Ära des geeinten Zeitalters von linkbravery ================================================================================ Kapitel 59 ---------- “Ich kann nicht glauben, dass die wirklich wieder aufgetaucht sind.” Dabei sah Ganondorf auf die Handvoll schwitzenden und schnaufenden Schüler, die als Einzigste noch rannten. Mehr hatten es aus unserer Parallelklasse heute nicht hier her geschafft. Ich saß praktisch direkt neben ihm auf dem Boden und nickte nur dazu. Der Rest unserer Klasse holte gerade die Pferde auf die Trainingskoppel. “Jetzt sag mir mal, wie ich die drei Stunden lang beschäftigen soll.” Er sah dabei zu mir. “Ich habe fest damit gerechnet, dass die in Zukunft einen großen Bogen um mich machen.” Ich ehrlich gesagt auch. So konnte ich gerade noch mit den Schultern zucken und eine meiner dummen Ideen loswerden. “Weiter rennen lassen?” “Wäre erst einmal eine Idee. Aber das finde selbst ich rabiat.” Punkt für ihn. “Wir lassen sie Gleichgewichtsübungen auf dem Zaun absolvieren.” Idee Nummer zwei. “Und nachher bricht sich einer den Hals.” Ganon schüttelte sich. “Lass mal, mich gruselt es schon, wenn ich das mit euch durchnehmen muss.” “Gibt es überhaupt einen festen Lehrplan für dieses Fach?” Schon mal nachfragen, falls ich irgendwann auf die dämliche Idee komme, Lehrer zu werden. “Ja, gibt es. Mit vielen ´kann´, ´darf´ und so weiter.” “Das heißt, die da sind im Soll?” Ich versuchte nicht einmal, das geschockte Quietschen aus meiner Stimme zu halten. “Ja.” “Din steh mir bei. Ich glaube, ich spinne.” Wie konnten denn zwei Lehrer des selben Faches solch unterschiedliche Tendenzen haben, was die Schwerpunkte in ihrem Unterricht anging? Von Ganondorf hörte ich nur ein belustigtes Schnauben. Genau das ließ mich aufsehen. Der fröhliche Ausdruck stand ihm gut zu Gesicht. Doch er drehte sich viel zu schnell weg von mir. “Deine Klasse ist wieder da.” Warum musste ich eigentlich immer aufspringen, um ihm folgen zu können? Am Gatter lehnte ich mich erneut gegen das Holz und besah mir die bunte Truppe. Ganon ging noch ein paar Schritte weiter. “Lasst eure Pferde stehen und kommt mit.” Uns fragend ansehend befolgten wir die Anweisung. “Ich gehe mal davon aus, dass jeder von euch schon mal in einem Sattel gesessen hat. Wer also keinen blassen Dunst von Pferden hat, kann nach Hause gehen.” Es bewegte sich keiner. “Gut.” Ganondorf sah noch mal über seine Schüler. “Als Erstes schauen wir mal, wer von euch sein Pferd rufen kann.” Kentin meldete sich. “Was verstehen Sie unter rufen?” Zur Verwunderung unserer Klasse klatsche Ganon zwei Mal laut in die Hände. Keine zehn Sekunden später kam Galas auf ihn zu. Kurz vor dem Gatter bremste er stark ab. “Das versteh ich unter…” Ganon brach plötzlich ab. “Hey!” Ich konnte mir nur mit Mühe das Lachen verkneifen. Galas war zielsicher zu mir getrabt und forderte seine Streicheleinheiten ein. Auch einige Andere aus unserer Klasse fanden es - das unterdrückte Kichern nach zu urteilen - recht amüsant. “Ich hoffe, das wird jetzt nicht zur Gewohnheit.” Beim Versuch unschuldig auszusehen, scheiterte ich kläglich. Den Kopf schütteln wandte sich Ganondorf wieder an die Klasse. “So, oder so ähnlich. Irgendjemand hier, bei dem das auch funktioniert?” Mindestens mein Bruder, der auch gerade vortrat. Dabei friemelte er eine hölzerne Flöte aus der Innentasche seiner Jacke. Es erklangen ein paar Töne und schon löste sich Epona von ihren Artgenossen. Scath wirkte recht zufrieden, als sie vor ihm stehen blieb und ihn stupsend darauf hin wies, dass auch sie gestreichelt werden wollte. Ganondorf nickte anerkennend. “Ungewöhnlich, aber sehr gut.” “So ungewöhnlich ist das gar nicht.” Ich saß mittlerweile auf dem Gatter. “Epona mag Musik. Sie ist bei manchen Stücken schon als Fohlen angekommen.” “Da hört ihr, wie man das macht.” Auch bei Miriam und Zelda funktionierte es auf