „Soviel, dass du ihm sogar in den Arsch kriechst?“ „Genug jetzt! Ich denke, es ist erwiesen, dass du Paul MacLain hinterhältig abknallen lassen wolltest! Du und dein Spezi da werdet dem Haftrichter vorgeführt, wie es sich gehört.“, sagte Hera. „Aber...“ „Komm mir nicht mit dem Satz, dass du unschuldig bist. Das kauf ich dir nicht ab. Dein Leben in Freiheit, ist jedenfalls vorbei.“ „Was habe ich gesagt, Durak. Du sollst nicht mehr abbeißen, als du kauen kannst.“, sagte Jelena. Nur eine Woche, nach dem großen Finale machte man Jamie Doohan und Curtis Novak den Prozess. Der Anwalt der beiden versuchte alles, um mich in ein schlechtes Licht zu rücken. Doch am Ende nutzte dies nada Granada. Jamie bekam, was er verdiente. Er wurde zu dreimal Lebenslänglich verurteilt. Curtis Novak bekam, weil er umfassend ausgesagt hatte, drei Jahre auf Bewährung. Für Jelena und mich bedeutete das: Auftrag erfüllt, also her mit der Kohle. Allerdings sollte ich noch etwas erwähnen. Zur gleichen Zeit, als Jamie verurteilt wurde, hatte Captain Fraser Antonio Rivetti hatte verhaften lassen. Dieser tobte vor Wut, weil er glaubte, ich hätte mein Wort gebrochen. „Sie tun Mr. MacLain Unrecht. Er hat geschwiegen. Es war Jamie Doohan, der Sie ans Messer geliefert hat.“ hatte er dem Mafiaboss zu verstehen gegeben. „Den kauf ich mir. Den mach ich fertig.“ „Das dürfte etwas schwierig werden. Denn es heißt, dass Jamie Doohan drei mal lebenslänglich als Strafmaß aufgebrummt bekommen soll.“ Nachdem meine Cousine meiner Partnerin und mir das vereinbarte Honorar überwiesen hatte, war es für uns an der Zeit Kanada zu verlassen. Doch vorher schaute ich noch mal bei Jamie vorbei. „Na Jamie. Wie ist das, wenn man auf einmal eine Gefängniszelle als sein Domizil bezeichnen darf?“ „Halts Maul und geh mir aus den Augen, MacLain. Ich will dich nie wieder sehen.“ „Keine Bange. Wenn ich wieder nach Vancouver komme, werde ich noch miterleben, wie man dich mit den Füßen voraus aus dem Gefängnis trägt. Wie alt bist du jetzt? 55?“ „58. Und jetzt verpiss dich!“ „Liebend gern. Machs gut Jamie. Und grüße den Teufel von mir, wenn du ihm begegnest.“ Mit diesen Worten machte ich kehrt und ging. Wir bezahlten die Rechnung und machten uns auf den Weg zum Flughafen. Dort gaben wir den Ford Ranger bei der Autovermietung zurück und gingen zu den Abflügen. Als wir den Schalter von Air Canada aufsuchten, um unser Gepäck aufzugeben, trafen wir auf Alejandras Bodyguards. „Ihr seid aber spät dran, Amigo.“, sagte Jose´. „Ich habe noch einmal Jamie im Knast besucht, um mich von ihm zu verabschieden.“ „Und wie hat er reagiert?“ „Er wollte mich nicht sehen.“ „Alejandra hat gefragt, ob ihr den Fall auf Kreta ausklingen lassen wollt. Die anderen sind schon unten.“, sagte Roberto. „Jelena?“ „Keine schlechte Idee. Ein bisschen Sonne tut gut, nach der Kälte Kanadas.“ Am Freitag, den 21.08.2020 saßen wir bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel auf der Terrasse von Alejandras Villa. „Hoffentlich kommt Jamie nicht auf die Idee, sich an dir zu rächen.“, sagte Kelly. „Das wage ich zu bezweifeln. Der darf 45 Jahre brummen. Ich glaube eher, dass er mit den Füßen zuerst raus kommt.“ „Wieso haben Jamie und Norris dich eigentlich so gehasst, Onkel Paul?“, fragte Camille. „Weil ihr jüngster Bruder, Mick, bei meinem ersten Fall von meiner Zielperson erschossen wurde. Unsere Familien verbindet eine Jahrzehnte lange Feindschaft.“ „Samantha hat es mir erzählt. Eigentlich hätte man den Vater von Jamie, Norris und Mick unehrenhaft aus der Royal Army entlassen müssen.“ „Hätte, hätte Fahrradkette. Fakt ist, er durfte in Ehren gehen.“ „Ich wollte mich bei dir und Jelena bedanken, dass Ihr mir die beiden vom Hals geschafft habt.“, sagte Chrissy. „War nicht der Rede wert. Wichtig ist, ich habe ein dunkles Kapitel meiner Vergangenheit ein für allemal geschlossen. Die Dämonen meiner Vergangenheit sind nicht mehr da.“ „Was planst du für die Zukunft?“ „Ich denke, ich kann mit dem Gedanken spielen, mich zur Ruhe zu setzen. Ich werde langsam zu alt für diesen Scheiß.“ „Was denn? Du denkst jetzt schon ans aufhören?“ „Jelena und ich haben gut verdient. Das kann nicht jeder von sich behaupten.“ „Wohl wahr.“ In diesem Moment kam Jose´ mit der aktuellsten Ausgabe der Frankfurter Rundschau. „Hab ich dir mitgebracht, Paul.“, sagte er. 395 „Gracias, Jose´.“ „Denada. Ach übrigens Paul. Ließ dir mal den Artikel auf Seite 3 durch. Da wird über eine Bande von Versicherungsbetrügern berichtet.“ „Und?“, fragte meine Schwester, nach dem ich den Artikel gelesen hatte. „Einen mach ich noch. Zum Abschied.“ „Heißt im Klartext?“ „Die Versicherungsgesellschaft wird sich an uns wenden. Das hab ich im Urin.“ Und wie recht ich haben sollte, würde sich bald herausstellen. 396 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)