Anhieb und sie waren nicht die Einzigen. Plumps machte es und Galas wurde sofort unruhig. Ein Blick über die Schulter reichte, um das Elend zu sehen. Unser Vertretungslehrgang lag schnaufend, alle viere von sich gestreckt im Gras. Ich wusste ja, dass ich ausdauertechnisch komplett abnormal war, aber das hier ließ mich nur noch den Kopf schütteln. Ganon ließ sie einfach liegen und beobachtete stattdessen seine Pappenheimer bei ihren teilweise kläglichen Versuchen. Und ich nahm meine Arbeit wieder auf. Pferd kraulen. Erst Minuten später regten sich die doch nicht Leichen wieder. Leicht daran zu merken, dass einer plötzlich neben mir lehnte und Galas betrachtete. “Eingroßes Pferd hast du da.” Ich strich dem Schwarzen weiterhin beruhigend über den Kopf. “Er gehört nicht zu mir sondern Herrn Gerodu.” “Er lässt dich an sein Pferd?” “Offensichtlich.” “Du könntest dich doch auch mit deinem Pferd beschäftigen.” “Hab keins.” “Warum?” “Darum?” Prompt hörte ich Reon schwer landen und aggressiv kreischen. Die eben noch Halbtoten standen plötzlich wie Eins und hatten alle ihre Schwerter in der Hand. Stirnrunzelnd sah ich zu ihnen. “Wenn ich auch nur eine geknickte Feder an ihm finde, reiße ich euch einen nach dem Andern den Kopf ab.” “Das ist nicht wirklich der Zeitpunkt für Scherze.” Erstaunlich, dass ich durch die klappernden Knochen noch etwas hörte. “Du wolltest doch wissen, warum ich kein Pferd habe. Da steht die gerade schlecht gelaunte Antwort.” Reon gab noch einen aggressiven Ton von sich und kam etwas näher. Verwundert stellte ich fest, dass Galas den Rückwärtsgang einlegte und sich rasch zu seinem Reiter trollte. “Na, du treulose Tomate?” Die Begrüßung hatte es ja auch in sich. Schon war Reon mehr als zufrieden und kam auf mich zugetapst. Kurz vor dem Gatter blieb er stehen. Ich musste einfach die Augen verdrehen. “Guck mich nicht so vorwurfsvoll an. Ich kann doch auch nichts dafür, dass du den festen Boden nicht so magst.” Er gab ein Geräusch von sich, das mich jedes Mal an ein Meerschweinchen erinnerte. “Ha ha.” Ich streckte eine Hand aus und erreichte gerade so seinen Schnabel. “Von wegen, ich hätte zu dir kommen können. Du willst wohl, dass ich die interessanteste Zeit des Tages verpasse.” Dass mich die Jungs aus der Parallelklasse richtig schön doof anstarrten, fand ich irgendwie recht lustig. Aber was solls. Denn schon hatte ich den nächsten Kopf auf dem Schoß, der gekrauelt werden wollte. Ich sollte mich dafür bezahlen lassen. Leider konnte ich den Gedanken nicht ausweiten, da sich Ganondorf wieder näherte. Dabei hielt er sich auffallend außerhalb von Reons Schnabelreichweite auf. Er besah sich die immer noch Starrenden. “Hat das wenigstens in dem Zusammenhang etwas gebracht?” “Sie waren recht schnell auf den Beinen, um von Reon wegzukommen.” Ich sah auch kurz über sie. “Ansonsten war nix.” Dabei kraulte ich unablässig das rote Fell. “Ich überlege trotzdem noch, wie ich sie beschäftigen soll.” Dumme Idee Nummer drei: “Wir könnten sie aneinander binden und schauen, ob sie sich am Ende des Tages von einander lösen konnten.” “Ist Freiheitsberaubung.” Ganon sah wieder zu mir. “Wo nimmst du den ganzen Blödsinn her?” “Mein Onkel ist Jungegeselle.” “Gut. Das sagt alles.” Jetzt hatte er es geschafft, mich zu verwirren. Erst Reons Quietschen - ich hatte schlagartig aufgehört, ihn zu kraulen - brachte Ganon erneut dazu, zu mir zu sehen. “Was? Dachtest du, ich habe nur Nani als Familie?” Schnell schüttelte ich den Kopf, dabei meine Arbeit wieder aufnehmend. Ganondorf musterte mich weiterhin. “Du hast doch gerade nichts zu tun.” Ich musste Schlucken. Schnell sah ich zu Reon, der immer noch nicht wirkte, als ob er von mir runter gehen wollte. “Hauptsache, du hast deinen Kopf.” Für seine riesige Statur sehr elegant hüpfte er über das Gatter und machte sich auf den Weg zu den Umkleiden. “Wie hast du es geschafft, ihn zu vertreiben?” “Keine Ahnung.” Ich sah der kleiner werdenden Gestallt hinterher. Erst als sie im Gebäude verschwunden war, konnte ich mich losreißen. Epona stand neben mir, friedlich grasend. Sie fürchtete sich nicht vor Reon, dafür kannte sie ihn zu lange. Auf ihrem Rücken hatte sich Scath lang gemacht und musterte mich. “Ich schätze mal, für dieses Kunststück würden Etliche unserer Klassen einiges geben.” “Ich auch.” Und wenn nur, um eine Wiederholung zu verhindern. Ein leichtes Zupfen an meinem Oberteil ließ mich seufzen. “Galas lass das bitte.” Das Zupfen hörte zwar auf, aber sein Kopf schob sich in mein Sichtfeld. Nun schien er sich mit Reon zu unterhalten. Auch gut, sollten sie das unter sich klären. Für jeden Außenstehenden musste das seltsam wirken. Aber da ich selbst schon genug Zeit auf vier Pfoten verbracht hatte, konnte ich bloßes Anstarren ganz gut von einem ernsthaften Gespräch unterscheiden. Und momentan war eindeutig letzteres der Fall. “Halt mal still.” Fragend sah ich zu Scath und bemerkte auch prompt das Handy in seiner Hand. “Was soll das?” “Oma beschwert sich immer, dass sie von dir viel zu wenig anständige Fotos hat.” Oh super. “Einfach fremde Pferde knipsen.” Scath fiel fast von Epona, als er sich schnell zu unserem Lehrer drehte. Ganon aber tat fast so, als ob er nie etwas gesagt hatte und warf mir einen Gegenstand zu. Verwundert fing ich das Buch auf und besah mir den Titel. “Lehrbuch der praktischen Schwertkunst? Es gibt ein Buch für das Fach?” “Frag nicht.” Er nickte kurz zu unserer Parallelklasse. “Nimm mit denen mal die Anwendung durch.” Zwischenzeitlich hatte ich das Buch aufgeschlagen und auf Reons Kopf gelegt. Da ich ihn weiter kraulte, ließ er es über sich ergehen. “Also wenn ich alles so durchnehme wie hier beschrieben, haben Sie eine Menge Papierkrieg zu bewältigen.” Scath hatte über meine Schulter mitgelesen und nickte nur dazu. “Warum?” Ganondorf war gerade auf der Kuppelseite des Gatters angekommen. “Weil diese Erklärung hier Schrott sind.” Ich schlug das Buch zu und reichte es ihm. “Wenn ich den Vertikalhieb ausführe wie dort geschrieben, bring ich mich selbst um. Es könnte höchstens noch mit einem Kurzschwert funktionieren, aber nie mit dem Anderthalbhänder von der Zeichnung.” Wobei dieser lustigerweise als Einhänder beschrieben wurde. Ganon machte keinerlei Anstalten das Buch wieder an sich zu nehmen. “Dann sorg dafür, dass sie es überleben.” Schon flüchtete er. “Das ist jetzt das zweite Mal, dass er heute vor mir abhaut.” Das war frustrierend. “Ich glaube, gerade eben ist er vor seiner Verantwortung geflüchtet.” “Weißt du Scath, das macht es auch nicht besser.” Während die Jungs aus der Parallelklasse mich anstarrten, als ob mir ein zweiter Kopf gewachsen wäre, zuckte mein Bruder mit den Schultern. Kaum war Ganondorf aus unserem Sichtfeld verschwunden, entspannte sich Reon schlagartig wieder. Seufzend begann ich abermals ihm durch das Fell zu streichen, während ich das Buch auf Seite XY aufschlug. Ich hatte so was von keine Lust auf diesen Blödsinn, also war es mir egal welche Technik wir durchnahmen. Mein Wolkenvogel spannte sich immer mal kurz an, wenn unser Lehrer in sein Sichtfeld trat. Alles, was ich tun konnte war, ihn am Ausflippen zu hindern. Reon mochte den Todbringer nicht und er machte auch kein Geheimnis daraus. Es war aber nicht, weil dieser in der Vergangenheit einige Kriege heraufbeschworen hatte - das hätte ich ja noch verstanden. Nein, es war einfach, weil er mich in der Ära Hylias gekillt hatte. Dass die Verletzung an sich damals nicht tödlich gewesen war, wollte er nicht hören. Es war schließlich meine Schuld, dass ich jegliche ärztliche Hilfe verweigert hatte. Ich war schlicht und ergreifend verblutet. War ein ekliger Tod, konnte ich nicht empfehlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)